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{"created":"2022-01-31T12:36:18.547518+00:00","id":"lit16425","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Brieger, L.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 5: 366-369","fulltext":[{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"lieber einige Bestandtheiie des jauchigen Eiters des Menschen.\nVon Dr. L. Rrleger,\nPrivatdoeenten u. Assistenten d. med. Universit\u00e4tsklinik zu Berlin.\n\u00bb _________________________________\n(Aut\u00bb der chemischen Abtheilung des physiologischen Instituts zu Berlin.)\nDie putride Umsetzung des Eiters im menschlichen Organismus, gleichg\u00fcltig ob sie spontan erfolgt oder durch Vermittlung der Spaltpilze, die mit der atmosph\u00e4rischen Luft in die Eiterh\u00f6hle hineingelangt sind, ist in Analogie zu setzen mit der k\u00fcnstlichen Digestion von thierischen Bestandtheilen. Hier wie dort werden vom Organismus losgel\u00f6ste Eiweissstoffe in mehr oder weniger abgeschlossenen R\u00e4umen der Einwirkung der Spaltpilze unterworfen. Demgem\u00e4ss l\u00e4sst sich auch erwarten, dass bei beiden Prozessen die gleichen Endprodukte abgesetzt werden. In der That hat sich bereits bei fr\u00fcheren Versuchen1) der Nachweis f\u00fchren lassen, dass der verjauchte Eiter Phenol, Indol und ein gelbes, widerw\u00e4rtig riechendes Oel, welches dem Hauptbest\u00e4ndtheil der fl\u00fcchtigen Produkte des Hundeharnes ausmacht, enthalten kann. .Neuerdings habe ich2) auch in putriden Eitermassen, wie sie von Bronchiectatikern und Personen mit destruktiven Lungenprozessen ausgeworfen werden, das Auftreten von Skatol constatiren k\u00f6nnen. Dass die vermehrte Bildung dieser aromatischen Stoffe auch eine erheblich gesteigerte Ausscheidung derselben durch den Urin zur Folge habe, liegt auf der Hand. Wir finden demgem\u00e4ss bei allen Krankheiten, die mit jauchigen Eiterungsn einhergehen wie Pleuritis putrida, Bronchitis put rida, Gangr\u00e6na pulmonum, Carcinoma recti et uteri, manche F\u00e4lle von Py\u00e4mie eine bedeutende Steigerung der\n*) Journal f\u00fcr prakt. Chemie, N. F., Bd. 17, S. 124.\n*) Cf. Ueber einige Beziehungen der F\u00e4ulnissprodukte zu Krankheiten. Zeitschr. f\u00fcr klin. Medicin. III. Bd. S. 465.","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"367\naromatischen F\u00e4ulnissprodukte im Harn. In einem Falle von Verjauchung der Parotis gelang es mir sogar Phenol im Blute nachzuweisen, also direkt den Uebergang dieses Stoffes von dem Jaucheheerd nach den Harn wegen hin festzustellen.\nVon den aromatischen Oxys\u00e4uren hat Baumann3) die Hydroparacumars\u00e4ure aus jauchigem Eiter direkt dargestellt und zugleich hervorgehoben, dass diese S\u00e4ure bereits in einer gefaulten Substanz angetroffen wurde, bevor noch fl\u00fcchtige Phenole gebildet waren. Ich habe sp\u00e4ter ca. 400 ccm. eines frischen jauchigen pleuritischen Exsudats, in welchem ich relativ grosse Mengen Phenol gefunden hatte, nach der Baumann\u2019sehen Vorschrift1 2) zur Darstellung der Oxys\u00e4uren iiu Harn verarbeitet und daraus eine S\u00e4ure gew\u00f6hnen, die bei 148\u00b0 G. schmolz, mit Mil Ions Reagenz sich rotli f\u00e4rbte und mit Bromwasser eine amorphe Tr\u00fcbung gab. Diese S\u00e4ure ist. demnach die Paraoxyphenylessigs\u00e4ure. Das gleichzeitige Auftreten dieser S\u00e4ure und des Phenols, w\u00e4hrend die Hydro-, paracumars\u00e4ure noch bevor es zur Bildung von Phenol gekommen war, im jauchigen Eiter von Baumann aufgefunden wurde, beweist wiederum, dass diese aromatischen S\u00e4uren als Durchgangsprodukte bei der Entstehung fl\u00fcchtiger Phenole aus Tyrosin zu betrachten sind, dass aber die Hydroparacumars\u00e4ure in einem fr\u00fchen Stadium der F\u00e4ulniss allein erscheint und dass die Phenole und die Paraoxyphenylessigs\u00e4ure erst bei weiter fortgeschrittener F\u00e4ulniss abgespalten werden.\nAusser diesen aromatischen Oxys\u00e4uren kommen noch andere S\u00e4uren im jauchigen Eiter vor.\n750 ccm, eines frischen, jauchigen pleuritischen Exsudats werden mit Schwefels\u00e4ure stark anges\u00e4uert, zur Entfernung der Oxys\u00e4uren mit Aether gesch\u00fcttelt, dieser abgehoben, die Schwefels\u00e4ure durch Baryt weggenommen, das Filtrat-mit Bleiessig versetzt, filtrirt, durch SHa die Fl\u00fcssigkeit entbleit, der R\u00fcckstand auf dem Wasserbade eingeengt und mit Barytwasser behandelt, COa hindurchgeleitet, um das \u00fcbersch\u00fcssige Baryt zu entfernen, filtrirt und das gebildete Baryt-\n1) Zeitschrift f\u00f6r physiol. Chemie, Bd. IV, S. 307.\n*) L. c. S. 307.","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"368\nsalz durch Schwefels\u00e4ure zerlegt. Dieses Verfahren, Bildung und Zersetzung des Barytsalzes wurde \u00f6fter wiederholt, weil dadurch auch die fremden Beimengungen niedergeschlagen wurden. Die saure L\u00f6sung wurde dann mit Thierkohle gekocht, eingeengt und im Vacuum verdunstet, wobei dann Krystalle anschossen, die abgepresst, in viel Wasser gel\u00f6st wurden. Die L\u00f6sung wurde mit Kalk neutralisirt, GOa eingeleitet, um den \u00fcbersch\u00fcssigen Kalk zu entfernen, einige Minuten gekocht und filtrirt. Das im Vacuum aus der kalten Fl\u00fcssigkeit allm\u00e4hlig herauskrystallisirte Kalksalz wurde ab-* filtrirt und aus viel heissem Wasser umkrystallisirt und dann auf dem Wasserbade auf einen kleinen Rest eingedampft, der der freiwilligen Verdunstung \u00fcberlassen wurde.\nDas so erhaltene Salz ist bernsteinsaures Calcium mit 1 Volumen Krystallwasser.\n0,188 gr. lufttrockener Substanz wogen nach 1 % Stunden Trocknen im Luftbade bei 110\u00b0 C. 0,1692 gr. der Gewichtsverlust betrug also 0,0196 gr. = 10,4% H*0. 0,1685 gr. gaben 0,1080 gr. GOa Ga = 25,7% Ga.\nCi Hi Ca Oi + aq. verlangt 10,35% HO und\n25,6 % Ca.\nDie aus dem Rest des Kalksalzes abgeschiedene S\u00e4ure schmolz bei 180\u00b0 C, die D\u00e4mpfe der erhitzten S\u00e4ure reizten stark die Schleimh\u00e4ute.\nNeben dem bernsteinsauren Kalk wurde aus der Mutterlauge noch ein in Wasser leicht l\u00f6sliches Kalksalz gewonnen, das mit Schwefels\u00e4ure und Alkohol versetzt wurde, woraus dann beim Eindampfen eine S\u00e4ure dargestellt wurde, welche unzersetzt fl\u00fcchtig war, und bei ca. 98\u00b0 G. schmolz. Zur Analyse reichte die erhaltene minimale Quantit\u00e4t nicht aus. Aus den eben angef\u00fchrten Eigenschaften und Reaktionen geht aber mit gr\u00f6sster Wahrscheinlichkeit hervor, dass diese S\u00e4ure die Homologe der Bernsteins\u00e4ure, die Glutars\u00e4ure, ist, welche nach Markownikow1) identisch ist mit der normalen Brenzweins\u00e4ure.\nBernsteins\u00e4ure als Bestandtheil des Harns ist bekannt-\n!) Annalen der Chemie, Bd. 182, S. 324.","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"369\nlieh zuerst von Meissner1) angegeben worden, von anderen Autoren konnten aber diese Angaben nicht best\u00e4tigt werden. Auch die Behauptung Hilg'er's8), dass Genuss Von Spargel das Auftreten von Bernsteins\u00e4ure im Harn bedinge, erwies sich nach den Versuchen von v. Longo8) als irrth\u00fcmhch, indem derselbe nach Einverleibung von Spargel oder grosser Mengen von Asparagin stets ein negatives Resultat erhielt. Die Bernsteins\u00e4ure wird vielmehr, wenn im Organismus gebildet, gleich weiter verbrannt, wenigstens suchte Bau mann4) nauh Verabreichung gr\u00f6sserer Mengen Bernsteins\u00e4ure vergebens nach derselben im Harn. Auch der Fund von Bernsteins\u00e4ure in verschiedenen Organen, wie einige Autoren berichten, ist mit Vorsicht aufzunehmen, da allen diesen Angaben die nothwendige St\u00fctze, Schmelzpunktbestimmung und Analyse ermangelt.\nBernsteins\u00e4ure sowie Glutars\u00e4ure des jauchigen Eiters stammen wohl zweifelsohne von der Zersetzung der Eiweiss-stoffe des Liters her. Und zwar entsteht die\u00dfernsteins\u00e4ure aus dem n\u00e4chsten Abk\u00f6mmling der Eiweissstoffe, dem Asparagin, das nach Iloppe-Seyler6) bei der k\u00fcnstlichen Digestion Bernsteins\u00e4ure liefert. Uebrigens haben E. und H. Sa lkowksi\u00ab) unter den F\u00e4ulnissprodukten des Fleisches, Ekunina7) bei der Leberlaulniss Bernsteins\u00e4ure erhalten und vermeint letztere,1 dass diese S\u00e4ure dabei aus dem Glycogen oder dem Traubenzucker abstamme. Das gleichzeitige Auftreten von \u2022Bernsteins\u00e4ure und Glutars\u00e4ure im faulen Eiter weist darauf hin, dass in diesem Falle wenigstens die Eiweissstofife als ' Ursprungsst\u00e4tten derselben anzusehen sind, da sonst die Entstehung der Glutars\u00e4ure aus den Kohlehydraten unverst\u00e4ndlich w\u00e4re.\n*\n*) Meissner und Shepard, Untersuchungen fiber das\u2019Entstehen der Hip\u00e7urs\u00e2ure etc., Hannover 1800.\n*) Liebig\u2019s Annalen, Bd. CLXXI, S. 208.\n*) Zeitschrift f. physiol. Chemie, Bd. 1, S. 213..\n*) Ebendaselbst, Bd. I, S. 205.\n*) Zeitschr. f. physiolog. Chemie, Bd.\u2019 II, S. 13.\n\u2022) Bericht der deutschen chem. Gesellschaft, Bd! XII, S. 649.\n') Journal f\u00fcr prakt. Chemie Bd. 21, S. 479.","page":369}],"identifier":"lit16425","issued":"1881","language":"de","pages":"366-369","startpages":"366","title":"Ueber einige Bestandtheile des jauchigen Eiters des Menschen","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:36:18.547524+00:00"}