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{"created":"2022-01-31T12:24:27.407399+00:00","id":"lit16606","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schulze, E.","role":"author"},{"name":"E. Bosshard","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 10: 134-145","fulltext":[{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen Uber die Amidos\u00e4uren, welche bei der Zersetzung der Eiweissstoffe durch Salzs\u00e4ure und durch Barytwasser entstehen.\nZweite Abhandlung1.\nVon\nE. Schulze und E. \u00dfosshard.\n(Aus iiom agricultur-ehomisohen Laboratorium dos Polytechnikums in Z\u00fcrich.)\n(Der Redaktion zugegangen am 24. November 1865.)\nIn unserer ersten Abhandlung ') haben wir u. A. mit-gellieilt, dass wir bei der Spaltung des Gonglutins durch Salzs\u00e4ure optisch aktive, bei der Spaltung des gleichen Ei-weissstoffes durch Barytwasser bei 150\u2014100\u00b0 dagegen optisch unwirksame Amidos\u00e4uren erhielten. Dieses Resultat veran-lasste uns, noch nach zwei Richtungen hin Versuche anzustellen. Erstens suchten wir Aufschluss \u00fcber die Bedingungen zu erhalten, unter denen bei der Zersetzung der Eiweissstoffe inaktive Amidos\u00e4uren entstehen; zweitens aber haben wir gepr\u00fcft, ob aus diesen inaktiven Produkten durch Einwirkung von Pilzen in der fr\u00fcher schon von Pasteur und vor Kurzem wieder von J. L e w k o w i t s c h2) in Abwendung gebrachten W eise aktive Isomere erhallen werden konnten.\nZur Entscheidung der ersteren Frage haben wir mit Leucin, zur Entscheidung der letzteren mit Leucin und mit Glutamins\u00e4ure Versuche angestellt. Die Ergebnisse derselben theilen wir in Folgendem mit3).\n*) Diese Zeitschrift. Bd. 9, S.\t\u201412*J.\n2 ) Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 16, S. 1568.\n3) Eine kurze Mittheilung dieser ' Ergebnisse haben wir in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 18, S. 388. publicirf.","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"135\n\u00c2. Darstellung von inaktivem Leuein.\nDa man bekanntlich die Weins\u00e4ure in Traubens\u00e4ure til\u00bberf\u00fchren kann, indem man sie mit wenig Wasser in B\u00f6hren einschmilzt und sodann auf 170\u2014180\u00b0 erhitzt, so musste es von vorneherein als nicht unwahrscheinlich erscheinen, dass die Temperatur, bei welcher wir die Zersetzung des Gonglutins durch Barytwasser vorgenommen hatten, von Einfluss auf das optische Verhalten der dabei entstandenen Produkte gewesen war. Es zeigte sich denn auch, -dass man das gew\u00f6hnliche, optisch wirksame Leucin inaktiv machen kann, indem man es mit Barytwasser unter Druck erhitzt. Die ersten Versuche stellten wir in der Weise an, dass wir Leucin1) mit der dreifachen Menge Barythydrat und mit Wasser in ein Glasrohr einschmolzen und in einem sogen, Kanonenofen 6 Stunden lang auf ca. 170\u00b0 erhitzten. Das Rohr wurde dann ge\u00f6ffnet, die L\u00f6sung durch Zusatz von Schwefels\u00e4ure vom Baryum befreit, aus dem Filtrat das Leucin durch Krystallisation gewonnen. Letzteres wurde in 20procentiger Salzs\u00e4ure gel\u00f6st, die L\u00f6sung im Sole 11-Ventzke\u2019schen Polarisations-Apparat untersucht. Es zeigte -ich, dass das Drehungsverm\u00f6gen des Leucins bis auf ca. V# des urspr\u00fcglichen vermindert worden war. Andere Versuche, in denen Leucin in Glasr\u00f6hren noch l\u00e4ngere Zeit mit Barytwasser erhitzt werden sollte, Hessen sich nicht zu Ende f\u00fchren, weil die R\u00f6hren zersprangen. Wir verwendeten daher f\u00fcr einen weiteren Versuch das f\u00fcr die Zersetzung des Congl\u00fctins durch Barytwasser fr\u00fcher von uns benutzte Kupfergefass. Etwa 20 gr. Leucin2) wurden mit Baryt wasser m dem fr\u00fcher angegebenen Verh\u00e4ltniss in einen Glaskolben gebracht, letzterer in das Kupfergefass hineingestellt, dieses sodann verschlossen und im Paraffinbade 3 Tage lang auf 150\u2014100\u00b0 erhitzt.\n1)\tF\u00fcr diesen Versuch diente ein Pr\u00e4parat, welches durch Zer--etzung des K\u00fcrbisglobulins mittelst Salzs\u00e4ure erhalten worden war.\n2)\tZur Verwendung kam ein Pr\u00e4parat von Rohleucin, welches \u25a0ilurch Zersetzung des Congl\u00fctins mittelst Salzs\u00e4ure erhalten worden war. Vor der Verwendung wurde noch einmal constatirt, dass es optische Wirksamkeit besass.","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"13G\nNach dem Erkalten wurde das Gef\u00e4ss ge\u00f6ffnet, der Inhalt des Kolbens mit H\u00fclfe von heissem Wasser herausgebrachf, der Baryt durch Schwefels\u00e4ure ausgefallt, das Leucin wieder zur Krystaliisation gebracht. Wir sammelten die Krystalle fraktionsweise auf. Drei nach einander erhaltene Pr\u00e4parate erwiesen sich, in salzsaurer L\u00f6sung gepr\u00fcft, als v\u00f6llig inaktiv.\nDas so gewonnene inaktive Leucin erwies sich, ebenso wie das fr\u00fcher erhaltene, als schwer l\u00f6slich in Wasser. F\u00fcr die bez\u00fcglichen Versuche diente ein Pr\u00e4parat, welches in folgender Weise gereinigt worden war: Das Rohprodukt wurde aus Wasser umkrystallisirt, dann wieder in Wasser gel\u00f6st, die L\u00f6sung in der W\u00e4rme mit Kupferoxydhydrat ges\u00e4ttigt. Es schied sich Leucinkupfer aus, welches abfiltrirt und ausgewaschen, dann durch Schwefelwasserstoff zerlegt wurde. Das so gewonnene Leucinpr\u00e4parat diente, nachdem es mehrmals umkrystallisirt worden war, f\u00fcr die L\u00f6slichkeitsbestimmungen. Eine Portion der Krystalle wurde mit einer zur v\u00f6lligen L\u00f6sung derselben ungen\u00fcgenden Quantit\u00e4t Wasser zwei Tage lang unter h\u00e4ufigem Umsch\u00fctteln in Ber\u00fchrung gelassen; dann wurde filtrirt. Abgewogene Quantit\u00e4ten des Filtrates wurden in Platinsch\u00e4lchen eingedampft, der R\u00fcckstand bei 100\u00b0 getrocknet und gewogen. Wir erhielten folgende Zahlen:\n12,7ta gr. L\u00f6sung (hergestellt bei 21\u00b0) gaben 0,1235 gr. R\u00fcckstand; 1 Theil Substanz bedurfte demnach 102,2 Theile Wasser von 21\" zur L\u00f6sung.\nNachdem das Pr\u00e4parat noch einmal umkrystallisirt worden war, wurde eine zweite Bestimmung ausgef\u00fchrt:\n8\u00bb gr. L\u00f6sung (hergestellt bei 21,5\u00bb) gaben 0,0870 gr. R\u00fcckstand; 1 Theil Substanz hatte sich demnach in 102,5 Theilen Wasser von\n21,5\u00b0 gel\u00f6st, ein Ergebniss, welches mit dem des ersten Versuches fast vollst\u00e4ndig \u00fcbereiltstimmt.\nDie in diesen Versuchen erhaltenen Zahlen liegen zwischen denjenigen, welche wir f\u00fcr die L\u00f6slichkeit der fr\u00fcher von uns untersuchten Pr\u00e4parate von inaktivem Leucin gefunden haben. Dasjenige dieser Pr\u00e4parate, welches als das reinste zu betrachten war, bedurfte 100,5 Theile Wasser von","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"137\nZimmertemperatur zur L\u00f6sung und im Durchschnitte wurde f\u00fcr jene Pr\u00e4parateeine L\u00f6slichkeit von 1 Theil Substanz in ungef\u00e4hr 100 Theilen kalten Wassers gefunden. Auf eine genauere Uebereinstimmung der jetzt erhaltenen Resultate mit den fr\u00fcheren war kaum zu rechnen, denn aus den fr\u00fcher von uns gemachten Beobachtungen ist ja zu schliessen, dass sehr geringe, durch die Analyse nicht mehr nachweisbare Verunreinigungen die L\u00f6slichkeit des Leucins sehr stark beeinflussen.\nAus den im Vorigen gemachten Mittheilungen ist zu ersehen, dass man das gew\u00f6hnliche optisch aktive Leucin durch Erhitzen mit Barytwasser auf 150\u20141G0\u00b0 in ein Isomeres umwandeln kann, welches optisch unwirksam ist und sich weit schwerer in Wasser l\u00f6st \u2014 in ein Produkt also, welches in seinen Eigenschaften mit dem bei der Zersetzung des Conglutins durch Barytwasser bei 150\u20141G0\u00b0 von uns erhaltenen Leucin \u00fcbereinstimmt. Durch Erhitzen des Leucins mit Wasser scheint man das gleiche Ziel nicht erreichen zu k\u00f6nnen; als wir Leucin \u00abmit Wasser in ein Glasrohr entschlossen und sodann 6 Stunden lang auf 170\u2014180\u00b0 erhitzten, hatte das Drehungsverm\u00f6gen keine Verminderung erlitten. Dass man aber Amidos\u00e4uren auch durch Erhitzen mit Salzs\u00e4ure auf 170\u2014180\u00b0 optisch unwirksam machen kann, ist aus der Mittheilung zu entnehmen, welche A. Michael und .1. Wing2) vor Kurzem \u00fcber die Darstellung optisch inaktiver Asparagins\u00e4ure gemacht haben.\t-\nAus diesen Beobachtungen ist zu entnehmen, . dass die beim Erhitzen der Eiweissstoffe mit Barytwasser auf 150\u2014160*-\n\" i\nentstellenden Amidos\u00e4uren optisch unwirksam werden m\u00fcssen; es ist ferner wahrscheinlich, dass man optisch aktive Amidos\u00e4uren erhalten wird, wenn man das Barytwasser bei 100\u00b0 (\u00bbder bei einer nur wenig dar\u00fcber liegenden Temperatur auf die Eiweissstoffe einwirken l\u00e4sst. Doch bedarf diese Voraussetzung selbstverst\u00e4ndlich noch der Best\u00e4tigung durch das Experiment.\n0 Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 17, S. 2984","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nB. Darstellung von aktivem Leuein und aktiver Glutamin-s\u00e4ure au* den inaktiven Amidosfturen gleichen Namens.\nAus dem inaktiven Leucin und aus der inaktiven Glutamins\u00e4ure liessen sich leicht aktive Modifikationen gewinnen, indem erstere in w\u00e4sseriger L\u00f6sung der Einwirkung von P\u00e9nicillium glaucum ausgesetzt wurden. Ueber die Details der Versuchsanordnung ist Folgendes mitzutheilen') :\nNachdem wir uns etwas P\u00e9nicillium glaucum verschafft hatten2), s\u00e4eten wir dasselbe zun\u00e4chst auf einen sterilisirten Decoct8) von getrockneten Pflaumen aus. Nach Verlauf von einigen Tagen fand sich auf der Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeil \u2018'ine Sporen tragende Pilzdecke vor. Mit einem ausgegl\u00fchten Platindraht wurde etwas davon abgestreift und auf einen zweiten, gleichfalls zuvor sterilisirten Pflaumen-Decoct gebracht. Die Sporen der auf' letzterem entstandenen Pilzvegetation s\u00e4eten wir sodann auf den Leucin- und Glutamins\u00e4ure-L\u00f6sungen aus. Diese L\u00f6sungen wurden zuvor sterilisirt, indem sie an je f\u00fcnf auf einander folgenden Tagen bis zum Sieden erhitzt wurden. Sie befanden sich in Glaskolben, welche mit Baumwollepfropfen verschlossen und vor dem Hineinbringen der L\u00f6sungen (mit aufgesetztem Pfropfen) auf 160\u00b0 erhitzt worden waren. . Was die Concentration der L\u00f6sungen betriff!, so wurden in den ersten Versuchen auf 3 gr. Amidos\u00e4uren \u00d6GO\u2014 700 cbcm. Wasser angewendet; in den sp\u00e4teren Versuchen machten wir die L\u00f6sungen etwas concentrirter (circa 500 cbcm. Wasser auf 3 gr. Substanz). Auf je 3 gr. Leucin resp. Glutamins\u00e4ure wurden 10 cbcm. einer N\u00e4hrsalz-L\u00f6sung zugesetzt, welche in 475 cbcm. 21,5 gr. Chlorkalium, 5,0 gr.\n*1 betreff der Details der Yersuchsanordnung hatte Herr Dr. J. Lewko witsch die Gute, uns auf brieflichem Wege Hath zu ortheilen; auch sind wir Herrn Professor C. Crainer in Z\u00fcrich f\u00fcr solche Hathschl\u00e4ge zu Dank verpflichtet.\n2I Wir fanden dasselbe auf schimmelndem K\u00e4se. Bei der Identi-ficirung des Pilzes hatte Herr Professor Gramer die G\u00fcte, uns beh\u00fclf-Heh zu sein.\n*1 Die Sterilisirung wurde ebenso ausgef\u00fchrt, wie es sp\u00e4ter f\u00fcr die Leucin* und Glutaminsuure*Losuugen beschrieben worden ist,","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Magnesiumsulfat, 32,5 gr. Monocalciumphosphat und 0,5 gr: Monokaliumphosphat enthielt. Den Leucinl\u00f6sungen wurden ferner je 5 cbcm. Salmiakl\u00f6sung (in 100 cbcm. 4 gr. NH* Gl enthaltend) zugesetzt1). Die Glutamins\u00e4ure-L\u00f6sung machten wir dadurch ammoniakhaltig, dass wir sie vor dem Zusatz der N\u00e4hrsalz-L\u00f6sung mit Ammoniak neutralisirten. Den fertigen L\u00f6sungen setzten wir sodann noch etwas freie Phosphors\u00e4ure zu, so dass sie ziemlich stark saure Reaktion besassen.\nWenige Tage nach dem Auss\u00e4en der Sporen zeigten sich weissliche Flecken auf der Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeit; nach und nach \u00fcberzog sich letztere mit einer sporentragenden Pilzdecke ; ein Theil des Pilz-Myceliums entwickelte sich unterbot audit in der Fl\u00fcssigkeit am Boden des Gefastes. Die Ver-\n,\tA\nsuche wurden nach 5\u20146 Wochen unterbrochen; die Pilzdecke zeigte dann kein merkliches Wachsthum mehr. In einigen F\u00e4llen hatten sich die Fl\u00fcssigkeiten w\u00e4hrend dieser Zeit schwach gelb gef\u00e4rbt, in anderen blieben sie fast farblos. Die Pilze wurden nun durch Filtration aus den Fl\u00fcssigkeiten entfernt. Die Art und Weise, in welcher wir die letzteren verarbeiteten, war verschieden je nach der Natur der angewendeten Amidos\u00e4ure. Die leucinhaltigen L\u00f6sungen wurden nach der Filtration im Wasserbade zur Trockne verdunstet; den R\u00fcckstand zerrieben wir und extrahirten ihn sodann in der W\u00e4rme mit Weingeist, welchem etwas concentrirte Am-inoniakfl\u00fcssigkeit zugef\u00fcgt war. W\u00e4hrend die Salze zur\u00fcckblieben, ging das Leucin in L\u00f6sung; aus letzterer schied es sich beim Erkalten in gl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen aus, welche ab-filtrirt, mit kaltem Weingeist gewaschen und, falls es n\u00f6thig erschien, noch einmal aus Weingeist umkrystallisirt wurden. Den glutamins\u00e4urehaltigen L\u00f6sungen wurde nach der Filtration so viel Barytwasser zugesetzt, dass dasselbe zur Ausf\u00e4llung der vorhandenen Schwefel- und Phosphors\u00e4ure und zur Zer-\n*) Vermuthlich h\u00e4tte der Zusatz eines Ammoniaksalzes unterbl\u00e9iben k\u00f6nnen, ohne dass das Hesultat sich ge\u00e4ndert h\u00e4tte;, denn der Pilz konnte ja den f\u00fcr seine Ern\u00e4hrung erforderlichen Stickstoff der Amido-siure entnehmen.","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"Setzung der vorhandenen Ammoniaksalze hinreichte. Dann wurden die L\u00f6sungen im Wasserbade eingedunstet, bis sie nicht mehr nach Ammoniak rochen ; hierauf f\u00e4llten wir den Baryt durch Schwefels\u00e4ure aus, s\u00e4ttigten das Filtrat vom Baryumsulfat mit Kupferoxydhydrat und dunsteten es im Wasserbade bis fast zur Trockne ein. Schon w\u00e4hrend des Eindunstens schied sich glut am in saures Kupfer aus, welches nach dem Erkalten abfiltrirt, mit kaltem Wasser gewaschen, sodann in Wasser aulger\u00fchrt und durch Schwefelwasserstoff zersetzt wurde. Die vom Schwefelkupfer abfiltrirte Fl\u00fcssigkeit wurde auf ein geringes Volumen eingedunstet; beim Erkalten krystallisirte Glutamins\u00e4ure aus.\nF\u00fcr den ersten Versuch mit Leucin verwendeten wir 3,0 gr. Substanz, welche in 2 Kolben vertheilt wurde; nach G w\u00f6chentlicher Dauer des Versuches erhielten wir daraus 0,1) gr. Leucin wieder. Dieses Leucin erwies sich in salzsaurer L\u00f6sung als linksdrehend (w\u00e4hrend bekanntlich das gew\u00f6hnliche Leucin unter den gleichen Umst\u00e4nden rechtsdrehend ist). Eine Aufl\u00f6sung in 20procentiger Salzs\u00e4ure, welche in 15 cbcm. 0,71 Substanz enthielt, drehte im Soleil-Ventzke\u2019sehen Polarisationsapparat im 200 mm.-Rohr 4,8\u00ae nach links. Daraus berechnet sich \u00abD = \u201417,5, w\u00e4hrend wir l\u00fcr das gew\u00f6hnliche Leucin unter den gleichen Versuchsbedingungen \u00abD = +17,3 gefunden haben.\nF\u00fcr einen zweiten Versuch verwendeten wir 5 gr. Leucin. Die L\u00f6sung, welche in vier Kolben vertheilt wurde, war etwas concontrirter, als im vorigen Versuch; im Uebrigen waren die Versuchsbedingungen die gleichen. Nach 5 w\u00f6chentlicher Dauer wurde der Versuch unterbrochen. Das in der fr\u00fcher beschriebenen Weise wieder zur Abscheidung gebrachte Leucin war gleichfalls linksdrehend, drehte aber etwas schw\u00e4cher als das im vorigen Versuch gewonnene. Eine Aufl\u00f6sung in SOprocentiger Salzs\u00e4ure, welche in 15 cbcm. 0,75 gr. Substanz enthielt, drehte nur 4\u00b0 nach links. Daraus war zu schliessen, dass demselben noch etwas inaktives Leucin beigemengt war. Um es davon zu befreien, l\u00f6sten wir es unter Zusatz von N\u00e4hrsalzen und von etwas Salmiak wieder in","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"141\n\u25a0 I \u25a0\nWasser und s\u00e4eten in der L\u00f6sung, welche in zwei Kolben vertheilt war, wieder P\u00e9nicillium aus. Letzteres entwickelte *icli aber nur sehr sp\u00e4rlich, obwohl das [Auss\u00e4en der Sporen sp\u00e4ter noch einmal wiederholt wurde *). Auf der Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeit bildeten sich nur ganz vereinzelte Pilz-Rasen. Nach mehr w\u00f6chentlicher Dauer des Versuches wurde das Leucin wieder zur Abscheidung gebracht. Dasselbe zeigte nun ein Drehungsverm\u00f6gen, welches zu der Annahme be- . rechtrgte, dass es ein reines Produkt war. Eine Aufl\u00f6sung desselben in 20procentiger Salzs\u00e4ure, welche in 15 ebem. 0,75 gr. Substanz enthielt, drehte im 200 mm.-Rohr 5\u00b0 S.-V. nach links bei 15\u00b0 G. Daraus berechnet sich \u201co = \u201417,3.\nF\u00fcr die im Vorigen beschriebenen Versuche verwendeten wir das bei der Spaltung des Conglutins durch Barytwasser bei 150\u2014160\u00b0 fr\u00fcher erhaltene inaktive Leucin ; einen dritten Versuch stellten wir mit dem inaktiven Pr\u00e4parat an, welches wir durch Erhitzen des aktiven (bei der Zersetzung des Con-glutins mittelst Salzs\u00e4ure gewonnenen) Leucins mit Barytwasser auf 150 \u2014 160 \u00b0 in der oben beschriebenen Weise, erhielten. Dieser dritte Versuch verlief ebenso wie die anderen ; auch er lieferte ein in salzsaurer L\u00f6sung nach links drehendes\nl) Wenn durch Einwirkung eines Pilzes aus einer optisch unwirk* samen Substanz eine aktive Modifikation erhalten wird; so erkl\u00e4rt mau \u00ablies bekanntlich durch die Annahme, dass von den beiden entgegengesetzt drehenden Componenten der inaktiven Substanz nur der eine f\u00fcr die Ern\u00e4hrung des Pilzes? verwendet wird, w\u00e4hrend der andere, dem Pilze weniger zusagende, \u00fcbrig bleibt. Im Einklang mit dieser- Annahme stellt die oben mitgetheilte Beobachtung, nach welcher in einer schon einmal mit P\u00e9nicillium behandelten Losung, welche vermuthlich nur noch sehr wenig inaktives Leucin enthielt, der genannte Pilz sich nur sehr sp\u00e4rlich entwickelte; das in dieser Fl\u00fcssigkeit vorhandene, in salzsaurer L\u00f6sung linksdrehende Leucin schien dem Pilze nicht zuzusagen..\nEs sei \u00fcbrigens an dieser Stelle darauf aufmerksam gemacht, dass die Leucin- und Glutamins\u00e4ure-Quantit\u00e4ten, welche nach Einwirkung des 1\u2018enicil\u00fcum\u2019s aus den L\u00f6sungen wieder zur Abscheidung gebracht werden konnten, stets betr\u00e4chtlich weniger als die H\u00e4lfte der f\u00fcr den Versuch verwendeten inaktiven Substanzen ausmachten; demnach scheint mehr als die H\u00e4lfte dieser Substanzen vom Pilz aufgenommen zu werden.-","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nLeucin. Eine Aufl\u00f6sung desselben in 20procentiger Salzs\u00e4ure, welche in 15 cbcm. 0,75 gr. Substanz enthielt, drehte im 200 mm.-Rohr 4 0 nach links. Die Drehung war also etwas schw\u00e4cher als bei den anderen Pr\u00e4paraten, was in einer Beimengung von etwas inaktivem Leucin seinen Grund haben kann; vielleicht aber ist die Differenz nur darauf zur\u00fcckzu-f\u00f6hren, dass bei dem zuletzt untersuchten Pr\u00e4parat die genaue Feststellung des Drehungsverm\u00f6gens durch eine F\u00e4rbung, welche die L\u00f6sung zeigte, erschwert war.\nAus den im Vorigen mitgetheilten Versuchsergebnissen ist zu ersehen, dass man das gew\u00f6hnliche, in salzsaurer L\u00f6sung nach rechts drehende Leucin in eine Modification von entgegengesetztem Drehungsverm\u00f6gen umwandeln kann, indem man es zun\u00e4chst in der oben beschriebenen Weise inaktiv\nmacht und sodann der Einwirkung von P\u00e9nicillium glaucum aussetzt.\nDas in den verschiedenen Versuchen gewonnene, in salzsaurer L\u00f6sung nach links drehende Leucin wich in seinem Aussehen vom gew\u00f6hnlichen Leucin nicht ab. Beim Erhitzen im Proberohr verhielt es sich ebenso wie letzteres, ebenso auch beim Erhitzen seiner w\u00e4sserigen L\u00f6sung mit Kupferacetat. Um seine L\u00f6slichkeit in Wasser zu bestimmen, verwendeten wir das in den beiden ersten Versuchen gewonnene Pr\u00e4parat, nachdem dasselbe so oft umkrystallisirt worden war, als die relativ geringe Quantit\u00e4t, in der wir es erhalten hatten, es gestattete. Die Krystalle wurden mit einer zur vollst\u00e4ndigen L\u00f6sung nicht gen\u00fcgenden Menge kalten Wassers unter h\u00e4ufigem Umsch\u00fctteln zwei Tage lang in Ber\u00fchrung gelassen; abgewogene Quantit\u00e4ten der filtrirten L\u00f6sungen wurden sodann in gewogenen Platinsch\u00e4lchen eingedampft, der R\u00fcckstand getrocknet und gewogen. Wir erhielten folgende Resultate:\na)\t9,202 gr. L\u00f6sung (hergestellt hei 18\u00b0) gaben 0,2085 gr. R\u00fcckstand.\nb)\t4,786 gr. L\u00f6sung (hergestellt bei 18\u00b0) gaben 0,1085 gr. R\u00fcckstand.","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"143\nDemnach bedurfte 1 Theil Substanz bei 18\u00b0 43,1 Theile Wasser zur L\u00f6sung. Dieses Ergebniss liegt demjenigen sehr nahe, welches wir bei den L\u00f6slichkeitsversuchen mit reinen Pr\u00e4paraten von gew\u00f6hnlichem Leucin erhielten1). Dass keine absolute Uebereinstimmung stattfindet, kann nicht Wunder nehmen, da ja nach den in der ersten Abhandlung von uns niitgetheilten Versuchen die geringsten Beimengungen die L\u00f6slichkeit des Leucins ver\u00e4ndern.\nWir gehen zur Mittheilung der Resultate \u00fcber, welche in den mit Glutamins\u00e4ure angestellten Versuchen erhalten wurden. F\u00fcr den ersten dieser Versuche verwendeten wir\nV\nca. 0 gr. Glutamins\u00e4ure, welche in mehrere Kolben vertheilt wurde. Die nach 0 w\u00f6chentlicher Versuchsdauer wieder ab-scheidbare Glutamins\u00e4ure-Quantit\u00e4t betrug ca. 1,3 gr. Dieselbe erwies sich in salzsaurer L\u00f6sung als links dreh end (w\u00e4hrend die gew\u00f6hnliche Glutamins\u00e4ure unter gleichen Umst\u00e4nden rechtsdrehend ist), und zwar drehte eine Aufl\u00f6sung in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure, welche in 15 cbcm. 0,7 gr. Glutamin-' s\u00e4ure und 1,20 gr. HCl enthielt, im 200 mm.-Rohr. 9\u00b0. nach links.\nF\u00fcr einen zweiten Versuch wurden ca. 5 gr. inaktive Glutamins\u00e4ure verwendet. Die Pilze, welche sich in diesem Falle auf der Oberfl\u00e4che der Fl\u00fcssigkeit entwickelten, zeigten nicht ganz das gew\u00f6hnliche Aussehen des P\u00e9nicilliums. Das Resultat war aber das gleiche wie im fr\u00fcheren Versuch; es war linksdrehende Glutamins\u00e4ure entstanden. Eine Aufl\u00f6sung derselben in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure, welche in 15 cbcm. 0,75 gr, Glutamins\u00e4ure und 1,8 gr. HCl enthielt, drehte im 200 mm.-Rohr 9,3\u00b0 nach links.\nDie in diesen beiden Versuchen erhaltenen Glutamins\u00e4ure-Pr\u00e4parate wurden nun vereinigt, noch einmal um-krystallisirt und sodann wieder auf ihr Drehungsv.erm\u00f6gen untersucht. Es ergab sich folgendes Resultat: Eine Aufl\u00f6sung in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure, welche in 20 cbcm. 1,0 gr. Glutamins\u00e4ure und 1,8 gr. HCl enthielt, drehte im 200 mtn\u2019.-Rohr 9,0* nach links (bei 19\u00b0 C.). Daraus berechnet sich \u00ab\u00df = \u201431,1.\n*) M. vgl. diese Zeitschrift, Bd. 9, S. \u2018255.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"*\n144\nF\u00fcr ein aus Glutamin dargestelltes Pr\u00e4parat der gew\u00f6hnlichen. Glutamins\u00e4ure haben wir unter den gleichen Versuchs-bedingungen = +31,1, f\u00fcr mehrere aus Eiweissstoflen dargestellte Pr\u00e4parate im Mittel \u00bbD = +31,G gefunden. Demnach drehte die durch Einwirkung von P\u00e9nicillium auf das inaktive Pr\u00e4parat erhaltene Glutamins\u00e4ure nach dem Um-krystallisiren sehr ann\u00e4hernd ebenso viel nach links, wie die gew\u00f6hnliche Glutamins\u00e4ure (im Mittel) nach rechts.\nEs sei darauf aufmerksam gemacht, dass die beiden Pr\u00e4parate, welche f\u00fcr die Gewinnung der zum letzten Versuch verwendeten Substanz vereinigt und dann umkrystallisirt wurden, im Polarisationsapparat etwas st\u00e4rker drehten, als die gereinigte Substanz; f\u00fcr das eine dieser Pr\u00e4parate berechnet sich aD == \u2014 33,3, f\u00fcr das- zweite =\u2018\u201432,2. Falls diese Difleienz nicht etwa auf kleine Beobachtungsfehler zur\u00fcck-/uf\u00fchren ist, so m\u00fcsste inan sie wohl durch die Annahme erkl\u00e4ren, dass den letztgenannten Pr\u00e4paraten noch Unreinigkeiten anhafteten, welche das Resultat beeinflussten ; auf das Ergebniss der einen Bestimmung kann vielleicht auch der Umstand von Einfluss gewesen sein, dass der betreffenden L\u00f6sung aus Versehen etwas mehr Salzs\u00e4ure zugef\u00fcgt worden war, wie den f\u00fcr die \u00fcbrigen Versuche verwendeten L\u00f6sungen.\nIm Aussehen wich die linksdrehende Glutamins\u00e4ure nicht von der gew\u00f6hnlichen ab ; sie krystallisirte (nach der Abscheidung aus dem Kupfersalz) in kleinen Bl\u00e4ttchen. Ihre Salzs\u00e4ure-Verbindung schied sich aus der Aufl\u00f6sung in heisser concentrirter Salzs\u00e4ure in kleinen gl\u00e4nzenden Tafeln aus. Aus einer in der W\u00e4rme mit Kupferoxydhydrat ges\u00e4ttigten w\u00e4sserigen L\u00f6sung der S\u00e4ure schied sich nach dem Erkalten das Kupfersalz als blaues, schweres Krystallpulver aus. Der Kupfergehalt desselben entsprach der Formel C5H7C\u00fc'N04 + 3 HaO, wie die folgenden Zahlen beweisen:\n0,2015 gr. der lufttrockenen Substanz gaben beim Gl\u00fchen (unter Zuleiten von Sauerstoff) 0,0610 gr. CuO.\nBerechnet:\tGefunden:\n(\u2018\"\t24,20,o\t24,12 O'o.","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"145\nBei loO\u00b0 Verlor das Salz 17,KGV oder 2,:> Mol. VVasseV (berechnet 17,78\u00b0.. ) : beim Erhitzen auf 145\u2014150\u00b0 erfolgte aber noch eine weitere Gewichtsabnahme. Von der gew\u00f6hnlichen Glutamins\u00e4ure existiren nach den Angaben von B Uthausen und A. Kupfersalze mit 2, 2 Va und 3 Mol. Krystall-wasscr.\nNach den im Vorigen mitgetheilten Versuchsergebnissen scheinen die in salzsaurer L\u00f6sung nach links drehenden Isomeren, welche durch Einwirkung von P\u00e9nicillium auf das inaktive Leucin und die inaktive Glutamins\u00e4ure entstehen, nur im Drehungsverm\u00f6gen vom gew\u00f6hnlichen Leucin und von der gew\u00f6hnlichen Glutamins\u00e4ure zu differiren, in den \u00fcbrigen Eigenschaften aber mit letzteren \u00fcbereinzustiinmen \u2014 ein Resultat, welches im Hinblick auf die an der Weins\u00e4ure und an der Mandels\u00e4ure fr\u00fcher gemachten Beobachtungen von vornherein erwartet werden konnte.\n<\nZeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie. X.\n10","page":145}],"identifier":"lit16606","issued":"1886","language":"de","pages":"134-145","startpages":"134","title":"Untersuchungen \u00fcber die Amidos\u00e4uren, welche bei der Zersetzung der Eiweissstoffe durch Salzs\u00e4ure und durch Barytwasser entstehen. Zweite Abhandlung","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:24:27.407405+00:00"}