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{"created":"2022-01-31T12:31:39.662892+00:00","id":"lit16406","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kossel, Albrecht","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 5: 152-157","fulltext":[{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Herkunft des Hypoxanthins in den Organismen.\nVon Dr. Albrecht Koesel.\nAssistent am physiol.-chem. Institut zu Stiassburg i/E.\n(D\u00abr Redaction xugegangen am 16. Februar 1881).\nBei der Zersetzung des Nucleins der Hefe durch anhaltendes Kochen mit Wasser entsteht, wie ich fr\u00fcher dar-gethan habe,1) eine Quantit\u00e4t Hypoxanthin, welche ungef\u00e4hr einem Procent des angewandten Nucleins entspricht. Diese Thatsache darf auf ein besonderes physiologisches Interesse Anspruch machen, wenn sich durch die Untersuchung anderer Nuclelne eine allgemeiner G\u00fcltigkeit derselben nachweisen l\u00e4sst.\nDie Versuche,-welche ich im Folgenden mittheile, wurden mit zwei dem Thierk\u00f6rper entnommenen Nudelnarten angestellt, und zeigen, dass auch aus diesen betr\u00e4chtliche Mengen von Hypoxanthin gebildet werden.\nDer Freundlichkeit der Herren Dr. Paul Meyer, Dr. Homburger und Dr. Ledderhose verdanke ich das Material zur Darstellung des von Mi es eher entdeckten Eiter-Nuclelns (Sulfonuclelns). Die in bekannter Weise2) isolirten und mit Alkohol und Aether extrahirten Eiterzellen\u00ae) wurden mit sehr verd\u00fcnnter Natronlauge verrieben und durch Papier filtrirt, das Filtrat mit Salzs\u00e4ure gefallt und mit derselben ausgewaschen. Der so gewonnene K\u00f6rper wurde dann mit Alkohol anfangs in der K\u00e4lte, dann in der- Siedehitze\n*) Diese Zeitschrift, Bd. Ill, S. 284, IV. S. 290.\n*) Medicinisch-chemische Untersuchungen, herausgegeben von Hoppe-Seyler, S. 142.\n*) Der Eiter stammte sum gr\u00f6sseren Theil aus einem pleuritischen Exsudat und war stark schleimig.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"153\nextrahirt und bei gew\u00f6hnlicher Temperatur unter der Luft-pumpe getrocknet. Ein derartiges Pr\u00e4parat (bei 110\u00b0 getr.) enthielt 3,20% P (entspr. 10,15% HaPOi) und 1,6% S\u00bb\nVon dem im Vacuum getrockneten Nudeln wurde eine Quantit\u00e4t, die 6,069 gr. bei 110\u00b0 getrockneter Substanz entsprach, mit Wasser 40 Stunden lang gekocht. Es blieben 2,9040 gr. Substanz (bei 110\u00ae getr.), entsprechend 47,95% ungel\u00f6st. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung reagirte stark sauer. Von derselben wurde ein kleiner Theil zur Bestimmung der in freiem Zustand abgespaltenen Phosphors\u00e4ure verwandt,, dieselbe betrug 8,15% des Nucleins, also 80,3% der durch Veraschung erhaltenen Gesammt-Phosphors\u00e4ure. Aus dem gr\u00f6sseren Theil der Fl\u00fcssigkeit wurde die Phosphors\u00e4ure mit Barytwasser, der \u00fcbersch\u00fcssige Baryt mit Kohlens\u00e4ure entfernt, die auf 50 Cc. eingedampfte Fl\u00fcssigkeit mit dem vierfachen Volumen 95% Alkohol gefallt, der in Alkohol l\u00f6sliche Theil auf kleines Volum eingedampft, mit Ammoniak stark alkalisch gemacht und die klare L\u00f6sung d^nn mit Silbernitrat gefallt. Der jetzt entstehende gelatin\u00f6se Niederschlag wurde in heisser Salpeters\u00e4ure von 1,1 spec. Gew. gel\u00f6st, die beim Erkalten auskrystallisirende Substanz als salpetersaures Hypoxanthin-Silberoxyd gewogen. In dieser Weise wurde gefunden; dass die Menge des gebildeten Hypoxanthins 1,03 % des zersetzten Nucleins entsprach.\nDie Fl\u00fcssigkeitsmenge betrug 1230 Ccm.;\n50 Ccm. derselben mit Ammoniak lind Magnesiamischung direct gef\u00e4llt ergab 0,0230 Mg, P, 0, ;\n1180 Ccm. gaben 0,1350 salpetersaures Silberoxyd-Hypoxanthin.\nEin zweiter Versuch richtete sich auf das von Plosz1) in den rothen Blutk\u00f6rperchen der Gans aufgefundene Nudeln. Die isolirten Blutk\u00f6rperchen wurden in Wasser unter Zusatz * von etwas Aether gel\u00f6st, der ungel\u00f6ste Theil von der Fl\u00fcssigkeit getrennt und mit sehr grossen Mengen Wasser ausgewaschen. Die vom Blutfarbstoff fast vollst\u00e4ndig befreite Masse wurde jetzt mit Salzs\u00e4ure gewaschen, dann w\u00e4hrend\n*) Medic.-chem. Untersuchungen, herausgegeben ton Hoppe. Seyler, S. 461.","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\n3 bis 4 Stunden einer kr\u00e4ftigen Pepsinverdauung bei 38\u00b0 unterworfen. Der unverdaute Rest wurde anfangs mit Wasser, dann mit Alkohol ausgewaschen, zuletzt mit 95\u00b0/o Alkohol mehrmals ausgekocht. Die bei gew\u00f6hnlicher Temperatur getrocknete Substanz bildete ein Pulver von rein weisser Farbe.\nDrei in dieser Weise dargestellte Pr\u00e4parate von \u00e4hnlichem Phosphorgehalt (7,12% ; 6,04% ; 6,49% P) wurden vereinigt zu einer Mischung, welche als Pr\u00e4parat A. bezeichnet werden soll.\nPr\u00e4parat B. war eine Mischung von zwei Pr\u00e4paraten, welche ich bei den ersten Versuchen zur Darstellung von Nuclem aus den rothen Blutk\u00f6rperchen gewann. Da in diesen F\u00e4llen erst nach der geeigneten Darstellungsmethode gesucht werden musste, erhielt ich Substanzen, di\u00e7 zersetzt waren und desshalb theilweise einen niedrigeren Phosphorgehalt zeigten (5,67%; 3,23% P) als die mit Alkohol ausgekochte Kernsubstanz (5,62% P).\nDie Zersetzung dieser Pr\u00e4parate und die Aufsuchung des Hypoxanthins in den stark sauren, w\u00e4sserigen L\u00f6sungen wurden nach dem oben angegebenen Verfahren ausgef\u00fchrt.\nIn Procenten des Nucleins ausgedruckt ergaben sich folgende Werthe:\nPr\u00e4parat\nA. B.\nGesammt-Phosphors\u00e4ure (nach dem Veraschen\nmit Soda und Salpeter)................\nIn freiem Zustande abgespaltene Phosphors\u00e4ure ................................ .\n20,5\t11,1\nnicht\nbestimmt.\nUnl\u00f6slicher Theil d. Spaltungsprodukte (phosphorhaltig) ............................... 40,0\t60,5\nDurch Alkohol f\u00e4llbarer Theil der gel\u00f6sten Produkte (enthielt etwas Baryt)\t. '. .\t.\t20,6\t16,8\nIn Alkohol l\u00f6slicher Theil (incl. Hypoxanthin)\t19,3\t13,0\nVerlusf . ' . . ... ...\t...\t.\t3,5\t\u2014\nHypoxanthin\n100,0\n2,64\t1,97","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"155\nPr\u00e4parat A. Menge des zersetzten Nucleins 14;346 gr.; ungel\u00f6ster Theil 5,788 gr.; Fliissigkeitsmenge 865 Ccm. Davon 25 Ccm. mit Magnesiamischung gef\u00e4llt gaben 0,0780 gr. Mg* P* 0* ; 815 Ccm. eingedampft, mit Alkohol gef\u00e4llt. Niederschlag 2,761 gr. (120* getr.V Alkoholextrakt auf 100 Ccm. eingedampft.\nDavon 50 Ccm zur Trockene gebracht, bei 110* getrocknet, gaben 1,804 gr.\n50 Ccm. mit NH* und Silbernitrat gef\u00e4llt, Niederschlag aus Salpeters\u00e4ure umkrystallisirt gab 0,4020 gr. Hypoxanthin-Silbemitrat.\nPr\u00e4parat B. Menge des zersetzten Nucleins 14,500 gr.; Ungel\u00f6ster Theil 5,738 gr.; durch Alkohol gef\u00e4llter Theil 2,4395 gr.; Alkoholextrakt auf 155 Ccm. eingedampft ; davon 55 Ccm. gaben 0,6700 gr. Trockensubstanz. 100 Ccm. gaben 0,4150 gr. Hypoxanthin-Doppelsalz.\nDas aus dem Nucle\u00efn des G\u00e4nseblutes erhaltene und zweimal aus Salpeters\u00e4ure krystailisirte Hypoxanthin-Silbernitrat lieferte bei der Analyse folgende Werthe:\nGefunden\tBerechnet\nG 19,16\t19,61\nH 1,75\t1,31\nAg 37,7\t35,3.\t>\nEs geht aus diesen Zahlen hervor, dass der K\u00f6rper noch eine Beimengung \u2014 vielleicht eine Xanthinsilberverbindung \u2014 enthielt, welche den Silbergehalt erh\u00f6hte. Eine Verunreinigung mit Guanin h\u00e4tte den Silbergehalt erniedrigen m\u00fcssen.\nNach der Entfernung des Silbers mit Schwefelwasserstoff krystailisirte aus der fast v\u00f6llig eingedampften L\u00f6sung das Salpeters\u00e4ure Salz in knolligen Aggregaten, welche in Wasser und in Ammoniak vollkommen l\u00f6slich waren. Ebenso verhielt\n*\t\u00e0. \u25a0.\nsich das aus dem Eiter stammende Hypoxanthin.\nEine Discussion der quantitativen Verh\u00e4ltnisse bei der Entstehung von Hypoxanthin aus Nucle\u00efn ist noch nicht statt--haft, da es nicht erwiesen ist, dass in den vorliegenden Versuchen die g\u00fcnstigsten Bedingungen f\u00fcr diese Reaktion getroffen sind. Jedenfalls verdient die Thatsache Beachtung, dass das Hypoxanthin nicht wie Leucin und Tyrosin durch einen tief eingreifenden Spaltungsprocess aus dem Nucle\u00efn entsteht, sondern dass seine Abspaltung \u2014 \u00e4hnlich wie die der Phosphors\u00e4ure \u2014 schon durch schwache Agentien bewirkt wird.","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nUeber die physiologische Rolle dieses K\u00f6rpers, den die Kernsubstanz in lockerer chemischer Bindung enth\u00e4lt, besitzen wir kaum einige Andeutungen.\nSch\u00fctzenberger1) beobachtete, dass das Hypoxanthin neben \u00e4hnlichen K\u00f6rpern und neben freier Phosphors\u00e4ure von der Hefe gebildet wird unter physiologischen Bedingungen, welche dem Hungerzustand h\u00f6herer Organismen zu vergleichen sind. Demant2 *) bemerkte eine Zunahme des Hypoxanthins im Muskel hungernder Thiere. Salomon8) fand denselben K\u00f6rper in keimenden Saamen. In allen diesen F\u00e4llen scheint das Hypoxanthin durch Zersetzung h\u00f6herer stickstoffhaltiger Verbindungen gebildet zu sein.\nMan hat die Eiweissk\u00f6rper als diejenigen Substanzen bezeichnet, aus denen innerhalb der Organismen das Hypoxanthin gebildet werde. Diese Annahme schien experimentell best\u00e4tigt zu sein, als Salomon4 *) aus Fibrin durch verschiedenartige chemische Einwirkungen Hypoxanthin darstellte und als Chittenden6 *) in K\u00fchne\u2019s Laboratorium diese Beobachtungen best\u00e4tigte.\nTrotz der Sorgfalt, mit welcher diese Versuche angestellt wurden, und trotz der mannigfachen Variation der Versuchsbedingungen glaube ich aus meinen Befunden einige Bedenken gegen dieselben ableiten zu m\u00fcssen.\nEine Verunreinigung des Fibrins mit weissen Blutk\u00f6rperchen ist nicht zu vermeiden, diese enthalten \u2014 wie alle lebenskr\u00e4ftigen Zellen \u2014 Nudeln6); es liegt also nahe,\n* ) Bulletin de la Soci\u00e9t\u00e9 chimique de Pam [2] \u00e2l, 204\u2014212.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. Ill, S. 381.\n*) Verhandlungen der physiologischen Gesellschaft zu Berlin. Nr. 2 und 3 (Sitzung vom 12. November 1880) S. 14\n4) Diese Zeitschrift, Bd. II, S. 88. \u2014 Berichte der deutsch, ehern.\nGesellschaft XI, 574; XII, 95; Xffl, 1160.\n\u2022) Journal of Physiology, herausgeg. von Foster. Vol. II, S. 28. Untersuchungen aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Heidel-\nberg, Bd. U, Heft 4.\n*) Auch die chemischen Befunde bei der Leuk\u00e4mie scheinen auf diese Quelle des Hypoxanthins hinzudeuten.","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"157\neinen Nucle\u00efngehalt des zu den Versuchen verwandten Fibrins vorauszusetzen. Die von Salomon gefundene Hypoxanthinmenge war (wie in den Versuchen von Chittenden), stets eine \u00e4usserst geringe. Coagulirtes Eiereiweiss, bei .welchem eine Verunreinigung mit Nucle\u00efn nicht anzunehmen ist, bildet nach -Chittenden bei der Behandlung mit S\u00e4ure auch kein Hypoxanthin, wohl aber nach Zusatz von Pankreasfl\u00fcssigkeit.\nDurch obige Versuche ist erwiesen, dass das Hypoxanthin aus einem K\u00f6rper entsteht, welcher den ang\u00e8wandten Fibrinpr\u00e4paraten wahrscheinlich beigemengt war; ich glaube desshalb, dass es nothwendig ist, die Salomon\u2019schen Versuche mit Ber\u00fccksichtigung dieser Thatsache zu wiederholen, ehe \u2022\n4\t. \u25a0 r \u25a0\ndie Bildung von Hypoxanthin aus Eiweiss als eine sicher constatirte Thatsache angenommen wird.","page":157}],"identifier":"lit16406","issued":"1881","language":"de","pages":"152-157","startpages":"152","title":"Ueber die Herkunft des Hypoxanthins in den Organismen","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:31:39.662897+00:00"}