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{"created":"2022-01-31T13:22:37.367680+00:00","id":"lit16382","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Cech, C. O.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 4: 373-377","fulltext":[{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"Heilversuche mit Salicyls\u00e4ure und Benzo\u00e4s\u00e4ure bei der Schlaffsucht\nder Seidenraupen.\nVon Dr. \u20ac. 0. Cecil.\n(Der Redaktion znjjogau#'\u00ab am 1\u00ab. Juli 1880)./\n%\nVor einigen Jahren experimentell mit der Heilung der Brutpest (Faulbrut) der Bienen besch\u00e4ftigt gewesen, .hatte ich Gelegenheit ein Verfahren zu erproben, wonach bei geeigneter Anwendung von antiseptischen Mitteln, diese f\u00fcr die Land- und Volkswirthschaft einzelner L\u00e4nder so verheerende Seuche vollkommen paralysirt werden konnte. Die Resultate der damals gemachten Beobachtungen habe ich anderen Orts ver\u00f6ffentlicht1) ; Thymol und Salicyls\u00e4ure haben sich bei richtiger Anwendung als brauchbare Heilmittel erwiesen und durch die Bem\u00fchungen des verdienstvollen Bienenz\u00fcchters G. E. Hilbert ist das Heilverfahren mit Salicyls\u00e4ure indessen zum Gemeingute sdmmtlicher Bienenz\u00fcchter geworden. Fussend auf den bei Bek\u00e4mpfung der Bienenbrutpest erzielten Resultaten, war ich bestrebt, das von mir erprobte Verfahren versuchsweise auch gegen die als verheerende Seuche bekannte Krankheit der Seidenraupen die Schlaffsucht (Flaccidezza) anzuwenden.\n') C. 0. Cecil. Phenol, Thymol und Salicyls\u00e4ure als Heilmittel der Brntpest der Bienen. Vom XXI. Congresse deutsch-\u00dfsterreichisscher Bienenz\u00fcchter zu Breslau mit Ehrendiplom ausgezeichnete Schrift. Heideh herg, 1877.\t; \\\nG. 0. Cech. Versuche mit Salicyls\u00e4ure als Heilmittel der Bnit-pest der Bienen. Bulletin des XXI. Bienenz\u00fcchter-Goiigresses zu Breslau.\nC. 0. Gecli. Apparate f\u00fcr das Faulbrutheilverfahren mit anti. septischen oder desinficirendeu Substanzen. Deutsche Bienen*Ztg< 1877.\nZcitHchrift f. physiol. Chotnio, IV.\t.\tg5","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"374\nZu gleicher Zeit hatte es auch Herr Prof. F. Cohn, Director des pflanzenphysiologischen Institutes der Universit\u00e4t zu Breslau unternommen, mit Hilfe des Seidenbauvereins der Provinz Brandenburg, die Wirksamkeit der Salicyls\u00e4ure bei der Schlaffsueht der Seidenraupen zu pr\u00fcfen.\nIch habe ausser der Salicyls\u00e4ure auch die Benzoes\u00e4ure in das Bereich der anzustellenden Versuche einbezogen, w\u00e4hrend Herr J. Bolle in G\u00f6rz mit Natriumbenzoat und\nKaliumxanthogenat oxperimentirte.\nEs wurden nach meinen Angaben im Auftr\u00e4ge des kgl. kaiscrl. \u00f6sterreichischen Ackerbauministeriums seit dem Oktober 1876 an der kgl. kajserl. Seidenbauversuchsstation zu G\u00f6rz in den letzten Jahren die umfassendsten vergleichenden Versuche mit den genannten Mitteln angestellt. Diese Versuche, welche mit anerkannter Sachkenntnis der Direktor dieses Institutes Herr J. Bolle1) zu leiten so g\u00fctig war, wurden zu gleicher Zeit unabh\u00e4ngig auch von deutschen und franz\u00f6sischen Seidenz\u00fcchtern mit demselben Resultate ausgef\u00fchrt.\nErst jetzt ist es mir m\u00f6glich \u00e4uf Grundlage der mir von Herrn J. Bolle gewordenen dankenswerthen Mittheilungen hiermit einen kurzen Bericht niederlegen zu k\u00f6nnen, iler in den anderen Orts gemachten Erfahrungen, namentlich aber in den Verhandlungen des sechsten internationalen Seidenbaucongrosses zu Paris vollinhaltliche Best\u00e4tigung findet.\nDie bis jetzt erzielten Resultate, die Schlaffsucht der Seidenraupen mit antiseptischen und antibacteriellen Mitteln zu heilen, entsprechen nicht den Erwartungen, die man an der Wirksamkeit namentlich der Salicyl- und Benzoes\u00e4ure zu kn\u00fcpfen berechtigt war, und es werden andere Versuche gemacht werden m\u00fcssen, um jene Bedingungen festzustellen, bei deren Beobachtung die Schlaffsucht der Seidenraupen in\n') J. Bolle. Atti \u00ab\u2022 memorie dell* J. B. Societa agraria ili (lorizia. Volume 1. a. XV.\nJ. Bolle. Der sechste internationale Seidenbau-Congress zu Baris, 1879.","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"375\nanaloger Weise durch Antiseptica bew\u00e4ltigt werden kann, als es bei der Brutpest der Bienen der Fall ist.\t\" .\nUeber das eigentliche Wesen der Schlaffsucht und deren Entstehen ist eine vollkommene Klarheit bisher auch nicht erlangt worden, nur hat die Beobachtung der erkrankten Raupen ergeben, dass die Schlaffsucht ausgeht von-einer ansteckenden Affection des Darmkanals,' resp. des Magensaftes, die an die abnorme Entwickelung eines organisirten Fermentes von Bact\u00e9rien im Darm gebunden ist. Im Gegens\u00e4tze zu der Fleckenkrankheit, wo das organisirte Ferment, n\u00e4mlich die Cornaiia\u2019schen K\u00f6rperchen, prim\u00e4r im Blute auftritt. Bei der Schlaffsucht ist die nachtheilige Ver\u00e4nderung des Blutes und die von ihr abh\u00e4ngige Ern\u00e4hrung aller Geweb\u00e8 erst die secund\u00e4re Folge der prim\u00e4ren St\u00f6rungen des Verdauungsapparates. Es sollte demnach durch Versuche festgestellt werden, dass wirklich im Verdauungsapparat lebender Seidenw\u00fcrmer Salicyls\u00e4ure, Benzoes\u00e4ure \u00fc. A. in. dieselbe R\u00fchrung hemmende Kraft besitzen, wie ausserhalb des Organismus.\nHerr Prof. F. Cohn stellte cs als dringend wr\u00fchschens-werth auf, dass m\u00f6glichst vielseitige Versuche \u00fcber die AVirkung antiseptischer Mittel auf die Seidenraupen gemacht werden. Denn, dass sich unz\u00e4hlige, unendlich kleine, lebende Wesen (Bact\u00e9rien) im Magen schlaffs\u00fcchtiger Seidenraupen entwickeln und vermehren, ist eine von Pasteur zuerst erkl\u00e4rte, von F. Cohn und vielen anderen Forschern best\u00e4tigte Thatsache. Auch war es wohl nicht zu bezweifeln, dass der Ansteckungsstoff der Schlaffsucht mit dieser abnormen Racterien-Vermehrung in directem Zusammenh\u00e4nge steht.\nDa aber die erw\u00e4hnten antiseptischen Mittel die Vermehrung der Bact\u00e9rien schon in \u00e4usserst geringen Mengen ganz ausserordentlich verlangsamen oder g\u00e4nzlich aufHeben, so war die Hoffnung nicht unbegr\u00fcndet, dass sich auch bei dieser Seidenraupenkrankheit die Heilkraft antiseptischer Mittel bew\u00e4hren werde.\nVersuche, welche F. Cohn mit den Pilzen im Laboratorium vorgenommen hatte, ergaben, dass bei einer gewissen","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"376\nMenge von Salicyls\u00e4ure die Vermehrung der Bact\u00e9rien aufgehoben wird. Es sollte also erwiesen werden, ob sich die Salicyls\u00e4ure auch im lebendigen Thierleib ebenso verhalten werde, oder ob sie durch Verdauung, Assimilation oder Zersetzung verschwindet und die Bact\u00e9rien sich nicht aufs Neue vermehren k\u00f6nnen. Im Allgemeinen halt die Anwesenheit von 0,5 gr. Salicyls\u00e4ure in einem Liter Fl\u00fcssigkeit die Vermehrung der Bact\u00e9rien um mehrere Tage auf, und 1 gr. S\u00e4ure auf das Liter hemmt in der Regel ihre Entwickelung g\u00e4nzlich. Die Salicyls\u00e4ure wurde bei diesen Versuchen entweder trocken und f\u00fcr sich allein oder mit Zucker gemischt in pulveriger Form auf das Futter der Raupen gebracht. Ausserdem wurde eine Salicyls\u00e4urel\u00f6sung durch Best\u00e4uben und Inpr\u00e4gnirung des Maulbeerlaubes dem Organismus der Seidenraupen eingef\u00fchrt, wobei auf die verschiedenen Seidenraupenmassen, auf die einzelnen Entwickelungsstadien derselben und auf die m\u00f6glichste Variirung der angewendeten S\u00e4uremengen R\u00fccksicht genommen wurde. Die hierbei erzielten Resultate ergaben, dass die erw\u00e4hnten antiseptischen Mittel, Salicyls\u00e4ure, Benzoes\u00e4ure und Natriumbenzoat, entgegen der theoretischen Voraussetzung, nicht im Stande sind, die Schlaffsucht der Seidenraupen aufzuhalten oder derselben vorzubeugen.\t,\t, * - .\t,\nDiese Beobachtungen wurden sowohl an der kgl. kaiseri.\nSeidenbauversuchsstation zu G\u00f6rz, nach der von mir ange-\u00bbebenen Methode gemacht, als auch zu Steglitz bei Berlin, deren detaillirte Protokolle \u00fcber die mit Salicyls\u00e4ure ange-stelltcn Versuche ich der Freundlichkeit des Herrn J. A. von Schlicht in Potsdam, Vorstand des Seidenbauvereins der Provinz Brandenburg verdanke.\nDass das an einem Orte merkw\u00fcrdiger Weise auch in Anwendung gebrachte xanthogensaure Kali geradezu t\u00f6dtlich auf die Seidenraupen wirkte, musste Jeder, dem die chemische Natur dieser Verbindung bekannt ist, mit Bestimmtheit erwarten. Aus diesen Resultaten ergibt sich, dass der alkalische Magensaft der Seidenraupen die Salicyl-","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"377\nsilure und die Benzoes\u00e4ure neutralisirt, w\u00e4hrend das Natriumbenzoat naturgem\u00e4ss gar nicht zur Wirkung k\u00f6mmt und hiermit die erwartete Heilkr\u00e4ftigkeit dieser antiseptischen Mittel aufgehoben erscheint. Mittel von sicherer Wirkung gegen die Schlaffsucht der Seidenraupen lassen sich demnach nicht eher finden, bis nicht \u00fcber die Natur dieser Krankheit mehr Licht verbreitet ist.\nZum Schl\u00fcsse kann ich nicht umhin, dem kgl. kaiserl. \u00f6sterreichischen Ackerbauministerium und dem Vorstande der kgl. kaiserl. Seidenbauversuchsstation zu G\u00f6rz meinen Dank daf\u00fcr auszusprechen, dass ich in meinem Wunsche die anti-septischen Eigenschaften der Salicyl- und Benzoes\u00e4ure bei der Bek\u00e4mpfung der Schlaffsucht \u2014 wenn auch mit negativem Erfolge _ erproben zu lassen, freundlichst unterst\u00fctzt worden bin.\nSt. Petersburg im Juni 1880.\n","page":377}],"identifier":"lit16382","issued":"1880","language":"de","pages":"373-377","startpages":"373","title":"Heilversuche mit Salicyls\u00e4ure und Benzoes\u00e4ure bei der Schlaffsucht der Seidenraupen","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:22:37.367686+00:00"}