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{"created":"2022-01-31T12:35:27.238963+00:00","id":"lit16605","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Baumann, E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 10: 123-133","fulltext":[{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Die aromatischen Verbindungen im Ham und die Darmt\u00eetulniss,\nVon\nE. Baumann.\n(Der Redaktion zugeK&ngeu am 31. October 1885.)\nDie bis jetzt im Organismus der h\u00f6heren Thiere aufgefundenen Verbindungen der aromatischen Reihe entstammen entweder dem Eiweiss, welches bestimmte aromatische Atorn-(omplexe enth\u00e4lt, oder den in der Pflanzennahrung auf-benommenen Benzolderivaten.\nAlle im Harn der Fleisch fressenden Thiere aufgefun-<lenen aromatischen Bestandteile lassen sich ohne \u2022 Zwang auf das im K\u00f6rper der Thiere umgesetzte Eiweiss beziehungsweise auf dessen Spaltungsprodukte zur\u00fcckf\u00fchren.\ni ,\nEine Bildung aromatischer Stoffe aus Kohlehydraten, Fetten oder anderen Verbindungen der Fettreihe .scheint, wenigstens bei allen h\u00f6heren Thieren, durchaus ausgeschlossen zu sein. Substanzen wie Acetessig\u00e4ther oder Brenztraubens\u00e4ure, welche ausserhalb des Thierk\u00f6rpers durch Condensation leicht in aromatische Verbindungen \u00fcbergef\u00fchrt werden k\u00f6nnen, zeigen keine \u00e4hnliche Umwandlung, auch wenn sie in gr\u00f6sseren Mengen dem tierischen Stoffwechsel zugef\u00fchrt werden. Das Brenzcatechin, welches als Aetherschwefels\u00e4ure im Harn der pflanzenfressenden Thiere und des Menschen stets enthalten ist, kann, wie Hoppe-Seyler gezeigt hat, aus den meisten Kohlehydraten beim Erw\u00e4rmen mit Alkalien oder mit Wasser allein j in merkbarer Menge gewonnen werden. Sein Vorkommen im Harn ist dagegen stets unabh\u00e4ngig von den Kohlehydraten","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"des Thierk\u00f6rpers und ausschliesslich beding! durch bestimmte dem letzteren von aussen zugef\u00fchrte aromatische Stoffe Bei den Zu verschiedenen Zwecken von mir und vielen Anderen in den letzten Jahren ausgef\u00fchrten F\u00fctterungsversuchen sind fast alle typischen Verbindungen2) der Fettreihe in den Kreis der Beobachtung gezogen worden; dabei hat in keinem Falle die Bildung von Benzolderivaten aus den Verbindungen der Fettreihe im Thierk\u00f6rper nachgewiesen werden k\u00f6nnen.\nDer an die Spitze dieser Mittheilung gestellte Satz enth\u00e4lt somit ein ganz allgemeines Ergebniss der neueren Stoffwechsel versuche, das mit den bis jetzt vorliegenden Erfahrungen durchaus im Einkl\u00e4nge steht. Es ist freilich nicht zu verkennen, dass ein solcher Schluss mit voller Sicherheit erst dann gezogen werden kann, wenn ersch\u00f6pfende Untersuchungen \u00fcber alle in Betracht kommenden Stoffe vorliegen. Allein ein solcher Abschluss kann nicht leicht erreicht werden, dagegen giebt es auch noch andere Umst\u00e4nde, welche mit jener Schlussfolgerung im Einkl\u00e4nge stehen, so namentlich die bis jetzt ausnahmslos gemachte Erfahrung, dass in w\u00e4sserigen L\u00f6sungen durch Oxydationsprozesse allein aus den Verbindungen der Fettreihe niemals Benzolderivate gebildet werden. Auch bei den G\u00e4hrungen, sei es dass sie durch l\u00f6sliche Fermente oder durch Fermentorganismen bewirkt werden, ist bis jetzt die Bildung aromatischer Verbindungen aus Substanzen der Fettreihe niemals beobachtet worden.\nVergleicht man die Bildung der aromatischen Verbindungen in den Pflanzen mit den Bedingungen, unter welchen solche Substanzen im Leibe der h\u00f6heren Thiere entstehen, so ergiebt sich gerade hierbei einer der wenigen scharf her-\n*) Baumann, Pfl\u00fcger\u2019s Archiv, Bit. 13. S.\u2022\u00bb:\u00bb. \u2014Preusse, diese Zeitschrift. Bd. 2, S :V2\\\\; IM. .*{, S. l\u00fbt.\n2) l>ie von mir angestellten Versucht*, welche sich auf eine bedeutende Anzahl solcher Stoffi* erstrecken, sind wegen der negativen Ergebnisse derselben nicht besonders publient worden.","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"125\nvortretenden Unterschiede in der Natur der chemischen Erscheinungen der beiden Organismenklassen. Denn in der Pflanze entstehen Benzoiderivate in gr\u00f6sster Zahl und Mannigfaltigkeit aus den K\u00f6rpern der Sumpfgasreihe, w\u00e4hrend im Thierk\u00f6rper eine solche Bildung dieser Stoffe nirgends stattfindet. Aus diesem Grunde kann man die Entstehung der aromatischen Verbindungen im thierischen Organismus genauer und weiter verfolgen, als dieses bez\u00fcglich der Bildung dieser Stoffe in der Pflanze zur Zeit m\u00f6glich ist.\n1. Ueber die Aetherschwefels\u00e4uren des Harns.\nUnter den aromatischen Verbindungen des Harns sind besonders zahlreich diejenigen, welche in Form von. Aether-schwefels\u00e4uren ausgeschieden werden. Ueber die Natur und die Bildungsweise dieser Stoffe liegen eine Reihe von Untersuchungen vor, an welche die folgenden Beobachtungen ankn\u00fcpfen. Bis jetzt sind 7 solcher Substanzen als Bestand-theile des normalen Harns vom Menschen nachgewiesen worden: die Aetherschwefels\u00e4uren des Phenols, des p-Kresols, des Brenzcatechins, des Indoxyls, des Skatoxyls, der llydro-paracumars\u00e4ure und der Oxyphenylessigs\u00e4ure. Die .beiden zuletzt genannten S\u00e4uren sind aber jedenfalls nur zum kleinsten Theile als Aetherschwefels\u00e4uren im Harn enthalten\u00bb im Wesentlichen werden sie als solche, d. h. im freien Zustande oder als Salze ausgeschieden.\nAusser den aufgez\u00e4hlten Aetherschwefels\u00e4uren, \u00fcber welche in fr\u00fcheren Mittheilungen berichtet worden ist, enth\u00e4lt aber der normale Harn weitere Substanzen derselben Categorie. Eine schon fr\u00fcher hier\u00fcber ausgesprochene Vermuthung habe \u2019 ich erst neuerdings durch den Versuch best\u00e4tigen k\u00f6nnen.\nZum d\u00fcnnen Syrup verdampfter Hundeharn wird nach l\u00e4ngerem Stehen in der K\u00e4lte von dem auskrystallisirten Harnstoff und den abgeschiedenen Salzen getrennt und in Weingeist gel\u00f6st. Setzt man zu der abfiltrirten L\u00f6sung absoluten Alkohol im Ueberschuss, so entsteht eine syrup\u00f6se F\u00e4llung, welche in Weingeist von etwa 50% sich zum","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"gr\u00f6ssten Theile l\u00f6st. Auf erneuten Zusatz von absolutem Alkohol zu der L\u00f6sung des ersten Niederschlages entsteht wieder eine amorphe F\u00e4llung, welche die gesuchten Substanzen enth\u00e4lt, frei von Beimengungen der schon bekannten Aether-Schwefels\u00e4uren, deren Alkalisalze in Weingeist leichter l\u00f6slich sind. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung einer durch die angegebene fractionirte F\u00e4llung aus ca. 6 Litern Hundeharn gewonnenen Substanz lieferte nach der Zersetzung durch Salzs\u00e4ure 0,077 gr. Schwefels\u00e4ure (IL SCh), welche in dem Harn an noch unbekannte organische Stoffe gebunden, als Aetherschwefels\u00e4urc, enthalten war. In ganz \u00e4hnlicher Weise wie beim Hundeharn gelang es auch im Pferdeharn Aetherschwefels\u00e4uren nachzuweisen, welche bei der Spaltung durch Salzs\u00e4ure keinen der bekannten Paarlinge der fr\u00fcher aufgez\u00e4hlten Aetherschwefels\u00e4uren liefern. Ueber die Natur dieser im reinen Zustande noch nicht dargestellten Aetherschwefels\u00e4uren l\u00e4sst sich bis jetzt kaum etwas sagen. Ueber dieselben konnte bisher nur ermittelt werden, dass die Bedingungen ihrer Entstehung im Organismus mit denen der schon bekannten Aethers\u00e4uren zusammenfallen.\n2. Entstehung der Aetherschwefels\u00e4uren und der Oxys\u00e4uren im Thierk\u00f6rper und die Darmf\u00e4ulniss.\nDie fr\u00fcheren Versuche hier\u00fcber haben zu dem Schl\u00fcsse gef\u00fchrt, dass die Menge der Aetherschwefels\u00e4uren des Harns in erster Linie von den im Darme verlaufenden F\u00e4ulniss-Prozessen abh\u00e4ngig sei. Es war aber noch ungewiss, ob diese Abh\u00e4ngigkeit eine vollkommene und ausschliessliche ist, oder ob auch in den Geweben \u2014 unter normalen Verh\u00e4ltnissen \u2014 Stoffe entstehen, welche in der Form von Aetherschwefels\u00e4uren ausgeschieden werden. Die Entscheidung dieser Frage hat eine gewisse principielle und auch eine praktische Bedeutung.\nManche Beobachtungen sprachen daf\u00fcr, dass die Darmf\u00e4ulniss nur einen Theil der zur Bildung der Aetherschwefels\u00e4uren erforderlichen Substanzen liefere. So fand z. B.","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"127\nR. von den Velden1), dass nach 5\u20146t\u00e4gigem Hungern die Aetherschwefels\u00e4uren des Hains bei Hunden auf etwa die H\u00e4lfte der normalen Ausscheidung (im Verh\u00e4ltniss zur Schwefels\u00e4ure) zur\u00fcckgehen.\nSchon fr\u00fcher hat Salkowski2 3 * * *) constatirt, dass das damals sogenannte Indican, die Indoxylschwefels\u00e4ure, im Harn von hungernden Hunden zwar abnimmt, aber keineswegs verschwindet. Salkowski schloss hieraus, dass auch in. den Geweben eine normale Bildung von Indol stattfinde.\nVor einigen Jahren hatte ich Gelegenheit, \u2019an einem Menschen mit einer D\u00fcnndarmfistel einige hierher geh\u00f6rende Beobachtungen anzustellen, welche mir durch die Gef\u00e4lligkeit des Herrn Dr. A. Zeller erm\u00f6glicht wurden.\nDer Fall betraf einen Patienten der chirurgischen Universit\u00e4tsklinik in Berlin, bei welchem die Fistel im oberen Theile des D\u00fcnndarms sich befand8). Der unterhalb der Fistel befindliche Darmabschnitt war mehrere Monate lang vollst\u00e4ndig ausser Function. Die Ern\u00e4hrung fand ausschliesslich, wie in dem Falle Ewald\u2019s (1. c.), durch die Resorption vom oberen Theile des D\u00fcnndarms aus statt; die dort nicht aufgenommenen Substanzen ^wurden durch die Fistel nach aussen entleert und stellten einen d\u00fcnnen Brei dar, in welchem einzelne Speisereste noch wohl erkenntlich waren. Dieser Darminhalt besass bei wiederholter Pr\u00fcfung keinen fauligen Geruch und enthielt weder Indol noch Skatol, dagegen eine Spur von Phenol und von Oxys\u00e4uren, und viel unver\u00e4nderten Gallenfarbstoff und Gallens\u00e4uren.\n3 Wochen nach der letzten F\u00e4calentleerung wurde der Barn des Patienten zum ersten Male untersucht. 100 ebern. desselben gaben 0,466 gr. BaSO* (A) aus der Schwefels\u00e4ure\n0 Virchow\u2019s Archiv, Bd. 70.\n*) Deutsche Chemische Gesellschaft, 1876, S. 408.\n3) Ein \u00e4hnlicher Fall ist von A. Ewald vor einigen Jahren unter*\nGlicht worden; hei Ewald's Versuchen sind aber keine Bestimmungen\nd**r Aetherschwefels\u00e4uren im Harn ausgef\u00fchrt worden (Virchow\u2019s\nArchiv, Bd. 75, S. 400).","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nder Sulfate und 0,022 gr. BaSO* (B) aus der Schwefels\u00e4ure der Aethers\u00e4uren. Das Verh\u00e4ltniss von A : B ist somit 21,2 : lt ein Werth, welcher auch bei Gesunden und bei normaler Verdauung, wenn auch nicht in der Regel gefunden wird. Nach von den Velden ist das Verh\u00e4ltniss A : B bei Gesunden durchschnittlich ca. 10 : 1.\nDer Harn enthielt kaum nachweisbare Spuren von Indoxyl und Phenol; auch der Gehalt an Oxys\u00e4uren schien wesentlich geringer als im normalen Harn.\nBei einem sp\u00e4teren Versuche (7 Wochen nach der Er\u00f6ffnung der Fistel und der Ausschaltung des gr\u00f6sseren Theils des Darmes) wurde das Verh\u00e4ltniss von A : B gleich 15,8:1 bestimmt und war somit noch n\u00e4her der Norm als im ersten Falle *). Im Uebrigen ergab die qualitative Pr\u00fcfung des Harns dasselbe Resultat wie bei der ersten Untersuchung. Hieraus geht mit grosser Wahrscheinlichkeit hervor, dass auch der Menschenharn noch andere als die fr\u00fcher beschriebenen Aetherschwefels\u00e4uren enth\u00e4lt, und ferner war der Schluss nahe gelegt, dass die Bildung dieser Aetherschwefels\u00e4uren von den Prozessen im Darm bis zu einem gewissen Grade unabh\u00e4ngig sei. Hierf\u00fcr k\u00f6nnten auch noch andere Beobachtungen sprechen, besonders diejenigen, welche \u00fcber die zuweilen allerdings erhebliche Verminderung der Aether-schwefels\u00e4ureu im Harn nach Eingabe von antifermentativ wirkenden Stoffen von v. d. Velden2) und Schotten3) u. A. gemacht worden sind. Der Harn enth\u00e4lt auch in solchen F\u00e4llen noch Aetherschwefels\u00e4uren in nachweisbaren Mengen, wenn von Phenol oder Indoxyl nichts oder nur geringe Spuren aufgefunden werden.\nAllein trotz aller der im Vorhergehenden mitgetheilten Beobachtungen kann man doch direct nachweisen, dass unter normalen: Verh\u00e4ltnissen ausschliesslich im Darm und\n*) S Tage, nachdem die Fistel geschlossen und wieder normale Verdauung im ganzen Darm stattfand, zeigte die Harnuntersuchung das Verh\u00e4ltniss A : B = 8,1 : 1.\n*j Chemische Gesellschaft, Bd. 9, S. 1740.\na) Dies\u00bb* Zeitschrift. Bd. 8. S. 60.","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"129\nnur durch dic F\u00e4ulnissprozesse in demselben diejenigen Stoffe gebildet werden, welche mit Schwefels\u00e4ure gepaart im Harn auftreten. Die Ausscheidung der Aetherschwefels\u00e4uren im Harn h\u00f6rt ganz auf, wenn man nicht nur den Darm m\u00f6glichst entleert, sondern gleichzeitig f\u00fcr die Desinfection desselben ausreichend Sorge tr\u00e4gt.\nUm letztere zu erzielen, bedient man sich am vortheil-haftesten des Calomels, dessen f\u00e4ulnisswidrige.>Wirkungen vor Kurzem von Wassilieff1) beschrieben worden sind. Der Versuch wurde mit einem wohlgen\u00e4hrten kr\u00e4ftigen Hunde ausgef\u00fchrt, dem w\u00e4hrend mehrerer Tage die Nahrung entzogen war, mit Ausnahme des Wassers, das in Mengen von 3\u2014400 ebem. t\u00e4glich von dem Thiere getrunken wurde. Am 2. Ilungertage wurden 2 gr. Calomel eingegeben, welche starke Durchf\u00e4lle bewirkten. Der gesondert aufgesammelte llani enthielt am 3. und 4. Tage nach der Nahrungsentziehung noch Aetherschwefels\u00e4uren und gab schwache Reaction auf Phenol und Indoxyl. Am 4. Tage wurden weitere 2 gr. Calomel gegeben, worauf gallertig schleimige gallenfarbestoffhaltige Entleerungen erfolgten. Der an den beiden folgenden Tagen entleerte Harn, im Ganzen 415 ebem. (spec. Gewicht 1,017) war dagegen vollkommen frei von Aetherschwefels\u00e4uren, und enthielt auch nicht die geringste Spur von Indoxyl.\nZur Pr\u00fcfung auf Aetherschwefels\u00e4uren wurden nicht weniger als 240 ebem. Harn verwendet, welcher nach dem F\u00e4llen mit Ueberschuss von Chlorbarium und nach AbfiUriren dieses Niederschlages mit 100 ehern, verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure mehrere Stunden lang erw\u00e4rmt wurde. Nach der Behandlung luit der Salzs\u00e4ure wurde mit Wasser verd\u00fcnnt und nach 12 st\u00e4ndigem Stehen filtrirt. In dem abfiltrirten Niederschlage fand sich keine Spur von schwefelsaurem Baryt vor ; derselbe bestand nur aus einer geringen Menge einer braunen organischen Substanz.\t>\nBei v\u00f6lliger Unterdr\u00fcckung der F\u00e4ulniss im Darm verschwinden somit die AetherschwefeU\nD Diese Zeitschrift, Bd. 6, S. 11*2.\nZeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie. X.\t.\t0 .","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\ns\u00e4uren s\u00e4mmtlich aus dem Harn. Allein w\u00e4hrend mit den Aetherschwefels\u00e4uren die Umwandlungsprodukte des Indols, Phenols und anderer Produkte der Eiweissf\u00e4ulniss im Harn fehlen, ist das Gleiche nicht der Fall mit don aromatischen Oxys\u00e4uren. Wenn auch verringert, blieben sie doch w\u00e4hrend der ganzen Dauer des Versuchs im Harn deutlich nachweisbar. Die Oxys\u00e4uren, welche hier nicht an Schwefels\u00e4ure gebunden sind, verdanken also ihre Entstehung nicht ausschliesslich der Darmf\u00e4ulniss, aber ihre Menge im Harn steht auch nicht in directem Verh\u00e4ltnisse zu der im Thierk\u00f6rper umgesetzten Menge von Tyrosin. Denn als nacli dem G. Tage dem Hunde 5 gr. Tyrosin verabfolgt wurden, erfolgte keine Vermehrung der Oxys\u00e4uren im Harn und keine Bildung von Aetherschwefels\u00e4uren. Das zur Resorption gelangte Tyrosin wurde vielmehr durch den Stoffwechsel v\u00f6llig oxydirt.\nEs ist eine bemerkenswerthe Erscheinung, dass das Tyrosin ebenso wie die Phenylamidopropions\u00e4ure, so weit diese Substanzen nicht durch die F\u00e4ulniss schon im Darm umgewandell werden, vollst\u00e4ndig oder bis auf ganz geringe Reste im Stoffwechsel verschwinden. Schotten hat dar-gethan, dass die Oxydation dieser Substanzen erfolgt oder bedingt ist wesentlich durch die in ihnen enthaltene Amidgruppe und dass diese Art der Zersetzung im Organismus nur denjenigen Amidos\u00e4uren der aromatischen Reihe, welche eine Seitenkette von 3 Kohlenstoffatomen enthalten, zukommt. Ich habe diese Erfahrung auch f\u00fcr die a-Amidozimmts\u00e4ure (CeHsCH = CNHaGOOH), welche von Pl\u00f6chl *) k\u00fcrzlich dargestellt worden ist, best\u00e4tigen k\u00f6nnen. 2,5 gr. dieser S\u00e4ure, welche als salzsaures Salz einem Kaninchen in den Magen gebracht wurden, bewirkten weder Vermehrung der Hippurs\u00e4ureausscheidung noch der Aetherschwefels\u00e4uren im Harn. Durch einen Controlversuch habe ich mich auch \u00fcberzeugt, dass die Amidos\u00e4ure nicht unver\u00e4ndert in den Harn \u00fcbergetreten ist. Die a-Amidozimmts\u00e4ure erf\u00e4hrt wie\n!) Deutsche Chemische Gesellschaft,i,Bd. 17, S. 16ii0.","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"131\ndie Phenylamidopropions\u00e4ure und das Tyrosin eine v\u00f6llige Oxydation im Stoffwechsel, vorausgesetzt, dass diese Amido-s\u00e4uren als solche resorbirt werden und nicht vorher durch die F\u00e4ulnissprozesse im Darm eine Abspaltung von Ammoniak erfahren.\n3. Andere aromatische Bestandteile des Harns und die\nDarmf\u00e4ulniss.\nDie Hippur s\u00e4ure ist im Harn eines hungernden Menschen von Schultzen nachgewiesen worden; Salkowski constatirte ihr Vorkommen im Harn hungernder Hunde. Da hei der directen Oxydation von Eiweiss Benzoes\u00e4ure gebildet wird, so lag die M\u00f6glichkeit vor, dass die hn Harn hungernder Thiere enthaltene Hippurs\u00e4ure nicht blos aus der Hydro-zimmts\u00e4ure, welche Salkowski unter den F\u00e4ulnissprodukten der Eiweissk\u00f6rper gefunden hat, sondern auch durch Oxydation vom Eiweiss direct entstanden sei.\nBei den fr\u00fcher beschriebenen Versuchen beim hungernden Hunde, bei welchem die F\u00e4ulniss des Darms durch Calomel unterdr\u00fcckt war, wurde der gr\u00f6ssere Theil des Harns an den meisten Tagen auf Hippurs\u00e4ure verarbeitet. Dabei ergab sich, dass diese S\u00e4ure schon fr\u00fcher als die Aether-schwefels\u00e4uren, nach der ersten Gabe von Calomel, aus dem Harn verschwunden war.\nDie Hippurs\u00e4ureausscheidung ist somit wie die der Aetherschwefels\u00e4uren beim Fleischfresser ausschliesslich abh\u00e4ngig von den F\u00e4ulnisspro-zessen des Darms.\nKynu r en s\u00e4ure. Die Ausscheidung dieser bis jetzt nur im Hundeharn aufgefundenen S\u00e4ure ist, nach den bisher vorliegenden Beobachtungen, abh\u00e4ngig von der Art der Ern\u00e4hrung der Thiere und steht in einem gewissen Verh\u00e4ltnis zu der Menge des umgesetzten Eiweisses*). Es war von\nD Vergl. Voit und Rieder er, Ueber die Ausseheidungsverh\u00e4lt-nisse der Kynurens\u00e4ure im Hundeharn, 1865. \u2014 Aug. Schmidt, Inauguraldissertation, K\u00f6nigsberg, 1884.","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nInteresse, die Frage zu entscheiden, ob f\u00fcr die Ausscheidung dieser Substanz die F\u00e4ulnissprozesse des Darms gleichfalls massgebend sind oder nicht. Dass der Hundeharn auch bei Inanition Kynurens\u00e4ure enth\u00e4lt, hat Voit nachgewiesen. Meine Versuche ergaben, dass die Kynurens\u00e4ureproduktion ganz unabh\u00e4ngig ist von den F\u00e4ulnissprozessen im Darm. Die Ausscheidung der Kynurens\u00e4ure wurde beim hungernden Hunde nicht weiter verringert, als demselben in Zwischenr\u00e4umen von je 2 Tagen 3 Mal Dosen von je 2 gr. Calomel verabreicht wurden. Die Menge der t\u00e4glich ausgeschiedenen Kynurens\u00e4ure schwankte bei einer t\u00e4glichen Harnmenge von 200 bis 300 cbcm. zwischen 0,06 und 0,18 gr. w\u00e4hrend der ganzen Dauer des Versuchs, welcher sich \u00fcber 10 Tage erstreckte.\nDie Darstellung und Bestimmung der Kynurens\u00e4ure geschah nach dein Verfahren von Jaff\u00e91), das vielleicht nicht ganz so genaue Werthe als die von Hofmeister angegebene Bestimmungsmethode liefert, daf\u00fcr aber wesentlich einfacher in der Ausf\u00fchrung ist, und f\u00fcr den mir vorliegenden Zweck vollkommen sichere Resultate lieferte.\nDie im Vorstehenden beschriebenen Versuche lehren:\n1)\tAusser den bisher bekannten Aetherschwefels\u00e4uren des Harns giebt es noch weitere Verbindungen derselben Categorie, die als normale Harnbestandtheile zu bezeichnen sind, deren organische Paarlinge aber noch unbekannt sind.\n2)\tAlle Aetherschwefels\u00e4uren des Harns fleischfressender Thiere entstehen unter normalen Verh\u00e4ltnissen im Organismus aus Substanzen, welche nur im Darm und ausschliesslich durch die F\u00e4ulniss in demselben gebildet werden.\n3)\tDie aromatischen Oxys\u00e4uren, Hydroparacumars\u00e4ure und Paroxyphenylessigs\u00e4ure, vielleicht nur die letztere allein, k\u00f6nnen ausser durch die normalen F\u00e4ulnissprozesse im Dann auch in den Geweben gebildet werden.\ni) Aug. Schmidt, Inauguraldissertation, K\u00f6nigsberg 1884.","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"133\n4)\tDie im Harn fleischfressender Thiere enthaltene Itippurs\u00e4ure entstammt ausschliesslich den durch die Eiweissf\u00e4ulniss gebildeten aromatischen S\u00e4uren, deren Entstehung bei der Eiweissf\u00e4ulniss von E. und H.' Salkowski nachgewiesen worden ist.\n5)\tDie Kynurens\u00e4ure stellt ein Um Wandlungsprodukt der Eiweissk\u00f6rper und vielleicht verwandter Stoffe dar (Voit), dessen Bildung im Organismus des Hundes von den F\u00e4ulniss-prozcssen des Darms ganz unabh\u00e4ngig ist.","page":133}],"identifier":"lit16605","issued":"1886","language":"de","pages":"123-133","startpages":"123","title":"Die aromatischen Verbindungen im Harn und die Darmf\u00e4ulniss","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:35:27.238969+00:00"}