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{"created":"2022-01-31T12:27:39.390140+00:00","id":"lit16453","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kossel, Albrecht","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 6: 422-431","fulltext":[{"file":"p0422.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Xanthin und Hypoxanthin.\nVon\nA. Kossel.\n(Der Itodaktion zug^an^en am 6. April 1882).\nI.\t. .\nIn fr\u00fcheren Mittheilungen1) wurde von mir gezeigt, dass Xanthin und Hypoxanthin durch Einwirkung der verd\u00fcnnten S\u00e4uren und des Wassers bei 100\u00b0 aus den Nucleinen entstehen, einer Gruppe von Substanzen, deren Repr\u00e4sentanten, innerhalb des Thier- und Pflanzenreichs in entwicklungsf\u00e4higen Zellen \u00fcberall gefunden sind, wo man sie aufgesuclit hat, und die man desshalb mit Recht als nothwendige Bestandtheile der entwicklungsf\u00e4higen lebenden Substanz betrachten muss. Es ergab sich aus den Versuchen die Schlussfolgerung, dass auch diesen Spaltungsprodukten der Nucle\u00efne eine allgemeine Verbreitung unter den Organismen zukomme, und dass sie aus den Organen, die man bereits seit l\u00e4ngerer Zeit als ihre Bildungsst\u00e4tte kannte, in gr\u00f6sserer Menge entstehen, als nach den fr\u00fcheren Untersuchungen anzunehmen war.\nIch habe diese n\u00e4chstliegenden Schl\u00fcsse aus meinen fr\u00fcheren Arbeiten durch die Aufsuchung und quantitative Bestimmung des Hypoxanthins in einer Reihe von Thier-und Pflanzenstoffen best\u00e4tigt2) und gedenke diese Angabe heute zu erg\u00e4nzen durch die Mittheilung einiger Versuche in denen auch das Xanthin Ber\u00fccksichtigung fand.\n') Diese Zeitschrift 1870, Bd. III. S. 201; 1880. Bd. IV, S. 200; 1881, Bd. V, S. 152.\n*) Diese Zeitschrift 1881, Bd. V, S. 267. Untersuchungen \u00fcber die Nucle\u00efne und ihre Spaltungsprodukte. Strassburg 1881, S. 16 ff.\n.. ; \u2022 : \u25a0","page":422},{"file":"p0423.txt","language":"de","ocr_de":"423\nF\u00fcr die Gewinnung physiologisch verwertbarer Vorstellungen schien es geeignet, die f\u00fcr diese Substanzen gefundenen Zahlen nicht allein, wie es bisher geschehen, auf das feuchte Organ als Einheit zu beziehen, sondern zu unter-\nin Form von Hypoxanthin und Xanthin enthalten ist.\nDie Versuche wurden in folgender Weise arigeslellt ;\nDas fein zerhackte Gewebe wurde in zwei ungleiche Theile geteilt, beide Theile gewogen. Die kleinere H\u00e4lfte diente zu einer (volumetrischen) Stickstoff-Bestimmung, die gr\u00f6ssere H\u00e4lfte wurde in einem Dampf-Kochtopf mit 1 Liter Wasser, dem 5 cc. concentrirtcr Schwefels\u00e4ure zugesetzt waren, drei bis vier Stunden gekocht. Die erkaltete Fl\u00fcssigkeit wurde' mit Barytwasscr alkalisch gemacht, \u00fcbersch\u00fcssiger Baryt durch Kohlens\u00e4ure entfernt, filtrirt, der Filterr\u00fcckstand mehrfach mit siedendem Wasser extrahirt, das Extrakt dem Filtrat zugef\u00fcgt. Das Filtrat wurde jetzt auf ca. 300 cc. ein-gcdampft, mit grossem Ueberschuss von Ammoniak versetzt mul einige Stunden bedeckt stehen gelassen, dann von dem etwa entstandenen Niederschlag abfiltrirt. Das Fittrat wurde mit Silbernitrat gef\u00e4llt und m\u00f6glichst schnell durch ein gewogenes Filter filtrirt, der Niederschlag mit Ammoniakwasser ausgewaschen, bei 120\u00b0 getrocknet und gewogen. In einer abgewogenen Menge dieses Niederschlages wurde dann wiederum eine Stickstoff-Bestimmung ausgef\u00fchrt.\nIn dieser Weise wurden folgende drei Versuche an-\ngestellt:\nBezeichnung des Organs.\tLeber vom Hund.\tMilz vom Pferd.\tPreishefe. t\t,\nStiekstoi\u00efgehalt des feuchten Or- \u2022.\t\u2022\t. f\t\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\t\u2022\t3.42 #/oo\t3,14o/oo\t2,240,0c\nZur Bestimmung von Xanthin + Hypoxanthin angewandte Menge \u00ables feuchten Organs ....\t230,5 gr.\t' . 270,0 gr.\t\u25a0 Z;. 0 515,0 gr.\nMenge des Silbertiiederschlags bei 110\u2014120\u00ae getrocknet ....\t1,156 gr.\t3,267 gr.\t7,242 gr.\nStickstoflgehalt des Silberniederschlags \t\t .\t14,55o/*0\t14,46*/oo\t12,57o/oo","page":423},{"file":"p0424.txt","language":"de","ocr_de":"424\nSetzt man f\u00fcr die Menge des in den Organen enthaltenen Gesummt-Stickstoffs die Zahl 100, so ergaben sich f\u00fcr den Stickstoff, der in Form der genannten Verbindungen enthalten ist, folgende Zahlen:\nLeber\tMilz\tHefe\n2,08\t5,57\t7,91\nNach unseren heutigen Kenntnissen m\u00fcssen wir annehmen, dass der untersuchte Niederschlag aus den Silber-verbindungen des Xanthins, Hypoxanthins vielleicht auch des Carnins und Guanins besteht. Der Stickstoffgehalt des Xanthinsilbers (Cb H* Ni O2 *+* Ag2 0) betr\u00e4gt 14,02w/oo, der des Hypoxanthinsilbers (C10 Hs Ns Os Ag4 bei 120\u00b0 getrocknet1) 15,(i%o.\nDie aus Leber und Milz dargestellten Silberverbindungon enthalten fast so viel Stickstoff als ein Gemenge von Hypoxanthin- und Xanthin-Silberoxyd verlangt, die aus Hefe gewonnene Substanz zeigt eine bedeutende Abweichung.\nLetztere Thatsache ist erkl\u00e4rlich, wenn man sie mit S c h \u00fc t z en b e r g e r\u2019s Angaben2) \u00fcber die Bildung von Garni\u00bb aus der Hefe vergleicht. Das Garnin ist bedeutend Stickstoff-'\u00e4rmer als Xanthin und Hypoxanthin und wie jene durch ammoniakalische Silberl\u00f6sung f\u00e4llbar8).\nVergleicht man die angef\u00fchrten Zahlen mit den Wert hon, welche ich fr\u00fcher f\u00fcr den Hypoxanthin-Gehalt der betreffenden Organe angegeben habe, so bemerkt man, dass in der Leber die Menge des Xanthin (oder der Xanthin bildenden Substanz) ungef\u00e4hr gleich der des Hypoxanthins ist, in der Milz dagegen die des Hypoxanthins um ein mehrfaches \u00fcbertrifft.\nWill man aus diesen Zahlen einen Schluss ziehen auf den Stickstoff-Antheil, welcher innerhalb der lebenden Zelle dem Xanthin und Hypoxanthin zuf\u00e4llt, so muss man den Gehalt der Leber und Milz an Bindegewebe in Betracht ziehen. Bei dem untersuchten Milzgewebe waren auf mocha*\n') 2(C\u00bbHi X*0 4- Ag\u00bb0) \u2014 HiO. Cf. Strecker, Annalen Mer Chemie und Pharmacie, Bd. 108, S. 186.\nJ) Bulletin de la Soci\u00e9t\u00e9 chimique de Paris 1874, [2] XXI, p. 207.\n*) Die Zusammensetzung dieses Niederschlages ist noch nicht bekannt.","page":424},{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"425\nniscliem Wege die bindegewebigen Anllieile zuiii grossen Tbcil entfernt, bei der Leber nicht.\nIf.\nBei der Darstellung und quantitativen Bestimmung des Hypoxanthins in verschiedenen Thier- und Pflanzenstoffen wurde mehrfach die Beobachtung gemacht, dass die durch Unikrystallisiren aus hcisser Salpeters\u00e4ure erhaltene Silberverbindung des Hypoxanthins nicht die rein weisse Farbe des\nIlypoxantlnn-Silbernitrats besass, sondern mehr oder weniger -eil) gef\u00e4rbt war. Bringt man einen solchen gelb * gef\u00e4rbten Niederschlag in Ammoniak, so f\u00e4rbt er sich intensiv roth-Zersetzt man die durch Digestion mit w\u00e4sserigem NHa von Salpeters\u00e4ure befreite Silberverbindung mit Schwefelwasserstoff, so erh\u00e4lt man neben dein Hypoxanthin eine schwerer l\u00f6sliche, gelb gef\u00e4rbte, undeutlich krystallisircnde Substanz. In Folge der Beimengung dieser Substanz m\u00fcssen nat\u00fcrlich die Hypoxanthin-Bestimmungen zu hoch ausfallen. Das Auftreten des gelben K\u00f6rpers machte sich besonders bei der\nUntersuchung des Gehirns und der dr\u00fcsigen Organe bemerkbar, w\u00e4hrend aus den Muskeln ein reines Pr\u00e4parat gewonnen wurde. Die gelbe Substanz ist ein nitrirtcs Produkt unbekannten Ursprungs, welches bei der Einwirkung der heissen Salpeters\u00e4ure entsteht und durch Reduktionsmittel \u2014wie es scheint \u2014 in Xanthin \u00fcbergef\u00fchrt wird. Kocht man ein in erw\u00e4hnter Weise verunreinigtes Hypoxanthinpr\u00e4parat in neutraler L\u00f6sung anhaltend mit Zinkstaub, so erh\u00e4lt man (eventuell nach Entfernung des in L\u00f6sung gegangenen Zinks) einen Verdampfungsr\u00fcckstand von weisser Farbe. Wenn man diesen R\u00fcckstand in Ammoniak l\u00f6st, die L\u00f6sung mit Silbernitrat lallt, den Niederschlag wieder aus Salpeters\u00e4ure umkrystal-\u25a0isirt, so erh\u00e4lt man das reine Hypoxanthin-Silbernitrat.\nDass der Fehler, den die Beimengung dieses nitrirlen Produktes bedingt, bei quantitativen Bestimmungen nicht zu vernachl\u00e4ssigen ist, ergiebt sich aus folgendem Versuch. Bei einer Untersuchung leuk\u00e4mischer Organe (Blut, Milz, Leber) \"urde nach dem fr\u00fcher1) von mir beschriebenen Verfaliren\nDiese Zeitschrift, Bd. V, S. 152.","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"426\n1,6173 gr. Hypoxanthin-Siibernitrat gewonnen, welches gelli gef\u00e4rbt war. Die Verbindung wurde in Wasser zertheilt mit Schwefelwasserstoff behandelt, die vom Schwefelsilber abftl-trirte Fl\u00fcssigkeit eingedampft und mit Natriumamalgam behandelt. Aus dieser Fl\u00fcssigkeit wurden nur 1,3285 gr. Ilypo-xanthin-Silbernitrat (aus ca. 250 cc. Salpeters\u00e4ure sp. Gew. 1,10 umkrystallisirt) wiedergewonnen, d. i. 82,14 % der urspr\u00fcnglich vorhandenen Verbindung.\nEs ergeben sich aus den angef\u00fchrten Thatsachen ohne Weiteres einige Regeln f\u00fcr die quantitative Bestimmung des Hypoxanthins und f\u00fcr seine Darstellung in gr\u00f6sserem Masse. F\u00fcr letzteren Zweck habe ich mit Vortheil Presshefe benutzt.\n1 Va Pfund Hefe werden mit 2 Liter Wasser und 10 cc. concentrirter Schwefels\u00e4ure 3\u20144 Stunden im Dampfkochtojif erhitzt, der nach Entfernung der Schwefels\u00e4ure und Phosphor-s\u00e4urc inammoniakalischer L\u00f6sung erzeugte Silberniederschlag in bekannter Weise umkrystallisirt, zur Entfernung der Salpeters\u00e4ure mit Ammoniak digerirt, der R\u00fcckstand mit Schwefelwasserstoff behandelt, die heiss filtrirte Fl\u00fcssigkeit anhaltend mit Zinkstaub gekocht, die Ueberf\u00fchrung in die Silber-Verbindung und das Umkrystallisiren derselben wiederholt. Aus dem so erhaltenen Doppelsalz kann das reine Hypoxanthin dargestellt werden.\nZur Reinigung des Hypoxanthins l\u00e4sst sich auch seine Widerstandsf\u00e4higkeit gegen Oxydationsmittel (z. B. \u00fcbermangansaures Kali) verwerthen.\nEin durch vorsichtige Anwendung des \u00fcbermangansauren Kalis in saurer L\u00f6sung gereinigtes Pr\u00e4parat erwies sich (in Uebereinstimmung mit den Angaben von Strecker, im Widerspruch mit denen von Weidel1) als nicht fallbar durch Bleiessig. Mit demselben Pr\u00e4parat gelang die von Weidel als characteristisch f\u00fcr das Hypoxanthin angegebene Reaktion mit Chlorwasser, Salpeters\u00e4ure und Ammoniak2) nicht. Dagegen fand ich, dass Xanthin diese Reaktion in vorz\u00fcglicher Weise giebt.\n') Annalen d. Chemie, 158, S. 362.\n') Loc. cit., 8. 365.","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"f , I\n427\tV/;'\nDie Behandlung des Heisswasserextractes der. Organe mit siedender Salpeters\u00e4ure, wie sie zur Zerst\u00f6rung des Leims von Salkowski1) vorgeschlagen und von Salomon*) in Anwendung gezogen wurde, halte ich nicht f\u00f6r zul\u00e4ssig, so lange bis das Verhalten dieser K\u00f6rper gegen Salpeters\u00e4ure genauer erforscht ist. Die Reduktionsprodukte dieser S\u00e4urey die beim Kochen derselben mit den leicht oxydirbaren Sub^ stanzen der Gewebe entstehen, wirken kr\u00e4ftiger auf Xanthin und Hypoxanthin ein, als die Salpeters\u00e4ure selbst. Ich m\u00f6chte daran erinnern, dass nach Strecker das nitrirte Xanthin in Salpeters\u00e4ure schwer l\u00f6slich ist,8) also bei. quantitativen Bestimmungen die Menge des Sarkins anscheinend vermehrt.\nWelches der K\u00f6rper ist, der zu der Bildung des oben erw\u00e4hnten Nitroprodukts Veranlassung giebt, das habe ich noch nicht entscheiden k\u00f6nnen. Durch besondere Versuche \u2022 wurde ermittelt, dass das Hypoxanthin nicht, wie Sch\u00fctzen -berger vermuthet (Leit.* S.208) erst durch die Einwirkung der siedenden Salpeters\u00e4ure, die zum Umkrystallisiren der Silbersalze dient, aus einem unbekannten K\u00f6rper \u00f6der aus Carnin entsteht, sondern dass es bereits durch die Einwirkung der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure auf die Organe als solche* ahgespalten wird. Es wurde aus der Leber vom Pferd, ohne Anwendung von Salpeters\u00e4ure, reines Hypoxanthin dargestellt. Die durch ammoniakalische Silberl\u00f6s\u00fcng f\u00e4llbaren Extractstoffe ties mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure gekochten Organs, vom Sillier befreit und mehrfach aus Wasser umkrystallisirt, lieferten folgende Zahlen f\u00fcr den Stickstoff:\t-\nBerechnet f\u00fcr\t_ Gefunden\nHypoxanthin 41,2 Pr\u00e4parat L Pr\u00e4parat il\nXanthin\t36,8\t4-1,4\t40,86'\nCarnin\t28,6\nDas zur Darstellung von Pr\u00e4parat 1 benutzte Extract war von den durch Bleiessig f\u00e4llbaren Substanzen befreit, Pr\u00e4parat II war nicht mit Bleiessig behandelt.\n\u2018i Archiv f. d. ges. Physiologie 4; S. 91.\n\u2019) Vorhand). d. physiol. Gesellschaft zu Berlin 1881, Nr. 12-14\n') Annalen der Chemie und Pharmacie, FM. 10S, S. 155,","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"428\nIII.\nNach Strecker1) wird das Hypoxanthin durch rauchende Salpeters\u00e4ure in ein Nitroprodukt verwandelt, welches bei der Reduction in Xanthin \u00fcbergehen soll. Diese Reaktion ist von besonderem Interesse, da sie bis jetzt die einzige ist, welche einen Zusammenhang des Hypoxanthins mit der Gruppe des Guanins, der das Xanthin, Theobromin und Caflf\u00ebin angeh\u00f6ren, erkennen l\u00e4sst. W\u00e4re die Angabe Strecker\u2019s richtig, so w\u00e4re die Constitution der Hypoxanthins der Hauptsache nach festgestellt, da die Constitution des Xanthins durch die neuesten Untersuchungen von E. Fischer2) klar gelegt ist.\nIch habe bis jetzt vergebens versucht, die Angabe Strecker\u2019s zu best\u00e4tigen.\nDas Xanthin ist bekanntlich durch folgende Reaktion ausgezeichnet. Dampft man Xanthin mit reiner Salpeters\u00e4ure auf dem Wasser bade ein, so hinterbleibt ein gelber R\u00fcckstand, welcher, mit Kalilauge befeuchtet, eine sch\u00f6n rothe F\u00e4rbung zeigt. Das Hypoxanthin giebt diese Reaktion nicht.\nZu dem folgenden Versuch diente ein xanthinfreies, durch eine Stickstoffbestimmung als rein erkanntes Hypoxanthin-Pr\u00e4parat. Das Hypoxanthin wurde mit rauchender Salpeters\u00e4ure, in der es sich schon in der K\u00e4lte unter Aufbrausen l\u00f6st, auf dem Wasserbade eingedampft, der R\u00fcckstand wiederum mit rauchender Salpeters\u00e4ure ausgenommen und nochmals zur Trockne verdunstet. Es hinterblieb ein gelber, in Wasser schwer l\u00f6slicher R\u00fcckstand, der keine Xanthin-Reaktion gab und sich in Kalilauge mit braungclber Farbe l\u00f6ste. Diese L\u00f6sung wurde durch Natriumamalgam allm\u00e4hlig entf\u00e4rbt. Aus der mit Natriumamalgam behandelten alkalischen L\u00f6sung f\u00e4llte Silbernitrat bei Gegenwart von vie! Ammoniak einen gelatin\u00f6sen K\u00f6rper, der abfdtrirt und in heisser Salpeters\u00e4ure vom sp. Gew. 1,10 gel\u00f6st wurde. Beim Erkalten der Salpeters\u00e4ure fiel die Substanz fast v\u00f6llig wieder\n') Loc. cit., S. 156.\n\u2019) Bericht\u00ab* der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. XV, S. Fw","page":428},{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":"429\n\u25a0 *.\naus. Dieser Niederschlag wurde abfiltrirt (das salpetersaure Filtrat mit Ammoniak \u00fcbers\u00e4ttigt, gab nur sp\u00e4rliche f\u00fcr eine Untersuchung nicht ausreichende Flocken). Der Niederschlag enthielt 38,G % Ag (w\u00e4hrend Hypoxanthin 35,2% Ag verlangt). Derselbe wurde durch Schwefelwasserstoff vom Silber befreit. Es wurde eine Substanz erhalten, die sich bei Anstellung der oben erw\u00e4hnten Xanthin-Reaktion weder wie Xanthin noch wie Hypoxanthin verhielt, da sie mit Kalilauge eine braungelbe F\u00e4rbung gab. Es sei noch erw\u00e4hnt, dass Xanthin untt\u20181 \u00e4hnlichen Bedingungen mit Natriumamalgam behandelt, nicht die F\u00e4higkeit einb\u00fcsst, in der erw\u00e4hnten Weise gegen Salpeters\u00e4ure und Kali zu reagiren. Auch Versuche, in denen statt des Natriumamalgams, ein schw\u00e4cheres Reduktionsmittel,\ndas Eisenoxydul, angewandt wurde, f\u00fchrten zu keinem anderen Resultat.\nDie direkte Oxydation des Hypoxanthins ?U Xanthin gelang ebensowenig mit \u00fcbermangansaurem Kali in saurer L\u00f6sung. Entsprach die Menge des zugesetzten Oxydationsmittels der Einf\u00fchrung von 1 Atom Sauerstoff in ein Molek\u00fcl Hypoxanthin, so wurde ein Theil des Hypoxanthins unter Bildung von Oxals\u00e4ure oxydirt , ein anderer Theil blieb intact. Aus der Losung des Oxydationsgemisches erhielt ich betr\u00e4chtliche Mengen Hypoxanthin, dessen Reinheit durch die N-Beslimmung best\u00e4tigt wurde (Ber. 41,2; Gef. 41,3). Dasselbe enthielt keine nachweisbare Spur von Xanthin.\t'\nWird Hypoxanthin im zugeschmolzenen \u2022' Rolir mit Wasser auf 200\u00b0 erhitzt, so zersetzt es sich unter Auftreten' von Kohlens\u00e4ure, Ammoniak und einer geringen Menge Ameisens\u00e4ure.\t,\nMit schmelzendem Kali auf 200\u00b0 erhitzt, wird das Hypoxanthin unter Bildung von Ammoniak und Cyanwasserstoff zersetzt. Die Einwirkung des schmelzenden Kalk geschah in der fr\u00fcher von Hoppe-Scyler angewandter] 'Veise im Oelbade in einer Retorte durch welche ein Wasser-stoflstrom geleitet wurde. Das bei der Reaktion frei werdende Ammoniak wurde in der mit Salzs\u00e4ure beschickten Vorlage \u2018\u2018rufgefangen. Die Kalischmelze wurde in Wasser gelost, mil","page":429},{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"Weins\u00e4ure anges\u00e4uert und destillirl, der Cyan Wasserstoff im Destillat mit Siloernitrat gef\u00fcllt. Die Einwirkung des schmelzenden Kalis dauerte 3 bis 4 Stunden.\nVersuch I. ^Temperatur 200\u00b0.\n0,3812 gr. Hypoxanthin geben 0,0246 gr. Blaus\u00e4ure und 0,04528 gr. Ammoniak, d. i.\n6,45 \u00b0/o CNH und 11,9 \u00b0/o NHs.\nVersuch II. Temperatur 225\u2014230\u00b0.\n0,6450 gr. Hypoxanthin geben 0,0378 gr. Blaus\u00e4ure und 0,1141 gr. Ammoniak, d. i.\n5,86 % CNH und 17,7 \u00b0/o NHa.\nEs ist in diesen Versuchen noch nicht die H\u00e4lfte vom gesammten Stickstoff des Hypoxanthins in Form von Blaus\u00e4ure und Ammoniak wiedergefunden.\nDie Bildung einer betr\u00e4chtlichen Menge Cyanwasserstoll durch die Einwirkung des schmelzenden Kalis bei 200\u00b0 ist eine Reaktion, welche - nach einigen vorl\u00e4ufigen Versuchen, die ich zu erg\u00e4nzen gedenke \u2014 ausser dem Hypoxanthin noch den Methylderivaten des Xanthins, dem Theobroniin und Caffein zukommt, w\u00e4hrend Harns\u00e4ure, Guanin, Guanidin, Biuret, Leucin, Glycocoll \u00fc. a. sie nicht zeigen. Bei einer Anzahl stickstoffhaltiger Verbindungen treten unter den 'angegebenen Verh\u00e4ltnissen sehr geringe Mengen von Blaus\u00e4ure auf.\nDie Annahme, dass Substanzen aus der Gruppe der Cyan Verbindungen als intermedi\u00e4re Produkte des thierischen Stoffwechsels. gebildet werden, ist mehrfach zur Erkl\u00e4rung der in den Organismen verlaufenden chemischen Process* herbeigezogen. Die vorliegenden Versuche beweisen, dass in gewissen, vorzugsweise dem Zellkern eigenth\u00fcmlichen K\u00f6rpern die Bedingungen f\u00fcr die Bildung von Cyanwasserstoff g\u00fcnstige sind.","page":430},{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"431\n4\nDie Blaus\u00e4ure entstand in den vorliegenden Experimenten durch einen Process, dessen Aehnlichkeit mit einzelnen chemischen Vorg\u00e4ngen der lebenden Organe wohl behauptet werden kann. Die Einwirkung der Alkalien1) bei h\u00f6herer/ Temperatur und speciell die des schmelzenden Kalis*) auf organische Stoffe ist bereits von andern Autoren mit der Einwirkung von F\u00e4ulnissorganismen verglichen worden.\n') Hoppe-Seyler. Archiv f\u00fcr die gesammte Physiologie. Band\n14, S. 1.\nHoppe-Seyler. Physiologische Chemie. Bd. I, S. 119 und 120.\n*) N e n c k i, Journal f\u00fcr practische Chemie. N. F. Bd. 17, S. 105.\nStrassburg, Physiologisch-chemisches Institutt den 4. April 1882.\n45,4\nNachtrag.\nNach Abschluss der vorliegenden Mittheilung habe ich bei der weiteren Untersuchung des oben erw\u00e4hnten (S. 423) Silberniederschlags aus Presshefe aus demselben einen K\u00f6rper isolirt, welcher sich durch, seine Eigenschaften und seine Zusammensetzung als Guanin character risirte. Dasselbe wurde als salzsaures Salz in krystallisirtem Zustand gewonnen. Aus diesem Salz wurde durch Zersetzung mit Ammoniak die freie, in Ammoniak unl\u00f6sliche Base gewonnen. Die Analyse derselben lieferte folgende procentische Werthe f\u00fcr den Stickstoff:\nBerechnet:\tGefunden:\nf\u00fcr Guanin . . 46,35 f\u00fcr Hypoxanthin 41,2\nIch glaube diesem Befunde einiges Interesse beimessen zu d\u00fcrfen^ weil durch denselben das Vorkommen des Guanins im Pflanzenreiche sichergestellt ist.\nBereits Sch\u00fctzenberger (loc. eil.) hat, gest\u00fctzt auf einige qualitative Reaktionen, die Bildung von Guanin bei der Selbstgfthrung der Hefe behauptet.\nEs liegt die Vermuthung nahe, dass durch die Einwirkung der S\u00e4uren bei h\u00f6herer Temperatur auf organische Gewebe neben Hypoxanthin und Xanthin auch Guauin gebildet wird, dass ferner der oben erw\u00e4hnte K\u00f6rper, der unter gewissen Verh\u00e4ltnissen dem' Hypoxanthin beigemengt ist, Guanin sei.\t*\nA. Kos sei.\nZeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie VI.\n29","page":431}],"identifier":"lit16453","issued":"1882","language":"de","pages":"422-431","startpages":"422","title":"Ueber Xanthin und Hypoxanthin","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:27:39.390146+00:00"}