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{"created":"2022-01-31T12:31:15.106541+00:00","id":"lit16416","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kossel, Albrecht","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 5: 267-271","fulltext":[{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"lieber die Verbreitung dee Hypoxanthine im Thier- und\nPflanzenreich.\nVon Dr. Utrecht Kossel,\nAssistent am physiologisch-chemischen Institut zu Strassburg i|E.\n(Der Redaktion \u00fcbergeben am 2. Mai 1881).\nIn den Geweben der Thiere sind eine Reihe von Stoffen aufgefunden worden, welche in ihrer chemischen Constitution den Endprodukten des thierischen Stoffwechsels, der Harns\u00e4ure und dem Harnstoff n\u00e4her stehen als die Amidos\u00e4uren, die charakterischen Spaltungsprodukte der Eiweissk\u00f6rper. W\u00e4hrend bei letzteren ein Uebergang in Harnstoff nur'durch einen synthetischen Process, n\u00e4mlich dur\u00f6h den Eintritt einer NHa-Gruppe denkbar ist, hat man von mehreren Repr\u00e4sentanten dieser K\u00f6rperklasse erwiesen, dass dieselben ohne weitere Synthese, ohne den Eintritt stickstoffhaltiger Gruppen, in Folge der Einwirkung oxydirender oder spaltender Agentien in Harnstoff \u00fcbergehen.\nKreatin, Kreatinin, Guanin sind in dieser Weise als substitute Harnstoffe* erkannt, vom Carnin,. Xanthin und j Hypoxanthin ist die Zugeh\u00f6rigkeit zu dieser Gruppe nicht nur durch ihre chemischen Eigent\u00fcmlichkeiten, sondern auch durch die Ueberf\u00fchrung von Guanin in Xanthin erwiesen.\nEs liegt die Idee nahe, dass diesen K\u00f6rpern als normalen Vorstufen der Harns\u00e4ure oder des Harnstoffs eine bedeutende physiologische Rolle zukommt. Der Erkenntniss dieser Bedeutung stellt sich als eine Hauptschwierigkeit die Thatsache entgegen, dass alle diese Stoffe bisher nur in geringer Menge in den Organen gefunden sind.\nIn Folgendem hoffe ich zeigen zu k\u00f6nnen, dass das","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nHypoxanthin in weit gr\u00f6sserer Menge in den thierischen Organen vorhanden ist, als man nach den bisherigen Untersuchungen annehmen durfte, und dass demselben ebenso im \u00bbPflanzenreiche eine weite Verbreitung zukommt.\nDas Verfahren, durch welches dieser K\u00f6rper den Geweben entzogen wird, gr\u00fcndet sich auf die fr\u00fcher von mir mitge-theilte1) Thatsache, dass das Nuclein, die eigenth\u00fcmliche Substanz des Zellkerns, bei der Einwirkung von Wasser oder schwachen S\u00e4uren in der Siedehitze 1\u20142,6\u00b0/\u00ab Hypoxanthin liefert. Es ist also nur n\u00f6thig, die Gewebe dieser Einwirkung zu unterwerfen, um aus dem Extrakte dann nach den bekannten Methoden das Hypoxanthin zu gewinnen. Diese Darstellung unterscheidet sich von den bisher gebr\u00e4uchlichen dadurch, dass sie nicht nur das pr\u00e4formirte, sondern auch das aus Nuclein entstehende Hypoxanthin liefert. Da das Nudeln ein \u00e4usserst leicht zersetzlicher K\u00f6rper ist, so bedarf es noch besonderer Untersuchungen, um zu constatiren, in wie weit das nach den \u00fcblichen Methoden gewonnene Hypoxanthin und Xanthin im pr\u00e4formirten Zustande in den Geweben vorhanden war. Von diesem Standpunkt aus verdient es besondere Beachtung, dass Salomon* *) diesen K\u00f6rper nur im Leichenblut, nicht im Aderlassblut auffand.\nDie bisher publicirten Bestimmungen des Hypoxanthins in thierischen Geweben sind \u2014 soweit mir bekannt \u2014 folgende*)\nProcente:\nMuskeln vom Rind 0,0267 (Neubauer)\n0,0174\t\u00bb\nMuskeln vom Pferd 0.0141 (Scherer). Muskeln vom Hund 0,025 4) (Stadeier). Musk. v. Kaninchen 0,0266 (Neubauer) Leber vom Rind 0,0113 (St\u00e4deler). Milz vom Ochsen 0,0153*)(Neubauer)\nProcente:\nvom Rind \u00b0-0M*\t<\u25a0**\u00ab*\n*\t0,0156*) (Stadeier).\n*\t0,0161\t(Neubauer)\n0,0277\t\u00bb\n*\t0,0221\n\u00bb\t0,0225\n') Diese Zeitschrift, Bd. Ill, S. 284; IV, S. 290; V, S. 152.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. II, S. 78.\n\u2022) Strecker, Ann. d. Chero. u. Pharm., Bd. 108, S. 137; Stadel er, ebendas., Bd. 116, S. 105; Neubauer, Zeitschr. f. anal. Ghem., Bd. VI, S. 33; Scherer, Ann. d. Chem. u. Pharm., Bd4 112, S. 263.\n*) Hypoxanthin und Xanthin,\n\u2022) Und \u00abebensoviel, wenn nicht mehr Xanthin\u00bb.","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"269\nMenschliches Leichenblut: 0,0014\u20140,0075* */# (Salomon1).\nAusserdem ist das Hypoxanthin in \u00e4usserst geringen Quantit\u00e4ten in fast s\u00e4mmtlichen Organen des Menschen aufgefunden.1) Reichliche Mengen von Hypoxanthin (neben Guanin) finden sich im Lachs^perma*).\nDie von mir angewandte Methode war folgende: Die m\u00f6glichst fein zerhackten und dann gewogenen Organe (150 bis 200 gr.) werden w\u00e4hrend 12 Stunden mit dem f\u00fcnf- bis zehnfachen| Gewicht 1\u20142\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure gekocht, das verdampfende Wasser ersetzt. Die resultirende Fl\u00fcssigkeit \u00fcbers\u00e4ttigt man ohne vorher zu filtriren mit Barytwasser und entfernt den Ueberschuss des Baryts durch Kohlens\u00e4ure. Die Fl\u00fcssigkeit wird jetzt vom Ungel\u00f6sten abflltrirt und das Filter gut mit heissem Wasser ausgewaschen. Das Filtrat wird auf 100 Gc. eingedampfl, mit Ammoniak und Silbernitrat in der bekannten Weise gef\u00e4llt, der Niederschlag aus Salpeters\u00e4ure umkrystallisirt und als Hypoxanthin-Silbernitrat gewogen.\nIst eine reichliche Menge reducirender Stoffe zugegen (Leber, st\u00e4rkereiche pflanzliche Organe) so ist die F\u00e4llung mit Silbernitrat in salpetersaurer L\u00f6sung vorzuhehmen. Ist die Menge des Hypoxanthins im Vergleich zu den in L\u00f6sung befindlichen eiweiss- oder peptonartigen Stoffen gering, so erh\u00e4lt man in w\u00e4sseriger, ammoniakalischer L\u00f6sung keinen Niederschlag mit Silbernitrat, wie bereits von D rech sei und Salomon er\u00f6rtert ist. Ich konnte das Hypoxanthin in diesen F\u00e4llen nach weisen, indem ich die ammoniaka\u00fcsche silbernitrathaltige L\u00f6sung mit Alkohol versetzte, bis ein Niederschlag entstand. Derselbe wurde dann mit kalter Salpeters\u00e4ure ausgewaschen und in heisser Salpeters\u00e4ure gel\u00f6st. Beim Erkalten schieden sich die bekannten Kryst\u00e4lle des Hyp\u00f6xan-thinsilbersalzes aus, die dann weiterhin aus heisser Salpeters\u00e4ure umkrystallisirt werden konnten.\t,\n(Tabelle folgt auf n\u00e4chster Seite).\nAusserdem konnte ich nach dem beschr\u00eeeben\u00e8n Verfahren eine reichliche Menge Hypoxanthin aus Ameisenlarven darstellen.\n*) Loc. cit.\n*) Literatur bei Gmelin-Kraut, Suppl.-Bd. S. 1014, 1015.\n') Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. Bd. VIT, S. 1714.","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nF\u00fcr thicrische Gewebe ergaben sich folgende Zahlen:\nGewicht des frischen Organs. 1\ter-\tSalpeter* saures Hypoxanthin* Silbernitrat.\tDaraus berechnetes Hypoxanthin.\tProcentgehalt des frischen Organes.\nMilz (Mensch). ....\t147\t0,3175\t0,1411\t0,096\nMilz (Hund)\t\t42\t0,0912\t0,0405\t0,096\nNieren (Mensch) . . .\t229\t0,3500\t0,155\t0,068\nNieren (Hund) . .\t89\t0,1050\t0,0467\t0,053\nLeber (Hund) ....\t196\t0,3625\t0,1611\t0,082\nPeriphere Muskeln (Kind).\t132\t0,1430\t0,0636\t0,048\nHerz (Mensch) . . . .\t185\t0,1610\t0,0716\t0,039\nGehirn 1 weisse Subst..\t105\t0,0691\t0,0307\t0,029\n(Mensch) f graue \u00bb\t126\t0,0695\t0,0309\t0,024\nDass dieser K\u00f6rper am reichlichsten in denjenigen Organen gefunden wird, in die man die wichtigsten chemischen Umwandlungen stickstoffhaltiger K\u00f6rperbestandtheile verlegen muss (Nieren, Leber, Milz), spricht gewiss f\u00fcr seine Betheiligung an diesen Processen. Fassen wir fernerhin auch seine Verbreitung im Pflanzenreiche ins Auge, so erscheint das Hypoxanthin als ein nothwendiges Produkt derjenigen Lebens-processe, welche Thieren und Pflanzen gemeinsam sind.\nSch\u00fctzenberger und Salomon fanden diese Substanz unter Verh\u00e4ltnissen, wo sie als Endprodukt des pflanzlichen Stoffwechsels zu deuten ist. Ich glaube nach folgenden Versuchen behaupten zu d\u00fcrfen, dass dieselbe auch im ruhenden lebensf\u00e4higen Pflanzengewebe \u2014 freilich nicht im pr\u00e4formirten Zustande \u2014 vorhanden ist.\nAus Presshefe habe ich durch die Zersetzung mit Schwefels\u00e4ure mehr als 10 gr. Hypoxanthin in reinem Zustande dargestellt. Das Verfahren, welches sich zur Gewinnung des Hypoxanthins in gr\u00f6sserem Maassstabe eignet, werde ich sp\u00e4ter beschreiben.\nEine, wenn auch geringe Quantit\u00e4t wurde durch Kochen mit Schwefels\u00e4ure aus den Sporen von Lycopodium und dem ruhenden Samen des schwarzen Senfs erhalten. Das Hypo-","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"271\nxanthinsilbernitrat bildete im ersten Falle makroskopische Krystalle, im zweiten Fall waren die Krystalle nur bei starker Vergr\u00f6sserung sichtbar. Dieselben, zweimal aus Salpet\u00e8r-s\u00e4ure umkrystallisirt, dann mit Schwefelwasserstoff zersetzt, lieferten das krystallisirende salpetersaure Salz.\nEine etwas gr\u00f6ssere Quantit\u00e4t erhielt ich aus Waizen-kleie; 200 gr. Kleie lieferten 0,0539 grm. Hypoxanthinsilbernitrat, entsprechend 0,0239 gr. Hypoxanthin, d. i. 0,012%.\nFernerhin darf nicht unerw\u00e4hnt bleiben, dass auch Salomon im ruhenden Lupinensamen in einem Falle Hypoxanthin nachweisen konnte, w\u00e4hrend der Versuch in einem anderen* Falle ein negatives Resultat lieferte.","page":271}],"identifier":"lit16416","issued":"1881","language":"de","pages":"267-271","startpages":"267","title":"Ueber die Verbreitung des Hypoxanthins im Thier- und Pflanzenreich","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:31:15.106547+00:00"}