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{"created":"2022-01-31T13:26:54.377712+00:00","id":"lit16572","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Sundberg, C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 9: 319-322","fulltext":[{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Kenntniss des Pepsins.\nVon\nCarl Sundberg.\n(Aus dein Laboratorium f\u00fcr medicioische Chemie in Upaala.)\n(Der Redaktion zugegangen am 3. Januar 1885.)\nUnsere Kenntniss von der Natur der ung\u00e8formten Fermente ist bekanntlich ausserst d\u00fcrftig, und die Reindarstellung dieser Substanzen d\u00fcrfte wohl noch in keinem Falle als sicher gelungen anzusehen sein. Auch die Frage von der Verwandtschaft der Enzyme mit den Ei weissstoffen ist noch unentschieden ; und es zeigen die bisher m\u00f6glichst isolirten Fermente in dieser Hinsicht ein wesentlich verschiedenes Verhalten. W\u00e4hrend also beispielsweise das Trypsin, wie es von K\u00fchne dargestellt worden ist, den Eiweissstoffen mindestens sehr nahe verwandt ist, zeigt dagegen das nach der Br\u00fccke\u2019sehen Methode dargestellte Pepsin ein von den Ei weissstoffen wesentlich abweichendes Verhalten.\nDie Eiweissnatur des Pepsins ist doch hierdurch eigentlich nicht ausgeschlossen; denn es w\u00e4re denkbar, dass die physiologische Reaktion dieses Enzyms, d. h. also seine verdauende Wirkung, ein ungemein empfindlicheres Reagens als die gew\u00f6hnlichen Eiweissreaktionen w\u00e4re. Es war darum von Interesse, das Pepsin wenn m\u00f6glich auch auf eine \u00e4ndere Weise darzustellen und die Eigenschaften dieses Pepsins mit denjenigen des Br\u00fccke 'sehen Pr\u00e4parates zu vergleichen.\nZu dem Ende habe icli auch in dem hiesigen Institute l\u00fcr medicinische Chemie auf Anregung und Unter Leitung von Herrn Prof. Hammarsten einige Versuche \u00fcber diesen Gegenstand ausgef\u00fchrt.","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\nMeine Versuche sind mit Kalbsm\u00e4gen angestellt, welche genau gereinigt und dann von dem Pylorustheile befreit wurden. Als Extraktionsmittel habe ich verschiedene Fl\u00fcssigkeiten versucht; die besten Resultate \u2014 d. h. die pepsinreichste und gleichzeitig von Eiweiss am wenigsten verunreinigte Infusion \u2014 erhielt ich doch bei Anwendung von einer ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung. Eine ges\u00e4ttigte Salicyls\u00e4urel\u00fcsung leistete auch recht gute Dienste.\nBehufs der Extraktion mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung verfuhr ich auf folgende Weise: Zuerst wurde der Pylorus-theil abgetrennt,* und dann von der Obei fl\u00e4che des genau gereinigten und mit Wasser abgesp\u00fclten Magens die oberfl\u00e4chlichste Schicht der Schleimhaut mit einem Uhrglase leise abgeschabt. Die so erhaltene Masse wurde mit einer abgewogenen Menge Kochsalz fein zerrieben und dann so viel Wasser zugesetzt, dass eine ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung erhalten wurde. Nach Verlauf von 2\u20143 mal 24 Stunden wurde tillrirt und das Na CI durch Dialyse in Wursth\u00fclsen aus der L\u00f6sung entfernt. Es war dabei doch nothwendig, die Dialyse in anges\u00e4uertem Wasser von Statten gehen zu lassen, denn in neutraler L\u00f6sung kann das Pepsin ziemlich rasch zerst\u00f6rt werden.\nBei der Dialyse fand regelm\u00e4ssig die Ausscheidung einer Proteinsubstanz \u2014 wenn auch in geringer Menge \u2014 statt. Die L\u00f6sung wurde also schon w\u00e4hrend der Dialyse etwas \u00e4rmer an Eiweiss; dabei wurde doch gleichzeitig auch ein wenig Pepsin verloren, welches von dem Eiweissniederschlage mit niedergerissen worden war.\nDie so gewonnene dialysirte L\u00f6sung verdaute ungemein kr\u00e4ftig, enthielt aber nur so wenig coagulables Eiweiss, dass die llel 1er1 sehe Eiweissprobe erst nach 1\u2014:j Minuten eine deutlich sichtbare Reaktion gab.\nAusser den verunreinigenden Eiweissspuren konnte diese L\u00f6sung noch von dem Labfermente verunreinigt sein. Dieses Ferment wird nun, wie Hammarsten gezeigt hat, durch anhaltendes Erw\u00e4rmen der sauren L\u00f6sung bei etwa 40\u00b0 C. zerst\u00f6rt; und da das Eiweiss dabei gleichzeitig in Pepton","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"321\nverwandelt wird, war es also noth wendig, die obige saure L\u00f6sung einer anhaltenden Selbstverdauung zu unterwerfen.\nBei dieser Verdauung wurde nun auch das Eiweiss so vollst\u00e4ndig in Pepton \u00fcbergef\u00fchrt, dass die neutralisirte Fl\u00fcssigkeit mit Essigs\u00e4ure und Ferrocyankalium gar keine Reaktion gab und mit der weit empfindlicheren Heller\u2019schen Probe erst nach 8\u20149 Minuten die Andeutung eines Ringes zeigte. Um ein solches Resultat zu erhalten, musste doch di\u00e9 Verdauung oft 1 \u00e0 2 Wochen fortgesetzt werden, und dabei konnte auffallender Weise keine merkbare Herabsetzung der Verdauungsfahigkeit beobachtet werden.\nBehufs der weiteren Reinigung der so erhaltenen Pepsin- ^ l\u00f6sung wurde die noch saure L\u00f6sung mit Chlorcalcium- und Xatriumdiphosphatl\u00f6sung vermischt und' dann durch Zusatz von sehr verd\u00fcnntem Ammoniak neutralisirt oder h\u00f6chstens \u00e4usserst schwach alkalisch gemacht. Der Phosphatnieder-schlag reisst dabei einen Theil des Pepsins mit sich .nieder, w\u00e4hrend ein nicht unbedeutender Theil davon in der L\u00f6sung bleibt. Will man eine vollst\u00e4ndigere Ausf\u00fcllung des Pepsins erreichen, muss man darum auch das Ausf\u00e4llen mit Calcium-l'hosphat 2 oder 3 mal wiederholen, denn es hilft nicht, wenn man auf ein Mal eine grosse Menge von Chlorcalcium und Natrium phosphatl\u00f6sung zusetzt.\nDer pepsinhaltige Calciumphosphatniederschlag wird auf ein Filtrum gesammelt, sorgf\u00e4ltig gewaschen und dann in m\u00f6glichst wenig (damit die neue L\u00f6sung m\u00f6glichst concen- \u2022. trirt werde) Salzs\u00e4ure von 5> gel\u00f6st. Diese L\u00f6sung wird mm bis zum m\u00f6glichst vollst\u00e4ndigen Entfernen der veruji* reinigenden Salze dialysirt.\nDie zuletzt erhaltene, v\u00f6llig klare, ungef\u00e4rbte L\u00f6sung, verdaut \u2014 auf den passenden S\u00e4uregrad gebracht \u2014 ausserordentlich kr\u00e4ftig und \u2014 wenn m\u00f6glich \u2014 noch kr\u00e4ftiger als \u2022lie urspr\u00fcngliche L\u00f6sung.\nBei der qualitativen Pr\u00fcfung verhielt sich diese L\u00f6sung 1 legativ zu allen denjenigen Eiweissreagentien, Cerbs\u00e4ure, Dnecksilberchlorid, Jod u. A., gegen welche die Br\u00fccke\u2019sche 1\u2018opsinl\u00f6sung indifferent war. Im (Gegensatz zu dem Br\u00fccke-\nZertschrift f\u00fcr physiologische Chemie IX.\n21","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"scheu Pepsin verhielt sich meine L\u00f6sung auch indifferent zu Platinchlorid, Bleizucker und Bleiessig, von welchen Reagent un die Br\u00fccke \u2019sehe Pepsinl\u00f6sung gef\u00e4llt wurde.\nDas einzige Reagens, von welchem meine Pepsinl\u00f6sung gelallt wurde, war absoluter Alkohol. Bei Zusatz von 5 bis <> Volum Alkohol wurde n\u00e4mlich die L\u00f6sung fast sogleich opalisirend und nach Verlauf von etwa einer Stunde enthielt die Fl\u00fcssigkeit in geringer Menge eine rein weisse, flockige F\u00e4llung. Die F\u00e4llung wurde abfdtrirt und in unges\u00e4uertem Wasser gel\u00f6st. Sie hatte durch die Ausf\u00e4llung mit Alkohol ihre verdauende Kraft nicht eingeb\u00fcsst. Nach l\u00e4ngerer (monate-laiiger) Aufbewahrung unter Alkohol war der Niederschlag dagegen unl\u00f6slich und unwirksam geworden.\nDie Menge des so gewonnenen Niederschlages war keine so grosse, dass eine Elementaranalyse versucht werden konnte. Nur so viel kann ich sagen, dass die Substanz stickstoffhaltig war. Beim Erhitzen auf einem Platinbleche wurde n\u00e4mlich ein ziemlich starker Geruch nach gebranntem Horn wahrgenommen; und die Substanz verbrannte unter Hinterlassung von einer nicht unbedeutenden Menge Asche.\nAbgesehen von den Mineralbestandtheilen war also das von mir isolirte Pepsin reiner als das Br\u00fccke\u2019sehe, insofern als dieses von Platinchlorid, Bleizucker und Bleiessig gelallt wurde, welche Reagentien in meinen Pepsinl\u00f6sungen keine Niederschl\u00e4ge hervorriefen. Mit den Eiweissreagentien wurde in meinen Pepsinl\u00f6sungen, wie in den Br\u00fccke\u2019schen, keine positiven Reactionon erhalten, was gegen die Eiweissnatur des Pepsins spricht. Man kann zwar hiergegen einwenden, dass auch meine L\u00f6sungen arm an Substanz waren; wenn man sich aber vergegenw\u00e4rtigt, dass sie sehr kr\u00e4ftig verdauten, dass sie von Gerbs\u00e4ure, welche doch das Eiweiss in einer L\u00f6sung von 1:1000001) anzeigt, nicht getr\u00fcbt wurden, w\u00e4hrend Alkohol, Welcher doch kein empfindlicheres Eiweissreagens als Gerbs\u00e4ure ist, eine flockige F\u00e4llung gab, so wird nie Eiweissnatur des Pepsins mindestens sehr unwahrscheinlich.\nl) Hofmeister: Biese Zeitschrift, B<1. II. S. 292.","page":322}],"identifier":"lit16572","issued":"1885","language":"de","pages":"319-322","startpages":"319","title":"Ein Beitrag zur Kenntniss des Pepsins","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:26:54.377717+00:00"}