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{"created":"2022-01-31T14:44:07.952661+00:00","id":"lit16399","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kunkel, A. J.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 5: 40-56","fulltext":[{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"Uafe* da* Vorkommen von Boon nach Bhitoxtrovantionon.\nVon i. J> Kinkel in W\u00fcrzburg.\n(Der Bedftktion \u00abgegangen am 4. Dezember 1880).\nDurch eine zuf\u00e4llige Beobachtung, die ich im 81. Bande von Virchow\u2019s Archiv mitgetheilt habe, wurde ich. auf das Vorkommen grosser Mengen von Eisenoxyd an solchen Orten aufmerksam, wo dasselbe zweifelsohne von alten Blutextravasationen hergeleitet werden musste. Ich habe darnach diesen Gegenstand zusammen mit Herrn stud. med. Hecht weiter verfolgt: die Ergebnisse dieser Versuche hat Herr Hecht in seiner Inaugural-Dissertation beschrieben1).\nEinige neue Versuche, die ich inzwischen angestellt habe, haben ein mit den fr\u00fcheren Experimenten durchaus \u00fcbereinstimmendes Resultat ergeben. Die Schl\u00fcsse, die sich daraus ziehen lassen, sind nicht ohne Interesse f\u00fcr gewisse, ganz allgemeine Fragen des Stoffwechsels und desshalb theile ich dieselben hier in zusammenfass\u00e8nder Darstellung mit.\nDie reichhaltige hierher geh\u00f6rige Literatur ist in der oben citirten Dissertation m\u00f6glichst vollst\u00e4ndig angef\u00fchrt. Ich nehme darum nur soweit Bezug darauf, als sie f\u00fcr das hier zu Besprechende ganz unmittelbare Bedeutung hat.\nWird irgendwohin ein Extravasat gesetzt, so wird vor Allem der fl\u00fcssige Antheil des Blutes relativ rasch durch die Lymphbahnen der Umgebung aufgenommen. Auch ein grosser Theil der Blutk\u00f6rperchen gelangt auf diesem Wege wieder in den Kreislauf und wird so dem Organismus erhalten. Dies ist durch sorgf\u00e4ltige experimentelle Untersuchungen der letzten Jahre, die besonders mit dem Mikroskop die Art der Auf-\n*) Ueber das Vorkommen von Eisenoxydhydrat nach stattgehabten Extravasations!!. Inaugural-Dissertation W\u00fcrzburg 1880.","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"41\nsaugung verfolgten, sicher bewiesen. Ein Theil der Blutk\u00f6rperchen aber bleibt an Ort und Stelle liegen und erf\u00e4hrt daselbst eine Reihe tiefgreifender chemischer Umsetzungen, die nat\u00fcrlich auch wieder auf Resorption und die restitutio ad integrum 'hinauslaufen.\t. '\nDer wesentlichste Bestandtheil der rothen Blutk\u00f6rperchen, das H\u00e4moglobin, wird dabei vollst\u00e4ndig chemisch umgew\u00e4ndelt und dessen uns hier zumeist interessirender Bestandtheil, das Eisen, wird in Form einer Sauerstoffverbindung an Ort und Stelle frei.\nDas Eisen des H\u00e4moglobins selbst ist ja durch die gew\u00f6hnlichen Reagentien nicht nachweisbar^ Das sicherste, gerade f\u00fcr mikrochemische Zwecke gut verwendbare Reagens, das Quincke mit Recht am meisten empfohlen hat, das Schwefelammonium zersetzt das H\u00e4moglobin nicht, gibt aber sofort mit den gew\u00f6hnlichen Eisensauerstoffverbindungen den bekannten schwarzen Niederschlag von Eisensulf\u00fcr. Dadurch ist man im Stande, sofort die Entscheidung zwischen untersetztem H\u00e4moglobin und den durch Zersetzung entstandenen Spaltungsprodukten zu treffen.\ns m *\u2022\nWie oben erw\u00e4hnt, hatte ich aussergew\u00f6hnlich grosse Eisenoxydmengen in den Lymphdr\u00fcsen eines zur Autopsie gelangten ausgepr\u00e4gten Falles von morbus maculosus Werlhofii, der wiederholt starke Blutungen intra vitam gehabt hatte, gefunden.\t:\nDie weitere Untersuchung ergab, dass die gelbbraunen Pigmentinfiltrationen, die man immer nach Bluterg\u00fcssen am Orte der Extravasation und secund\u00e4r darnach auch in anderen Organen findet, nur aus einer Eisenverbindung (Eisenoxyd-hydrat) bestehen. Ich stellte darnach eine Reihe quantitativer Eisenbestimmungen mit solchen Pr\u00e4paraten an, die von Stellen alter Extravasate stammten. Diese Bestimmungen gestatten direkt die folgenden Schl\u00fcsse zu ziehen.\n< 1 .\ti. .\t. . \u25a0\nDie organischen Zersetzungsprodukte des ausgetretenen Blutfarbstoffes werden anf\u00e4nglich in reichlicherer Menge weg-","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\ngo f\u00fchr l, als die bei dieser Zersetzung freigewordenen Eisen-vcrbindungen: es bleibt dadurch am Orte der Extravasation ein immer eisenreicherer R\u00fcckstand liegen.\nDass Eisen in grossen Mengen an solchen Stellen, wo vor einiger Zeit ein Extravasat gesetzt worden war, vorkommt, ist durch zahlreiche fr\u00fchere Beobachtungen erh\u00e4rtet, so von Virchow (in dessen Archiv), von Peris (Virchow\u2019s Archiv Bd. 39), von Kalenkamp ff (Inaugural-Dissertation W\u00fcrzburg 1868), von Quincke (Volkmann s Sammlung klinischer Vortr\u00e4ge Nr. 100 und Berner Programm 1877) u. A.\nQuantitative Eisenbestimmungen liegen aber meines Wissens von solchen Orten nicht vor: nur von der Leber sind einige solcher Bestimmungen (durch Quincke und in dem4 oben schon citirten Falle von morbus maculosus Werl-hofii) ausgef\u00fchrt.\nBei einem Kaninchen wurde durch subcutane Art\u00e9riotomie an der inneren Fl\u00e4che des Oberschenkels ein Extravasat gesetzt und nach drei Wochen etwa das Thier durch Verbluten get\u00f6dtet. Was von dem stark ver\u00e4nderten, braun verf\u00e4rbten Extravasat noch vorhanden war, das wurde mit anh\u00e4ngendem Bindgewebe herauspr\u00e4parirt und getrocknet, dann verascht und das Eisen bestimmt1). Es ergab sich, dass von der Trockensubstanz (100\u2014110\u00b0 C.) 3,4% Eisenoxyd, resp. 4,6% Eisenoxydhydrat waren. Nun enth\u00e4lt das reine H\u00e4moglobin 0,43% Eisen oder etwa 0,6% Eisenoxyd. Wenn also das ver\u00e4nderte Blutcoagulum reiner Blutfarbstoff gewesen, so h\u00e4tten darin nur etwas mehr als Va % Eisenoxyd gefunden werden k\u00f6nnen. Es ist aber mehr als die 5 fache Menge wirklich vorhanden gewesen. In dem untersuchten Blutcoagulum war weiterhin noch Fibrin, dann die protoplasmatische Gr\u00fcndsubstanz von rothen und weissen Blut-.. \u25a0.... \u25a0 \u25a0 \u25a0 \u2022\n') Die Bestimmung geschah so, dass zun\u00e4chst aus der salzsauren Aschenl\u00f6sung Eisensulf\u00eeir gef\u00e4llt wurde. Dieses wird gesammelt, in S\u00e4ure wieder aufgenommen und dann Eisenoxydhydrat gef\u00e4llt, das. als Eisenoxyd gewogen wird. Dies ist hei so kleinen, in organischen Theilen vorkomnienden Eisen nengen die wirklich zuverl\u00e4ssige Methode. Peinliche Sorgfalt auf Reinheit der Reagentien u. s. w. ist nat\u00fcrlich noth-wendig. Gontrollversuche stimmten sehr gut.","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"43\nzellen vorhanden: zum anderen war der Kern viel weniger stark ver\u00e4ndert als die Rindenschicht. Alles dies zusammengenommen sichert gewiss die Richtigkeit unseres obigen Satzes, dass das Eisen des zersetzten Blutfarbstoffes liegen bleibt, w\u00e4hrend die organischen Spaltungsprodukte schnell abgef\u00fchrt werden.\nIn dem oben mitgetheilten Falle handelt es sich um die Ver\u00e4nderung eines Blutcoagulums im subcutancn Bindegewebe. Es war nothwendig zuzusehen, ob an anderen Orten im K\u00f6rper der Prozess der Aufl\u00f6sung eines Extravasates in gleicher Weise verl\u00e4uft\nVon Interesse ist f\u00f6r uns die folgende Bemerkung, die sich in den \u00abanatomisch-physiologischen Untersuchungen \u00fcber das Auge des Menschen von Dr. Friedrich Arnold\u00bb (Heidelberg und Leipzig 1832) als Nachtrag auf Seite 168 findet (und die ich wortgetreu citire) : \u00abBei der Zergliederung der Augen einer alten Frau fand sich in dem Grunde beider Augen zwischen Aderhaut und Retina ein gelbliches ocherartiges mit Schleim untermengtes Pulver in nicht geringer Menge angesammelt. In Salzs\u00e4ure l\u00f6ste sich dasselbe sogleich auf und bei dem Zusetzen von blausaurem Eisenkali bildete sich ein blauer Niederschlag. Dieses Pulver war also ohne Zweifel ein Eisenoxydhydrat. \u2014 Vielleicht findet sich statt des schwarzen Pigmentes ein solches Pulver h\u00e4ufiger in dem Grunde des Augapfels bei alten Leuten.\u00bb\nHalten wir den Befund mit all\u2019 dem zusammen, was weiterhin hier noch besprochen werden soll und was \u00fcberhaupt \u00fcber Pigmente bekannt ist, so bleibt kaum ein anderer Schluss \u00fcbrig als der, dass es sich um die Residuen eines alten Blutextravasates gehandelt habe. Offenbar war die Eisenmenge (verglichen mit der Menge der \u00fcbrigen vorhandenen Bestandteile) der ganzen pathologischen Deposition ganz ausserordentlich gross.\t\\\nIch habe darnach noch an zwei alten apoplektis\u00e7hen Herden in gleicher Weise quantitative Eisenbestimmungen ausgef\u00fchrt. Die Pr\u00e4parate verdanke ich der G\u00fcte des Herrn Prof. Rindfleisch: sie stammen aus der Sammlung des","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nhiesigen pathologischen Institutes und waren in Weingeist aufbewahrt.\nIn dem einen Falle handelte es sich um einen sehr umfangreichen Bluterguss in die Substanz der linken Hemisph\u00e4re. Wie lange intra vit am das Coagulum gelegen hatte, konnte ich leider nicht erfahren : sicher waren es mehrere, vielleicht viele Wochen. Was vom Coagulum noch vorhanden und isolirt herauszupr\u00e4pariren war, das zeigte auf der Oberfl\u00e4che eine stark gelbbraune Verf\u00e4rbung: im Innern aber war noch deutlich die Farbe des Blutfarbstoffes erkennbar: die quantitative Bestimmung ergab 1,7% Eisenoxyd.\nDer zweite untersuchte Fall betraf eine Cyste an der Basis des linken Vorderlappens. Die schlaffe, vom Pr\u00e4parate nach unten wegh\u00e4ngende Wand des weiten Sackes sah intensiv gelbbraun gef\u00e4rbt aus: Blutfarbstoff als solcher war an der Cyste nirgends mehr zu erkennen. Ein kleines St\u00fcckchen dieses Sackes mit einem Tropfen Schwefelammonium betupft nahm sofort eine gleichm\u00e4ssige, tief schwarze F\u00e4rbung an. Von diesem Sacke wurden Theile getrocknet, gegl\u00fcht und aut Eisen untersucht: es ergab sich ein Gehalt von 10,3% Eisenoxyd.\nDie Resultate dieser beiden Bestimmungen mit einander verglichen, illustriren auf\u2019s Beste unseren oben .vorausgestellten allgemeinen Satz. Das Coagulum in toto, in dem noch viel unzersetzter Blutfarbstoff vorhanden war, enthielt nur 1,7% Eisenoxyd, die offenbar viel \u00e4ltere Cystenwand aber, in der kein Blutfarbstoff mehr sich erkennen liess, enthielt die viel gr\u00f6ssere Menge, 10,3%. Je \u00e4lter das Coagulum, desto mehr wird gleichsam das Eisen concentrirt.\nEndlich habe ich noch, um den obigen sub I ausgesprochenen Satz in anderer Form zu st\u00fctzen, den folgenden Versuch ausgef\u00fchrt. Einem Kaninchen wurae eine L\u00f6sung von milchsaurem Eisen(oxydul) an verschiedenen K\u00f6rperstellen in\u2019s subcutane Bindegewebe injicirt. Nach 8 Tagen wurde das Thier get\u00f6dtet. Bei der Autopsie fand sich an den Stellen, wo die Injectionen gemacht worden waren, eine deutlich gelbe F\u00e4rbung des Bindegewebes, die scharf gegen die benach-","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"45\nbarten weisslichen Parthien abstach. Mit Schwefelammonium wurde diese F\u00e4rbung als von Eisen herr\u00f6hrend erkannt. Alle die Bindegewebsparthien, die diese gelbe F\u00e4rbung zeigten* wurden excidirt und mit den geeigneten L\u00f6sungsmitteln einmal das Eisen, sodann die Milchs\u00e4ure daraus darzustellen versucht. W\u00e4hrend relativ gr\u00f6sse Eisenmengen gew\u00f6nnen werden konnten, war auch nicht eine Spur von Milchs\u00e4ure aufzufinden. Es war also mit der injicirten Eisenverbindung Folgendes vor sich gegangen. Ein gewisser Theil war unzweifelhaft sofort resorbirt und durch den Harn wieder aus# geschieden worden. Ein Theil aber war an Ort und Stelle, liegen geblieben und hatte da solche Umsetzungen erfahren, dass die Milchs\u00e4ure von dem Eisen getrennt worden war. Die Milchs\u00e4ure (oder wahrscheinlicher deren Natriumverbindung) war mit dem Lymphstrom fortgeschafft worden, das Eisen dagegen blieb in einer Form, die in der Gewebsfl\u00fcssigkeit unl\u00f6slich sein muss, (als Oxydhydrat) an Ort und Stelle liegen. Wir kommen sp\u00e4ter noch auf diese Versuche zur\u00fcck. Nur im Vorbeigehen wollen wir darauf aufmerksam machen, dass nach diesem eben erz\u00e4hlten Ergebniss die sub-cutane Applicationswcise von eisenhaltigen Medicamenten keine zweckm\u00e4ssige Form ist. Die Thiere vertrugen diese Eiseninjectionen schlecht : alle zeigten verminderte Fresslust und magerten stark ab. An mehreren Injectionsstellen kam es zu weitgehender Abscedirung.\nII. \u25a0\nDie Form, in der die erw\u00e4hnten grossen Eisenmengen deponirt sind, ist die des Oxydhydrates.\nDies zeigt einmal die Farbe der abgelagerten Eisenverbindung an. Die Gewebe haben deutlich die gelbbraune F\u00e4rbung, wie sie Eisenoxydhydrat in der Vertheilung gibt, eine F\u00e4rbung, die von der mehr gelblichen und gelblich-weissen anderer Eisenverbindungen wohl zu unterscheiden ist. Auch unter dem Mikroskop erkennt man deutlich die einzelnen gelbbraunen K\u00f6rnchen ganz von demselben Aussehen wie eben gef\u00e4lltes Eisenoxydhydrat dies zeigt. Diese K\u00f6rnchen","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nl\u00f6sen sich bei Zusatz von Salzs\u00e4ure glatt auf: es bleibt das Gewebe mit seinem nat\u00fcrlichen (weisslichen) Aussehen zur\u00fcck. Ebenso geben mit Schwefelammonium die erw\u00e4hnten gelbbraunen K\u00f6rnchen sofort die Reaction des Eisensulf\u00fcrs. Wir haben bei zahlreichen mikrochemischen Reaktionen, wo wir ad hoc darauf achteten, immer nur die erw\u00e4hnten gelbbraunen K\u00f6rnchen, und zwar genau in dem Umfange und der Configuration, die sie vorher eingenommen hatten, mit Schwefelammonium sich schwarz tarben sehen, nie eine andere vorher farblose Stelle. Dieser unserer Angabe steht eine Angabe von Quincke gegen\u00fcber (im Berner Programm) der bei mikrochemischer Probe mit Schwefelammon Stellen, die vorher farblos gewesen waren, sich schwarz hat f\u00e4rben sehen. Darnach w\u00e4re eine ungef\u00e4rbte Eisenverbindung vorhanden gewesen, die erst auf Zusatz von Schwefelammonium sich manifestirte. Wir konnten diese Beobachtung niemals an unseren Zupfpr\u00e4paraten machen. Doch ist hier nat\u00fcrlich eine positive Beobachtung von ganz anderem Werthe als viele negative. (Vielleicht war doch irgend eine S\u00e4ure i zu dem Pr\u00e4parate gekommen und Eisenoxydhydrat aufgel\u00f6st worden, das dann erst wieder mit Schwefelammon gefallt wurde). Wir m\u00fcssen es nach unserem Befunde mindestens als einen sehr seltenen Fall bezeichnen, dass Eisen an den von uns bezeichneten Orten in anderer Form als der der gelbbraunen K\u00f6rnchen sich findet.\nDie Behauptung, dass in der Form des Eisenoxydhydrates das Eisen deponirt sei, findet eine weitere wesentliche St\u00fctze in dem Resultate der im 81. Bande von Virchow\u2019s Archiv mitg\u00e9theilten Analyse der Lymphdr\u00fcsen eines an morbus maculosus Werlhofii zu Grunde Gegangenen. In diesen Lymphdr\u00fcsen habe ich 31#/\u00ae Eisenoxyd, also in runder Zahl etwa ein Drittel der gesammten Trockensubstanz Eisenoxyd gefunden. Dies entspricht einem Gehalte an Eisen von etwa 22,5%. Nimmt man nun an, die ganze ,Lymphdr\u00fcse habe nur aus der Verbindung des Eisens mit irgend einem (organischen) Molek\u00fcl bestanden, so k\u00f6nnte, da ja das Molekulargewicht von Fe* gleich 112 ist, das Molekulargewicht","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ab\n47\ni\ndieser anderen Substanz nur etwa 3 mal so gross sein, da ja wie 1:3 das Verh\u00e4ltnis von Eisen und gesamimter \u00fcbriger Dr\u00fcsensubstanz ist, also etwa gleich 336. - Das Molekulargewicht des Rohrzuckers ist schon gleich 342, das des Bilirubins, von dem ja Verbindungen mit den Erdalkalien im Organismus bekannt sind, ist gleich 562: es k\u00f6nnte also h\u00f6chstens ein Molek\u00fcl von der Gr\u00f6sse des Rohrzuckers etwa sein, das mit dem Eisen zu der fraglichen Verbindung zusammengetreten w\u00e4re.\nAuf der anderen Seite aber ist die Annahme, die ganze Dr\u00fcsensubstanz sei in chemischer Verbindung mit dem Eisen, durchaus unzul\u00e4ssig. Man erkennt deutlich unter dem Mikroskop die Grenzen der gelbbraunen K\u00f6rnchen, sieht mit Schwefelammonium nur diese sich f\u00e4rben, erkennt bindegewebige Z\u00fcge, Blutgef\u00e4sse und andere geformte Elemente, die zwischen den Eisenk\u00f6rnchen liegen und offenbar keinen chemischen Zusammenhang mit den braunen K\u00f6rnchen haben. Extrahirt man St\u00fccke der Dr\u00fcse mit Salzs\u00e4ure, so bleibt die Dr\u00fcsensubstanz mit allen charakteristischen Geweb\u00e9theilen zur\u00fcck. Eine Sch\u00e4tzung der Volumina der gelbbraunen Eisenk\u00f6rnchen einerseits und der Menge der Dr\u00fcsensubstanz andererseits f\u00e4llt f\u00fcr den Unbefangenen sicher dahin aus, dass noch weit die gr\u00f6ssere Menge des im Mikroskop gesehenen Z\u00fcpfpr\u00e4pa-rates aus Dr\u00fcsensubstanz besteht. Man kommt darum * zu dem Schl\u00fcsse, dass entweder von der ganzen Stoffmenge des Pr\u00e4parates nur ein ganz kleiner Rest \u00fcbrig bleibt, der mit dem Eisenoxyd verbunden sein k\u00f6nnte \u2014 und diese Annahme ist wegen des anderen Aussehens einerseits oder der L\u00f6slichkeit dieser Eisensalze von kleinem Molekulargewichte andererseits durchaus unwahrscheinlich \u2014 oder aber, dass nur Eisenoxydhydrat die Verbindungsform des abgelagerten Eisens ist.\nZu dieser Annahme \u00fcber die Natur der\u2019 fraglichen Pigmenteinlagerung dr\u00e4ngt also gleichm\u00e4ssig diese letzt aogestellte Ueberlegung, wie die Farbe, die L\u00f6slichkeit, das allgemeine chemische Verhalten und das mikroskopische Aussehen. Es st darum auch der erste Eindruck, den die massenhafte, iAnh\u00e4ufung dieser gelbbraunen Schollen bei fl\u00fcchtiger An-","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nStellung einiger chemischer Reaktionen macht, sofort der, dass es sich um Eisenoxydhydrat handle, wie dies auch Arnold unmittelbar in der oben citirten Stelle ausspricht.\nIII.\nWahrscheinlich werden die K\u00f6rnchen von ausgeschiedenem Eisenoxydhydrat allm\u00e4hlig vom Orte der Extravasation fortgeschafft und in verschiedenen Organen, zuerst in den n\u00e4chstgelegenen Lymphdr\u00fcsen deponirt.\nDurch diese Annahme ist am Besten die enorme Anh\u00e4ufung von Eisen zu erkl\u00e4ren, die wir oben in den retroperitonealen Lymphdr\u00fcsen gefunden haben. In diese Lymphdr\u00fcsen selbst hat ja gar keine Blutung stattgefundenr Die Eisenk\u00f6rnchen \u2014 oder die Muttersubstanz, die sie lieferte \u2014 m\u00fcssen also von unten her in sie hineintransportirt sein. F\u00fcr eine solche Annahme sind nun auch durch direkte Beobachtung Analogiebeweise gegeben.\nDarnach wird das am Orte der Extravasation in K\u00f6rnchen ausgeschiedene Eisenoxydhydrat von weissen Blutzellen umschlossen und in fester Form auf dem Wege der Lymphbahnen weiter geschafft. Diese Art des Transportes fester Partikelchen (Zinnober und andere Farbstoffe) ist von verschiedenen Experimentatoren wirklich gesehen und ist eine allgemein angenommene Lehre der Pathologie. Weiterhin ist festgestellt, dass in den Lymphdr\u00fcsen die weissen Blutzellen den umschlossenen Fremdk\u00f6rper gerne freigeben, so dass es zu einer ailm\u00e4hligen Anh\u00e4ufung dieser Partikelchen in den Lymphdr\u00fcsen kommt. Wir nehmen also darnach an, dass die enorme Anh\u00e4ufung von Eisenoxydhydrat, wie sie in den Lymphdr\u00fcsen des oben erw\u00e4hnten Falles constat\u00e2t wurde, haupts\u00e4chlich durch Hineinschaffen immer neuer Partikelchen vermittelst weisser Blutzellen zu Stand gekommen sei.\nEin etwas anderer Erkl\u00e4rungsmodus dieses Befundes hat ja auch manche Wahrscheinlichkeit f\u00fcr sich. Gerade durch die neueren mikroskopischen Studien \u00fcber den Vorgang der Resorption von Blutextravasaten ist eruirt worden, dass rothe Blutk\u00f6rperchen von weissen umschlossen und dann auf der","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Lymphbahn weiter geschafft werden. Es ist dann wohl denkbar, dass der Zersetzungsvorgang der rothen Blutzellen, der in der Verfl\u00fcssigung und Fortschaffung der organischen Bestand-theile und der Deposition von Eisenoxyd besteht, zum Theil erst in den Lymphdr\u00fcsen sich abspielt. In diesen erst werden die von der Extravasationsstelle herbeigeschafften morschen Blutk\u00f6rperchen total zersetzt. Wahrscheinlich gehen beide Vorg\u00e4nge neben einander her: der letzte abgezogene aber wird an dem Endresultat den kleineren Antheil nehmen.\nMan darf dies mit Wahrscheinlichkeit daraus folgern, dass bei Extravasationen, die nach kurzem Bestehen zur Autopsie kommen, niemals grosse Mengen von Eisen in den Lymphdr\u00fcsen angetroffen werden. Der Transport von Blutk\u00f6rperchen durch die Lymphbahnen dauert aber nur relativ kurze Zeit, h\u00f6chstens einige Wochen. K\u00e4me von den in den Lymphdr\u00fcsen direkt zersetzten Blutzellen die Eisenanh\u00e4ufung her, so m\u00fcsste dieselbe in dieser kurzen Zeit ihr maximum erreicht haben. Nach den allerdings nicht zahlreichen Versuchen, die wir an Kaninchen angestellt haben, ist aber nach wenigen Wochen immer die Eisenansammlung in den zur Extravasationsstelle geh\u00f6rigen Dr\u00fcsen noch gering. Sie geschieht demnach nur in l\u00e4ngerer Zeit, also durch direkt in die Dr\u00fcse eingef\u00fchrte Eisenschollen.\n\u25a0 iv.\n\u2022 * \u2022 \u2022 r\nDie Thatsache der Ablagerung von Eisen\u00f6xydhydrat bei der Zersetzung des Blutfarbstoffes l\u00e4sst schliessen, dass diese Zersetzung bei \u00fcberwiegend alkalischer Reaction und bei \u00fcberwiegenden oxydativen Vorg\u00e4ngen geschieht. ;\nDas was wir mit unseren Hilfsmitteln ! als chemische Reaktion eines Ortes feststellen, an dem Stoffwechselvorg\u00e4nge . best\u00e4ndig sich abspielen, ist sicher nur dem Vorziehen einer Summe zu vergleichen, zu der sehr viele Summanden mit entgegengesetzten Vorzeichen concurriren.. Bei der Zersetzung eines Blutcoagulums werden gewiss auch Stoffe von saurem Charakter gebildet : aber \u00fcberwiegend der Zahl und Werthig-keit nach m\u00fcssen alkalisch reagirende Molek\u00fcle sein:-und,\nZeitschrift f. physiol. Chemie, V.\t\\","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\num bei unserem Vergleiche zu bleiben, das wir als Endergebnis aller an einem Orte vor sich gehenden Prozesse schliesslich sehen, das ist eben bedingt durch das Vorzeichen der Summe. Diese alkalischen Molek\u00fcle sind die relativ grossen Mengen von kohlensaurem Natrium, die in der K\u00f6rperlymphe angetroffen werden. Organische Molek\u00fcle von entschieden saurem Charakter, die bei der Zersetzung des Blutfarbstoffes sich bilden, werden von dem Natrium sofort gebunden und darnach bleibt immer ein grosser Ueb'erschuss von kohlensaurem Natrium \u00fcbrig, so dass immer das Eisen als die schw\u00e4chere Basis von dem Natrium verdr\u00e4ngt wird.\nEine S\u00e4ure ist aber doch immer in der Lymphe in grossem Ueberschuss vorhanden, d. i. freie Kohlens\u00e4ure und mit der k\u00f6nnte das Eisen zu kohlensaurem Oxydul sich verbinden. Die Verbindung des sauren kohlensauren Oxyduls ist aber in Wasser l\u00f6slich und selbst das phosphorsaure Oxydul, an dessen Entstehung in der Lymphe man ebenfalls denken muss, ist in kohlens\u00e4urehaltigem Wasser l\u00f6slich, weil eben nach und nach saures Salz entsteht. Die Gegenwart der organischen Bestandtheile in der Lymphe wird im Allgemeinen die L\u00f6slichkeit dieser Verbindungen nicht vermindern, sondern eher erh\u00f6hen. Es ist darum eine weitere Forderung f\u00fcr die dauernde Ablagerung des Eisens, die wir ja constatiren, dass das Eisen in die Oxydstufe \u00fcbergef\u00fchrt werde und darin verbleibe, weil eben nur die Oxydstufe unl\u00f6slich ist in dem Fl\u00fcssigkeitsgemisch, das wir in der Lymphe vor uns haben. Es ist darum eine weitere Forderung f\u00fcr die Ablagerung des Eisens als Oxydhydrat, dass in der Gewebsfl\u00fcssigkeit und in den Lymphdr\u00fcsen oxydative Prozesse \u00fcberwiegen.\nDie bisherigen Untersuchungen \u00fcber die Lymphgase haben entweder gar keinen freien Sauerstoff oder nur Spur\u00e8n dieses Gases nach weisen k\u00f6nnen (Hammarsten). Es scheint nun gerade der Befund der Oxydstufe des Eisens in den Lymph wegen und jdie bleibende Ablagerung in dieser Oxydationsstufe der deutliche Beweis zu sein f\u00fcr die \u00fcberwiegend oxydativen Vorg\u00e4nge, also wenn man will f\u00fcr die Gegenwart","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"51\nfreien Sauerstoffs in der Lymphe. UeberaU im Thierk\u00f6rper, wo lebende Zellen sind, findet best\u00e4ndig Sauerstoffzehrung statt, also gewiss auch in den Lymphdr\u00fcsen und Lymph-wegen, wo die farblosen Zellen und die lebenden Endothelien\nvorhanden sind. Sicher w\u00fcrde, wenn es an Sauerstoff man-\n* *\ngelte, das an diesen Orten liegende Eisenoxydhydrat auf die Dauer der Reduktion nicht widerstehen. . Diese Annahme wird geradezu verlangt durch unsere jetzigen Anschauungen \u00fcber die Natur chemischer Prozesse. Wenn irgendwo zahl-\nreiche und tiefgreifende chemische Umsetzungen geschehen, so werden am gleichen Orte liegende Molek\u00fcle, die \u00fcberhaupt unter den gegebenen \u00e4usseren Bedingungen chemisch angreifbar sind, mit in den Strom der Umsetzung hineingezogpn werden. Was wir als best\u00e4ndig bleibenden Gleichgewichtszustand \u00e4usserlich erkennen, ist in Wahrheit das Endresultat sehr vielf\u00e4ltigen chemischen Geschehens: nur die G\u00f6nstanz der beg\u00fcnstigenden \u00e4usseren Umst\u00e4nde ist die Ursache, dass doch immer nach derselben Seite das Ergebniss der gesammten Umsetzung liegt. Sicher werden in den Lymphwegen, vor\u00fcbergehend Eisenoxydmolek\u00fcle reducirt, sie bilden sich aber sofort wieder: denn es bleibt ja das Eisenoxyd als solches\nliegen, und dies ist nur dadurch m\u00f6glich, dass Sauerstoff in\n\u25a0 \u2022 .\\ .\u2022 * \u2022 \u2022 ,\ngen\u00fcgender Mertge vorhanden ist, dass die oxydativen Vorg\u00e4nge \u00fcberwiegen.\nMan k\u00f6nnte endlich daran denken * dass bei dem Ueber-schuss von freier Kohlens\u00e4ure in der Lymphe nicht Eisenoxydhydrat, sondern irgend ein basisches Carbonat die eigentliche chemische Verbindungsform der Eisenablagerung sei. Es ist diese Meinung nicht absolut zur\u00fcckzuweisen, sie ist aber bei dem leichten Zerfall der Eisenoxydcarbonate, besonders bei h\u00f6herer Temperatur nicht wahrscheinlich. Auch widerspricht das Aussehen und die Art der L\u00f6sung der gelbbraunen K\u00f6rnchen beim mikrochemischen Behandeln mit Salzs\u00e4ure\neiner solchen Annahme.\n\u2022;' V. -\t;\nNebst den Lymphdr\u00fcsen fand sich in dem schon wiederholt citirten Falle von Bluterkrankheit noch reichlich Eisen-","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"oxydhydrat in der Leber und in den grossen Dr\u00fcsen (Speicheldr\u00fcsen und Pankreas) abgelagert. Der Befund von Pigmentinfiltration an denselben Stellen nach Bluterg\u00fcssen ist schon oft best\u00e4tigt worden. Das unter diesen Umst\u00e4nden gefundene Pigment ist wesentlich nichts Anderes als Eisenoxydhydrat. Eisen ist ja auch schon wiederholt in grossen Mengen gerade in der Leber nachgewiesen worden.\nF\u00fcr die Leber scheint dieses Vorkommen auf den ersten Blick nicht auffallend. Wir nehmen ja an diesem Orte ein physiologisches Zerfallen von Blutk\u00f6rperchen an, eine Steigerung dieses Zerfalles scheint darum nach einem Bluterguss, auf den hin br\u00fcchig gewordene Blutk\u00f6rperchen in grossen Mengen der Blutbahn Zustr\u00f6men, als n\u00e4chstliegend angenommen werden zu d\u00fcrfen: bei diesem gesteigerten Zerfall kommt es zur Ablagerung von Eisen.\ntndess ist diese Auffassung desshalb wenig ansprechend, weil ja normaler Weise es niemals zu einer Eisenoxydablagerung in der Leber kommt. Dass das eine Mal sehr ausgiebig etwas geschehen k\u00f6nne, was unter genau den gleichen, nur quantitativ abweichenden Bedingungen gar nicht geschieht, ist durchaus unwahrscheinlich. Zudem ist dann die Erkl\u00e4rung f\u00fcr das Vorkommen von Eisenoxydhydrat in Speicheldr\u00fcsen und Pankreas (und anderen Organen) noch nicht gegeben. Es liegt darum viel n\u00e4her, auf einem anderen Wege, der f\u00fcr alle Organe derselbe ist, diese Eisenemlagerung entstehen zu lassen und zwar durch Einschleppung vermittelst lym-phoider Zellen.\nDie farblosen Blutk\u00f6rperchen, die vom Orte der Extravasation mit eingeschlossenen Eisenk\u00f6rnchen versehen, in die Blutbahn gelangen, verlassen dieselbe allerorts wieder, treten in die Gewebe hinaus und deponiren nun auf dem Wege zwischen den^Gewebselementen hindurch die eingeschlossenen Partikelchen. Dieses best\u00e4ndige Wandern von weissen Blutzellen ist ja jetzt allgemein angenommene Lehre der Pathologie und Physiologie. Annehmen m\u00fcssen wir nur nach unserer Erkl\u00e4rung, dass die lymphoiden Zellen in den Geweben gerne die umschlossenen fremden Partikelchen frei","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"J\ngeben und daf\u00fcr ist uns in der massenhaften Einlagerung von F\u00e4rbstofftheilchen in Lymphdr\u00fcsen schon eine Analogie gegeben. Also auch durch die Blutbahn geschieht nach dieser Meinung die Transportation des Eisens in uugel\u00f6ster Form als Eisenoxydhydrat und zwar vermittelst der farblosen Zellen.\nAn den oben bezeichneten Stellen (Leber und grosse Dr\u00fcsen) bleibt ebenfalls das Eisenoxyd lange liegen: es m\u00fcssen also hier dieselben Bedingungen f\u00fcr den Stoffwechsel vorhanden sein, wie wir sie oben f\u00fcr die Lymphwege deflnirt haben.\t.\nBei k\u00fcnftigen Autopsien solcher F\u00e4lle, wo intra vitam starke Extravasate vorhanden gewiesen waren, wird es f\u00fcr gewisse allgemeine Fragen des Stoffwechsels- nicht ohne Interesse sein, darauf zu achten, ob neben den grossen Dr\u00fcsen auch die Lungen, die Muskeln und andere Organe mit Eisen beladen sind. Bei der Kleinheit unserer Versuchsthiere (Kaninchen) waren die k\u00fcnstlich gesetzten Ver\u00e4nderungen zu geringf\u00fcgig, um eine solche topographische Untersuchung mit Aussicht auf guten Erfolg durchzuf\u00fchren.\nWenn bisher immer von dauernder Eisenablagerung gesprochen worden ist, so ist dies Wort nat\u00fcrlich nicht strengsten Sinne zu nehmen: denn dauernd ist ja im Organismus nichts als eben die Ver\u00e4nderung. Wir begreifen selbstverst\u00e4ndlich unter diesem Worte nur ein ungew\u00f6hnlich langes Beharren einer chemischen Verbindung an einem Orte, wo die lebhaftesten chemischen Prozesse sich abspielen, wo das Verweilen eines leicht angreifbaren K\u00f6rpers darum auff\u00e4llt. Am letzten Ende wird auch das Eisenoxyd aus dem K\u00f6rper ausgef\u00fchrt: an alten Extravasati\u00f6nsstellen, an orga-nisirten Thromben sehen wir nichts mehr von der gelbbraunen Pigmentirung, die sicher einmal vorhanden gewesen, war: dem entsprechend ist auch der Eisengehalt des Harns w\u00e4hrend der Resorption eines Extravasates vermehrt.","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nAnhang.\nEinige Bemerkungen Ober das Verhalten der Alkaloide\nim ThierkSrper.\nVon Schiff r\u00f6hrt, soweit mir dies bekannt ist, die erste Mittheilung dar\u00fcber her, dass Alkaloide einen Theil ihrer Wirkung verlieren, wenn sie zuerst das Pfortadergebiet durchwandern. Diese Angabe hat eine ausreichende Best\u00e4tigung und Erweiterung erfahren durch neuere Untersuchungen von Jacques1) und H\u00e9ger9).\nBei einer gelegentlichen Besprechung dieser Versuche fiel mir die Analogie auf, die zwischen den von diesen Experimentatoren festgestellten Thatsachen und den oben er\u00f6rterten Resultaten besteht. Diese Analogie zeigt sich, kurz ausgedr\u00fcckt darin, dass die Alkaloide, die in gel\u00f6ster Form in den Organismus eingef\u00fchrt werden, im K\u00f6rper solche chemischen Bedingungen antreffen, dass sie aus ihren L\u00f6sungen in ungel\u00f6ster Form abgeschieden und gerade wie das Eis\u00e9noxydhydrat an bestimmten Stellen depionirt werden.\nIch kann einstweilen nur fl\u00fcchtig diese Uebereinstimmung ber\u00fchren, da ich jetzt die nothwendige experimentelle Kritik nicht liefern kann. Es sind indess schon eine Reihe so gut beobachteter Thatsachen vorhanden, dass es sich der M\u00fche lohnt, fl\u00fcchtig die Uebereinstimmung zu ber\u00fchren.\nDie Alkaloide besitzen die folgenden (wichtigen) Reac-tionen. Ihre Salze, besonders die sauren Salze sind in Wasser leicht l\u00f6slich: die freien Alkaloide sind dagegen in Wasser meist unl\u00f6slich (oder sehr schwer l\u00f6slich): sie werden darum aus ihren L\u00f6sungen durch \u00e4tzende und kohlensaure Alkalien ausgefallt.\nDie oben erw\u00e4hnte Angabe von Schiff ist durch die Versuche von Jacques und H\u00e9ger dahin des N\u00e4heren aufgekl\u00e4rt worden, dass ein grosser Theil der in die Darmvenen gekommenen Alkaloide aus dem Blute verschwindet und in der Leber festgehalten wird. Jacques gibt an, dass\n\u2019) Estai sur la localisation des alcalo\u00efdes dans le foie.\n*) Notice sur l\u2019absorption des alcalo\u00efdes dans le foie, les poumons et les muscles.","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"55\nkleine Dosen Nicotin in der Leber g\u00e4nzlich verschwinden. Dieselbe Nikotinmenge ist bei Injektion in die vena mesen-terica durchaus ungef\u00e4hrlich : t\u00f6dtlich dagegen bei Injektion in die vena jugularis. Der gleiche Unterschied in der Wirkungsweise je nach der Auswahl der Applicationsstell\u00e8 -wurde von Jacques f\u00f6r Chinin, Atropin und Strychnin constat\u00e2t. Von Strychnin sind schon kleine Dosen bei Injektion in die vena jugularis, dagegen erst grosse bei Darmverabreichung t\u00f6dtlich. Ebenso ist Nicotin relativ unsch\u00e4dlich, wenn es .in\u2019s Unterhautzellgewebe, die gleiche Dosis dagegen scharf giftig, wenn sie in die Drosselvene eingesprilzt wird. Heger gibt an, dass die Leber grosse Mengen der verschiedenen Alkaloide zur\u00f6ckh\u00e4lt, die Muskeln weniger als die Leber, die Lungen fast gar nichts.\nDarnach werden also manche Alkaloide an bestimmten Orten im K\u00f6rper festgehalten, und am einfachsten erkl\u00e4rt sich dies durch eine Ablagerung in fester Form: denn bei dem lebhaften S\u00e4ftestrom im K\u00f6rper ist an ein Liegenbleiben einer L\u00f6sung nicht zu denken. Niin sind als feste Verbindungen der Alkaloide schon solche mit Ei weissk\u00f6rpern angegeben (Rossbach). Wir denken hier daran, dass in dem alkalischen Blute1) und in den alkalischen Gewebss\u00e4ften die dahin gebrachte Alkaloidsalzl\u00f6sung einfach gefallt und das freie Alkaloid als solches abgeschieden wird: gerade wie wir bei der Alkaloiddarstellung im Laboratorium durch kohlensaures Natrium auch die Salzl\u00f6sung zersetzen. Diese Annahme reicht zur Erkl\u00e4rung des Beobachteten hin, sie wird durch die Analogie der Eisenoxydhydratablagerung unterst\u00fctzt und empfiehlt sich durch ihre Einfachheit. (\nManche Beobachtung f\u00fcgt sich noch ungezwungen hier an. Gurarin in den Magen gebracht^rscheint ausserordentlich rasch im Harn: es kommt nient zu einer Ablagerung in der Leber, weil das freie Gurarin, im Gegensatz zu den meisten anderen freien Alkaloiden auch bei alkalischer Rea\u00e7-\n\u2018) Ich w\u00fcrdige hierbei wohl die sch\u00f6nen Versuche und Ueber-legungen von Maly. (Zeitschrift f\u00fcr physiol. Chemie, I. Band: Untersuchungen Aber die Mittel zur S\u00e4urebildung ira Organismus). Das was wir als chemische Bedingungen verlangen, wird dadurch nicht ber\u00fchrt, weil eben kohlensaures Alkali \u00fcberall im Ueberschuss vorhanden ist.","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\ntion sehr leicht l\u00f6slich in Wasser ist. Jedem, der viele Thierversuche gemacht hat, ist gewiss aufgefallen, wie relativ leicht vom Blute aus und wie schwer dagegen vom Unterhautzellgewebe aus eine tiefe Morphiumnarkose zu erreichen ist.\nStrychnin ist aus der Leber wirklich nach den gew\u00f6hnlichen analytischen Methoden, nachdem l\u00e4ngere Zeit vorher die Einfuhr in den K\u00f6rper geschehen war, dargestellt worden und es wird dies noch von manchen anderen Orten im K\u00f6rper bestimmt gelingen.\nWir glauben also, dass im Blute und in den Lymph-bahnen die Alkaloidl\u00f6sungen gefallt werden. Die ausgeschiedenen festen Partikelchen bleiben in dem langsamen Lymph-strom liegen oder werden nur langsam und dann auch wieder durch Einschluss in weisse Blutzellen weiter geschafft. Auch im Blutstrom m\u00fcssen diese Partikelchen von farblosen Zellen umschlossen werden: durch deren Auswanderung geschieht die Ueberf\u00fchrung dus der Blutbahn hinaus in die Gewebe und in diesen werden dann, wie wir das f\u00fcr die Lymph-drusen wissen, diese festen Partikelchen theilweise deponirt\nVon dieser kurzen Ausf\u00fchrung soll man nat\u00fcrlich nicht mehr verlangen als sie leisten soll und das ist der Versuch einer Erkl\u00e4rung f\u00fcr die Alkaloidablagerung an gewissen K\u00f6rperstellen. Die Theorien, die auf die specifische Art der Wirkung eingehen, werden dadurch nicht ber\u00fchrt. Was also beispielsweise das oben erw\u00e4hnte Curarin betrifft, so soll mit dem Vorstehenden nur erkl\u00e4rt werden, warum es in der Leber nicht, wie die \u00fcbrigen Alkaloide festgehalten wird. Dass es aber vom Magen aus gar nicht giftig wirkt, daf\u00fcr kann die obige Darlegung keine Erkl\u00e4rung geben und daf\u00fcr erscheint die Hermann\u2019sche Hypothese noch als die plausibelste. Vielleicht k\u00f6nnen einmal die obigen Andeutungen noch fruchtbarer werden: doch sind zu einer weiteren Ausf\u00fchrung vor Allem mehr gut beobachtete Thatsachen nothwendig.\nTrotz dieser grossen Unvollkommenheit wollte ich die besprochene Meinung kurz hier andeuten: bei dem regen Studium, das jetzt den Alkaloiden allerorts gewidmet wird, wird dieselbe vielleicht da und dort eine Kritik hervorrufen!","page":56}],"identifier":"lit16399","issued":"1881","language":"de","pages":"40-56","startpages":"40","title":"Ueber das Vorkommen von Eisen nach Blutextravasationen","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:44:07.952666+00:00"}