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{"created":"2022-01-31T16:32:11.753669+00:00","id":"lit16629","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Raske, K.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 10: 336-345","fulltext":[{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"Zur chemischen Kenntniss des Embryo.\nVon\nDr. K. Ranke.\n*v .....-\nI\n(Ann clor chemischen Abtheilung des physiologischen Instituts in Berlin.) (Der Redaktion zugegangen am 11. April 188\u00df.)\nI. Ueber die chemische Zusammensetzung der Gewebsfl\u00fcssigkeit (Lymphe) des Embryo.\nDa die thierischen Gewebe derartig mit Lymphe durchsetzt sind, dass es unm\u00f6glich ist, dieselbe daraus v\u00f6llig zu entfernen, so ist es klar, dass zum vollen Verst\u00e4ndniss der chemischen Zusammensetzung der Gewebe die Kenntniss der Zusammensetzung der Lymphe nothwendig ist. Was f\u00fcr da* erwachsene Thier gilt, hat nat\u00fcrlich auch f\u00fcr den Embryo Geltung, nur scheint bei diesem die Kenntniss der Lymphe noch nothwendiger zu sein. Denn es ist bekannt, dass die embryonalen Organe einen ausserordentlich hohen Wassergehalt haben, welcher auf ihrem hohen Gehalt an Organlymphe beruht. Es d\u00fcrfte indessen auf den ersten Blick sehr schwer erscheinen, embryonale Lymphe in einer f\u00fcr die Untersuchung hinreichenden Menge zu erhalten. Hier kommt uns indessen eine von Kossel gemachte Beobachtung zur Hilfe. Zerkleinert man niimli\u00e7h die Muskeln von frischen Rindsembryonen grob und bringt sie auf ein Colirtuch, so tropft langsam eine schwach r\u00f6thlich gef\u00e4rbte, wenig getr\u00fcbte Fl\u00fcssigkeit ab, und nach etlichen Stunden hat sich in dem darunter gestellten Gef\u00e4ss eine ansehnliche Menge dieser Fl\u00fcssigkeit angesammelt, die nur durch sehr geringe Qiinn-","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"337\niilitten Blut verunreinigt ist und von den vorhandenen Blut- ... k'irperchen durch Filtration getrennt werden kann.*\nDie Pr\u00e4paration der Muskeln erfordert selbstverst\u00e4ndlich einige Sorgfalt, insbesondere sind die gr\u00f6sseren Blutgef\u00e4sse, auch die inneren Organe zu vermeiden.\n4 4\nDiese Fl\u00fcssigkeit bin ich geneigt f\u00fcr Lymphe zu halten.\nSie zeigt jedoch den auff\u00e4lligen Unterschied von der Lymphe \u2022 erwachsener Individuen, dass sie nicht spontan gerinnt, auch dann nicht, wenn sie mit Blut gemischt ist. Indessen k\u00f6nnte man annehmen, dass die Ljmphe in den Organen selbst nach dem Tode geronnen sei, und dass die austretende Fl\u00fcssigkeit nur das Lymphserum darstellt. Die Vermuthung l\u00e4sst sich jedenfalls nicht ganz von der Hand weisen, dass die erhaltene Fl\u00fcssigkeit eine gewisse Quantit\u00e4t Blutserum enth\u00e4lt. Eine bestimmte Entscheidung \u00fcber die Natur dieser Fl\u00fcssigkeit zu f\u00e4llen, will ich unterlassen. So viel aber ist gewiss, dass es eine die embryonalen Gewebe durchsetzende Fl\u00fcssigkeit ist, deren Kenntniss von nicht unerheblichem Interesse sein d\u00fcrfte. Diese \u00ab Lymphe * habe ich nach dem Vorschl\u00e4ge des Herrn Dr. Kossel in der chemischen Abtheilung des physiologischen Instituts zu Berlin untersucht.\nZu einer Untersuchung wurde die Lymphe mehrerer Individuen von 20\u201460 cm. L\u00e4nge vereinigt.\nEs wurde das spezifische Gewicht der Lymphe in einem Falle zu 1,021, im zweiten Falle zu 1,024 bestimmt.\nSodann wurden zwei quantitative Analysen ausgef\u00fchrt, im Wesentlichen nach der von Hoppe-Sey 1er ^ angegebenen Methode zur Bestimmung der Eiweissstoffe, Extraktiv-dofle, Fette und Salze in ser\u00f6sen Fl\u00fcssigkeiten. Die hierbei , erhaltenen Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.\t\u25a0 -\n*) Hoppe-Se y 1er, Handbuch der physiologisch- und patho-Ineisch-chemischen Analyse, 5. Aufl., S 423.","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\ny\n\t\tIn 100 Th eilen.\t\n\t\tI.\tII.\nWasser\t\t\t94,308\t9 t,489\nFesto Stoffe ....\t\t3.002\t3.511\nAlhnmin. . .\t. .\t\t1972\t1,9* a\nIn Wasser l\u00f6slielie Extraktivstoffe\t\t1,23 r,\t2,054\nIn Alkohol l\u00f6sliche Extraktivstoffe .\t\t1 .. 0.07.\u00bb !\t0.062\nCholestearin ..... Fett\t\t\u2022\t\t0.011\nLecithin\t\t\t\tn.ooo\nL\u00f6sliche Salze. \t\t\t\tn,fil3\t0,720\nI\u2019nl\u00f6sliche Salze\t\t\t0,107\tO.040\nln jedem Falle wurde ausserdem eine spezielle Bestimnnnr\t\t\t\nder Trockensubstanz ausgef\u00fchrt.\tDieselbe ergab\t\t\u2022 \u2022\n\t\tIn 100 Tin* il en.\t\n\t\t1.\tII.\nWasser\t\t. J\t94,\u00ab5\t94.277\nFeste Stoffe\t\t\t\t5,723\nlin Anschluss an die quantitativen Analysen wurden folgende qualitative Versuche angestellt:\nBeim Verd\u00fcnnen der Lymphe mit einer gr\u00f6sseren Menge. Wasser entstand ein geringer Niederschlag, ebenso bei Zusatz, einiger Tropfen Essigs\u00e4ure.\nEin in derselben Weise, wie bei der quantitativen Untersuchung, dargeslelltes w\u00e4ssriges Extrakt zeigte keine Peptonreaktion.\nBei der Bestimmung der Coagulationstemperatur traten bei 54\u00b0 geringe Flocken auf, bei 04\u00b0 wurde die Fl\u00fcssigkeit tr\u00fcbe und undurchsichtig.\nDurch Eintr\u00e4gen von Kochsalz in die Lymphe wurde ein flockiger Niederschlag hervorgerufen, welcher in 10% Chlorammoniuml\u00f6sung l\u00f6slich war.\nHiernach muss man annehmen, dass geringe Mengen von Globiilinsubstanzen in der Fl\u00fcssigkeit vorhanden waren. {","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Die Coagulation bei (54\u00b0 weist auf die Gegenwart von Serumalbumin bin.\nAlsdann wurde eine gr\u00f6ssere Menge Lymphe erhitzt imd mit basischem Bleiacetat gef\u00e4llt. In der abfiltrirten Fl\u00fcssigkeit wurde das Blei durch Schwefelwasserstoff entfernt. Alsdann wurde das Filtrat mit Quecksilbeinitrat unter gleichzeitiger Neutralisation durch kohlensaures Natron ausgef\u00e4llt.\nDer Niederschlag wurde abfiltrirt, ausgewaschen, in Wasser vertheilt und durch Schwefelwasserstoff zerlegt. Das Schwefel-(luecksilber wurde abfiltrirt und das Filtrat nach dem Verjagen des Schwefelwasserstoffs durch Erhitzen unter Neutralisation durch kohlensauren Kalk eingedampft. Der R\u00fcckstand wurde mit Alkokol extrahirt, der ungel\u00f6st bleibende Theil mit Wasser gekocht. Dies w\u00e4ssrige Extrakt wurde cinge-dampft. Eine Probe des R\u00fcckstandes auf dem Platinbleche * erhitzt, gab den Geruch nach verbrennender stickstoffhaltiger Substanz und hinterliess nur eine sehr geringe Menge Asche. Der R\u00fcckstand wurde alsdann in Ammoniak gel\u00f6st und mit Silbernitrat versetzt. Hierbei entstand ein gallertiger Niederschlag. Derselbe wurde in Salpeters\u00e4ure vom. spezifischen Gewicht 1,1 unter Erw\u00e4rmen gel\u00f6st. Beim langsamen Erkalten entstand ein weisser Niederschlag, der unter dem Mikroskop nadelf\u00f6rmige in B\u00fcscheln und Sternen angeordnete Krystalle zeigte. Eine genaue Bestimmung derselben konnte ihrer geringen Menge wegen nicht ausgef\u00fchrt werden. Indes? zeigen die Reaktionen, dass der gr\u00f6ssere Theil des R\u00fcckstandes aus Adenin oder Hypoxanthin bestand. Die Gegenwart von Guanin ist wegen der L\u00f6slichkeit in. w\u00e4ssrigem Ammoniak unwahrscheinlich, die von Xanthin durch das Verhalten der Silberverbindung gegen Salpeters\u00e4ure ausgeschlossen.\n__ > ...\nDas vorhin durch Extraktion mit Alkohol erhaltene\nFiltrat wurde eingedampft, mit einer frisch bereiteten L\u00f6sung von krystallisirtem essigsaurem Quecksilberoxyd\u2019) gef\u00e4llt,\ni) Harnstoff wird, wie neuerdings im hiesigen Laboratorium ange- . -teilte Versuche gezeigt haben, durch essigsaures Quecksillter quantitativ gef\u00e4llt.","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nr\nfiltrirt, der R\u00fcckstand in Wasser vertheilt, mit Schwefelwasserstoff behandelt, das Schwefelquecksilber abfiltrirt und das Filtrat eingedampft. Beim Eindampfen blieb eine Masse, zur\u00fcck, die keine Harnstoffkrystalle erkennen liess, auch auf Zusatz von Salpeters\u00e4ure keine auf Harnstoff zu beziehende Abscheidung gab. Die Masse gab ein gut krystallisirendes salzsaures Salz und war anscheinend eine einheitliche. Dieselbe gab die oben erw\u00e4hnte Reaktion mit ammoniakalischcr Silberl\u00f6sung und war demnach entweder Adenin oder Hypoxanthin.\nII. Ueber die chemische Zusammensetzung des embryonalen\nGehirns.\nDie Angaben, welche wir in der Litteratur \u00fcber di\u00ab* chemische Zusammensetzung des embryonalen Gehirns finden, sind \u00e4usserst sp\u00e4rlich, v. Bibra und Schlossberger sind die Einzigen, die sich genauer damit besch\u00e4ftigt haben.\nv. Bibra1) kommt dabei zu dem Resultate, dass im Vergleich zum erwachsenen Individuum beim Foetus der \u00abFettgehalt\u00bb2) ein ganz geringer ist, dass der Wassergehalt ein gr\u00f6sserer und der Gehalt an festen albumin\u00f6sen Bestand-theilen ein geringerer ist.\nSch loss b er ge r3) macht bereits darauf aufmerksam, dass ein Unterschied zwischen grauer und weisser Substanz beim Embryo nicht wahrzunehmen ist.\nIch habe mich bei meinen Analysen der Gehirne von Rinderembryonen nicht darauf beschr\u00e4nkt, wie (die beiden oben genannten Forscher es gethan haben, Wasser, Acthor-extrakt und die \u00fcbrigen festen Thcile zu bestimmen, sondern\n*) v. Bibra, vergl. Untersuchungen \u00fcber d. Gehirn d. Merechm u. d. Wirbelthiere, Mannheim 1854.\n*) Unter \u00abFett* sind hier .alle in Aether l\u00f6slichen Substanzen, im Wesentlichen Lecithin und Cholestearin zu verstehen.\n3) Schlossberger, Erster Versuch einer allgemeinen und vergleichenden Thiercbemie. Leipzig 1858.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"341\nich habe mich bem\u00fcht, die Menge der Eiweissstoffe, des Chdlestearin, Lecithin, Cerebrin, der Salze etc, festzustellen..\nBevor ich die Resultate der quantitativen Analyse an-f\u00fchre, scheint es mir zweckmassig, eine qualitative Unter-siuhung zu erw\u00e4hnen, welche entscheidend f\u00fcr die sp\u00e4ter angewandte Untersuchungsmethode wurde,\nIch beabsichtigte zun\u00e4chst die Untersuchung des embryonalen Gehirns nach der von Petrowsky*) f\u00fcr das (icliirn von Erwachsenen angewandten Methode anzustellen. Zu dem Zweck wurde die gut zerriebene Gehirnmasse eines \u2666 a. \u00db0 cm. langen Rinderembryo in der K\u00e4lte mit Alkohol mul Aether ersch\u00f6pft, dann zur Aufnahme des Gerebrin mit \u25a0heissein, absolutem Alkohol ausgezogen und heiss filtrirl. Beim Erkalten des Filtrats h\u00e4tte sich das Cerebrin ausscheiden m\u00fcssen. Dies geschah aber nicht, sondern die Fl\u00fcssigkeit Mich vollkommen klar. Dies wurde dreimal mit demselben lU'sultate versucht. Um noch eventuelle Spuren Von Cerebrin \u25a0zu finden, wurde in einem Falle der Alkohol bis auf ein \\ ici tel verdunstet. Reim Erkalten schied sich eine sehr geringe Quantit\u00e4t eines feinen weissen Pulvers aus, welches aDfiltrirt wurde. Dasselbe br\u00e4unte sich beim Trocknen und klebte fest an das Filter an. Das Filter W\u00fcrde nun mit absolutem Alkohol ausgekocht und filtrirt, der beim Eindampfen des Filtrats erhaltene R\u00fcckstand wurde in concentrator Schwefels\u00e4ure gel\u00f6st, in kochendes Wasser gegossen mul mit demselben einige Zeit erw\u00e4rmt. Durch dies Verfahren wird bekanntlich das Cerebrin unter Abspaltung einer ivdiicirenden Verbindung zersetzt, welche sich in der Fl\u00fcssigkeit durch Natronlauge und Kupfersulfat na\u00e8hweisen l\u00e4sst. Ba aber von-einer solchen Reduktion nicht die geringste tyur wahrzunehmen war, so ist also im embryonalen Gehirn k' in Gerebrin enthalten.\nDa ich hierdurch der M\u00fche \u00fcberhoben war, bei:-der quantitativen Untersuchung des Gehirns auf das Gerebrin \"1er auf das Protagon, die Muttersubstanz des Cerebrin, b\u00e9-\n11 Archiv f\u00fcr d. ges. Physiologie. Bd. VII, S. 307.","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342\nsonders R\u00fccksicht zu nehmen, so habe ich es vorgezogen, die Analysen im Wesentlichen in derselben Weise anzustellen wie es bei der Lymphe geschehen war.\nIn der folgenden Tabelle sind die auf diese Weise erhaltenen Resultate zusammengestellt.\n\tI.\tII.\n.; : \u25a0\tL\u00e4nge des Embryo\tL\u00e4nge des Ernbno\n.. \u2022; \u2022'\u25a0\t\u25a0 \u25a0'\u25a0\u25a0\u2022 V :\t02 cm. i.\t08 cm.\n>./j \u2022 J\tin 100 Theilen,\t\nWasser\t' . . i\t00,800\t90,977\nSumme der festen Bestandteile.\t9,194\t9,023\nEiweisssubstanzen\t\t\t4,153\t4.15\u00bb;\nIn Alkohol l\u00f6sl. Extraktivstoffe .\t0,148\t0,158\nIn Wasser l\u00f6sjj. Extraktivstoffe\t1*,732\t1,570\nCholestearin und Fette .... '!j\t1 ,<>84\t\t1,924\nLecithin ...\t\t\t0,010\t0,315\nL\u00f6sliche Salze\t.\u2022 .\t0,757\t0,74\u00bb!\nUnl\u00f6sliche Salze\t i\t0,110 '\t0,148\nDie Bestimmung der Trockensubstanz hatte ergeben:\t\t\n:\t\u2022 .\tI\t*\u2022\tII.\n1 -\t.\t-V\t|\tL\u00e4nge des Embryo\tL\u00e4nge des Embryo\n\t02 cm.\t68 cm.\n-\tin 100 Theilen.\t\nWasser\t\t\t .\t90,75\t90,99\nFeste Substanz\t ! .\t'\ti\t9,25\t9,01\nDiese Zahlen sind wegen des hohen Wassergehaltes des embryonalen Gehirns, der im Wesentlichen auf Lymphe zu beziehen ist, mit den von Petrowsky f\u00fcr das Gehirn des erwachsenen Rindes gefundenen Werthen nicht direkt vergleichbar. Berechnet man die obigen Zahlen in Procenten der trockenen Substanz, so ergeben sich wichtige Anhaltspunkte f\u00fcr den Vergleich mit der grauen Substanz des ausgewachsenen Gehirns.","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"343\n. I\nln der folgenden Tabelle sind die von mir gefundenen Zahlen denen Petrowsky\u2019s gegen\u00fcbergestellt.\n\tHindereinbryo. jj Erwachsenes Rind.\t\t\t\n\tI. |\tll\tGraue . Substanz.\tWeisse Substanz.\nFeste-Substanz\t\t100\t10(1\t! : loo\t10O\nEiweiss . . . . . . .. .\t45,1070\t46,0560\t55,3733\t24,7252\nLecithin\t\t6,6331\t3,4923\t| 17,2402\t9,9045-\nC.holestearin\t\t18,3154\t21,3225\t18,6845\t51,9088\nCerebri ii\t\t \u2022.\t!\tJ\t\u2014\u25a0\t0,5331\t9,5472\nExtraktivstoffe\t\t20,4536\t19,2220\t6.7135\t3,3421\nSalze .\t.\t\t\t\t0,4302\t0,0058\t1,4552\t0,5719\ni\nDie von mir f\u00fcr das embryonale Gehirn gefundenen Zahlen stimmen mit Ausnahme des Lecithins mit den f\u00fcr die .raue bubstanz gefundenen ann\u00e4hernd \u00fcberein, speziell f\u00fcr tla> Cliolestearin. Der hohe Cholestearingehalt der weisscn Substanz ist ein typischer und von dem des embryonalen Gehirns durchaus verschieden.\nAVir werden durch die vorliegenden Zahlen an eine wichtige entwickelungsgeschichtliche Thatsache erinnert. Die Markscheiden bestehen bekanntlich erst in sp\u00e4teren Stadien der Entwickelung, ja nach den Untersuchungen von Flechsig zum gr\u00f6ssten Theil erst nach der Geburt des Menschen. Die Markscheiden bilden nicht allein anatomisch, sondern auch chemisch den eigent\u00fcmlichen Charakter der weissen Substanz. Das embryonale Gehirn, welches dieser eigenth\u00fciiilichen Apparate entbehrt, steht auch chemisch der grauen Substanz sehr nahe. Es ist bekanntlich sehr schwierig, aus dem Gehirn des er- \u2022 wachsenen Individuums graue Substanz in einer f\u00fcr die Analyse geeigneten Reinheit zu gewinnen, in viel h\u00f6herem Grade d\u00fcrfte das f\u00fcr meine Versuche verwandte embryonale nerv\u00f6se Ccntralorgan frei von weisser Substanz sein. Freilich tritt hier eine Verunreinigung ein, die bei dem ausgewachsenen Digan fehlt oder wenigstens lange nicht so erheblich ist. Das ist die mit Lymphe. Die Gr\u00f6sse dieses Fehlers ist aher","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\nzu \u00fcberblicken, da ich in dem ersten Abschnitt meiner Arbeit Analysen der Lymphe mitgetheilt habe.\nAus den Untersuchungen Witkow ski\u2019s1) geht hei vor, dass das embryonale Gehirn kein Neurokeratin enth\u00e4lt, und dass das Auftreten des Neurokeratins in dem Maasse erfolgt, wie sich das Nervenmark entwickelt.\nIn meinen Untersuchungen ergiebt sich ein analoger Fall f\u00fcr das Cerebrin oder f\u00fcr die Muttersubstanz des Cerebrins, das Protagon. Der Cerebringehalt der weissen Substanz des erwachsenen Gehirns ist ein betr\u00e4chtlicher, der der grauen Substanz ein geringer. Wir d\u00fcrfen uns wohl der Vermuthung Hoppe-Seyler\u2019s anschliessen, welcher annimmt, dass der geringe Cerebringehalt, welcher von Petrowsky in ck grauen Substanz gefunden wurde, auf die nicht zu vermeidende Beimengung von markhaltigen Fasern zu beziehen ist und dass das Cerebrin demnach ein charakteristischer Bestand-theil des Nervenmarks ist. Meine Untersuchungen lia bei, gezeigt, dass auch dieser Stoff dem embryonalen nerv\u00f6sen Centralorgan fehlt, dass somit auch in diesem Punkte eine vollkommene Analogie zwischen dem embryonalen Gehirn j und der grauen Substanz besieht.\nAbweichend ist indess das Verhalten der Extraktivstoffe, des Lecithins und der Salze. Was die Extraktivstoffe anbe-triffl , so ist zu bemerken, dass Petrowsky kein Wasserextrakt dargeslellt hat; die von mir bestimmten in Wasser l\u00f6slichen Extraktivstoffe sind bei ihm von den Eiweissstoffen nicht getrennt worden. Zieht man dies in Erw\u00e4gung, so ist die Differenz zwischen der Menge der Extraktivstoffe im embryonalen Gehirn und in der grauen Substanz nicht so auffallend, die Menge der Eiweisssubstanzen stimmt aber noch besser \u00fcberein.\nDer Gehalt des embryonalen Gehirns an Lecithin ist ein geringer, w\u00e4hrend die graue Substanz sehr reich an Lecithin ist, viel reicher als die weisse. Es muss weiteren Untersuchungen Vorbehalten bleiben, ob wir es hier mit einer\n*) Archiv f\u00fcr Psychiatrie, Bd. XIV, Heft 1.","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"345\neigenth\u00fcmlichen Ausbildung der zeilig-nerv\u00f6sen Elemente zu thun haben, durch welche diese reich an Lecithin werden und welche erst mit der sp\u00e4teren Entwickelung des Gehirns eintritt.\nF\u00fcr die Salze muss jedenfalls der hohe Gehalt des embryonalen Gehirns an der aschereichen Lymphe in Betracht gezogen werden.\nZum Schluss erf\u00fclle ich die angenehme Pflicht, Herrn Dr. Kos sei f\u00fcr die mannigfache Hilfe, die er mir bei dieser Arbeit hat zu Theil werden lassen, auch an. dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.\nZeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie, X.\n24","page":345}],"identifier":"lit16629","issued":"1886","language":"de","pages":"336-345","startpages":"336","title":"Zur chemischen Kenntniss des Embryo","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:32:11.753675+00:00"}