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{"created":"2022-01-31T14:44:06.633416+00:00","id":"lit16415","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schiffer, J.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 5: 257-266","fulltext":[{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"lieber das Schiksal des Sarkosins im menschliehen Organismus.\nVon Dr. J. Schiffer (Berlin-Carlsbad).\n* \u00bb\n(Aus der c'.iemischen Abtheilung des physiologischen Laboratoriums in Berlin).\n(Der Redaktion sagegangen am 35. April 1881).'\nWenige Arbeiten auf dem Gebiete der physiologischen Chemie haben in neuerer Zeit ein solches Aufsehen erregt, wie die von Schultzen \u00fcber die Umwandlung des Sarkosins im thierischen Organismus. Im Verein mit Leon v. Nencki1) hatte er fr\u00fcher gefunden, dass Glycocollf\u00fctterung die Harn* stoffausscheidung seinem N-Gehalt entsprechend vermehre. Um nun dem Einwand zu begegnen, dass dieses Plus auf einer durch die Amidos\u00e4ure veranlasst en Steigerung des Eiweisszerfalles beruhe, wiederholte er seine Versuche mit einer mit der Methylmarke versehenen Amidos\u00e4ure d. h. mit dem Methylglycocoll oder Sarkosin. Eine vermehrte Harnstoffbildung trat nicht ein, dagegen erschienen im Harn zwei neue K\u00f6rper, beide in analoger Weise zusammengesetzt; der eine aus Sarkosin und Carbamins\u00e4ure, der andere aus Sarkosin und Sulph amins\u00e4ure. Der erste dieser K\u00f6rper war seiner Constitutionsformel nach mit der Methylhydantoins\u00e4ure. identisch, die jedoch von Schultzen als solche nicht gekannt war. Er schloss aus seinen Versuchen, dass das Sarkosin die bei der Zersetzung der Eiweissk\u00f6rper im Organismus entstehende und normaler Weise zur Bildung von Harnstoff dienende Carbamins\u00e4ure an sich reisse. Mit dieser Annahme stimmte es sehr sch\u00f6n, dass es ihm nicht gelang im Sarkosinharn Harnstoff aufzufinden So schien ihm denn das R\u00e4thsel\nl) Zeitschr. f. Biologie, Bd. VIII.\n259","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nder Harnstoffbildung und damit eine der wichtigsten Fragen der physiologischen Chemie durch den \u00fcberraschenden Erfolg geistreich combinirter Versuche in glatter Weise gel\u00f6st.\nDas gl\u00e4nzende Ergebniss der Schultzen\u2019schen Untersuchung, die Sicherheit mit der es vorgetragen wurde, schien die Augen der Kritik zu blenden und es dauerte angesichts der weittragenden Bedeutung des Gegenstandes lange, bevor eine Nachpr\u00fcfung erfolgte. Zun\u00e4chst erschienen noch einige f\u00fcr Schultzen g\u00fcnstige Publikationen. S a 1 k o w s k i *) fand, dass nach Genuss von Taurin die Uramidos\u00e4ure desselben, die Taurocarbamins\u00e4ure, im Harn auftrat und lieferte damit einen Analogiebeweis f\u00fcr die Bildung der Uramidos\u00e4ure des Sarkosins im Organismus, eben der Methylhydantoins\u00e4ure. Er erw\u00e4hnte ferner, dass auch aus Amidobenzoes\u00e4ure im Organismus Uramidobenzo\u00ebs\u00e2ure entstehe, doch fehlen \u00fcber diesen Punkt die n\u00e4heren Angaben. Weiter gelang es E. Baumann und Hoppe-Seyler*) die Methylhydantoins\u00e4ure synthetisch darzustellen unter Bedingungen, wie sie auch dem thierischen Organismus zu Gebote stehen k\u00f6nnen. Aequiva-lente Mengen von Sarkosin, Kaliumcyanat und Ammoniumsulfat wurden bei 40\u00b0 C. digerirt, das gebildete Kaliumsulfat mit Alkohol ausgef\u00e4llt.und darauf das Barytsalz der genannten S\u00e4ure gewonnen. Auf gleiche Weise stellte um dieselbe Zeit Salkowski*) die S\u00e4ure oder vielmehr ihr Anhydrid, in das sie sehr leicht \u00fcbergeht, das Methylhydantoin dar.\nBis dahin schien Alles sehr gut mit den Schultzen-schen Angaben zu stimmen. Als aber Nachpr\u00fcfungen mit dem Sarkosin selbst ausgef\u00fchrt wurden, ergaben sich wesentliche Abweichungen. Diese Nachpr\u00fcfungen erfolgten gleichzeitig von E. Salkowski einer-, Baumann und v. Mering andererseits. In dem Fehlen der Sarkosinsulphamins\u00e4ure stimmten beide Arbeiten v\u00f6llig \u00fcberein. Was die Methylhydantoins\u00e4ure angeht, so sprach sich Salkowski* * * 4) zuerst\n') Bericht\u00ab d. deutsch, chem. Gesellsch., Bd. VI, S. 744.\n*) Ebendaselbst, Bd. VII, S. 34.\na) Ebendaselbst, S. 116.\n4) Ebendaselbst, Bd. VIII, S. 115.","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"259\ndahin aus, dass sie im Hundeharn nach Sarkosinf\u00fctterung wohl nur in geringer Menge vorhanden sei, w\u00e4hrend Baumann und von Mering in ihren Versuchen am Menschen zeigten, dass nach Sarkosingenuss, selbst bis zu 25,0 grm., die Methylhydantoins\u00e4ure im Harn vollst\u00e4ndig fehle und dass auch Schultz en nach der ganzen Art seines Verfahrens diese S\u00e4ure nicht in H\u00e4nden gehabt haben' k\u00f6nne. Zugleich deckten sie eine wahrscheinliche Fehlerquelle in den Angaben dieses Forschers auf, indem sie fanden, dass bei Gegenwart von Sarkosin die Liebig\u2019sche Harnstoffreaktion ausbleibe. Endlich fanden sie, ebenso wie Salkow^ki, einen Theil des genossenen Sarkosins unver\u00e4ndert im Harn wieder In sp\u00e4teren Mittheilungen schloss sich Salkowski der zuerst von Baumann und v. Mering ausgesprochenen Ansicht, n\u00e4mlich dass nach Sarkosingenuss die Methylhydantoins\u00e4ure im Harn vollst\u00e4ndig fehle, mehr an.\nSo war von den Schultzen\u2019schen Angaben wenig \u00fcbrig geblieben. Nur eine M\u00f6glichkeit war noch zu er\u00f6rtern. Bei dem leichten Uebergang der Uramidos\u00e4uren in ihre Anhydride und speciell der Methylhydantoins\u00e4ure in, Methylhydantoin, konnte man vermuthen, dass die letztere Substanz nach Sar-kosinf\u00fctterung im Harn erscheine. Salkowski hat diesem Gegenst\u00e4nde unendlich viel Arbeit und M\u00fche zugewendet, ohne jedoch zum Ziele zu gelangen. Bei der Bunsen\u2019schen Bestimmung zerfallt der Harnstoff in \u00e4quivalente Mengen GO* und NH* und die Alkalescenz der Reaktionsfl\u00fcssigkeit bleibt vor und nach dem Erhitzen unver\u00e4ndert.. Werden aber die Anhydride gewisser Uramidos\u00e4uren u. A. das Hydantoin nach derselben Methode behandelt, so fand Salko wski nach dem Erhitzen das Verh\u00e4ltniss von CO\u00ab:NO* wie 2:1 und eine Abnahme der Alkalescenz um die H\u00e4lfte. Auf Grund dieser Ermittelungen verglich Salkowski die nach der Buri sen -sehen Bestimmung gewonnenen Zahlen von den S\u00e4rkosin-tagen mit denen von den Normaltagen. Die Zahlen der Sarkosintage sprachen wohl f\u00fcr eine Anwesenheit von \u00abetwas Methylhydantoin \u00bb, da jedoch die Differenzen gering waren,\n') Berichte d. deutsch, chem. Gesellsch., Bd, VIII, S. 584,","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nda ferner auch das Sarkosin bei der Bunsen\u2019schen Bestimmung nicht unangegriffen bleibt und da sich endlich die Zahl f\u00fcr COi nur auf eine einzige Bestimmung st\u00fctzte, legte Sal-kowski selbst seiner Rechnung keinen besonderen Werth bei. Er selbst kommt zu dem Resultat, dass seine Sarkosin-versuchc eine Methylhydantoinbildung nicht beweisen.\nDies war der Stand der Sache, als mir Herr Professor Bau mann mittheilte, dass das Methylhydantoin Kupfer-sulphat in alkalischer L\u00f6sung reducire und mich zugleich aufforderte die Sarkosinversuche, auf diese Erfahrung gest\u00fctzt, aufs Neue aufzunehmen.\nBevor ich an die eigentliche Arbeit ging, suchte ich festzustellen, ob etwa andere in Betracht kommende Substanzen ebenfalls reducirende Eigenschaften besitzen. So pr\u00fcfte ich Sarkosin, Methylhydantoins\u00e4ure und Methylharnstoff alle drei mit negativem Erfolg. Was nun das Methylhydantoin selbst betrifft, so reducirt es etwas langsam ; man muss l\u00e4nger erhitzen, als z. B. bei Gegenwart von Zucker, auch ist es zweckm\u00e4ssig der Fehling1 sehen L\u00f6sung noch etwas Alkali hinzuzusetzen. Nach einigem Erhitzen erfolgt dann eine sehr sch\u00f6ne Ausscheidung von rothem Kupferoxydul.\nBekanntlich besitzt auch der normale Harn reducirende Eigenschaften, die auf der Anwesenheit von Harns\u00e4ure, Kreatinin, und einiger Farbstoffe beruhen. Es war zwar trotzdem m\u00f6glich auch geringe Mengen vop Methylhydantoin im Harn nachzuweisen, indem von zwei gleichen Proben desselben Harnes die methylhydantoinhaltige erheblich mehr Kupfer reducirte. So reducirten 15 Cc. von einem Gemisch aus gleichen Theilen Wassers und menschlichen Harns von einer verd\u00fcnnten F ehlingschen L\u00f6sung (25#/o) 10 Cc., w\u00e4hrend andere 15 Cc. von jenem Harngemisch, denen 0,1 gr. Methylhydantoin zugesetzt war, 21 Cc. derselben Fehling\u2019schen L\u00f6sung verbrauchten.\nDa aber das Reduktionsverm\u00f6gen des Harnes von verschiedenen Tagen nicht das gleiche blieb, schien es w\u00fcnschens-werth bei den eigentlichen Versuchen die St\u00f6rung durch andere reducirende Substanzen, als das Methylhydantoin aus-","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"zuschliessen. Das hierzu eingeschlagene Verfahren , soll bei den Versuchen selbst mitgetheilt werden.\nZuerst wurde ein Probeversuch bei einem Kaninchen gemacht. Bei gleichartiger F\u00fctterung schwankte das Reduktionsverm\u00f6gen desgesammten in 24 Stunden entleerten Harnes f\u00fcr die verschiedenen Tage in nicht zu weiten Grenzen. Am 9/2 81 erhielt das Thier 0,5 gr. Sarkosin mittelst Schlundsonde. Der in den n\u00e4chsten 24 Stunden entleerte Harn reducirte nicht mehr Fehling\u2019sche L\u00f6sung\u00ab als an den vorhergehenden oder den folgenden Tagen. Die erhaltenen Zahlen erreichten vielmehr kaum den mittleren Durchschnitt. Es mag dahingestellt bleiben, ob die angewendete Sarkosinmenge zu klein war ; da es aber nach anderweitigen Versuchen \u00fcberhaupt zweifelhaft ist, ob der Kaninchenorganismus Uramido-s\u00e4uren zu bilden vermag, so wurde von weiteren Versuchen an diesen Thieren Abstand genommen. Die entscheidenden Experimente wurden am Menschen ausgef\u00fchrt.\nUm die im normalen Harn enthaltenen reducirenden Substanzen zu entfernen, wurde folgendermassen verfahren : 250 Cc. Harn des Versuchsindividuums wurden eingedampft mit 200 Ce. 96% Alkohol aufgenommen, 700 Gc. Aether hinzugef\u00fcgt, und filtrirt. Der Aether wurde abdestillirt, der alkoholische R\u00fcckstand auf ein kleines Volum\u00e9\u00fc eingeengt und nach dem Erkalten alkoholische Chlorzinkl\u00f6sung hinzugef\u00fcgt und darauf in der K\u00e4lte 24 Stunden stehen gelassen.\n\u2022 Von den gebildeten Chlorzinkkreatininkrystallen wurde ab-filtrirt und die Ausf\u00fcllung mit Chlorzink so lange wiederholt, als noch eine Abscheidung von Krystallen erfolgte. Nun wurde eingedampft, mit Wasser aufgenommen, mit basischem Bleiacetat gefallt, entbleit und die nunmehr fast farblose Fl\u00fcssigkeit auf ein kleines Volumen, d. h. auf rund 20 Cc. gebracht. 10 Cc. davon, also die H\u00e4lfte der Gesammtmenge, entf\u00e4rbten noch gerade 2 Cc. der verd\u00fcnnten 25% Fehling\u2019schen L\u00f6sung, eine Abscheidung von gelbem oder rothem Kupferoxyd ut trat nicht ein. Der Harn hatte also durch die geschilderte Behandlung sein Reduktionsverm\u00f6gen fast vollst\u00e4ndig verl\u00f6ten.\nZeitschrift f. physiologische Chemie V\t.18","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"362\nVom 18/2\u201422/2 81 wurde der Harn der Versuchsperson, die sich m\u00f6glichst gleichm\u00e4ssig ern\u00e4hrte, t\u00e4glich gesammelt und auf sein Reduktionsverm\u00f6gen gepr\u00fcft. Dasselbe zeigte f\u00fcr die verschiedenen Tage nicht erhebliche Schwankungen. Am 22/2 wurden 10 gr. Sarkosin genommen. Der in den n\u00e4chsten 24 Stunden entleerte Harn, klar, schwach sauer und von 1020 spec. Gewicht betrug 1540 Cc. Der Harn wurde in der vorhin geschilderten Weise verarbeitet. Das nach dem Entbleien erhaltene klare, fast farblose Filtrat wurde auf 80 Cc. eingeengt. 20 Cc. davon reducirten 40 Cc. der 25% Fehling\u2019schen L\u00f6sung unter starker Abscheidung von rothem und gelbem Kupferoxydul. 250 Cc. Harn vom vorhergehenden Normaltage in gleicher Weise behandelt, entf\u00e4rbten 5\u20146 Cc. der gleichen Fehling'sehen L\u00f6sung, ln dem Sarkosinharn musste also eine gewisse Menge Methylhydantoin vorhanden sein.\nUm \u00fcber die quantitativen Verh\u00e4ltnisse Aufschluss zu erhalten, wurde zu 250 Cc. normalen Harns 0,5 gr. Methyl-hydantoin hinzugesetzt und diese Mischung in gleicher Weise wie vorhin behandelt. Die am Schluss der Operation erhaltenen 20 Cc. der L\u00f6sung reducirten ca. 45 Cc. Fehling\u2019scher Mischung. Die gesammten 1540 Cc. Harn des Sarkosintages reducirten 160 Cc. Bringt man davon 30 Cc. f\u00fcr den Harn als solchen in Rechnung, so bleiben noch 130 Cc. f\u00fcr das Methylhydantoin. Das w\u00fcrde da auf 0,5 gr. Methylhydantoin sich 40 Cc. Fehling\u2019scher Mischung ergaben, ca. 1,6 gr. \u2022 Methylhydantoin in dem Sarkosinharn entsprechen. Die so ermittelten Zahlen sind jedoch nur als ann\u00e4hernde Werthe zu betrachten, da beim Methylhydantoin die Endreduktion nur ungenau zu bestimmen ist.\nDer Sarkosin versuch wurde am 22/3 81 an derselben Person wiederholt. Es wurden wieder 10 gr. Sarkosin genommen. Der in den n\u00e4chsten 24 Stunden entleerte Harn betrug 1350 Cc. Bei der Verarbeitung desselben wurde insofern von dem fr\u00fcher geschilderten Verfahren abgewichen, als der Harn sofort mit basischem Bleiacetat ausgefallt, entbleit, eingedampft und nun erst mit Alkohol und Aether","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"263\naufgenommen wurde. Nachdem der Aether abdestitlirt und der alkoholische R\u00fcckstand auf ein klein\u00ebs Volumen eingeengt worden war, erfolgte bei der Behandlung mit Chlorzinkl\u00f6sung kaum eine Abscheidung von Kreatinin. Trotzdem war das fr\u00fchere Verfahren vorzuziehen. Bei dem diesmal beobachteten gelang es weniger gut, die Farbstoffe des Harns auszuschliessen. Selbst als noch nachtr\u00e4glich Thierkohle hinzugef\u00fcgt und erw\u00e4rmt wurde, gelang dies nur unvollkommen. Ein Theil der reducirten Fehling\u2019schen Mischung ist unzweifelhaft auf die Anwesenheit von Farbstoffen zu beziehen. In der That reducirte auch der gesammte Sarkosinharn diesmal 240 Cc. Fehling\u2019scher Mischung, was unter Zugrundelegung der im fr\u00fcheren Versuch angewendeten Rechnung 2,6 gr. Methylhydantoin entsprechen w\u00fcrde; Doch haftet\nwegen des eben er\u00f6rterten Umstandes dieser Zahl eine noch\n. \u2022\t\u00bb ,\ngr\u00f6ssere Unsicherheit an, wie im ersten Versuch.\nDa wir uns den Vorgang so denken m\u00fcssen, dass ein Theil des Sarkosins im Organismus in Methylhydant\u00f6ins\u00e4ure und diese erst durch H2O-Abspaltung in Methylhydantoin \u00fcbergeht, so w\u00e4ren zur weiteren Verfolgung des Gegenstandes zun\u00e4chst Versuche mit Methylhydant\u00f6ins\u00e4ure selbst anzustellen. Diese Versuche bleiben f\u00fcr sp\u00e4ter nachzuholen:\nSchon Baumann und von Mering hatten (a. a. 0.) gefunden, dass der Harn nach Sarkosingenuss deutliche Isoni-trilreaktion gebe, jedoch den Schluss, dass das Sarkosin zur Bildung einer Aminbase Anlass gebe, nicht mit Sicherheit ziehen k\u00f6nnen, da sie auch mit normalem Harn dieselbe Reaktion, wenn auch scheinbar schw\u00e2\u00e7h\u00e9r erhielten. Sal-kowski1) konnte in seinen Versuchen an Hunden dieselbe Reaktion deutlich beim Sarkosinharn cohstatiren, w\u00e4hrend sie beim normalen Harn zu fehlen schien (das Thier war mit Brod und Milch gef\u00fcttert.) Ein Versuch, den danach vermutheten Methylharnstoff quantitativ zu bestimmen, scheiterte. Der mit Salpeters\u00e4ure auskrystallisirte Harnstoff des Sarkosinhams wurde durch Gl\u00fchen mit Natronkalk in Ammoniak \u00fcbergef\u00fchrt, dieses mit Platinchlorid gefallt und der\n') Diese Zeitschrift. Rd. IV, 8. 111 ff.","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nerhaltene Platinsalmiak mit chromsaurem Blei und vorgelegtem Kupfer verbrannt, um so den Kohlenstoifgehalt zu bestimmen. Der Harnstoff des Sarkosintages gab nach dieser Bestimmung allerdings etwas GO\u00ab, aber auch der normale Harnstoff in gleicher Weise behandelt, war nicht frei davon und die Differenz zu Gunsten des Sarkosintages war zu klein, so dass die Methode den gew\u00fcnschten Aufschluss nicht gab. Immerhin ging jedoch aus den qualitativen Proben hervor, dass in der That an den Sarkosintagen eine gr\u00f6ssere Menge einer prim\u00e4ren Aminbase im Harn ausgeschieden w\u00fcrde, als an den Normaltagen.\nIch selbst1) habe im vorigen Jahr den Nachweis gef\u00fchrt, dass nach Kreatingenuss im Organismus Methylharnstoff gebildet wird. Es ist von vornherein zu erwarten, dass das Sarkosin, d. h. die Methylamidoessigs\u00e4ure sich in dieser Hinsicht \u00e4hnlich verh\u00e4lt , wie die Methylguanidinessigs\u00e4ure auch mit R\u00fccksicht auf die eben erw\u00e4hnten Angaben von Baumann und v. Mering und von Salkowski ist es wohl als gesichert zu betrachten, dass ein geringer Theil des dem Organismus einverleibten Sarkosins in Form von Methylharnstoff ausgeschieden wird.\nEs sei mir an dieser Stelle gestattet, mit einigen Bemerkungen auf die Kritik einzugehen, die Sa 1 k o ws k i2) seinem Referat \u00fcber meine eben citirte Arbeit angeh\u00e4ngt hat. Er sagt von mir: \u00abmeine Versuche machten wohl die Bildung von Methylharnstoff sehr wahrscheinlich, ohne sie jedoch zu beweisen; ich sei in diesem Nachweis um Nichts weiter gegangen als er selbst fr\u00fcher; es seien ganz genau dieselben Versuchsresultate. Die Differenz liege also nicht in den Versuchsresultaten, sondern in der verschiedenen Anschauung \u00fcber ihre Beweiskraft.\u00bb Ich glaube jedoch, dass auch meine thats\u00e4chlichen Ermittelungen einigermassen von denen des Referenten differiren. Seine qualitativen Versuche ergeben lediglich die Anwesenheit einer prim\u00e4ren Aminbase im Ham, ohne \u00fcber deren Natur etwas auszusagen, eine Thatsache\n*) Zeitschrift f. physiol. Chemie, Bd. IV, S. 237.\n*) Centralbl. f. d. me<U Wissensch. 1881, Bd* * XIX, S. 9.","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"265\n\u00fcbrigens, die, wie oben angegeben ist, schon Banmann und von Mering festgestellt haben. Weiter fand SaIkowski auf demselben Wege, dass nach Sarkosinf\u00fctterung die Menge der Aminbase zuzunehmen scheine. Die quantitativen Versuche aber, durch die jene prim\u00e4re Aminbase als substituirter Harnstoff charakterisirt werden sollte, sind nach des Verfassers eigenen Worten wegen der kleinen Differenzen ,\u2022 die \u2022 sie gegen\u00fcber den Normaltagen ergaben, von geringem Werth. Dann leiden aber diese Versuche auch an einer kleinen Unvoll* kommenheit. S a 1 k o w s k i gewann den Harnstoff des Sarko- . sinharns als salpetersauren Harnstoff, dessen Krystalle durch Gl\u00fchen mit Natronkalk in Ammoniak umgewandelt wurden. Dasselbe wurde dann als Platinsalz gef\u00e4llt und dessen etwa vorhandener G-Gehalt in der fr\u00fcher angegebenen Weise ermittelt. Aus der so gefundenen C-Menge sollte auf die Menge des substituirten Ammoniaks, resp. Harnstoffs geschlossen werden. Nun krystallisiren aber bei Anwesenheit von Sarkosin oder Methylhydantoin diese Substanzen mit dem Harnstoff zugleich aus, von dem sie schwer zu trennen sind. Sal-kowski sagt von einer solchen Trennung nichts. Waren . aber den salpetersauren Harnstoffkrystallen kleine Mengen von Sarkosin oder Methylhydantoin beigemischt, so mussten diese beim Gl\u00fchen mit Natronkalk ebenfalls substitutes Ammoniak geben.\nWas meine eigenen Versuche angeht, so zeigten sie zun\u00e4chst, dass die Isonitrilreaktion des Harns von zwei prim\u00e4ren Aminbasen herr\u00fchren k\u00f6nne, einer im Sch l\u00f6s in gaschen Apparat austreibbaren und einer nicht austreibbaren. Dass die letztere ein substituirter Harnstoff sei, wurde durch die Versuche mit Kreatinf\u00fctterung in hohem Masse wahrscheinlich gemacht. Es schien mir selbst w\u00fcnschenswert, den Methylharnstoff direkt darzustellen, leider fehlt es uns hierzu an einer brauchbaren Methode. Nach dem Angef\u00fchrten darf ich wohl die Sentenz Salkowski\u2019s, dass die Differenz zwischen uns nicht in dem Versuchsresultaten, sondern in der verschiedenen Auschauung \u00fcber ihre Beweiskraft liege, als gar zu streng bezeichnen.","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nUnsere bisherigen Kenntnisse \u00fcber das Schicksal des Sarkosins im Organismus w\u00fcrden sich also dahin zusammen* fassen lassen: Die bei Weitem gr\u00f6sste Menge wird unver-\u00e4ndert wiederausgeschieden, ein geringerTheil, etwa Vs\u20141/\u00ab wird in die entsprechende Uramidos\u00e4ure oder vielmehr deren Anhydrid umgewandelt und ein, wie es scheint, minimaler Brnchtheil wird zu Methylharnstoff oxydirt.\nBerlin, den 23. April 1881.","page":266}],"identifier":"lit16415","issued":"1881","language":"de","pages":"257-266","startpages":"257","title":"Ueber das Schiksal des Sarkosins im menschlichen Organismus","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:44:06.633422+00:00"}