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{"created":"2022-01-31T12:25:57.718969+00:00","id":"lit16623","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Goldschmidt, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 10: 294-298","fulltext":[{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"Anhang I.\nZur Frage : Ist das Speichelferment ein vitales oder chemisches\nFerment?\nVon\nHarald Goldschmidt aus Kopenhagen.\n(Aus den) physiologischen Laboratorium der K\u00f6uigl. Thierarzneischnle zu Dresden-.)\n(Der Redaktion zugegaugeu am 2. M\u00e4rz 18\u00abG.)\nIm Anschluss an die obenerw\u00e4hnten Untersuchungen habe ich zur L\u00f6sung der Frage, ob das diastatische Ferment den vitalen Fermenten angeh\u00f6re, eine Anzahl von Kulturversuchen mit Speichel, Dr\u00fcsenst\u00fccken und Dr\u00fcsenextraden angestellt.\na) Versuche mit Driisenextracten.\nVon einer fein zerkleinerten Sehweineparotis wurden Extrade mi t Glycerin und mit Carbolwasser zubereitet. \u2014 Von den hergestellten Extracten wurden kleine Portionen mit St\u00e4rke in den Brutofen gestellt, uin festzusteilen, ob die Extrade fermenthaltig seien. Da nach 2 Stunden starke Zuckerreaction eingetreten war , und da eine auch bei l in* sch\u00fctteln von einer Mischung von St\u00e4rke und Extract nach wenigen Minuten eintrat, so war damit das Vorhandensein wirksamer Fermente in wirksamer Menge dargethan. Um zu erkennen, oh es belebter Natur sei, wurden nach Koch\u2019s* Methode Kulturversuche mit festem N\u00e4hrboden angestellt, nachdem vorher eine mikroskopische Untersuchung des Extrades vorgenommen worden war. Zu den Kulturversuchen wurde Fleisch-wasserpepton-Gelatine benutzt. Dieselbe wurde mit Drilsenextract bereitet und davon :1 Platten nach Vorschrift gegossen. Die Platten standen in feuchten Kammern eingeschlossen bei Zimmertemperatur. Zur mikroskopischen Untersuchung des Extrades wurden Deckglaspr\u00e4puiate. welche mit Methyl violett, Fuchsin etc. gel\u00e4rbt worden waren, angeforligt-Dieselben wurden mit homogenen Immersionen untersucht. \u2014 Man land eine Menge von verschiedenen Mikroorganismen (Mikrokokken, Bact\u00e9rien und Bacillen).","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"205\nAuf den mit Extract bereiteten Platten hatten sich nach 3 Tagen mehrere verschiedene Kolonien entwickelt. -- Von den einzelnen Kolonien wurden mikroskopische Pr\u00e4parate verfertigt und nach F\u00e4rbung mit Methylviolett oder Fuchsin untersucht.\tJ \u2019\nGleichzeitig wurden Stichkulturen1) in Reagirgl\u00e4sern (mit latine) stimmt Impfungen in frisch zubereiteten Kleister gemacht. \u2014 Im. mikroskopischen Pr\u00e4parate zeigten Mikrokokken, Bact\u00e9rien ml Bacillen, welche den im Extract gefundenen Organismen \u00e4hnlich naivn. Ausserdem fand man noch einen Schimmelpilz, der auf den Platten ' ein sehr feines, durchscheinendes, sternf\u00f6rmiges, die Gelatine iclit verfl\u00fcssigendes Myclium bildete.\nDie Stichkulturen zeichneten sich durch nichts Besonderes aus;\nwuchsen meist in der Tiefe.\nDer Schimmelpilz wuchs sehr langsam, und die einzelnen Kolonien ,t i\u201e Stiche entlang bildeten keine fortlaufende Reihe, sondern zeigten \u2022iili als einzeln liegende, sich nach allen Richtungen ausbreiteinle, h\u00fcbsche, sternf\u00f6rmige Pilzkolonien. Die Sterne waren gegen die Leber* \u00dc\u00e4clie der Gelatine am gr\u00f6ssten, und in einigen F\u00e4llen bildete sich zuerst \u2022 ein compact\u00e9es Centrum, wahrscheinlich aus Pilzsporen bestehend, V,,,, welchem die Ausl\u00e4ufer in allen Richtungen ausgingen. Der von h u Plattenkulturen geimpfte Kleister wurde auf Zucker untersucht. Erst mich r, Tilgen war Zucker in dem Gelasse, welches mit dem Sclihmnel-pil/ geimpft war, vorhanden. Der ganze Versuch wurde mit demselben licViiltat wiederholt.\nIch war bei diesen Versuchen von der Voraussetzung ausgegangen, dass, wenn im Speichel besondere diastatisch wirkende Lebewesen vorhanden waren und wenn sich dieselben ausserhalb des thierischen Organismus entwickeln k\u00f6nnten, diese auf, resp. in der Gelatine, wenn dieselbe ein passender N\u00e4hrboden w\u00e4re, wachsen und grosse Kolonien bilden mussten ; jedenfalls w\u00e4re es anzunehmen, dass eventuell erscheinende Fennentkolonien\u00bb in \u00fcberwiegender Menge gegen etwaige Luft-j,ilze hervortreten m\u00fcssten, und dass Kleister, welcher mit diesen Pilzen geimpft resp. bes\u00e4t w\u00fcrde, zum Theil bald in Zucker \u00fcbergehen m\u00fcsse. Die oben erw\u00e4hnten Versuche gaben indessen in Bezug auf massenhaft vorkommende besondere Pilzkolonien ein negatives Resultat, und der einzige Zucker bildende Pilz r\u00fchrte offenbar von der zu den Extracten frei\nzutretenden unreinen Luft lier.\ni) Ueberall ist das als N\u00e4hrboden benutzte Material lege artis als 4,-iiles Material zubereitet.","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"29G\nl>) Versuche mit Drttsenstttcken.\nMit desinficirten Instrumenten (Messer, Scheere und Pincette) wurden auf m\u00f6glichst ant'septischem Wege kleine St\u00fccke von einer Speicheldr\u00fcse (Parotis vorn Schweine) genommen und rasch in Gl\u00e4ser mit verfl\u00fcssigter Gelatine gebracht. \u2014 Die Iteagirgl\u00e4ser mit der bald erstarrenden Gelatine, in welcher die Dr\u00fcsenst\u00fccke theils an der Oberfl\u00e4che, theils unter derselben sich befanden, wurden bei Zimmertemperatur gestellt und t\u00e4glich beobachtet. \u2014 Nach 5 Tagen ting Luftentwickelung in der Umgebung von einem an der Oberfl\u00e4che der Gelatine befindlichen Drusenst\u00fcck an, was sich durch Blaseuentwickelung in der Gelatine zeigte. Wenige Tage sp\u00e4ter wurde die Gelatine fl\u00fcssig und in eine gelbliche Masse umgewandelt. Gleichzeitig konnte durch den Watten* pfropfen ein \u00fcbler Geruch wahrgenommen werden. Ein \u00e4hnlicher Vorgang lief, wenn auch sp\u00e4ter, in einigen anderen Reagirgl\u00e4sern ab.\nIn einigen Gl\u00e4sern dagegen traten gar keine Ver\u00e4nderungen auf. Die Gelatine blieb starr und klar. Die Dr\u00fcsenst\u00fccke blieben unver\u00e4ndert. Es traten keine Pilzwucherungen in ihrer Umgebung aul. Von der Gelatine mit Wachsthumsvorg\u00e4ngen, resp. Pilzwucherungen, wurden Stichkulturen, mikroskopische Pr\u00e4parate und Impfungen in St\u00e4rke hergestellt.\nIn den mikroskopischen Pr\u00e4paraten fand man Organis-men, welche dem Bacterium termo \u00e4hnlich waren. Die Stichkulturen zeichneten sich dadurch aus, dass sie schnell die Gelatine verfl\u00fcssigten, einen \u00fcblen Geruch entwickelten und eine eigent\u00fcmliche Form hatten-oben sehr breit, beinahe halbkugelf\u00f6rmig, unten viel schm\u00e4ler und abgerundet; die Farbe war hellgr\u00fcn. Bei Impfungen in Kleister wurde letzterer in Zucker umgewandelt.\nEin Dr\u00fcsenst\u00fcck, welches kein Wachsthum zeigte, wurde nach 7 Wochen aus der Gelatine genommen und in ein Glas mit steriler St\u00e4rke gebracht; am n\u00e4chsten Tag hatte es den gr\u00f6ssten Tlieil der St\u00e4rke in Zucker um ge wand eit.\nDieser letztgenannte Versuch best\u00e4tigte meine Vermuthung, da* das Wachsthum in den anderen Gl\u00e4sern durch die Anwesenheit von Lu ft pilzen (wahrscheinlich Bacterium termo, welcher m\u00f6glicher Weise beim Herausnehmen der Dr\u00fcsenst\u00fccke aus der Dr\u00fcse an dieselben gelangt ist) veranlasst worden ist.\n, Dass die St\u00e4rke-Impfungen von diesen Gl\u00e4sern ein positives Resultat gaben, erkl\u00e4rt sich wohl daraus, dass die das Dr\u00fcsenst\u00fcck umgebende verfl\u00fcssigte Gelatine als ein Dr\u00fcsenextract zu betrachten ist.\nDer Versuch wurde wiederholt; das Resultat war dasselbe.\nEs scheint demnach in den Speicheldr\u00fcsen kein vitales Ferment zu sein, welches sich in Gelatine entwickeln k\u00f6nnte.","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"297\nc) Kulturversuchc mit Parotidenspeicliel vom Pferde.\nVon frischem antiseptischein Speichel wurden Plattenkultliren gemacht. Es traten keine Wachsthumserscheinuugen ein.\nEbensowenig hatten Stichkulturen von demselben Speichel positives iicsiiltat. Plattenkulturen von gew\u00f6hnlichem \u2014 nicht autiseptiscli itif-gil'aiigeiiem \u2014 Speichel gaben einige Male positives Resultat, d. h. es bildeten sich auf den Platten sehr kleine, in Masse auftrctende Kolonien, welche von einer runden Form und weisslich-gelber Farbe waren. Nicht jedesmal und nur aut der Original platte traten dieselben jn solchen Massen auf, dass die Gelatine gleichzeitig mit dem Erscheinen der Kolonien verfl\u00fcssigt wurde, ln andern F\u00e4llen und jedesmal auf den Platten I und II1] ldieb die Gelatine fest und die Kolonien, welche h\u00f6chtens 1' ihm. int Durchschnitt waren, -entwickelten sich nicht weiter.\nDie Stichkulturen konnten wegen Mangel an Zeit nicht in gen\u00fcgender Menge gemacht werden.\nV e r d a u ungsvers u c h e (mit Kleister) mit kleinen St\u00fccken von Gelatine, welche mit den erw\u00e4hnten Kolonien besetzt war, gaben positive Resultate,\n(Ein kleines St\u00fcck von einer Hun desubmaxillarisdr\u00fcse\u00bb welches m\u00f6glichst antiseptisch aus der in Alkohol aufbewahrten Dr\u00fcse lici ausgenommen war, und welches erst etwas sterile St\u00e4rke in Zucker um-gewandelt hatte, gelangte in ein mit steriler Gelatine gef\u00fclltes steriles lieagirglas. Nachdem die Gelatine im Brutofen ll\u00fcssig gemacht worden, \"iirde das Reagirglas schr\u00e4g gestellt und die Gelatine \u00e4hgck\u00fchtl. hu Glase \u2014 und besonders in der Umgebung des Dr\u00fcsenst\u00fcckes \u2014 entwickelten sich eine Menge sehr kleiner, den obenerw\u00e4hnten \u00e4hnlicher Kolonien.\nVerdauungsversuche mit einem Theil der diese; Kolonien enthaltenden Gelatine gaben indessen negative Resultate.] - * \u25a0\nEndlich wurden Plattenkulturen gemacht mit einer Mischung von antiseptischem Speichel und steriler St\u00e4rke, welche \u2022 i>t nach l\u00e4ngerer Zeit, und nachdem die Gef\u00e4Sse mehrmals ge\u00f6ffnet worden, Zuckerreaction gegeben hatten. Die Platten waren nach wenigen Tagen mit Schimmelpilzkolonien, welche St\u00e4rke verzuckerten, bedeckt.\nDie ganze (unter c) erw\u00e4hnte Versuchsreihe k\u00f6nnte also, wenn man von den Schimmelpilzen absieht, darauf deuten, dass im Speichel (und in der Speicheldr\u00fcse) unter besondern Verh\u00e4ltnissen ein vitales Ferment vorkomme. *\n1 ) Die Gelatine auf diesen ii Platten war geimpft von resp. Original* platte und Platte I.\t,\nZeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie, X.\t21","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"Die Nalur desselben und die Verh\u00e4ltnisse, unter welchen das Ferment sich entwickeln kann, gehen jedoch aus den Versuchen nicht klar hervor.\nDie im ersten Artikel erw\u00e4hnten Versuche mit Pferd\u00bb-resp. Menschenspeichel, die nach sehr starker Verd\u00fcnnung noch ein in Bezug auf Verzuckerung von St\u00e4rke positives Resultat gaben, scheinen auch auf eine Vermehrungsf\u00e4higkeit des Speichelferments zu deuten.\nBei fernem Untersuchungen wird das Augenmerk darauf zu* richten sein, dass zu den Kulturversuchen ein St\u00e4rkemehl- oder zuckerhaltiger N\u00e4hrboden oder eine dem Blute \u00e4hnliche Masse benutzt werde.\nAls Objecte w\u00fcrden antiseptischer Speichel, antiseplische Dr\u00fcsenextracte und Dr\u00fcsenst\u00fccke zu w\u00e4hlen sein. Bauz besonders aber muss man Objecte w\u00e4hlen, i n denen die lebenden Keime in lebhafter Entwickelung begriffen sind. Dies ist zu vermuthen in Digesliuu>-fl\u00fcssigkeiten, also in steriler St\u00e4rke, welche mit Speichel oder mit antiseptischen Dr\u00fcsenst\u00fccken theilweise verzuckert ist.","page":298}],"identifier":"lit16623","issued":"1886","language":"de","pages":"294-298","startpages":"294","title":"Anhang I. Zur Frage : Ist das Speichelferment ein vitales oder chemisches Ferment?","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:25:57.718974+00:00"}