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{"created":"2022-01-31T13:22:25.066789+00:00","id":"lit16578","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Buchner, Eduard","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 9: 380-415","fulltext":[{"file":"p0380.txt","language":"de","ocr_de":"lieber den Einfluss des Sauerstoffs auf G\u00e4hrungen.\nVon\nEduard B\u00fcchner in M\u00fcnchen.\n\u00dccdaktion zugc^angen am !\u00bb. Februar lss.V)\nDie Beziehung ties Sauerstoffs zum G\u00e4hrungsvorgang verdient sowohl in chemischer Hinsicht, als insbesondere vorn physiologischen Standpunkt aus, grosses Interesse.\nWie bekannt stellte Pasteur 1861 als Resultat seiner Untersuchungen eine Theorie auf, welche man etwa dahin zusammenfassen kann: Die g\u00e4hrf\u00e4higen Pilze verm\u00f6gen den zu ihrem Leben n\u00f6thigen Sauerstoff leichter zersetzbaren Verbindungen zu entziehen und bringen dieselben dadurch zum Zerfall, jedoch nur bei Abwesenheit freien Sauerstoffs, Die experimentelle Grundlage dieses Satzes wurde von Sch\u00fctzenberger angegriffen; ebenso f\u00fchrte N\u00e4geli schwerwiegende Bedenken dagegen auf.\nAuch in einer neueren Publikation vom Jahre 1876'> bleibt Pasteur auf dem fr\u00fcheren Standpunkt und ver\u00f6ffentlicht weitere Versuche, welche f\u00fcr seine Anschauungen beweisend sein sollen. Bei genauer Durchsicht m\u00fcssen jedoch\n%\nauch hier die Schlussfolgerungen als sehr fragw\u00fcrdig erscheinen.\nKritik der Pasteurschen Versuche.\nZuerst werden einige wenige Experimente \u00fcber die Wirkung der Luft auf Sprosshefe angef\u00fchrt. Ich habe die Resultate derselben der gr\u00f6sseren Uebersichtlichkeit halber\n11 Etudes sur la bi\u00e8re. Paris ISTt\u00ee.","page":380},{"file":"p0381.txt","language":"de","ocr_de":"in der folgenden, kleinen Tabelle zusammengestellt ; die Reihenfolge ist nacli der St\u00e4rke der Lufteinwirkung gew\u00e4hlt, so dass Versuch (1) nahezu bei g\u00e4nzlichem Sauerstoffmangel, (5) und (G) dagegen bei starkem Luftzutritt statt-l\u00e4ndcn. Die Beschaffenheit der N\u00e4hrl\u00f6sung bei (1) ist nicht angegeben und die eingesetzte Zahl nur als wahrscheinlich zu betrachten. Versuch (5) und (0) unterscheiden sich dadurch, dass bei (0) in Folge der geringen-Versuchsdauer der anf\u00e4nglich gel\u00f6ste Sauerstoff mehr in Betracht k\u00f6mmt, als bei (5).\n! m\\- sipnsja^","page":381},{"file":"p0382.txt","language":"de","ocr_de":"Pasteur vergleicht nun die Verh\u00e4ltnisszahlen zwischen Hefe und vergohrenem Zucker,\u2014-, welche er \u00able pouvoir\nT\u00bb\t^\ndu ferment\u00bb nennt, direkt und glaubt daher Beweise zu seiner Theorie erhalten zu haben.\nEs ist schwer einzusehen, von welchen Vorstellungen ausgehend sich Pasteur gegen die Einw\u00e4nde Sch\u00fctzen-berger\u2019s taub zeigen konnte. Ganz unerl\u00e4sslich ist es n\u00e4mlich, auf die Dauer der Hefen Wirkung R\u00fccksicht zu nehmen; es kann doch nie gleichgiltig sein, ob eine gewisse Menge g\u00e4hrt\u00fcchtiger Hefe einen oder zwei Tage auf Zucker einwirkt. Sollte es daf\u00fcr noch experimenteller Beweise bed\u00fcrfen, so sind dieselben bereits erbracht und werde ich gelegentlich darauf hinweisen. Das einzig richtig?\u00bb Mass f\u00fcr die St\u00e4rke der G\u00e4hrwirkung ist die Menge des vergohrenen Zuckers, dividirt durch das Produkt aus Hefengewicht mal\nZeit, also\ny\n. in unserem Falle, z.t\nHierbei wird noch\nvor-\nausgesetzt, dass die Hefenaussaat im Verh\u00e4ltniss zur Hefenmenge am Schl\u00fcsse des Versuches jedesmal verschwindend klein sei und dass ferner die Entwickelung der Hefe w\u00e4hrend der ganzen Versuchsdauer gleichm\u00e4ssig verlaufe. Versuch (1) ist aus dem letzterw\u00e4hnten Grunde mit den \u00fcbrigen absolut unvergleichbar; ausserdem muss noch sogar angenommen werden, dass in diesem Versuche ein gut Theil der fr\u00fcher gebildeten Hefezellen in Folge Involutionserscheinungen zerst\u00f6rt wurde, wodurch die schliesslich zur Abw\u00e4gung gelangte llefenmenge jedes Anhaltspunktes f\u00fcr die wirklich in TI t\u00e4tig-keit gewesene Pilzmasse verlustig wird, denn wie Pasteur angiebt, mussten bei Unterbrechung dieses Versuches alle Zellen f\u00fcr \u00abdes cellules monstres\u00bb gehalten werden. Die Versuche (5) und (6) dagegen lassen sich mit den \u00fcbrigen in keiner Weise vergleichen, da wir es hier mit einer 0,9 pro-centigcn Zuckerl\u00f6sung, sonst aber mit einer Sprocentigen zu thun haben. Berechnen wir f\u00fcr (2), (8) und (4) die Zahl\ny\nz.t\nso erhalten wir\n1 1\n7,6 \u2019\t10,4\noder gerade","page":382},{"file":"p0383.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022las Gegentheil von dom, was Pasteur finden wollte. Solche Versuche d\u00fcrfen \u00fcbrigens in keiner Weise als \u00fcberzeugend betrachtet werden ; denn abgesehen davon, dass die Culturen ^egen das Aufkommen von Spaltpilzen nicht gesch\u00fctzt waren, hat Pasteur auch verschiedene Sprosshefeformen angewendet. So bei Versuch (2) und (3) Saccharomyces pastorianus, bei (5) und (0) oberg\u00e4hrige Bierhefe; \u00fcber die Aussaaten bei (1) und (4) verlautet gar nichts. Eine Angabe \u00fcber- (lie Temperatur bei den G\u00e4hrungen findet sich auch nur f\u00fcr (2) und (3).\tv\nJedenfalls k\u00f6nnen die Versuche, Pasteur's mit Sprosshefe nicht als Beweis f\u00fcr* die S\u00e4uerst o ff e n tzi eh u n g s th e o r i e gelten.\nUeber den Einfluss des Sauerstoffs auf Spaltpilzg\u00e4hrungen f\u00fcllet Pasteur einige sp\u00e4rliche Experimente'an, die ihre liesultate nur dem mikroskopischen Befunde zu entnehmen scheinen. Beim ersten derselben wurde eine L\u00f6sung von milchsaurem Kalk und anorganischen N\u00e4hrsalzen mit einer /.uf\u00e4llig erhaltenen Pilzcultur, die haupts\u00e4chlich Buttorsuure-bacterien enthielt, inficirt. Nach drei Wochen war der ll\u00f6lie-jiunkt der G\u00e4hrung erreicht. Nun wurden 2-1/* Liter der L\u00f6sung mit 50 ec. Luft alle 10 Minuten w\u00e4hrend einer Stunde gesch\u00fcttelt. Eine mikroskopische Untersuchung ergab, \u00bblass\u2019 \u00ablie Bewegung der Vibrionen, sehr abgeschw\u00e4cht war. Die W\u00e4hrung zeigte sich vermindert, ohne g\u00e4nzlich aufgehoben, zu sein, \u00abzweifellos, weil nicht alle Theile der L\u00f6sung mit \u00ablern Sauerstoff der Luft in Ber\u00fchrung gekommen waren.\u00bb Leider fehlt eine Angabe, wodurch sich die Verminderung \u2019 \u00ab1er G\u00e4hrung kundgegeben haben so i. Aus den folgenden Versuchen ist zu schliessen, dass Pasteur die Abschw\u00e4chung \u00ab1er Bewegungen der Spaltpilze allein schon als Zeugniss daf\u00fcr ansieht. Jedenfalls ist zu ber\u00fccksichtigen, dass durch das h\u00e4ufige Sch\u00fctteln der N\u00e4hrl\u00f6sung, wohl verbunden mit einer Herausnahme aus dem Br\u00fctofen, eine nicht unbetr\u00e4chtliche Herabminderung der Temperatur und damit eine wesentliche Verschlechterung der Bedingungen f\u00fcr das Wohlbefinden der Organismen gegeben war. Ein zweiter Versuch w\u00fcrde","page":383},{"file":"p0384.txt","language":"de","ocr_de":"3*4\nmit zwei \u00abtubes d\u2019essai* ausgef\u00fchrt, welche zur H\u00e4lfte mit einer in gleicher Weise auf den H\u00f6hepunkt der Intensit\u00e4t gekommenen g\u00e4hrenden Fl\u00fcssigkeit einer \u00abanderen G\u00e4hrung/ gef\u00fcllt waren. In das eine Gef\u00e4ss wurde nun ein Luftstrom eingeleitet, in das andere ein Kohlens\u00e4urestrom. \u00abNach Verlauf einer halben Stunde waren in dem Versuche mit Luft alle Vibrionen todt, zum wenigsten ohne Bewegung und die Gahrung erholte sich nicht mehr; in dem Versuche mit Kohlens\u00e4ure dagegen waren nach 3 st\u00e4ndiger Einwirkung die V ibrionen sehr lebhaft und die G\u00e4hrung dauerte fort. Pasteur unterl\u00e4sst jede Angabe, was das f\u00fcr eine \u00abandere G\u00e4hrung\u00bb war; ebenso ist keine Andeutung dar\u00fcber vorhanden, wodurch auf die v\u00f6llige Unterdr\u00fcckung der G\u00e4hnum in dem einen, auf die Fortdauer in dem anderen Fall geschlossen wurde. Davon dass die Spaltpilze durch den Luft-Einfluss get\u00f6dtet wurden, kann gewiss keine Rede sein, sic waren h\u00f6chstens ohne Bewegung. Es ist aber eine Annahme, die jeder Begr\u00fcndung entbehrt, wenn man glaubt, von der mehr oder minder grossen Eigenbewegung der Spaltpilz\u00bb direkt auf deren G\u00e4hrverm\u00f6gen schlossen zu k\u00f6nnen. Demi es giebt nicht nur Bact\u00e9rien, welche unter vielen Bedingungen lebhafte Bewegungsf\u00e4higkeit zeigen, ohne jemals als G\u00e4hrungs-erreger angetroffen worden zu sein \u2014 ich erinnere an Bacillus subtilis, wir kommen sp\u00e4ter darauf zur\u00fcck \u2014 sondern wir kennen andererseits auch Spaltpilze, welche eine \u00e4usserst kr\u00e4ftige G\u00e4hrwirkung mit ganz geringer Eigenbewegung verbinden (z. B. Bacterium Fitz.). Wie sehr \u00fcbrigens die Pasteur-schen Angaben \u00fcber die Bewegungsf\u00e4higkeit der Spaltpilz\u00ab* mit Vorsicht aufzunehmen sind, beweisen seine weiteren Auseinandersetzungen \u00ab\u00fcber den t\u00f6dlichen Einfluss d.r atmosph\u00e4rischen Luft aut die Vibrionen*. Eine g\u00e4hrend\u00ab* H\u00fcssigkeit wurde, ohne mit Luft in Ber\u00fchrung gekommen zu sein, durch den Druck ihrer eigenen Kohlens\u00e4ureentwickelung in eine flache Glaszelle getrieben ; unter dem Mikroskop waren die Bewegungen der Vibrionen sehr deutlich zu bemerken. Wurde dagegen auf die gew\u00f6hnliche Weise ein Tropfen derselben L\u00f6sung unter einem Deckgl\u00e4schen unter-","page":384},{"file":"p0385.txt","language":"de","ocr_de":",ucht, so war ein erstaunlicher Unterschied in der St\u00e4rke der Bewegungen gegen\u00fcber dem vorigen Versuche vorhanden. ,1a noch mehr, man sah sogar am Rande des Tropfens unter dem Deckgl\u00e4schen, also bei direktem Einfluss der Luft, alle Bewegungen aufh\u00f6ren, w\u00e4hrend sie in der Mitte der Fl\u00fcs- \u2019 dgkeit um so l\u00e4nger erhalten blieben, je mehr Vibrionen am Rande vorhanden waren, um den eindringenden Sauerstoff zu absorbiren. Man ben\u00f6thigt ferner keine grosse Geschicklichkeit im Beobachten, um deutlich zu erkennen, dass in den ersten Augenblicken, nachdem das Deckgl\u00e4schen mit dein Tropfen auf den Objekttr\u00e4ger gebracht worden, nachdem, also die ganze Fl\u00fcssigkeit mit der Luft in Ber\u00fchrung kam, alle Vibrionen entkr\u00e4ftet, gewisser m\u00fcssen krank sind, dass sic nach und nach gegen den Mittelpunkt hin wieder beweglicher werden, im Verh\u00e4ltniss wie sie in Theile der N\u00e4hrl\u00f6sung kommen, die weniger Sauerstoff enthalten. So weit Pasteur.\nObwohl nun, wie schon erw\u00e4hnt, von einem sch\u00e4digenden Einfluss auf die Bewegungsf\u00e4higkeit kein direkter Schluss auf das G\u00e4hrverni\u00f6gen oder auf das Gesammtwohlbefinden oder gar auf Tod oder Leben gestattet werden kann, so . scltien eine experimentelle Pr\u00fcfung der auff\u00e4lligen Ergebnisse Pasteur\u2019s doch sehr w\u00fcnschenswerth. Eine Angabe \u00fcber die Spaltpilze, mit welchen diese Versuche ausgef\u00fchrt wurden, fehlt; als N\u00e4hrmaterial benutzte Pasteur anorganische Salze: In meinen Versuchen verwandte ich Reineulturen des Butyl-bacillus, der aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Vibrio butyrique identisch ist, und daher nach Pasteur\u2019s 1. Versuch sehr geeignet zu diesen Experimenten erschien. Die Culturen in sterilisirter N\u00e4hrl\u00f6sung von 5 % Glycerin, 2 \u00b0/0 Fleischextrakt mit Zugabe von 5 \u00b0/o Calciumcarbonat waren bereits 24 Stunden nach der Aussaat auf dem H\u00f6hepunkt der G\u00e4hrung angelangt. Die Bewegungen der St\u00e4bchen und F\u00e4den in der Glaszelle bei Luftabschluss erwiesen sich unter dem Mikroskop als \u00e4usserst kr\u00e4ftig. Aber auch unter dem Deckglas zeigten sich die Pilze sehr beweglich, bis hinaus an den Rand des Tr\u00f6pfchens, mit einziger Ausnahme, dass","page":385},{"file":"p0386.txt","language":"de","ocr_de":"einzelne St\u00e4bchen, besonders l\u00e4ngere, wie festgekeilt lagen, w\u00e4hrend dagegen andere, besonders k\u00fcrzere, sich lustig um dieselben herumtummelten und sogar zwischen ihnen und dem Fl\u00fcssigkeitsrande durchschl\u00fcpften. Bringt man absichtlich Luftblasen unter das Deckgl\u00e4schen, so kann man die Bewegungen der Bact\u00e9rien in den schmalen Wasserstrassen zwischen denselben verfolgen; hier muss doch die L\u00f6sung baldigst mit Luft ges\u00e4ttigt sein, trotzdem konnte 'ich keine Abnahme der Beweglichkeit constatiren. Bringt man einen Tropfen der G\u00e4hrfl\u00fcssigkeit an einem Deckgl\u00e4schen h\u00e4ngend in den Hohlraum eines hohlgeschliffenen Objekttr\u00e4gers, so m\u00fcsste die Einwirkung der Luft jedenfalls sehr bald, besonders am Rande des Tropfens, wo die Fl\u00fcssigkeitsschicht d\u00fcnn ist, hemmend auf die Bewegungsfahigkeit einwirken. Ich habe diesen Versuch Dutzende von Malen ausgef\u00fchrt, ohne eine solche Beobachtung machen zu k\u00f6nnen. Dagegen tritt die charakteristische Randschicht bewegungsloser Pilze immer dann auf, wenn in Folge Temperaturdifferenzen der Tropfen rasch verdampft; der \u00e4iisserste Rand der Fl\u00fcssigkeit zieht sich dabei sprungweise zur\u00fcck und nimmt\u2019 die in den verdampfenden Regionen befindlichen Pilze mit sich ; dieselben sammeln sich in gr\u00f6sserer Zahl an und verlieren in Folge zu hoher Concentration der N\u00e4hrl\u00f6sung an diesem Punkte oder vielleicht auch in Folge physikalischer Anziehungskr\u00e4fte ihre Beweglichkeit.\nEin weiterer Versuch sollte dem zweiten von Pasteur \u00e4hnlich gestaltet werden. Von einer Reincultur des Butyl-bacillus (N\u00e4hrl\u00f6sung: 5\u00b0/o Glycerin, 2% Fleischextrakt mit Zusatz von 5 \u00b0/o kohlensaurem Kalk), die sich bereits in starker G\u00e4hrung befand, wurden ungef\u00e4hr 20 cc. in sterili-sirte Kolben von 300 cc. Inhalt gesaugt; hierbei war ein\u00bb1 Verunreinigung durch fremde Pilze ausgeschlossen. Die Einrichtung der Kolben war so ziemlich die gleiche, wie sie bei meinen sp\u00e4ter zu erw\u00e4hnenden Versuchen mit Bacterium Fitz, in Anwendung kam und dort beschrieben werden wird. Diese Kolben nun, in denen die Fl\u00fcssigkeit nur eine 1 cm. hohe Schicht bildete, kamen in den Br\u00fctkasten und zugleich","page":386},{"file":"p0387.txt","language":"de","ocr_de":"3S7\nin den Sch\u00fcttelapparat zu stehen; in den einen wurde in starkem Strome Sauerstoff, in den anderen Kohlendioxyd ein-veteitet und gleichzeitig durch Sch\u00fctteln die Fl\u00fcssigkeiten fortw\u00e4hrend in Bewegung erhalten. Das Zuleitungsrohr reichte in beiden Kolben bis auf den Boden, so dass die Gase in Blasen aufstiegen; der Austritt der Gase aus den Kolben erfolgte durch eine fein zugespitzte Glasr\u00f6hre, in Folge dessen herrschte immer starker Luftstrom nach aussen; beide Glasr\u00f6hren waren mit doppeltdurchbohrten Stopfen luftdicht in .lie Kolben eingesetzt. Nach 35 Minuten, nach 2 V* Stunden, nach 8 Stunden wurden Proben der Culturen entnommen und mikroskopisch untersucht ; es zeigte sich nirgends eine Abnahme der Beweglichkeit, selbst ganz lange Fadenformen, waren in Bewegung. Auch nach 24 Stunden, als der. Versuch unterbrochen wurde, zeigte sich kein anderes Resultat. Es waren gegen 7 Liter Sauerstoff eingeleitet worden. Die mikroskopische Untersuchung ergab keine Aenderung im. Aussehen der Culturen ; es wurden gef\u00e4rbte Pr\u00e4parate davon angefertigt. Ferner machte ich von den G\u00e4hrfl\u00fcssigkciten, sowohl der mit Sauerstoff-, als der mit Kohlensaureeinleitung eine Aussaat in je ein Gl\u00e4schen mit sterilisirter Glycerin-Kleischextraktn\u00e4hrl\u00f6sung. ln beiden F\u00e4llen trat wie gew\u00f6hnlich lebhafte G\u00e4hrung ein.\nWenn wir also die Pasteur\u2019schen Angaben \u00fcber den Einfluss des Sauerstoffs auf Spaltpilz-g\u00e4hrungen mit diesen Resultaten vergleichen, so erscheint die Deutung seiner Beobachtungen als nicht unzul\u00e4ssig.\nVersuche von Pedersen, N\u00e4geli, Hoppe-Seyler\nund Fitz.\nNachdem die Frage \u00fcber den Einfluss des Sauerstoffs auf G\u00e4hrungen durch Pasteur in Fluss gekommen war, wurde sie nun auf alle m\u00f6gliche Weise ventilirt und die verschiedensten Versuche angestellt.\nEinen hervorragenden Rang unter den letzteren nehmen \u00ablie Arbeiten R. Pedersen\u2019s \u00fcber die unterg\u00e4hirige Bierhefe","page":387},{"file":"p0388.txt","language":"de","ocr_de":"ein1). Derselbe bewies durch eine Anzahl von Experimenten den f\u00f6rdernden Einfluss der atmosph\u00e4rischen Luft auf di,. Vermehrung der Hefe sowohl, als auf die Bildung von fl\u00fceli-tigen Produkten; wurde dagegen die entstandene Menge fl\u00fcchtiger K\u00f6rper auf die Gewichtseinheit Sprosshefe berechnet, so ergaben sich bei Luftzufuhr geringere Zahlen als bei Luftabschluss. Und zwar trotzdem Pedersen als mittlere wirksame Hefemenge einfach das arithmetische Mittel zwischen den Gewichten der Hefe am Anfang und am Ende jede-Versuches annahm; die Versuche zeigen aber gerade, dass in den Culturen mit Luft am Anfang eine ausserordentliche Pilzvermehrung stattfindet, die bald sehr abnimmt, w\u00e4hrend in den Culturen ohne Luft die Pilzentwickelung viel gleicli-m\u00e4ssiger erfolgt, ln Wirklichkeit ist also unter diesen Bedingungen, wenn die Vermehrung der Hefe nicht ausgeschlossen ist, die G\u00e4hrth\u00e4tigkeit der einzelnen Zelle bei starkem Luftzutritt noch geringer als sie die Resultate von Pedersen erscheinen lassen2).\nIm Jahre 1879 stellte N\u00e4gel i wie bekannt eine neu\u00bb G\u00e4hrungstheorie auf3); bez\u00fcglich der Einwirkung des Sauerstoffs formulirte er seine Ansicht dahin, dass der freie Sauerstoff bei hinreichender G\u00e4hrth\u00e4tigkeit zum Leben der Pike einerseits entbehrlich sei, anderseits aber die Gegenwart desselben f\u00f6rderlich auf die G\u00e4hrth\u00e4tigkeit der Pilze einwirk.. Zur Entkr\u00e4ftung der Pasteur\u2019sehen Anschauungen wird Zun\u00e4chst auf die Essig\u00e4therbildung bei der Alkoholg\u00e4hrung des Zuckers hingewiesen. Wie theoretisch bereits zu ver-\nMed de leiser fra Barisberg Laboratories Kopenhagen 1878.-R\u00e9sum\u00e9. Vergleiche aucli die sch\u00f6nen, best\u00e4tigenden Versuche von Hansen, Meddelelser etc. 1879. R\u00e9sum\u00e9. S. 88.\n2)\tBei drei Versuchen (Nr. 3, 4, 5), die unter sonst gleichen Umst\u00e4nden verschieden lang in G\u00e4hrung belassen wurden, fanden sich bei der Unterbrechung wohl durch zuf\u00e4llige Umst\u00e4nde veranlasst, beinah gleiche Hefenmengen gebildet, wogegen die Quantit\u00e4t der fl\u00fcchtigen Produkte ziemlich genau den Zeiten, durch welche die G\u00e4hrungen dauerten, entsprechen. Wir haben hier also den experimentellen Nachweis der Unrichtigkeit von Pasteur\u2019s Anschauung, die Zeitdauer der G\u00e4hrwirkung sei gleichg\u00fcltig.\n3)\tTheorie der G\u00e4hrung. M\u00fcnchen 1879.","page":388},{"file":"p0389.txt","language":"de","ocr_de":"Hiutlicn, erfolgt dieselbe immer dann, wenn Alkohol und Essigbildung r\u00e4umlich an demselben Punkte stattfinden, wenn also die noch unges\u00e4ttigten Radikale auf einander treffen. Praktisch erh\u00e4lt man in der That den meisten Essig\u00e4ther, wenn Most in sehr d\u00fcnner Schicht der Einwirkung der Luft ausgesetzt wird. Es kann dann \u00fcberall in der Fl\u00fcssigkeit ,1er bereits entstandene Alkohol durch Spaltpilze zu Essig--aure oxydirt werden, da \u00fcberall der hierzu n\u00f6thige freie Sauerstoff vorhanden ist; gleichzeitig wird unbeirrt durch He (i egen wart des letzteren von der Sprosshefe fortgesetzt neuer Zucker zu Alkohol vergohren. Die beulen Vorg\u00e4nge linden in unmittelbarer N\u00e4he statt, wir erhalten viel Essig-ftther.\nFerner beschreibt N\u00e4geli f\u00fcnf direkte Doppelversuche \u00fcber die Einwirkung des Sauerstoffs, die mit Sprosshefe bei Ausschluss der V e r m e h r u n g derselben durchgef\u00fchrt wurden. Es kamen einfach Rohrzuckerl\u00f6sungen ohne Zugabe von weiteren N\u00e4hrstoffen zur Verwendung; bei sonst gleichen Bedingungen wurde in jedem Doppelversuche in einem Fall der Luftzutritt beg\u00fcnstigt, im anderen vermindert \u00f6der g\u00e4nzlich vermieden. Die Resultate stimmen alle darin \u00fcberein, lass die mit Sauerstoff g\u00e4hrende Hefe bei Ausschluss Vier Vermehrung bei Weitem die g\u00e4hrtlichtigere ist.\nIni Jahre 1881 erschien eine Abhandlung von Hoppe-Seyler \u00fcber die Einwirkung des Sauerstoffs auf G\u00e4hrungeri1). Der erste darin beschriebene Versuch ist mit Bierhefe aus-; gef\u00fchrt. Durch die Anordnung desselben vermochte der freie Sauerstoff jedenfalls sehr vollkommen einzuwirken ; dagegen war keine Vorsichtsmassregel getroffen, um das Pebeiwuchern von Spaltpilzen zu verhindern und so ergab schon die mikroskopische Untersuchung einen in dieser Hinsicht sehr bedenklichen Befund. Auch die enorme Bildung von fl\u00fcchtiger S\u00e4ure gerade bei Portion I (mit st\u00e4rkster S\u00e4uerstoffeinwirkung) weist auf die Th\u00e4tigkeit von Spaltpilzen hin, welche einen Theil des entstandenen Alkohols bereits wieder zu Essigs\u00e4ure verbrannt hatten. Bei der nor-\n1) Festschrift, Strassburg 1881.","page":389},{"file":"p0390.txt","language":"de","ocr_de":"malen Alkoholg\u00e4hrung durch Sprosshefe entstehen bekanntlich etwa 50% Alkohol, bezogen auf das Gewicht des vergohrenen Rohrzuckers; beim vorliegenden Versuch fanden sich hei Portion I nur 17,2%, bei Portion II 19,2\u00b0/\u00ab, bei Portion 111 \u266611,'1% des vergohrenen Zuckergewichtes als Alkohol wieder. Bei Portion III, N\u00e4hrl\u00f6sung ruhend in einer Flasche mit G\u00e4hrr\u00f6hre, h\u00e4tten jedenfalls die normalen Verh\u00e4ltnisse ein-treten m\u00fcssen; aber auch hier zeigt sich die wesentliche Modification durch die Th\u00e4tigkeit von Spaltpilzen. Weiter*-Versuche Iloppe-Seyler\u2019s sind mit verschiedenen thierischen Fl\u00fcssigkeiten und den von vorneherein darin enthaltenen oder aus der Luft hineingerathenen Organismen angestellt und sollten nur zur Orientirung auf dem noch unerforschten Gebiete dienen. Die Versuche mit EiWeissl\u00f6sungon ergaben eine um so st\u00e4rkere Zersetzung, je mehr Luft eingewirkt hatte. Ferner zeigte sich, dass auch bei sehr reichlichem Vorhandensein von freiem Sauerstoff Entwickelung von sich lebhaft bewegenden Bact\u00e9rien erfolgen kann.\nBei im verflossenen Jahr pub\u00fccirten Versuchen fand Hoppe-Seyler1), dass sich in thierischen Fl\u00fcssigkeiten bei Sauerstoffzutritt mehr Spaltpilze bilden, als ohne solchen, F\u00fcr Sprosshefe wurde dasselbe Verh\u00e4ltniss sogar zahlenm\u00e4\u00dfig durch Bestimmung der Trockengewichte der entstandenen Hefe festgestellt.\nA. Fit z hat in neuerer Zeit einige Beobachtungen \u00fcber sch\u00e4dliche Einwirkungen auf die G\u00e4hrth\u00e4tigkeit von Spaltpilzen ver\u00f6ffentlicht2). So richtig nun seine Angaben \u00fcber den hindernden Einfluss erh\u00f6hter Temperaturen sind (\u00fcbrigen' hat darauf N\u00e4geli bereits 1877 hingewiesen), so fraglich erscheinen die Resultate \u00fcber die Sauerstoffwirkung. Fitz hat eine einzige oder nur wenige Zellen in verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig viel Kulturfl\u00fcssigkeit ausges\u00e4t und dabei eine betr\u00e4chtliche Verminderung oder ein g\u00e4nzliches Aufh\u00f6ren der G\u00e4hrth\u00e4tigkeit gefunden. Ich kann diese Angaben bez\u00fcglich des Butyl-\n!) Diese Zeitschrift, Bd. VIII, S. 214.\n2) Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. XV, S. 877. Bd. XVI, S. 847.","page":390},{"file":"p0391.txt","language":"de","ocr_de":"bacillus vollkommen best\u00e4tigen. Dieselben verlangen aber eine andere Deutung, sie k\u00f6nnen nicht durch den Einfluss \u2022les freien Sauerstoffs erkl\u00e4rt werden. Bei fortgesetzter Umz\u00fcchtung des Butylbacillus in Glycerinfleischextraktl\u00f6sung, wobei die Culturen durch einen Apparat fortw\u00e4hrend gesch\u00fcttelt wurden, so dass die Luft auf die nur 1 cm. hohe Fl\u00fcssigkeitsschicht lebhaft einwirken konnte, zeigte sich absolut keine Verminderung der G\u00e4hrthfitigkeit, die Gl\u00e4schen rochen ebenso stark als die nicht gesch\u00fcttelten, und noch dazu fr\u00fcher, nach Butylalkohol. Ein weiterer Versuch wurde von Fitz in der Weise ungeordnet, dass die Spaltpilze mehrmals in -\u00e4hrunfahigen N\u00e4hrl\u00f6sungen, die der Sauersfoffwirkung sehr ausgesetzt waren, umgez\u00fcchtet wurden; hernach hatten si<> ihre G\u00e4hrwirkung eingeb\u00fcsst. Warum hat Fitz die Verminderung der G\u00e4hrth\u00e4tigkeit beim Umz\u00fcchten in g\u00e4hr-unf\u00e4higen L\u00f6sungen untersucht? Es ist doch eine den.Pilz-torschern bekannte Thatsache, dass Pilze, die unter ung\u00fcnstigen Verh\u00e4ltnissen sich vermehren, im Allgemeinen geschw\u00e4cht werden. G\u00e4hrungserreger verlieren dabei ihr G\u00e4hrverm\u00f6gen. Doch kann dies keineswegs als Sauerstoffeinwirkung gedeutet werden. Die Versuchsresultatc von Fitz sind also keine Beweise.\nDie Litteratur \u00fcber den Einfluss des Sauerstoffs auf G\u00e4hrungen enth\u00e4lt bisher nur hinsichtlich der Sprosshefe exakte Versuche, die wenigen Experimente mit Spaltpilzen sind vollst\u00e4ndig unzureichend.\nEigene Versuche mit Spaltpilzg\u00e4hrungen.\nFolgende Gesichtspunkte leiteten mich bei den Versuchen: lj Es sollte nur eine m\u00f6glichst bekannte, sehr g\u00e4hrt\u00fcchtige Pilzform zugegen sein, ich operirte also immer \u00bbSit absoluten Reinculturen. 2) Die Einwirkung des Sauerstoffs sollte in der einen Cultur auf alle Weise bef\u00f6rdert, in: der anderen aber durch Zuleiten eines indifferenten Gases vollst\u00e4ndig verhindert werden ; auch erschien es w\u00fcnschens-\"erth, einen dritten Parallelversuch ohne jede Gaszuleitung","page":391},{"file":"p0392.txt","language":"de","ocr_de":"auszuf\u00fchren. 3. Die G\u00e4hrth\u00e4tigkeit sollte nicht nur im Allgemeinen, sondern die Th\u00fctigkeit des einzelnen Pilzindividuums festgestellt werden.\nBevor ich nun speciell auf die Versuche eintrete, sind noch einige allgemeine Bemerkungen vorauszuschicken. Bez\u00fcglich der Wege zu Sterilisirung, Reincultur und Umz\u00fcchten, welche ich ben\u00fctzt habe, mag der Hinweis gen\u00fcgen, dass ich mich der besten, bisher bekannten, besonders auch der in neuester Zeit zu medicinisch-mycologischen Untersuchungen verwendeten Methoden bediente. Dagegen, erscheint es unerl\u00e4sslich, das benutzte Pilzmaterial eingehend zu besprechen;\n'\tPilz material.\nVon den auf dem Heu vorkommenden Spaltpilzfornici i sind bisher drei isolirt und n\u00e4her untersucht worden. 1. Bacterium Fitz., Glycerin\u00fcthylbacterie. Dieselbe habe ich bei \u2022 len eingehenden Versuchen \u00fcber den Einfluss des Sauerstoffs auf G\u00e4hrungen verwendet. 2. Der Glycerinbutylbacillus das Butters\u00e4ureferment (?). Dieser Spaltpilz kam bei den Versuchen \u00fcber die Eigenbewegung bei Gegenwart von Sauerstoff zur Verwendung, 3. Bacillus subtil is, die lien-i)acterie.\n1. Bacterium Fitz.\nReincultivirung: Hierzu gen\u00fcgt cs, wie mein Bruder (Hans Buchner) ausf\u00fchrlich nachgewiesen hat1), von der Decke, die sich auf ungekochtem Heuaufguss (bereitet durch \u00ce-st\u00fcndiges Stehen bei 3(\u00bb\u00b0 G. von Ihm mit wenig Wasser) bei Zimmertemperatur nach einigen Tagen bildet, eine geringe Menge in slerilisirte L\u00f6sung von 2\u00b0/\u00ab Fleischextrakt und Glycerin unter Zugabe der gen\u00fcgenden Quantit\u00e4t Calciumcarbonat zu \u00fcbertragen2). Bei 36\u00b0 entsteht eine lebhafte\n1)\tUntersuchungen fiber die niederen Pilze von G. von N it ge I i. .M\u00fcnchen 1881, S. 2*20. Der Name Glyceriniithylbaclerie wird desshalh hier nicht heihehalten, weil es sicli mittlerweile herausgestellt hat, dass auch andere Spaltpilze, Glycerin haupts\u00e4chlich unter Bildung von Aelhyl-al kohol verg\u00e0hren.\n2)\tBacterium Fitz, d\u00fcrfte wohl ebenso wie der Glycerinbutyl-bacillus urspr\u00fcnglich aus dem Verdauungskanal der Wiederk\u00e4uer stammen.","page":392},{"file":"p0393.txt","language":"de","ocr_de":"30:5\n\nG\u00e4hrung; mehrfach fortgesetzte Uebertragung geringer Mengen in die gleiche sterilisirte Culturfl\u00fcssigkeit f\u00fchrt durch Verdr\u00e4ngung aller \u00fcbrigen concurrirenden Spaltpilzformen zur Ueincultur.\nN\u00e4hrl\u00f6sungen: Fleischextract als Zusatz zu den Gahr-tl\u00f6ssigkeiten liefert sehr gutes N\u00e4hrmateriah Bei meinen Culturen kam meistens eine L\u00f6sung von 2% Fleischextrakt und 5 \u00abVo Glycerin bei Zusatz von 5 % Calciumcarbonat in Anwendung; auch in 0,5 % Fleischextraktl\u00f6suiig mit 5\u00b0/o Glycerin und 5 \u00b0/o Calciumcarbonat entsteht: sehr lebhafte ii\u00e4hrung. Dagegen bleiben Culturen in L\u00f6sungen von;.anorganischen N\u00e4hrsalzen (Monokaliumphosphat, Magnesiumsulfat und Salmiak) mit Glycerin und kohlensaijrem Kalk immer sp\u00e4rlich, im Verh\u00e4ltnis zu jenen mit Fleischextract; auch die Zugabe von weinsaurem Ammoniak bringt keine wesentliche Besserung mjt sich, ln N\u00e4hrgelatine mit Zucker, Fleischextract und Peptonzusatz w\u00e4chst Bacte.rium Fitz, vorz\u00fcglich, schon bei Zimmertemperatur; die Gelatine wird nicht verfl\u00fcssigt; h\u00e4ufig tritt Bildung von Gasblasen in Folge G\u00e4\u2019hr-wirkung ein.\nG\u00e4hrvcrm\u00f6gen: Glycerin wird durch die Bact\u00e9rie, wie wir seit den Versuchen von Fitz1) wissen, lebhaft verehren; es entsteht Aethylalkohol, fl\u00fcchtige und nichtfl\u00fcchtige S\u00e4uren der Fettreihe, ausserdem Kohlendioxyd und Wasser-doll. (Fitz hat jedoch bei diesen Untersuchungen nicht mit Heinculturen gearbeitet, was den Werth der Resultate beeintr\u00e4chtigt.) Ausserdem wird wahrscheinlich ein kleiner Theil \u2022los Glycerins zu Trimethylenglycol reducirt. Zucker wird ebenfalls sehr lebhaft vergohren; es entsteht viel S\u00e4ure, wie aus der starken Kohlens\u00e4ureentwickelung bei Zusatz von Calciumcarbonat zu entnehmen ist; der Geruch deutet aut' die Bildung von Aethylalkohol. St\u00e4rke (Kartoffelst\u00e4rke) uird durch Bacterium Fitz, ebenfalls vergohren, wenn auch, \u00bblicht so lebhaft als Glycerin oder Zucker. Geruch nach Aethylalkohol.\n*) Berichte \u00ab1er deutschen chemischen Gesellschaft, Bd* IX, u, ff.\n. Zeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie IX.\t\"\t.\t.\t\u2022","page":393},{"file":"p0394.txt","language":"de","ocr_de":"In einer L\u00f6sung von milchsaurem Kalk mit Fleisch-i*xtractzusatz vermehrt sich Bacterium Fitz, sehr rasch. Dii Blasenbildung bleibt auch bei Zugabe von kohlensaurer Kalk minimal, da die entstehenden S\u00e4uren durch den freiwerdenden Kalk gebunden werden. Auf Zusatz von Schwefels\u00e4ure entwickelt sich widerlicher Fetts\u00e4uregeruch.\nEinwirkung von Jodtinktur: Das in normaler Glycerinn\u00e4hrl\u00f6sung gez\u00fcchtete Bacterium Fitz, wird durch Jod nicht gebl\u00e4ut. Dessgleichen tritt auch bei l\u00e4ngeren St\u00e4bchen kein Zerfallen in k\u00fcrzere Abschnitte ein, selten dass dieselben etwas torulos werden.\nVerhalten gegen Gifte: W\u00e4hrend Bacterium Fitz, in L\u00f6sungen von 5% Glycerin und 2 % Fleischextract nebst Calciumcarbonat durch Zusatz von 2,5 % Aethylalkohol nicht wesentlich gesch\u00e4digt wird, ist es in einer sonst gleichen L\u00f6sung, aber mit nur 0,5% Fleischextract bereits sehr empfindlich dagegen; es vermehrt sich zwar noch, die G\u00e4hrwirkung ist aber \u00e4usserst gering. In L\u00f6sungen von 20 % Glycerin. 2% Fleischextract und Calciumcarbonat tritt keine G\u00e4hrung ein.\nMorphologie: Die Entwickelungszust\u00e4nde des Bacterium Fitz, wurden von Hans Buchner genau beschrieben1). In der normalen Glycerinfleischextractn\u00e4hrl\u00f6sung erh\u00e4lt man kurze St\u00e4bchen) von etwa 1 g Breite und 1 Va\u20142 fache: L\u00e4nge. In Culturen mit Kartoffelst\u00e4rke oder mit milchsaurem Kalk sind die St\u00e4bchen bei gleicher Breite meist wesentlich l\u00e4nger (bis 7 ji). Sporenbildung erhielt ich einmal in schwach saurer N\u00e4hrgelatine; die St\u00e4bchen waren in der Mitte etwas angeschwollen und enthielten hier die stark lichtbrechende, grosse Spore. Dieselbe blieb bei dem gew\u00f6hnlichen F\u00e4rbeverfahren mit Anilinfarben ungef\u00e4rbt, wie dies bei den Sporen der Spaltpilze als Regel bekannt ist.\nBewegungszust\u00e4nde: Bei Aussaat in die normale Glycerinn\u00e4hrl\u00f6sung zeigen die St\u00e4bchen, wenn der H\u00f6hegrad der G\u00e4hrung erreicht ist (schon nach 12\u201424 Stunden, je nach Aussaat), nur geringe Eigenbewegung. Die meisten erscheinen ganz ruhig; viele sind in tanzender Bewegung, sie\ni) L. eit., S. 221.","page":394},{"file":"p0395.txt","language":"de","ocr_de":"drehen sich um ihre Axen, ohne den Platz zu verlassen; \u00abehr selten sind St\u00e4bchen mit rascher Ortsbewegung. In \u00e4lteren Culturen, die auch viele l\u00e4ngere St\u00e4bchen enthalten,\nist im Allgemeinen die Eigenbewegung eine gr\u00f6ssere.\nII. Butylbacillus.\nDieser Spaltpilz, welcher bei Zugabe von Glycerin zu ileuwaschwasser die Bildung von normalem Butylalkoiiol veranlasst, ist noch lange nicht gen\u00fcgend untersucht. Selbst f\u00fcr die ReineuItivirung lassen sich bis jetzt keine sicheren', unter allen Umst\u00e4nden zum Ziel f\u00fchrenden Methoden angeben. Ich erhielt eine Reincultur aus mit Glycerin versetztem, g\u00e4h-renden Heuwaschwasser mit H\u00fclfe des Verd\u00fcnnungsverfahrens. So ausgezeichnete Dienste diese Methode, welche N\u00e4geli bereits seit dem Jahre 1871 amvendet1), sonst auch leistet, bleibt sie doch bei Reincultur des Butylbacillus h\u00e4ufig resultatlos. Dieser Spaltpilz stellt n\u00e4mlich bei Aussaat zu geringer Mengen selbst in die besten G\u00e4hrl\u00f6sungen leicht die G\u00e4hr-th\u00e4tigkeit, wie bereits fr\u00fcher erw\u00e4hnt, vollst\u00e4ndig ein, so dass derartige Culturen nicht zu ordentlicher Entwickelung gelangen. Hierdurch verliert auch die Methode ihre absolute Sicherheit, da das Ausbleiben von Vegetation in vielen der inficirten K\u00f6lbchen nicht ausschliesst, dass dennoch Pilze ausges\u00e4t wurden, es bleibt also fraglich, ob .die ben\u00fctzte Verd\u00fcnnung gen\u00fcgend war2). Nach oftmaliger Umz\u00fcchtung (\u00fcber 30mal) in sterilisirte Glycerinfleischextractl\u00f6sung (5% Glycerin, 2\u00b0/o Fleischextract, 5*/o Calciumcarbonat) machte sich die G\u00e4hrung immer sehr rasch, schon 12 Stunden nach der Aussaat bemerkbar. Das Pilzmaterial konnte nun als vollkommen einheitlich betrachtet werden, da ausserdem auch die mikroskopische Untersuchung fremde Formen absolut nicht auffinden liess.\nGlycerin wird von diesem Bacillus lebhaft vergohren, haupts\u00e4chlich unter Bildung von Butylalkohol ; ich benutzte gew\u00f6hnlich eine \u00f6procentige Glycerinl\u00f6sung. Eine L\u00f6sung\nl) Untersuchungen \u00fcber niedere Pilze, S. 12.\n*) A. Fitz empfiehlt dasselbe Verfahren zur Reincultur seines \u00abBacillus butylicus\u00bb bei Ausgang von Kuhexcrementen. Die beiden Spaltpilze d\u00fcrften, wie sp\u00e4ter noch ausgef\u00fchrt wird, identisch sein.;","page":395},{"file":"p0396.txt","language":"de","ocr_de":"mit 20% Glycerin blieb trotz zweimaliger grosser Aussaat nach vier Wochen ohne Pilzentwickelung. Auch Rohrzucker wird unter Entwickelung eines starken Geruches nach Butylalkohol vergohren; ebenso St\u00e4rke (Kartoffelst\u00e4rke); hei letzterer dauert jedoch der Beginn der G\u00e4hrung bei gleicher Aussaat wesentlich l\u00e4nger, als bei Rohrzucker. Bring! man den Butylbacillus in eine L\u00f6sung von 5 % Calciumlactat, 1% Fleischextract und 1% Kalk, so vermehrt sich derselbe sehr rasch; die mikroskopische Untersuchung zeigt die St\u00e4bchen in lebhafter Bewegung. Nach einigen Tagen tritt deutlicher Geruch nach Butylalkohol auf. Wird die G\u00e4hrung unterbrochen und Schwefels\u00e4ure hinzugesetzt, so stellt sich unverkennbar der Geruch nach Butters\u00e4ure ein. Dagegen ist das Aussehen einer G\u00e4hrung von milchsaurem Kalk nat\u00fcrlich ein ganz anderes, als das einer Rohrzuckeroder Glycering\u00e4hrung; es tritt selbstverst\u00e4ndlich keine gr\u00f6ssere Kohlens\u00e4ureentwickelung ein.\nBei Behandlung des Butylbacillus mit Jodtinctur \u00ab\u2018ihielt ich nie Blauf\u00e4rbung ; es wurde mit frischen und alten Culturen probirt, ja selbst mit Z\u00fcchtungen in Kartoffelst\u00e4rke-Flcischextractl\u00f6sung. Die St\u00e4bchen, auch lange F\u00e4den, zeigten, nachdem sie durch Jod braun geworden waren, kein Zerfallen in kleinere Abschnitte.\nIn morphologischer Hinsicht erleidet der Butylbacillus je nach den Ern\u00e4hrungsbedingungen grosse Ver\u00e4nderungen. Besonders besitzt er eine grosse Menge von Involutionsformen. Bei Z\u00fcchtung in der normalen Glycerin-Fleischextraktl\u00f6sung erhielt ich St\u00e4bchen von 0,G j* Breite und 2,5\u20147 L\u00e4nge; daneben kamen in derselben Cultur Fadenfonnen vor. Sehr h\u00e4utig sind gekr\u00fcmmte St\u00e4bchen. Nachfolgend ist das mikroskopische Bild einer solchen Cultur bei 1000 maliger Vergr\u00f6sserung zur Ansicht gebracht.\nIn jungen Z\u00fcchtungen des Butylbacillus (in den ersten drei Tagen etwa) ist alles in Bewegung; in \u00e4lteren erscheint","page":396},{"file":"p0397.txt","language":"de","ocr_de":";i97\ndie Eigenbewegung wesentlich vermindert. Einmal sah ich sogar einen lOOji langen Faden in fortschreitender Bewegung. Die meisten St\u00e4bchen drehen sich deutlich um ihre L\u00e4ngs* axe und schiessen dabei lebhaft in der L\u00f6sung hin und her, gleichg\u00fcltig, welches Ende gerade vorangeht. Die Eigenbewegung ist also meistens mit Ortsbewegung verbunden. In \u00e4lteren Culturen kann man oft mehrfach gekr\u00fcmmte Faden beobachten, die das Aussehen von Zickzack- bis Wellenlinien besitzen, es fehlt ihnen nur die vollst\u00e4ndige Regelm\u00e4ssigkeit der wirklichen Spirillen. W\u00e4hrend sich die F\u00e4den aber noch mit Anilinfarben leicht f\u00e4rbten,' habe ich auch Involutionsformen getroffen, die den Farbstoff nur theilweise oder gar nicht aufnahmen; es waren dies sehr langt* F\u00e4den, die oft die abenteuerlichsten Knickungen und Biegungen zeigten.\nDie Sporenbildung erfolgt nach Art von Stecknadelsporen; an dem einen Ende des St\u00e4bchens zeigt sich ein l\u00e4ngliches K\u00f6pfchen, das die stark lichtbrechende Spore ent- \u2022 h\u00e4lt. In einigen F\u00e4llen hatten die Bacillen Keulenform angenommen, sie waren wohl in der Sporenbildung begriffen. W\u00e4hrend nun in den ersteren Z\u00fcchtungen nach, der Reincultivirung in Glycerinfleischextractl\u00f6sungen immer Stecknadelsporen zu finden waren, verschwanden dieselben nach oft wiederholter Umz\u00fcchtung in gleicher N\u00e4hrl\u00f6sung g\u00e4nzlich.\nEs er\u00fcbrigt noch, das Verli\u00e4ltniss meines Butylbacillus zu Pasteur\u2019s Vibrio butyrique, zum Clostridium butyricum von Prazmowski und zum Bacillus butylicus von Fitz zu besprechen. Aller Wahrscheinlichkeit nach m\u00fcssen dieselben als ein und der n\u00e4mliche Organismus betrachtet werden. Die chemischen und die morphologischen Eigenschaften stimmen fast v\u00f6llig \u00fcberein; die wenigen Abweichungen lassen sich einerseits durch verschiedene Em\u00e4hrungs-modificationen, andererseits dadurch erkl\u00e4ren, dass nicht von allen Forschern immer v\u00f6llig reines Pilzmaterial ben\u00fctzt wurde. Hierdurch Hesse sich z. B. die Blauf\u00e4rbung einiger weniger","page":397},{"file":"p0398.txt","language":"de","ocr_de":"398\nZellen, wie sie Prazmowski und Fitz bei Behandlung mit Jod manchmal erhalten haben, die ich aber nie beobachten konnte, verstehen (Bacillus amylobacter, van Tieghem!?).\n111. Bacillus subti\u00fcs.\nDieser Spaltpilz, welcher sich wie die vorhergehenden auf dem Heu vorfindet, sei nur erw\u00e4hnt, um die bis jetzt bekannten Unterscheidungsmerkmale, welche ihn von den erst beschriebenen trennen, aufzuf\u00fchren.\nDas Reinculturverfahren von Roberts und F. C o h n ben\u00fctzt die grosse Widerstandsf\u00e4higkeit der Sporen dieses Bacillus gegen die Siedehitze (eine Stunde ein wirkend); die Sporen des Bacterium Fitz., sowie die des Butylbacillm gehen beim Kochen fr\u00fcher zu Grunde. Bacillus subtilis lebt auf ruhenden Cultural ausschliesslich als Decke, wodurch sein grosses Sauorstoffbed\u00fcrfniss dokumentirt wird; nur in sehr guten N\u00e4hrl\u00f6sungen erscheint die Fl\u00fcssigkeit selbst getr\u00fcbt. Durch Zusatz von Jodtinktur erfolgt keine Blauf\u00e4rbung, dagegen zerfallen die meisten l\u00e4ngeren St\u00e4bchen in einzelne, getrennte Glieder. In einer N\u00e4hrl\u00f6sung von 5 \u00fc/o Glycerin und 2 \u00b0/o Fleischextract bei Zugabe von Calciumcarbonat bilden die Heubacillen lange St\u00e4bchen, welche ganz wesentlich breiter als die des Bacterium Fitz, und die des But\u00fflbacillus sind, so dass sie an ihrer plumpen Form von diesen unterschieden werden k\u00f6nnen. Bacillus subtilis besitzt in gewissen Stadien der Culturen eine grosse Beweglichkeit, welche an den But\u00fflbacillus erinnert. Wie bekannt, ist die nahe Verwandtschaft des Heubacfc mit dem Milzbrandpilz durch Hans B\u00fcchner nachgewiesen worden. Als G\u00e4hrungserreger wurde Bacillus sub-tilis noch nie angetroffen.\nIm verflossenen Jahre hat G. Vandevelde Studien zur Chemie des Bacillus subtilis ver\u00f6ffentlicht1). Der Verfasser betrachtet diesen Spaltpilz als G\u00e4hrungserreger. Die Versuche Prazmowski\u2019s2) welcher\n\u00bb) Diese Zeitschrift, Bd. VIII, S. 367.\n2) Untersuchungen \u00fcber die Entwickelungsgefchichte einiger Bac-terienarten, 1880, S. 19.","page":398},{"file":"p0399.txt","language":"de","ocr_de":"zur gegenteiligen Annahme kam, werden als fehlerhaft angesehen. Yandevelde hat aber nur den einen Theil derselben, die Experimente in zugeschmolzenen R\u00f6hren, ber\u00fccksichtigt ; es schejnt ihm entgangen zu sein, dass Prazmowski w\u00f6rtlich weiterfahrt:/\u00abUm jedoch voll- \u2022 st\u00e4ndige Gewissheit zu erlangen, habe ich noch ein paar Versuche in gr\u00f6sserem Maasstahe ausgef\u00fchrt,\u00bb Dazu wurden Glaskolben von 3 bis t Liter Capacit\u00e4t mit Dextrinl\u00f6sung angewendet : im Allgemeinen verfuhr man nach den Methoden Pasteur\u2019s. G\u00e4hrnng trat nicht ein. Hans Buchner \u00e4ussert sich in derselben Sache, wie folgt: \u00abNach vielen und vielseitigen Versuchen kann ich nunmehr best\u00e4tigen, dass Bacterium subtile in L\u00f6sungen, welche die verschiedensten Kohlehydrate enthalten, trotz reichlichster Vermehrung keine Spur von G\u00e4hrnng zu bewirken im Stande ist\u00bb1).\nWie steht es nun mit den Versuchen von Yandevelde. 8eit. Pasteur ist es Usus, durch niedere Pilze verursachte Zersetzungs-vorg\u00e4nge dann als G\u00e4hrungen zu bezeichnen, wenn deren Umfang ausser allem Yerh\u00e4ltniss zum K\u00f6rpergewicht der th\u00e4tigen Hefe steht und also nicht gut durch den einfachen Stoffwechsel erkl\u00e4rt werden kann. Selbst angenommen, Vandevelde h\u00e4tte mit Reinculturen des Bacillus r-abtilis gearbeitet, lassen sich aus den Versuchen doch kaum so grossartige Zersetzungsvorg\u00e4nge herausfinden. Bei der Einwirkung auf Fleisch* extract ist nat\u00fcrlich nicht daran zu denken ; \u00bb1er Verbrauch an Kreatinin und Fleischmilchs\u00e4ure zusammen ging nicht einmal \u00fcber das Gewicht \u2022les unl\u00f6slichen Theiles der Racillensuhstanz hinaus und dieses war immer bei Weitem gr\u00f6sser als das Gewicht des entstandenen Ammoniaks plus \u2022len fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4uren, seihst bei Versuchsdauer von vielen Wochen. Hei meinen unten zu beschreibenden Versuchen mit Bacterium Fitz, wurde von den Spaltpilzen innerhalb 29 Stunden an Glycerin das 1-25 fache (Versuch A), das (iOO fache ( B), das 250 fache (C) des Trockengewichtes der mittleren Pilzmenge ( Pilzinenge am Anfang und End** \u2022lividirt durch zwei) vergohren. Aus Glycerin erhielt Vandevelde folgende \u00abG\u00e4hrungsprodukte\u00bb : Keine Alkohole, etwa 0,5 bis 1,9 gr. fl\u00fcchtige Fetts\u00e4ure ; 1,27 bis 3 gr. Glycerin wurden zerlegt. Zeitdauer 31! \u00bb bis 9 Wochen. Da die Fl\u00fcssigkeit nur O,7\u00b0|o Glycerin enthielt und in 0,36\u00b0fo Fleischextract eine gute und gen\u00fcgende Nahrung geboten war, vo h\u00e4tte in der langen Versuchsdauer jedenfalls alles Glycerin angegriffen werden m\u00fcssen, wenn es sich um G\u00e4hrungsvorg\u00e4iige gehandelt H\u00e4tte ; dagegen blieben 4,85 bis 2,41 gr. unzersetzt. Noch deutlicher sprechen die Resultate bei der ersten \u00abTraubenzuckerg\u00e4hrung\u00bb Van (level de\u2019s. Zeitdauer 7 Wochen, 7,2 gr. Traubenzucker zerlegt, ca. 0,35 gr. fl\u00fcchtige Fetts\u00e4ure und 0,7 gr. Milchs\u00e4ure gebildet. Was ist aus dem \u00fcbrigen, verschwundenen Traubenzucker geworden? Vandevelde hilft\n*) Untersuchungen \u00fcber niedere Pilze, S. 188.","page":399},{"file":"p0400.txt","language":"de","ocr_de":"400\nsich durch die Annahme, derselbe sei, wie im zweiten Versuch. i\u201e Mannit fibergef\u00fchrt worden; damit stimmt aber die auffallend klein.-Menge gebildeter Milchs\u00e4ure nicht \u00fcberein. Zum Vergleiche stelle ich eine Rohrzuckerg\u00e4hrung durch Bacillus butylicus, wie sie Fitz beschreibt!), daneben; Zeitdauer 25 Tage; Zucker zerlegt 77,9 gr.; Butter-s\u00e4ure 80,4 gr., Rohalkohol 0,92 gr. entstanden. Dabei waren noch ung\u00fcnstige Ern\u00e4hrungsbedingungen (lediglich anorganische Salze) und eine verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig hohe Concentration der Zuckerl\u00f6sung (3\u00bbo) vorhanden, w\u00e4hrend Vandevelde mit 0,3<> procentiger Fleischextractl\u00f6sung und nur 0,7procentiger Traubenzuckerl\u00f6sung operirte, ferner bei doppelt so grosser Versuchsdauer. Der zweite Versuch von Vandevelde mit Traubenzuckerl\u00f6sung bringt ein sehr interessantes Resultat. Versuchsdauer fl Wochen, Traubenzucker verschwunden 10 gr. (alles), gebildet Alkohol 0,8 gr. (ungetrocknet), fl\u00fcchtige Fetts\u00e4uren ca. 0,5 gr\u201e Milchs\u00e4ure 4,08 gr., Mannit 5,1 gr. Wodurch l\u00e4sst sich der grosse Unterschied zwischen diesen Ergebnissen und denen des ersten Versuches ,}erkl\u00e4renV Es ist sehr naheliegend, anzunehinen, dass sich bei Versuch 2 eine gr\u00f6ssere Anzahl fremder Pilze, namentlich G\u00e4hrungserreger. eingeschmuggelt hatten. Der gesammte Traubenzucker ist schon nach \u00f6 Wochen zerlegt; G\u00e4hrungserreger sind durch Abschluss der Lull, wie er bei diesem Versuche stattfand, nicht g\u00e4hrf\u00f6higen Formen, besonder* auch dem Bacillus suhtilis gegen\u00fcber im Vortheil, da sie des freien Sauerstoffs leichter entbehren k\u00f6nnen. Der mikroskopische Befund bei Unterbrechung des Versuches kann allein nicht als Zeugniss f\u00fcr die Reinheit der Cultur angesehen werden, derselbe besagt nur, dass sich keine, sehr auffallend geformten fremden Pilze eingefunden hatten. Allerwenigsten? sind also weitere Best\u00e4tigungen abzuwarten, bevor die Resultate dieses zweiten Versuches als feststehend erachtet werden k\u00f6nnen.\nBez\u00fcglich der Reinheit der Culturen Yandevelde's im Allgemeinen m\u00f6chte ich noch Folgendes bemerken: Angenommen, das Ausgangsmaterial sei ein reines, einheitliches gewesen, was aus der Beschreibung des Verfahrens zur Reinz\u00fcchtung nicht sicher hervorgeht (\u00abDie Fl\u00fcssigkeit wurde eine Stunde lang erhitzt\u00bb, die Vorschrift verlangt ein-st\u00e4ndiges Kochen, wobei selbstverst\u00e4ndlich die Zeit des Anw\u00e4rmens nicht inbegriffen ist\u00bb), selbst angenommen, das Ausgangsmaterial sei rein gewesen, so kann es sich bei den Versuchsculturen ganz anders verhalten haben. Die N\u00e4hrl\u00f6sungen wurden nicht sterilisirt ; das Auskochen (in welcher Weise dasselbe geschah, ist nicht angegeben), ist durchaus kein sicheres Verfahren, um die Sporen im Fieischextract, an den Glasw\u00e4nden oder an den Wattpfropfen zu t\u00f6dten. Nun mag zwar die Gefahr\n*) Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. XV, S. 874. . *) Untersuchungen \u00fcber niedere Pilze etc. S. 187. Vergl. auch Fitz: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. XVII, S. 1195.","page":400},{"file":"p0401.txt","language":"de","ocr_de":"401\n,les Aufkommens fremder Pilzformen, besonders von G\u00e4hrungserregern, hei den Versuchen \u00fcber die Zersetzung des Fleischextraets selbst bei wochenlanger Versuchsdauer nicht sehr gross sein, ganz anders verh\u00e4lt es sich aber bei den Cultuien mit g\u00e4lirf\u00e4higen K\u00f6rpern, mit Glycerin, mit Traubenzucker. Die Aus\u00fcbung der G\u00e4hrth\u00e4tigkeit unterst\u00fctzt die G\u00e4hrungserreger im Concurrenzkampf, wie bekannt, ausserordentlich, so. dass auch bei urspr\u00fcnglich minimaler Anwesenheit von solchen nach 31,2 bis \u2018J Wochen, bei Unterbrechung der Versuche, von einer Rein* lultur des Bacillus subtilis nicht die Rede sein darf. Die Resultate der mikroskopischen Untersuchung beweisen, wie schon erw\u00e4hnt, nur, dass keine auff\u00e4llig verschiedenen fremden Pilzformen sich eingefunden hatten. \u00abDie Sporen waren kleiner, die St\u00fcbchen schlanker\u00bb, das ist kein Zeugnis* iregen Reinheit der Culturen ; ebensowenig kann es aber auch als Beweis f\u00fcr die Reinheit erachtet werden, dass der ver\u00e4nderte Bacillus durch Z\u00fcchtung bei Gegenwart von Luft in Fleischextractl\u00f6sung seine fr\u00fchere Gestalt wieder annahm. Diese Beobachtung macht es nur wahrscheinlich, dass die Mehrzahl der vorhandenen Pilze dem Bacillus subtilis angeh\u00f6rten, woran aber von vorneherein Niemand zweifeln wird.\nDarauf, dass die Culturfl\u00fcssigkeit nicht stark sauer r\u00e9agirent) werde, nimmt Vandevevelde trotz der Wichtigkeit dieser Bedingung f\u00fcr das Befinden der Heupilze nur bei den Versuchen mit Glycerin und jenen mit Traubenzucker R\u00fccksicht; wenigstens ist bei den Fleisch-extractl\u00f6sungen nichts davon erw\u00e4hnt. Die Resultate scheinen auch auf diesen Fehler hinzuweisen. Die Mengen entstandener fl\u00fcchtiger Fetts\u00e4uren sind nur bei zwei Versuchen, G und E, bestimmt worden ; die Procentzahlen der Bariumsalze derselben, bezogen auf den zugesetzten Fleischextract liegen weit auseinander; berechnet man aber den wirklichen Gehalt an fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4uren, bezw. deren Bariumsalze und bringt noch die im Fleischextract hinzugef\u00fcgte Menge in Abzug, so erhalten wir beinahe dieselben Zahlen, 0,252 gr. f\u00fcr G und 0,222 gr, f\u00fcr E. Dabei war G nur 31/? Wochen, E 7 Wochen in Gang, G enthielt 2\u00b0'o Fleischextract, E l\u00b0/o. Wie kommt nun dieser \u00e4hnliche S\u00e4uregehalt zu Stande? Ganz einfach; dieser S\u00e4uregehalt ist bei N\u00e4hrl\u00f6sungen. von \u2022r\u00bb00 cc. Voluin (in C und E) ann\u00e4hernd die Grenze, \u00fcber welche hinaus Bacillus subtilis seine Funktionen nicht mehr auszu\u00fcben, also auch keine S\u00e4ure zu bilden vermag. Der Unterschied in der Lage dieser Grenze bei C und E erkl\u00e4rt sich dadurch, dass alle Bact\u00e9rien bei sehr guter Nahrung (C) andere ung\u00fcnstige Bedingungen leichter zu ertragen verm\u00f6gen.\nAuch auf das Eintreten von Involutionserscheinungen in alten Culturen hat Vandevelde keine R\u00fccksicht genommen. Der Inhalt der Filzzellen tritt zum Theil wieder aus den Zellen aus und vertheilt sich in der Fl\u00fcssigkeit, besonders wenn bei lang dauernden Versuchen ung\u00fcnstige Lebensbedingungen f\u00fcr die Pilze (stark saure Reaction) herrschen.","page":401},{"file":"p0402.txt","language":"de","ocr_de":"402\nTrotz Allem m\u00fcssen die m\u00fchevollen Untersuchungen Va nde* velde's als sehr verdienstlich betrachtet werden, zumal sie namentlich in chemischer Hinsicht mit grosser Genauigkeit ausgef\u00fchrt wurden.\nV ersuchsanor dnung.\nEs waren eine ganze Reihe von Versuchen (10 Doppel-versuche) noth wendig, um die Methodik soweit auszubilden, dass sie s\u00e4mmtlichen Anforderungen entsprach. Ich unterlasse es jedoch, auf dieselben einzugehen, da keiner davon als in allen Theilen gelungen bezeichnet werden kann. Die nachfolgenden Angaben beziehen sich daher nur auf den letzten, in jeder Hinsicht entsprechenden Versuch.\nEin Kolben von 500 cc. Inhalt wurde durch einen Wattepfropfen verschlossen, in den zwei rechtwinkelig gebogene R\u00f6hren sorgf\u00e4ltig eingewickelt waren. Das erste Blasrohr, a, reichte bis auf den Boden des Kolbens hinab und war an seinem anderen Ende mit einer Wattkappe zugebunden; das zweite Blasrohr, h, endigte kurz unterhalb des Wattepfropfens und enthielt in seinem oberen Theil eine combinirte Watt- und Schlackenwollschicht (auf beiden Seiten \u00ablurch eine Verjungung der R\u00f6hre festgehalten). Solcher Kolben stellte ich zwei fertig und befreite beide durch Erhitzen im Trockenkasten, (\u2018ine Stunde lang auf 160\u00b0, von den an der Innenwandung oder im Pfropfen befindlichen Pilzkeimen. Nach dem Erkalten wurden die Kolben durch vorher prii-parirte, tadellose Korkstopfen, die je zwei Durchbohrungen hatten un \\ in der Mitte durchschnitten waren, verschlossen : dieselben Hessen sich ohne Herausnahme der Wattepfropfen noch der R\u00f6hren einfugen (die Wattepfropfen wurden hierbei etwas nach abw\u00e4rts gedr\u00fcckt). Schliesslich wurden die Korke mit einer Schicht von Siegellack und Wachs \u00fcberzogen, uni sie luftdicht zu machen.\nGleichzeitig wurden drei dickwandige, cylindrische Flaschen mit je 200 cc. G\u00e4hrfl\u00fcssigkeit zu 5% Glycerin, 0,5% Fleischextract nebst 2 gr. Calciumcarbonat beschickt und im Dampftopf sterilisirt. (5/i Stunden An w\u00e4rmen, 1 Stunde bei 115\u00b0.)","page":402},{"file":"p0403.txt","language":"de","ocr_de":"403\nJede der Flaschen war mit einem Wattepfropfen verschlossen, .lurch den eine gut eingef\u00fcgte, rechtwinkelig gebogene Glasr\u00f6hre bis auf .len Boden des Gef\u00e4sses hinabf\u00fchrte. Der obere Theil der Glasr\u00f6hre lief in eine feine Spitze aus, \u00fcber die ein St\u00fcck grauen Kautschuk* Schlauches geschoben war; dar\u00fcber war wieder eine Wattkappe gebunden. Ferner wurden zwei ganz \u00e4hnlich beschaffene Flaschen mit je 400 cc. .K'stillirten Wassers ebenfalls im Dampftopf sterilisirt.\nNachdem Alles erkaltet war, ging es an die F\u00fcllung der Kolben.\nDie R\u00f6hren a wurden mit je einem der Gef\u00e4sse mit sterilisirtem Wasser (durch die schon in diesen befindlichen Glasr\u00f6hren mit Kaut-'diukschl\u00e4uchen ) verbunden und die Kolben durcir Saugen au den ll\u00f6hren b mittels eines Aspirators bis an die Wattepfropfen mit. Wasser gef\u00fcllt (die R\u00f6hren b schneiden nach Einsetzen der Korke mit den Wattepfropfen ab ). Nun wird durch b unter Druck reiner Sauerstoff in den einen Kolben, reiner Wasserstoff in den andern eingeleitet und damit das sterilisirte Wasser (durch die R\u00f6hren a) wieder g\u00e4nzlich hinaus-vedr\u00e4ngt. Die lange Watt- und Schlackenwollschicht, in b befreit hierbei die Gase von allen Pilzkeimen. Jetzt werden die R\u00f6hren a mit je einer der Flaschen, in denen sich die sterilisirte N\u00e4hrl\u00f6sung befindet, verbunden; man schiebt die verj\u00fcngte Spitze der Glasr\u00f6hren in diesen Flaschen direkt in die R\u00f6hren a hinein und st\u00fclpt d;is (schon vor dem Sterilisiren) umgekrempte Ende des Kautschukschlauches dar\u00fcber (\u00fcber a i; hierdurch ist die Verbindung luftdicht und ohne Gefahr der Verunreinigung durch fremde Pilze hergestellt. Durch Saugen hei >h wird nun die G\u00e4hrfl\u00fcssigkeit in die Kolben hereingezogen und hierbei durch Sch\u00fctteln der Flaschen mit den G\u00e4hrfl\u00fcssigkeiten Sorge getragen, dass auch der am Boden sitzende Kalk m\u00f6glichst vollst\u00e4ndig her\u00fcbergesaugt werde. Sodann f\u00fcgt man an die R\u00f6hren a (mit H\u00fclfe der bereits daran-befindlichen Gummischl\u00e4uche) zwei sterilisirte Glasr\u00f6hrchen mit langen Watt- und Schlackenwollschichten an, die dazu bestimmt sind, die ein-zuleitenden Gase, von allen Pilzen zu befreien.\nIn den Kolben A und B befand sich nun die G\u00e4hr-ll\u00fcssigkeit als 3,5 cm, hohe Schicht und dar\u00fcber eine Sauerstoff-, bezw. eine Wasserstoffatmosph\u00e4re; beide kamen in den Br\u00fctkasten von 37\u00b0 G. Temperatur und zugleich m den Sch\u00fcttelapparat zu stehen, welcher die Fl\u00fcssigkeit alle 10 Sekunden in lebhaftes Schwanken versetzte; weiter wurde durch die R\u00f6hren a Sauerstoff bei A, Wasserstoff bei B in kr\u00e4ftigem Strome eingeleitet (w\u00e4hrend die R\u00f6hren b durch einen kurzen Schlauch mit je einem Glasr\u00f6hrchen mit feiner Oeffnung Verbunden wurden, um hier einen best\u00e4ndigen Gasstrom nach","page":403},{"file":"p0404.txt","language":"de","ocr_de":"404\naussen zu erhalten, als Schutz gegen Diffusion). In beiden Kolben lagert sich nach einiger Zeit eine dichte, etwa 0,5 cm. dicke Schicht von Gasbl\u00e4schen auf die Fl\u00fcssigkeit, doch wird sie ab und zu durch das Sch\u00fctteln zerrissen.\nDer Sauerstoff war im Gasometer \u00fcber Wasser aufgefangen worden und strich vor der Einleitung \u00fcber Natronkalk und Chlor\u00e7alcium ; der Wasserstoff, aus reinstem Zinn und reiner Salzs\u00e4ure bereitet, wurde durch Wasser und ferner durch eine L\u00f6sung von schwefelsaurem Silber gewaschen und schliesslich auch durch ein U-Rolir mit Chlorcalcium geleitet. Die zur Wasserstoffleitung benutzten Schl\u00e4uche bestanden aus schwarzem Gummi und hatten 3 mm. Wandst\u00e4rke ; an den Verbindungsstellen waren sie mehrmals festgebunden. Bei einem Drucke von 50 cm. Wasser schlossen die beiden Versuchskolben inclusive der Leitungen vollkommen.\nGleichzeitig mit dem Kolben A und B stellte ich auch die dritte der sterilisirten Flaschen mit G\u00e4hrfl\u00fcssigkeit in den Br\u00fctkasten, aber nicht in den Sch\u00fcttelapparat.\nDieselbe hatte 500 cc. Inhalt und cylindrische Form, so dass die \u00efiOO cc. G\u00e4hrfl\u00fcssigkeit darin eine 5 cm. hohe Schicht einnahmen, demnach betrug die Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeit 40 qcm. lieber die Flasche war eine Wattkappe gebunden.\nNachdem innerhalb drei Stunden ungef\u00e4hr 3 Liter von jedem Gase in die Kolben A und B eingeleitet waren, konnte man die G\u00e4hrfl\u00fcssigkeiten als mit den betreffenden Gasen so ziemlich ges\u00e4ttigt betrachten ; die Einleitung wurde unterbrochen und die G\u00e4hrl\u00f6sungen in A und B, sowie in C inficirt.\nHierzu waren bereits 24 Stunden fr\u00fcher 6 cbcm. einer Reincultur des Bacterium Fitz, in eine sterilisirte N\u00e4hrl\u00f6sung von 60 cbmm. mit 5\u00b0/o Glycerin, 0,5\u00b0(o Flaischextrakt bei Zugabe von 1,5 gr. Calciumcarbonat \u00fcbertragen worden; diese N\u00e4hrl\u00f6sung befand sich in einem sog. Saftgl\u00e4schen, welches durch einen Wattpfropfen mit zwei eingewickelten R\u00f6hren verschlossen war. Die Einrichtung der R\u00f6hren, genau gleich derjenigen, welche bei den Flaschen mit N\u00e4hrl\u00f6sung oben beschrieben wurde, erm\u00f6glichte es, nach der Reihe je eine derselben mit der R\u00f6hre a des Kolbens A, dann mit a des Kolbens B luft- und pilzdicbt zu verbinden und durch Saugen an den R\u00f6hren b einen Theil der G\u00e4hrfl\u00fcssigkeit, nachdem dieselbe kr\u00e4ftig umgesch\u00fcttelt war, aus dem Saftgl\u00e4schen in die Kolben hineinzuziehen. Der Rest der Inficirfl\u00fcssigkeit, etwa ein Drittel derselben, wurde in die Flasche C als Aussaat direkt eingegossen.\nDann kamen s\u00e4mmtliche drei Versuchsculturen wieder in den Br\u00fctkasten und wurde bei A und B die Gaseinleitung aufgenommen (nachdem die R\u00f6hren a wieder mit den Glas-","page":404},{"file":"p0405.txt","language":"de","ocr_de":"i\u00f6hrchen mit Wattschicht verbunden\u2019 waren). An die R\u00f6hren b der Kolben \u00c0 und B f\u00fcgte man ferner die Absorptionsapparate an, um das entstandene Kohlendioxyd aufzufangen.\nDies\u00ab4 Absorptionsapparate bestanden je aus einem Bimssteinthurm mit Schwefels\u00e4ure, aus einem Chlorcalciumrohr (diese vier Apparate wurden erst mit C02-freiem Sauerstoff, bezw. Wasserstoff gef\u00fcllt), aus einem Liebig\u2019schen Kugelapparat mit Kalilauge, aus einem Aetzkalirohr (die letzteren vier Apparate sind abgewogen) und endlich aus einem kleinen Aetzkalir\u00f6hrchen zum Schutze gegen von hinten eindringende Feuchtigkeit. Die Absorptionsapparate schliessen unter sich vollkommen iml sind durch gute Gummischl\u00e4uche von 3 mm. Wandst\u00e4rke mit den beiden Kolben verbunden.\nDie in C gebildete Kohlens\u00e4ure wird nicht bestimmt. E\u00bb schien mir der Kautschukverbindungen halber.wenig r\u00e4th-iieh, den Sch\u00fcttelapparat w\u00e4hrend der ganzen Versuchsdauer (29 Stunden) best\u00e4ndig in Gang zu hissen; er wurde daher nur 5 mal f\u00fcr je 15 Minuten in Th\u00e4tigkeit gesetzt und zwar \u00f6fter gegen das Ende des Versuches hinaus; gleichzeitig ward auch immer noch die Gaseinleitung verst\u00e4rkt. Sonst gestaltete -ich die Gasdurchleitung ziemlich regelm\u00e4ssig; sie schwankte /.wischen 170 und 380 cbcm. in der Stunde; im Ganzen wurden w\u00e4hrend des Versuches 8200 cbcm. Sauerstoff und \u2666\u00bb200 cbcm. Wassersoff eingeleitet. Das am Ende der Abs\u00f6rp-fionsapparate von A entweichende Gas, in einem Probir-r\u00fchrchen \u00fcber Wasser aufgefangen, entz\u00fcndet einen glimmenden Spahn sofort, w\u00e4hrend das durci iB streichende, in gleicher Weise aufgesammelt, ohne Knall verbrennt. Ebenso wird das Schliessen der Versucliskolben durch Abquetschen \u00ab1er Gasleitungschl\u00e4uche hinter denselben mehrmals gepr\u00fcft; nachdem der Druck ausgeglichen ist, treten keine Blasen in \u00ablie Kolben. Dagegen ist am Ende des Versuches, wo gerade \u00abiiese Untersuchung wiederholt wird, f\u00fcr A eine so rasche Absorption des Sauerstoffs durch die G\u00e4hrl\u00f6sung zu con-datiren, dass der Zutritt von Blasen langsam fortdauert.\nErgebnisse bei Unterbrechung der Versuche.\n20 Stunden nach Inficirung wurden die Versuche A, B und C aus dem Brutkasten genommen. Die G\u00e4hrfl\u00fcssigkeit","page":405},{"file":"p0406.txt","language":"de","ocr_de":"im K\u00f6lbchen A, wo der Sauerstoff eingewirkt hatte, war sehr tr\u00fcb, auf der Oberfl\u00e4che zeigten sich einige grosse Gasblasen, die bald platzten (von der Sauerstoffeinleitung herr\u00fchrend); die Fl\u00fcssigkeit in \u00df (Wasserstoffeinleitung) war merklich weniger tr\u00fcb, als jene in A. Die G\u00e4hrl\u00f6sung in Glas C zeigte sich \u00e4hnlich tr\u00fcb, wie die in B; auf der Oberfl\u00e4che lagerte aber eine dicke, weisse Schaumschicht, aus ganz kleinert Blasen bestehend, welche nicht zerfloss. Alle drei Fl\u00fcssigkeiten reagirten beinahe neutral, die in C erwies sich etwas mehr s\u00e4uerlich als die anderen. Der Geruch war bei allen drei Versuchen derselbe, wie ich ihn stets bei Glycerin-g\u00fchrungen durch das Bacterium Fitz, beobachtet habe. Di* microscopische Untersuchung der drei G\u00e4hrfl\u00fcssigkeiten ergab, soweit danach ein Urtheil gestattet werden kann, \u00fcberall Reinculturen ; es wurden von allen dreien mit Gentiana violet gef\u00e4rbte Pr\u00e4parate hergestellt und in Canadabalsam aufbewahrt. Die absolute Reinheit der Culturen wurde auf anderem Wege bewiesen, wor\u00fcber weiter unten berichtet wird.\nFolgende drei Fragen sollten nun durch die genant Untersuchung beantwortet werden:\n, 1. Wie viel Glycerin wurde in jedem Falle vergohren:\n2.\tWie viel Spaltpilze waren dabei vorhanden.\n3.\tWie viel Kohlens\u00e4ure wurde gebildet.\nDie letzte Frage stellte ich mir haupts\u00e4chlich, um auch eine allenfallsige Ver\u00e4nderung des G\u00e4hrungsvorgangs in chemischer Hinsicht wahrnehmen zu k\u00f6nnen.\nGlycerinbestimmung.\nVon allen bisher bekannten Glycerinbestimmungsmethoden liefert nur die von Clausnitzer brauchbare Resultate1). Wie bekannt, verdampft man nach derselben die Glycerinl\u00f6sung mit einem Ueberschuss von Aetzkalk und bei Zusatz von Martnor auf dem Wasserbade zur Trockne; der Aetzkalk hindert die Verdampfung von Glycerin beinahe vollst\u00e4ndig. Der trockene R\u00fcckstand oder ein Theil desselben wird dann in einem Extractionsapparat mehrere Stunden lang\n\u2019) Frese ni us's Zeitschrift, Bd. XX, S. 58.","page":406},{"file":"p0407.txt","language":"de","ocr_de":"407\ndurch heissen, w\u00e4sserigen Alkohol ausgezogen; die L\u00f6sung versetzt man mit % ihres Volums Aether, filtrirt dann und vertreibt im Filtrat vorsichtig den Aether nnd einen Theil des Alkohols; wird diese letzte Operation auf dem Wasserbade in einem schiefliegenden K\u00f6lbchen vorgenommen, so Ireten keine Verluste ein.. Dann bringt man das K\u00f6lbchen iiufrechtstehend und mit Filtrirpapierkappe bedeckt in einen Trockenkasten von 100\u2014110* und l\u00e4sst ihn darin so.lange, bis innerhalb zwei Stunden nur mehr eine minimale, constante Gewichtsabnahme erfolgt. Das zur\u00fcckbleibende R\u00f6h-\"lycerin ist wasserfrei, enth\u00e4lt aber noch Aschenbestandtheih* und Extractivstoffe. Die ersteren k\u00f6nnen durch Verdampfen des Glycerins und Gl\u00fchen des R\u00fcckstandes nachtr\u00e4glich bestimmt werden.\t..\nHatte nun Clausnitzer bei Glycerinbestimmungen rm Bier ann\u00e4hernd richtige Resultate erhalten, so konnte ich um so eher hoffen, die Methode bei meinen G\u00e4hrfl\u00fcssigkeiteu verwenden zu k\u00f6nnen, als hier der Procentsatz an Glycerin ein viel h\u00f6herer ist, besonders aber gegen\u00fcber dem Gehalt der L\u00f6sungen an sogenannten Extractivstoffen eine ganz \u2019 andere Rolle spielt. Mit R\u00fccksicht darauf konnte der Marmor-zusalz beim Eindicken von vornherein unterbleiben. Zun\u00e4chst wurden einige Gontrolbestimmungen ausgef\u00fchrt. Der Wassergehalt des zu verwendenden Glycerins durch Trocknen- desselben bei 100\u2014110\u00b0 in der beschriebenen Weise mehrmals ermittelt, stimmte mit dem aus dem specif. Gewicht sich ergebenden v\u00f6llig \u00fcberein. Nun wurde eine L\u00f6sung bereitet mit 5\u00b0/o Glycerin und 0,5% Fleischextract und mit kohlensaurem Kalk gesch\u00fcttelt; dann kam eine bestimmte Menge der klaren Fl\u00fcssigkeit zur Untersuchung. Bez\u00fcglich der Methode erwies es sich in der Folge auch erlaubt, bei Glycerinbestimmung in diesen L\u00f6sungen das Eindicken und Extrahiren ganz zu unterlassen und den Alkohol und Aether gleich direkt zu der zu untersuchenden Fl\u00fcssigkeit zuzuf\u00fcgen; im Weiteren blieb ich den Clausnitzer\u2019schen Vorschriften getreu. Versuch II und III in der kleinen Tabelle I sind ohne Eindicken und Extrahiren ausgef\u00fchrt.","page":407},{"file":"p0408.txt","language":"de","ocr_de":"408\nGlycerinprobebestimmungen (Tabelle I).\n! Nr. . !\tZugesetztes Glycerin (a).\tGefundenes Rohglycerin (x).\tAschengehalt\t\tDifferenz (x\u2014y)-a\n\tK\u00bb-.\tKr.\tin gr. (y)\t\u00b0io\tgr.\ni- !\t0,2071\t0.218\t0,0062\t2,85\t0,0047\nii.\t0.2280\t0,233\t0,0030\t1,30\t0,0020\nui.\t0,2280 .\t0,24:* \u25a0\t0,0029\t1,24\t0,0031\nDie 4. Spalte zeigt die wesentliche Steigerung des Aschengehaltes des Rohglycerins durch das Eindicken mit Aetzkalk. Die letzte Spalte enthalt die Menge der gel\u00f6sten Fleisch-rxtradbestandtheile und zeigt zugleich die Gr\u00f6sse der Best immungsfehler. Die Methoden erwiesen sich sonach ak brauchbar.\nBei Unterbrechung der Versuche A, B und G wurden nun je 5 ebem. der G\u00e4hrfl\u00fcssigkeit entnommen uhd der Glyceringehalt ermittelt. Bei A und B wurden zwei solcher Bestimmungen ([1] und [2]) ausgef\u00fchrt. 36 Stunden sp\u00e4ter, w\u00e4hrend deren die G\u00e4hrfl\u00fcssigkeiten in Schnee gestanden hatten (Temperaturmaximum + 0,6* C.), wurden abermals von A, B und C je 5 ebem. auf den Glyceringehalt untersucht (3). Von sechs dieser Analysen wurden Aschern Bestimmungen im Rohglycerin gemacht; die Resultate schwankten zwischen 2,67 und 3,39% des Rohglycerins, so dass als Durchschnittsaschengehalt 2,95 % in Berechnung gezogen werden konnte. Unter Ber\u00fccksichtigung des Volumens der G\u00e4hrfl\u00fcssigkeiten ergab sich deren Gosammtgehalt an Glycerin (dabei wurde das arithmetische Mittel zwischen den Bestimmungen [1] und |2) in Anrechnung gebracht). Um die Menge des vergohrenen Glycerins zu erhalten, schien <\u2018S von vorneherein unerl\u00e4sslich, den Glyceringehalt der Cultur-fl\u00fcssigkeiten nach dem Sterilisiren im Dampftopf zu bestimmen. Es wurden von jeder Culturfl\u00fcssigkeit 5 ebem. in Untersuchung gezogen. Die Resultate stimmten bis auf 1 mgr., Glycerin war etwas \u00fcber 9% verdampft. Weiter\u00ab musste auch die bei der Inficirung der G\u00e4hrl\u00f6sungen hinzu-","page":408},{"file":"p0409.txt","language":"de","ocr_de":"gekommene Glycerinmenge ber\u00fccksichtigt werden1). Aut* diese Weise liess sich die Gesammtglycerinmengo vor der (J\u00e4hrung ermitteln. Daraus ergibt sich dann im Zusammenhalt mit der Glycerinmenge bei Unterbrechung der G\u00e4hrung \u2022las Gewicht des vergohrenen Glycerins. Die Resultate sind in der folgenden Tabelle II zusammengestellt.\nResultate \u00ab1er Glycerinbestimmungen (Tabelle II).\n\u00ab ( ! |\tVor der G\u00e4hrung.\t\tj\t\u2022\t\u00efi , Nach der G\u00e4hrung. ! \t\t\t\t\ni j\tRohglycerin in 5 ccm. f\t\tGesainmt- Rohglycerin glycerin aschefrei, in 5 ccm.\t\tGes\u00e4inmt- glycerin aschefrei.\tf cri (Ulli Clio , Glycerin.\t\n( i i\t\u00abfl\u00bb \u00b0r*\tgr-\t\u2022 \u00abrl\u00bb r1 \u2022\tgr i\t\u00abfr r\tno\nA j Sauerstoff'.) * 1\t0,221\t8,124 .\t0,174 (1) 0,177 (2)\t0,522 i\t/\t1,002\t22,0 4 , \u2022\n!\t\t\to,ir.il (3j\ti ,. i\t\u25a0\u25a0\t\nH (Wasserstoff.)\t0,220\t8,540 .\t0,182 (1) 0,183 ( 2) 0,108 (3)\t7,317 1 ' \u2022 - I\t1,\u00ab2\tH,4\nC Control versuch) \u25a0. '\t0,220 \u25a0\t8,001 .\t! 0.180 (1) i \u201c (2) 0,172 (3j\t7,220 \u25a0 \u2022\u2022\u25a0i \u25a0\t\u2022 \u2022. i\t1,381 \u25a0\t' 10,1\nI)a es mir bei fr\u00fcheren Versuchen mit Glycering\u00fchrungeii \u2022lurch Bacterium Fitz, sehr wahrscheinlich geworden war, \u2022lass auch bei diesen ein kleiner Theil des Glycerins in Trimethylenglycol umgewandelt wird, wie es Freund2) und sp\u00e4ter auch Fitz f\u00fcr Glycerinbutylg\u00e4hrungen lest gestellt haben, so hielt ich es f\u00fcr geboten, darauf hin zu untersuchen. 35 gr. Rohglycerinr\u00fcckst\u00e4nde, welche ich bei sechs W\u00e4hrungen durch Bacterium Fitz, mit lebhafter Sauerstoff-' in lei tun g erhalten hatte, und 32 gr. Rohglycerin, welche bei F\u00fchrungen durch denselben Spaltpilz mit Wasserstoflfzufuhr\n1)\tHierbei war es jedoch unm\u00f6glich, das in der Inhcirn\u00fcssigkeil i\u00bb*-reits wieder vergohrene Glycerin in Abzug zu bringen. Die Menge \u2022l'sselben ist nicht bekannt; jedenfalls ist sic aber sehr gering (etwa l'*ol und kann \u00ab1er dadurch entstehende Fehler nur eine ganz klein\u00ab*, \u2022nisgleichende Aenderung der Verh\u00e4ltnisse zwischen den vergohrenen \u2022ilycerinmengen zur Folge haben.\n2)\tMonatshefte f\u00fcr Chemie, II, 1881, S. 030.\nZeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie. IX.\t27","page":409},{"file":"p0410.txt","language":"de","ocr_de":"410\nzur\u00fcckgeblieben waren, wurden 2 mal mit je 30 ccm. Aether.\ndann 2 mal mit 30 ccm. Aether- und Alkoholgemisch (2/3 Aether.\nVa Alkohol) andauernd gesch\u00fcttelt, die L\u00f6sungen von Aether\nund Alkohol befreit und die R\u00fcckst\u00e4nde der Fractionirun-\nunterworfen. Von 200\u2014250\u00b0 gingen 2 gr. der R\u00fcckst\u00e4nde\nvon Sauerstoffg\u00e4hrungen, 1,5 gr. der R\u00fcckst\u00e4nde von Wasser-\nstoflg\u00e4hrungen \u00fcber. Beide Fraktionen wurden nochmal'\ndestillirt; /.wischen 205 und 220\u00b0 erhielt ich von beiden\nnur einige wenige, stark gelb\tgef\u00e4rbte\tTropfen.\tUm noch\neinmal fraetioniren zu\tk\u00f6nnen,\twurden\tdie beiden\tPortionen\nvereint. Von 200\u2014208\" (uncorrigirt) destillirt en ein paar\nTropfen, die noch gelb gef\u00e4rbt waren und gerade zu oim r\nAnalvse ausreichten.\n%/\nBerechnet f\u00fcr:\nCa Hs Os C3Hs02\tGefunden:\nKohlenstoff 52,17\u00b0 o\t47,37\u00b0 o\tKohlenstoff\t47,95\u00b0/n\nWasserstoff 8,70\u00ab\t10,53\u00ab\tWasserstoff\t10,17\u00ab\nDie minimale Bildung von Trimethylenglycol bei der Glycering\u00e4hrung durch Bacterium Fitz ist also ann\u00e4hernd gleich gross, wird Sauerstoff oder Wasserstoff zugeleitet. Die Bestimmung des vergohrenen Glycerins kann durch diese verschwindenden Unterschiede nicht beeintr\u00e4chtigt werden.\nStellen wir nun die Menge des vergohrenen Glycerin-nebeneinander und setzen wir die bei A (Sauerstolt) gefunden.* = 100, so ist.sie bei B (Wasserstoff) = 64,8, beim Controlversuch C = 72,6.\nBestimmung der Pilzzahlen.\nBringt man eine geringe bekannte Menge (3 cbmm.) der (vorher t\u00fcchtig gesch\u00fcttelten) G\u00e4hrfl\u00fcssigkeit, von welcher der Pilzgehalt bestimmt werden soll, in ein bestimmtes Quantum sterilisirten Wassers (9 ccin.), sch\u00fcttelt kr\u00e4ftig und \u00fcbertr\u00e4gt hiervon nochmals eine geringe, bestimmte Menge (3 cbmm.) in fl\u00fcssig gemachte N\u00e4hrgelatine, so ist der Pilzgehalt der letzteren ein bestimmter Theil der aus der G\u00e4hrfl\u00fcssigkeit urspr\u00fcnglich entnommenen Pilzzahl (3^Y Der Pilzgehalt der N\u00e4hr-gelatine ist nun leicht festzustellen. Man erzielt durch ge-","page":410},{"file":"p0411.txt","language":"de","ocr_de":"411\nmixendes Hin- und Herbewogen der noch fl\u00fcssigen Masse eine v\u00f6llige Vertheilung der Pilze in derselben und giesst dann die Gelatine in ein sterilisirtes Gelass mit flachem Boden aus (sehr geeignet sind hierzu sog. Eilenineyer\u2019sche K\u00f6lbchen, welche durch Wattpfropfen verschlossen werden); die Gelatine erstarrt und jeder Pilz bleibt inmitten derselben da festgehalten, wo er sich im Moment des Erstarrens gerade befand. Bei Zimmertemperatur entwickelt sich nun allm\u00e4hlich von jedem einzelnen Keime aus eine Colonie, welche schliesslich in Form eines weissen P\u00fcnktchens mit freiem Auge sichtbar wird. (Bei Bacterium Fitz, in N\u00e4hrgelatine mit Zucker, Fleischextract und Peptonzusatz schon nach o bis 8 Tagen.) Die Zahl dieser Colonien, deren jede bei richtiger Verd\u00fcnnung von den \u00fcbrigen isolirt bleibt, gibt dann im Zusammenhalt mit der Gr\u00f6sse der angewendeten Verd\u00fcnnung und dem Volumen der urspr\u00fcnglichen G\u00e4hrfl\u00fcssig-keit deren Gesammtpilzgehalt.\nIn dieser \\V eise wurde nun die Inlicirfl\u00fcssigkeit sowohl, als die Culturen A, B und C bei Beendigung der Versuche untersucht und zwar jede derselben 3 mal Die Resultate sind in der folgenden Tabelle III enthalten.\nPilzzahlen (Tabelle III).\n\tPilze in der Gelatine-cultur.\tVer- d\u00fcnnungs- zahl.\tPilze in 1 cbmm.\tPilzmenge, am Anfang ( Aussaat).\tPilzmenge am Schl\u00fcsse.\nInficirfl\u00fcssig- !\t48\t2766 (1)\t43 000\t\\\t\t\u2022 -\nkeit.\t43 49\t2833 (2) 2700 (3)\t\t! . - \u2022\t**\nA\t408\t2666 (1)\t755 000\t727 Millionen\t145 000 Mill.\nSauorHtoff.)\t91\t2833 (2)\t\t\t\n\ti 334\t2833 (3)\t\t.\t\nB\t29\t2833 (1)\t91 000\t' 877 Millionen\t19 000 Mill.\nWasserstoff.)\t35\t2766 (2)\t\ti\t\n\t34\t2733 (3)\t\t\t\nc tControlrorsuch)\t48 1 110\t2800 (1) 2800 (2)\t223000 . 1 \u2022\t903 Millionen !\t\u25a0 \u2019\tj\t45 000 Mill.\n\t83\t2733 (3)\t\tt\t* . \u2022 .","page":411},{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"412\nDie Verwendbarkeit der beschriebenen Methode fur Bestimmung der Pilzzahl in Culturfl\u00fcssigkeiten h\u00e4ngt, abgesehen davon, dass nicht alle Spaltpilzarten in N\u00e4hrgelatine gedeihen, von mehreren Umst\u00e4nden ab. Zun\u00e4chst m\u00fcssen die Bact\u00e9rien ann\u00e4hernd gleichm\u00e4ssig in der Fl\u00fcssigkeit vertheilt sein. Dann ist es selbstverst\u00e4ndlich, dass mit dieser Methode nur die Zahl der Pilzst\u00e4bchen oder Pilzfaden be-stimmt werden kann, dagegen nicht die Zahl der einzelnen Pilzzellen, f\u00fcr den Fall n\u00e4mlich, dass ein St\u00e4bchen oderein Faden aus mehreren Zellen zusammengesetzt sein sollte, was bei vielen Spaltpilzarten Regel ist. So w\u00e4re die Method.* z. B. bei Glycerinbutylg\u00e4hrungen nicht so geeignet, da hei dem Butylbacillus ganz lange Fadenformen neben kurzen St\u00e4bchen in grosser Anzahl zu finden sind. Ferner ist es wesentliche Voraussetzung, dass die Cultur noch jugendlich und kr\u00e4ftig sei, damit sich auch aus jeder Bacterie eine Colonie entwickeln k\u00f6nne. Obgleich alle diese Bedingungen f\u00fcr Bacterium Fitz, und die hier untersuchten G\u00e4hrl\u00f6sungen erf\u00fcllt waren, zeigte es sich doch unbedingt noting, einige von einander v\u00f6llig unabh\u00e4ngige Bestimmungen auszuf\u00fchren, wie es Spalte 1 obiger Tabelle ausweist.\nDiese Z\u00e4hlmethode gibt zugleich die sichersten Anhaltspunkte f\u00fcr die absolute Reinheit der Culturen. Bald nach dein Sichtbarwerden der P\u00fcnktchen in der Gelatine m\u00fcssen dieselben ganz gleiches Aussehen zeigen, wodurch eben die Gleichartigkeit der vorhandenen Pilze erwiesen wird. Erst sp\u00e4ter d\u00fcrfen dann gewisse Verschiedenheiten eintreten. indem z. B. die an der Oberfl\u00e4che der Gelatine liegenden Colonien-unter dem Einfl\u00fcsse des Sauerstoffs rascher wachsen. Bringt man jedoch einen Theil einer solchen different aus-sohenden Colonie von Neuem in N\u00e4hrgelatine zur Aussaat, so m\u00fcssen wieder mit den fr\u00fcheren ganz gleichartige P\u00fcnktchen entstehen, unter denen erst nach einiger Zeit dann wieder die oberfl\u00e4chlich liegenden sich viel gr\u00f6sser ausbilden. Auf diese Weise wurde die Reinheit der Culturen in A, B und C sicher erwiesen.","page":412},{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"413\nDer 2. Theil der Tabelle III fuhrt die bei den Versuchen am Anfang vorhandene Pilzmenge, also die Aussaat, und die bei Unterbrechung derselben anwesende auf. Hieraus l\u00e4sst sich die Anzahl der Generationen in jedem Falle berechnen, wir haben w\u00e4hrend 29 Stunden bei A (Sauerstoff) 7-8 Generationen, bei B (Wasserstoff) 4\u20145, bei C (Controlversuch) 5\u20146 Generationen.\nUm auf die G\u00e4hrth\u00e4tigkeit des einzelnen Pilzes schliesseh zu k\u00f6nnen, ist es n\u00f6thig, die Zahl der durchschnittlich thatigen Pilze zu kennen. Den besten N\u00e4herungswerth hierf\u00fcr gibt uns das arithmetische Mittel aus Pilzmenge am Anfang und am Ende. Setzen wir diese Zahl f\u00fcr den Versuch mit Sauerstoff (A) \u2014 100, so ist sie f\u00fcr B (mit Wasserstoff) = 13,5, f\u00fcr C (Controlversuch) = 31,2.\nKohlens\u00e4urebestimmung.\nDie Bildung von Kohlendioxyd sollte nur bei Versuch A und B verfolgt werden. Die hierzu verwendeten Apparate sind bereits beschrieben worden. Bei Almahme derselben wurde die Kohlens\u00e4ure aus den ersten Trockenapparaten noch durch Sauerstoff, bezw. Wasserstoff in die Absorptions-apparate gedr\u00e4ngt und in der \u00fcblichen Weise schliesslich trockene, COa-freie Luft durchgesaugt. Die W\u00e4gung der Apparate f\u00fchrte zu folgenden Ergebnissen:\nKohlens\u00e4ureproduktion bei A (mit Sauerstoff) 0,6(\u00bb82 gr.\nKohlens\u00e4ureproduktion bei B (mit Wasserstoff) 0,3925 gr.\nOder setzen wir die bei A entstandene Menge = ,100, so ist sie f\u00fcr B = 58,7. Es muss darauf hingewiesen weiden, dass der weitaus gr\u00f6sste Theil der Kohlens\u00e4ure nicht bei der W\u00e4hrung direkt entstanden ist, sondern erst durch die,gebildeten Fetts\u00e4uren aus dem zur Neutralisirung beigegebenen Calciumcarbonat freigemacht wurde.\nResultate.\nStellt man die Ergebnisse zusammen, indem man die gefundenen Zahlen beim Sauerstoffversuch immer = 100 setzt, so erhalten wir folgende Tabelle.","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"Kesultate (Tabelle IV).\n\u25a0 \u2022 .\tMittlere Pilzzahl.\tVerhohlenes Glycerin.\nA iSauorstoff.)\t, 1.00\t100\nB (Wasserstoff.)\t13,5 i\t\u00bbJi,8\nc Control versuch)\t31,2 }\u2022 ' .\t72,G\nHieraus ergibt\tsich :\t\nKohlendioxyd.\n100\n5*7\n1.\tDie Vermeil rung des Bacterium Fitz, wird durch die Anwesenheit freien Sauerstoffs ganz w c s e n 11 i i* h b e g u n s t i g t. Die Zahlen in Tabelle III geben daf\u00fcr noch nicht einmal den richtigen Ausdruck, da sich die Lebensbedingungen f\u00fcr die Pilze beim Sauerstoffversucli bald schlechter als bei dem mit Wasserstoff gestalteten. (Anh\u00e4ufung von Zersetzungsprodukten, Nahrungsmangel).\n2.\tBei gleich grosser Aussaat wird in der n\u00e4mlichen Zeit mehr Glycerin v er go hr en, wenn Sauers to tf vorhanden ist, als ohne denselben. Obwohl die Aussaat zu Ungunsten dieser Verh\u00e4ltnisse etwas verschieden waren, verhalten sich die Mengen des vergoltenen Glycerins doch wie 3:2.\n3.\tDie Bildung von Kohlens\u00e4ure, welche das Maass f\u00fcr s\u00e4mmtliche Oxydationsvorg\u00e4nge abgibt, bleibt im Verh\u00e4l'tniss zum vergohrenen Glycerin ann\u00e4hernd gleich gross, wird Sauerstoff oder Wasserstoff zugeleitet.\n4.\tDie G\u00e4hrth\u00e4tigkeit, berechnet auf den einzelnen Pilz, ist bei Anwesenheit freien Sauerstoffs geringer als bei Abwesenheit desselben. Pedersen hat, wie erw\u00e4hnt, bei Bierhefe dasselbe Resultat erhalten. Es muss allerdings ber\u00fccksichtigt werden, dass die nachtheilige Ver\u00e4nderung der N\u00e4hrl\u00f6sung bei A (mit Sauerstoff) viel bedeutender gewesen sein wird, als bei B (mit Wasserstoff); die sch\u00e4dliche Anh\u00e4ufung von G\u00e4hrungs- und","page":414},{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"4i:>\nAusscheidungsprodukten war gr\u00f6sser, der Vorrath an Nahrungs-mittcln bald geringer, ferner der Glyceringelialt vermindert, was bei solch' geringem Procentsalz an Glycerin auch ung\u00fcnstig f\u00fcr die G\u00e4hrth\u00e4tigkeit sein d\u00fcrfte. Indess halte ich diese Versuchsfelder nicht f\u00fcr ausreichend, um die Resultate wesentlich zu beeintr\u00e4chtigen, umsomehr als sie zum Theil dadurch compensirt werden, dass die der Berechnung zu Grunde liegende \u00abmittlere Pilzzahl* gerade beim SauerstolV-\\ ersuch hinter der wirklich in der Zeiteinheit th\u00e4tigen Menge jedenfalls zur\u00fcckbleibt; bei A fand am Anfang eine ausserordentlich' rasche Pilz Vermehrung statt, w\u00e4hrend sie bei B .leichm\u00e4ssiger \u00fcber die Versuchsdauer vertheilt gewesen\nsein wird.\nF\u00fcr Sprosshefe hat N\u00e4geli bei Ausschluss der Vermehrung die Erh\u00f6hung der G\u00e4hrth\u00e4tigkeit der einzelnen Zelle nachgewiesen. Wir d\u00fcrfen kaum bezweifeln, dass es sich bei Spaltpilzen ebenso verh\u00e4lt.\nVielleicht gelingt es einmal, den direkten. Nachweis zu f\u00fchren. Dann w\u00e4re bez\u00fcglich der G\u00e4hrth\u00e4tigkeit ein .Unterschied zwischen rasch wachsender und langsam wachsender Zelle zu machen. Die rasch wachsende, lebhaft assimilirende\nZelle w\u00fcrde sich dann bez\u00fcglich der G\u00e4hrth\u00e4tigkeit minder leistungsf\u00e4hig zeigen, als die zwar lebenskr\u00e4ftige, im Augenblick aber in geringerem Stoffumsatz begriffene,, langsam wachsende Zelle, eine Vorstellung, die physiologisch gewiss nicht undenkbar erscheint.\nf\nDiese Arbeit wurde im pflanzen-physiologischen Institut des Herrn Professor von N\u00e4geli ausgef\u00fchrt und sage ich hier f\u00fcr Ueberlassung der Apparate meinen verbindlichsten Dank.","page":415}],"identifier":"lit16578","issued":"1885","language":"de","pages":"380-415","startpages":"380","title":"Ueber den Einfluss des Sauerstoffs auf G\u00e4hrungen","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:22:25.066795+00:00"}