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{"created":"2022-01-31T12:36:28.836226+00:00","id":"lit16577","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Landwehr, Herm. Ad.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 9: 361-379","fulltext":[{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Lehre von der Resorption des Fettes.\nVon\nDr. Herrn, Ad. Landwehr.\n(Der Redaktion angegangen am 30. Januar 1885)\nDie Resorption der Fette gellt im D\u00fcnndarm vor sich, 1er Magen hat keinen direkten Anthoil daran, soweit harscht Feberemsstiinmung bei den Autoren. Welche Secrete aber die Aufnahme bewirken, dar\u00fcber gehen die Ansichten trotz '1er zahlreichen Arbeiten noch auseinander. Ein eigentlicher Verdauungssaft des Darmes selbst wird wohl jetzt nach Iloppe-Seyler\u2019s Vorgang allgemein geleugnet und der 'Ogenannte Darmsaft als ein durch den Entz\u00fcndungsreiz der Operation erzeugter pathologischer Erguss aufgefasst. Jeden-lalls hat'man nie einen Einfluss der aus ausgcsch\u00e4lteten Darmschlingen gewonnenen Fl\u00fcssigkeit auf. Fette nachgewiesen. So lag es denn nahe, dass man immer wieder die von aussen in den Darm gelangenden Secrete, die Galle und\nlen 1\u2018ancreassaft, f\u00fcr diese Funktion in\u2019s Auge fasste. . .\nAlbrecht von Ilaller behauptete schon, dass die 'oille die fetten Nahrungsstoffe aufl\u00f6se und mit ihnen.cim\u00bb Emiilsion hervorbringe. Brodie war der erste, der durch Versuche an Katzen nachwies, dass nach Ausschaltung der '\u2022alle vom Darmkanal\u2014 er unterband den duct, choledochiis \u2014 die t ettresorption sehr erschwert sei. Er fand bei den -nt\u00f6dteten Tbieren in den Chylusgefassen keine milcli-weisse, 'Oiidein eine wasserklare Fl\u00fcssigkeit. Ti\u00eadenianii und hiiielin1) best\u00e4tigten diese Angaben f\u00fcr den Hund, Sie\n0 Die Verdauung nach Versuchen 1 s2< 1, Bd. II, ft. \u2018 Zeitadiritt f\u00fcr physiologische Chemie IX.\t2t","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ab^hielten 4\u2014S Stunden nach der Unterbindung einen hellen, durchscheinenden und gelbgef\u00e4rbten Chylus. Bei Wieder-hotung der Brodiersehen Versuche fand jedoch Magendie1), \u00ablass trotz der Unterbindung der Galleng\u00e4ngc etwas milch-weisser Chylus bei Feltf\u00fctterung immer gebildet werde, weni; auch lauge nicht in dem Masse als ohne Unterbindung. Unie. Bidder\u2019s und Schmidt's2) Leitung wurden dann von Lenz an Hunden mit (iallenblasenfisleln Versuche angestrlll. die evident nachwiesen, dass zwar auch ohne Zuthun \u00ablei Gallo Fett aus den Nahrungsmitteln' aufgenommen werden kann, die Resorption \u00fcber ohne Galle doch sehr erschwer: ist. Von 180 gr. Fett wurden in einem Falle innerhalb \u2022ach! Tagen nur 95 gr. (52,8\"/..) resorbirt und 85,0 gr. im Kolli, wieder ausgeschieden, bei einem weiteren Versuche wurden in f\u00fcnf Tagen nur 41.4 gr. resorbirt und 72,2 gr. im Kolli\u00bb wiedergefunden. Auch Voit3) kommt am Schl\u00fcsse sein\u00ab r Abhandlung zu dom Resultat, dass auch ohne die Mitwirkung der Galle Fett zur Aufsaugung gelangt (bis G0% werden nicht resorbirt), die (lalle aber doch das Hauptmittel b i der Resorption gr\u00f6sserer Fettmengen ist (99% werden in normalen Zustande resorbirt), und die \u00fcbrigen Vcrdauung>-s\u00e4fte wie der pancreatischo Saft dagegen zur\u00fccktreten. R\u00f6liman n4) kommt nach seinen Versuchen zu denselben Schlu\u00dffolgerungen.\nDass also ein Einfluss der Galle auf die Feltresorption bestehe, dar\u00fcber sind sich alle Forscher einig, wie aber die Aufsaugung durch sie bewirkt wird, dar\u00fcber fehlt noch eine plausible Vorstellung.\nSeit Haller hat man der Galle wiederholt die F\u00e4higkeit zugoschriebcn, emnlgirend auf die Fette einwirken zu k\u00f6nnen. Untersuchungen' in dieser Richtung zeigen, Gasman beim Sch\u00fctteln von Galle mit fl\u00fcssigem Fett wohl ein.\n*') Pr\u00e9cis \u00e9l\u00e9mentaire de physiologie, 1825, Bd. II, S. 117.\n2) Bidder und Schmidt: Die Verdanungssafte und der Stoffwechsel, 1852, S. 223.\ns) Voit: Ueher \u00ablie Bedeutung der Fette etc. 1882.\n4) Archiv f\u00fcr die gesammte Physiologie. Bd. 29, S. 509.","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"3G3\nfeine Vertheilung des letzteren erhalt, niemals aber eine bleibende Emulsion, das Fett scheidet sich beim Stehen bald wieder ab. Dies ist ein Verhalten wie es jede Fl\u00fcssigkeit von der \\ iscosit\u00e4t der Galle zeigt. In dieser physicalisch\u00e9n Eigenschaft kann also nicht die Wirkung der Galle liegen.\nBidder und Schmidt stellten dann die Hypothese auf, die Galle wirke durch eine Benetzung der Epithelial-/.rllen, wodurch die Attraction der letzteren f\u00fcr Fette ge-deigert und der Durchgang derselben erleichtet w\u00fcrde:. Unter Hirer Leitung hat von Wistinghausen1) einige Experimente zur St\u00fctze dieser Ansicht angestellt. G. Quincke2) hat diese Versuche wiederholt und n\u00e4her beleuchtet. Er kommt zu dem Resultat, dass ein Anziehen der Galle durch die Membranen der Chylusgef\u00e4sse und ein Nachziehen der <)eltr\u00f6pfchen nicht nachgewiesen sei. Auch Hoppe-S\u00e8y 1 \u00e7r verwirft diese doch etwas sehr mechanische Vorstellung, indem er in seiner Physiologischen Chemie8) sagt: \u00abDie Darmepithelzolle ist ein lebender Organismus, welcher von der inneren Darmoberfl\u00e4che her die verschiedensten Stoffe \u00ab liuilt, die je nach ihren Affinit\u00e4ten auf ihn cinwirken und dm zur chemischen Reaction veranlassen k\u00f6nnen etc.\u00bb\n\\ on den Ilistologen sind aktive Bewegungen alt der Epithelzelle des Froschdarmes gesehen worden, so von von Than hoff er4). Und Spina5) sah eigenth\u00fcmliche Bewegungsvorg\u00e4nge im Zusammenhang mit der Resorption. Rohm an n6) wirft daraufhin die Frage auf, ob die Galle nicht dadurch wirkt, dass sie gewissermassen . ein Reiz f\u00fcr die Epithelzelle sei, sie zur Funktion anrege, vielleicht auch funktionsf\u00e4hig erhalte. F\u00fcr eine solche Erkl\u00e4rung fehlt aber ein jedes Analogon. Und so lange wir andere Zellfunktionen, z. B. die Aufnahme der Kalisalze in die Blutzellen' aus dem davon nur Spuren enthaltenden Blutserum, nicht erkl\u00e4ren\n1)\tDissertation Dorpat, 1851.\t. \u2022\n2)\tArchiv f\u00fcr die gesammte Physiologie, Bd. 19, S. 137.\n8) S. 352.\n4) Archiv f\u00fcr die gesammte Physiologie, Bd. 8, S. 400.\n\u00fc) Leber Resorption und Secretion, Leipzig 1882.\nc) L. cit., S. 535.\n","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"O\n\u2022 \u00bb\n04\nk\u00f6nnen, m\u00fcssen wir uns wohl begn\u00fcgen, die Aufnahme des Fettes in die Epithelzelle als eine Funktion der lebenden Zelle zu bezeichnen. Jedenfalls liegt es n\u00e4her, einer vorbereitenden Einwirkung der Galle nachzuforschen. Direct emulgirend wirkt sie nicht, dass sie es indirect thut, hoffe ich unten nach weisen zu k\u00f6nnen.\nAls Cl. Bernard bei seinen Untersuchungen \u00fcber das Pancreas entdeckte, dass das Secret desselben im Stande sei, Xeutrallette in Basen und S\u00e4uren ij zu zerlegen, glaubte er behaupten zu d\u00fcrfen, dass die Resorption der Fette nur unter Mitwirkung des Pancreassecrets m\u00f6glich sei. Bernard behauptete jedoch gleich, dass die Einwirkung des Pancreas-saltes auf die Fettstoffe im Organismus nicht auf einer Verseilung beruhe. Dann hat Lenz1) die Frage der Pancreas-wirkung durch Thierexperimente weiter zu erforschen gesucht. Er fand bei Katzen, die durch den Mund mit grossen Mengen Butter gef\u00fcttert und nach 0\u201414 Stunden get\u00f6dtet worden, wohl die Chylusgel\u00e4sse strotzend von weissem Milchsaft, aber weder im Magen noch im Darme freie Butters\u00e4ure. Wurde jedoch die fl\u00fcssige Butter direkt in den Darmkanal gebrach! und die Tliiere 9\u201411 Stunden sp\u00e4ter get\u00f6dtet, so zeigte sich im Darmkanal ein starker Butters\u00e4uregeruch und der Danninhalt rcagirte auch auf Lakmus sauer. Wurde jedoch endlich auch der Pankreassaft durch eine Darmligatur unterhalb \u00ab1er Einm\u00fcndungsstelle des Ganges ausgeschaltet und Fett\u00ab'*\nin den unterhalb gelegenen Tlieil des D\u00fcnndarms gebracht, so zeigte sich wieder keine Spur von Butters\u00e4ure. Auch bei einer alleinigen Unterbindung des pancreatischen Ganges zeigte sich keine Butters\u00e4ure. Bidder und Schmidt schiiessen aus diesen Versuchen, dass die Spaltung der Fette durch. Pancreassaft nur dann stattfinden kann, wenn kein Magensaft Zutritt hat. Den inhibirenden Einfluss schreiben sie der Magens\u00e4ure zu. Diese Erkl\u00e4rung ist jedoch nicht stichhaltig, da der Magensaft sehr bald im Darme neutralisirt wird. Durch \u00ablie l ntersuchungen von Zawilski2) lassen sich die obigen\n*) Bei bidder und Schmidt, S. 2iU.\n') Arbeiten aus d\u00ab*r physiologischen Anstalt zu Leipzig 1S77, S. 147\nM","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"365\nsch\u00f6nen Experimente leichter erkl\u00e4ren. Zawilski fand n\u00e4mlich, dass der Magen gr\u00f6ssere Fettmengen zur\u00fcckh\u00e4lt und erst nach und nach an den Darm abgibt. Nach 4 St. 18 M. fand er von 148,5 gr. Fett noch 108 gr. im Magen, im D\u00fcnndarm nur 9,90 gr.; nach 5 St. 47 M. von 150,4 gr. 98 gr. im Magen, im D\u00fcnndarm 8,84 gr.; nach 21 St. 44 M. von den gef\u00fctterten 150,8 gr. Fett im Magen noch 9,747 gr., aus dem ganzen Darminhalt gewann er 6,238 gr. In 30 St. nach der vollendeten F\u00fctterung von 150 gr. konnten im Magen noch Spuren (0,043 gr.) nachgewiesen werden, im Darminhalt waren noch 2,024 gr. Hiernach verweilen die Kette niemals l\u00e4ngere Zeit im Darm, erst wenn die vorhandenen Mengen resorbirt sind, k\u00f6nnen neue aus dem Magen nachr\u00fccken, sonst w\u00fcrde bei den grossen gef\u00fctterten Massen nicht in jedem Zeitr\u00e4ume sich eine ziemlich constante kleine Menge im Darme vorfinden. Da nun die Spaltung der Kette erst nach l\u00e4ngerer Zeit stattfindet, wie jeder leicht sich \u00fcberzeugen kann und was auch von allen Autoren zugegeben wird, so kann es bei der regulatorischen Th\u00e4tigkeit des Magens gar nicht zu einer Zerlegung kommen.\nBei Besprechung der Pancreas Wirkung sagt Hoppe-Sey 1er1); \u00abAuch die Einwirkung des w\u00e4sserigen Pancreas-auszugs erfolgt nur langsam und da in faulenden Fl\u00fcssigkeiten auch die Fette relativ schnell verseift werden, das Pancreassecret aber sehr schnell in F\u00e4ulniss \u00fcbergeht, l\u00e4sst sich bei den meisten Versuchen kaum sagen, in wie weit die Zerlegung der Fette durch das Dr\u00fcsenferment erfolgt sei.\u00bb Duel aux2) findet sogar, dass der Pancreassaft immer Mikroben enth\u00e4lt, von denen er aber wegen seiner Viscosit\u00e4t nicht durch Filtriren aus Thonzellen befreit werden kann* * Um nun die reinen Pancreaswirkungen studiren zu k\u00f6nnen, hat er Pancreasst\u00fccke unter aseptischen Cautelen dem lebenden Thiere entnommen und damit Versuche angestellt. Er findet eine Einwirkung auf St\u00e4rke etc. und auf Eiweiss, ein fett->pal tendes Ferment fehlt nach ihm vollst\u00e4ndig im Pancreas.\n*) Physiologische Chemie, S. 263.\n*) Comptes rendus, T. tty, 1882, I Sem., p. 808*","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"Trotz alledem wirkt aber das Pancreas bei der R\u00e9sorption der Fette mit. Der Saft wie der w\u00e4sserige Auszug der irischen Dr\u00fcse bringen in Ber\u00fchrung mit Fett dieses in eine leine und bleibende Emulsion. Diese Emulsion tritt momentan ein und ist desshalb nicht auf eine Fermentwirkung, sondern auf eine physikalische Eigenschaft der Pancreasfl\u00fcssigkeit zur\u00fcckzuf\u00fchren, Weiter unten werde ich auf die Fettspallungsfrage noch zur\u00fcckzukommen haben.\nBei meinen Untersuchungen \u00fcber Mucin konnte ich bekanntlich aus demselben ein Kohlehydrat abspalten, \u00ablaich thierisches Gummi genannt habe. In meiner letzten Abhandlung1) liess ich es noch unentschieden, ob diesis Kohlehydrat eine Beimengung beim Mucin oder in demselben in leichter Verbindung sei. Ich kann jetzt mich dahin entscheiden, dass das Mucin als eine chemische Verbindung von thierischem Gummi mit einer Globulinsubstanz aufzutassen ist. Ich bezeichne den zweiten Componenten kurz eine Globulinsubstanz, weil er ein von einer Zelle gelieferter Eiweissk\u00f6rper ist, der sich gegen S\u00e4uren und Alkalien wie eine Globulinsubstanz verh\u00e4lt. Ich behaupte jedoch nicht, wie irrth\u00fcmlich verstanden zu sein scheint, dass jede Globuiin-substauz mit thierischem Gummi Mucin gebe. Ich habe im Gegentheil in meiner ersten Publikation2) schon angegeben, \u00ablass im Parotisauszug dies Kohlehydrat vorkommt, ohne dass ein schwach alkalischer Auszug dieser Dr\u00fcse einen Niederschlag mit Essigs\u00e4ure gibt. Und. Globuline sind in solchen Dr\u00fcsenausz\u00fcgen bekanntlich immer.\nNach Ellenberger und Hofmeister3) scheint beim Pferde die Parotis viel freies thierisches Gummi zu enthalten. Sie geben n\u00e4mlich von dem Parotisspeichel an, dass er auf Fett besonders emulgirend wirke und frei von Mucin sei.\nIch glaube auch nicht, dass das Mucin im Organismus einfach durch ein Zusammentreten von Gummi mit Globulin\n}) Zeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie, Bd. VIII, S. 118.\n*) Ebendaselbst, Bd. V, S. 380.\n3) Archiv f\u00fcr wissenschaftliche und praktische Thierheilkunde, Bd- 7.","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"entsteht, sondern nehme an, dass es durch Zellth\u00e4tigkeit aus (inem gr\u00f6sseren Eiweissmolek\u00fcl entstanden ist. Dass das Mucin ein chemisches Individuum ist, geht aus folgendem .\u2018infachen Experiment hervor. Nimmt man eine Mucint\u00f6sung und \u00fcbers\u00e4ttigt sie mit einem Neutralsalz, z. B. Glaubersalz, <o vertr\u00e4gt die L\u00f6sung mehr Essigs\u00e4ure, ohne gef\u00e4llt zu werden, als ohne Salz. Die L\u00f6slichkeit des Mucins wird also durch Neutralsalze vermehrt. Kocht man aber eine salz-ges\u00e4ttigte L\u00f6sung von Mucin auf, oder zerst\u00f6rt man das Mucin anderweitig etwa durch eine Minerals\u00e4ure, so tritt .ine flockige F\u00e4llung ein, Ammoniumsulfat f\u00e4llt sowohl das Kohlehydrat, wie den Eiweisspaarling, Natri\u00fcmsulfat f\u00e4llt nur den letzteren allein. Erhitzt man zum Kochen, so coagulirt das Eiweiss und man kann das Gummi durch Filtration entfernen. Ich bin mit der Untersuchung des Eiweissk\u00f6rpers besch\u00e4ftigt und werde n\u00e4chstens die Analysen ver\u00f6ffentlichen. Gleichzeitig will ich hier schon erw\u00e4hnen, dass es mir auch gelungen ist, in \u00e4hnlicher Welse das Chondrin in ein Kohlehydrat und einen albuminoiden K\u00f6rper zu zerlegen. Ich hoffe bald auch hier\u00fcber Mittheilung machen zu k\u00f6nnen.\nDie grosse Aehnlichkeit, die zwischen thierischem und l\u2019flanzengummi besteht, und die ausgesprochene Eigenschaft \u00ables letzteren Emulsionen zu bilden, forderten mich auf, in thierischen Emulsionen nach thierischem Gummi zu suchen. Meine Bem\u00fchungen waren von Erfolg gekr\u00f6nt. Ich fand mein Kohlehydrat, sowohl in darauf untersuchtem chyl\u00f6sen Ascites, als auch in der Milch. R i 11 h a u s e n\u2019s ') Bemerkung \u00fcber-eine \u00ablextrinartige Substanz in der Milch bezieht sich auf der geringen Menge wegen nicht erkanntes thierisches Gummi. In diesen thierischen Emulsionen findet sich das Gummi, in freiem Zustande.\nDiese Ergebnisse legten die Frage nahe, ob das thie-rische Gummi nicht auch bei der Fettresorption betheiligt *ei. So liess zun\u00e4chst die emulgirende Eigenschaft des Pancreassaftes thierisches Gummi vermuthen. Nach einer neuen Methode, die grosse Vorz\u00fcge vor der fr\u00fcher ange-\n*) Journal f\u00fcr praktische Chemie, N. F., Bd 15, S. 329.","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"wandten Eisenmethode hat, konnte mit Leichtigkeit freies ihierisches Gummi im Pancreas nachgewiesen werden.\nNimmt man ein frisches Pancreas, zerkleinert es m\u00f6g-\u00dcchst und presst es mit Wasser aus, so bekommt man einen Auszug, der sehr emulgirend wirkt, ganz wie guter Pancreas->aft. fr rische Pancreasdr\u00fcsen sind immer aus dem Schlacht-liause zu beziehen. Aus solchen Dr\u00fcsen kann man olm.* Schwierigkeit thierisches Gummi nach einem gleich zu schildernden Verfahren gewinnen. Die Bauchspeicheldr\u00fcsen werden zerkleinert mittelst Scheere oder Fleischhackmaschine. Bei Brei wird auf dem Wasserbade mit destillirtem Wasser l\u00e4nger. Zeit digerirt, dann wird die Schale auf freies treuer gesetzt und unter fleissigem Umr\u00fchren einige Minuten lang im Siedeii erhalten, bis zur guten Gerinnung des Eiweisses. Ein Zusatz von Essigs\u00e4ure ist beim Pancreasextrakt nicht n\u00f6tliig. Durch fr altenfilter l\u00e4sst sich jetzt eine opalescirende Fl\u00fcssigkeit ab-liltriren, wenn man gen\u00fcgend Wasser (bis l/a Liter f\u00fcr di. Dr\u00fcse) zur Extraktion verwendet hat. Das Filtrat wird auf dem Wasserbade eingeengt, wobei sich gew\u00f6hnlich noch etwas Albumin abscheidet. Etwas Eiweiss ist aber immer noch in L\u00f6sung. Um dieses zu entfernen, wird Glaubersalz bis zur S\u00e4ttigung eingetragen und die mit einigen Tropfen Schwefels\u00e4ure schwach sauer gemachte Fl\u00fcssigkeit zum Sieden erhitzt. Es erfolgt jetzt eine letzte flockige Ausf\u00e4llung von Eiweiss. Nach dem vollst\u00e4ndigen Erkalten wird abfiltrirt und dei Krj stallbrei mit ges\u00e4ttigter Glaubersalzl\u00f6sung ausgewaschen. Das Filtrat enth\u00e4lt, wie Biuretreaktion und Millon* Reagens zeigen, noch peptonartige K\u00f6rper, aber in so geringer\nMenge, dass sie f\u00fcr die Gewinnung des thierischen Gunm\u00fcs nicht schaden.\nF\u00fcr die Isolirung des thierischen Gummis hat sich die Verbindung desselben mit Kupferoxyd am geeignetsten ge-zeigt. Dieselbe ist in Wasser unl\u00f6slich, bei Gegenwrart von Eiweiss scheidet sie sich jedoch nicht gut ab. Um zu erfahren, wie \\iel sclnvefelsaures Kupfer zuzusetzen ist, verfahrt man zweckm\u00e4ssig folgendermassen : Man misst das Gesammtfiltrai. bringt einige abgemessene Gubiccentimeter davon in ein","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"Probirrohr, f\u00fcgt dazu auch aus einer B\u00fcrette conccntrirte Schwefels\u00e4ure Kupferl\u00f6sung und macht stark alkalisch. Es entsteht ein blauer flockiger Niederschlag, der bei Gegenwart von thierischem Gummi sich durch seine sch\u00f6ne weiss-blaue Farbe von den Flocken des blauen Kupferoxydhydrats unterscheidet. Um nun zu erfahren, ob noch nicht genug oder zu viel Kupfersulfat zugesetzt ist, erhitzt man zum Sieden. Abscheidung von schwarzem Kupferoxydhydrat zeigt, dass zu viel Kupfersulfat zugesetzt ist. Man kann so leicht ann\u00e4hernd die Menge des zuzusetzenden schwefelsauren Kupfers feststellen. Hat man die richtige Menge zugesetzt, so. scheidet sich die sch\u00f6n blaue Verbindung nach Zusatz von Natronlauge bald gut ab. Pepton bleibt mit violetter Farbe in L\u00f6sung. Um die Bildung von basisch-schwefelsaurem Kupfer zu vermeiden, muss Natronlauge immer jm Ueberschuss\u00e8 vorhanden sein. Man giesst desshalb die Kupterl\u00f6sirhg in die verd\u00fcnnte Natronlauge. Der Niederschlag wird \u00e0ufs filter gebracht und wiederholt ausgewaschen, mindestens zwei Tage lang, wenn man ein reines Pr\u00e4parat haben will. Xatronliydroxyd w ird besonders energisch festgehalten. Dieser leider sehr volumin\u00f6se Niederschlag wird durch Salzs\u00e4ure zerlegt und das thierische Gummi durch Alkohol gefallt. Hierbei ist aber Verschiedenes zu beachten. W\u00fcrde man erstens den Niederschlag ohne Weiteres aufl\u00f6sen, so w\u00fcrde man bei dem grossen Wassergehalt desselben eine grosse Fl\u00fcssigkeitsmenge bekommen und sehr viel Alkohol gebrauchen, der bei der schon fr\u00fcher hervorgehobenen L\u00f6slichkeit des leinen Gummis in Alkohol, sehr grossen Verlust an Substanz bringen w\u00fcrde. Man muss desshalb zur Entfernung von Wasser das Filter mit dem Niederschlage auf einer dickeren Schicht ungeleimten Papiers einige Tage liegen lassen. F\u00fcr \u2022lie Aufl\u00f6sung bediene ich mich der concentrirten Salzs\u00e4ure. Freie Salzs\u00e4ure erh\u00f6ht jedoch die L\u00f6slichkeit des Gummis in Alkohol sehr. Zur Vermeidung eines grossen \u00dceber-schusscs setzt man die S\u00e4ure nach und nach zu der in einer ger\u00e4umigen Reibschale befindlichen Verbindung. Nach erfolgter Aufl\u00f6sung filtrirt man wenn noting und versetzt mit der","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"drei bis vierfachen Menge Alkohol. Man bemerkt zun\u00e4chst nur eipe Tr\u00fcbung. Erw\u00e4rmt man aber vorsichtig auf dem Wasserbade, so tritt bald nach 50\u00b0 eine sch\u00f6ne weissflockige Abscheidung ein. Durch Abfiltriren, Wiederaufl\u00f6sen in Wasser, F\u00e4llen mit Alkohol in der oben geschilderten Weise kann die Substanz leicht von den letzten Spuren Kupfer befreit werden. Der so erhaltene K\u00f6rper stimmt in Reaktionen und Zusammensetzung vollst\u00e4ndig mit dem von mir als \u00abthierisches Gummi\u00bb bezeichneten Kohlehydrat \u00fcberein. Ein bis zum con-stanten Gewicht bei 120\u00b0 getrocknetes Pr\u00e4parat gab:\n44,12\n0,24\nund\n44,0\u2018.) 6,31\nf\u00fcr CeHioO\u00bb wird 44,4\u00b0,o C und G,17\u00b0/o H gefordert.\nfaleichwie das pflanzliche Gummi durch Kochen mit Wasser seine visc\u00f6se Beschaffenheit und damit bedeutend an \u00ab\u2022mulgirender Kraft verliert, so auch das thierische. Beim Pllanzengummi sind bekanntlich diese beiden Zust\u00e4nde durch besondere Namen unterschieden. Arabin wird das Gummi genannt, wenn es sich in Wasser l\u00f6st und ziemlich leicht tiltrirt, quillt es jedoch in Wasser nur auf, bildet es eine sogenannte Micellarl\u00f6sung, so spricht man von Metarabin. Im Pancreassaft ist das thierische Gummi im gequollenen Zustande und in Verbindung mit Kalk, der sehr hartn\u00e4ckig festgehalten wird. Das Pflanzengummi erh\u00e4lt man, wie bekannt, stets auch in Verbindung mit Kalk.\nDurch den Nachweis des thierischen Gummi\u2019s im Pan-creassecret ist die emulgirende Eigenschaft desselben als auf diesem beruhend erkl\u00e4rt. Aus einzelnen guten Pancreas konnte ich ein Gramm Substanz gewinnen, doch wechselt der Gehalt sehr. Es werden sicher Beziehungen zwischen Gehalt und Verdauungsperioden bestehen, die durch quantitative Ermittelungen festzustellen sind.\nAusser dem freien thierischen Gummi wird im Pancreas auch immer etwas gebunden als Mucin Vorkommen. In dem Mucin des Bindegewebes konnte ich n\u00e4mlich auch thierisches Gummi nachweisen. Diese geringe Menge im Bindegewebe","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"les Pancreas kommt nat\u00fcrlich nicht in Betracht. Trockenes Mucin enth\u00e4lt nur etwa 12% Kohlehydrat.\nObiger positive Befund im Pancreas ermuthigte sehr, auch in R\u00fccksicht auf die Galle Untersuchungen anzustellen.\nAls ich im Verlauf meiner Untersuchung \u00fcber das Gallen-mucin1) wiederholt dasselbe nach Kochen mit S\u00e4uren auf Keducirbarkeit von Kupferoxyd in alkalischer L\u00f6sung pr\u00fcfte, erhielt ich stets ein negatives Resultat. Diese Versuche habe ich sp\u00e4ter \u00f6fters wiederholt, jedoch immer mit demselben Erfolg. Ich erhielt wohl Galles\u00e4urereaction, aber ein Kohlehydrat fehlte. Wenn man nun erw\u00e4gt, dass die von der Leber gelieferte Galle frei von Mucin istdieses erst aus den Gallenwegen zur Galle tritt, so erscheint die Anwesenheit der Gallens\u00e4ure als Bestandtheil des Mucins paradox. lTm den Widerspruch aufzukl\u00e4ren, nahm ich frische Gallenblasen, sp\u00fclte die Schleimhaut gut, ohne mechanische Gewalt, schabte dann das Epithel ab und zog dieses mit wenig verd\u00fcnnter Sodal\u00f6sung aus. Diesen Auszug f\u00e4llte ich mit Essige s\u00e4ure und erhielt so Mucinflocken, die ich in einer kleinen Flasche mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure zwei Stunden unter Druck kochte. Jetzt pr\u00fcfte ich in alkalischer L\u00f6sung auf Reducir-barkeit von Kupfer. Und siehe da: Ich. erhielt deutliche Reduction.\nDas von den Gallenwegen gelieferte Mucin ist also gew\u00f6hnliches. Mucin, wie es sonst im K\u00f6rper vorkommt. Dasselbe wird von der Galle zerlegt und das Kohlehydrat bleibt gel\u00f6st, wenn das neu entstandene Gallenmucin durch Essigs\u00e4ure ausgef\u00e4llt wird. Um die Richtigkeit dieser Annahme zu pr\u00fcfen, verfuhr ich folgendermassen: Aus Submaxillar-dr\u00fcsen machte ich mir mit Hilfe einer verd\u00fcnnten Sodal\u00f6sung einen Schleimaijszug und versetzte diesen mit filtrirter Galle* Jetzt wurde Essigs\u00e4ure im Ueberschuss hinzugef\u00fcgt. Es schied sich viel Mucin ab, aber schon das Aussehen des Niederschlages zeigte, dass es sich nicht um Speichelmucin handelte. Das Mucin bestand nicht aus einem einzigen Goagulum, das als Ganzes mit dem R\u00fchrstah herausgehoben\n>) Zeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie, Bd. V.","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"werden kann, sondern bildete mehrere weniger coh\u00e4rentc Coagula, die sich in ihrem Aussehen in nichts vom Gallen-mucin unterschieden. Beim Ahfiltriren der Gerinnsel wurde weiter bemerkt, dass dieses viel langsamer vor sich ging, als bei der Galle allein, wahrend es doch, wenn das Mucin der Soda-l\u00fcsung ganz ausgef\u00e4llt w\u00e4re, leichter gehen sollte, da in diesem Falle die essigsaure Natronl\u00f6sung als Verd\u00fcnnungsmittel wirken m\u00fcsste. Es muss also etwas zur\u00fcckgeblieben sein, das die Viscosit\u00e4t der Galle noch erh\u00f6hte. Bei der weiteren Untersuchung der gewaschenen Mucingerinnsel zeigte sieh denn auch, dass weder thierisches Gummi aus ihnen dargestellt werden konnte, noch dass sie nach Kochen mit S\u00e4uren Kupferoxyd reducirten. Aus dem Filtrat konnte aber thierisches Gummi erhalten werden. Die Gallens\u00e4uren haben also eine gr\u00f6ssere Verwandtschaft zum Eiweisscomponenten des Mucins als das Kohlehydrat und machen desshalb das letztere frei.\nIm Duodenum, wo Galle mit dem Darmschleim Zusammentritt, muss dieselbe Reaktion auftreten, wie ausserhalb des K\u00f6rpers und es kann wohl keinem Zweifel mehr unterliegen, dass wir eine Hauptquelle des thierischen Gummis f\u00fcr die Emulgirung des Fettes im Darme im Mucin zu suchen haben.\nNach Bidder und Schmidt\u2019s1) Untersuchungen an sich selbst betr\u00e4gt allein der vom Erwachsenen verschluckte Speichel in 24 Stunden reichlich 1 l/a kg. Tuczek2) findet f\u00fcr die kurze Zeit des t\u00e4glichen Kauens (30\u201458 Min.) 500 bis 700 gr. Aus den Mucinbestimmungen l\u00e4sst sich nicht die Gesammtmenge berechnen, da sie sehr wenig \u00fcbereinstimmen. Her ter\u2019s3) Analysen zeigen, dass beim Essen der Mucingehalt bedeutend w\u00e4chst. Derselbe fand im Sub-maxillarsecret nach Reizung der Mundh\u00f6hle mit Essigs\u00e4ure nur 0,6a/oo Mucin, w\u00e4hrend beim Kauen von Fleisch ein \u00fcber 4mal so mucinreiches Secret erhalten wurde. Wenn\n1 ) L. eit.\n*) Zeitschrift f\u00fcr Biologie, Bd. XII.\n: 31 Hoppe-Seyler; Physiologische Chemie, S. 191.","page":372},{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"373\naber auch die Menge des thierischen Gummis gering ist, so i4 die Lieferung dieses Stoffes doch wohl a\u00efs wichtigste Eigenschaft des Mundspeichels anzusehen, der gegen\u00fcber die .liastatische Wirkung und die Formirung des Bissens zur\u00fcck-tritt. Man braucht nur einem Raubthiere, einem Hunde beim raschen Schlucken von Fleischst\u00fccken zuzusehen, um \u00fcberzeugt zu sein, dass hier, obgleich ihm das Maul von Speichel \u00fcberl\u00e4uft, weder eine Einwirkung auf das Glycogen des Fleisches noch eine besondere Bildung von Bissen mit Hilfe von Speichel statt hat.\tt\nDer Magen selbst liefert durch seine Epithelzellen eirio nicht unbedeutende Menge Mucin, die noch zu dem im >peichel verschluckten Mucin hinzukommt. Wenn man ein hungerndes Thier rasch t\u00f6dtet und sofort den Magen unter-'Ucht, so findet man allerdings nur eine \u00fcberaus d\u00fcnne Schleimschicht vor; bei einem in der Verdauung begriffenen Thier bemerkt man jedoch nach Absp\u00fclen des Chymus eine bedeutende Schleimproduktion. Mit der Schlundsonde entnommener saurer Magensaft, giebt weder gleich, noch nach vorsichtiger Neutralisation mit Essigs\u00e4ure eine F\u00e4llung. Was wird aus dem Schleim? Maly1) giebt an, dass der.Schleim licht verdaut wird und st\u00fctzt diese Ansicht durch eine hehauptung K\u00fchne\u2019s, wonach sich Schleim weder in 0,3 bis\nHG1\u00bb noch in Magensaft l\u00f6se. An einer fr\u00fcheren Stelle2) behauptet dieser Autor allerdings, ein durch Aufgiessen von ',1 0,2\u00b0/\u00ab HCl auf Magenschleimhaut gewonnener filtrirter k\u00fcnstlicher Magensaft sei h\u00f6chst unrein, weil er Schleim etc. enthalte. Aus Analogie, bemerkt Hoppe-Seyler3), sollte man erwarten, dass das Mucin ebenso wie das Chondrin vorn Magensaft zerlegt wird. Und so ist es in der That. Mischt man Magensaft mit Schleim, so tritt zun\u00e4chst allerdings I r\u00fcbung ein, die aber sofort wieder verschwindet. Es kommt licht zu einer Ausf\u00fcllung des Mucins, wie bei. Zusatz von Essigs\u00e4ure, das Mucin wird vielmehr zerst\u00f6rt, es findet sich\nD Hermann\u2019s Handbuch, Bd. V, Th. 2, S. 107.\n2) Ibid., S. 72.\t\u2022\n\u25a0') Physiologische Oliemio, S. 23 i.","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"Acidalbumin neben freiem Gummi. Durch Herrn Dr. Calm, ersten Assistenten an der hiesigen medicinischen Klinik, bekam ich mehrere mit der Magenpumpe gewonnene Magens\u00e4fte zur Untersuchung, thierisches Gummi fehlte darin nie. tch habt nicht nur die beim Kochen sich nicht schw\u00e4rzende Kupfer-oxydverbindung dargestellt, sondern aus letzterer wiederholt die reine Substanz. L\u00e4sst man Magensaft sehr lange auf Mucin einwirken, so bildet sich die kupferoxydreduciremb Substanz, trn normalen Magensaft findet sich also immer schon freies thierisches Gummi, das aus dem Mucin de> Speichels und der Magenschleimhaut stammt. Die frei\u00bb Minerals\u00e4ure bisst das Fett jedoch noch nicht zur Emulsion kommen. Vermuthlich tritt aber auch imzersetztes Mucin aus dem Magen in den Darm, und zwar in dem z\u00e4hsclilei-migen alkalisch reagirenden Secret des Pylorustheils.\nIm Darm selbst findet sich jedoch die Ilauptquelle d\u00e9s Mucins in den Epithelzellen der durch die Liebcrkuhn\u2019sclien Einst\u00fclpungen und zottigen Ilervorragungen bedeutend ver-gr\u00f6sserlen Darmschleimhaut ; nach Goste's Untersuchungen scheinen auch die Brunn er'sehen Dr\u00fcsen ein sehr mucin-reiches Secret zu liefern, wof\u00fcr die Lage der letzteren sehr spricht. Im Dickdarm wird unter physiologischen Verh\u00e4ltnissen die Mucinausscheidung geringer, beim Dickdarmkatarrh findet sich jedoch viel gew\u00f6hnliches Mucin im Stuhl, da-also nicht wieder resorbirt zu werden scheint; w\u00e4hrend im normalen Koth nur Gallenmucin, das nach Kochen mit S\u00e4uren nicht reducirte, von mir gefunden wurde.\nEhe ich nun die Verh\u00e4ltnisse im Darme bespreche, habe ich einige Experimente zu schildern, die den Vorgang im Darm nachzuahmen und so zu erkl\u00e4ren suchen. Sch\u00fcttelt man eine mit l\u00b0/uo Soda aus Submaxillardr\u00fcsen gewonnene Mucinl\u00f6sung mit etwas Fett, so tritt zwar eine Art Enuil-girung ein, von einer dauernden Emulsion ist aber nicht die Rede, sehr bald scheidet sich das Fett in grossen Tropfen wieder ab. Galle verh\u00e4lt sich ebenso. Bringt man von diesen Scheinemulsionen unter\u2019s Mikroskop, so bemerkt man nicht-Einheitliches, was Gr\u00f6sse der Fetttropfen anbetrifft.","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"Bringt man aber zu einer Mucinl\u00f6sung,' der etwas Fett zugesetzt war, einige Cubiccentimeter Galle, so bedarf es keines Sch\u00fctteins, die ganze Fl\u00fcssigkeit wird spontan 7.11 einer weissen Milch. Auch das mikroskopische Bild zeigt jetzt ein homogeneres Aussehen. Die Fetttr\u00f6pfchen sind viel kleiner als bei den vorigen Versuchen und haben nur eine Gr\u00f6sse von 2\u2014-10 ji. Erst bei \u00fcbersch\u00fcssigem Fett finden sich auch grosse Fetttropfen. Mucin von der Magen- oder Darmschleimhaut gewonnen, verh\u00e4lt sich ebenso. Aus diesem Versuch geht hervor, dass das thierische Gummi nicht erst heim Ausf\u00e4llen des Gallenmucins frei wird, sondern sich schon in alkalischer oder neutraler L\u00f6sung beim Vorhandensein von Galle im freien Zustande befindet, ln der K\u00e4lte halten sich diese Emulsionen mehrere Tage lang, erst mit der Zersetzung des Gummis scheidet sich das Fett wieder ab.- Ich habe wiederholt Versuche \u00fcber Emulgirung angestellt und Galle, Mucin, Soda- wie Seifenl\u00f6sung in dieser Hinsicht unter-sucht. Es bedarf hier immer einer mechanischen Unterst\u00fctzung f\u00fcr die Emulsionbildung und eine wahre tagelang bestehende kommt hei diesen Fl\u00fcssigkeiten doch nicht zu Stande. Beim thierischen Gummi erzielt man dagegen stets eine reichliche Emulsion, die in nichts einer mit gutem pflanzlichen Gummi erzeugten nachsteht.\nEhe ich zur Besprechung der Darmverh\u00e4ltnisse bei der Fettresorption \u00fcbergehe, will ich kurz das Vorhergehende rekapituliren.\nNachdem ich aus thierischen Emulsionen- thierisches Gummi dargestellt halte, schloss ich auf das Vorhandensein desselben im gesunden Pancreassaft und konnte ich aus Pancreas mit Leichtigkeit thierisches Gummi darstellen. Ferner fand ich dasselbe stets in darauf untersuchtem Magensaft; Weiter habe ich experimentell festgestellt, dass beim Zusammentreffen von Galle und Mucin Gallenmucin gebildet und thierisches Gummi frei wird, welches sogleich vorz\u00fcgliche emulgirende Eigenschaften entwickelt.\nAus den Untersuchungen von Zawilski1) wissen Wir,\nD L. cit.","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"\u00bblass die mit der Nahrung in den Magen gebrachten Fett-inengen, denselben nicht auf einmal verlassen, sondern erst nach und nach in den Darm treten, so dass er bei einem grossen Hunde, dem ca. 150 gr. Fett gegeben waren zu keiner Zeit der Verdauung \u00fcber 10 gr. im Darme vorfand. Mit jeder Fettportion tritt schon eine geringe Menge Gummi aus dem Magen. Der Pylorustheil des letzteren und das Duodenum liefern Schleim und im verticalen Theil des Duodenums f\u00fchren Leber und Pancreas durch den Ductus chole-\u00bblochus und den pancreatischen Gang ihre Secrete in den Darm ab. Galle und Schleim wirken hier sogleich auf einander ein und so lange der Chymus sauer reagirt, muss es zu einer Ausf\u00fcllung von Gallenschleim kommen. Durch dm gallensauren Salze wird die Salzs\u00e4ure des Magensaftes sogleich iieutralisirt, so dass die saure Reaction nur durch organisch'' S\u00e4uren bedingt ist. Gallenmucin ist auch gegen Minerals\u00e4uren nicht so empfindlich als gew\u00f6hnliches Mucin; so kann man Gallenmucin zur Entfernung der Phosphate mit 10\u00b0/o Salzs\u00e4ure waschen, Kalkwasser oder Sodal\u00f6sung nimmt sp\u00e4ter immer noch einen grossen Theil wieder auf, der durch Essigs\u00e4ure wieder ausgef\u00e4llt werden kann. Wie ich mich wiederholt \u00fcberzeugt habe, bestehen die der Darmwand in der. N\u00e4he des ductus choledochus fest anhaftenden braunen Flocken aus Gallenmucin. Sie gaben alle Reactionen, wie ich sie bei dem Mucin aus der Galle gefunden habe. L\u00e4sst man verd\u00fcnnte S\u00e4ure \u00fcber eine mit Galle benetzte Stelle der Darmschleimhaut laufen, so coagulirt der Schleim zu braunen Flocken, die ganz das' Aussehen und das Verhalten zeigen wie die beim verdauenden Thier. Sobald die Reaktion alkalisch wird, weiden sie gel\u00f6st und wohl zum weitaus gr\u00f6ssten Theile resorbirt. Im normalen Koth fand ich immer nur \u00bb ine geringe Menge Gallenmucin. Bald wird die Reaktion neutral, der Darmchymus bekommt ein milchiges Aussehen und wird, wie die mit Chylus gef\u00fcllten Lymphgefasse zeigen, resorbirt. Zeitlich lind r\u00e4umlich gehen also, wie es scheint, \u00ablie Resorption der Gallens\u00e4ure und des emulgirten Fettes parallel ; es ist desshalb wohl m\u00f6glich, dass letzterem durcli","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"erstere der Weg geebiiet wird. F\u00fcr diese Annahme liegen jedoch keine weiteren Beweise vor. Es kommt jedoch, wie bekanntlich von allen neueren Experimentatoren zugegeben wird, auch bei Abschluss der Galle zur Resorption von Fett; die Menge desselben wird begrenzt sein durch die Menge des \u2014 vorzugsweise vom Pancreas gelieferten \u2014- freien Gummis.\nBei Abschluss der Galle vom Darmkanal wird das Mucin, dort unzerlegt bleiben, gr\u00f6ssere Fettmengen k\u00f6nnen nicht resorbirt werden. Sie bleiben liegen, . zersetzen sieh und werden im Koth als freie Fetts\u00e4uren und wesentlich als \u00efieiten entleert, ln den meisten F\u00e4llen tritt eine Entwickelung stinkender Gase auf und es kommt zu dem Zustande, wie er zuerst von Bidder und Schmidt in ihrer bekannten\nAbhandlung trefflich geschildert ist. Galle selbst fault, an %\n\u20221er Luft leicht, an eine aseptische Wirkung dieser ist nicht zu denken. In seiner physiologischen Chemie1) schreibt Hoppe-Seyler: \u00abDie antiseptisclie Wirkung der Galle im Darmkanal kann wohl nur darauf beruhen, dass bei Gegenwart von Galle die Stoffe, welche Faulen, dem Darminhalt schneller entzogen werden, so dass sie nicht so viele F\u00e4ulniss-produkte liefern k\u00f6nnen\u00bb. Dies ist jedenfalls die n\u00e4chst-liegende Erkl\u00e4rung. In Betreff der Stoffe die faulen, ist nat\u00fcrlich nicht an die Fette zu denken. Diese werden allerdings sofort von Spaltpilzen angegriffen und ihr geringer Glyceringehalt zerst\u00f6rt, die Fetts\u00e4uren werden aber, wie die* Analysen lehren, im Kothe ausgeleert. Zun\u00e4chst ist bei den nicht zur Resorption gelangenden Stoffen jedenfalls an das Mucin zu denken, welches wegen des Reizzustandes der Darmschleimhaut noch bedeutend vermehrt ist. Das aus.--ref\u00e4llte Mucin widersteht zwar lange der F\u00e4ulniss, aber nichts jault leichter als gel\u00f6stes Mucin. Es verliert bald seine viscose Beschaffenheit, durch Essigs\u00e4ure wird es nim nicht mehr gefallt; es dauert nicht lange und es reducirt, bald finden 'ich Milchs\u00e4ure, Butters\u00e4ure und Essigs\u00e4ure als Zerfallsprodukte des thierischen Gummis. Alle Kohlehydrate, gehen bekanntlich leicht in die Milchs\u00e4ureg\u00e4hrung \u00fcber, bei Gegen-\n\u00bbj s. m\nZvitechrift f\u00fcr philologische Chemie. IX.\n2 >","page":377},{"file":"p0378.txt","language":"de","ocr_de":"I\n378\nwart von Eiweissstoffen ; ganz besonders leicht thufc dies das thierischs Gummi. Die glycogenhaltige Leber zersetzt sich leicht, leichter aber das freies thierisches Gummi enthaltend*\u00ab Pancreas. Diese abnormen G\u00e4hrungsprozesse wirken nat\u00fcrlich krankmachend auf die Darmschleimhaut, und die Resorption der anderen Nahrungsmittel leidet ebenfalls, diese liefern dann auch F\u00e4ulnissprodukte.\nDer kachectische Zustand, an dem die Hunde mil Gallenfisteln zu Grunde gehen, hat grosse Aehnlichkeit mit dem bei der Phthise. Es ist bemerkenswerth, dass in beiden F\u00e4llen der K\u00f6rper viel thierisches Gummi verliert, im ersteren wird es im Darmkanal zerst\u00f6rt, kommt also nicht wieder zur Resorption, im letzteren wird es als Schleim eipecloriit. An einem anderen Orte werde ich bei Besprechung der functioneilen Bedeutung des thierischen Gummis auf diese Frage n\u00e4her eingehen.\nMit einigen Worten habe ich noch auf die fettspaltende Wirkung des Pancreas zur\u00fcckzukommen. J. Munk1) hat nachgewiesen, dass beim Hunde Fetts\u00e4uren die Neutralfette vollst\u00e4ndig ersetzen k\u00f6nnen, derselbe hat aber gleichzeitig gezeigt, dass Fetts\u00e4uren ganz wie Fette Emulsionen bilden. F\u00fcr die.Function des thierischen Gummis w\u00e4re es desshalh gleichg\u00fcltig, ob es vorher zur Spaltung kommt, oder nicht. Freie Fetts\u00e4uren sind immer im Darme vorhanden. Hoppe-Seyler2) fand sie hier zuerst und zwar nicht nur im D\u00fcnn-, sondern auch im Dickdarm. Ebenso enth\u00e4lt jeder Koth bei fetthaltiger Nahrung Fetts\u00e4uren. Aus diesen Befunden darf man aber keineswegs schlossen, dass alles Fett vor der Resorption gespalten w\u00fcrde. Wir wissen, dass F\u00e4ulniss-prozesse fortw\u00e4hrend im Darme statthaben und dass Fette durch diese leicht gespalten werden. Ganz ungezwungen k\u00f6nnen wir also diese Fetts\u00e4uren als durch F\u00e4ulniss au? nicht zur Resorption gelangtem Fette abgespalten, annehmen. Nach einer pers\u00f6nlichen Mittheilung des Herrn Prof. Hoppe-Seyler findet sich nach seinen Untersuchungen im f\u00f6talen\n>) Verhandlungen der physiologischen Gesellschaft 1879.\n8) Virchow's Archiv, Bd. 26 (1863), S. 384.","page":378},{"file":"p0379.txt","language":"de","ocr_de":"B79\nDarm immer nur Neutralfett, keine Fetts\u00e4uren. F\u00e4ulniss-prozesse fehlen hier nach den Berichten aller Untersucher.\nMunk hat zwar gezeigt, dass von Hunden Fetts\u00e4uren \u00bbehr gut vertragen und resorbirt werden. Beim Menschen liegen die Sachen aber anders. Ich habe selbst Gemenge von Oel-, Stearin- und Palmitins\u00e4ure genommen und immer etwas Darmkatarrh darnach bekommen, stets konnte ich einen grossen Theil der S\u00e4uren im Kothe wiederfmden. Neutrallette werden hingegen von mir sehr gut vertragen und resorbirt.\nZiehen wir alle oben mitgetheilten Thatsachen in Erw\u00e4gung, so m\u00fcssen wir uns gegen eine normale Fettspaltung und wohl auch gegen ein eigentliches feltspaltendes Ferment im Pankreas aussprechen. Wir m\u00fcssen vielmehr annehmen, dass durch die regulatorische Th\u00e4tigkeit des Magens immer nur soviel Fett in den Darm tritt, als durch das vorhandene thierische Gummi emulgirt und schnell resorbirt werden kann ; nur beim l\u00e4ngeren Verweilen von Fett im Darm wird es zur Spaltung desselben und Ausscheidung gr\u00f6sserer Mengen von Fetts\u00e4uren im Darme kommen.\nAm Schl\u00fcsse meiner Abhandlung m\u00f6chte ich noch auf ein auff\u00e4lliges Zusammentreffen aufmerksam machen, welches zwar nichts mit der Fettresorption, wohl aber mit hem thierischen Gummi zu thun hat. Ueberall \\y\u00f6 man ein diastatisches Ferment gefunden hat, findet sich thierisehes Gummi und umgekehrt. So besteht das mit Alkohol aus Pankreas gef\u00e4llte und mit Wasser wieder aufgenommene diastatische Ferment zum grossen Theil aus thierischem Gummi.\nPhysiolog.-chem. Institut der Universit\u00e4t Strassburg.","page":379}],"identifier":"lit16577","issued":"1885","language":"de","pages":"361-379","startpages":"361","title":"Zur Lehre von der Resorption des Fettes","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:36:28.836231+00:00"}