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{"created":"2022-01-31T12:33:40.098625+00:00","id":"lit16524","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Nylander, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 8: 175-185","fulltext":[{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber alkalische Wismuthl\u00f6sung als Reagens auf Traubenzucker\nim Harne.\nVon\nEmil Hyland er.\n(Der Redaktion zugegangen am 17. Dezember 1883).\nDie Trommer\u2019sche Probe auf Zucker im Harne leidet bekanntlich an gewissen Uebelst\u00e4nden, welche die Brauchbarkeit derselben nicht unwesentlich beeintr\u00e4chtigen. Die wichtigsten dieser Uebelst\u00e4nde sind : einerseits das regelm\u00e4ssige Vorkommen anderer reducirender Substanzen, wie Harns\u00e4ure und Kreatinin, im Harne und andererseits die F\u00e4higkeit einiger Harnbestandtheile, vor Allem des Kreatinins das durch Reduktion entstandene Kupferoxydul \u2014 resp. Oxydulhydrat \u2014 in L\u00f6sung zu halten. Diese Fehlerquellen haben bekanntlich zu mehreren Modificationen der Kupferprobe gef\u00fchrt, wie man denn auch andererseits vielfach sich bem\u00fcht hat, die Kupferprobe durch andere, zuverl\u00e4ssigere Proben zu ersetzen. Unter diesen hat die Wismuthprobe seit l\u00e4ngerer Zeit einen hervorragenden Platz eingenommen, uud es l\u00e4sst sich auch nicht l\u00e4ugnen, dass diese Probe der Trommer\u2019schen gegen\u00fcber den grossen Vorzug hat, dass eine st\u00f6rende Wirkung des Kreatinins und der Harns\u00e4ure, bei ihrer Anwendung, nicht zu bef\u00fcrchten ist.\nVon diesen Vorz\u00fcgen der Wismuthprobe ausgehend suchte Alm\u00e9n1) gchon im Jahre 1867 ihr eine gr\u00f6ssere Verwendung zu geben, und er schlug zu dem Ende eine neue Modification derselben vor. Diese Modifikation bestand darin, dass der Harn nicht wie vorher mit Soda und\n2) Upsala l\u00e4karef\u00f6renings f\u00f6rhandlingar, Bd. II.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nbasischem Wismuthnitrat, sondern statt dessen direct mit einer alkalischen Wismuthl\u00f6sung versetzt wurde. Die alkalische Wismuthl\u00f6sung wurde aus 2 gr. Subnitras bismuthicus, 4 gr. Seignettesalz und 100 gr. Solutio hydratis kalici bereitet.\nDie Empfindlichkeit und Brauchbarkeit dieser neuen Modification wurde von Alm\u00e9n gepr\u00fcft, und er fand dabei, dass ein Gehalt von 0,1% Zucker im Harne mit dieser Reagensl\u00f6sung stets ganz sicher nachgewiesen werden kann, w\u00e4hrend auch die Zuverl\u00e4ssigkeit der Probe eine gen\u00fcgende zu sein schien. Es dauerte indessen nicht lange, bevor von einer Seite auch gegen diese Probe Ein w\u00e4nde erhoben wurden. Man hatte n\u00e4mlich ein Mal mit der alkalischen Wismuthl\u00f6sung einen Harn zuckerhaltig gefunden, w\u00e4hrend er doch bei weiterer Untersuchung als zuckerfrei sich erwies, und es f\u00fchrte dies zu Zweifel an der Zuverl\u00e4ssigkeit der neuen Probe. Es gelang indessen Almen zu zeigen, dass das fehlerhafte Resultat in diesem Falle daher r\u00fchrte, dass die Reagens-l\u00f6sung (seiner Vorschrift entgegen) nicht aus der Kalihydratl\u00f6sung der Pharmakop\u00e6e, sondern aus in Wasser gel\u00f6stem, mit Alkohol gereinigten Kalihydrat bereitet war, und er lenkte desshalb auch in einem folgenden Aufsatze *) die Aufmerksamkeit auf diese Fehlerquelle. Seit dieser Zeit hat auch die alkalische Wismuthl\u00f6sung hier in Schweden eine verbreitete Anwendung als Reagens auf Zucker im Harne gefunden.\nEs scheint jedoch, als w\u00e4re diese von Alm\u00e9n angegebene Modification der Wismuthprobe im Auslande nur wenig bekannt geworden, und man scheint mir dort \u00fcberhaupt nicht ganz zufrieden mit der Wismuthprobe zu sein. So hat z. B. Salkowski* 2), welcher der Anwendung von Soda und Subnitras Bismuthicus den Vorzug giebt, die Erfahrung gemacht, dass bei Anwendung von Natronlauge jeder normale Harn hinreichend lange erhitzt eine Schw\u00e4rzung giebt, von der noch nicht festgestellt ist, ob sie von metalli-\n!) Upsala l\u00e4karef\u00f6renings f\u00f6rhandlingar, Bd. IV.\n2) Die Lehre vom Harn von E. Salkowski und W. Leube, Berlin 1882.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"177\nlischem Wisrnuth oder von Schwefelwismuth herr\u00fchrt. Auch Worm M\u00fcller1) findet die Wismuthprobe \u2014 selbst bei Anwendug der Almen\u2019 sehen Reagensl\u00f6sung \u2014 weniger empfindlich und weniger zuverl\u00e4ssig als die von ihm angegebene Modification der Trommer\u2019sehen Probe.\nDie Gr\u00fcnde, warum man hie und da eine ung\u00fcnstige Erfahrung \u00fcber den Werth der Wismuthprobe gemacht hat, k\u00f6nnen verschiedene sein. Es k\u00f6nnte z. B. zur Darstellung der Reagensl\u00f6sung ein alkoholgereinigtes Kali verwendet worden sein ; es k\u00f6nnte weiter der Gehalt der Reagensl\u00f6su ig an Alkali eine wechselnde oder auch endlich das Verh\u00e4ltniss zwischen Reagensl\u00f6sung und Harn eine wechselnde gewesen sein.\nVor Allem lag es nahe zu glauben, dass die mit dem Reagense zugesetzte gr\u00f6ssere oder kleinere Alkalimenge einen bestimmten Einfluss auf den Verlauf der fraglichen Reaction aus\u00fcben k\u00f6nne; und aus diesem Grunde habe ich auch auf Anregung und unter Leitung des Herrn Prof. Hammarsten einige Untersuchungen \u00fcber diesen Gegenstand ausgef\u00fchrt.\nDie Wirkung einer wechselnden Alkalimenge k\u00f6nnte in zweifacher Weise zur Geltung kommen. Einerseits k\u00f6nnte n\u00e4mlich der Alkaligehalt des Reagenses selbst Schwankungen unterworfen sein, und andererseits k\u00f6nnte auch bei gleichbleibender Beschaffenheit der Reagensl\u00f6sung die Menge derselben im Verh\u00e4ltniss zu dem Harne, und damit auch die zugesetzte Alkalimenge, variirt werden. Es wurde also meine Aufgabe, nicht nur den geeignetsten Alkaligehalt der Reagensl\u00f6sung, sondern auch das passendste Verh\u00e4ltniss zwischen Reagensl\u00f6sung und Harn zu finden, und dabei musste die Empfindlichkeit in gleich hohem Grade wie die Zuverl\u00e4ssigkeit ber\u00fccksichtigt werden.\nDie von mir gepr\u00fcften Reagensl\u00f6sungen wurden nach den Angaben A linens aus 2 gr. Subnitras bismuthicus, 4 gr. Seignettesalz und 100 gr. Alkalilauge bereitet, wobei der ungel\u00f6ste Theil des Wismuthsalzes abfiltrirt wurde. Statt\n0 Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 27. Der Nachweis des Zuckers im Harne mittelst Kupferoxyd und alkalischer Seigneltesalzl\u00f6sung.","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nder von Almen vorgeschlagenen starken Kalilauge benutzte ich indessen stets Natronlauge, welche mindestens ebenso gute Dienste leistet, und die St\u00e4rke der Natronlauge wurde derart variirt, dass ich mit 5 verschiedenen Reagensl\u00f6sungen von resp. 3, 6, 7, 12 und 17\u00b0/o Na20 arbeitete.\nS\u00e4mmtliche Versuche wurden mit ganz reinem, wasserfreien, nach der von Worm M\u00fcller1) angegebenen Modification der Schwarz\u2019sehen Methode dargestelltem Traubenzucker ausgef\u00fchrt. Von diesem Zucker, stets in wasserfreiem Zustande \u2014 wurden genau abgewogene Mengen in destil-lirtem Wasser oder in normalem zuckerfreien Harn gel\u00f6st und in dieser Weise L\u00f6sungen von genau bekanntem Zuckergehalt gewonnen.\nEs stellte sich bei meinen Versuchen bald heraus, dass diejenige Reagensl\u00f6sung, welche 8% Na2\u00dc enthielt, ceteris paribus, die empfindlichste war, und es zeigte sich ferner, dass das geeignetste Verh\u00e4ltniss der Reagensl\u00f6sung zu der Versuchsfl\u00fcssigkeit 1:10 war. Bei Zusatz von 1 Theil der Reagensl\u00f6sung von 8\u00b0/o Na2\u00dc zu 10 Theilen Versuchsfl\u00fcssigkeit erhielt ich bei Versuchen mit w\u00e4sserigen Zuckerl\u00f6sungen eine ganz unzweifelhafte Reaction bei einem Gehalt von 0,05 \u00b0/o und eine deutliche, wenn auch etwas schw\u00e4chere, Reaction bei Anwesenheit von 0,04% Zucker. In den mit Zucker versetzten Harnen war die Empfindlichkeit eine noch gr\u00f6ssere, insofern als ich in ihnen einen Gehalt von 0,04% Zucker recht deutlich nachweisen konnte. Sogar bei einem Gehalt von 0,025% Zucker im Harne wurde mit der oben genannten Reagensl\u00f6sung eine unzweifelhafte, wenn auch sehr schwache, Reaction erhalten.\nAls Beleg f\u00fcr das eben Gesagte erlaube ich mir hier eine tabellarische Zusammenstellung der hierher geh\u00f6renden Versuchsergebnisse mitzutheilen. Bez\u00fcglich dieser Tabelle, welche wohl ohne Weiteres verst\u00e4ndlich sein d\u00fcrfte, erlaube ich mir nur zu bemerken, dass der in jedem Tabellenstabe aufgef\u00fchrte Prozentgehalt Zucker stets die kleinste Zuckerln enge bedeutet, welche mit einer Reagensl\u00f6sung von dem\n0 Christiania, Videnskabsselskabs Forhandlinger, 1882, Nr. 12.","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"17,9\nMischharn.\nA.\tGesammtphosphor in 100 ccm. I. 0,0251 g, II. 0,0255 g, Mittel 0,0253 g Mg2P207 \u2014 0,01618 g P205; demnach in 1910 ccm. = 0,30904 g P205.\nB.\tAnorganische Phosphate in 100 ccm. I. 0,0230g, II. 0,0226g, Mittel 0,0228 g Mg2P207 = 0,01458 g P206; demnach in 1910 ccm. = 0,2785 g P205.\nC.\tOrganischer Phosphor in 1910 ccm. = 0,0305 g P205.\nVersuch V.\nDatum\tHarnmenge\tN in 10 ccm.\tN pro die\n7. VI. 1899\t220 ccm.\t29,4 mg\t0,6468 g\n8. VI. 1899\t220 >\t31,85\t\u00bb\t0,7007 \u00bb\n9. VI. 1899\t225\t\u00bb\t30,8\t\u00bb\t0,693\t>\n10. VI. 1899\t240\t\u00bb\t30,1\t>\t0,7227 \u00bb\n11. VI. 1899\t240\t\u00bb\t29,4\t\u00bb\t0,7056 \u00bb\n\t1145 ccm.\t\t3,4685 g\nMischharn.\nA.\tGesammtphosphor in 100 ccm. I. 0,0717 g, II. 0,0721 g, Mittel 0,0719 g Mg2P207 = 0,04599 g P205; demnach in 1145 ccm. = 0,5266 g P206.\nB.\tAnorganische Phosphate in 100 ccm.I. 0,0708g, 11.0,0698 g, Mittel 0,0703 g Mg2P207 \u2014 0,04196 g P205 ; demnach in 1145 ccm. = 0,5148 g P206.\nG. Organischer Phosphor in 1145 ccm. = 0,0118 g P205.\nVersuch VI.\nMisch harn 10 ccm. == 17,5 mg N, 1780 ccm. = 3,115 g N.\nA.\tGesammtphosphor in 100 ccm. I. 0,0388 g, II. 0,0381 g, Mittel 0,03845 g Mg2P207 = 0,02459 g P205; demnach in 1780 ccm. = 0,4377 g P205.\nB.\tAnorganische Phosphate in 100 ccm. I. 0,0355 g, II. 0,0361 g, Mittel 0,0358 g Mg2P207 = 0,0229 g P205; demnach in 1780 ccm. = 0,40762 g P205.\nC.\tOrganischer Phosphor inl740ccm. = 0,0301 g P205.\nDatum\tHarnmenge\n20. VI. 1899\t380 ccm.\n21. VI. 1899\t320\t>\n22. VI. 1899\t300\t\u00bb\n23. VI. 1899\t345\t\u00bb\n24. VI. 1899\t435\t>\n\t1780 ccm.","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"i80\netwa 17% Na2 0, arbeitet. Den Grund dieses eigenth\u00fcm-lichen Verhaltens habe ich nicht zum Gegenstand weiterer Untersuchungen gemacht.\nBeim Zusatz von gr\u00f6sseren Mengen der Reagensl\u00f6sung wird indessen, wie gesagt, die Empfindlichkeit der Reaction vermindert, und wenn es sich um den Nachweis sehr kleiner Zuckermengen 0,1\u20140,025% handelt, d\u00fcrfte also das Ver-h\u00e4ltniss 1 : 10 das passendste sein. Bei Gegenwart von gr\u00f6sseren Zuckermengen \u2014 1 % oder dar\u00fcber \u2014 kann selbstverst\u00e4ndlich eine grosse Menge der Reagensl\u00f6sung ohne Schaden zugesetzt werden, und in solchen F\u00e4llen ist der Zusatz von mehr Reagensl\u00f6sung sogar anzurathen, weil die Reaction dadurch an Sicherheit und Deutlichkeit gewinnt.\nNachdem ich also die Empfindlichkeit der Wismuth-probe gepr\u00fcft hatte, ging ich zu dem zweiten Theile meiner Aufgabe, zur Pr\u00fcfung der Zuverl\u00e4ssigkeit derselben, \u00fcber.\nEs handelte sich also darum zu zeigen, ob eine \u00e4hnliche Reaction auch durch andere in dem Harne vorkommenden Stoffe hervorgebracht werden k\u00f6nnte, und zu dem Ende verfuhr ich auf folgende Weise: Normaler Harn, d. h. solcher, in welchem weder mit Worm-M\u00fcller\u2019s Modification, der Trommer\u2019schen Probe, noch mit alkalischer Wismath-l\u00f6sung von 8\u00b0/o Na2 0, in dem Verh\u00e4ltnisse 1 : 10 dem Harne zugesetzt, eine Spur von Zucker nachgewiesen werden konnte, wurde mit alkalischer Wismuthl\u00f6sung von 8, 12 oder 17% Na2 0 in gr\u00f6sserer Menge, wie in den Verh\u00e4ltnissen 4:10; 6:10; 8:10 u. s. w., versetzt. Es zeigte sich nun, dass bei dieser Versuchsanordnung in jedem normalen Harn eine deutliche Reaction \u2014 d. h. eine dunkle F\u00e4rbung des Phosphatniederschlages \u2014 erhalten werden konnte, und zwar am leichtesten bei Zusatz von der alkalireichsten Reagensl\u00f6sung (17% Na2 0). Dass diese Dunkelf\u00e4rbung des Phosphatniederschlages von der Zersetzung irgend eines Bestandtheiles des Harns durch die Einwirkung des Alkalis herr\u00fchren musste, ging daraus hervor, dass eine \u00e4hnliche, wenn auch etwas schw\u00e4chere F\u00e4rbung beim Kochen des Harnes mit der Natronlauge und der Seignettesalzl\u00f6sung, oder mit der Natronlauge","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"181\nallein zum Vorschein kam. Dio Seignettesalzl\u00f6sung und die Natronlauge gaben beim Sieden allein (d. h. ohne Harn oder Wismuthzusatz) keine F\u00e4rbung; die Fl\u00fcssigkeit blieb klar.\nDass es in diesen F\u00e4llen wirklich nicht um eine Spur Zucker sich handelte, ging daraus hervor, dass ich den fraglichen Harnbestandtheil durch Zusatz von Hefe nicht zum Verschwinden bringen konnte. Nach 2-t\u00e4giger Einwirkung der Hefe gab der Harn dieselbe Reaction wie fr\u00fcher mit der Wismuthprobe.\nDie nun mitgetheilten Beobachtungen best\u00e4tigen also die Angabe Salkowskis, dass jeder normale Flarn mit der Wismuthpi obe, wenn zu derselben Natronlauge verwendet wird, eine Schw\u00e4rzung geben kann, und sie zeigen ausserdem, von welch\u2019 grosser Bedeutung die Menge des zugesetzten Alkali\u2019s bei dieser Reaction ist. Erst wenn man mit dem Alkaligehalte des Reagenses und der Menge desselben sehr genau ist, kann man auf zuverl\u00e4ssige Resultate rechnen, und es ist nunmehr nicht schwierig zu verstehen, warum die Zuverl\u00e4ssigkeit der AVismuthprobe von mehreren Seiten in Zweifel gezogen worden ist. Es h\u00e4ngt dies davon ab, dass die grosse Bedeutung eines passenden Alkaligehaltes fr\u00fcher nicht gen\u00fcgend bekannt war.\nUnter gewissen Umst\u00e4nden \u2014 bei zu grossem Alkaligehalte des Reagenses oder bei Zusatz von zu grossen Mengen desselben kann also die Wismuthprobe zu ganz irrigen Schl\u00fcssen f\u00fchren. Wie verh\u00e4lt es sich aber mit der Zuverl\u00e4ssigkeit derselben, wenn eine Reagensl\u00f6sung von passendem Alkaligehalt (8% Na2 0) in richtiger Menge [in dem Verh\u00e4ltnisse 1:10] zugesetzt wird?\nUm dies zu pr\u00fcfen, habe ich mit einer solchen Reagensl\u00f6sung Harne von etwas mehr als 100 Personen untersucht. Unter 100 von mir untersuchten Harnen fand ich dabei nur 14, welche mit de]4 Wismuthl\u00f6sung einen positiven Ausschlag gaben, w\u00e4hrend die \u00fcbrigen 86 dem Reagense gegen\u00fcber ganz negativ sich verhielten. Die obengenannten 14 Harne wurden auch mit der Worm-M\u00fcller\u2019schen Modification, der Tr omni er sehen Probe untersucht, und es gaben von ihnen 12\nZeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie VIII.\t13","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\neine unzweifelhafte Zuckerreaction. In den zwei \u00fcbrigen war das Resultat etwas zweifelhaft, und aus diesem Grunde wurde der Harn mit Hefe versetzt. Nach Verlauf von zwei Tagen wurde er von Neuem untersucht und diesmal erhielt ich mit derselben Wismuthl\u00f6sung gar keine Reaction. Es handelte sich also in diesem Falle um eine gleichzeitig redu-cirende und g\u00e4hrungsf\u00e4hige Substanz, welche wohl zweifelsohne Zucker war. Leider vers\u00e4umte ich es, auch den zweiten der obigen zweifelhaften Harne der G\u00e4hrungsprobe zu unterwerfen, und da ich einige Monate sp\u00e4ter wieder Harn von derselben Person erhielt, gab dieser Harn mit der Wismuth-probe ein durchaus negatives Resultat.\nVon den obengenannten 12 Harnen, welche auch mit der Wor m-M\u00fcll er\u2019schen Modification der Trommer\u2019schen Probe ein unzweifelhaftes Resultat gaben, wurden 7 mit Hefe versetzt. In allen wurde nach ein Paar Tagen mit der Worm-M\u00fcll er\u2019schen, wie mit der Wismuthprobe ein durchaus negatives Resultat erhalten, und es kann also wohl keinem Zweifel unterworfen sein, dass in diesen F\u00e4llen die Reaction mit der Wismuthprobe durch Spuren von Zucker hervorgerufen worden war. Die Zuverl\u00e4ssigkeit der Wismuthprobe bei richtiger Ausf\u00fchrung derselben d\u00fcrfte also durch diese Beobachtungen erwiesen sein.\nIn naher Beziehung zu der Frage von der Zuverl\u00e4ssigkeit steht auch die Frage von dem Einfl\u00fcsse eines etwaigen Fiweissgehaltes des Harns auf die Brauchbarkeit der Wismuthprobe. Es stimmen nun zahlreiche Forscher darin \u00fcberein, dass eine dunkle F\u00e4rbung der Harnprobe auch durch Eiweiss zu Stande kommen kann ; von welcher Bedeutung aber der Procentgehalt des Harns an Eiweiss hierbei sein mag, dar\u00fcber habe ich keine n\u00e4heren Angaben gefunden, und aus diesem Grunde habe ich auch diese Frage zum Gegenstand einiger Untersuchungen gemacht.\nMeine Aufgabe war auch hier eine doppelte. Einerssits lag es mir ob zu zeigen, inwiefern das Vorhandensein von Eiweiss in einem zuckerfreien Harn bei Anwendung der Wismuthprohe zur Verwechselung mit Zucker Anlass geben","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"183\nk\u00f6nnte, und andererseits musste ich auch zeigen, ob, und in dem Falle bis zu welchem Grade, die Zuckerprobe bei gleichzeitiger Gegenwart von Eiweiss und Zucker gest\u00f6rt werden k\u00f6nnte.\nZur Entscheidung der ersten Frage stellte ich theils mit zuckerfreiem, eiweisshaltigem und theils mit normalem, mit bekannten Mengen Pferdeblutserums versetzten Flarn einige Ver-suche an. Die Wismuthl\u00f6sung hatte in allen diesen Versuchen einen Gehalt von 8% Na2 0 und sie wurde dem Harne in dem Verh\u00e4ltniss 1:10 zugesetzt. Bei diesen Versuchen zeigte es sich nun, dass bei einem Gehalte von 0,6% Eiweiss der Niederschlag eine dunkle F\u00e4rbung annahm, welche vielleicht von dem weniger Ge\u00fcbten mit der bei Gegenwart von Zucker eintretenden F\u00e4rbung verwechselt werden k\u00f6nnte. Von dem bei Anwesenheit von Zucker entstehenden zeigte doch dieser Niederschlag den auffallenden Unterschied, dass er deutlich rothbraun gef\u00e4rbt war, w\u00e4hrend der in zuckerhaltigem Harne entstehende Niederschlag schwarz oder wenigstens grauschwarz gef\u00e4rbt ist. Hat man einmal die beiden Niederschl\u00e4ge gleichzeitig beobachtet, ist eine Verwechselung wohl kaum m\u00f6glich. Erst bei sehr grossem Eiweissgehalt (1 \u00e0 2%) waren die Niederschl\u00e4ge so stark dunkel gef\u00e4rbt, dass von einer m\u00f6glichen Verwechselung die Rede sein konnte. Bei niedrigerem Eiweissgehalt (0,5% oder weniger) hatle der Phosphatniederschlag wie die obenstehende Fl\u00fcssigkeit nur eine schwach rothbraune Farbe. Die Gefahr einer Verwechselung von Zucker und Eiweiss bei der Anwendung der Wismuthprobe kann also nicht als eine sehr grosse betrachtet werden.\nZur Entscheidung der zweiten Frage versetzte ich normalen Harn mit bekannten Mengen Zucker und Eiweiss und pr\u00fcfte dann mit der gew\u00f6nlichen Reagensl\u00f6sung von 8% Na2 0 in dem gew\u00f6hnlichen Verh\u00e4ltnisse 1 : 10. Auch in diesem Falle ergab die Probe ein recht gutes Resultat, insofern als erst beim Vorhandensein von sehr wenig Zucker neben verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig viel Eiweiss die Reaction verhindert oder wesentlich gest\u00f6rt wurde. Ich erhielt also bei einem Gehalt von :","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\n\u00d6,l\u00b0/o\tZucker\tund\t0,45\u00b0|o Eiweiss; keine Reaction.\n0,1 \u00b0j'o\t\u00ab\t\u00ab\t0,35\u00b0jo\t\u00ab\tschwache Reaction.\n0,1\u00b0 o\t\u00ab\t\u00ab\t0,2 \u00b0/o\t\u00ab\tgute Reaction.\n0,l\u00b0/o\t\u00ab\t\u00ab\t0,1 \u00b0/o\t\u00ab\tsehr sch\u00f6ne Reaction.\nDa es sich wohl selten ereignet, dass der Harn neben Zucker gleichzeitig gr\u00f6ssere Mengen Eiweiss enth\u00e4lt, d\u00fcrfte also die st\u00f6rende Wirkung des Eiweisses in zuckerhaltigen Harnen nur von untergeordneter Bedeutung sein. Immerhin bleibt es doch das beste, das Eiweiss erst in gew\u00f6hnlicher Weise zu entfernen und dann die Wismuthprobe auszuf\u00fchren.\nEin nicht unwesentlicher Vortheil bei Anwendung der nun discutirten Zuckerprobe liegtauch darin, dass die Reagensl\u00f6sung lange Zeit unver\u00e4ndert sieh erh\u00e4lt. Es findet sich zwar in dieser Hinsicht eine abweichende Erfahrung von Laache1), ivelcher angiebt, dass die L\u00f6sung schon nach einer Woche ver\u00e4ndert wird, aber diese Erfahrung, welche vielleicht von irgend einem zuf\u00e4lligen Umstande bei der Bereitung der Reagensl\u00f6sung her r\u00fchr en kann, stimmt nicht mit den bei uns gewonnenen Erfahrungen \u00fcberein. So spricht schon Almen2) von einer Reagensl\u00f6sung, welche nach Verlauf von 2 Jahren noch ganz unver\u00e4ndert war, und selbst habe ich mich auch von der Haltbarkeit der Reagensl\u00f6sung \u00fcberzeugen k\u00f6nnen. Als Beleg hierf\u00fcr erlaube ich mir zu bemerken, dass eine Reagensl\u00f6sung, welche neubereitet einen Gehalt von 0,05 \u00b0o Zucker sehr deutlich angab, nach Verlauf von 6 Monaten noch genau dieselbe Empfindlichkeit hatte. Mit normalem, zuckerfreiem Harn gab sie fortw\u00e4hrend gar keine Reaction, und auch die Zuverl\u00e4ssigkeit war also dieselbe.\nNach dem nun Mitgetheilten muss man also die alkalische Wismuthl\u00f6sung als ein sehr brauchbares Reagens auf Zucker im Harn betrachten \u2014 unter Voraussetzung jedoch, dass der Gehalt der L\u00f6sung an Alkali nur etwa 8% Na-2 O betr\u00e4gt und die Mengen der Reagensl\u00f6sung und des Harnes wie 1:10 sich verhalten. Die Empfindlichkeit geht unter diesen Verh\u00e4ltnissen mindestens zu 0,05\u00b0/o Zucker, und es wird\n0 S. Laache: Urin-Analyse for L\u00e6ger. Christiania 1883.\n2) Uosala l\u00e4karef\u00f6renings f\u00f6rhancllingar, Bd IV.","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"185\ndie Probe in dieser Beziehung also nur von der Worm-M\u00fcller\u2019schen Modification, welche die Erkennung von 0,025\u00b0,o Zucker gestattet, \u00fcbertroffen, Gegen\u00fcber dieser Worm-M\u00fbller\u2019schen Modification hat doch die Wismuthprobe den Vorzug, dass sie einerseits weit leichter und schneller auszuf\u00fchren ist und andererseits ein mehr entscheidendes Resultat giebt. Mir scheint es wenigstens, dass es vor Allem f\u00fcr den weniger Ge\u00fcbten recht schwierig ist in allen F\u00e4llen zu sagen, ob eine Ausscheidung von Kupferoxydul, resp. Oxydulhydrat in der Fl\u00fcssigkeit stattgefunden hat Diese Schwierigkeit macht sich sogar bei einem Gehalt von 0,05\u00b0/o Zucker geltend w\u00e4hrend die Wismuthprobe bei demselben Zuckergehalt eine auch f\u00fcr den Unge\u00fcbten ganz unzweifelhafte Reaction giebt.\nDa es also kaum m\u00f6glich ist mit der Wismuthprobe einen Zuckergehalt von 0,05% zu verfehlen, und da ich weiter unter 100 von mir untersuchten Harnen keinen einzigen gesehen habe, in welchem, wenn er mit der Wismuth-l\u00f6sung einen positiven Ausschlag gab, nicht mit Worm-M\u00fc 11 er\u2019s Modification oder mit der G\u00e4hrungsprobe das Vorhandensein von Zucker demonstrirt werden konnte, muss ich also die Wismuthprobe, mit den obengenannten Gautelen ausgef\u00fchrt, als eine sehr gute Reaction auf Traubenzucker im Harne bezeichnen.\nUeber die Brauchbarkeit der Wismuthl\u00f6sung zum Nachweis von Milchzucker im Harn habe ich keine Untersuchungen angestellt.\nt","page":185}],"identifier":"lit16524","issued":"1883-84","language":"de","pages":"175-185","startpages":"175","title":"Ueber alkalische Wismuthl\u00f6sung als Reagens auf Traubenzucker im Harne","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:33:40.098631+00:00"}