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{"created":"2022-01-31T13:21:52.520307+00:00","id":"lit16564","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Salkowski, E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 9: 229-237","fulltext":[{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"Heber das Vorkommen der Phenaceturs&ure im Harn und die Entstehung der aromatischen Substanzen beim Herbivoren.\nVon\nE. Salkowski.\n(Aus dem chemischen Laboratorium des pathologischen Instituts in Berlin.)\n(Der Redaktion zugegangeu am 11. Dezember 1884.)\nIn gemeinschaftlich mit meinem Bruder angestellten Versuchen habe ich die Hydrozimmts\u00e4ure als fr\u00fchzeitig auf-1 retendes Produkt der Eiweissfaulniss aufgefunden ; wir haben dann ausserdem festgestellt, dass diese S\u00e4ure im Organismus vollst\u00e4ndig zu Benzoes\u00e4ure oxydirt und als Hipp\u00fcrs\u00e4ure ausgeschieden wird. Wir hielten uns danach f\u00fcr berechtigt1), anzunehmen, dass die Hippurs\u00e4ure des normalen Harns, soweit diese \u00fcberhaupt aus dem Eiweiss und nicht aus mit der Nahrung eingef\u00fchrten aromatischen Substanzen hervorgeht, gleichfalls aus im Darmkanal gebildeter Hydrozimmt-.s\u00e4ure entsteht. Sehr zu Gunsten dieser Ansicht sprach die Beobachtung von Schotten2), dass nach der Einnahme einer grossen Quantit\u00e4t von paraoxybenzoesaurem Natron, welches als Antisepticum wirkt, die Hippurs\u00e4ure. aus dem Harn verschwindet.\nDie Richtigkeit dieser Anschauung liess sich nun noch weiterhin pr\u00fcfen. \u2014 Die Hydrozimmts\u00e4ure ist sehr h\u00e4ufig,\n!) Diese Zeitschrift, Bd. \\II, S. 170.\n2) Diese Zeitschrift, Bd. Vil, S. 23.","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nlast constant in F\u00e4ulnissmischungen von Phenylessigs\u00e4ure begleitet, wie wir demn\u00e4chst n\u00e4her ausfuhren werden. Vor, dieser S\u00e4ure haben wir nachgewiesen, dass sie inj K\u00f6rper m die entsprechende GlycocollVerbindung in \u00abPhenacetur-s\u00fcure* \u00fcbergeht. Gelang es, diese S\u00e4ure auch im genuinen Harn aufzufinden, so war damit offenbar eine weitere, sehr wichtige St\u00fctze f\u00fcr unsere Annahme gegeben. Die Phenvl-essigs\u00e4ure ist bisher als Oxydationsprodukt des Eiweiss nicht gefunden, sondern ausschliesslich durch F\u00e4ulniss daran, zu erhalten. Man kann l\u00fcr sie also nicht, was f\u00fcr di. Benzoes\u00e4ure m\u00f6glich ist, eine Entstehung durch Oxydation im K\u00f6rper annehmen, sondern nur die Bildung durch F\u00e4ul-nih\u00bb im Darm. 1st man aber f\u00fcr diese S\u00e4ure zu dieser Annahme gen\u00f6lhigt, so liegt gewiss kein Grund vor, f\u00fcr die Hippurs\u00e4ure von der Abstammung aus, durch F\u00e4ulniss gebildeter, Hydrozimmts\u00e4ure abzusehen.\nDieses war der Gesichtspunkt, der mich zur Aufsuchung der Phenaceturs\u00e4ure im Harn bestimmte.\nEs gelang mir nun in der That wiederholt, bei der Veiarbeitung von je 5 Liter ganz frischen menschlichen Harns auf Hippurs\u00e4ure aus den Mutterlaugen dieser S\u00e4ure eine v\u00f6llig weisse krystallisirte S\u00e4ure vom Schmelzpunkt 142\u00b0 zu jsotiren, welche sich beim Erhitzen iin R\u00f6hrchen und auf dem Platinblech wie Phenaceturs\u00e4ure verhielt und aller Wahrscheinlichkeit nach die gesuchte S\u00e4ure war, allein stets war ihre Menge \u00e4usserst gering und sie wurde zudem nicht constant gefunden. Sowie die Verarbeitung des Harns neben Hippurs\u00e4ure Benzoes\u00e4ure ergab, war von Phenaceturs\u00e4ure nichts zu entdecken. Die S\u00e4ure scheint noch leichter zer-setzlich zu sein, wie die Ilippurs\u00e4ure. Dieser Umstand Hess auch die Verarbeitung grosser Mengen menschlichen Harns wenig aussichtsvoll erscheinen, und so wandte ich mich zun\u00e4chst dem an aromatischen Substanzen so reichen Pferdeharn zu.\nDer freundlichen Vermittlung des Hrn. Prof. Diecker-hott an der hiesigen kgl. Thierarzneischule verdankte ich den w\u00e4hrend 48 Stunden mit besonderen Cautelen sorgf\u00e4ltig","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"''(\u25a0sammelten Harn eines gesunden Pferdes (Wallach), das mit 2 kg. Hafer, 2 kg. Heu, 1 kg. Weizenkleie und einer nicht genau bestimmten Quantit\u00e4t H\u00e4ckselstroh pro Tag gef\u00fcttert war. Zur Ermittlung des Gehaltes an Hippurs\u00e4ure und vorl\u00e4ufiger Untersuchung auf Phenaceturs\u00e4ure wurde 1 Liter des Harns auf etwa 200 ebem. cingedampft, mit .SOO cbem. Alkohol von 05 \u00b0lo wieder auf 1 Liter aufgefulll, nach 24 Stunden filtrirt, mit Alkohol nachgewaschen, die alkoholischen Ausz\u00fcge verdampft, mit Salzs\u00e4ure versetzt und nach einigem Stehen mit alkoholhaltigen, Aether gesch\u00fcttelt. Hierbei schied sich der gr\u00f6sste Theil der Hippurs\u00e4ure aN schnecweisses Pulver ab, das abfdtrirt, gewaschen, getrocknet 4,9 gr. wog und sofort den Schmelzpunkt 485\u00bb zeigte. Die noch in w\u00e4sseriger L\u00f6sung befindliche Hippurs\u00e4ure w\u00fcrde in \u00e4therische L\u00f6sung \u00fcbergef\u00fchrt, diese nach dem Abdestilhrcn eines Theils des Aethers, anhaltend mit Natriumcarbonatl\u00f6sung gesch\u00fcttelt. Die alkalische L\u00f6sung eingedampft, nochmals in Alkohol aul'genommen, dieser verdunstet und der\n...\t-\u00abx*\t-1- (j\u00ef k \u00a354uttrlah\nStunden\nwelcher\n111 Li lig it\u00bb\t^\to\nR\u00fcckstand mit Salzs\u00e4ure anger\u00fchrt. Die nach 24 last ganz trockene Masse wurde mit Aether verrieben, Benzoes\u00e4ure aufnahm. Das Gewicht der letzteren betrug nac \\ der Reinigung (Schmelzpunkt 121\u00b0) 0,15 gr.\nDie r\u00fcckst\u00e4ndige Hippurs\u00e4ure wurde mit Wasser gewaschen, in heissem Wasser gel\u00f6st, die heisse tr\u00fcbe L\u00f6sung durch Filtriren gekl\u00e4rt. Aus dieser L\u00f6sung wurden drei successive auskrystallisirende Fraction\u00ab! erhalten, deren Gewicht nach dem Trocknen betrug:\na) 0,382 gr. h) 0,572 \u00ab o\\ o\n1.84\u00ab gr.\nDie Schmelzpunkte waren nach einmaligem Umkrystal-lisiren fur a) 182, b) 186, c) schon unter 140. Das oben , erw\u00e4hnte Waschwasser lieferte heim Eindampfen etc. noch\ni) Das Gewicht dieser Fraktion ist erst nach einmaligem Um-krystallisiren bestimmt.","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"\",4\u2018Jo gr. Saure. Dieselbe begann unter 140\u00b0 zu schmelzen war jedoch erst bei etwa ISO-v\u00f6llig geschmolzen S\u00c4 1,84b gr. addirt, ergeben sich 2,33!) gr., somit im Ganzen\n.-39 gr., was mit der durch N-Bestimmung im Aether\nauszug ermittelten Menge = 7 V) \u00ab.l.r n.,i, u ,\n|\\; D,\t\u00ae /,oJ se*,r nahe ubereinstimmt.\nD*e Phenaceturs\u00e4ure war offenbar in der leicht schmel-\nA Th n FTtl\u00b0\" ZU SUCl,en- Durch WascllM derselben mil Aether und mehrmaliges Umkiystallisiren aus Wasser konnte\ns,e aus dieser in der That leicht erhalten werden. Im Ganzen\naus 1 Liter Harn 0,5 gr. erhalten, davon 0,32 <w\nllkM\u00cffVfrr1 143\u201d\u2019 \u00b0\u201918 vom Schmelz-I nkt 136 Auf dieselbe, oder sehr \u00e4hnliche Weise wurde\nnoch wiederholt Phenaceturs\u00e4ure aus dem Harn erhalten.\nIflon,'ficll'ung diente ausser der charakteristischen hi jstallisation in Bl\u00e4ttchen die Elementaranalyse und die Spaltung durch Salzs\u00e4ure.\nEine Quantit\u00e4t der erhaltenen S\u00e4ure wurde eine halbe Stunde lang mit rauchender Salzs\u00e4ure gekocht, schliesslich 'ordamplt, der R\u00fcckstand mit Wasser \u00fcbergossen und dadurch krystalhnische Bl\u00e4ttchen abgeschieden, die bei 73\u00bb schmolzen\nS\u2019ilii*., I \"\"\t,\t*\t^ waren. Die w\u00e4sserige sais-\nine Losung wurde mit feuchtem, kohlensauren Silber er-\nkrvst li-\tenlSi,bCrt Und einBedampft. Das aus-\nkijstalhsirendc Glycocoll war leicht an seinem Habitus, dem\ns\u00fcssen Geschmack und der Aufl\u00f6sung von Kupferoxyd mit blauer Farbe zu erkennen.\ty\nI. 0,2004 gr. der S\u00e4ure mit chromsaurem Blei und vorgelegtem K\u00e4ufer verbrannt, gab 0,1160 HjO und 0,4570 COs.\n0,2008 gr. gab 0,1080 HsO und 0,4580 CO,\"\n0 2154 gr mit Natronkalk verbrannt, NH, in SaUs\u00e4ure aufgefangen e r. ei forderte 0,8 ebem. Ag-Lflsong, von der 1 ebem. =0,01 Na CI. Berechnet :\t(lefnnden :\n1.\t\u2014\t3\n<:\tfi218\t62,14\t62,20\t\u2014\n?!\t5\u201970\t0.43\t0,01\t\u2014\n\"\t1,25\t\u2014\t\u2014\t7,50\n:\t, Darsl(>l|ung der Phenaceturs\u00e4ure aus dem Pferde-\nharn lasst sich nat\u00fcrlich sehr vereinfachen, sie kommt stets","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"darauf hinaus, die durch Aetheraussch\u00fcttelung erhaltenen S\u00e4uren fraktionirt zu krystallisiren und diejenige Fraction in Arbeit zu nehmen, deren Schmelzpunkt weit unter dem der Hippurs\u00e4ure liegt: meistens zeigt eine Fraction, nicht immer die letzte, dieses in sehr ausgesprochenem Grade und die Reindarstellung durch Waschen der abgepressten S\u00e4ure mit Aether und Umkrystallisiren aus Wasser unter Zuf\u00fcgung von etwas Kohle gelingt dann \u00fcberraschend leicht. Die Ueber-f\u00fchrung der S\u00e4ure aus der \u00e4therischen L\u00f6sung in die w\u00e4sserig* alkalische ist allerdings ein Umweg, hat aber doeh auch ihre Vorz\u00fcge, da man dabei das Kresol gr\u00f6sstentheils los wird.\nZur schnellen Gonstatirung der S\u00e4ure empfehle ich folgendes Verfahren: 1 Liter Pferdeharn, (resp. mehr, wenn der Harn nicht so concentr\u00e2t ist) wird auf 200 cbcm. verdampft, mit 800 cbcm. Alkohol aufgenommen, der Auszug verdunstet, in Wasser gel\u00f6st, mit Salzs\u00e4ure stark anges\u00e4uert, die S\u00e4uren in Aetherl\u00f6sung \u00fcbergef\u00fchrt, aus dieser in w\u00e4sserig-alkalische, aus dieser nach dem Ans\u00e4uern mit Salzs\u00e4ure wieder in Aetherl\u00f6sung. Der beim Abdestilliren des Aethers bleibende Syrup wird m\u00f6glichst von Aether befreit, dann in demselben Kolben : mit 50\u201480 cbcm. Wasser zum Sieden erhitzt, die L\u00f6sung 24 Stunden sich selbst \u00fcberlassen, dann abfiltrirt, das Filtrat auf etwa 15 cbcm. eingedampft: beim Erkalten kryst\u00e4llisirt in der Regel Phenaceturs\u00e4ure ziemlich rein aus. Qft treten schon bei einmaligem Umkrystallisiren der auf Thonplatten gut abgepressten S\u00e4ure aus Wasser die charakteristischen Bl\u00e4ttchen auf, die sehr leicht von den Nadeln der .Hippurs\u00e4ure zu unterscheiden sind. Die Schwerl\u00f6slichkeit der trockenen S\u00e4ure in Aether, der Stickstoffgehalt, der Schmelzpunkt (143\u00b0) dienen zur weiteren Characterisirung.\nUeber die relative Menge der Phenaceturs\u00e4ure im .Ver-h\u00e4ltniss zur Hippurs\u00e4ure l\u00e4sst sich so lange nichts sagen, als man nicht eine bessere Trennungsmethode besitzt, unbedeutend ist sie jedenfalls nicht. Dass sie bisher \u00fcbers\u00e9hen wurde, ist aus dem \u00fcblichen Darstellungsverfahren leicht erkl\u00e4rlich: sie f\u00e4llt beim Ans\u00e4uern des eingedampften Harns mit Salzs\u00e4ure nicht aus, sondern bleibt in der","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"m\nsulzsauren L\u00f6sung. Man kann daher auch diese zum Ausgangspunkt nehmen, mit Aether sch\u00fctteln etc. Dieses Verfahren f\u00fchrt bei gr\u00f6sseren Harnmengen schnell zum Ziel.\nMit dem Nachweis der Phenaceturs\u00e4ure d\u00fcrfte der Beweis erbracht sein, dass die Ilippurs\u00e4ure aus der, durch F\u00e4ul-niss von Eiweiss im Darm entstehenden Hydrozimmtsuure hervorgeht, insoweit nicht die Abstammung aus pr\u00e4formirten aromatischen Substanzen in Betracht kommt. Dieser Punkt ist es, auf den wir noch kurz cingehen m\u00fcssen.\nDie 24st\u00e4ndige Quantit\u00e4t der Hippurs\u00e4ure, resp. Phenaceturs\u00e4ure betr\u00e4gt im vorliegenden Falle rund 15 gr. Nach unseren Versuchen sind aus 100 gr. Eiweiss durch F\u00e4ulnisszersetzung und Verf\u00fctterung der entstandenen aromatischen S\u00e4uren nicht mehr wie h\u00f6chstens 2 gr. Hippurs\u00e4ure') zu erhalten. Somit m\u00fcssten zur Bildung von 15 gr. Ilippurs\u00e4ure 1750 gr. Eiweiss im Darm durch F\u00e4ulniss zerfallen; und wenn wir selbst annehmen, dass die Quantit\u00e4t der gebildeten aromatischen S\u00e4uren doppelt so gross sein kann, immer noch 375 gr. Nun betrug die Quantit\u00e4t de* zersetzten Eiweiss nach Massgabe des ausgeschiedenen Stickstoffs (65,34 gr.), etwa 400 gr. pro die. Auch wenn wir annehmen, dass nicht aller Stickstoff des im Darm zersetzten Eiweiss im Harn erscheint, ist es unm\u00f6glich, die ganze Quantit\u00e4t der Ilippurs\u00e4ure vom zersetzten Eiweiss abzuleiten. Eine solche Annahme w\u00fcrde wenigstens unsere Vorstellungen \u00fcber die Ern\u00e4hrung bei den Pflanzenfressern v\u00f6llig auf den Kopf stellen und wir werden gewiss weit mehr Grund haben, zu vermuthen, dass in den Futterstoffen noch unbekannte, der Benzoes\u00e4ure nahestehende Verbindungen in betr\u00e4chtlicher Menge2) pr\u00e4formirt vorhanden sind, ehe wir uns zu dieser Annahme entschlossen.\nGanz \u00e4hnlich liegen die Verh\u00e4ltnisse f\u00fcr das Phenol.\n,) Resp. Phenaceturs\u00e4ure, als. Hippurs\u00e4ure berechnet.\n*) Was bisher von solchen im Harn nachgewiesen ist, kommt der Menge nach kaum in Betracht. \u2014 Meissner und Shepard sehen bekanntlich die Cuticularsubstanz als Quelle der Hippurs\u00e4ure an.","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Tappei ner1) findet es schon bedenklich, eine Zersetzung von 10\u00b0/o des Eivveiss im Darmkanal 4 unter Bildung von Phenol beim Pferd anzunehmen \u2014 so gross musste seiner Rechnung nach der Umfang der Zersetzung sein. Diese Schatzung von Tappeiner w\u00e4re aber sicher viel zu \"niedrig. Tappeiner geht von der von J. Munk und Tereg2) ermittelten durchschnitttlichen Phenolausscheidung von 3 gr. pro die aus. Unter der Voraussetzung, dass 100 gr. Eiweiss 5 gr. Phenol liefern k\u00f6nnen, wurden zur Bildung von 3 gr. Phenol GO gr. Eiweiss n\u00f6thig sein; weiterhin nimmt Tappei ner 600 gr. resorbirtes Eiweiss pro die an, somit 10V Verlust durch F\u00e4ulniss.\nDie Unterlagen dieser Rechnung sind sehr anfechtbar. Zun\u00e4chst erscheint, wie zahlreiche \u00fcbereinstimmende Versuche ergeben haben, (Schaffer, Tauber, Auerbach* .1. Munk) bei Verabreichung von Phenol nur etwa die H\u00e4lfte desselben im Harn wieder. Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, dass das im Darm entstehende und langsam r\u00e7sor-birte \u00abPhenol\u00bb, wenn es auch zum grossen Tlieil Kres\u00fcJ ist,' sich wesentlich anders verh\u00e4lt. Eine Ausscheidung von 3 gr. Phenol, resp. Kresol, berechtigt uns, auf eine Bildung von G gr. zu schliessen. Zweitens ist die Annahme, dass 100 gr. Eiweiss 5 gr. Phenol bilden k\u00f6nnten, viel zu hoch gegriffen. Wir k\u00f6nnen nach unseren Versuchen3) h\u00f6chstens l,5\u00b0/o zugeben, in den Versuchen von Brieger*) ist die Menge noch viel kleiner. Zur Lieferung des Phenols w\u00e4ren somit mindestens 400 gr. Eiweiss erforderlich. Mit anderen Worten: Da die Stickstoflfausscheidung in den Versuchen von J. Munk und Tereg bei obiger Phenolausscheidung etwa 60 gr. pro \u00ablie betrug, so m\u00fcsste s\u00e4rhmtliches Eiweiss iin Darmkanal durch F\u00e4ulniss zerfallen, resp. fast s\u00e4mmt liebes, wenn vielleicht ein Theil des zerfallenden Eiweiss seinen Stickstoff\n<\n*) Zeitschrift f\u00fcr Biologie, Bd. XX, S. 280.\n2)\tArchiv fur Anatomie und Physiologie. Physiolog. Abtlieilg. Suppl, f\u00fcr 1880.\n3)\tBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. XIII, S. 189.\n4)\tDiese Zeitschrift, Bd. Ill, S. 134.","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"nicht in den Harn sendet. Nehmen wir aber auch nur 3 gr. gebildetes Phenol an. so gelangen wir immer noch zu 200 gr. durch F\u00e4ulnis* zersetzten Eiweiss, was offenbar nicht annehmbar ist. Diese Gonsequenzen sind also wohl geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der nach Baumann\u2019s1) Vorgang allgemein und auch von mir bisher acceptirten Anschauung wachzurufen, dass das Phenol auch beim Pflanzenfresser ausschliesslich aus dem Eiweiss der Nahrung durch F\u00e4ulnis* hervorgeht. Mit dieser Annahme w\u00fcrden unsere bisherigen Anschauungen \u00fcber die Resorption des Eiweiss und den Ern\u00e4hrungsvorgang unvereinbar sein.\nAuch J. Munk ist bereits (1. cif.) durch die Beobachtung, dass die Phenolausscheidung bei F\u00fctterung mil Wiesenheu besonders gross war und herunterging, als die Menge desselben verringert wurde, zu der Vermuthung gef\u00fchrt, dass mit dem Wiesenheu vielleicht aromatische Substanzen eingef\u00fchrt sein m\u00f6chten, aus denen sich Phenol leicht und in gr\u00f6sserer Menge abspaltet.\nEndlich widerspricht auch die relativ geringe Ausscheidung von Indican der Annahme einer so umfangreichen Eiweisszersetzung. Wenn wir uns auch der Ansicht von Hoppe-Seyler anschliessen, dass die bisherigen Methoden der Indicanbestinmiung zu niedrige Werthe geben, so wird doch die Indigoausscheidung mit 0,5 gr. pro die beim Pferd nicht zu niedrig angenommen sein. Da das Indol nach den Versuchen von Baumann2) mindestens dem gr\u00f6ssten Theile nach als Indican ausgeschieden wird, so werden wir also auch nicht mehr, wie h\u00f6chstens 0,5 gr. Indol als 24st\u00fcndige im Darm gehildete Menge annehmen k\u00f6nnen. Diese Quantit\u00e4t kann wenigstens, wie unsere fr\u00fcheren Versuche zeigen, aus 50 gr. Eiweiss entstehen. Lassen wir das Phenol ausschliesslich aus dem Eiweiss hervorgehen, so erhebt sich die Frage, was denn aus den entsprechenden grossen Quantit\u00e4ten Indol wird. \u2014 Ich verkenne nicht, dass die Unterlagen\ni) Diese Zeitschrift, Bd. IV, S. 822.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. I, S. 67.","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"237\ndieser Berechnungen etwas willk\u00fcrlich sind und dass zu einer fruchtbaren Discussion dieser Frage eine wesentliche Unterlage bisher fehlt, n\u00e4mlich quantitativ durchgef\u00fchrte F\u00e4ulnissvefsuche mit pflanzlichen Eiweissk\u00f6rpern, jedenfalls aber kann man aus der lndicanausscheidung kein Aigu-, ment f\u00fcr die Ableitung des Phenols aus Eiwcissf\u00e4ulniss\n\u00bbntnehmen.","page":237}],"identifier":"lit16564","issued":"1885","language":"de","pages":"229-237","startpages":"229","title":"Ueber das Vorkommen der Phenaceturs\u00e4ure im Harn und die Entstehung der aromatischen Substanzen beim Herbivoren","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:21:52.520313+00:00"}