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{"created":"2022-01-31T12:27:14.496453+00:00","id":"lit16449","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Wortmann, Julius","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 6: 287-329","fulltext":[{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen Uber das diastatische Ferment der Bact\u00e9rien.\nVon\t> .\t,\nDr. Jullns Wortmann.\nAssistent am botanische\u00bb Institut zu Strassburg i, E.\n(D\u00ab*r Ilodaktion zugogangen am 23. Februar 1882.)\n*\t\u25a0\t\u00ab\t.\t'* r\nDie in neuerer Zeit unbestellten Untersuchungen -\u00fcber .las Auftreten iliastatiselier Fermente im Pflanzenreich hab\u00e9n durch die Constatirung des allgemeinen Vorkommens derselben in den verschiedensten Pflanzentheilen nicht allein auf die Vorg\u00e4nge des Stoffwechsels neues Licht geworfen, sondern sie nehmen auch dadurch, dass sie die Frage nach der Natur der fermentativen Prozesse in den Vordergrund stellen, ein hohes Interesse f\u00fcr sich in Anspruch.\nW\u00e4hrend die fr\u00fcheren Beobachtungen sich fast einzig und allein auf das Auftreten der Diastase in keimenden Gersten- und Weizensamen beschr\u00e4nkten, sind unsere Kenntnisse in dieser Hinsicht durch die neueren Arbeiten von Gorup-Besanez, Will, Krauch, und namentlich durch diejenige von Baranetzky1) wesentlich bereichert worden. Wir wissen jetzt, dass die dem Embryo bei der Keimung in Form von Glycos\u00e8 zugef\u00fchrten N\u00e4hrstoffe durch Einwirkung des in den Cotyledonen enthaltenen diastatischen Fermentes auf das St\u00e4rkemehl der Samen gebildet worden sind; wir wissen auch, dass die Diastase, dadurch dass sie-den Transport der St\u00e4rke von den gr\u00fcnen Bl\u00e4ttern nach, dem Stengel und von hier aus nach den Rhizomen, Wurzeln und Knollen\nt ) Vergl. Baranetzky, Die st\u00e4rkeumhildenden .Fermente in den Iflanzen. Leipzig 1878. Hier auch die ausf\u00fchrlichen historischen Angaben.\nZ&IUclirift f\u00fcr physiologische Cb\u00abmio VI.\t. ja","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\neinerseits, sowie andererseits aus den fteservestoffbeh\u00e4ltern in die austreibenden Sprosse u. s. w. vermittelt, eine hervorragende Rolle beim pflanzlichen Stoffwechsel spielt. Auch \u00fcber die chemischen Vorg\u00e4nge, welche sich bei der Einwirkung der Diastase auf das St\u00e4rkemehl, bei der Umwandlung desselben in Zucker geltend machen, sind wir durch die eingehenden Untersuchungen von Musculus, E. Schulze, O\u2019 Sullivan u. A. wenigstens in soweit unterrichtet, dass wir einigen Einblick in die quantitativen Verh\u00e4ltnisse und die sie modificirenden \u00e4usseren Faktoren, \u2014 Temperatur und S\u00e4uregehalt \u2014 gewonnen haben, wenngleich \u00fcber das Wesen der Fermentprozesse im Allgemeinen, \u00fcber die Art und Weise, wie die als Ferment wirkenden Substanzen ihren eigenth\u00fcm-lichen Einfluss auf die Molec\u00fcle der von ihnen zur Spaltung gezwungenen K\u00f6rper geltend machen, auch gegenw\u00e4rtig noch ganz verschiedene Ansichten ausgesprochen werden.\nWenn wir nun sicher annehmen k\u00f6nnen, dass ein weiteres und eingehenderes Studium der st\u00e4rkeumbildenden Fermente bei den h\u00f6her organisirten Pflanzen uns noch in vieler Hinsicht Aufschluss \u00fcber bisher noch unerkl\u00e4rte Erscheinungen des pflanzlichen Stoffwechsels sowohl als auch der Fermentprozesse im Allgemeinen liefern wird, so liegt es doch nahe, die Untersuchungen auch jetzt schon auf diejenige Abtheilung der pflanzlichen Organismen auszudehnen, deren Repr\u00e4sentanten, wir nach den durch sie hervorgerufenen Wirkungen nach unseren heutigen Erfahrungen allgemein als Erzeuger der verschiedensten fermentartigen Substanzen ansehen m\u00fcssen, n\u00e4mlich auf die Abtheilung der Pilze, und hier vornehmlich die Bact\u00e9rien, die Fermenttr\u00e4ger par excellence n\u00e4her in\u2019s Auge zu fassen.\nDass die Bact\u00e9rien die Erreger der F\u00e4ulnissprozesse, die Ursachen der verschiedensten G\u00e4hrungserscheinungen sind, und dass alle diese duich sie angeregten Vorg\u00e4nge fermentativer Natur sind, ist durch die vorz\u00fcglichen Untersuchungen Pasteur\u2019s, sowie anderer Forscher eine feststehende und wohlbegr\u00fcndete Thatsache; wir wissen auch, dass jene F\u00e4ulnissprozesse und G\u00e4brungen dadurch zu Stande kommen,","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"289\ndass die Bact\u00e9rien den faulniss- oder g\u00e4hrungsfahigen Substanzen zum Zweck der Ern\u00e4hrung Stickstoff- respective kohlenstoffhaltige Verbindungen entziehen, und hierdurch den Zerfall jener Substanzen bedingen. W\u00e4hrend nun fr\u00fcher allgemein die Ansicht vorherrschte, dass die Bact\u00e9rien direct auf die Eiweissstoffe angewiesen seien, ist besonders durch Pasteur nachgewiesen worden, dass Entwickelung und Vermehrung von Bact\u00e9rien auch in eiweissfreien zuckerhaltigen Fl\u00fcssigkeiten stattfindet, sofern denselben nur der n\u00f6thige Stickstoff in Form eines Ammoniaksalzes zu Gebote steht. Cohn1) vermochte dann festzustellen, dass auch der Kohlenstoff in Form von Zucker entbehrlich ist und durch Weins\u00e4ure (weinsaures Ammoniak) ersetzt werden kann. Wir k\u00f6nnen also hinsichtlich der Ern\u00e4hrungsverh\u00e4ltnisse der Bact\u00e9rien folgende Punkte auseinanderhalten:\na)\tAusser den n\u00f6thigen Aschenbestandtheilen, die in jedem Falle vorhanden sein m\u00fcssen, kann Eiweiss, sowohl fest als gel\u00f6st, als Stickstoff- und zugleich als Kohlenstoffquelle dienen.\nb)\tDer Stickstoff kann als Ammoniaksalz aufgenommen werden, der Kohlenstoff als Zucker.\nc)\tDer Stickstoff kann als Ammoniaksalz, der Kohlenstoff in Form einer anderen organischen Verbindung2), beide zugleich z. B. in Form von weinsaurem Ammoniak, aufgenommen werden.\nSind nun auch die Bact\u00e9rien bef\u00e4higt, ihren Bedarf an Kohlenstoff aus der St\u00e4rke zu beziehen? Sind sie im Stande feste St\u00e4rke z.B. durch Ausscheidung eines st\u00e4rkeumbildenden, der Diastase \u00e4hnlichen Fermentes, oder auf irgend eine andere vorl\u00e4ufig nicht n\u00e4her zu ermittelnde Weise, in l\u00f6sliche, dif-fundirbare und zur Ern\u00e4hrung geeignete Verbindungen \u00fcberzuf\u00fchren? Der Umstand dass, obwohl doch die Bact\u00e9rien von verschiedensten Seiten und in mannigfaltigster Weise\n') Cohn: Beitr\u00e4ge zur Biologie der Pflanzen, Bd. I, H. 2, S. 191 IT. *) Der Kohlenstoff kann aber nicht in jeder beliebigen organischen Verbindung aufgenommen werden. Der Kohlenstoff des Harnstoffs z. B. \u2022st nicht geeignet (wohl aber der Stickstoff dieser Verbindung).","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nin ihrem chemisch-physiologischen Verhalten untersucht und erforscht worden sind, in der Litt era tur nur ganz vereinzelte Angaben sich verzeichnet finden, welche eine that s\u00e4chliche Einwirkung der Bact\u00e9rien auf St\u00e4rke constatiren oder andeuten, l\u00e4sst von vornherein vermuthen, dass die Losung der St\u00e4rke nur in besonderen bestimmten ) F\u00e4llen von den Bact\u00e9rien erm\u00f6glicht werden kann. In seinem Werke' \u00abLeber die niederen Pilze\u00bb sagt N\u00e6gcli, S. 12: \u00abEin besonderes energisches Ferment wird von den Spaltpilzen abgesondert. Dasselbe f\u00fchrt den Milchzucker in g\u00e4hrungsf\u00e4higen Zucker \u00fcber, setzt Starke und Cellulose (Holz) in Traubenzucker um, l\u00f6st geronnenes Eiweiss und andere Albuminate.\u00bb Hiernach \u00fcben also die Bact\u00e9rien aut St\u00e4rke einen Einfluss aus durch Abscheidung eines Fermentes, welches aber auch zugleich jene anderen angedeuteten Umwandlungen auszuf\u00fchren vermag. Eine andere Angabe, welche zu sehliessen erlaubt, dass das Verschwinden von St\u00e4rkesubstanz durch Bact\u00e9rien hervorgerufen werden kann, findet sich bei Sa clisse: \u00abChemie und Physiologie der Farbstoffe u. S. w.\u00bb auf S. 100 und lautet w\u00f6rtlich: \u00abEine L\u00f6sung von St\u00e4rke ist vollkommen haltbar, sobald f\u00fcr die Abspaltung der in der Luft schwebenden Keime oder f\u00fcr deren T\u00f6dtung gesorgt ist. L\u00e4sst man sie ohne weitere Vorkehrung an der Luft stehen, so findet bald eine Umwandlung statt, die sich mit H\u00fclfe der Jod- und Gerbs\u00e4urereaktion leicht verfolgen l\u00e4sst. Das Jod h\u00f6rt bald auf blau zu f\u00e4rben. Die F\u00e4rbung wird violett, nach einiger Zeit roth und h\u00f6rt endlich nach etwa 10 Tagen g\u00e4nzlich auf. Dementsprechend wird auch die Gerbs\u00e4urewirkung schw\u00e4cher und schliesslich wird auch mit dieser \u00fcberhaupt kein Niederschlag mehr erhalten. Die Fl\u00fcssigkeit hat aufgeh\u00f6rt St\u00e4rke zu enthalten.\u00bb Der hier angef\u00fchrte Fall betrifft also das allm\u00e4hliche Verschwinden der l\u00f6slichen Modification der St\u00e4rke. Gelegentlich anderweitiger Untersuchungen, welche ich im Sommer 1881 mit Milchs\u00e4ften anstellte, machte auch ich einige Wahrnehmungen, welche mich zu der Vermutliung f\u00fchrten, es m\u00f6chten auch feste St\u00e4rkek\u00f6rner unter Umst\u00e4nden Corrosionserseheinungen zeigen, deren Ursache auf das Vor-","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"201\nhnudensein von Bact\u00e9rien zur\u00fcckzuf\u00fchren w\u00e4re*. Es w\u00e4ren n\u00e4mlich Proben verschiedener Milchs\u00e4fte mit etwas fester Weizenst\u00e4rke vermischt in durch Kork verschlossenen Reagens-\ncvlindern aufbewahrt worden.\n\u2022 * *\nNachdem diese Mischungen ungef\u00e4hr sechs Wochen lang ohne controlirt worden zu sein, in den Cylindern verweilt hatten, konnte ich in jedem Falle eine deutliche, bald mehr oder weniger heftige Corrosion der grossen St\u00e4rkek\u00f6rner beobachten, w\u00e4hrend zugleich \u00fcberall zahlreiche Raclerieii sich eingefunden hatten - Gleichzeitig und ebenso lange waren einige Glask\u00f6lheben aufbewahrt, in denen Rohrzuckerl\u00f6sung mit Hefezcllen und kleinen Mengen fester Weizenst\u00e4rke enthalten waren. Nach ungef\u00e4hr sechs Wochen w\u00e4ren hier die llefezellen, die sich ausserordentlich stark Vermehrt hatten, abgestorben, es waren ebenfalls zahlreiche Bact\u00e9rien aufgetreten, allein irgendwelche Corrosionserscheinungen an.den St\u00e4rkek\u00f6rnern konnten hier nicht im Geringsten wahrge\u00bb nommen werden; die St\u00e4rke hatte ihr vollkommen normale's\nAussehen bewalut. liier haben wir also zwei F\u00e4lle vor uns,\n\u2022 * . \u25a0 * \u00bb\nin denen hei Gegenwart von Bact\u00e9rien feste St\u00e4rke- das eine\nMal die Erscheinungen der L\u00f6sung zeigt, das andere Mal hingegen vollst\u00e4ndig intact gelassen wird. Sind nun, so werden wir uns fragen, in dem ersleren Falle die Bact\u00e9rien wirklich die Ursache der L\u00f6sungserscheinungen gewesen ? Oder waren hier die Gorrosionen unabh\u00e4ngig von den Bact\u00e9rien durch anderweitige, vorl\u00e4ufig unbekannte Ursachen hervorgerufen? Folgende Versuche scheinen diese hier angeregten Fragen in Bezug auf die Mitwirkung der Bact\u00e9rien im negativen Sinne zu entscheiden : Wenn man frische Kartoffelscheiben in einem Gef\u00e4sse mit etwas Wasser \u00fcbergiesst, ' so tritt bekanntlich schon nach sehr kurzer Zeit eine \u00fcppige Bacterienvegetation auf, welche nach und nach dahin f\u00fchrt, dass die Kartoflfelscheiben in eine breiartige, zerfliessliche Masse verwandelt werden. Untersucht man jetzt die St\u00e4rke-k\u00f6rner, so erweisen sie sich als absolut intact; keine Spur von Corrosion ist an ihnen zu bemerken. Bekanntlich sind\ndie St\u00e4rkek\u00f6rner der Kartoffel von diastatischen Fermenten","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nsehr schwer, von den bisher untersuchten, diastalische Eigenschaft zeigenden Pflanzens\u00e4ften so gut wie gar nicht angreifbar es ist mithin die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen, dass in diesem Falle von den Bact\u00e9rien dennoch ein diastatisehes Ferment ausgeschieden wird, allein in zu geringer Menge, um eine bemerkbare Eiwirkung auf die St\u00e4rkek\u00f6rner aus\u00fcben zu k\u00f6nnen. Verwendet man statt der Kartoffelscheiben Coty-ledonen von Pliaseolus, deren St\u00e4rkek\u00f6rner verbaltnissm\u00e4ssig leicht durch Diastase aufgel\u00f6st werden, so bleiben auch hier die St\u00e4rkek\u00f6rner trotz des massenhaften Auftretens von Batterien vollkommen intact. Ein gleiches Schicksal erleiden Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner, wenn man sie in eine eiweisshaltige, bacteri\u00f6se Fl\u00fcssigkeit einstreut. Die Thatsache, dass in diesen speciellen F\u00e4llen durch die Bact\u00e9rien keine diastatischc Wirkung auf die verschiedenen St\u00e4rkesorten ausge\u00fcbt wurde, erlaubt uns indessen noch keineswegs, \u00fcberhaupt ein passives Verhalten der Bact\u00e9rien den St\u00e4rkek\u00f6rnen gegen\u00fcber anzunehmen; es ist sehr wohl denkbar (und wir werden sp\u00e4ter sehen, dass es sich in der That so verh\u00e4lt), dass durch das Vorhandensein von besser und leichter verwendbaren N\u00e4hrstoffen als es die St\u00e4rke ist, die Bact\u00e9rien gar nicht zur Umbildung von gleichzeitig vorhandener St\u00e4rke angeregt werden. Es stellt sich uns daher die Aufgabe, zu untersuchen, unter welchen Bedingungen die Bact\u00e9rien die St\u00e4rke in L\u00f6sung zu bringen verm\u00f6gen.\nDa die Bact\u00e9rien die F\u00e4higkeit besitzen, die Eiweissstoffe zu zersetzen, so wissen wir jetzt, dass diese Zersetzung zu dem Zwecke erlolgt, um die der einzelnen Bacterienzelle zur Ern\u00e4hrung nothwendigen Stickstoff- respective kohlenstoffhaltigen Verbindungen in einer Form zu erhalten, in welcher sie f\u00e4hig sind, durch Membran- und Protoplasmaschlauch der Bacterienzelle zu diffundiren. Es ist nun von vornherein wahrscheinlich, dass diejenigen Verbindungen, welche am leichtesten und bequemsten aufgenommen werden k\u00f6nnen, auch dementsprechend am st\u00e4rksten verbraucht werden; wir werden also, wenn wir bez\u00fcglich der Einwirkung der Bact\u00e9rien auf St\u00e4rke entscheidende Versuche","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"\u00bb\nuns vor Augen l\u00fchreu wollen, zun\u00e4chst darauf zu achten haben, dass in der den Bact\u00e9rien gebotenen N\u00e4hrfl\u00fcssigkeit ausser St\u00e4rke keine andere, vielleicht leichter umzuwan-delnde, kohlenstoffhaltige Verbindung enthalten ist. Sind die Versuchsbedingungen so gestellt, so wird, falls \u00fcberhaupt die Bact\u00e9rien einen Einfluss auf St\u00e4rke \u00e4usz\u00fc\u00fcben verm\u00f6gen, die Art und Weise dieser Einwirkung jetzt im ungetr\u00fcbtesten Lichte erscheinen ; entweder wird die St\u00e4rke gel\u00f6st, in Bestandteile des Protoplasmas verwandelt und in Folge ; dessen kann eine Weiterentwickelung der Bact\u00e9rien stattfinden, oder aber die St\u00e4rke bleibt intact, und die Bact\u00e9rien gehen, da ihnen keine andere kohlenstoffhaltige N\u00e4hrverbindung zu Gebote stellt, zu Grunde. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend,, stellte ich nun eine grosse Reihe von ' Versuchen an, welche mir das Resultat lieferten, dass die Bact\u00e9rien bef\u00e4higt sind, ihren Bedarf,an Kohlenstoff aus der St\u00e4rke zu beziehen, und dass die dabei auftretenden L\u00f6sungserscheinungen der angewendeten festen St\u00e4rke genau in derseiben Weise vor sich gehen, wie wenn Diastase oder Speichel auf St\u00e4rkek\u00f6rner einwirken.\nDie Methode, nach welcher ich operirte, war sehr einfach: Zu einer bestimmten Quantit\u00e4t destillirten Wassers \u2014 meist 20 oder 25 ebem \u2014 wurde soviel eines Gemenges anorganischer N\u00e4hrsalze.1) zugesetzt, dass die dadurch erhaltene L\u00f6sung die Concentration J\u00b0/oo hatte. Dann wurde dem Gewicht nach ebensoviel feste Weizenst\u00e4rke hinzugef\u00fcgt; diese\n< . \u2022\n*) Dieses N\u00e4hrstoffgemenge war zusammengesetzt aus gleichen Theilen von Kochsalz, schwefelsaurer Magnesia, salpetersaurem Kali und saurem phosphorsauvem Ammoniak [(NH\u00ab) H* * \u00bbPO\u00ab]. Selbstverst\u00e4ndlich kann ein derartiges und roh zusammengesetztes Gemenge von N\u00e4hrstoffen nicht f\u00fcr genaue Ern\u00e4hrungsversuche in Verwendung kommen; f\u00fcr meine Zwecke war dasselbe aber vollkommen ausreichend, da es mir nur darauf ankam den Bact\u00e9rien die n\u00f6thigen Elemente mit Einschluss des Stickstoffs in der Form zu bieten, dass sie \u00fcberhaupt gebraucht werden konnten. Die Bact\u00e9rien gedeihen \u00fcbrigens in einer derartigen N\u00e4hrl\u00f6sung, (welcher aber noch eine C-haltige ern\u00e4hrungt\u00fcchtige 'erhindung hinzugef\u00fcgt werden muss) ganz vortrefflich;","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nMischung wurde darauf mit 1 oder 2 Bacterieritropfon ') versetzt und zur gleichm\u00e4ssigen Verkeilung der Bact\u00e9rien einige Male gesch\u00fcttelt. Das die Mischung enthaltende Reagensglas wurde sodann gut verkorkt und verweilte im Zimmer lui einer Durchschnittstemperatur von 18\u201422\u00b0 G. Unter diesen Verh\u00e4ltnissen waren gew\u00f6hnlich, bei massiger Vermehrung der Bact\u00e9rien, nach 5\u20147 Tagen die ersten Anf\u00e4nge von Corrosion an den St\u00e4rkek\u00f6rnern bemerkbar. Wie schon bemerkt wurde, gleichen diese Corrosionen sowohl in ihrem Auftreten als auch in ihrer Weiterentwickelung vollst\u00e4ndig jenen durch die Einwirkung diastatischer Fermente auf die Weizenst\u00e4rke hervorgerufenen. Da dieser Vorgang bereits von Baranetzky richtig beobachtet und ausf\u00fchrlich laschrieben ist, so mag eine Hinweisung auf jenen Autor hier gen\u00fcgen8). Mit Bezug auf die von mir beobachteten Gorro-sionserscheinungen kann ich indessen noch hinzuf\u00fcgen, dass die grossen K\u00f6rner zun\u00e4chst der Aufl\u00f6sung anheim fallen; viel sp\u00e4ter, nachdem jene fast vollst\u00e4ndig verschwunden sind, werden die Wirkungen des Fermentes auch an den kleinen K\u00f6rnein bcmeikbar, und l\u00e4sst man den Versuch lange genug an dauern, (etwa 3\u20144 Wochen) so verschwinden auch diese\ng\u00e4nzlich. \u2018 Die Aufl\u00f6sung der grossen St\u00e4rkek\u00f6rner nimmt bei den erw\u00e4hnten Temperatur Verh\u00e4ltnissen gew\u00f6hnlich einen Zeitraum von 10-14 Tagen in Anspruch, wobei noch zu bemerken ist, dass auch hier die einzelnen K\u00f6rner mit verschiedener Geschwindigkeit aufgel\u00f6st werden ; w\u00e4hrend von einigen fast gar keine Substanz mehr \u00fcbrig ist, befinden sich\nandere erst in den ersten Stadien der Corrosion. Bei den meisten der grossen K\u00f6rner verl\u00e4uft allerdings der Aufl\u00f6sungsprozess ziemlich gleichm\u00e4ssig, doch sind, wie aus dem Ge-\n') Als Bacterientropfen bezeichne ich hier in demselben Sinne wie es von Golm (Beitr\u00e4ge zur Biologie der Pflanzen, Bd. I. Heft :!. S. 19U) geschieht, einen Tropfen einer durch faulende Bohnen oder Kartoffeln ganz stark bacteri\u00f6s gemachten w\u00e4sserigen Fl\u00fcssigkeit. Auch meine Versuche beziehen sich zun\u00e4chst auf Bacterium Tenno, da da\u2014 selbe in den meisten F\u00e4llen ganz allein in der Culturfl\u00f6ssigkeit dominjrK\n*) Baranetzky, lue. cit. S. 48. Vgl. auch S. 5 daselbst.","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"295\nsagten ersichtlich ist, genaue Zeitangaben, in welcher die Aufl\u00f6sung vollendet wird, nicht m\u00f6glich.\nBei einer zweiten Versuchsreihe wendete ich statt fester Weizenst\u00e4rke ceteris paribus, gleiche Mengen von in Wasser l\u00f6slicher St\u00e4rke an. Da eine reichlichere Vermehrung-f.v\u00f6n bact\u00e9rien eintrat, so gelang es in diesen F\u00e4llen, die St\u00e4rke in- k\u00fcrzerer Zeit zum Verschwinden zu bringen, .Bei Anwendung von l\u00f6slicher St\u00e4rke ist man zwar nicht iip Stande, den Anfang der Fermenteinwirkung, trotzdem dieselbe, wie wir sp\u00e4ter sehen werden fr\u00fcher eintritt, so genau* festzustellen, wie bei der festen St\u00e4rke, allein es kommt hier der grosse \\ortheil in Betracht, dass an den Ver\u00e4nderungen der Jodreaktion der Verlauf der Fin Wirkung verfolgt und besonders das Ende genau bestimmt werden kann. Werden von Zeit zu Zeit Proben aus der Versuchsfl\u00fcssigkeit untersucht, so roagiren dieselben anf\u00e4nglich durch violette oder dunkelrothe F\u00e4rbung1), sp\u00e4ter geht die F\u00e4rbung allm\u00e4hlich von dunkel-roth in hell-weinroth \u00fcber und zuletzt vermagdie Jodl\u00f6sung nur noch eine durch ihre eigene Farbe bedingten hellgelben Farbenton hervorzurufen, wodurch also angezeigt ist, dass \u00bblie St\u00e4rke dann vollst\u00e4ndig verschwunden ist. Bei sp\u00e4teren Versuchen habe ich in Folge dessen, wenn es* darauf ankam, die ersten Momente der Fermenteinwirkung zu bestimmen, mich der festen Weizenst\u00e4rke bedient; sollte hingegen das Ende der Reaktion ermittelt werden, so wurde l\u00f6sliche St\u00e4rke zu H\u00fclfe genommen2).\nWie Baranetzky3) nachgewiesen hat, werden von\n') Die anf\u00e4ngliche F\u00e4rbung durch Jod ist nicht immer gleich-m\u00e4ssig, sondern variirt zwischen violett und dUnkelroth, was tlieils von d'T Menge des zugef\u00fcgten Reagens, flieils von der mehr oder weniger sauren Beschaffenheit der St\u00e4rkel\u00f6sung (ich untersuchte die Fl\u00fcssigkeiten immer, nachdem die anorganischen N\u00e4hrstoffe bereits zugesetzt waren.) ZUI\" Tlieil auch von der Concentration der St\u00e4rkel\u00f6suug abh\u00e4ngen wird.\n) Ich erw\u00e4hne, dass j\u00fcr die bis jetzt beschriebenen Versuche, Vi denen es also nur auf die Constatirung einer Von- den Bact\u00e9rien ausgehenden Einwirkung auf St\u00e4rke ankommt, ebenso gut auch St\u00e4rke-kleister verwendet werden kann und auch verwendet wurde.\n*) Baranetzky, loc. cil., S. 38.","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nden in Pflanzens\u00e4ften enthaltenen diastatischen Fermenten die St\u00e4rkek\u00f6rner verschiedener Sorten mit ganz ungleicher Geschwindigkeit gel\u00f6st; das aus dem Malz isolirbare und am st\u00e4rksten wirksame Ferment \u00fcbt, wie auch alle fr\u00fcheren Beobachter gefunden haben, selbst bei l\u00e4ngerer Versuchsdauer keinen nachweisbaren Einfluss auf feste Kartoffelst\u00e4rke aus, w\u00e4hrend Weizen- oder Buchweizenst\u00e4rke mit Leichtigkeit von demselben gel\u00f6st werden.\nEs lag nun nahe nachzusehen, ob in Bezug hierauf auch die durch Bact\u00e9rien hervorgerufenen L\u00f6sungserscheinungen der St\u00e4rke sich analog verhielten. Zu diesem Zwecke habe ich nur einen Versuch angestellt, welcher, da die aus demselben gewonnenen Resultate klar waren und mit den bis jetzt von anderer Seite gefundenen vollst\u00e4ndig \u00fcbereinstimmen, zur Entscheidung der angeregten Frage auch hinreichend gen\u00fcgen wird. Um einen Massstab f\u00fcr die L\u00f6sungsgeschwindigkeit der angewendeten verschiedenen St\u00e4rkesorten zu haben, wurde je einer derselben stets die gleiche Menge fester Weizenst\u00e4rke zugef\u00fcgt, von welcher ich mich \u00fcberzeugt hatte, dass sie relativ sehr schnell angegriffen und gel\u00f6st wurde. Die Ausf\u00fchrung des Versuches war folgende: Zu je 20cbcm destillirten Wassers, in welchem l\u00b0/\u00abo anorganischer N\u00e4hrstoffe von der bereits beschriebenen Zusammensetzung, und 0,01 gr. (also V2 \u00b0/o0) Weizenst\u00e4rke enthalten waren, wurden je 0,01 gr. A) l\u00f6slicher St\u00e4rke, B) Weizenst\u00e4rkekleister, C) Kartoffelst\u00e4rke, D) Bohnenst\u00e4rke \u2014 aus den Cotyledonen von Phaseolus multiflorus, \u2014 E) Iris-St\u00e4rke \u2014 aus dem Rhizom von Iris germanica, \u2014 FJ Canna-St\u00e4rke \u2014 aus Canna-Knollcn, \u2014 G) Curcuma-St\u00e4rke \u2014 Curcuma leucorhiza, \u2014 H) Palmen-St\u00e4rke \u2014 Species unbestimmt \u2014 hinzugef\u00fcgt. Die Mischungen wurden in verkorkten Reagensgl\u00e4sern aufbewahrt und jeder ein Bacterientropfen zugesetzt. Um w\u00e4hrend der ganzen Dauer des Versuches eine m\u00f6glichst gleichm\u00e4ssige W\u00e4rme zu erzielen, wurden die Gl\u00e4ser in einen aus Zink angefertigten, mit doppelter Wandung versehenen ger\u00e4umigen W\u00e4rmekasten gebracht, in welchem eine durch einen Bunsen-Regulator constant erhaltene Temperatur von 28\u201430\u00b0 C. herrschte.","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"297\nBeginn des Versuches am 27. Oktober, 6 Uhr Abends. Ich theile jetzt das \u00fcber den Gang der Versuche angefertigte Protocoll mit, wobei ich noch bemerke, dass zu jeder Pr\u00fcfung ans den einzelnen, vorher umgesch\u00fcttelten Cylindern je eine kleine Probe herausgenommen und mikroskopisch untersucht wurde.\n28.\tOktober, 10 Uhr Vormittags: A) Starke intact; im Gesichtsfeld bewegen sich einzelne Bact\u00e9rien! B) Befund wie bei A. G) Befund wie bei A. D) Befund wie bei A. E) Befund wie Ipei A. F) Etwas st\u00e4rkeres Auftreten von Bact\u00e9rien; einzelne Weizensl\u00e4rkek\u00f6rner zeigen eben Anfang von Corrosion. G) Befund wie bei A. H) \u201cBefund wie bei A.\nMit Ausnahme von F) war also noch Alles unver\u00e4ndert. Vielleicht hatte \u00fcberall eine geringe, \u00fcbrigens nicht nachweisbare Vermehrung von Bact\u00e9rien stattgefunden.\n29.\tOktober, 10 Uhr Vormittags: A) Bact\u00e9rien nicht merklich vermehrt. St\u00e4rkek\u00f6rner intact. Eine abfiltrirte Prpbe nimmt auf Zusatz von Jodl\u00f6sung nur noch hellgelbe F\u00e4rbung an. B) St\u00e4rkek\u00f6rner intact. Jodl\u00f6sung ruft violette F\u00e4rbung hervor. C) Kartoffelst\u00e4rke vollst\u00e4ndig intact. Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner s\u00e4mmtlich mehr oder weniger angegriffen. D) Bohnenst\u00e4rke intact. Von den Weizenst\u00e4rkek\u00f6rnern zeigen einzelne Corrosionen. E) Noch Alles unver\u00e4ndert. F) Gahna-St\u00e4rke intact. Weizenst\u00e4rke sehr heftig angegriffen. G) Curcuma-St\u00e4rke intact. Einzelne Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner lassen Corrosion\u00e8n, erkennen. H) Palmcn-St\u00e4rke intact. Fast alle Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner sind angegriffen, jedoch nicht stark.\nEine Vergleichung der einzelnen Resultate dieser Pr\u00fcfung lasst uns Folgendes erkennen : v Ueberall, mit Ausnahme von E und B (welch\u2019 letzteres indessen noch fraglich ist, da ja eine geringe Menge des Kleisters schon gel\u00f6st sein kann, ohne dass die Jodreaction sich \u00e4ndert) hat bereits eine unzweifelhafte Wirkung der Bact\u00e9rien auf die St\u00e4rke statt-gefunden. Da wo Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner mit St\u00e4rkek\u00f6rnern anderer Art sich zusammen befanden, sind die ersteren mehr oder minder corrodirt, w\u00e4hrend die anderen intact gebli\u00e9ben","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"208\nsind. Bei A hingegen sind die Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner noch v\u00f6llig intact, w\u00e4hrend die l\u00f6sliche St\u00e4rke daf\u00fcr vollst\u00e4ndig verschwunden ist.\n31. Oktober., 10 Uhr Vormittags: A) Die meisten St\u00e4rkek\u00f6rner zeigen (noch nicht starke) Gorrosionen. B) Derselbe Befund wie bei A. Jodprobe noch nicht gemacht. G) Kartoffelst\u00e4rke nicht angegriffen. Weizenst\u00e4rke sehr stark corrodirt. D) Viele Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner sind corrodirt, allein auch eben so viele Bohnenst\u00e4rkek\u00f6rner zeigen die Erscheinung. E) Iris-St\u00e4rke intact. Einzelne Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner zeigen Anf\u00e4nge der Aufl\u00f6sung. F) Canna-St\u00e4rke intact. Weizenst\u00e4rke (die grossen K\u00f6rner) fast verschwunden. G) Gurcuina-S t\u00fcrke intact. Weizenst\u00e4rke ziemlich heftig corrodirt. II) An einigen Fahnen - St\u00e4rkek\u00f6rnern treten Can\u00e4le auf. Weizenst\u00e4rke heftig corrodirt.\nDas Gesammtergebniss ist demnach eine fortschreitende, bald mehr, bald minder heftige L\u00f6sung der Weizenst\u00e4rke, welche jetzt auch bereits bei A, B und G begonnen hat. Von den anderen St\u00e4rkesorten wird zuerst die Bohnenst\u00e4rke und gleichzeitig, aber nicht so energisch, die Fahnenst\u00e4rke in Angriff genommen.\n1. November, 10 Uhr Vormittags: A) St\u00e4rkek\u00f6rner in mittleren Gorrosionszust\u00e4nden. In der Gulturfl\u00fcssigkeit treten Sprosspilzzellen auf. B) St\u00e4rke verschwunden: eine Frohe mit Jodl\u00f6sung versetzt, zeigt hellgelbe F\u00e4rbung. C) Kartoffelst\u00e4rke intact; auffallendes iiervortreten der Schichtung. Weizenst\u00e4rke verschwunden. D) Weizen- sowie Bohnenst\u00e4rke ungef\u00e4hr gleich stark corrodirt. E) Iris-St\u00e4rke intact. Weizen-st\u00e4rkc mehr corrodirt. F) Ganna-St\u00e4rkb hin und wieder schwach angegriffen. Weizenst\u00e4rke verschwunden. Da sich zahlreich Sprosspilze eingefunden haben, wird'dieser'Versuch abgebrochen. G) Curcuma-St\u00e4rke intact. Weizenst\u00e4rke heftig corrodirt. II) An den Fahnen-St\u00e4rkek\u00f6rnern sind grosse, weite Gan\u00e4le vorhanden. Weizenst\u00e4rke verschwunden.\nDas diesmalige llesnJtal lautet wieder g\u00fcnstig f\u00fcr die Weizenst\u00e4rke: in vier Versuchen (B, G, F und 11) ist sie vollst\u00e4ndig verbraucht, in den \u00fcbrigen ist sie in starker Auf-","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"299\n.Idling begriffen. Dio Corrosionen dor Bohnensl\u00e4rkek\u00f6rner schreiten jetzt gleich stark mit denen der Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner vorw\u00e4rts. Die Falmen-Sl\u00e4rke ist heftiger angegriffen und auch bei der Gamm-St\u00e4rke zeigen sieh die ersten Stadien der Corrosion. In diesen beiden F\u00e4llen ist Weizenst\u00e4rke nicht mehr vorhanden.\n4. November, 10 Uhr Vormittags : A) Starkek\u00f6rner nicht ; merklich st\u00e4rker angegriffen. Da auch liier die Sprosspilze zahlreich aufgetrotei\u00bb sind, so muss der Versuch 'eingestellt werden. B) fallt aus. G) Kartoffelst\u00e4rke nicht ver\u00e4ndert D) Starke Corrosionen an Bohnen- und Weizenst\u00e4rkek\u00f6rnern ; erstere sind in viele Bruchst\u00fccke zerfallen. E) Iris-St\u00e4rke zum Theil heftig, zum Theil indessen noch gar nicht angegriffen. Weizenst\u00e4rke verschwunden.\u2019 F) fallt aus. G.) Cur-cuma-St\u00e4rke zeigt an vereinzelten K\u00f6rnern schwache Corrosionen. Weizenst\u00e4rke heftig angegriffen. II) Palmen-Sl\u00e4rke stark corrodirl.\nMit Ausnahme der noch vollkommen intact gebliebenen Kartoffelst\u00e4rke zeigen jetzt alle \u00fcbrigen St\u00e4rkesorten L\u00f6sungserscheinungen. Weizenst\u00e4rke ist nur noch bei A (welches ausf\u00e4llt) und E vorhanden, aber in vorgeschrittenen Stadien der Corrosion.\t.\t:\n7. November, 10 Uhr Vormittags: A), B) und G) fallen aus. D) Kartoffelst\u00e4rke noch immer intact. E) Dieselben Zust\u00e4nde wie vorher. Auftreten von Sprosspilzen. Der Versuch wird daher eingestellt. F) Dasselbe Resultat wie bei \u00cb. b) F\u00e4llt aus. II) Dieselben Zust\u00e4nde wie vorher. Auch hier muss der Versuch wegen Ansiedelung zahlreicher Sprosspilze aufgegeben werden.\nDie Kartoffelst\u00e4rke widersteht also siegreich den Einwirkungen der Bact\u00e9rien. Das Auftreten der Sprosspilze in den Culturfliissigkeiten hindert die weitere Fortsetzung der Versuche.\nUeberblicken wir jetzt noch einmal die erhaltenen Resultate, so sehen wir, dass unter gleichen \u00e4usseren Bedingungen. au der Weizensl\u00e4rke \u00fcberall bei Weitem fr\u00fcher die Eirnvif-","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nkungen der Bact\u00e9rien sich zeigen als an den anderen St\u00e4rkesorten, dass sogar in mehreren F\u00e4llen die Weizenst\u00e4rke vollst\u00e4ndig verschwindet, ehe an der anderen St\u00e4rke auch nur Spuren der Aufl\u00f6sung wahrzunehmen sind; wir sehen aber, dass auch diese St\u00e4rkesorten, aber ebenfalls unter einander mit verschiedener Geschwindigkeit, schliesslich gel\u00f6st werden : die Bohnenst\u00e4rke, welche den Anfang macht, \u2014 und welche, nachdem die Erscheinung der L\u00f6sung eingetreten ist, nunmehr gleichen Schritt mit der Weizenst\u00e4rke h\u00e4lt, \u2014 folgen nacheinander die Palmenst\u00e4rke, die Canna-St\u00e4rke, die Curcuma-St\u00e4rke und die Iris-St\u00e4rke. Nur die Kartoffelst\u00e4rke ist, abgesehen von dem viel deutlicheren Auftreten der Schichtung, nicht angegriffen worden. Da wo Weizenst\u00e4rke mit St\u00e4rkekleister oder St\u00e4rkel\u00f6sung gemischt war, sehen wir die Weizenst\u00e4rke den Angriffen der Bact\u00e9rien einen gr\u00f6sseren Widerstand bieten; w\u00e4hrend sie z. B. mit Bohnenst\u00e4rke zusammenge-brachF, bereits L\u00f6sungserscheinungen zeigt, ist sie in der gleichen Zeit unter jenen beiden Bedingungen intact geblieben. Wir sehen die St\u00e4rkel\u00f6sung vollst\u00e4ndig, den St\u00e4rkekleister jedenfalls zum gr\u00f6ssten Theil verbraucht, ,ehe die feste Weizenst\u00e4rke in Angriff genommen wird.\nWodurch ist nun das ungleiche Verhalten der verschiedenen St\u00e4rkesorten in Bezug auf ihre L\u00f6sungsgeschwindigkeit bedingt? Woher kommt es, dass die Weizenst\u00e4rke allemal fr\u00fcher die Erscheinungen der Corrosion zeigt? Als Wegweiser zur Beantwortung dieser Fragen wird uns das Verhalten der l\u00f6slichen St\u00e4rke, des St\u00e4rkekleisters und der Bohnenst\u00e4rke dienen. Betrachten wir die beiden ersteren F\u00e4lle zusammen, so sehen wir die St\u00e4rke in fester Form das eine Mal mit St\u00e4rke in gel\u00f6stem, das andere Mal mit St\u00e4rke in gequollenem Zustande der Einwirkung eines sie umwandelnden agens ausgesetzt. Mag nun dieses agens als von den Bact\u00e9rien ausgeschiedenes Ferment, also als Diastase wirken, oder aber mag sonst irgend eine unbekannte Ursache vorliegen, jedenfalls werden die Molec\u00fcle der St\u00e4rke \u2014 wie auch die jedes anderen K\u00f6rpers \u2014 in dem Zustande, in welchem ihre Coh\u00e4sion zu einander am geringsten ist, am leichtesten","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"301\nund schnellsten dom Einflusse auf sie wirkender Agention unterliegen. Von dieser allgemein feststehenden That sache ausgehend, werden wir demnach schon a priori s\u00e7hliessen d\u00fcrfen, dass unter denselben Bedingungen die gel\u00f6ste Starke schneller als der Sl\u00e4rkokleister und dieser wieder schneller als die feste Starke angegriffen wird; ein Schluss, dessen Richtigkeit durch das Versuchsergebniss ausser Zweifel gesetzt wird; denn wir sahen, wie die gel\u00f6ste Starke bereits am zweiten Tage des Versuches nicht mehr vorhanden war, wahrend der St\u00e4rkekleister erst am f\u00fcnften Tage nicht, mehr, nachgewiesen werden konnte. Von diesem Gesichtspunkte aus wird uns auch das Verhalten der Bohhenst\u00e4rke verst\u00e4ndlich: da dieselbe Kl\u00fcftungen und Risse zeigt, so werden die inneren, weicheren Theil\u00ea des St\u00e4rkekornes frei gelegt, wodurch die L\u00f6sung leichter bewerkstelligt werden kann, als wenn das Korn im vollkommen homogenen Zustande von der peripherischen dichteren Parthio aus angegriffen werden m\u00fcsste. Allgemein ausgedr\u00fcckt d\u00fcrfen wir also sagen: Die Geschwindigkeit, mit welcher eine St\u00e4rkesorte von einem wie ein Ferment wirkenden agens gel\u00f6st wird, steht in umgekehrtem Verh\u00e4ltniss zu ihrer Dichtigkeit; hierbei vorausgesetzt, dass die 'der Einwirkung unterliegenden St\u00e4rkek\u00f6rner ohne Risse und Spalten sind. Denn ohne Zweifel w\u00fcrde die L\u00f6sung der Bohnenst\u00e4rkek\u00f6rner langsamer vor sich gegangen sein, wenn frische, noch nicht ausgetrocknete K\u00f6rner ohne Risse zu den \\ ersuchen verwendet worden w\u00e4ren, dessgleichen w\u00fcrde man vielleicht an Kartoffelst\u00e4rkek\u00f6rnern Corrosionen zu beobachten im Stande gewesen sein, wenn man dieselben vor dem Ver1 suche in Bruchst\u00fccke zersprengt h\u00e4tte. Ich habe leider unterlassen, derartige Versuche selbst anzustellen. ; Der Grund, wesshalb St\u00e4rkek\u00f6rner derselben Sorte, z. B. Weizenst\u00e4rke* k\u00fcrner nicht alle gleiche L\u00f6sungsgeschwindigkeit zeigen, wird nach dem Gesagten auch erkl\u00e4rlich; denn es' werden von denselben immer diejenigen zuerst gel\u00f6st werden, welche bereits bei Anfang des Versuches mit Verletzungen, wenn mich minimaler Natur, behaftet sind.","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\nErinnern' wir uns jetzt \u00ab1er Versuche, in denen trotz Gegenwart zahlreicher Bact\u00e9rien weder Kartoffelst\u00e4rke noch Bohnen- oder Weizenst\u00e4rke selbst nach l\u00e4ngerer Dauer angegriffen wurde. Welche Ursache verhinderte hier die Losum v Die Zahl der Bact\u00e9rien konnte es gewiss nicht gewesen sein, denn dieselbe war bedeutend gr\u00f6sser als in den Versuchen, in denen wir eine Einwirkung der Bact\u00e9rien auf die St\u00e4rke constatirt haben. Aber es standen -den Bact\u00e9rien im ersleren Falle andere1 N\u00e4hrstoffe zur Disposition: in den Kartoffelscheiben, sowie in den Bohensamen konnten die eiweissartigen Substanzen vielleicht leichter verbraucht werden al< die St\u00e4rke, und demzufolge traf Letztere hier dasselbe Schicksal wie in den Versuchen, in welchen Weizenst\u00e4rke mit gel\u00f6ster St\u00e4rke zusammengebracht war. Sie w\u00e4re also (ist angegriffen worden, nachdem alle oder wenigstens der gr\u00f6sste Theil der Proteinstoffe zersetzt gewesen w\u00e4ren. In den von positiven'Besultaten. begleiteten Versuchen aber war absichtlich nur eine einzige Kohlenstoff quelle, und zwar in der St\u00e4rke selbst, gegeben. Um eine genauere Einsicht der hier in Bede stehenden Erscheinungen zu gewinnen, mussten spe-ciellerc Versuche angestellt werden, Versuche, welche die Frage zu beantworten hatten: welches Verhalten zeigt die St\u00e4rke, wenn neben ihr noch andere, \u2014 beliebig zu wechselnde \u2014 zur Ern\u00e4hrung taugliche Kohlenstoffverbindungen den Bact\u00e9rien zur Verf\u00fcgung gestellt werden? Wie Cohn nachgewiesen hat, ist weinsaures Ammoniak sehr geeignet, von den Bact\u00e9rien aufgenommen zu werden, indem sowohl\nder Kohlenstoff der Weins\u00e4ure als auch der Stickstoff\u2019 des Ammoniaks verwendet werden k\u00f6nnen. Da diese Verbindung ausserdem in Wasser leicht l\u00f6slich als auch selbst in minimalen Quantit\u00e4ten noch nachweisbar ist, so benutzte ich dieselbe um das Verhalten der St\u00e4rke bei ihrer Gegenwart zu pr\u00fcfen. Bei einem zur vorl\u00e4ufigen Orientirung angestellten Versuche, in welchem einige feste Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner in ungef\u00e4hr 10 cbem destillirten Wassers, welches ausser den Aschenbostandlheilen etwas weinsaures Ammoniak gel\u00f6st enthielt, gebracht waren, ergab die nach drei Tagen angc-","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"303\nstellte mikroskopische Pr\u00fcfung eine \u00fcberaus zahlreiche Vermehrung der Bact\u00e9rien1), zugleich Hess sie die meisten St\u00e4rke-k\u00fcrner, in den ersten Stadien der Corrosion befindlich, erkennen. Die von den St\u00e4rkek\u00f6rnern abfiltrirte und neutral gewordene L\u00f6sung (das weinsaure Salz reagirt schwach sauer) ergab auf Zusatz von CaCla nicht einmal eine Tr\u00fcbung, auch waren in ihr mikroskopisch Krystalle von Calcium-tartrat nicht nachweisbar, wodurch also auf das Sicherste die Abwesenheit und damit in unserem Falle der Verbrauch der Weins\u00e4ure constat\u00e2t war. Aus diesem Versuche geht wenigstens das hervor, dass die Weins\u00e4ure eine bessere Kohlenstoffnahrung ist als die Weizenst\u00e4rke, da, ausser dass dieselbe zuerst verbraucht war, auch die st\u00e4rkere Vermehrung der Bact\u00e9rien zu ihren Gunsten spricht.\nEs wurden hierauf am 11. November Vormittags folgende Parallel-Versuche angestellt:\t;\nA)\t0,01 gr. N\u00e4hrsalz werden \u2018in 10 ebem. destillirten Wassers gel\u00f6st, hierauf 0,1 gr. Weizenst\u00e4rke und 1 Bacterien-tropfen zugesetzt:\nB)\t0,01 gr. N\u00e4hrsalz werden in 10 ebem. destillirten Wassers gel\u00f6st, hierauf 0,1 gr. weinsaures Ammoniak und die gleiche Menge Weizenst\u00e4rke hinzugef\u00fcgt. Ebenfalls 1 Bac-terientropfen.\nC)\t0,01 gr. N\u00e4hrsalz werden in 10 ebenf. destillirten Wassers gel\u00f6st, dem dann 0,1 gr. eines aus einer Hefecuitur dmch Zusatz \\on Alkohol erhaltenen Eiweissniederschlages, sowie 0,1 gr. Weizenst\u00e4rke zugef\u00fcgt werden. Auch dieses Gemenge erh\u00e4lt 1 Bacterientropfen.\nJede Mischung wird im verkorkten Beagenscy\u2019linder im\nZimmer bei gew\u00f6hnlicher Temperatur aufbewahrt.\nAm 14. November Vormittags konnten bel A) schwache Vermehrung der Bact\u00e9rien, sowie zugleich die ersten Erscheinungen der Corrosion an den St\u00e4rkek\u00f6rnern constat\u00e2t werden. (Auftreten von Can\u00e4len; bei einigen K\u00f6rnern auch schon Schichtung der \u00e4usseren R\u00e4nder). Bei B) waren die Bact\u00e9rien\n) Die Zalildei Bact\u00e9rien war auffallend grosser als in (len fr\u00fcheren Versuchen, in denen nur St\u00e4rke als Kuhlenstoffquelle diente.\nZeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie VI.\t. ni ,","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\nviel zahlreicher erschienen; die Starke war indessen vollst\u00e4ndig intact. Bei C) war die st\u00e4rkste Vermehrung der Bact\u00e9rien, aber ebenfalls keine L\u00f6sungserscheinungen an der St\u00e4rke nachzuweisen.\nAm 10. November, Vormittags; A) Bact\u00e9rien nicht zahlreich; starke Corrosionen der St\u00e4rkek\u00f6rner. B) St\u00e4rke intact. C) Einzelne St\u00e4rkek\u00f6rner zeigen sich in Aufl\u00f6sung begriffen.\nAm 18. November, Vormittags; A) Corrosionen schi-heftig. B) St\u00e4rke noch immer vollkommen intact. C) Eine gr\u00f6ssere. Anzahl von St\u00e4rkek\u00f6rnern ist in Angriff genommen.\nAm 21. November, Nachmittags: A) Von den grossen K\u00f6rnern sind nur noch Skelette vorhanden; die kleinen K\u00f6rner sind noch intact. B) St\u00e4rke noch vollst\u00e4ndig intact. Eine ab\u00fcltrirte Probe der Mischung, welche, da sie noch schwach sauer reagirl, mit Nlh neutralist wird, zeigt auf Zusatz von Ca GL noch eine weisse F\u00e4llung. Es ist also immer noch Weins\u00e4ure vorhanden. C) L\u00f6sung der St\u00e4rkek\u00f6rner vorge-\n\u25a0.\t0\nschritten.\nAm 28. November, Nachmittags: A) Alle grossen St\u00e4rkek\u00f6rner vollst\u00e4ndig verschwunden; auch die kleinen K\u00f6rner sind jetzt etwas angegriffen. Es macht sich in der Fl\u00fcssigkeit ein deutlicher Geruch nach Phenol bemerkbar. B) Einzelne St\u00e4rkek\u00f6rner zeigen L\u00f6sungserscheinungen. Die Fl\u00fcssigkeit reagirt jetzt neutral und zeigt keine Weins\u00e4urereaction mehr. C) Starke Corrosionen der grossen K\u00f6rner.\nDieser Versuch lehrt uns, dass wenn leichter aufnehm-bare Kohlenstoffverbindungen vorhanden sind, (B und C) die St\u00e4rke dann sp\u00e4ter angegriffen wird, als wenn sie allein den Kohlenstoff zu liefern hat. Wie N\u00e4geli1) nachgewiesen lud, ist Eiweiss an sich ein besseres N\u00e4hrmaterial als das Weins\u00e4ure Ammoniak. Unser Versuch best\u00e4tigt dies vollkommen; wir sehen wie bei C die st\u00e4rkste Vermehrung der Bact\u00e9rien stattgefunden hat. Demzufolge musste auch hier die St\u00e4rke\n*) N\u00e4geli: Erniihrungsehemisnnis der niederen Pilze. NaclilP-zur Sitzung der inalh.-phys. Classe der bayrischen Academie der Wissenschaften vom \u2022\u201d>. lull 1871*.","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"fr\u00fcher in Angriff genommen werden als bei B, wo die C\u00fcr-lusionen der St\u00e4rkek\u00f6rner am sp\u00e4testen auftraten, und wieder erst dann, nachdem die Weins\u00e4ure g\u00e4nzlich verbraucht war.\nFolgender Versuch wurde nun speeiell zur Untersuchung des Verhaltens der Weins\u00e4ure in Bezug auf die St\u00e4rke anr gestellt; es wurden in demselben gleiche Mengen von fester St\u00e4rke mit wechselnden Quantit\u00e4ten weinsauren Ammoniaks zusammengebracht. \u2014 Das Wasser enthielt immer 1 \u00b0/\u00abo N\u00e4hrsalz.\nA)\t0,1 gr. weinsaures Ammoniak. 0,025 gr. Weizenst\u00e4rke und 10 cbcm. aq. dest.\nB)\t0,05 gr. weinsaures Ammoniak. 0,025 gr. Weizenst\u00e4rke und 10 cbcm. aq. dest.\nG) 0,025 gr. weinsaures Ammoniak. 0,025 gr. Weizenst\u00e4rke und 10 cbcm. aq. dest.\nJeder Mischung wurde 1 Bact\u00e9rientropfen zugefugt, und Alles in den W\u00e4rmekasten gebracht. Beginn des Versuches am 1. Dezember, Vormittags.\t.\nAm 3. Dezember war die St\u00e4rke noch \u00fcberall intact/: die Bact\u00e9rien hatten sich stark vermehrt. Aiq- 4. Dezember war die St\u00e4rke noch nirgends angegriffen. In jeder' Mischung war noch Weins\u00e4ure nachweisbar. Am 5. Dezember wurden die gleichen Resultate erhalten; bei A und \u00df. zeigte sich die Weins\u00e4ure fast verbraucht, bei B konnte nicht einmal durch Ca CB eine Tr\u00fcbung der Fl\u00fcssigkeit mehr erhalten werden. Nur mikroskopisch waren in der in einem Uhrgl\u00e4schen belind-. liehen Probe vereinzelte Krystalle von Galciumtartrat nachweisbar.\nAm G. Dezember waren nun bei A und B an den St\u00e4rkek\u00f6rnern Spuren einer bereits stattgefundenen L\u00f6sung bemerkbar. Bei G waren die St\u00e4rkek\u00f6rner noch intact, die Weins\u00e4ure aber auch noch wenngleich schwach .nachweisbar. Am 7. Dezember zeigten alle drei Proben L\u00f6sungen' der St\u00e4rkek\u00f6rner, und zwar bei A und B ziemlich stark ; es traten liier schon die bekannten Schichtungen auf,, w\u00e4hrend an der -St\u00e4rke in G tiefe Gan\u00e4le bemerkbar waren.\nDieser Versuch ist sehr instructiv, insofern er uns zeigt, dass, solange auch nur noch eine Spur von Wein-","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\ns\u00e4ure neben der St\u00e4rke vorhanden ist, diese Letztere von den Bact\u00e9rien nicht im Mindesten angegriffen wird; dass aber nach dem Verschwinden jener leichter aufnehmbaren Verbindung an der St\u00e4rke sofort die Erscheinungen der L\u00f6sung sichtbar werden.\nEs liegt hier ein \u00e4hnlicher Fall von Wahlverm\u00f6gen vor, wie er von Pasteur bei der Traubens\u00e4ure nachgewiesen werden konnte: w\u00e4hrend die rechtsdrehende Weins\u00e4ure zuerst von den Pilzen aufgenommen wird, bleibt die linksdrehende noch in der Fl\u00fcssigkeit zur\u00fcck. Jetzt werden uns aber auch die F\u00e4lle klar, in denen trotz der Gegenwart zahlreicher Bact\u00e9rien dennoch keine Gorrosioncn an St\u00e4rkek\u00f6rnern auftraten; ich meine die bereits beschriebenen Versuche mit der Hefe, den Kartoffelscheiben und Bohnensamen. Bei der liefe hatten die Bact\u00e9rien offenbar in den von derselben ausgt-schiedenen Eiweissstoffen eine viel g\u00fcnstigere Kohlenstoff<|uelle als in der St\u00e4rke angetroffen und Letztere daher unber\u00fchrt gelassen; in den beiden anderen F\u00e4llen standen den Bact\u00e9rien ebenfalls Prote\u00efnstoffe zur Disposition, daher das. n\u00e4mliche Resultat. Auf die Ursachen dieses Verhaltens der Bact\u00e9rien werde ich an einer sp\u00e4teren Stelle n\u00e4her eingehen.\nSind nun die Bact\u00e9rien im Stande, auch bei Sauerstolt-abwesenheit ihren Einfluss auf die St\u00e4rkt* geltend zu machen ? Mehrere;Versuche, welche in Bezug auf diese Frage angestellt wurden j ergaben \u00fcbereinstimmend ein negatives Resultat, sie Hessen erkennen, d a s s w e n n die G o g e n w a r t a t m o <-ph\u00e4rischcr Luft ausgeschlossen ist, keine Corrosion c n an den St\u00e4rkek\u00f6rnern auftreten. Die Versuche wurden alle nach derselben Methode ausgef\u00fchrt, ich theile desshalb nur einen Versuch mit, aus welchem Methode und Resultat ersichtlich sind: In 50 gr. destillirten Wassers wurden 0,1 gr. N\u00e4hrsalz gel\u00f6st und die erhaltene L\u00f6sung sodann, um die von ihr absorbirte Luft auszutreiben, l\u00e4ngere Zeit gekocht. Noch w\u00e4hrend die Fl\u00fcssigkeit im Sieden befindlich war, wurde das dieselbe enthaltende Gelass fest Iverkork! und langsam abgek\u00fchlt. Hierauf wurden 0,1 gr.","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"807\n<\nfi slcr Weizenst\u00e4rke, sowie 2 Baetcrientropfen schnell mit der Fl\u00fcssigkeit vermischt, und dieselbe in drei Theile gethcilt; zwei von denselben wurden je einer in eine Absorptions-r\u00f6hre gebracht, die mit Quecksilber angef\u00fcllt, und umgehehrt in ein ebenfalls mit Quecksilber gef\u00fclltes Sperrgef\u00e4ss getaucht wurde. Der dritte Theil der Mischung blieb in einem gr\u00f6sseren, Luft enthaltenden Gef\u00e4sse daneben stehen. Die Temperatur war die des geheizten Zimmers, also 18 \u201420\u00b0 C. schon nach drei Tagen in diesem Versuche (bei anderen etwas sp\u00e4ter) Messen die St\u00e4rkek\u00f6rner des mit Luft in Ber\u00fchrung befindlichen Theiles der Mischung deutlich G\u00f6rrosionen erkennen, w\u00e4hrend zugleich eine Vermehrung der Bact\u00e9rien zu eonstatiren war. Eine kleine, aus einer der Absorptionsr\u00f6hren herausgenommenen Probe zeigten die. St\u00e4rkek\u00f6rner noch vollkommen intact. Auch nach weiteren drei Tagen war an den St\u00e4rkek\u00f6rnern, welche sich in beiden Absorp-lionsr\u00f6hren befanden, noch keine Spur von ; Corrosion zu erkennen, w\u00e4hrend die andere St\u00e4rke* sehr heftig angegriffen war. Auch wenn statt fester St\u00e4rke die l\u00f6sliche St\u00e4rke, verwendet wurde, zeigten sich die Batterien, wenn die atmosph\u00e4rische Luft abgehalten wurde, ohne Einfluss..\nNachdem wir somit die Wirkung der Bact\u00e9rien auf die St\u00e4rke und die Bedingungen unter denen diese Wirkung ausge\u00fcbt werden kann, kennen gelernt haben, w\u00fcrde jetzt die Aufgabe an uns herantreten, die Natur dieses Prozesses zu ermitteln. Wird, so haben wir uns zu fragen, die L\u00f6sung\nder St\u00e4rke von den Bact\u00e9rien dadurch bewerkstelligt, dass dieselben ein ungefornvtes, wie Diastase wirkendes Ferment absondern, oder aber liegen den L\u00f6sungserscheinungen andere Ursachen zu Grunde, und welche? Der Umstand, dass die dem Einfluss der Bact\u00e9rien ausgesetzten St\u00e4rkek\u00f6rner genau dieselben Erscheinungen der Corrosion, sowohl im Anfang als auch im Verlauf zeigen, welche durch Einwirkung der IHastase auf die St\u00e4rkek\u00f6rner sowohl in der lebenden Pflanze als auch auf k\u00fcnstlichem Wege zum Vorschein gebracht , werden, l\u00e4sst vermuthen, dass auch in diesem Falle die L\u00f6sung durch eine wie Diastase wirkende Substanz venir-","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"\nsacht wird. Gest\u00fctzt wird diese Vermuthung noch dadurch, dass wir sehen, wie auch von den Bact\u00e9rien die verschiedenen St\u00e4rkesorten mit ungleicher Geschwindigkeit gel\u00f6st werden : die Kartoffelst\u00e4rke zeigt sich sowohl der Diastase als auch den Bact\u00e9rien am widerstandsf\u00e4higsten, die feste Weizenst\u00e4rke wird leichter gel\u00f6st, St\u00e4rkekleister und l\u00f6sliche St\u00e4rke verschwinden am schnellsten.\nZum Nachweis des thats\u00e4chliehen Vorhandenseins eines von den Bact\u00e9rien abgeschiedenen diastasischcn \u2018Fermentes kann man an zwei Woge denken. Da unter dem Einfl\u00fcsse der Diastase die St\u00e4rke in Kupferl\u00f6sung reducirenden Zucker \u00fcbergef\u00fchrt wird, so w\u00fcrde, wenn es uns gel\u00e4nge, durch Behandeln der Versuchsfl\u00fcssigkeit mit Fehling\u2019scher L\u00f6sung die Bildung von Kupferoxydul hervorzurufen, unsere Vermuthung mit grosser Wahrscheinlichkeit als best\u00e4tigt sich erweisen. In der That gelingt es leicht, mittelst Fehling-, scher L\u00f6sung in den Gullurfl\u00fcsssigkeiten die Zuckerreaktion hervorz\u00fcrufen. Es gelingt leicht, aber nicht immer, wie wir gleich sehen werden. Um den Zucker nachzuweisen, verfuhr ich zun\u00e4chst folgendermassen : Die bacteri\u00f6se Fl\u00fcssigkeit wurde, nachdem die in ihr enthaltenen St\u00e4rkek\u00f6rner heftig angegriffen und fast vollst\u00e4ndig verschwunden waren, durch Filtration von den Starke\u00fcberresten getrennt und das Filtrat dann sofort nach Zusatz1 einiger Tropfen Kupferl\u00f6sung gekocht. Es setzte sich ein Coagulum von ei weissartigen Stoffen zu Boden, aber es entstand keine rothe F\u00e4llung; die Fl\u00fcssigkeit behielt vollkommen ihre durch das Kupfer erhaltene blaue F\u00e4rbung bei. Auch bei mikroskopischer Untersuchung des Bodensatzes waren etwa vorhandene K\u00f6rnchen von Kupferoxydul nicht wahrzunehmen. Dieses negative Resultat schliesst indessen nicht aus, dass nicht dennoch Zucker gebildet worden sei, nur konnte derselbe in zu geringer Menge vorhanden sein, um nachweisbar zu sein. Es wurden dess-halb die Fl\u00fcssigkeitsmengen mehrerer derartiger Gulturen (0, 8, 10 und sp\u00e4ter 12) zusammengegossen und auf dem Wasserbade langsam aber stark eingeengt. Aber auch nach dieser Manipulation war der Nachweis von Zucker unm\u00f6glich.","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"300\nStellen wir uns jetzt einmal vor, unter welchen Bedingungen \u00fcberhaupt Zucker in den Versuchsfl\u00f6ssigkeiten vorhanden-\nsein wird: wir werden nur dahn Zucker antrefifen k\u00f6nnen,\n\u00bb\nwenn von einem durch die Bact\u00e9rien ausgeschiedenen Ferment mehr Zucker aus St\u00e4rke gebildet wird,, als in* der gleichen Zeit von den Bact\u00e9rien verbraucht wird. Da wir nun gesehen haben, wie bei Anwendung von fester St\u00e4rke der Prozess der Aufl\u00f6sung sehr langsam verl\u00e4uft, so k\u00f6nnen in diesem Falle Bildung und Verbrauch von Zucker gleich schnell erfolgen, und wir sind in Folge dessen nicht im Stande Zucker nachzuweisen. Wir m\u00fcssen daher die l\u00f6sliche St\u00e4rke zur H\u00fclfe nehmen; denn wir sahen wie von allen St\u00e4rkearten sie am schnellsten dem Verbrauche unterliegt. Mehrere Culturen mit l\u00f6slicher St\u00e4rke wurden daher so lange stehen gelassen, bis auf Zusatz von Jodl\u00f6sung entweder gar keine oder nur schwach rothe F\u00e4rbung eintrat. Dann wurden die Fl\u00fcssigkeiten zusammengegossen, einige Male filtrirt und die etwa noch vorhandenen St\u00e4rkemengen, \u2022 sowie die in der Fl\u00fcssigkeit gel\u00f6sten, von den Bact\u00e9rien abgeschiedenen ei weissartigen Substanzen durch grosse Mengen absoluten Alkohols niedergeschlagen. Der Niederschlag wurde \u2022 sodann durch Filtration gesammelt, das Filtrat auf dem Wasserbade stark eingeengt und mit Fehling\u2019scher L\u00f6sung versetzt. Beim Kochen entstand jetzt jedesmal eine starke F\u00e4llung von Kupferoxydul.\nAllein ein ganz sicherer, \u00fcberzeugender Nachweis f\u00fcr die Existenz eines ungeformten Fermentes ist hierdurch doch noch nicht geliefert, da ja die St\u00e4rke immer noch auf andere Weise als durch Diastase in Zucker umgewandelt sein k\u00f6nnte *). Evident aber w\u00fcrde der Beweis gef\u00fchrt sein, wenn der in Wasser gel\u00f6ste Alkoliolniederschlag der Versuchsfl\u00fcssigkeit dieselbe Wirkung auf St\u00e4rkek\u00f6rner aus\u00fcben w\u00fcrde wie die , Diastase.\n1 ! Ich erinnere nur au die bekannte Thatsaclie, dass mau durch Kochen mit verd\u00fcnnten S\u00e4uren ebenfalls St\u00e4rke in Zucker umsetzen kann. Wenn auch nicht durch S\u00e4uren, so k\u00f6nnten doch durch andere Mittel als gerade durch Ferment die St\u00e4rke von den Bact\u00e9rien, umige-wandelt werden.","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\nEhe ich zur Ausf\u00fchrung diesbez\u00fcglicher Versuche schritt, war ich mir indessen wohl bewusst, dass ich auf dem Wege der Alkoholbehandlung nicht sofort und immer g\u00fcnstige Resultate w\u00fcrde erzielen k\u00f6nnen, da nach den Erfahrungen, dass die durch Bact\u00e9rien hervorgerufene L\u00f6sung der St\u00e4rkek\u00f6rner verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig doch nur langsam vor sich geht, vorauszusehen war, dass, falls sie \u00fcberhaupt vorhanden waren, nur ganz minimale Quantit\u00e4ten diastatischer Substanz in der Fl\u00fcssigkeit auftreten mussten, deren Wirkung nur auf Umwegen wahrgenommen werden konnte. Die Versuche best\u00e4tigten diese Voraussetzung vollkommen ; ich theile dieselben dennoch in der Reihenfolge, wie ich sie anstellte mit, weil hieraus zugleich die Umst\u00e4nde ersichtlich sind, unter welchen das Ferment nicht nachweisbar und unter welchen dasselbe nachweisbar ist.\n- Zun\u00e4chst operirte ich mit fester Weizenst\u00e4rke.\nEine bestimmte Menge derselben wurde in eine N\u00e4hrl\u00f6sung von bekannter Concentration gebracht und ein Bac-terientropfen hinzugef\u00fcgt. Die Mischung blieb dann jedesmal so lange stehen, bis die Sl\u00e4rkek\u00f6rner in sehr vorgeschrittenen Stadien der Corrosion sich befanden. Durch Filtration wurden jetzt die St\u00e4rkek\u00f6rner und der gr\u00f6sste Theil der Bact\u00e9rien von der Fl\u00fcssigkeit abgesondert, und letztere darauf mit grossen Mengen absoluten Alkohols versetzt. Hierdurch wurde eine starke weisse Tr\u00fcbung hervorgerufen, welche sich nach einiger Zeit als amorpher, flockiger Niederschlag allm\u00e4hlich zu Boden setzte. Jetzt wurde abermals filtrirt; der Niederschlag, welcher den R\u00fcckstand bildete, in destil-lirtem Wasser gel\u00f6st1), zum zweiten Male mit Alkohol gef\u00e4llt, nochmals filtrirt und der R\u00fcckstand wieder mit geringen Mengen destillirten Wassers aufgenonnnen. Dieser nun in L\u00f6sung befindliche Niederschlag bestand nat\u00fcrlich zum gr\u00f6ssten Theil aus ei weissartigen Substanzen; ich habe es jedoch stets\n') Bei der ersten Behandlung mit Alkohol werden auch die dur\u00abli das Filter hindurchgegangenen Bact\u00e9rien mit niedergeschlagen; hei der Behandlung dieses Niederschlages mit Wasser bleihen sie jedoch zur\u00fcck, und werden auf diese Weise eliminirt.","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"m\nvermieden, dieselben von dem eventuell vorhandenen Fer-inent zu trennen, aus dem besagten Grunde, \\veil diese Fermentmengen nur ganz gering ausfallen konnten, und ich vor allen Dingen darauf Bedacht zu nehmen hatte, dass mir auch nicht eine Spur hiervon verloren gieng. Es tritt liier ferner noch der \u00fcble Umstand ein, dass die Wirkung eines Fermentes durch die Behandlung mit Alkohol immer geschw\u00e4cht wird. Die erw\u00e4hnte L\u00f6sung des Alkoh\u00f6lnieder-sclilages wurde nun mit kleinen Quantit\u00e4ten fester Weizen-st\u00e4rke versetzt, und in einem verkorkten Reagenscylioder in den W\u00e4rmekasten gebracht. In den meisten F\u00e4llen konnte ich auf diese Weise nach ein paar Tagen zwar an den St\u00e4rkek\u00f6rnern Corrosionserscheinungon bemerken, allein hierbei zeigte sich auch jedesmal, dass in der Versuchsfl\u00fcssigkeit Bact\u00e9rien aufgetreten waren, so dass dieselben ebenso gut die Ursache der L\u00f6sung gewesen sein konnten, als ein etwa gleichzeitig vorhandenes Ferment. Durch diese Art der Yer-oichsanstellung war also der sichere Nachweis eines Fermentes nicht m\u00f6glich. Da, wie wir gesehen haben, gleiche Mengen l\u00f6slicher St\u00e4rke von den Bact\u00e9rien in k\u00fcrzerer Zeit umge-.wandelt werden als feste St\u00e4rke, so musste bei Anwendung von St\u00e4rkel\u00f6sung ein eventuell ausgeschiedenes Ferment dementsprechend auch durch Behandlung auf die angegebene Weise seine Wirkung auf die St\u00e4rkek\u00f6rner fr\u00fcher erkennen lassen. Ich stellte mir daher Alkoholniederschl\u00e4ge aus Cul-turen mit l\u00f6slicher St\u00e4rke dar, l\u00f6ste diese Niederschl\u00e4ge ebenfalls in Wasser und f\u00fcgte einige St\u00e4rkek\u00f6rner zu. Bei dieser Methode zeigten sich die St\u00e4rkek\u00f6rner immer fr\u00fcher mul verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig st\u00e4rker corrodirt, meistens waren schon nach 36 Stunden (die Gulturgetasse befanden sich im W\u00e4rme-kalten) Corrosionserscheinungen an den St\u00e4rkek\u00f6rnern wahr-zunohmen. Allein auch hier trat der Uebelstand ein, dass in den L\u00f6sungen stets Bact\u00e9rien erschienen. Wenn nun auch die Anzahl dieser Bact\u00e9rien zur Zeit als die Corrosionen sichtbar wurden, nur \u00e4usserst gering war, und wenn Wir auch nach den gemachten Erfahrungen anzunehmen haben, \u00ablass diese Bact\u00e9rien ihren Kohlenstoffbedarf zun\u00e4chst von","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"\u00bblen in der Fl\u00fcssigcit mit vorhandenen eiweissartigen Stoffen bezogen haben, und daher noch nicht nach so kurzer Zeit auf die St\u00e4rke gewirkt haben k\u00f6nnen, so d\u00fcrfen doch, obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass den L\u00f6sungserscheinungen der St\u00e4rkek\u00f6rner die Wirkung eines ungeformten Fermentes zu (\u00bbrunde lag, eine sehr grosse geworden ist, immerhin auch diese Versuche noch nicht exact genannt werden. Wir m\u00fcssen, um \u00fcberzeugende Resultate zu erhalten, die Versuche so ein-richton, dass das nachherige Auftreten von Bact\u00e9rien, resp. ihre Wirkung vollkommen verhindert wird.\nDa wir nun constatirt haben, dass bei Ausschluss der atmosph\u00e4rischen Luft die Bact\u00e9rien nicht im Stande sind, auf St\u00e4rke einzuwirken, so k\u00f6nnen wir jetzt, um zum Ziele zu gelangen, diese Eigenschaft der Bact\u00e9rien benutzen. Wenn wir die zu pr\u00fcfende L\u00f6sung mit St\u00e4rkek\u00f6rnern vermischt \u00fcber Quecksilber verweilen lassen, so ist, wenn auch immerhin dennoch einige Bact\u00e9rien hineingerathen sein sollten, ihre Wirkung auf die St\u00e4rke vernichtet, und wir werden vollkommen berechtigt sein, die jetzt auftretenden Gorrosions-erscheinungen der St\u00e4rkek\u00f6rner als durch Ferment hervorgebracht, zu betrachten.\t|\nVersuch: Die Fl\u00fcssigkeitsmengen von sechs Culturel)\nmit l\u00f6slicher St\u00e4rke werden zusammengegossen, einige Male tiltrirt und dann mit absolutem Alkohol behandelt. Der entstandene Niederschlag wird auf einem Filter gesammelt, zur Verdunstung des Alkohols eine kurze Zeit an der Luft liegen gelassen und in einer kleinen Menge frisch ausgekochten Wassers gel\u00f6st. Dieser L\u00f6sung werden einige Weizenst\u00e4rkek\u00f6rner zugef\u00fcgt und dieselbe in einer Absorptionsr\u00f6hre durch Quecksilber von der Atmosph\u00e4re abgeschlossen. Als Resultat stellte sich heraus, dass nach \u00f6-t\u00e4giger Versuchsdauer die St\u00e4rkek\u00f6rner noch vollkommen intact waren. Mehrere andere, in der gleichen Weise unbestellte Versuche, von denen einer 1 */2 Wochen andauerte, ergaben das n\u00e4mliche: keine Einwirkung auf feste St\u00e4rke. Aber auch jetzt, nach diesen abweisendenden Resultaten, wollen wir uns erinnern, dass die feste Weizenst\u00e4rke zwar in Bezug auf","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"andere'St\u00e4rkesorten relativ schnell angegriffen wird, allein der Zeitpunkt, an welchem an ihr die Corrosioncji hr Erscheinung treten, bei den Gulturen mit Bact\u00e9rien immerhin, eist nach einigen Tagen eintritt.\t\u2018\nUnd wenn nach den gemachten Erfahrungen der: zu pr\u00fcfende Niederschlag keine L\u00f6sung an der festen St\u00e4rke liervorzurufen vermag, so kann das seinen Grund ausser in der bereits erw\u00e4hnten durch Alkoholbehandlung geschw\u00e4chten Wirkung des Fermentes, noch darin haben, dass die St\u00e4rkek\u00f6rner der Einwirkung des Fermentes, welches, wie wir gesehen haben, auch nur in \u00e4usserst minimalen Quantit\u00e4ten in Anwendung kommen konnte, auf zu lange Zeit einen zu. grossen Widerstand bieten. Wir m\u00fcssen daher auch liier w ieder zur l\u00f6slichen St\u00e4rke zur\u00fcckgreifen und versuchen, ob wir bei ihrer Anwendung im Stande sind, uns die gesuchten. Erscheinungen vor Augen zu f\u00fchren. Selbstverst\u00e4ndlich haben wir in diesem Falle die Wirkung des Fermentes aus\nder Umwandlung der St\u00e4rke in Zucker zu ersclifiessen.\nVersuch: Die Fl\u00fcssigkeitsmengen von \u00abochs Gulturen mit l\u00f6slicher St\u00e4rke, in denen Jodl\u00f6sung nur noch schwach rothe F\u00e4rbung hervorruft, werden zusammengegossen., einige Male filtrirt, mit Alkohol behandelt und der Niederschlage in\nwelchem nur noch der Rest der angewendeten l\u00f6slichen\nSt\u00e4rke enthalten war, nach Verfl\u00fcchtigung des ihm noch beigemischten Alkohols mit etwas frisch ausgekochtem, destil-lirten Wasser aufgenommen. Das etwa vorhandene Ferment trat hierdurch in L\u00f6sung, nicht aber der Rest der l\u00f6slichen St\u00e4rke1), welcher in fein verthciltem Zustand in der L\u00f6sung suspendirt blieb. Eine Probe dieses Gemisches. wird auf Zuckergehalt untersucht: es tritt keine Reaction ein. Das Versuchsgemisch war also frei von Zucker, wenigstens von nachweisbaren Mengen; dasselbe wurde nun in eine Absorp-lionsr\u00f6hre gebracht und durch Quecksilber von der ntriios-ph\u00e4rischen Luft abgesperrt. Nach Verlauf von drei Tagen wurde der Versuch sistirt, das Gemisch filtrirt, und das\n') Die l\u00f6sliche St\u00e4rke geht erst heim Erw\u00e4rmen des Wassers auf etwa f\u00bb0* C. in L\u00f6sung.","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"Filtrat mit einigen Tropfen Fehlingscher L\u00f6sung behandelt : Es trat eine starke Kupfcrreduction in die Er-scheinu n g.\nSofort wurde ein neuer Versuch derselben Art in Scene gesetzt und bereits, nachdem die Mischung nur 21 Stunden in der Absorptionsr\u00f6hre verweilt hatte, eine Probe heraus-genommen und auf ihren Zuckergehalt untersucht : An den W\u00e4nden der Probirr\u00f6hre trat ein roth-brauner Anflug auf, und mikroskopisch Hessen sicli in dem sich absetzenden Bodens\u00e4tze kleine roth-braune K\u00f6rnchen von Kupferoxydul erkennen. Nach Verlauf weiterer 24 Stunden wurde ein\u00ab? zweite Probe untersucht: hier stellte sich schon ein deutlicher rother Niederschlag ein; ein Zeichen, dass die St\u00e4rkrumbildung im Fortschreiten begriffen war. 48 Stunden hiernach wurde der Rest untersucht, bei welchem eine starke F\u00e4llung von Kupfer erhalten wurde.\nBei einem ferneren Versuche wurde die Modification getroffen, dass nicht eher ein Alkoholniederschlag in du-Versuchsfl\u00fcssigkeit hervorgerufen wurde, als bis dieselbe auf Zusatz von Jodl\u00f6sung anzeigte, dass s\u00e4mmtliche St\u00e4rke verbraucht war. Diesem Niederschlag, der also von vornherein keine St\u00e4rke enthielt, wurde erst nach seiner L\u00f6sung in Wasser, frische l\u00f6sliche St\u00e4rke beigemengt. Nach 3-t\u00e4gigom Verweilen \u00fcber Quecksilber waren in der Mischung auch in diesem Falle relativ erhebliche Mengen von Zucker gebildet worden.\nDiese Versuche haben also den sicheren Nachweis geliefert, dass die Bact\u00e9rien auf St\u00e4rke in der Weise einwirken, dass sie ein Ferment ausscheiden, welches an und f\u00fcr sich auch im Stande ist, bei Sauerstoffabwesenheit zu wirken und sich genau so wie die Diastase verh\u00e4lt, indem es die St\u00e4rkesubstanz in Zucker umwandelt. Wird nun, dies ist eine n\u00e4chst liegende Frage, dieses Ferment von den Bact\u00e9rien zu jeder Zeit gebildet? Ist es immer da vorhanden, wo Bact\u00e9rien in normaler Weise zu existiren verm\u00f6gen? In den F\u00e4llen, in welchen den Bact\u00e9rien ausser den St\u00e4rkek\u00f6rnern auch noch Ei weissstoffe zur Verf\u00fcgung standen, sahen wir","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"316\nwie die Sl\u00e4rkek\u00f6rner nicht angegriffen wurden. Da wir nun wissen, dass die Diastase auf Ei weissk\u00f6rper ohne Einfluss ist, so scheint der Schluss berechtigt, dass die Bact\u00e9rien ihr st\u00e4rkeumbildendes Ferment nur dann erzeugen und aus-scheiden, wenn sie eben nur auf Starke angewiesen sind. Allein gegen diese Annahme k\u00f6nnte mit Hecht der Ein*, wand geltend gemacht werden, dass dieses auf St\u00e4rke einwirkende Ferment der Bact\u00e9rien, da seine Identit\u00e4t mit der Diastase noch nicht festgestellt ist, zugleich mit der F\u00e4higkeit ausger\u00fcstet sein k\u00f6nne auf Eiweissstolle zu wirken, und daher vielleicht zuerst peptonisirend und darauf diastatisch wirken, w\u00fcrde. Dieser Einwand w\u00fcrde noch gesch\u00fctzt werden durch die Erfahrung, dass es in der That ein Ferment giebt, n\u00e4mlich das Emulsin, welches bef\u00e4higt ist, verschiedene K\u00f6rper . zu zerlegen1). Wir m\u00fcssen uns daher die Ueberxeugung verschaffen, dass in dem Falle, in welchem die Bact\u00e9rien Eiweiss-stolfe vorfinden, kein Ferment von ihnen gebildet wird, welches St\u00e4rke in Zucker umwandeln kann, ferner dass dann, wenn die Bact\u00e9rien auf St\u00e4rke corrodirend wirken, keine mit peptonisirender Eigenschaft begabte Substanz in der Versuchsfl\u00fcssigkeit vorhanden ist. Der Nachweis hierf\u00fcr l\u00e4sst sich durch folgende Versuche liefern: Wenn man in den bereits beschriebenen, mit Kartoffelscheiben als Substraj,\nerhaltenen Bacterienculturen durch Alkohol einen Nieder-\n... \u2022 -1\nschlag erzeugt und denselben darauf mit destiHirtem W\u00e4sser autuiinmt, so bleibt diese L\u00f6sung, wenn man durch \u00c4bsperren '\u2022her Quecksilber daf\u00fcr Sorge tr\u00e4gt, dass keine Bact\u00e9rien sich ' instcllen, absolut ohne Einwirkung, sowohl auf St\u00e4rkek\u00f6rner als auch auf St\u00e4rkekleister oder gel\u00f6ste St\u00e4rke. Wenn man im anderen Falle sich Niederschl\u00e4ge aus Bacterienculturen hi l\u00f6slicher St\u00e4rke verschafft, so sind die L\u00f6sungen dieser Niederschl\u00e4ge (wenn sie ebenfalls durch Quecksilber von der Atmosph\u00e4re abgesperrt werden) wiederum nicht im Stande,\n') Allerdings sind diese K\u00f6rper chemisch nicht so different, wie '\u2019s fchveiss und St\u00e4rke sind, da sie alle in die Kategorie der Beiuol* Iflucoside geh\u00f6ren und auch ihre durch Emulsin bewirkten Spaltungen ,lits Gemeinsame haben, dass Zucker ((.\u00ab Hj* O\u00ab) gebildet wird.","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"m\nauch in ganz geringer Menge hinzugesetztes, frisches Fibrin zu l\u00f6sen, w\u00e4hrend dieselben L\u00f6sungen nachher auf Zusatz von etwas l\u00f6slicher St\u00e4rke nach einiger Zeit Zucker enthalten. Wir sehen also, dass in der That den Bact\u00e9rien die h\u00f6chst merkw\u00fcrdige Eigenschaft zu* * kommt, nur dann ein si \u00e4rk'e uni bilden des. Ferment zu erzeugen, wenn ihnen ausser der St\u00e4rke keine andere benutzbare Kohlenstoffquelle zu Gebote steht.\nHiermit im Einkl\u00e4nge steht auch die von uns consta-tirte Thatsache, dass bei Gegenwart von Weins\u00e4ure in st\u00e4rkehaltiger Versuchsfl\u00fcssigkeit, von den Bact\u00e9rien ebenfalls kein diastalisches Ferment abgegeben wird. Wir sehen ferner, dass diesem st\u00e4rkeumbildenden F ermorde nicht die F\u00e4higkeit zukommt, Eiweiss in Pepton zu verwandeln, dass es also auch in dieser Beziehung sich genau wie die Diastase verh\u00e4lt1).\nBekanntlich wirkt das Pepsin des Magensaftes nur in einem sauren Medium ; die aus Pflanzen gewonnenen L\u00f6sungen, welche diastatische Wirkung zeigen, besitzen ebenfalls immer eine bald mehr oder weniger saure Reaction, so dass auch f\u00fcr die Diastase, wie Baranetzky annimmt, die Mitwirkung einer S\u00e4ure eine ganz noth wendige Bedingung zu sein scheint*).\nDa nun die Bact\u00e9rien auch in neutralen L\u00f6sungen gedeihen, so legte ich mir die Frage vor, ob in diesem Falle die Bact\u00e9rien \u00fcberhaupt im Stande seien diastatisches Ferment\n\u2018) Wenn von Gorup-Besanez in einigen Samen diastatische und peptonisi rende Fermente zugleich vorfand, so waren hier eben zwei verschiedene Fermente vorhanden, und nichtein einziges Ferment, welches mit jenen zwei Eigenschaften zugleich ausger\u00fcstet ist. Die Richtigkeit unserer Ansicht, nach welcher ein diastatisches Ferment nicht peptoiii-sirend und umgekehrt ein peptonisirendes Ferment nicht diastatisch wirkt, ergieht sich mit Evidenz aus den eben mitgetheilten Versuchen.\n\u2022 Nach unserer Anschauung k\u00f6nnen aber auch jene Fermente niemals in einander umgowandell werden, wie es Baranetzky f\u00fcr wahrscheinlich h\u00e4lt.\n\u2022) Loc. cit., S 39.","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"317\nauszuscheiden und ob, bei etwa erfolgender Fermentbildung nicht, wenn auch minimale S\u00e4uremengen zugleich mit aus-geschieden w\u00fcrden. Ich richtete zu dem Zwecke mehrere\nCulturen an, in welchen den Bact\u00e9rien nur gel\u00f6ste St\u00e4rke ;ils Kohlenstoffquolle geboten wurde. Die L\u00f6sungen reagirten, da unter den in ihnen enthaltenen Aschenbestan\u00dctheil\u00e9n auch saures phosphorsaures Ammoniak sich befand, schwach sauer. Es wurde nun vor Beginn des Versuchs, also vor Hinzu-fugling des Bacterientropfens, so lange Ammoniakl\u00f6sung hineingetropft, bis sehr empfindliche Lackmustinctur vollkommen und genau neutrale Reaction anzeigte. Der Verlaut des Versuches wurde durch Behandlung mehrerer, der Fl\u00fcssigkeit nach einander entnommenen Proben mit Jodl\u00f6sung controlirt, wobei sich herausstellte, dass nach einigen Tagen die St\u00e4rke verschwunden war, die Bact\u00e9rien sich reichlich vermehrt hatten, aber die Fl\u00fcssigkeit noch genau neutral migirte. Auch Versuche, in denen statt der gel\u00f6sten St\u00e4rke, feste Weizenst\u00e4rke verwendet wurde, waren:stets von demselben Resultat begleitet: Die Vcrsuchsfl\u00fcssigk\u00e9it war vor wie nach neutral. Hieraus ist also ersichtlich, dass die Bac-lerien auch in vollkommen neutraler L\u00f6sung das diastatische Ferment abscheiden.\t-\t;\nBei allen diesen Versuchen ging \u00fcbrigens der Prozess der St\u00e4rkeumbildung entschieden langsamer vor sjfch als bei den tr\u00fchcren, mit schwach sauren L\u00f6sungen angestellten : erst nach 7 Tagen war, bei Anwendung von l\u00f6slicher Starke, im g\u00fcnstigsten Falle, die Umbildung derselben vollendet Es scheint dcsshalb auch mir sehr wahrscheinlich, dass das einmal ausgeschiedene Ferment bei Gegenwart einer gen\u00fcgenden S\u00e4uremenge energischer wirkt; diese S\u00e4uremengen k\u00f6nnen jedoch minimal sein, wie das auch der Fall war in allen anderen von mir verwendeten Versuchsfl\u00fcssigkeiten. Wie Betmer1) vor einiger Zeit nachgewiesen hat, sind Zus\u00e4tze\n') Betmer: Ueber Fermente der Pflanzen und fiber die Wirkung \u00ae\"Tr Gifte auf Fflanzenzellen. (Separat-Abdruck aus de\u00ab Sitzungs-l>ericliten der Jena\u2019iscben Gesellschaft f\u00fcr Medizin\u2019 und Naturwissen-\u00abchaft, Jahrgang 18S1).","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nvon kleinen Quantit\u00e4ten Citronensiiure zu einer L\u00f6sung von Diastase im Stande den Verlauf der St\u00e4rkeumbildung beschleunigend zu beeinflussen, lind zwar w\u00e4chst der Einfluss bis zu einer bestimmten Concentration des S\u00e4urezusatzes, \u00fcber welche hinaus die Wirkung der S\u00e4ure wieder geschw\u00e4cht wird. Meine Versuche stehen insofern im Einklang mit diesen Beobachtungen, als auch sie zeigen, dass die Gegenwart geringer S\u00e4uremengen auf den fermentativen Prozess beschleunigend wirkt ; allein meine Versuche zeigen noch weiter, dass das diastatische Ferment im Stande ist, auch ohne Beih\u00fclfe von S\u00e4ure die Umwandlung der St\u00e4rke zu bewerkstelligen, und dass die Bact\u00e9rien keine S\u00e4ure an die neutrale Fl\u00fcssigkeit abgeben.\nDa der experimentelle Theil unserer Aufgabe hiermit erledigt ist, so will ich der Uebersicht wegen die erhaltenen Resultate nach der Reihenfolge, in der sie initgetheilt wurden, noch einmal kurz anf\u00fchren, um sodann an der Hand derselben auf einige allgemeine Er\u00f6rterungen \u00fcber die gemachten Beobachtungen einzugehen.\nErgebnisse:\n1)\tDie Bact\u00e9rien sind im Stande, sowohl au St\u00e4rkek\u00f6rnern als auch an St\u00e4rkekleister und gel\u00f6ster St\u00e4rke dieselben Ver\u00e4nderungen zu bewirken, wie sie von der Diastase hervorgerufen werden.\n2)\tVerschiedene St\u00e4rkesorten werden von den Bact\u00e9rien (wie von der Diastase) mit verschiedener Geschwindigkeit gel\u00f6st.\n3)\tDie Bact\u00e9rien \u00fcben ihren Einfluss auf die St\u00e4rke jedoch nur dann aus, wenn ihnen ausser derselben keine andere benutzbare KohlenstoflVerbindung zu Gebote stellt, und zugleich der Zutritt der atmosph\u00e4rischen Luft nicht verhindert ist.\n4)\tDie Wirkung tier Bact\u00e9rien auf die St\u00e4rke wird hervorgerufen durch ein von denselben zu diesem Zwecke ausgeschiedenes Ferment, welches wie die Diastase durch Alkohol f\u00e4llbar und in Wasser l\u00f6slich ist.","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"319\n5) Dieses ausgeschiedene Ferment wirkt nur di\u00e4statisch, d. h. es wandelt die Starke in eine Kupferoxyd redu-cirende Zuckerart um; es wirkt nicht peptonisirend.\nG) Das Ferment an sich ist im Stande auch bei Sauerstoff? abwesenheit seinen Einfluss auf die Starke geltend zu machen.\n7) Das Ferment wird auch in neutralen, st\u00e4rkehaltigen L\u00f6sungen von den Bact\u00e9rien abgeschieden und \u00e4ussert auch unter diesen Bedingen seine Wirkung.\nS) In schwach sauren L\u00f6sungen wird die Wirkung des Fermentes beschleunigt. .\nWie schon im Verlauf der Untersuchungen . vielfach angedeutet'wurde, macht sich bei dem von den Bact\u00e9rien producirten st\u00e4rkeumbildenden Fermente, sowohl in der Art und Weise als auch in den Bedingungen der Wirkung eine auffallende Uebereinstimmung mit der Diastase bemerkbar. Wir sahen wie durch seinen Einfluss genau dieselben Erscheinungen der Corrosion an den St\u00e4rkek\u00f6rneni auftraten, wie sie durch die Diastase hervorgerufen werden, wir sahen ferner, dass auch das Bacterienferment verschiedene St\u00e4rkesorten mit verschiedener Geschwindigkeit l\u00f6st und dass dieser L\u00f6sungsprozess ebenfalls eine Saccharification der St\u00e4rke jjst, dessen Verlauf durch Gegenwart geringer S\u00e4uremengen in der gleichen Weise beschleunigt wird, wie es bei der. Diastase-Wirkung der Fall ist; wir sahen endlich, dass unserem Fermente nur diastatische, aber keine peptonisirende Wirkung z\u00fc-koimnt, so dass es sich auch in dieser Hinsicht genau so verh\u00e4lt wie das Malzferment. Es kann daher nach dem Gesagten kein Zweifel mehr herrschen, dass wir es mit einem specifisch diastatischen Fermente zu thun haben. Unsere Beobachtungen, dass dieses diastatische Ferment durchaus nicht immer, sondern nur in ganz bestimmten F\u00e4llen von den Bact\u00e9rien producirt wird, k\u00f6nnen nun dazu dienen, uns einigermassen Aufschluss \u00fcber einige bis\u2019jetzt noch nicht klar\nZeitschrift f\u00fcr iibyeiuluttiHche Chemie VI.\t22","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"gelegte Vorg\u00e4nge des pflanzlichen Stoffwechsels zu gehen. Betrachten wir zun\u00e4chst einmal die Bact\u00e9rien in ihrem Verhalten in verschiedenen Culturmedien. Der denkbar g\u00fcnstigste N\u00e4hrboden f\u00fcr diese Organismen ist offenbar das Ei weis*; in allen eiwei\u00dfhaltigen L\u00f6sungen beobachten wir stets ausserordentlich \u00fcppige Bactcrienvegetation und dementsprechend schnell vor sich gehende Zersetzung, welche in erster Linie angeregt wird durch das in diesem Falle von den Bact\u00e9rien reichlich ausgeschiedene peptonisirende Ferment.\nSo lange die Bacterienzellc sich also unter diesen Verh\u00e4ltnissen befindet, m\u00fcssen in dem Protoplasma derselben ganz bestimmte molcculare Umlagerungen stattfinden, die unter Anderem auch stets dahin f\u00fchren, dass immer eine bestimmte stickstoffhaltige Verbindung, n\u00e4mlich das peptonisirende Ferment gebildet wird, welches, da es in Wasser leicht l\u00f6slich ist und durch die Membran der Bacterienzellc diffundiren kann nun ausserhalb des Organismus zu Gunsten desselben th\u00e4tig ist. Je schneller dieses Ferment wirkt, desto reichlicher stehen den Bact\u00e9rien aufnehmbare Substanzen zu Gebote, desto besser k\u00f6nnen sie sich ern\u00e4hren, desto schneller vermehren, und die Folge hiervon ist wieder eine gesteigerte Production von Ferment. Anders gestalten sich diese Vorg\u00e4nge, wenn die Zusammensetzung der N\u00e4hr-\nstoffe eine andere ist. Bringen wir die Bact\u00e9rien in ei weissfreie St\u00e4rkel\u00f6sungen, so wird kein peptonisirendes Ferment gebildet, die Umlagerungen in Protoplasma m\u00fcssen jetzt ver\u00e4ndert worden sein ; statt der fr\u00fcheren Verbindung wird eine andere, vorher nicht vorhandene, chemisch differente, mit anderen Eigenschaften versehene erzeugt, die Diastase, welche nun f\u00fcr den Organismus im gleichen Sinne wirkt, insofern sie ebenfalls direkt nicht aufnehmbare Substanzen in l\u00f6sliche, diffusionsf\u00e4hige verwandelt. Je nach der Zusammensetzung des N\u00e4hrbodens sind also die inlramolecularen Vorg\u00e4nge im Protoplasma verschieden. Die im Protoplasma vor sich gehenden Dissociaiionen, welche die Entstehung von zur Zellstoffbildung geeignetem Material, von Fett etc. zur Folge haben, sowie diejenigen Dissociationen, welche den Athmimgs-","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"321\nerscheinungen zu Grunde liegen, k\u00f6nnen hierbei in allen F\u00e4llen in derselben Weise zu Stande kommen, mit der Einschr\u00e4nkung h\u00f6chstens, dass im Falle \u00fcppiger Ern\u00e4hrung der Verlauf der Erscheinungen ein schnellerer ist.\nWie ist nun diese Einwirkung des Substrates auf die Vorg\u00e4nge im Protoplasma der Bact\u00e9rien zu verstehen? Ohne Ucbertreibung k\u00f6nnen wir gewiss annehmen, \u2018 dass in den weitaus h\u00e4ufigsten F\u00e4llen, in denen Bacterieir einen ihnen zusagenden N\u00e4hrboden finden, dieser wenigstens, geringe Mengen von Eiweissstoffen enth\u00e4lt. Die Th\u00e4tigkeit . der Bact\u00e9rien wird zun\u00e4chst also immer auf Produktion von peptont-, sirendem Ferment hinauslaufen. Gelangen nun die Bacferien ausnahmsweise einmal auf einen eiweissfreien N\u00e4hrboden,\noder aber sind in einem N\u00e4hrboden die Eiweissstoffe bereits\n?.. \u2022\nvon ihnen verbraucht, so d\u00fcrfen wir wohl annehmen, dass de gewohnter Weise vorl\u00e4ufig ebent\u00e4lls ihr peptonisirendes Ferment bilden. Da aber jetzt trotzdem bald ein Mangel an annehmbaren N\u00e4hrstoffen eintritt, so werden irt Folge hiervon, in dem nun vorhandenen Zustand des Hungers, die Einlagerungen im Protoplasma derart modificirt werden, dass die Bildung eines anderen Fermentes hieraus res\u00fcitirt, eines Fermentes, welches zun\u00e4chst nicht einmal Diastase zu sein braucht, sondern vielleicht ein Cellulose l\u00f6sendes oder ein anderes sein kann. Der Mangel an n\u00f6thigen, in das Protoplasma einzutretenden Bestandteilen ist also als die Ursache der Fermentbildung seitens des Protoplasma anzusehen. Es k\u00f6nnen, wie wir uns vorslellen, demnach aus dem Protoplasma der Bact\u00e9rien nacheinander die verschiedensten Fermente erzeugt werden, von denen schliesslich dasjenige, welches gerade brauchbar ist, so lange gebildet wird, als Spaltungen durch dasselbe ausgef\u00fchrt werden k\u00f6nnen. Von diesen Gesichtspunkten aus wird es uns klar, tyesshalb die Bact\u00e9rien auf den verschiedenst zusammengesetzten Substraten so lange Zeit vegetiren, so tiefgreifende und so mannigfache Zersetzungen (aber nicht auf einmal sondern nacheinander) hervorbringen k\u00f6nnen.","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"Nach unserer Anschauungsweise ist also der in einem gegebenen Augenblicke in einer Zelle vorhandene \\ orralh un ern\u00e4hrungst\u00fcchtigen Stollen, sagen wir, um sofort das letzte Glied zu nennen, an Glycose, von Einfluss auf die Vorg\u00e4nge der intramolekularen Umsetzungen des Protoplasmas: i>t keine oder nicht gen\u00fcgend Glycose vorhanden, so werden dieselben dahin ver\u00e4ndert, dass jetzt, vielleicht mit anderen zugleich entstehenden Produkten, die Bildung von Ferment erfolgt. Je nach der verschiedenen Construction der Prolo-plasmamolec\u00fcle einer Zelle k\u00f6nnen dann verschiedene Fermente oder nur immer dasselbe erzeugt werden. Den ersteren Fall repr\u00e4sentiren uns die Bact\u00e9rien, zur Illustration des zweiten Falles mag die Hefe angef\u00fchrt sein, welche, wie auch ich mich durch zahlreiche Versuche \u00fcberzeugt habe, nur ein einziges Ferment zu bilden bef\u00e4higt ist, n\u00e4mlich das Invertin. (Hieraus ist aber zugleich auch ersichtlich, dass die Hefe nur eine ganz beschr\u00e4nkte Anzahl von N\u00e4hrstoffen benutzen kann: entweder Rohrzucker, Fruchtzucker oder Glycose). Ueber-tragen wir jetzt unsere bei den niederen Organismen gewonnenen Vorstellungen auf die h\u00f6her organisirten Pflanzen, so werden uns sofort die Vorg\u00e4nge der Stofftranslocation und die hierbei auftretenden Erscheinungen der transitorischen St\u00e4rkebildung verst\u00e4ndlich. Wenn der Embryo sein Wachs?, tlium beginnt, so m\u00fcssen ihm zu diesem Zwecke vor allen Dingen Kohlehydrate zugef\u00fchrt werden. Diese Kohlehydrate stehen ihm, wie wir wissen, in den Reservestoffen, welche in den Cotyledonen aufgespeichert sind, zur Disposition. Da diese Reservestoffe aber in fester Form vorhanden sind, so sind sie dem Embryo so ohne Weiteres nicht zug\u00e4nglich, sondern sie m\u00fcssen erst l\u00f6slich und diffusionsf\u00e4hig gemacht werden. Sobald aber bei der Keimung in dem wachsenden Theil des Embryo das Leben erwacht, werden die in den jungen Meristemzellen befindlichen geringen Zuckermengen bald verbraucht sein, dies ist aber zugleich der Anstoss, dass im Protoplasma Ferment gebildet wird, welches nun, da es diffusibel ist, in die n\u00e4chstgelegenen Zellen der Cotyledonen eilt, um hier seine Th\u00fctigkeit zu beginnen. Es w\u00fcrde mithin","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"liier in einer Meristemzelle derselbe Zustand existiren, wie in*' einer \u00dfacterienzelle, welche pl\u00f6tzlich ihren Kohlenstoffbedarf alls St\u00e4rke beziehen muss. Da \u00fcbrigens das Protoplasma in \u2666len als Reservestoffbeh\u00e4lter fungirenden Theilen des Embryo auch sehr bald in Activit\u00e4t kommt, so werden in ihm dieselben Vorg\u00e4nge sich geltend machen, wie in den in starkem Wachsthum begriffenen ; auch hier wird Ferment erzeugt, dessen Wirkung den wachsenden Organen zu Gute kommt Wenn nun in einem Pflanzentheil die Kohlehydrate im Wandern begriffen sind, so wissen wir, dass, aus hier nicht n\u00e4her zu er\u00f6rternden Gr\u00fcnden, diese Wanderung mir dadurch \u2022zu Stande kommen kann, dass die Kohlehydrate auf ihrem Wege transitorisch in St\u00e4rke \u00fcbergef\u00fchrt werden, Denken wir uns einmal in einem gegebenen Augenblicke, eine beliebige Parenchymzelle der St\u00e4rkestrasse; sie enth\u00e4lt St\u00e4rkekorner und Zucker, und ihr Protoplasma scheidet, durch die oben geltend gemachten Ursachen einmal angeregt, wenn auch geringe Mengen, so doch continuiiiich Diastase ab. Der yoii der Diastase durch L\u00f6sung der St\u00e4rkek\u00f6rner gebildete Zucker wird nur zum geringsten Theil von dem Protoplasma der eigenen Zelle verbraucht, zum gr\u00f6ssten Theil wandert er nach den \u00fcber der Zelle liegenden Verbrauchsorten. Bei fortdauernder Bildung und Th\u00e4tigkeit der Diastase w\u00fcrde nun sehr bald der Zeitpunkt eintreten, dass trotz der ebenfalls ununterbrochen gedachten Th\u00e4tigkeit des St\u00e4rkebildners, kein einziges St\u00e4rkemolec\u00fcl mehr in der Zelle vorhanden w\u00e4re. Allein es werden dieser Zelle ja auch stets n\u00e8ue Zuckermassen aus anderen unter ihr liegenden zugef\u00fchrt, Und* da m\u00fcssen wir annehmen, dass in dieser gleichsam concern trirten Zuckerl\u00f6sung die Diastase, trotzdem sie vorhanden ist, keine Wirkung auf die St\u00e4rke aus\u00fcben kann1),*so dass nun\n') Wie Brown und Heron (Annalen der Chemie 1879, Bd, 199, S. 247), sowie Kjeldahl (Chemisches Centralblatt 1880, S. 74) gefunden halten, wird jedoch die Diastasewirkung durch den sich anh\u00e4ufenden Zucker' nidht gehemmt: allein es ist hier zu bemerken, dass in diesen k\u00fcnstlich herbeigef\u00fchrten F\u00e4llen der Diastase immer noch gen\u00fcgende Wassermengen zur Disposition standen. (Und die Diastase wirkt nur","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\ndem St\u00e4rkebildner Zeit gelassen wird, neue Massen von St\u00e4rke den noch \u00fcbrig gebliebenen hinzuzuf\u00fcgen. Wird hierdurch die Concentration des Zuckers in der Zelle geringer, so werden damit auch die Bedingungen f\u00fcr die Diastase* * Wirkung wieder hergestellt, und der L\u00f6sungsprozess geht von Neuem vor sich. Dieser Anschauung, dass die Diastase in den Pflanzenzellen, obwohl sie vorhanden ist, nicht continuity licli, sondern mit Unterbrechung wirkt, neigt sich auch Arthur Meyer zu. In der vorl\u00e4ufigen Mittheilung \u00abUeber die Struktur der St\u00e4rkek\u00f6rner1)\u00bb sagt derselbe w\u00f6rtlich : \u00abSo w\u00e4re die im hinteren Theile des Rhizomes (von Iris) erfolgende L\u00f6sung und die zugleich in weiter vorne liegenden Rhizomst\u00fccken erfolgende Umlagerung corrodirter K\u00f6rner mit neuer Substanz am einfachsten so zu verstehen, dass die l\u00f6sende Th\u00e4tigkeit des Fermentes im ganzen Rhizome ann\u00e4hernd gleichm\u00e4ssig stattfindet, und dass nur bei Zuf\u00fchrung eines \u00dcberschusses von Krystallisationsmaterial eine Bildung von Sph\u00e4rokrystallo'iden an den St\u00e4rkek\u00f6rnern erfolgt.\u00bb Im Gegensatz zu unserer soeben entwickelten Ansicht, dass die Erscheinungen der transitorischen St\u00e4rkebildung vor sich gehen, trotzdem best\u00e4ndig Diastase vorhanden ist und fortdauernd vom Protoplasma erzeugt wird, glaubt Baranelzky2) zur Erkl\u00e4rung dieser Thatsachcn ein wechselndes Auftreten und Wiederverschwinden des st\u00e4rkeumbildenden Fermentes in den Pflanzengew\u00e9ben annehmen zu m\u00fcssen. Darnach w\u00fcrde also, so lange St\u00e4rke gebildet w\u00fcrde, kein Ferment abgesondert, sondern erst dann wieder, nachdem der in der Zelle vorhandene Zucker in St\u00e4rke \u00fcbergef\u00fchrt w\u00e4re. Ueber-tragen wir diese Anschauungweise einmal auf die Vorg\u00e4nge bei den Bact\u00e9rien, bei welchen sie ja auch g\u00fcltig sein m\u00fcsste.\nin w\u00e4sseriger L\u00f6sung! In der Zelle wird dies aber sehr wahrscheinlich nicht zutreflen, und so wurde hier die Diastase ebenfalls nicht durch die Gegenwart grosser Zuckermengen, sondern wegen des hierdurch bedingten Mangels an freiem Wasser etwa, ihre Th\u00e4tigkeit f\u00fcr einige Zeit einstellen m\u00fcssen.\n*) Botanische Zeitung 1881, Nr. 52.\n*) Loc. cit., S. 62.","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"325\nDie Th\u00fctigkeit einer in St\u00e4rk\u00bb d\u00f6sung gebrachten Bacterienzelle hatten wir uns demnach so vorzuMellon, dass ihr Protoplasma in einem gegebenen Momente Diastase absondert, lind zwar, solange bis die durch diese Fermentmenge gebildeten Zucker-([iiantit\u00fcten in das Protoplasma gelangen. Sobald nun die ersten Kohlehydratmolec\u00fclc vom Protoplasma .aufgenommen w\u00fcrden, vollz\u00f6gen sich die Dissociationen desselben wieder in normaler Weise, cs w\u00fcrde kein Ferment gebildet, und dieser Zustand dauerte so lange bis die Th\u00fctigkeit des zuerst abgeschiedenen Fermentes ersch\u00f6pft w\u00e4re, bis. also dem Protoplasma kein Zucker mehr zur Verf\u00fcgung -st\u00e4nde. Jetzt w\u00fcrde abermalige Fermentbilduug erfolgen, u. s. w.1)\n! W\u00e4re diese Anschauungsweise richtig, w\u00fcrde in der That, so lange gen\u00fcgende Zuckermengen disponibel waren, kein Ferment vom Protoplasma gebildet, dann m\u00fcssten Ferment uussclieidende Organismen so lange sie in einer diflundirbaren und zur Aufnahme geeigneten Zuckerl\u00f6sung sich bef\u00e4nden, ihre Fermentabsonderung unterdr\u00fccken. Wir'w\u00fcrden also, wenn wir Hefe in Traubenzuckerl\u00f6sung cultivirten, kein inver-tirendes Ferment auffinden k\u00f6nnen, sondern nur dann, wenn wir statt des Traubenzuck\u00bb\u2018rs Rohrzucker anwenden w\u00fcrden. Durch eine grosse Reihe von Versuchen, die ich zur Pr\u00fcfung dieser Verh\u00e4ltnisse anstellte, habe ich mich aber auf das . Sicherste \u00fcberzeugt, dass auch die in Traubenzuckerl\u00f6sung (ultivirte Hefe ebensogut (wenn nicht sogar noch etwas mehr) Invertin abscheidet als die in Rohrzuckerl\u00f6sung befindliche. Die Methode, nach der die Versuche ausgef\u00fchrt wurden, war folgende: Es wurden 50 ebem einer J5\u00b0/0 Rolirzuckerl\u00f6sung einerseits, und einer ebenso concentrirten L\u00f6sung chemisch reinen Traubenzuckers andererseits in je ein Glask\u00f6lbchen gebracht ; jeder L\u00f6sung so viel Aschenbestandtheile z\u00fcgef\u00fcgt, dass die Concentration 5\u00b0/oo betrug und hierauf einer jeden *o pr\u00e4parirten Fl\u00fcssigkeit zwei Tropfen einer vorher in\n') Die Pausen, in denen diese Fermentbildnng erfolgte, k\u00f6nnten.*; hei der geringen Menge des auf einmal producirten Fermentes sehr * kurz sein, so dass stets Ferment in der Versuchsfl\u00fcssigkeit nachweisbar w\u00e4re.\t\u2022 \u2018\t\u2022","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"320\nTraubenzuckerl\u00f6sung rein cultivirten Hefe zugesetzt.- Die K\u00f6lbchen wurden dann gut verkorkt und in den W\u00e4rme-k\u00e4sten gebracht. Nach einigen Tagen, wenn in beiden Gelassen die G\u00e4hrung im vollsten Gange befindlich war, wurde der Inhalt beider Gef\u00e4sse filtrirt, und jedes Filtrat mit grossen Mengen absoluten Alkohols versetzt. Die hierdurch entstandenen Niederschl\u00e4ge wurden (jeder f\u00fcr sich nat\u00fcrlich) auf einem Filter gesammelt, mit Wasser aufgenommen, und zu jeder L\u00f6sung gleiche Mengen einer verd\u00fcnnten Rohrzuckerl\u00f6sung gef\u00fcgt. Diese beiden Rohrzuckerl\u00f6sungen wurden ein bis zwei Tage constant auf 40\u00b0 erw\u00e4rmt. Bei einer darauf vorgenommenen Pr\u00fcfung mit Barfoed\u2019schcm Reagens konnte immer in beiden Rohrzuckerl\u00f6sungen das Vorhandensein von Traubenzucker nachgewiesen werden.\nUnsere ausgesprochene Ansicht, nach welcher das einmal zur Fermentbildung angeregte Protoplasma in seiner Th\u00e4tigkcit so lange weilerschreitet, als ihm brauchbarer Zucker in gen\u00fcgender Menge zur Disposition stellt, wird demnach durch diese Versuche wesentlich gest\u00fctzt.\nDie Gonsequenz der hier entwickelten Anschauungen ist nat\u00fcrlich auch die Annahme, dass die fermenlartigen Substanzen immer bestimmte chemische Individuen sind, und eben als solche aus dem Protoplasma entstehen, womit indessen nicht ausgeschlossen ist, dass es nicht verschiedene chemische Individuen giebt, welche dieselbe Eigenschaft, z. B. diastatisclie, besitzen. Diese in neuerer Zeit von vielen Forschern vertretene Meinung steht durchaus nicht im Widerspruch mit unserer Annahme; es ist sehr wohl denkbar, dass die von der Bacterienzelle producirte Diastase chemisch etwas anders construirt ist als die von der Phanerogamen-Zelle oder Von der thierisclien Zelle gebildete, und darnach auch in ihrem speciellen Verhalten zu St\u00e4rke einige Abweichungen erkennen l\u00e4sst. F\u00fcr das peptonisirende Ferment ist es sogar un h\u00f6chsten Grade wahrscheinlich, dass verschiedenen chemischen Verbindungen die Eigenschaft Eiweisse in Pepton zu verwandeln zukommt. Ich erinnere hier nur an die bekannte Thatsachc, dass das Pancreaspepsin ebenso gut in einer","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"327\nalkalischen als in einer sauren Fl\u00fcssigkeit wirksam ist, w\u00e4hrend das Magenpepsin nur in saurer L\u00f6sung zu wirken vermag. Im Gegens\u00e4tze hierzu nimmt Mulder und mit ihm Baranetzky an, dass jet|er beliebige und vorher unth\u00fctige' EivveisstolT (auch wenn er bereits ausserhalb der Zelle sich befindet) durch eine leichte Um\u00e4nderung in den Zustand des st\u00e4rkcumbildendon Fermentes versetzt werden kann. B a r a -\t,\niielzky glaubt diese Annahme durch einige von ihm gemachte Versuche best\u00e4tigt gefunden zu sehen. Seite 5G der bereits mehrfach citirten Abhandlung heisst es w\u00f6rtlich: Es bl nur n\u00e4mlich im Laufe meiner Untersuchungen mehrmals voigckoininen, dass die w\u00e4sserigen L\u00f6sungen der alkoholischen Niederschl\u00e4ge, wenn sie auch, frisch bereitet, gar keine fermentartigen Eigenschaften bcsassen, diese Eigenschaften dennoch : in einem sehr bedeutendem Grade erlangten, nachdem, sie eine Zeit lang an der Luft stellen geblieben waren. Die F\u00e4lle, wo inzwischen in tier Fl\u00fcssigkeit Bact\u00e9rien erschienen, k\u00f6nnen nat\u00fcrlich nicht als beweisend gelten, wenn ich auch bemerken muss, dass nach anderw\u00e4rligen Beobachtungen das Auftreten von Bact\u00e9rien die fermentartigen Eigenschaften der Fl\u00fcssigkeit immer nur schw\u00e4chte. Hierauf folgt noch die Miltheilung zweier Versuche, aus denen sich ergab, dass aus Pflanzentheilen gewonnene L\u00f6sungen anfangs keine diasta-lische Eigenschaft zeigten, w\u00e4hrend sic dieselbe sp\u00e4ter an-nahmen.\t..\nNach den bei meinen Versuchen gewonnenen Erfahrungen m\u00f6chte ich indessen annehmen, dass in den soeben citirten Fallen die nachtr\u00e4gliche diastatische Wirkung stets durch Anwesenheit von Bact\u00e9rien hervorgebracht wurde, trotzdem Baranetzky die F\u00e4lle, in denen er Bact\u00e9rien auf-t.rcton sah, als nicht beweisend annimrvt. Mir ist es, wie ich auch bei verschiedenen Versuchen hervorhob, niemals gelungen, sowohl bei Anwendung von w\u00e4sserigen L\u00f6sungen alkoholischer Niederschl\u00e4ge als auch bei Anwendung von L\u00f6sungen kdes Malzfermentes, dieselben, auch wenn ich die sic enthaltenden Gef\u00e4sse schnell und sorgsam verkorkte, frei von Bact\u00e9rien zu erhalten. Und wenn Baranetzky die","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nL\u00f6sungen sogar noch einige Zeit an der Luft hat verweilen lassen, so k\u00f6nnen in diesen so g\u00fcnstigen N\u00e4hrb\u00f6den die Bact\u00e9rien gewiss nicht ausgeblieben sein; wobei ich noch bemerken will, dass eine Fl\u00fcssigkeit vollkommen klar sein kann, aber dennoch schon soviel Bact\u00e9rien enthalten kann, dass ihre Wirkungen sich an der St\u00e4rke bemerkbar machen. Wenn man bei derartigen Versuchen vollkommen sicher gehen will, so muss man die zu pr\u00fcfenden Fl\u00fcssigkeiten sofort von dem Zutritt der Atmosph\u00e4re abscliliessen ; sie also entweder \u00fcber Quecksilber verweilen lassen oder in's Vacuum bringen.\nDie Angabe Baranetzky\u2019s endlich, dass durch das Auftreten von Bact\u00e9rien die fermentartige Eigenschaft einer Fl\u00fcssigkeit i m m er geschw\u00e4cht wird, bedarf wohl noch n\u00e4herer Untersuchung, da nach meinen Versuchen sich eher das Gegen-theil herausstellt: wenn die diastatische Wirkung einer Fl\u00fcssigkeit durch die Anwesenheit von Bact\u00e9rien nicht sofort erh\u00f6ht wird, so wird sie es sicher nach einiger Zeit, nachdem die Bact\u00e9rien den eventuell vorhandenen Vorrath an eiweissartiger Nahrung verbraucht haben1).\nDie Versuche Baranetzky\u2019s k\u00f6nnen daher nicht so ohne Weiteres dessen Annahme beweisen.\nMit Mulder vermuthet Baranetzky ferner, dass die Um\u00e4nderungen, durch welche die nicht fermentartig wirkenden Eiweissk\u00f6rper (nach Ansicht dieser Forscher) zu Fermenten werden, in irgend einer Beziehung zum reichlichen Zutritt des freien Sauerstoffs stehen m\u00fcssen. Hierf\u00fcr scheint auch die von mir constatirte Thatsache zu sprechen, dass bei Sauerstoffabwesenheit die Bact\u00e9rien kein diastatische\u00bb Ferment zu bilden verm\u00f6gen, allein der Umstand, dass die Hefezellen ihr invertirendes Ferment auch in vollkommen sauer*\n') Nur ein einziger Fall w\u00e4re denkbar, in we'chem trotz des Auftretens von Bact\u00e9rien die diastatische Wirkung einer Fl\u00fcssigkeit verringert w\u00fcrde: wenn n\u00e4mlich eine concentrirtere Diastasel\u00fcsung so lange stehen gelassen w\u00fcrde, bis die Diastase ihre Wirkung eingeb\u00fcsst h\u00e4tte, und die diastatische Wirkung der in dieser Zeit in der Fl\u00fcssigkeit aufgetretenen Bact\u00e9rien noch nicht so gross geworden ist als die der urspr\u00fcnglichen concentrirteren L\u00f6sung. Die von Baranetzky angewendeten Pflanzensfifte sind aber nur verd\u00fcnnte L\u00f6sungen.","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":":J29\n\u00e7toflTreien Medien produciren, spricht direkt gegen diese Annahme, desgleichen w\u00e4re zu betonen, dass es noch niemals gelungen ist, auf experimentellem Wege, ohne Mitwirkung von Organismen, Eiweissstoffe in Fermente zu verwandeln. Und wenn die Bact\u00e9rien, sowie wahrscheinlich auch die Zelten h\u00f6herer Organismen, zur Fermentbildung der Beih\u00fclfe des atmosph\u00e4rischen Sauerstoffs bed\u00fcrfen, so berechtigt uns das keineswegs zu folgern, dass die Einwirkung d\u00e9s Sauerstoffs hierbei eine direkte sei, wir haben vielmehr seine Beziehungen zu diesen Prozessen uns so vorzustellen, dass erst durch seinen Eingriff in die protoplasmatischen Uml\u00e4gerungen. die Kr\u00e4fte frei werden, welche das Protoplasma ln den Stand setzen, unter anderen Verbindungen auch die Fermente zu erzeugen.","page":329}],"identifier":"lit16449","issued":"1882","language":"de","pages":"287-329","startpages":"287","title":"Untersuchungen \u00fcber das diastatische Ferment der Bacterien","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:27:14.496458+00:00"}