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{"created":"2022-01-31T12:29:18.482652+00:00","id":"lit16447","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Reinke, J.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 6: 263-279","fulltext":[{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Kenntniss leicht oxydirbarer Verbindungen\ndes Pflanzenk\u00f6rpers.\nVon\t\" \u2022\nJ. Reinke.\n' \u2019\u2019\t.. j *\t^\n(Der Redaktion zugeyangen am H. Februar 1HH2).\nEs ist eine allt\u00e4gliche Wahrnehmung, \u00ablass manche ausgepresste Pflanzens\u00e4fte beim Stehen an der Luft sich dunkel f\u00e4rben; in anderen F\u00e4llen k\u00f6nnen auch die Schnittfl\u00e4chen von Stengeln und Wurzeln, von Bl\u00e4ttern und fleischigen\u2019 Fr\u00fcchten an der Luft nach und nach einen br\u00e4unlichem. Farbenton annelnnen. Diese interessante und f\u00fcr das ,Ver-st\u00e4iidniss der chemischen Eigenschaften lebender Pflanzen-ztdlon wichtige Tliatsache ist meines Wissens von .der'.Physio-togie noch nicht verwerthet worden.\nDass die in Rede stehende Erscheinung auf .einer-Oxydation gewisser, im Ptlanzensaftc enthaltener Substanzen durch den atmosph\u00e4rischen Sauerstoff beruht, kann kaiim irgend-.\nwelchem Zweifel unterworfen sein. Wenn man z. R. Kartoffel-knollen zerreibt, so nehmen die obersten, au der Luft liegenden Schichten der zerriebenen Substanz alsbald eine r\u00f6thliche F\u00e4rbung an, und diese Rothl\u00e4rbung kann man durch h\u00e4ufiges Fmr\u00fchren leicht der ganzen Masse mitlheilen, fresst man frisch zerriebene oder unzerkleinerte Kartoffeln aus, so zeigt der ablaufende Saft eine gelbe Farbe, und l\u00e4sst man denselben in einem Beclierglase der Luft ausgeselzt stehen, so f\u00e4rbt dch die oberste Schicht schnell r\u00f6tblich, violett, endlich tief braun, und diese Verf\u00e4rbung' dringt von oben her allm\u00e4hlich\nm den lieferen Schichten.'der Fl\u00fcssigkeit hinab, der ganz\u00ab;\n7. itsrlirjft f\u00fcr physiologische Cliomio VI.\t|y","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\nSaft nimmt zuletzt das Aussehen einer schwarz-braunen Tinte an. Rascher gelangt man zum Ziele, wenn man den frischen Kartofifelsaft auf ein Filter giebt; die bald nur tropfenweise\u00bb filtrirende Fl\u00fcssigkeit ist schnell fast tintenschwarz gef\u00e4rbt, weil die durch die Luft herabfallenden Tropfen sieh rascher mit Sauerstoff zu s\u00e4ttigen verm\u00f6gen. Anderseils kann man den Kartoffelsaft durch Luftabschluss, z. 13. schon in einem enghalsigen, vollst\u00e4ndig gef\u00fcllten Kolben l\u00e4ngere Zeit unverf\u00e4rbt erhalten.\nFerner verdient hervorgehoben zu werden, dass schwarz gewordener Kartoffelsaft nach l\u00e4ngerem Stehen, wenn F\u00e4ul-niss und G\u00e4hrungen in demselben Platz gegriffen haben, sich wieder entf\u00e4rbt, vielleicht ist hierbei der durch die oxydirende Wirkung der Luft gebildete Farbstoff wieder zum urspr\u00fcnglichen Chromogen reducirt worden ; lassen sich doch dunkel gewordene Pflanzens\u00e4fte durch geeignete Reductions-mittel, z. B. schweflige oder hydroschweflige S\u00e4ure, wieder entf\u00e4rben.\nNoch empfindlicher gegen die oxydirende Wirkung des atmosph\u00e4rischen Sauerstoffs verh\u00e4lt sich der Saft der Zuckerr\u00fcbe, der v\u00f6llig weissen Spielart von Beta vulgaris. Dieser Saft wird bei Ber\u00fchrung mit der Luft sogleich schmutzig-weinroth, dann violettbraun, endlich fast schwarz.\nDiese Thatsachen zeigen, dass in der lebenden Pflanzen-zelle leicht oxydirbare Substanzen vorhanden sind, welche begierig atmosph\u00e4rischen Sauerstoff anziehen und mit demselben Oxydationsprodukte bilden. Weil diese letzteren, durch ihre Dunkelf\u00e4rbung leicht erkennbaren K\u00f6rper innerhalb der unverletzten Zelle nicht Vorkommen, so folgt daraus, dass entweder in den Zellen kein freier Sauerstoff vorhanden ist, oder dass neben diesen oxydirbaren Substanzen, andere, reducirende K\u00f6rper Vorkommen, welche die Oxydation der ersteren verhindern, oder aber dass im Protoplasma di\u00bb\u201c Oxydation andere, ungef\u00e4rbte Produkte liefert. Welcher von diesen drei denkbaren Faktoren das Farblosbleiben von Protoplasma und Zellsaft lebender Pflanzentheile bedingt, ist vor der Hand noch nicht zu entscheiden, vielleicht sind","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"2G5\nmehrere dieser Umst\u00e4ride gemeinschaftlich wirksam.; wir werden \u00fcbrigens unten auf diese? Frage zur\u00fcckkommen. Beachtung verdient, dass die Schnittfl\u00e4che einer mit dem Messer glatt durchschnittenen Zuckerr\u00fcbe an der Luft sieb \u2022 lange farblos erh\u00e4lt, w\u00e4hrend das auf dem Reibeisen, zer- -kleinerte Gewebe schnell r\u00f6tbliche, dann violette F\u00e4rbung annimmt.\t.\nOb die diesen Farbent\u00f6nen zu Grunde liegenden oxydir-baren \u00c7hromogene ausschliesslich im Zellsaft oder ausschliesslich im Protoplasma gel\u00f6st enthalten sind, l\u00e4sst sich-an den kleinzelligen Geweben h\u00f6herer Pflanzen nicht zur KntScheidung bringen. Wenn man aber junge, noch aus Protoplasma bestehende Fruchtk\u00f6rper von Aetlialium septicum, welche inwendig ebenso hellgelb gef\u00e4rbt sind, wie an der Oberfl\u00e4che\u00bb, . auspresst, so f\u00e4rbt sich das ablaufende Encbylem\u00e4 an der Luft schnell dunkel-rothbraun. liier ist (las Ghron\u00efogch also '\u2022eher im Protoplasma enthalten, und noch evidenter tritt dies hervor an der von mir an anderer Stelle1) b.ascini ebenen Blauf\u00e4rbung anfangs v\u00f6llig farbloser Fl\u00fcssigkeitstiopfeu, welche auf der Oberfl\u00e4che junger Fruchtk\u00f6rper von Aethalium spontan\nli'TVortreten.\t!\nAber wenn auch das Chromogon der Karloff I und Zuckerr\u00fcbe zum grossen Theile im Zellsaft entha\u00eeteu sein mag, so wird es doch vermuthlicli im Protoplasma,der Zellen gebildet, um von da aus in (hm Sa ft raum hinein zu difTuu-diren,\t\\V\nDer im Innern der meisten Pflanzenzellen deni Volumen nach \u00fcberwiegende Zellsaft ist ein Secret des lebensth\u00e4tigen l\u2019roloplasmaleibes der Zelle. Das Lumen junger Zellen \u2022 in d'ti Veg(\u00bbt at ionspunkt en ist anf\u00e4nglich von homogenem Protoplasma erf\u00fcllt, welches in seinem Innerft Zellsaft in tonn von Vacuolen ausschridet, welche unter allm\u00e4hlicher Wgr\u00f6sserung schliesslich zu dem gemeinsamen, Inneren Saft- . '-uuiie der Zelle zusammenfliessen. AVie die Reslandtheile d'*s Harns in den Geweben des Thierk\u00f6rpers gebildet und von ihnen ausgeschieden werden, so entstamni(\u00bbn die Gestand-\n\u00bb Studien \u00fcber das Protoplasma, S. hl.","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\ntheile des Zellsafts dem Protoplasma, wobei selbstverst\u00e4ndlich nicht ausgeschlossen ist, dass auch im Saftraum St\u00f6rungen des chemischen Gleichgewichts und daher Umsetzungen Vorkommen k\u00f6nnen. Insofern ist aber das Verh\u00e4ltniss vom Protoplasma zum Saftraum ein anderes wie dasjenige des Thierk\u00f6rpers zur Harnblase, weil die in einer bestimmten Fiiitwickelungsphase der Pflanze an den Zellsaft abgegebenen Substanzen in einer anderen Phase vom Protoplasma derselben oder anderer Zellen wieder zu Zwecken des Wachsthums verbraucht werden k\u00f6nnen, wof\u00fcr die vor\u00fcbergehende Anh\u00e4ufung von Zucker oder Asparagin im Zellsaft als Beispiel angef\u00fchrt werden mag.\nDie Wichtigkeit des Vorkommens der erw\u00e4hnten leicht oxydirbaren Substanzen in physiologischer Hinsicht bedarf kaum der besonderen Hervorhebung. Wenn man sich mit dem Studium des Wesens der Oxydationsprozesse in der-lebenden Pflanzenzelle besch\u00e4ftigt, so ist eine der ersten hierbei sich aufdr\u00e4ngenden Fragen diese, ob in der Zell\u00ab* Substanzen Vorkommen, welche bei gew\u00f6hnlicher Temperatur mit dem Sauerstoff der Luft sich verbinden, ohne dass es f\u00fcr das Zustandekommen der Oxydation einer Mitwirkung des lebenden Protoplasma bedarf.\nUm den in den oben geschilderten Vorg\u00e4ngen sich abspielenden Oxydationsprozessen n\u00e4her treten zu k\u00f6nnen, ist die erste Vorbedingung die Isolirung jener leicht zersetzlichen K\u00f6rper und die Ermittelung ihrer chemischen Constitution. Die Chancen zur L\u00f6sung dieser Aufgabe liegen nicht gerade g\u00fcnstig, die leichte Ver\u00e4nderlichkeit dieser Substanzen an der Luft l\u00e4sst es von vornherein schwierig erscheinen, dieselben unzersetzt zu fassen. Immerhin fehlt es nicht an Anhaltspunkten, um daran Muthmassungen \u00fcber die ungef\u00e4hre Stellung dieser K\u00f6rper im Systeme der KohlenstofTcheiliie zu kn\u00fcpfen.\nDass sie der aromatischen Reihe angeh\u00f6ren, d\u00fcrfte kaum zweifelhaft sein. Hier sind es wiederum die mehrfach hydroxylirten Benzolderivate, welche unsere .spezielle Auf-","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"267\nmerksamkeit verdienen und von denen bereits manche der einfacher gebauten sich als ungemein leicht oxydirb\u00e4r erweisen. Das Pyrogallol (Trioxybenzol) absorbirl in alkalischer L\u00f6sung begierig den Sauerstoff der Luft und zersetzt sich dabei in Kohlendioxyd, Essigs\u00e4ure und einen braunen K\u00f6rper von unbekannter Natur. Auch die Dioxybenzole (Brenzcatechin, Resorcin, Hydrochinon) sind leicht oxydirbare K\u00f6rper, ihr \\|**thylderivat, das Orcin, f\u00e4rbt sich schon roth an der Luft. An Abk\u00f6mmlinge der Anthrachinonreihe zu denken, liegt Cbenfalls nahe, auch die Umwandlung von Indigweiss in Indigblau ist hierher zu ziehen, an sie wird speciell durch das Verhalten von Boletus luridus erinnert, dessen farbloses \u25a0 Gewebe auf einer Schnitt- oder Bruchfl\u00e4che an. der Luft ogieich eine'blaue Farbe annimmt.1) Endlich giebt es eine Reihe von complicirter gebauten Pflanzenstoffen, die auch unzweifelhaft Benzolderivate sind, wenn gleich ihre Constitution noch nicht ermittelt wurde, und welche manche Analogien zur Verf\u00e4rbung der Pflanzens\u00e4fte darbieten; ich nenne hier nur das Bras il in, dessen farblose w\u00e4sserige L\u00f6sung an der Luft sich erst gelb, dann rothgelb f\u00e4rbt. Viele dieser aromatischen Verbindungen von h\u00f6herem Molecular-\u2019 gewicht spalten bei ihren Zersetzungen Kohlendioxyd ab, auch Essigs\u00e4ure und Ameisens\u00e4ure werden \u00f6fters dabei ge-, bildet. F\u00fcr das Studium der regressiven Stbffmetamorphose in der Pflanze d\u00fcrften solche Verbindungen, deren Verbreitung eine allgemeine zu sein scheint, ganz besonders in Betracht kommen.\nIm Folgenden will ich \u00fcber den Versuch berichten, welchen ich zur Isolirung der leicht oxydirbaren, die Ver-forking des Saftes von Zuckerr\u00fcben und Kartoffeln bedingenden Substanzen unternommen habe.\nWenn man in einem Probirr\u00f6hrchen eine Probe , des frischen, eben rothgef\u00e4rbten Saftes der farblosen Zucker* r\u00fcbo mit Aether dursch\u00fcttelt, so trennt sich die Fl\u00fcssigkeit\nl) S c h o n h e i n (Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Basil, Bd. 1, S. 331) ff.) h\u00e4lt das Chromogen de\u00bb Boletus luridus f\u00fcr identisch mit demjenigen des Guajakharzes.","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"in eine liniere, farblose, w\u00e4sserige Schicht und eine obere \u00e4therische, welche den Farbstoff enth\u00e4lt, durch Eiwcissgerinn* 1 aber und andere Beimengungen zii einer Gallerte erstarrt, welche zu viele Verunreinigungen enth\u00e4lt, als dass man daraus leicht eine reine L\u00f6sung des Farbstoffs erhalten k\u00f6nnte.\nVersetzt man den R\u00fcbensaft mit Barytwasser, so entsteht ein sehr langsam sich absetzender, indigoblauer Niederschlag.\nDurch Bleiessig wird aller Farbstoff und alles Chromogen ausgef\u00e4llt ; die vom Niederschlage abfiltrirto Fl\u00fcssigkeit verf\u00e4rbt sich nicht mehr an der Luft. Der Niederschlag selbst ist anfangs von r\u00f6tblich-vveisser Farbe, beim Stehen an der Luft wird seine obere Schicht bald ziemlich dunkelblau. In Wasser aufgeschlemmt und durch Einleiten von Schwefelwasserstoff zersetzt, liefert derselbe ein fast farbloses Filtrat vom Schwefelblei. Dies Filtrat wurde mit Aether ausgesch\u00fcttelt, der Aether bis auf ein geringes Volumen abdestillirl, die restirende vollkommen farblose \u00e4therische L\u00f6sung\nan der Luft in einem dunklen Schranke eingedunstet. Es\nbleibt hierbei eine anfangs farblose Fl\u00fcssigkeit zur\u00fcck, welche theilweise in \u00f6lartigen Tropfen an den W\u00e4nden der Glasschale emporsteigt. Indem diese Fl\u00fcssigkeit zu wachsartiger Consistenz eintrockhet, f\u00e4rbt sie sich zun\u00e4chst gelb, dann tief kirschroth mit einem mehr oder weniger deutlichen Sticli in\u2019s Braune. Ausserdem beobachtet man an den W\u00e4nden des Glases in einer bestimmten Zone die Ausscheidung von feinen, farblosen Krystallnadeln, welche an der Luft keine\nFarbe annehmen.\nWenn man den R\u00fcbensaft unmittelbar nach dem Auspressen im Wasserbadc bis zum Coaguliren der Eiweissstofle erw\u00e4rmt, wobei seine rothe Farbe in eine bl\u00e4ulich-gr\u00fcne \u00fcbergeht, und denselben dann in der eben beschriebenen Weise weiter behandelt, so erh\u00e4lt man beim Eindunstendes auch jetzt durchaus farblosen- Aethers denselben kirschrothen Farbstoff, wie vorhin, als R\u00fcckstand ; es fehlen nur die farblosen Krystallnadeln, in diesem Falle ist ausschliesslich dir amorphe \u00f6lartige auch hier anfangs farblose und erst an der","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"I,ufl sich r\u00f6thende Substanz vorhanden. Die Ausbeute dieser Substanz aus erw\u00e4rmtem R\u00fcbensaft ist betr\u00e4chtlicher, als aus nicht erw\u00e4rmtem.\nEin \u00e4hnliches Ergebnis lieferte auch die Untersuchung der anderen Spielart von Beta, der rothen Runkelr\u00fcbe, deren rot her Farbstoff leicht l\u00f6slich in Wasser, in Aether aber unl\u00f6slich ist. Der von der frisch zerriebenen Wurzel abgepresste rothe Saft wurde zun\u00e4chst erw\u00e4rmt, dann mit Blei-essig gef\u00e4llt, der Niederschlag durch Schwefelwasserstoff zersetzt, das Filtrat mit Aether ausgesch\u00fcttelt, der vollkommen farblose Aether verdunstet: auch hierbei ward der dunkel-rotlie Farbstoff als R\u00fcckstand erhalten, zugleich waren aber einige wenige der oben erw\u00e4hnten farblosen Krystallnadeln an der Wand des Glases ausgeschieden. Ein wesentlich: anderes Bild bot jedoch der R\u00fcckstand dar, wenn der Saft der Runkelr\u00fcbe vor der F\u00e4llung mit Bloiessig nicht erw\u00e4rmt worden war. Dann waren nur Spuren des roth\u00e9n Farbstoffs vorhanden, fast der ganze R\u00fcckstand bestand aus den farblosen Nadeln.\nAus diesen Th\u00e0tsachen geht soviel mit Sicherheit,hervor, \u00bblass in den Zellen der Zuckerr\u00fcbe (beziehungsweise der Runkelr\u00fcbe) ein durch Bleiessig f\u00e4llbares Chromogen enthalten ist, welches in Wasser zwar l\u00f6slich ist, demselben aber durch Aether entzogen werden kann. Weil der Sauerstoff der atmosph\u00e4rischen Luft diese Substanz zu einem rothen Farbstoff zu oxydiren vermag, will ich dieselbe als Rhodogen bezeichnen. Die directe chemische Untersuchung des Rhodogens wird wegen seiner ungemein leichten Oxydirbarkeit besonderen Schwierigkeiten unterliegen. Merkw\u00fcrdig ist sein Ver-b\u00e4lfniss zu den gleichfalls im Aetherauszuge des' R\u00fcb\u00e9nsafle\u00e7 vorkommenden farblosen, luft best\u00e4ndigen Krystallen ; ob dieses Verh\u00e4ltnis einen genetischen Zusammenhang beider K\u00f6rper andeutet, muss vorl\u00e4ufig dahingestellt bleiben, mir i't dies bis jetzt aber noch nicht wahrscheinlich.\nZun\u00e4chst m\u00f6gen noch einige Eigenschaften , des durch Oxydation aus dem Rhodogen entstehenden Farbstoffs, welcher der K\u00fcrze halber Betarot h genannt sei, in\u2019s Auge gefasst","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nwerden. Derselbe ist im eingetrockneten Zustande unl\u00f6slich in Wasser, l\u00f6st sich dagegen schon in kaltem Alkohol mit kirschrother Farbe, welche auf Zusatz von Alkalien blau wird ; Kalilauge l\u00f6st der Farbstoff mit schmutzig-blauer F\u00e4rbung, hasst man die alkoholische L\u00f6sung l\u00e4nger an der Luft stehen, so geht die Farbe durch weitere Oxydation zun\u00e4chst in ein schmutziges Violett, dann in schw\u00e4rzliches Braun \u00fcber, ganz entsprechend der Verf\u00e4rbung des frischeu R\u00fcbensaftes. Auch das eingetrocknete Betaroth scheint mit der Zeit an der Luft eine \u00e4hnliche Ver\u00e4nderung zu erfahren. Barytwasser liefert mit dem ' in w\u00e4sserigem Alkohol gel\u00f6sten Betaroth einen bl\u00e4uen Niederschlag. Als eine Schicht von rhodogenhaltigem Aether auf Wasser gegossen wurde, ging beim Verdunsten des Aethers in das Wasser ein dunkelbrauner Farbstoff \u00fcber, welcher offenbar eine h\u00f6here Oxydationsstufe als das Betaroth darstellte. Sch\u00fcttelt man rhodogenhaltigen Aether mit etwas verd\u00fcnntem Bleiessig, so bildet sich augenblicklich ein Niederschlag einer bl\u00e4ulich-weissen Bleiverbindung, die sich zun\u00e4chst auf der Trennungsschicht des Aethers und Bleiessigs ansammelt und alsbald anf\u00e4ngt, sich im Bleiessig mit violetter Farbe zu l\u00f6sen, die L\u00f6sung vollendet sich schnell auf Zusatz von ein Paar Tropfen Essigs\u00e4ure. Beim Sch\u00fctteln des rhodogenhaltigen Aethers mit Barytwasser entsteht ebenfalls ein bl\u00e4ulicher Niederschlag an der Trennungsfl\u00e4che der beiden Fl\u00fcssigkeiten. Bromwasser erzeugt, offenbar durch Oxydation, in der farblosen \u00e4therischen L\u00f6sung eine Violettf\u00e4rbung. Mit geeigneten Reduktionsmitteln gelingt es, eine alkoholische L\u00f6sung von Betaroth zu entf\u00e4rben; hydro-schwefligsaures Zink (in w\u00e4sseriger L\u00f6sung) z. B. erzeugt darin einen weissen Niederschlag, der sich an der Luft wieder r\u00f6thlich f\u00e4rbt. Endlich sei noch erw\u00e4hnt, dass die aus dem zersetzten Bleiessigniederschlag gewonnene \u00e4therische Rhodogenl\u00f6sung beim Eindunsten und beim Uebergang in den rothen Farbstoff stechend riechende D\u00e4mpfe entwickelte.\nDie Farbe wie die \u00fcbrigen Eigenschaften des Betaroths erinnerte mich sogleich an den bekannten Farbstoff der Wurzeln von Anchusa tinctoria, das Alkannaroth. Dieser","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"271\nI\t. \u2022\t\u25a0*\nletztere Farbstoff besitzt ein characteristisches Absorplions-spectrnm mit drei deutlich unterscheidbaren Maximis'). Das eine Absorptionsband liegt zwischen den Fraunhofersehen Linien D und E; das zweite zwischen den Linien \u00c9 und b; (las dritte zwischen den Linien 1) und F. Ich verglich zwei alkoholische L\u00f6sungen von Alkannaroth und Betaroth von ann\u00e4hernd gleicher Concentration, und bestimmte zun\u00e4chst mit meinem Spectralapparat die Lage der Absorptionsb\u00e4nder im Alkannaroth folgendermassen :\nBand I. Wellenl\u00e4nge 0,573\u20140,552.\n\u00ab II. Wellenl\u00e4nge 0,526\u20140,ol4.\n\u00ab III. Wellenl\u00e4nge 0,500-0,487:\nDas Betaroth zeigte ebenfalls drei Absorptionsb\u00e4nder, welche mit den soeben beschriebenen des Alkannaroths identische Lage besitzen. Bei weiterer Oxydation des Betaroths verschwindet der zweite Absorptionsstreif (im Gr\u00fcn).\nHieraus scheint mir zu folgen, dass das Betaroth in chemischer Hinsicht dem Alkannaroth ausserordentlich nahe steht, und in beiden Farbstoffen jedenfalls die gleiche , Atom-Gruppe vorhanden ist, welche das charakteristische Spectrum derselben hervorruft. Einen Unterschied finde ich nur insofern, als das Alkannaroth an der Luft sich weniger leicht ver\u00e4ndert, als das Betaroth. Hinzugef\u00fcgt mag noch sein, dass auch das Alkannaroth durch hydroschweflige S\u00e4ure^zu einem farblosen Chromogen reducirt werden kann, welches an der Luft alsbald sich wieder r\u00f6tliet.\nDurch diese Untersuchungen ist der Beweis\nerbracht, dass in den farblosen Zellen der Zuckerr\u00fcbe ein isolirbarer, \u00fcberaus leicht oxydabler,\nfarbloser K\u00f6rper vorhanden ist, welcher f\u00fcr sich allein, d. h. ohne die Mitwirkung des lobenden Protoplasma, das atmosph\u00e4rische Saufcrs f of f-molek\u00fc), wenn man will durch Reduktion, zu\n') Das Spectrum des Alkannafarbstofls ist bereits durch von Lepe beschrieben worden. \u2014 Der, d. deutsch, ehern. Gesellseh. 1880, S. 763","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"ni\nsprengen und sieb damit zu einer gef\u00e4rbten Substanz zu oxydiren vermag.\nIm h\u00f6chsten Grade beachtenswert!! ist nun die Tlial-saehe, dass die Schnittfl\u00e4chen von R\u00fcben tagelang an der Luft sich farblos erhalten. Welche Erkl\u00e4rung gibt es daf\u00fcr, dass in den lebenden Zellen kein Betaroth gebildet wird? Es hat den Anschein, dass hier ein bemerkenswerther Unterschied zwischen dem Verhalten lebender und get\u00f6dteter Zellen hervortritt. Schon oben wurde darauf hingedeutet, dass m\u00f6glicher Weisein der lebenden Zelle der Sauerstoff zum Rhodogen keinen Zutritt findet, doch erscheint mir dies als eine weniger naheliegende M\u00f6glichkeit. F\u00fcr ebenso wenig wahrscheinlich halte ich es, dass eben oxydirte Rhodogenmolek\u00fcle im lebenden Protoplasma sogleich wieder reducirt werden sollten und dadurch eine Ansammlung von Betaroth verhindert w\u00fcrde. Mir scheint die dritte Alternative die n\u00e4chstliegende zu sein, n\u00e4mlich die, dass im lebenden Protoplasma der Zelle das Rhodogen eine viel energischere Oxydation erfahrt als an der Luft, dass dort als Produkt der Oxydation nicht ein Farbstoff, sondern unter totaler Zertr\u00fcmmerung des Rhodogen-molekuls etwa Kohlens\u00e4ure, vielleicht Ameisens\u00e4ure, Essigs\u00e4ure, Oxals\u00e4ure gebildet werden, von denen das Kohlendioxyd ausgeaftimet werden mag. Nach den Untersuchungen von C a r n e 1 u 11 i und N a s i n i*) entstehen bei der Oxydation des Alkannins (durch Brom in alkalischer L\u00f6sung oder durch Salpeters\u00e4ure) Oxals\u00e4ure und Bernsteins\u00e4ure1 2).\nEndlich hebe ich noch einmal den Umstand hervor, dass die Ausbeute an Rhodogen viel betr\u00e4chtlicher ist, wenn man den R\u00fcbensaft zun\u00e4chst bis zur Coagulation der Eiweissstoffe (auf etwa 80\u00b0) erw\u00e4rmt, als wenn man ihn frisch mit Bleiessig lallt. Sollte durch das Erw\u00e4rmen die Abspaltung von Rhodogenmolek\u00fclen aus einer anderen Verbindung be-\n1 > Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 1.880, S. 151t.\n') Daran. dass eine im Protoplasma enthaltene Substanz mit gr\u00f6sserer Affinit\u00e4t zum Sauerstoff die Oxydation des hhodogens nicht zu Stande kommen lasse, ist hei der leichten Oxvdirharkeit desselben wohl nicht zu denken.","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"273\nselileunigt sein, welche sieh bei gew\u00f6hnlicher Temperatur in gem\u00e4ssigterem Tempo zersetzt?----------\nDie Isolirung des Chromogens der Kartoffel-knollen ist mir nicht in befriedigender Weise gelungen; immerhin wurden aber bei der bez\u00fcglichen Untersuchung einige Beobachtungen gewonnen, deren Miltheilung nicht ohne Interesse sein d\u00fcrfte.\nSchon am Eing\u00e4nge ward erw\u00e4hnt, dass frischer Kar-toffelsaft von der Oberfl\u00e4che aus unter Veri\u00e4rbung sich oxydirt ; nimmt man die oberste, dunkel-gef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeitsschicht mit der Pipette fort, so erneuert sich die dunkle F\u00e4rbung schnell. Unter dem Abschluss einer Geschieht h\u00e4lt sich der Saft l\u00e4nger farblos, schliesslich tritt aber auch hier\neine Oxydationsschicht auf, indem offenbar Sauerstoff aus dem Oel in das Wasser hineindiffundirt. Reducirende Substanzen, wie schweflige und hydroschweflige S\u00e4ure entf\u00e4rben den an der Luft tintenartig gewordenen Saft tfu einer nur noch schwach bl\u00e4ulich schimmernden Fl\u00fcssigkeit.\nF\u00e4llt man frisch ausgepressten Kartoffelsaft mit Blei-essig aus, so wird das anfangs fast farblos vom Bleiessig-. niederschlage ablaufende Filtrat beim Stellen an der Luft bl\u00e4ulich tintenartig. Der Bleiessigniederschlag wurde in Wasser aufgeschlemmt, durch Einleiten von Schwefelwasserstoff zersetzt, das vom Schwefelblei ablaufende gelb-braune Filtrat (welches beim Stehen an der Luft schw\u00e4rzlich wurde) mit Aether ausgesch\u00fcttelt. Der durch Abdostilliren. Und Ein-dunsten des Aethers erhaltene R\u00fcckstand war farblos, verf\u00e4rbte sich aber nicht beim Stehen an der Luft; in Wasser aufgenommen, gab derselbe mit Eisenchlorid eine-schwache Gr\u00fcnf\u00e4rbung.\t\u2019\nEin Zusatz von S\u00e4uren und Alkalien ver\u00e4ndert die. Beschaffenheit des Kartoffelsaft es derartig, dass die Schw\u00e4rzung desselben an der Luft unterbleibt. Versetzt man eine Portion bereits r\u00f6thlich gewordenen Saftes mit Natronlauge, so wird derselbe klar und nimmt eine dunkel-goldgelbe F\u00e4rbung an, welche beim Stehen an der Luft sich nicht weiter ver\u00e4ndert. Danach kann Pyrogallol das Ghromogen des Kartoffel-","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"safte* nicht sein. Essigs\u00e4ure und Salzs\u00e4ure gellen mit dem Safte einen weissen Niederschlag, von dem man ein klares,\nmeist r\u00f6thlich-gelbes Filtrat erh\u00e4lt. Wird Kartoffelsaft mit Essig-\ns\u00e4ure behandelt und die von dem entstehenden Niederschlage abfiltrirte klare Fl\u00fcssigkeit mit Chlorbaryum im Ueberschuss versetzt, so erh\u00e4lt man einen reichlichen, weissen Niederschlag; wird dieser letztere abfiltrirt, das Filtrat unter Zusatz von Salzs\u00e4ure l\u00e4ngere Zeit erw\u00e4rmt, so bleibt es klar: aus diesem Versuche scheint die Abwesenheit gepaarter Aether-schwefcls\u00e4uren im Kartoffelsaft zu folgen.\nEine Portion KartofTelsaft wurde ferner mit Salzs\u00e4ure aufgekocht, filtrirt, der Destillation unterworfen; im Destillate erzeugte Bromwasser keine Tr\u00fcbung: Abwesenheit von Phenol.\nEine fernere Portion von Saft wurde im Wasserbade bis zur Coagulation der Eiweissstoffe erw\u00e4rmt, das klare, aber braune Filtrat mit Aether ausgesch\u00fcttelt, der farblose Aether abdestillirt und eingedunstet. Der sehr geringe R\u00fcckstand war v\u00f6llig farblos und theilweise krystallinisch, ein Theil desselben l\u00f6ste sich in kaltem Wasser, diese L\u00f6sung gab mit Eisenchlorid eine schwache Gr\u00fcnf\u00e4rbung. Der im Wasser unl\u00f6sliche R\u00fcckstand erwies sich als sublimirbar und entwickelte, namentlich beim Erw\u00e4rmen, einen starken Geruch nach Vanille. Da nun Sc heil) 1er1) Vanillin im R\u00fcbehrohzucker nachgewiesen hat \u2014 auch mir ist bei Verarbeitung des R\u00fcbensaftes mehrfach ein Vanillegeruch aufgefallen \u2014, so liegt es nahe, dass die Kartoffel ebenso wie die Zuckerr\u00fcbe Vanillin in geringer Menge enth\u00e4lt.\nEndlich wurden verschiedene Quantit\u00e4ten Kartoffelsaft mit Salzs\u00e4ure aufgekocht, filtrirt, das Filtrat mit Aether ausgesch\u00fcttelt. Im R\u00fcckst\u00e4nde des Aethers bildeten sich grosse farblose Krystal t\u00e9, bald Tafeln, bald Nadeln in einer r\u00f6th-liclien Mutterlauge: aus dieser letzteren schieden sich in mehreren F\u00e4llen noch eigenth\u00fcmliche gelbliche Sph\u00e4rokrystalle aus. W\u00e4hrend die letzteren in kaltem Wasser sich unl\u00f6slich\n*) Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 1880, S. 335.","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"275\nerwiesen, l\u00f6sten die gr\u00f6sseren Nadeln und Tafeln sich leicht darin auf. Diese w\u00e4sserige L\u00f6sung reducirte in grosser Verd\u00fcnnung alkalische Silberl\u00f6sung wie Feh ling\u2019sehe L\u00f6sung. Eine Spur von Eisenchlorid f\u00e4rbte sie tief smaragdgr\u00fcn, dazu gef\u00fcgtes Ammoniumcarbonat violett, int Ueb\u00f6rsch\u00fcss braun-roth.\nDiese w\u00e4sserige Fl\u00fcssigkeit war hellgelb gef\u00e4rbt und .. hesass saure Reaktion. Dieselbe wurde nunmehr mit Natriumcarbonat alkalisch gemacht, wobei sie sich braun f\u00e4rbte mit\nvioletter Fluorescenz, und dann wiederum mit Aether aus-\n\u2022 .\ngesch\u00fcttelt. Der aus dem Aether erhaltene geringe R\u00fcckstand wurde mit kaltem Wasser behandelt, dasselbe f\u00e4rbte sich jetzt nicht auf Zusatz von Eisenchlorid., Ward dann die braune alkalische Fl\u00fcssigkeit von Neuem mit Salzs\u00e4ure anges\u00e4uert (wobei sie sogleich wieder hellgelb wurde) und mit Aether ausgesch\u00fcttelt, so gab der im Wasser, aufgenommene Aetherr\u00fcckstand mit Eisenchlorid wieder eine prachtvolle Gr\u00fcnfarbung.\nDie hier zuletzt erw\u00e4hnte, durch Salzs\u00e4ure aus dem Kartoffelsaft freigemachte, interessante Substanz zeichnet sich also aus durch ihre leichte L\u00f6slichkeit in Aether und kaltem Wasser, durch ihr energisches Reduktionsverm\u00f6gen, durch ihre pr\u00e4gnanten Farbenreaktionen gegen Eiscnchlorid lind Alkalien. Alle diese Eigenschaften theilt unsere Substanz mit. dem Brenzcatechin, auch ist sie sublimirbar wie dieses. Dennoch kann der beschriebene, aus der Kartoffel erhaltene K\u00f6rper kein Brenzcatechin sein. Durch E. Pr eusse1) ist der Nachweis gef\u00fchrt worden, dass Brenzcatechin aus alkalischer w\u00e4sseriger L\u00f6sung durch Aether sich aussch\u00fcttcln l\u00e4sst, und dieser Forscher zeigte zugleich, dass die von Gorup-Besanez2)in den Bl\u00e4ttern von Amp\u00e9lopsis heder\u00e4cea aufgefundene und wegen ihrer sonstigen Reaktionen f\u00fcr Brenzcatechin erkl\u00e4rte Substanz aus alkalischer L\u00f6sung durch Aether nicht aufgenommen wird, daher nicht Brenzcatechin sein kann. Ebenso wenig konnte Pr eusse sowohl im\n\u2018) Zeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie, Bd. II, S. 32t.\nJ) Neues Hepertorium f\u00fcr Pharmacie, B\u00bbl. 21, 1S72. S. 10O.","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"m\nKino uls in herbstlich verf\u00e4rbten Bl\u00e4ttern von Aesculus Brenzcatechin nachweisen, sodass die Bildung desselben in der Pflanze f\u00fcr mindestens sehr zweifelhaft gelten muss.\nVermuthlich ist die beschriebene, in ihren Reaktionen mit dem Brenzcalechin \u00fcbereinstimmende Substanz der Kartoffeln identisch mit dem von Gor up- Bes\u00e4 nez in den Bl\u00e4ttern von Amp\u00e9lopsis aufgefundenen K\u00f6rper. Pr eusse ist geneigt, den letzteren f\u00fcr Protocatechus\u00e4ure oder irgend eine Gerbs\u00e4ure zu halten. Die bez\u00fcgliche Substanz aus Kartoffeln kann aber schwerlich Protocatechus\u00e4ure sein, da sie in 3 bis 5 mm langen, in kaltem Wasser sehr leicht l\u00f6slichen Prismen krystallisirt, w\u00e4hrend die Protocatechu-s\u00e4urc in kaltem Wasser fast unl\u00f6slich ist. Dass unser K\u00f6rper (\u2018ine S\u00e4ure isl, d\u00fcrfte kaum einem Zweifel unterliegen, sein Verhalten gegen Natriumcarbonat und Aether spricht schon entschieden daf\u00fcr. Unter den bekannten aromatischen S\u00e4uren entspricht ihren Reaktionen nach die Hydrokaffees\u00e4ure ani meisten der fraglichen Substanz aus Kartoffeln. Hoffentlich gelingt es mir, mit der Zeit die f\u00fcr eine Analyse ausreichende Menge davon zu sammeln.\nAehnlich wie der Kartoffelsaft verf\u00e4rbt sich auch der Saft aus den Knollen von Dahlia variabilis an der Luft. Wird derselbe frisch mit Salzs\u00e4ure aufgekocht, so erh\u00e4lt man ein goldgelbes Filtrat, das an Aether einen harzartigen gelben Syrup mit eingestreuten Krystallen abgibt, welche letztere in kaltem Wasser .leicht l\u00f6slich sind. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung f\u00e4rbt sich mit einigen Tropfen Eisenchlorid intensiv dunkelgr\u00fcn, aut Zusatz einer Spur von Ammoniumcarbonat erst violett, dann schw\u00e4rzlich, bei einem Ueberschuss des Alkali braunroth. Ebenso erweist sich die L\u00f6sung als stark redu-cirend. Es ist also offenbar in den Knollen von Dahlia die gleiche, leicht oxydirbare Substanz enthalten wie in den Kartoffeln.\nEine Portion abgepresstes Enchyloma von Aelhaliiun septicum wurde mit Alkohol im Ueberschuss versetzt, der Alkohol auf dem Wasserbade verjagt, der R\u00fcckstand nach Zusatz von etwas Salzs\u00e4ur\u00ab' mit Aether ausgesch\u00fcttelt, der","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"-77\t\u25a0\t\u2019:.V.\nAether abdestillirt und verdunstet. Es festirt ein amorpher, gelber R\u00fcckstand, der mit kaltem Wasser ausgezogen wurde; die schwach gelblich gef\u00e4rbte, w\u00e4sserige L\u00f6sung gab mit ein Paar Tropfen von h\u00f6chst verd\u00fcnntem Eisenchl\u00f6rid eine. schwache, aber deutlich gr\u00fcne F\u00e4rbung, die sich auf Zusatz von Ammoniumkarbonat in helles Rothbraun verwandelte. Hiernach scheinen auch im Aethalium septicum Spuren der zuletzt erw\u00e4hnten Verbindung vorzukommen.\nSaft aus zerriebenen Wurzeln von Daucus Carola wurde ebenfalls nach Zusatz von Salzs\u00e4ure aufgekocht, filtrirt, mit Aether ansgesch\u00fcttelt. Der Aether hinterliess als R\u00fcckstand ein braungelbes, in Wasser unl\u00f6sliches Harz mit eingestreuten Sph\u00e4rokrystallen und farblosen Nadeln. Die letzteren erwiesen sich l\u00f6slich in kaltem Wasser, ihre L\u00f6sung redueirte alkaf lische Silberl\u00f6sung beim Erw\u00e4rmen h\u00f6chst intensiv unter. Abscheidung eines Silberspiegels am. Glase; mit Eisenchlorid versetzt, f\u00e4rbte sie sich aber nicht gr\u00fcn, sondern-br\u00e4unlich, welche F\u00e4rbung auf Zusatz von Arnmoniuhicarbbnat in ein helles Gelb \u00fcberging. Der aus W\u00e4sser kryslallisirte, immer noch durch syrup\u00f6se Substanzen verunreinigte K\u00f6rper sublimirte schon bei m\u00e4ssigem Erw\u00e4rmen unter Entwickelung eines stechenden, zum Husten reizenden Geruchs. Da aber \u00bblas an den W\u00e4nden des Glasrohres abgesetzte Sublimat nur rein weiss, nicht blau gef\u00e4rbt war, so kann Hydrochinon hier nicht vorliegen.\t,\nDie im Vorstehenden mitgetheilten Untersuchungen liefern,\nworauf es mir zun\u00e4chst allein ankam, das \u00fcbereinstimmende\n\u00bb\nErgebniss, dass in den Geweben von Pflanzen sehr verschiedener Familien leicht oxydirbare Substanzen. .Vorkommen, welche wahrscheinlich der aromatischen Reihe angeh\u00f6ren. Dass diesen Substanzen eine nicht unwesentliche Function im Stoffwechsel zuf\u00e4lll, d\u00fcrfte1 kaum zweifelhaft sein. Der Quantit\u00e4t nach treten sie zwar gegen andere Bestandtheile zur\u00fcck, und es wird sehr m\u00fchevoller und zeitraubenden Arbeiten bed\u00fcrfen, um nur ihre chemische Constitution genau festzustellen, weil man hierf\u00fcr gewaltige Massen wjrd \u00een","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\nArbeit nehmen m\u00fcssen. Allein gerade derartige, in geringer Menge vorhandene Substanzen fordern das Interesse des Physiologen heraus, weil sie vermuthlich zu jenen wichtigen Mittelgliedern der Stoffwechselprocesse geh\u00f6ren, welche als solche niemals zu gr\u00f6sserer Anh\u00e4ufung gelangen, ohne deren Kenntniss und Feststellung aber von einem wirklichen Verstehen der Stoffwochselbewegungen nicht die Rede sein kann. Die in Bezug auf die erw\u00e4hnten K\u00f6rper n\u00e4chstliegende Hypothese ist wohl diese, dass sie in physiologischer Hinsicht iler regressiven Reihe angeh\u00f6ren, vielleicht aus der Spaltung von Eiweisstoffen direkt oder durch Synthese von Spaltungsprodukten entstanden sind\u2019; ferner liegt es nahe, einen Zusammenhang zwischen ihnen und den Funktionen der Athmung zu muthmassen.\nIn Bezug auf diesen letzten Punkt mag noch eine kurze Bemerkung gestattet sein, indem ich mir Vorbehalte, an anderer Stelle ausf\u00fchrlich darauf zur\u00fcckzukommen. Wenn in der lebenden Zelle z. B. das Rhodogen eine Oxydation bis zu Kohlendioxyd und Wasser erfahren und ersteres im Athmungsprozess entweichen sollte \u2014 so w\u00fcrde man sich vorslellen k\u00f6nnen, dass die ganze Athmung der Zuckerr\u00fcbe in dieser Oxydation des Rhodogens bestehe und andere, beim Athmungsprozess verschwindende Stoffe, wie Zucker, nur indirect zur Neubildung von Rhodogen verbraucht w\u00fcrden. Allein als die n\u00e4chstliegende erscheint mir diese Annahme nicht. Ich glaube, es liegt noch keine Veranlassung vor, an der direkten Oxydation von Kohlehydraten durch aufgenommenen Sauerstoff zu zweifeln; nur ist eine solche Oxydation kaum vorstellbar ohne vorherige Activirung des Sauerstoffs. Imbun mm das Rhodogen das 02-Molec\u00fcl spaltet (reducirt) und mit den einen Oi sich verbindet, kann es das andere Oi disponibel machen zur Ausf\u00fchrung anderweitiger, energischer Oxydationen. Das Rhodogen verm\u00f6chte somit als Oxydationsmittel analog zu wirken, wie Hoppe-Sey 1er es f\u00fcr den atomistischen Wasserstoff nachgewiesen hat, und es gestattet die von diesem Forscher vertretene Theorie der physiologischen Oxydation eine Erweiterung, wenn man die","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"F\u00e4higkeit, den Sauerstoff zu activiren, ausser dem naschenden Wasserstoff a\u00fcch gewissen, den molecularen Sauerstoff redu-cirenden Kohlenstoffverbindungen beilegt. Damit gelangt man zu einem Princip der Oxydation, welches der weitesten Anwendung f\u00e4hig ist.\nBeachtenswert ist endlich noch der Umstand, dass die Knollen und Wurzeln von Beta, Daucus, Solanum, Dahlia verschiedene reducirende Substanzen enthalten, welche physiologisch einander vertreten d\u00fcrften und auch chemisch in gewissen Eigenschaften einander nahe stehen. Es sieht dies im Einklang mit der Thatsache, dass die verschiedene^ Pllanzenspecies eine beinahe unbegrenzte Mannigfaltigkeit von chemisch unterscheidbaren Substanzen in den Prozessen ihres Stoffwechsels hervorbringen. Dennoch d\u00fcrfen wir wohl an-nehinen, dass viele dieser Pflanzenstoffe eine p h y s i o 1 o -gische Einheit repr\u00e4sentiren, dass sie der Ausdruck analoger Stoffbewegungen sind, und die Aufgabe der Physiologie muss es sein, in der Vielheit dieser Stoffe die ihrer Kntstehung zu Grunde liegende Einheit zu erkennen.\ni.\nZ'-lUclirift fur j\u00bbliyHiol,(.'hemic VI,\nI","page":279}],"identifier":"lit16447","issued":"1882","language":"de","pages":"263-279","startpages":"263","title":"Ein Beitrag zur Kenntniss leicht oxydirbarer Verbindungen des Pflanzenk\u00f6rpers","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:29:18.482658+00:00"}