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{"created":"2022-01-31T12:39:44.297392+00:00","id":"lit16636","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Demant, B.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 10: 441-452","fulltext":[{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"lieber den Einfluss des Strychnin und Curare auf den Glycogon-gehalt der Leber und der Muskeln.\nVon\nDr. \u00ab. Demant.\n(Ans dem Laboratorium des Herrn Professor 13. v. Anrep in Charkow.; (Der Redaktion zugegangen am 5. Ju 1 i 1880.;\nIn der umfangreichen Literatur \u00fcber Glycogen finden wir sehr wenige Angaben \u00fcber das Verhalten dieses Kohlehydrats in thierischen Geweben bei Vergiftungen, obschon derartige Versuche, unserer Meinung nach, zur Aufkl\u00e4rung der Frage \u00fcber die Bedeutung des Glycogens f\u00fcr den Organismus im Allgemeinen und speciell f\u00fcr die Pathologie und Therapie des Diabetes beitragen k\u00f6nnten. Aus den Versuchen von Saikowsky1) und Konkof'f2) ist uns zwar bekannt, iass durch Arsenvergiftung das ganze I\u00e4 . coger z\nSchwinden gebracht werden kan 1, c das b der..........-\ngifteten Thieren der Bernard*sehe Z ekerstic c r D v e hervorznrafen vermag. . ?rnei .\t%\t.\nKonkoff hervor, lass nach subc en I ec.........m .\nv","page":441},{"file":"p0442.txt","language":"de","ocr_de":". 442\nman anzunehmen pflegt. Was die Wirkung der Alcaloide auf den Glycogengehalt betrifft, so finden wir in der Literatur gar keine Angaben, abgesehen vom Curare.\nDeshalb stellte ich auf Veranlassung des Prof. B. v. Anrep die folgenden Untersuchungen an. Ich bestimmte bei meinen Versuchen den Glycogengehalt der Leber und der Muskeln bei Strychnin- und Curare-Vergiftung. Als Versuchsthiere dienten Kaninchen und neugeborene Hunde, deren (Hunde) Alter genau bekannt war, da sie im Laboratorium zur Welt kamen. Ich benutzte gern neugeborene Hunde, da \u00fcberhaupt die Angaben \u00fcber den Glycogengehalt der Leber bei den betreffenden Thieren noch ziemlich widersprechend sind.\nDer Gang der Untersuchungen wrar folgender : Es wurden zwei Thiere von m\u00f6glichst gleichem K\u00f6rpergewicht ausgesucht, in dieselben Verh\u00e4ltnisse gestellt; dann wurde ein Thier get\u00f6dtet, gew\u00f6hnlich durch Verblutung, das andere \u2014 der Wirkung des Giftes unterworfen. Ausf\u00fchrlich sind die Versuche in den unten beigelegten Protocollen beschrieben. Unmittelbar nach dem Tode des Thieres wurde die Leber herausgenommen und, nach Entfernung der Gallenblase, in einer Schale, deren Gewicht schon fr\u00fcher bestimmt war, gewogen. Dann wurde die Leber m\u00f6glichst fein zerhackt, mit einer Scheere mehrere Male geschnitten, und in kleinen Portionen in kochendes destillirtes Wasser eingetragen, wobei stets darauf geachtet wurde, dass das Wasser zu kochen nicht aufh\u00f6re. Dann wurden die Muskeln der Hinterl\u00e4ufe ausgeschnitten, gewogen, m\u00f6glichst fein zerhackt, zerschnitten und dann in siedendes Wasser eingetragen. Die Organe wurden 15 Minuten gekocht, dann die Decocte abgegossen und nun in Porzellan-M\u00f6rsern bis zur breiartigen Gonsistenz zerrieben, was sich sehr leicht nicht nur mit der Leber, sondern auch mit den Muskeln ausf\u00fchren l\u00e4sst. Die zerriebenen Massen wurden mit den fr\u00fcher abgegossenen Decocten vereinigt und nochmals 15 Minuten gekocht. Dann wurde J die Fl\u00fcssigkeit abgegossen, die Organe nochmals zerrieben mit destillirtem Wasser \u00fcbergossen und wieder gekocht; ferner zum dritten Mal zerrieben und dann im Laufe von 4\u20145","page":442},{"file":"p0443.txt","language":"de","ocr_de":"443\nStunden bis zur vollst\u00e4ndigen Ersch\u00f6pfung des Glycogens mit kleinen Portionen Wasser gekocht. Es wurde so lange gekocht, bis die letzten Decocte ganz klar waren. Um Irrth\u00fcmer zu vermeiden, habe ich immer die Organe des vergifteten und Gontrolthieres genau dieselbe Zeit lang gekocht. Es wurde stets beim Kochen darauf geachtet, dass die Reaction neutral sei. Aus den gesammelten Decocten wurde dann das Glycogen nach Br\u00fccke bestimmt.\nIn allen Versuchen wurden die Controlthiere erst dann get\u00f6dtet, nachdem die Organe der vergifteten Thiere schon in der oben angegebenen Weise aufgekocht waren. Deswegen vergingen immer 30\u201445' vom Tode der vergifteten Thiere bis zur T\u00f6dtung der Controlthiere. Im Versuch No. I, wo das Controlthier in Folge einer Verletzung starb, wurde es auch fr\u00fcher in Arbeit genommen.\nVersuche mit Strychnin.\nVersuch No. I.\nEs wurden zwei erwachsene Kaninchen genommen J) :\nKaninchen A. K\u00f6rpergewicht jf 1425 gr.\n\u00bb B.\t\u00bb\t.\t= 1465 \u00bb\nBeiden Thieren wurde nach zweit\u00e4gigem Fasten 20 cbcm. einer 15% L\u00f6sung von Traubenzucker in den Magen eingef\u00fchrt. Die Procedur wurde im Laufe von 6 Stunden 3 mal wiederholt. Bei der dritten Einf\u00fchrung der Zuckerl\u00f6sung wurde dem Kaninchen A die Trachea perforirt, worauf sofort der Tod erfolgte. Dem zweiten Kaninchen (B) wurden nach der Zuckereinf\u00fchrung drei subeutane Injectionen von salpetersaurem Strychnin gemacht, jede Stunde 0,001 gr., im Ganzen 0,003 gr. Unter Erscheinungen von heftigen tetanischen Kr\u00e4mpfen erfolgte der Tod 40' nach der dritten Einspritzung. Der Glycogengehalt war folgender:\n0 Ich nahm f\u00fcr meine Versuche nur solche Kaninchen, die schon einige Zeit im Laboratorium gelebt haben. Als Nahrung erhielten alle Hafer.","page":443},{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"444\nKaninchen B. Strychnin. Kaninchen A. Controlthier.\n\tGewicht der 1 Organe. |\tAbsol. Glycogen- Menge.\t\u00b0[o Gehalt.\tGewicht der Organe.\tAbsol. Glycogen- Menge.\t\u00b0|o Gehalt.\nLeber.\t.\t. Muskeln .\t.\t41 52\tSpuren. do.\tSpuren. do.\t38 Nicht bestimmt.\t0,696 Nicht bestimmt.\t1,831 Nicht bestimmt.\nDie Leber wurde 5' nach dem Tode, die Muskeln nach 10' in kochendes Wasser gebracht.\nVersuch No. II.\nZwei erwachsene Kaninchen wurden nach 24 st\u00e4ndiger Carenz in Arbeit genommen. Kaninchen A, K\u00f6rpergewicht = 1385 (Gontrolthier) ; Kaninchen B, K\u00f6rpergewicht = 1475. Kaninchen B wurden drei subcutane lnjectionen von Strychnin gemacht: die ersten zwei zu je 0,001, die dritte 0,0015. Im Ganzen wurde im Laufe von 3 Stunden 0,0035 injicirt. Im Laufe der ganzen Zeit wurden heftige tetanische Kr\u00e4mpfe beobachtet. Der Tod erfolgte nach 3 Stunden 12' vom Beginn der Vergiftung unter Erscheinungen von heftigem Tetanus. Das Gontrolthier wurde durch Verblutung get\u00f6dtet. Die Lebern wurden 5' nach dem Tode, die Muskeln nach 10' in siedendes Wasser gebracht. Glycogen gefunden:\nKaninchen B. Strychnin. Kaninchen A. Gontrolthier.\n\tj Gewicht der Organe.\tAbsol. Glycogen- Menge.\t\u00b0i0 Gehalt.\tGewicht der Organe.\tAbsol. \u25a0 Glyccigen- Menge.\t1 \u00b0lo I Gehalt.\nLeber.\t.\t\u2022 1 Muskeln .\t. !\t39 47\tSpuren. do.\tSpuren. do.\t30 49\t0,592 0,070\t1,973 0,143\nVersuch No. III.\nZwei erwachsene Kaninchen wurden 24st\u00e4ndiger Garenz ausgesetzt. Kaninchen A, K\u00f6rpergewicht = 1450; Kaninchen B, K\u00f6rpergewicht = 1467. Kaninchen B wurden im Laufe von 2 Stunden 2 Milligr. Strychnin eingespritzt, der Tod erfolgte nach heftigem Tetanus. Kaninchen A wurde durch Ver-","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"445\nblutung get\u00f6dtet. Die Lebern wurden 5' nach dem Tode in siedendes Wasser gebracht; die Muskeln B nach 10% Muskeln A nach 15'. Glycogen gefunden:\nKaninchen B. Strychnin. Kaninchen A. Controlthier.\n\tGewicht der Organe.\tAbsol. Glycogen-j Menge.\t1 \u00b0lo I Gehalt\tGewicht der Organe.\tAbsol. | Glycogen-| Menge.\t\u00b0/o 1 Gehalt.\nLeber .\t. I 35\t0,036\t0,103\t42\t0,910\t2,167\nMuskeln .\t39\tSpuren.\tSpuren.\t44\t0,052\t0,118\nVersuch No. IV.\nEin erwachsenes Kaninchen wurde M-st\u00fcndiger Carenz ausgesetzt. K\u00f6rpergewicht 1165. Es wurde dem Thier 0,002 Strychnin subcutan injicirt ; 5' darauf erfolgte der Tod nach sehr heftigem Tetanus, der fast unmittelbar nach der Einspritzung sich einstellte. Glycogen gefunden:\nI\tGewicht der Organe.\tAbsol. Glycogen-! Menge.\t\u00b0jo Gehalt.\nLeber . .\t.\t. 1\t35\t0,154\t0,440\nMuskeln .\t.\t.\t48\t0,032\t0.066\nDie Leber wurde 5' nach dem Tode, die Muskeln nach 10' in siedendes Wasser gebracht.\nVersuch No. V.\nEin erwachsenes Kaninchen wurde 24 st\u00e4ndigem Fasten ausgesetzt. K\u00f6rpergewicht 1357. Es wurde 0,002 Strychnin subcutan injicirt, worauf sehr heftiger Tetanus erfolgte; trotzdem erholte sich das Thier. Dann wurde noch 0,001 injicirt; Tetanus, worauf der Tod erfolgte. Von der Einspritzung bis zum Tode des Thieres vergingen 40 Minuten.\nGewicht der Leber = 40. In siedendes Wasser 5' nach dem Tode eingebracht.\nGewicht der Muskeln = 40. i siedendes Wasser 10' nach dem Tode eingebracht.","page":445},{"file":"p0446.txt","language":"de","ocr_de":"446\nBei der Untersuchung liessen sich in der Leber und in den Muskeln nur unw\u00e4gbare Spuren von Glycogen nachweisen. Ich m\u00f6chte hinzuf\u00fcgen, dass bei allen vergifteten Thieren der Harn auf Zucker untersucht wurde, aber stets erfolglos, trotzdem dass die Reaction zuweilen auch mehrere Male mit demselben Urin wiederholt wurde.\nAus den f\u00fcnf angef\u00fchrten Versuchen ist zu erkennen, dass t\u00f6dtliche Strychnindosen in verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig kurzer Zeit fast das ganze Leber- und Muskelglycogen bei Kaninchen zum Verschwinden bringen, ohne aber Diabetes zu erzeugen. Dieser rasche Glycogenverbrauch ist scheinbar leicht durch die heftigen Strychninkr\u00e4mpfe zu erkl\u00e4ren; interessant ist aber, dass sich trotzdem kein Diabetes einstellL\nNach diesem Befund war es von Interesse zu verfolgen, ob dieser Glycogenverbrauch lediglich nur durch den Tetanus verursacht w\u00e4re, oder ob auch das Strychnin an und f\u00fcr sich dabei betheiligt w\u00e4re. Zu diesem Zwecke stellte ich die zwei folgenden Versuche mit kleinen, nicht t\u00f6dtlichen Strychnindosen an, die keinen Tetanus erzeugten.\nVersuch No. VI.\nZwei junge Kaninchen wurden nach 20 st\u00e4ndigem Fasten in Arbeit genommen. Beide Thiere sind aus demselben Nest. Kaninchen A, K\u00f6rpergewicht = 832; Kaninchen B,-K\u00f6rpergewicht = 887. Kaninchen B wurde im Laufe von l1/* Stunden 0,001 Strychnin in zwei Portionen subcutan injicirt. 1 ^ Stunden nach der zweiten Einspritzung wurde das Thier durch Verblutung get\u00f6dtet. Die ganze Zeit befand sich das Thier augenscheinlich ganz wohl *) ; es wurden gar keine krampfartigen Muskelcontractionen beobachtet. Die Lebern beider Thiere wurden 5' nach dem Tode, die Muskeln 15' in siedendes Wasser gebracht. Der Glycogengehalt war folgender :\ni) Das Thier wurde f\u00fcr die ganze Versuchsdauer in einen dunkeln K\u00e4fig gebracht.","page":446},{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"447\nKaninchen \u00df. Strychnin. Kaninchen A. Controlthier.\ni Gewicht der j Organe.\t\tAbsol. Glyeogen- Menge.\t% Gehalt.\tGewicht der Organe.\tI Absol. Glycogen-Menge.\t\u00b0/o Gehalt.\nLeber.\t.\t28\t0,114\t0,407\t20\t0,420\t2,100\nMuskeln .\t30\tSpuren.\tSpuren.\t30\t0,047\t0,156\nVersuch No. VII.\nZwei neugeborene Hunde, 3 Stunden nach der Geburt, wurden in Arbeit genommen. A : K\u00f6rpergewicht = 390 ; B; K\u00f6rpergewicht = 515. Dem Hunde B wurde im Laufe von 2\u201c Stunden 0,004 Strychnin injicirt, 0,001 jede V2 Stunde. Um Abk\u00fchlung, die nach den Versuchen von K\u00fclz1) den Glycogengehalt der Leber verringert, zu vermeiden, wurden beide Thiere in Llandtiicher eingewickelt und an einem warmen Ofen hingelegt. Trotz der angewandten grossen Strychnindose entstand gar kein Tetanus; es wurden nur von Zeit zu Zeit schwache Muskelcontraetionen, die nicht lange anhielten, beobachtet. Diese Quantit\u00e4t Strychnin, die vollst\u00e4ndig ausreichend ist, um einen erwachsenen Hund zu t\u00f6dten, war noch weit nicht genug, um den neugeborenen Hund zu t\u00f6dten. Dadurch wird auch die interessante Thatsache, dass neugeborene Thiere das Strychnin viel besser als erwachsene vertragen2), best\u00e4tigt. Beide Hunde wurden durch Schlag auf den Kopf get\u00f6dtet; das Controlthier 1/z Stunde sp\u00e4ter, als der Strychnin-Hund. Die Lebern wurden 5' nach dem Tode in kochendes Wasser gebracht. Glycogen gefunden:\nHand B.\nStrychnin.\nI Gewicht der Lebern.\nAbsol. Glyeogen-Menge.\n30\n1,633\nHund A. Gontrolthier .\n22\n2,096\n% Gehalt.\n5,443\n9,527\nIn\nden Muskeln wurde das G\nycogen nicht bestimmt.\n0 Pf'l\u00fcger\u2019s Archiv, Bd. 24, 1881.\n2) Nach P. Bert ist 0,015 Strychnini sulfurici n\u00f6thig, um neugeborene Hunde (8\u201410 Tage alt) zu t\u00f6dten. (Gaz. m\u00e9d de Paris, 1870.)","page":447},{"file":"p0448.txt","language":"de","ocr_de":"448\nAus diesen zwei Versuchen ist ersichtlich, dass Strychnin auch in nicht t\u00f6dtlichen Dosen den Glycogengehalt bedeutend verringerte, trotzdem dass dabei gar keine Con-vulsionen beobachtet wurden. Im Versuch VI wurde der Harn des Strychnin-Kaninchens auf Zucker untersucht, aber wieder mit negativem Resultat. Beim Hunde wurde der Urin nicht untersucht.\nAus den angef\u00fchrten Protocollen geht hervor, dass Strychnin in toxischen Dosen sehr rasch fast vollst\u00e4ndiges Verschwinden des Leber- und Muskelglycogens verursacht; in derselben Weise, obwohl nicht so stark, wirken auch kleine Dosen, die keinen Tetanus hervor-rufen.\nJetzt lasse ich meine Versuche mit Curare folgen. Es war nun von besonderem Interesse, die Wirkung des Curare auf den Glycogengehalt zu verfolgen, da bekanntlich dieses Gift vollst\u00e4ndige Muskelruhe erzeugt und insofern die Thiere in einen ganz anderen Zustand, als das Strychnin, versetzt, Ferner ist bekannt, dass Curare Diabetes erzeugt. Die in der Literatur vorhandenen Angaben \u00fcber die Wirkung des Curare auf den Glycogengehalt sind sehr sp\u00e4rlich. Dock1) fand keine Spur von Glycogen in der Leber nach Einf\u00fchrung von Zucker in den Magen curarisirter Kaninchen, die vordem 3\u20145 Tage gefastet hatten, trotzdem aber schieden die Thiere Zucker im Harn aus; in Folge dessen stellte er auch die Behauptung auf, dass bei Curare-Vergiftung das Muskel-glycogen die Quelle des Zuckers abliefere: \u00abAm n\u00e4chsten scheint es zu liegen, hierbei an die Muskeln zu denken \u00bb, in denen er doch das Glycogen nicht bestimmt hat. Nach Luchsinger2) dagegen erzeugt das Curare keinen Diabetes bei hungernden Thieren. Was den Glycogengehalt der Muskeln bei Curare-Vergiftung anbetrifft, so ist aus der Arbeit von Ab eie s3), meines Wissens nach der einzigen in der Literatur,\n1)\tPfl\u00fcger's Archiv, Bd. V.\n2)\tDiss. Z\u00fcrich, 1875.\n3)\tMedicin. Jahrb\u00fccher, 1877, S. 555.","page":448},{"file":"p0449.txt","language":"de","ocr_de":"449\nzu schliessen, dass das Muskelglycogen sich dabei nicht vermindere. \u00abMit Bestimmtheit geht aus den Versuchen hervor, dass der Gehalt des Muskels an Glycogen unter der Einwirkung von Curare nicht abnimmt \u00bb.\nBei meinen Versuchen bestimmte ich das Glycogen in der Leber und den Muskeln nicht gehungerter Thiere, um zu sehen, was unter dem Einfluss von Curare aus dem Glycogen, welches schon im Organismus vorr\u00e4thig ist, wird. Ausf\u00fchrlich sind die Versuche in den unten angef\u00fchrten Protocollen beschrieben.\nVersuch No. I.\nZwei junge Kaninchen. Kaninchen A, K\u00f6rpergewicht = 345; Kaninchen B = 357. Kaninchen B wurde 0,0075 Curare im Laufe von 3 Va Stunden injicirt. Tod in Folge der Vergiftung Va Stunde nach der letzten Einspritzung. Um Abk\u00fchlung des Thieres zu vermeiden, wurde es in einen Lappen eingewickelt und am warmen Ofen hingelegt. Bei allen curarisirten Thieren wurde in derselben Weise verfahren. Curare wurde stets allm\u00e4hlich eingespritzt, je nach dem Bedarf. Bei vorsichtiger Dosirung des Giftes l\u00e4sst sich sehr leicht vollst\u00e4ndige Paralyse der Extremit\u00e4ten erzeugen, ohne dass dabei die Respirations-Muskeln irgendwie beeinflusst w\u00e4ren, so dass die betreffenden Thiere ganz frei athmen. Kaninchen A wurde durch Verblutung get\u00f6dtet. Die Lebern wurden 5' nach dem Tode, die Muskeln nach 15' in siedendes Wasser gebracht. Glycogen gefunden :\nKaninchen \u00df. Curare. Kaninchen A. Controlthier.\n\tGewicht der Organe.\tAhsol. Glycogen- Menge.\t\u00b0:\u00b0 j Gehalt.\tGewicht der Organe.\tAbsol. Glycogen- Menge.\t\u00b0l 0 Gehalt.\nLeber.\t.\t.\t15\t0,007\t0,047\t16\t0,240\t1,500\nMuskeln .\t.\t19\tSpuren.\tSpuren.\t23\t0,042\t0,182\nDie Untersuchung des Harns des curarisirten Thieres ergab Zuckergehalt desselben.","page":449},{"file":"p0450.txt","language":"de","ocr_de":"450\nVersuch No. IT.\nEinem jungen Kaninchen, dessen K\u00f6rpergewicht 330 gr. betrug, wurde 0,01 Curare im Laufe von 4 Stunden injicirt. Der Tod erfolgte eine Stunde nach der letzten Einspritzung. Die Leber wurde 5' nach dem Tode, die Muskeln nach 15' in kochendes Wasser eingetragen. Glycogen gefunden:\nGewicht der Organe.\t\tAbsol. Glycogen- Menge.\to/o Gehalt.\nLeber .\t. . . 10\t0,027\t0,270\nMuskeln\t, , .\t24\t0,019\t0,079 1\nIm Urin\tliess sich Zucker i\tnachweisen.\t1\nVersuch No. III.\nZwei junge Kaninchen aus einem Nest. Kaninchen A, K\u00f6rpergewicht = 305; Kaninchen B = 360. Kaninchen B wurde 0,006 Curare subcutan injicirt; dann wurde das Thier tracheotomirt und k\u00fcnstliche Athmung im Laufe von 3 Stunden 15' unterhalten. Das Controlthier wurde durch Verblutung get\u00f6dtet. Die Lebern wurden 5' nach dem Tode, die Muskeln nach 15' in kochendes Wasser gebracht. Glycogen gefunden:\nKaninchen B. Curare. Kaninchen A. Controlthier.\n\t| Gewicht der Organe.\tAbsol. Glycogen- Menge\t\u00b0f 0 Gehalt.\tGewicht der Organe.\tAbsol. i Glycogen-1 Mertge.\t\u00b0|o Gehalt.\nLeber. .\t.\t17\t0,017\t0,100\t16\t0,292\t1,825\nMuskeln .\t.\t22\t0,007\t0,032\t20\t0,015\t0,075\nUrin zuckerhaltig.\nVersuch No. IV.\nZwei erwachsene Kaninchen. A: K\u00f6rpergewicht = 1087 ? B = 1250. Kaninchen B wurde 0,005 Curare eingespritzt. Temperatur in Recto unmittelbar nach der Injection gemessen \u2014 39\u00b0. Das Thier ist sehr gut curarisirt; Athmun g fre","page":450},{"file":"p0451.txt","language":"de","ocr_de":"gleichm\u00e4ssig. Das Kaninchen ist in einen Lappen eingewickelt und am warmen Ofen hingelegt. Trotzdem war die Temperatur in Recto eine Stunde sp\u00e4ter 38,5. Nun wurde das Thier, um weitere Abk\u00fchlung zu vermeiden, in einen Schrank, der bis 30\u201432\u00b0 G. erw\u00e4rmt war, gebracht. Der Schrank wird gut ventilirt. Hier stieg die K\u00f6rpertemperatur des Thieres, so dass nach Va Stunde der Thermometer in Recto schon 38,9\u00b0 zeigte. Folgende zwei Messungen, die im Laufe einer Stunde ausgef\u00fchrt wurden, ergaben 39,1\u00b0. Das Kaninchen starb 10' nach der letzten Temperaturmessung. Im Ganzen dauerte die Curare\u00bbVergiftung 2 Stunden 40b Das Controlthier .wurde durch Verblutung get\u00f6dtet. Die Lebern beider Thiere sind 5' nach dem Tode in kochendes Wasser gebracht. Glycogen gefunden :\nKaninchen B. Gar,are.\tKaninchen A. Controlthier.\n\tI Gewicht des Organs.\tAbsol. Glycogen- Menge.\t\u00b0/o Gehalt.\tGewicht des Organs.\tAbsol. Glycogen-1 Menge.\t\u00b0l 0 j Gehalt.\nLeber. .\t.\t57\t0,062\t0,109\t43\t1,206\t2,804\nDer Harn des curarisirten Thieres war zuckerhaltig. In den Muskeln wurde das Glycogen nicht bestimmt. Aus diesem Versuche ist ersichtlich, dass Cur are-Vergiftung, selbst bei vollst\u00e4ndiger Vermeidung von Abk\u00fchlung der betreffenden Thiere, eine starke Verminderung des Leberglycogens verursacht.\nVersuch No. V.\nZwei junge Hunde, 12 Tage alt, ausschliesslich von Muttermilch gen\u00e4hrt, wurden in Arbeit genommen. A: K\u00f6rpergewicht \u2014 1127; B m= 1184. Beide /filiere wurden in ein Tuch eingewickelt und am warmen Ofen hingelegt. Dem Hunde B wurde im Laufe von 4 Stunden 0,01 Curare in 4 Portionen eingespritzt. Tod in Folge der Vergiftung 5 Stunden nach der ersten Injection. Das Controlthier wurde durch Verblutung get\u00f6dtet. Die Lebern wurden 5' nach dem","page":451},{"file":"p0452.txt","language":"de","ocr_de":"Tode der Thiere in kochendes Wasser eingetragen. Glycogen gefunden :\nHund B. Curare.\tHund A. Controlthier.\n\t! Gewicht des Organs.\tAbsol. Glycogen-Menge. |\t\u00b0/o Gehalt.\tGewicht des Organs.\tAbsol. Glycogen- Menge.\t\u00b0/o Gehalt.\nLeber. . .\t| 68\t0\u2018866\t1,273\t50\t1,832\t3,664\nDer Harn wurde nicht untersucht.\nAus den angef\u00fchrten Protocol]en ist zu ersehen, dass Curare-Vergiftung trotz der vollst\u00e4ndigen Muskelruhe, die es verursacht, doch zur raschen Verminderung des Muskel- und Leberglycogens f\u00fchrt. Diese Erscheinung kann weder .durch Abk\u00fchlung der vergifteten Thiere, noch durch Athmungs-beschwerden erkl\u00e4rt werden, da k\u00fcnstliche Athmung und Erw\u00e4rmung das Resultat der Versuche nicht beeinflussten. Irgend welche Erkl\u00e4rung f\u00fcr diese interessante Thatsache anzugeben ist kaum m\u00f6glich, so lange die Wirkung der Alca-loide auf den Thierk\u00f6rper nicht genauer eruirt wird. Das Einzige, was noch f\u00fcr die Aufkl\u00e4rung dieser Glyeogenver-minderung dienen k\u00f6nnte, ist der Diabetes, der bei curarisirten Thieren beobachtet wird. Curare in Folge der Muskelruhe, die es verursacht, f\u00fchrt bekanntlich zur Verlangsamung des Lymphstroms, was, nach Schiff, die Bildung eines Ferments hervorrufen kann, welches das Glycogen spaltet. Es ist \u00fcberhaupt unbekannt, ob man Curare-Ruhe mit dem gew\u00f6hnlichen Ruhezustand vergleichen kann, da die Vergiftung das betreffende Thier in ganz andere Verh\u00e4ltnisse stellt.\nEs w\u00e4re auch m\u00f6glich, dass Curare auf das Protoplasma der Zellen direct einwirkt und in so einer Weise die Glycogenverminderung zu Stande bringt.","page":452}],"identifier":"lit16636","issued":"1886","language":"de","pages":"441-452","startpages":"441","title":"Ueber den Einfluss des Strychnin und Curare auf den Glycogengehalt der Leber und der Muskeln","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:39:44.297397+00:00"}