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{"created":"2022-01-31T12:40:09.261398+00:00","id":"lit16726","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Gilson, E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 12: 585-602","fulltext":[{"file":"p0585.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntniss des Lecithins.\nv\u00ab >n\nEngen Ivilson au< Bette 8t. - Pierre (Belgien).\n(Der Kedaotiou zugegangeu am :i\". Mai lst?8.)\nDas Lecithin, dessen Molek\u00fcl Fetts\u00e4ure, Phosphors\u00e4ure' und Neurin enth\u00e4lt, ist einer der interessantesten in\u2019s Gebiet der physiologischen Chemie geh\u00f6renden K\u00f6rper ; ohne Zweifel kommt ihm eint4 der wichtigsten Rollen in der Chemie des Lebens zu, aber trotz der grossen ihm zukommenden physiologischen Bedeutung ist seine molekulare Constitution noch durchaus nicht nach allen Richtungen sicher festgestelll, Was zweifelsohne den besonderen Schwierigkeiten der Untersuchung zuzuschreiben ist. Zur Zeit haben zwei Ansichten Geltung, die von Diakonow1) und die von Strecker1).\nDiakonow behauptet, dass das Lecithin eine salzartige Verbindung sei und dass darin die Distearinglycerinphosphor-S\u00e4ure mit dem Neurin, welches die Rolle der Base vertritt; verbunden sei. Er kommt zu diesem Schluss, weil erstens das Lecithin durch Behandlung mit Barytwasser zersetzt und in freies Neurin, glycerinphosphorsaures und stearinsaures Barium gespalten w\u00fcrde; zweitens beim Behandeln einer \u00e4therischen Lecithinl\u00f6sung mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure in w\u00e4sseriger L\u00f6sung Neurinsulfat, in \u00e4therischer dagegen Di-\n]) Centralblatt f\u00fcr d. medic. Wissenschaften, 1868. 2) Annal, d. Chem. u. Pharm., 1868.","page":585},{"file":"p0586.txt","language":"de","ocr_de":"1\n58<\u00bb\nstearinglycerinphosphors\u00e4ure, deren Kalisalz krystallisirt und unl\u00f6slich in Alkohol ist, erhalten w\u00fcrden.\nNach Strecker ist- das Lecithin im Gegentheil als eine \u00e4therartige Verbindung anzusehen; das Neurin ist mit der Distearinglycerinphosphors\u00fcure durch das Sauerstoffatom der Hydroxylgruppe verbunden. Strecker folgert dies aus der Reaction mit Platinchlorid, das, zu einer alkoholischen Lecithinl\u00f6sung hinzugef\u00fcgt, einen in Alkohol unl\u00f6slichen, in Aether und Chloroform leicht l\u00f6slichen Niederschlag, welcher seiner Ansicht nach 2 Molek\u00fcle II CI Lecithin und 1 Molek\u00fcl Platinchlorid enth\u00e4lt, hervorruft; das Lecithin verh\u00e4lt sich also wie eine Base. W\u00e4re dasselbe eine salzartige Verbindung, so m\u00fcsste man bei dieser Reaction Neurinplatinchlorid, unl\u00f6slich in Alkohol, Aether und Chloroform, erhalten. Die folgenden Formeln m\u00f6gen die Ansichten beider Forscher veranschaulichen:\nNach Diakonow: |O.COCi:IIt>\nC\u00bbHS |) O.COCj.Hj.\ni\u00b0,\nro, !f,. i (di,),\n\u25a0 fC.IL.OH\nNach Strecker: t O.COCrHr C,H,jO.COC.;H\u201e\nPO\n0\n! OH\nI O.CJI,1 (CHJ, \u00bb\nN (OH).\nEs werfen sich sonach die Fragen auf: Ist das Lecithin als salzartige Verbindung aufzufassen, spielt das Neurin darin die Rolle einer Base, wie Diakonow meinte, oder aber ist es eine \u00e4therartige Verbindung, vertritt das Neurin in derselben die Stelle des Alkohols, wie Strecker annahm?\nNeuerdings hat Hundeshagen nachzuweisen versucht, dass das Lecithin keine salzartige Verbindung sei; er hat das Neurinsalz der Distearinglycerinphosphors\u00e4ure synthetisch dargestellt und gefunden, dass dieser K\u00f6rper zwar dieselbe pro-contische Zusammensetzung, aber keineswegs die Eigenschaften des Lecithins besitzt; also nicht als solches anzusehen ist. Es war daher von Interesse, eine andere Synthese des Lecithins durch Einwirkenlassen von Aethylenoxyd und Trimethyl-\n!","page":586},{"file":"p0587.txt","language":"de","ocr_de":"amin auf die durch Zersetzung des Lecithins zu erhaltende Distearinglycerinphosphors\u00e4ure zu versuchen. Es handelte sich f dieserhalb zun\u00e4chst darum, letztere S\u00e4ure darzustellen. Zu dem Zwecke versuchte ich dieselbe durch Einwirkung verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure auf eine \u00e4therische Lecithinl\u00f6sung zu erhalten. Da bei diesem Verfahren indessen nur sehr geringe Mengen Distearinglycerinphosphors\u00e4ure erhalten wurden, dachte / ich dieselbe durch Zersetzung des Lecithins mittelst verd\u00fcnnter Alkalien zu bekommen ; allein ich machte die Erfahrung, dass so \u00fcberhaupt nicht einmal Spuren der gew\u00fcnschten S\u00e4ure zu erlangen sind. Aus diesen gr\u00fcnden musste ich von der in Aussicht genommenen Synthese abstehen.\nDie folgenden Untersuchungen, welche sich auf die Einwirkung der Schwefels\u00e4ure und der Alkalien auf das Lecithin erstrecken, sollen den Beweis daf\u00fcr liefern, dass das Lecithin keine salzartige Verbindung ist. Bevor ich jedoch das Resultat meiner Untersuchungen mittheile, will ich \u00fcber die zur Darstellung des Lecithins eingeschlagenen Methoden berichten.\nDarstellung des Lecithins.'\nMan sch\u00fcttelt Eigelb geh\u00f6rig mit Aether, l\u00e4sst das Gemenge einige Stunden lang stehen und sich absetzen. Die \u00e4therische stark gelb gef\u00e4rbte L\u00f6sung giesst man alsdann ab. Der in Aether nicht gel\u00f6ste R\u00fcckstand wird wiederum mit Aether behandelt und diese Manipulation so lange wiederholt, bis der Aether nur noch sehr schwach gelbftch gef\u00e4rbt ist. Der so erhaltene R\u00fcckstand wird mit absolutem Alkohol bei 50\u201460\u00b0 digerirt, nun schnell filtrirt und die filtrirte Fl\u00fcssigkeit m\u00f6glichst rasch zur Syrupconsistenz eingedampft. Der eingedampfte R\u00fcckstand wird mit Aether aufgenommen, decantirt, filtrirt und der Aether von dem auf dem Filter gebliebenen R\u00fcckst\u00e4nde abgedampft. Der letztere wird wieder in m\u00f6glichst wenig absolutem Alkohol gel\u00f6st; man filtrirt und bringt die alkoholische Fl\u00fcssigkeit in eine K\u00e4ltemischung (\u20145 bis -15\"). Das Lecithin setzt sich nach einiger Zeit am Boden des Refasses ah: es wird durch Fil-","page":587},{"file":"p0588.txt","language":"de","ocr_de":"Lratiou von der Fl\u00fcssigkeit getrennt und unter der Luftpumpe getrocknet.\nDies ist mit geringer Abweichung das von Diakonow angewandte Verfahren.\nDa aber das Lecithin in Aether l\u00f6slich ist, so ist es begreiflich, dass man bei Befolgung dieser Methode betr\u00e4chtlichen Substanzverlust erleidet; zumal, wenn man ber\u00fccksichtigt, dass, um eine farblose \u00e4therische L\u00f6sung zu erhalten (ganz farblos erh\u00e4lt man sie nie), die Eidotter mit sehr grossen Aethermassen behandelt werden m\u00fcssen. Um diese Verluste und die Umst\u00e4ndlichkeit des Verfahrens zu vermeiden, habe ich eine Darstellungsweise angewandt, welche es gestattet, eine grosse Menge Lecithin aus dem Eindampfungsr\u00fcckstande der \u00e4therischen L\u00f6sung zu extrahiren, und daher viel vorteilhafter ist.\nDer \u00e4therische Auszug der Eidotter wird durch Destillation v\u00f6llig vom Aether getrennt, darauf in Petrol\u00e4ther gel\u00f6st und nun filtrirt. Das in einen Scheidetrichter gebrachte Filtrat wird mit 75\u00b0/,, Alkohol geh\u00f6rig gesch\u00fcttelt, worauf man absetzen l\u00e4sst. Nachdem die Fl\u00fcssigkeiten sich v\u00f6llig getrennt haben, zieht man den alkoholischen Thcil ab. Die petrol\u00e4therische L\u00f6sung wird zu wiederholten Malen mit 75\u00b0/w Alkohol behandelt; die alkoholischen Ausz\u00fcge werden vereinigt und, falls die so erhaltene Fl\u00fcssigkeitsmenge nicht ganz klar ist, einige Zeit stehen gelassen. Man trennt alsdann die alkoholische L\u00f6sung von etwa noch anwesendem Petrol\u00e4ther und filtrirt; befreit sie durch Destillation vom Rest des letzteren und l\u00e4sst sie mehrere Tage lang an einem k\u00fchlen Orte stehen. Am Boden des Refasses scheidet sich alsdann ein Niederschlag aus, welcher neben wenig Lecithin fremde Substanzen, besonders Cholesterin, enth\u00e4lt. Durch Decantiren wird die alkoholische L\u00f6sung von diesen getrennt, dann Filtrirt und durch Kochen mit Knochenkohle entf\u00e4rbt. Nun wird m\u00f6glichst schnell bei 50\u201400\u00b0 eingedampft, bis Syrupcon-sistenz erreicht ist. Der syrupartige Eindampfungsr\u00fcckstand wird mit Aether aufgenommen; man decantirt, filtrirt und dampft schliesslich wiederum ein. Das so erhaltene Lecithin","page":588},{"file":"p0589.txt","language":"de","ocr_de":"ist beinahe ganz rein; .es enth\u00e4lt indessen noch Spuren von Cholesterin. Um es v\u00f6llig zu reinigen, kann man es in m\u00f6glichst wenig absolutem Alkohol l\u00f6sen und in der K\u00e4lte bei \u2014 5 bis 15\" ausfallen lassen.\nJ\nGang der Untersuchung der Zersetzungsproducte-\ndes Lecithins.\t\u00bb\nDurch Einwirkung verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure auf das Lecithin kann dasselbe in Neurin, Phosphors\u00e4ure, Glycerinphosphors\u00e4ure, Distearinglycerinphosphors\u00e4ure und Fetts\u00e4uren zerlegt werden. Im Folgenden werde ich den Gang der Untersuchung dieser Producte, welchen ich eingeschlagen habe, mit-theilen. Eine in einen Scheidetrichter eingebrachte \u00e4therische Lecithinl\u00f6sung wird l\u00e4ngere Zeit mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure geh\u00f6rig gesch\u00fcttelt. Nach kurzem Stehenlassen habensich die Fl\u00fcssigkeiten gesondert. Es werden zwei L\u00f6sungen erhalten:\n1.\teine w\u00e4ssrige saure L\u00f6sung A,\n2.\teine \u00e4therische L\u00f6sung B.\nUntersuchung von A.\nZu der sauren L\u00f6sung A wird Barytwasser bis zur alkalischen Reaction hinzugef\u00fcgt, der Ueberschuss des Baryts durch Kohlens\u00e4ure entfernt und, nach kurzem Erw\u00e4rmen auf dem Wasserbade, filtrirt.\nMan erh\u00e4lt so:\n1.\teine neutrale Fl\u00fcssigkeit a,\n2.\teinen barythaltigen Niederschlag b.\nDie neutrale Fl\u00fcssigkeit a wird auf dem Wasserbade fast bis zur Trockne eingedampft und dann mit absolutem Alkohol extrahirt. Zu deif abfiltrirten alkoholischen Fl\u00fcssigkeit wird eine alkoholische Platinchloridl\u00f6sung hinzugesetzt; man erh\u00e4lt sofort einen reichlichen Niederschlag von Neurinplatinchlorid, falls idiese Base in der alkoholischen L\u00f6sung vorhanden ist. Es ist unn\u00f6thig, Salzs\u00e4ure hinzuzuf\u00fcgen, da das Platinchlorid stets genug davon enth\u00e4lt.","page":589},{"file":"p0590.txt","language":"de","ocr_de":"Dor in Alkohol unl\u00f6sliche Tlieil des aus a erhaltenen Eindampfungsr\u00fcckstandes wird wieder in Wasser gel\u00f6st, filtrirt, \u2022\u2022ingedampft und in einer Platinschaale mit Soda und Salpeter gegl\u00fcht. Der Cil\u00fchr\u00fcckstand wird in wenig Wasser gel\u00f6st, mit Salpeters\u00e4ure versetzt und zu der wiederum filtrirten Fl\u00fcssigkeit ein Ueberschuss von molybd\u00e4nsaurer Ammonl\u00f6sung hinzugef\u00fcgt. Falls Phosphat vorhanden, stellt sich nach Erw\u00e4rmen auf etwa 50\u201460\u00b0 der characteristische gelbe Niederschlag ein. Hat man auf diese Weise Phosphors\u00e4ure gefunden, so ist damit nachgewiesen, dass die w\u00e4ssrige saure L\u00f6sung A L I y ceri nph osp h ors\u00e4ure enth\u00e4lt, deren Bariumsalz, l\u00f6slich in W asser, unl\u00f6slich in absolutem Alkohol, durch Schmelzen mit Soda und Salpeter in Alkaliphosphat \u00fcbergef\u00fchrt worden ist.\nDer Barytniederschlag b wird, nach geh\u00f6rigem Auswaschen, mit verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure behandelt, Filtrirt und wieder ausgewaschen. Die filtrirte Fl\u00fcssigkeit wird auf dem Wasserbade bis auf ('in sehr kleines Volumen eingeengt; darauf in die K\u00e4lte gebracht, in Folge dessen der gr\u00f6sste Theil des Baryumnitrats auskrystallisirt ; und nun filtrirt. Nachdem mit wenig kaltem Wasser nachgewaschen worden ist, versetzt man das Filtrat mit Molybd\u00e4ns\u00e4urel\u00f6sung. Erh\u00e4lt man wiederum den characteristischen gelben Niederschlag, so ist damit der Beweis erbracht, dass durch Einwirken verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure auf das Lecithin sich freie P h o s p h o r s \u00e4 u r e gebildet hatte. Diese Phosphors\u00e4ure, anf\u00e4nglich gel\u00f6st in der schwach sauren Fl\u00fcssigkeit A, ist als unl\u00f6sliches Barytsalz aus A erhalten worden durch Zusatz von \u00fcbersch\u00fcssigem Barytwasser. Der entstandene phosphorsaure Baryt ist durch die Salpeters\u00e4ure wieder zersetzt worden.\nUntersuchung von B.\nDie \u00e4therische L\u00f6sung B wird durch Destillation vom Aether befreit; der R\u00fcckstand mit Barytwasser versetzt und eine Stunde lang erw\u00e4rmt. Der \u00fcbersch\u00fcssige Baryt wird durch Kohlens\u00e4ure entfernt ; es wird filtrirt und ausgewaschen.\nMan erh\u00e4lt so:\n1.\teine neutrale w\u00e4ssrige Fl\u00fcssigkeit a',\n2.\teinen Barytniederschlag b'.","page":590},{"file":"p0591.txt","language":"de","ocr_de":"591\nDie w\u00e4ssrige Fl\u00fcssigkeit a' wird auf dem Wasserbade, fast bis zur Trockne eingedampft und dann mit Alkohol ausgezogen. Diese alkoholische L\u00f6sung wird nach dem Filtriren mit alkoholischem Platinchlorid versetzt, um so etwa vorhandenes Neurin nachzuweisen. Der in Alkohol unl\u00f6sliche Kindampfungsr\u00fcckstand der Fl\u00fcssigkeit a' wird wieder mit; Wasser aufgenommen, und weiter behandelt, wie es oben f\u00fcr a angegeben. Der gelbe Niederschlag, den man so eventuell erh\u00e4lt, w\u00fcrde ein Beweis daf\u00fcr sein, dass B entweder noch nicht zersetztes Lecithin einschloss oder aber Di-\u00bb stearinglycerin phosphor s\u00e4ure.\nDer Barytniederschlag b' wird mit verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure versetzt, auf ein Filter gebracht, gewaschen und weiter behandelt, wie oben angegeben. Man weist so etwa vorhan? dene freie Phosphors\u00e4ure nach. \u2022\nDer Theil des Niederschlages b', welcher sich in der verd\u00fcnnten Salpeters\u00e4ure nicht gel\u00f6st hat, wird t\u00fcchtig mit destillirtem Wasser gewaschen und dann getrocknet. Durch Sch\u00fctteln mit Aether, Decantiren, Filtriren und schliess-liches Eindampfen werden vorhandene freie Fetts\u00e4uren erhalten.\nEinwirkung der Schwefels\u00e4ure.\nEine in einen Scheidetrichter gebrachte \u00e4therische Lecithinl\u00f6sung wird geh\u00f6rig rnit Schwefels\u00e4ure gesch\u00fcttelt (die Zeit, w\u00e4hrend welcher ich die S\u00e4ure auf diese Weise einwirken Hess,, variirte ebenso wie der Grad der Concentration bei jeder Operation). Man l\u00e4sst darauf die Fl\u00fcssigkeiten sich absetzen und, wenn die Trennung in zwei Schichten sich vollzogen hat, den unteren sauren Theil ablaufen, worin man das Neurin, die Glycerinphosphors\u00e4ure und Phosphors\u00e4ure aufzusuchen hat. \u2022\nDie \u00e4therische L\u00f6sung behandelt man von Neuem mit Schwefels\u00e4ure von derselben Concentration und setzt \u00bblies Verfahren fort, bis kein Neurin mehr gebunden wird. Alsdann wird die \u00e4therische L\u00f6sung, wie oben f\u00fcr B angegeben.\nZeitschrift iur iihy^iuloi'ischc Chemie. XII.\t40","page":591},{"file":"p0592.txt","language":"de","ocr_de":"502\nbehandelt; tnan sucht darin nach Neurin, Phosphors\u00e4ure, Glycerinphosphors\u00e4urc und Fetts\u00e4uren.\nDas Ausf\u00e4llen des Neurins durch Platinchlorid ist am zweckm\u00e4ssigsten in gleich grossen Gelassen vorzunehmen, da es so erm\u00f6glicht wird, eine volumetrische Sch\u00e4tzung der jedos Mal erhaltenen Menge vorzunehmen. An eine genaue Bestimmung mittelst W\u00e4gung ist nicht zu denken, weil dazu die erhaltenen Mengen meistens viel zu gering sind. Dasselbe gilt auch bez\u00fcglich des durch Molybd\u00e4ns\u00e4urel\u00f6sung erhaltenen gelben Niederschlages. Anfangs wandte ich eine sehr verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure (zu \u2019///\u201e) an, da ich bef\u00fcrchtete, bei Anwendung st\u00e4rkerer S\u00e4ure das Lecithin vollst\u00e4ndig zu zerst\u00f6ren; allein ich \u00fcberzeugte mich bald, dass eine */*procentige S\u00e4ure auf das Lecithin nur \u00e4usserst langsam einwirkt und die saure L\u00f6sung selbst nach mehreren Tagen nur sehr wenig Neurin enthielt. Nach und nach wandte ich zu meinen Versuchen st\u00e4rker saure L\u00f6sungen, 1-, 2-, 5-, lOprocentig, an. Da die Einwirkung einer lOprocentigen L\u00f6sung, obwohl noch langsam, doch erfolgreicher war, w\u00e4hlte ich eine solche, um den Verlauf der Einwirkung derselben auf das Lecithin zu studiren. Ich will noch bemerken, dass ich mit 20-, 30-, \u00f6oprocentigcr S\u00e4ure keine an sich erheblich besseren Resultate erzielte.\nZehnprocentige Schwefels\u00e4ure.\nEine w\u00e4ssrige 10procentige Schwefels\u00e4ure wurde anhaltend und t\u00fcchtig mit einer \u00e4therischen Lecithinl\u00f6sung gesch\u00fcttelt und sodann etwa 12 Stunden stehen gelassen. Es ergab sich, dass erst sehr wenig Neurin und Phosphors\u00e4ure, von der Glycerinphosphors\u00e4ure aber nur Spuren in die saure L\u00f6sung \u00fcbergegangen waren. Nach weiteren 24 Stunden, w\u00e4hrend derer h\u00e4ufig umgesch\u00fcttelt wurde, konnte eine Zunahme dieser K\u00f6rper constatirt werden, welche sich bis zum 5. Tage steigerte; nach Verlauf dieser Zeit schien der bei Weitem gr\u00f6sste Theil des Lecithins durch die Schwefels\u00e4ure zersetzt zu sein.\nBehufs einer v\u00f6lligen Ersch\u00f6pfung wurde die Behandlung noch etwa vierzehn Tage lang fortgesetzt, bis schliesslich von","page":592},{"file":"p0593.txt","language":"de","ocr_de":"593\nder sauren Fl\u00fcssigkeit kein Neurin mehr, Glycerinphosphoc-s\u00e4ure nur noch in Spuren aufgeuommen wurde. In der \u00e4therischen L\u00f6sjung fand sich nach dem zwanzigsten Tage kein Neurin mehr vor, wohl aber eine grosse Menge Fetts\u00e4ure, sehr wenig Glycerinphosphors\u00e4ure und Phosphors\u00e4ure.\nZwanzigproccntige Schwefel s\u00e4ure.\nHei Anwendung einer 20procentigen Schwefels\u00e4ure geht die Einwirkung bedeutend schneller vor sich. Die verd\u00fcnnte saure L\u00f6sung enthielt bereits nach ein viertelst\u00fcndigem tlm-sch\u00fctteln Neurin und Phosphors\u00e4ure, wenn auch nur erst sehr wenig. Nach zw\u00f6lfst\u00fcndiger Einwirkung ist der Gehalt an Neurin und Phosphors\u00e4ure bereits weit betr\u00e4cht lieber, wie der in derselben Zeit durch zehnprocentigc S\u00e4ure erzielte; er steigt bis zum zweiten Tage. Von nun an nimmt er wieder ab und am neunten Tage konnte in der w\u00e4ssrigen sauren L\u00f6sung Neurin nicht mehr nachgewiesen werden. Die \u00e4therische Fl\u00fcssigkeit enthielt alsdann ebenfalls kein Neurin mehr, dagegen sehr viel Fetts\u00e4ure, sehr wenig Glycerinphosphors\u00e4ure, aber keine Phosphors\u00e4ure.\nF u n f z i g p r o c c n t i g c S c h w e f c I s \u00e4 u r e.\nDie Einwirkung verlief in \u00e4hnlicher Weise, wie in den beiden vorhergehenden F\u00e4llen, nur bedeutend rascher. Schon nach etwa zw\u00f6lf Stunden vermindert sich der Gehalt tier sauren Fl\u00fcssigkeit an Neurin fortw\u00e4hrend; nach vier Tagen war kein Neurin mehr aufzufinden. Die nach dem vierten I age untersuchte \u00e4therische L\u00f6sung enthielt die n\u00e4mlichen Zersetzungsproducte, wie die der beiden vorerw\u00e4hnten Versuche.\nDie kleinen Mengen Glycerinphosphors\u00e4ure, welche stets in den \u00e4therischen L\u00f6sungen gefunden werden, wenn diese auch kein Neurin mehr enthalten, finden sich darin nicht in heiern Zustande vor; sonst h\u00e4tten sie in die w\u00e4ssrige L\u00f6sung \u00fcbergehen m\u00fcssen. Sie scheiden aus der Einwirkung des Haryts auf einen phosphorhalligen K\u00f6rper, wahrscheinlich Distearinglycerinphosphors\u00e4ure, herzur\u00fchren.","page":593},{"file":"p0594.txt","language":"de","ocr_de":"594\nUm die gewonnenen Resultate zu best\u00e4tigen, habe ich\nden Gang der Untersuchung, wie folgt, modificirt:\nEine \u00e4therische Lecithinl\u00f6sung wird in einem Scheideirichter mit zehnprocentiger Schwefels\u00e4ure mehrere Tage ((>) lang h\u00e4ufig gesch\u00fcttelt ; der saure Theil der Fl\u00fcssigkeiten alsdann wie oben f\u00fcr A angegeben untersucht und darin viel Neurin, freie Phosphors\u00e4ure und sehr wenig Glycerinphosphors\u00e4ure gefunden.\nDie \u00e4therische Fl\u00fcssigkeit wird durch Destillation vom Aether befreit, der R\u00fcckstand in heissem absoluten Alkohol gel\u00f6st, filtrirt und dann behufs der Neutralisation entweder mit einer alkoholischen Aetzkalil\u00f6sung oder einer Kalicarbonatl\u00f6sung versetzt. Man bringt hierauf das Gelass in die K\u00e4lte. Nach etwa 24 Stunden trennt man die alkoholische Fl\u00fcssigkeit von dem am Boden des Gebisses entstandenen Niederschlage; verdampft den Alkohol, f\u00fcgt zum R\u00fcckst\u00e4nde Barytwasser, l\u00e4sst etwa 1 Stunde aufkochen, kurz, mau behandelt ihn, wie oben angegeben f\u00fcr die \u00e4therische L\u00f6sung B auf Neurin, Phosphors\u00e4ure, Glycerin-phosphors\u00e4urc und Fetts\u00e4ure. Auf diese Weise konnte ich nachweisen, dass diese alkoholische L\u00f6sung noch viel Neurin, Glycerinphosphors\u00e4ure und Fetts\u00e4uren enthielt, was beweist, dass die urspr\u00fcngliche \u00e4therische Fl\u00fcssigkeit noch un zersetzt es Lecithin enthielt.\nWas den durch Abk\u00fchlen der alkoholischen Fl\u00fcssigkeit entstandenen Niederschlag, welcher nach Diakonow aus distearinglycerin|)hosphorsaurem Kali besteht, betrifft, so habe ich darin, weil die erhaltene Menge zu gering war, weder den Phosphorgehalt, noch das Kali quantitativ bestimmen k\u00f6nnen. Dass der Niederschlag so sehr geringf\u00fcgig war, glaube ich daraus erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen, dass einerseits ein Theil des Lecithins noch un zersetzt geblieben, andererseits ein Theil unter Bildung freier Phosphors\u00e4ure v\u00f6llig zerst\u00f6rt worden war. Ich habe mich daher darauf beschr\u00e4nken m\u00fcssen, zu untersuchen, ob 1. der Xiederschchlag Phosphor enthielt, ob derselbe aus phosphorsaurem oder glycerinphosphorsaurem Kali besteht.","page":594},{"file":"p0595.txt","language":"de","ocr_de":"595\nDieserlialb wurde ein Theil mit Soda und Salpeter in einer Platinschaalc geschmolzen; die Schmelze in Wasser gel\u00f6st und in der L\u00f6sung mit molybd\u00e4nsaurem Ammon der bekannte gelbe Niederschlag erhalten. Der Niederschlag enth\u00e4lt also Phosphor.\nEine weitere Portion desselben wurde mit Wasser ausgewaschen; die fillrirtc w\u00e4ssrig\u00ab' L\u00f6sung eingedampft; der R\u00fcckstand wiederum mit Soda und Salpeter geschmolzen und in auch dieser Schmelze auf bekannte Weise ebenfalls Phos-, phor, wenn auch nur sehr wenig, nachgewiesen.\nDel in W asser unl\u00f6sliche fhcil des Niederschlages w'urde in derselben Weise auf Phosphor gepr\u00fcft und enthielt relativ \\iel dieses Elementes; so dass damit naehgewiesen ist, dass der in Alkohol unl\u00f6sliche Niederschlag keineswegs ausschliesslich aus phosphorsaurem respective glycerinphosphorsaurem Kali besieht; sonst h\u00e4tte der Phosphor nur in der w\u00e4ssrigen L\u00f6sung gefunden werden m\u00fcssen. Wir haben es hier also mit einem phosphorhaltigen organischen K\u00f6rper zu th\u00fcn, welcher nicht aus Glycerinphosphors\u00e4iirc, sondern h\u00f6chst wahrscheinlich aus dem Kalisalz der Distcaringlycerinphos-phors\u00e4ure besteht.\nIch will hier noch anf\u00fchren, dass, wenn bei den ersten Operationen nicht sehr sorgf\u00e4ltig neulralisirt und ein wenn auch nur geringer Ueberschuss von Alkali angewandt wird, beim Abk\u00fchlen der alkoholischen L\u00f6sung ein bedeutender Niederschlag entsteht, welcher ausser kleinen Mengen eines phosphorhaltigcn K\u00f6rpers grosse Quantit\u00e4ten von Kalisalzen fetter S\u00e4uren enth\u00e4lt, Salzen, welche in absolutem Alkohol sehr schwer l\u00f6slich sind.\nDie angef\u00fchrten Versuche haben demnach folgende Resultate ergeben:\n1. Die Einwirkung der Schwefels\u00e4ure auf das Lecithin geht erst nach und nach und sehr langsam von Statten.\n-\u2022 Dieselbe nimmt zu mit der Concentration der S\u00e4ure.\n:i. Durch Einwirkung der Schwefels\u00e4ure auf das Lecithin erh\u00e4lt man, neben kleinen Mengen der Glycerinphosphor-","page":595},{"file":"p0596.txt","language":"de","ocr_de":"1\n596\ns\u00e4ure und eines anderen phosphorhaltigen organischen K\u00f6rpers (DW^aringlycerinpliosiihors\u00e4uii:?), verli\u00e4ltnissm\u00e4ssig bett\u00e4cht-licite Mengen freier Phosphors\u00e4ure.\nEinwirkung der Basen.\nAuch bei der Untersuchung \u00fcber die Einwirkung der Alkalien auf das Lecithin habe ich mich einer \u00e4therischen L\u00f6sung dieses K\u00f6rpers bedient, weil man denselben so am leichtesten zu behandeln und seine Zcrsetzungsproducte zu studiren vermag.\nEine \u00e4therische Lecithinl\u00f6sung wurde im Scheidetrichter geh\u00f6rig mit verd\u00fcnnter Natronlauge gesch\u00fcttelt; schon nach kurzer Zeit lassen sich die beiden Fl\u00fcssigkeiten nicht mehr trennen. Um dies und ein Uebereinanderlagern zu erreichen, setzt man zweckm\u00e4ssig einige Tropfen Alkohol hinzu, wodurch nach l\u00e4ngerer Zeit dasselbe bewirkt wird. Man erh\u00e4lt so:\n1.\teine w\u00e4ssrige alkalische Fl\u00fcssigkeit I,\n2.\teine \u00e4therische Fl\u00fcssigkeit II.\tj\nNachdem beide Fl\u00fcssigkeiten sorgf\u00e4ltig getrennt worden sind, entfernt man den Ucberschuss des Alkalis in I durch Lin leiten von Kohlens\u00e4ure, setzt sodann zu der w\u00e4ssrigen L\u00f6sung eine solche von Baryumnitrat bis zur Entstehung eines Niederschlages, erw\u00e4rmt, um die geringen Mengen Alkohol und Aether, welche etwa noch vorhanden sind, zu entfernen, und liltrirt.\nEs result iron:\n1.\teine neutrale w\u00e4ssrige Fl\u00fcssigkeit a,\n2.\tein barythaltiger Niederschlag g.\nIn der neutralen w\u00e4ssrigen Fl\u00fcssigkeit i. sucht man nach Neurin und Glycerinphosphors\u00e4ure, wie oben f\u00fcr a angegeben, w\u00e4hrend man in g die Phosphors\u00e4ure und Fetts\u00e4uren nachweiscn kann.\nDie \u00e4therische alkalische Fl\u00fcssigkeit II wird untersucht, wie oben f\u00fcr B angegeben.\nUm mich zu \u00fcberzeugen, dass die in der w\u00e4ssrigen L\u00f6sung gefundene Glycerinphosphors\u00e4ure nicht von der sp\u00e4-","page":596},{"file":"p0597.txt","language":"de","ocr_de":"597\nteren Zersetzung des distearinglycerinpliosphorsaiiren Alkalis herr\u00fchrt, habe ich das Verfahren auf folgende Weise ino-\ndific.irt :\nNachdem die \u00e4therische Lecithinl\u00f6sung und die verd\u00fcnnte Natronlauge umgesch\u00fcttelt worden waren, wurde sehr verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure bis zur schwach sauren Reaction hinzugef\u00fcgt. Darauf liess ich kurze Zeit absetz\u00e8n und erhielt\n1. eine w\u00e4ssrige schwach saure Fl\u00fcssigkeit \u00db. eine \u00e4therische schwach saure Fl\u00fcssigkeit fr.\nDiese beiden Fl\u00fcssigkeiten werden nun untersucht, wie f\u00fcr A und B angegeben.\nEs m\u00f6gen nun die, durch Befolgung beider eben beschriebenen Methoden erhaltenen Resultate, welche fast v\u00f6llig \u00fcbereinst iminen, folgen :\nI. Alkalische L\u00f6sung.\nW\u00e4ssriger Theil:\tAetlierisclier Theil:\n5\u00b0lo Natronlauge: Neurin.\nKein. Neurin.\nKeine Glycerinphnsphorsuiire. Sehr wenig Fetts\u00e4uren.\nKein Neurin.\nKeine Glyeerinphospliors\u00e4ure. Sehr wenig Fetts\u00e4uren. Neurin.\nKeine Glyeerinphospliors\u00e4ure. Fetts\u00e4uren.\nGlyeerinphosphors\u00e4uro. Fetts\u00e4uren (Salze).\nl\u00b0o Natronlauge: Neurin,\nGlyeerinphospliors\u00e4ure. Fetts\u00e4uren (Salze).\nGlycerinphosphors\u00e4ure.\nFetts\u00e4uren.\nII. Schwach saure L\u00f6sung,\nW\u00e4ssriger Theil:\tAet\nAetlierisclier Theil: Kein Neurin.\nKeine Glyeerinphospliors\u00e4ure. Viel Fetts\u00e4uren.\nKein Neurin.\nKeine Glycerinphospliois\u00e4ure. Viel Fetts\u00e4uren.\nNeurin.\nGlyeerinphospliors\u00e4ure.\nFetts\u00e4uren.\n5\u00b0',) Natronlauge: Neurin.\n* Glyeerinphospliors\u00e4ure. Keine Fetts\u00e4uren.\nGlyeerinphospliors\u00e4ure. Keine Fetts\u00e4uren.\n1 \u00b0 0\u2018> Natronlauge: Neurin.\nGlycerin phosphors\u00e4 ure. Fetts\u00e4uren.","page":597},{"file":"p0598.txt","language":"de","ocr_de":"598\nDer einzige sich ergebende Unterschied betrifft die Fetts\u00e4uren. Operirte ich mit alkalischer L\u00f6sung, so erhielt ich fast die ganze Menge der Fetts\u00e4uren in w\u00e4ssriger L\u00f6sung als Salze (Seifen); nur ein sehr geringer Theil findet sich im Aether gel\u00f6st vor, w\u00e4hrend bei der II. Operation die Seifen durch die schwach saure L\u00f6sung zersetzt und die frei gewordenen Fetts\u00e4uren vom Aether aufgenommen wurden. Die anderen Resultate beider Methoden sind identisch. Es ist bemerkenswerth, dass das Neurin bei Behandlung mit alkalischer L\u00f6sung in den w\u00e4ssrigen Theil der Fl\u00fcssigkeiten \u00fcbergeht, was sich wohl daraus erkl\u00e4ren l\u00e4sst, dass behufs beschleunigter Trennung in zwei Schichten, was in Folge der Seifenbildung nur \u00e4usserst schwierig vor sich geht, zu der \u00e4therisch-w\u00e4sserig-alkalischen Fl\u00fcssigkeit etwas Alkohol hinzugef\u00fcgt wurde.\nAus den erw\u00e4hnten Versuchen geht hervor, dass Natronlauge selbst in sehr verd\u00fcnnter L\u00f6sung (1 per Cent) sehr emugisch und schnell auf das Lecithin unter v\u00f6lliger Zersetzung desselben einwirkt. Als Zersetzungsproducte werden Neurin, (ilycerinphosphors\u00e4\u00fcre und Fetts\u00e4uren, respective deren Salze, erhalten. Eine noch schw\u00e4chere Aetznatron-l\u00f6sung (1 pro Mille) zersetzt ebenfalls einen Theil des Lecithins vollst\u00e4ndig, w\u00e4hrend der Rest intact bleibt. Durch wiederholtes Behandeln und l\u00e4ngeres Einwirkenlassen erreicht man aber auch hier schliesslich v\u00f6llige Zersetzung.\nDie Ergebnisse, zu denen ich durch meine Untersuchungen gel\u00e4ngt bin, lassen sich wie folgt kurz zusammenfassen:\nDas Lecithin ist nicht als salzartige Verbindung, in welcher das Neurin die Rolle der Base spielt, aufzufassen, sondern vielmehr als eine \u00e4therartige, in der dieser K\u00f6rper die Stelle des Alkohols vertritt. Dies ergiebt sich aus der Einwirkung der S\u00e4ure, wie der Basen auf dasselbe.\nDa, wie ich nachgewiesen habe, die Einwirkung der Schwefels\u00e4ure auf das Lecithin durchaus nicht glatt vor sich geht, so \u00e4hnelt dieselbe keineswegs der Zersetzung des Salzes","page":598},{"file":"p0599.txt","language":"de","ocr_de":"einer schwachen S\u00e4ure durch eine viel st\u00e4rkere, einer Zersetzung, welche bei den Bedingungen, unter denen ich operirt habe, viel rascher und vollst\u00e4ndiger selbst mit sehr verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure h\u00e4tte eintreten m\u00fcssen. Diese langsame und unvollst\u00e4ndige Einwirkung der Schwefels\u00e4ure ist im Gegentheil sehr bezeichnend f\u00fcr eine Hydratation. Die S\u00e4ure reagirt anfangs unter Wasseranlagerung auf das Lecithin, wodurch Neurin und Distearinglycerinphosphors\u00e4ure entstehen; im weiteren Verlaufe dieser Einwirkung bilden sich freie Phosphors\u00e4ure, Glycerinphosphors\u00e4ure und Fetts\u00e4uren. Diese verschiedenen Reactions! gehen langsam und unvollst\u00e4ndig von Statten; es bleiben in der That stets, wie oben bemerkt, kleine Quantit\u00e4ten unzersetzter iDistearinglycerin- und Glycerinphosphors\u00e4ure zur\u00fcck. 1\nEin weiterer Beweis daf\u00fcr, dass die Schwefels\u00e4ure wasser-anlagernd auf das Lecithin wirkt, ist die Einwirkung \u00fcberhitzten Wasserdampfes auf dasselbe. Wenn nach Diakonow') Lecithin mit Wasser im Rohr auf 120\u00b0 erhitzt wird, erh\u00e4lt man nach dem Erkalten 2 Schichten, deren obere ein Gemenge unzersetzten Lecithins und Fetts, wahrscheinlich freier Fetts\u00e4uren ist, w\u00e4hrend die klare w\u00e4ssrige stark sauer reagirende L\u00f6sung neben Neurin und Phosphors\u00e4ure auch kleine Mengen Glycerinphosphors\u00e4ure einschliesst. Diese Producte sind, was wohl zu bemerken ist, identisch mit denen, welche ich durch die nicht zu sehr in die L\u00e4nge gezogene Einwirkung verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure auf das Lecithin erhalten habe, n\u00e4mlich:\n1.\tunzersetzes Lecithin,\n2.\tFett oder Fetts\u00e4uren,\n3.\tNeurin,\n4.\tkleine Mengen Glycerinphosphors\u00e4ure, ,\n5.\tfreie Phosphors\u00e4ure,\nG. kleine Mengen einer organischen N-haltigen Substanz, wahrscheinlich Distearinglycerinphosphors\u00e4ure.\n. Diakonow erw\u00e4hnt nicht, dass er diese letztere Substanz, welche sich wahrscheinlich in geringer Menge in dem\n*) Med.-chem. rntersuchungen, T\u00fcbingen ISOg, S. 405.\n40*","page":599},{"file":"p0600.txt","language":"de","ocr_de":"000\nGemisch von Lecithin und Fett, von dein er spricht. befand, gefunden habe.\nDer Verlauf der Einwirkung sehr verd\u00fcnnter kalter Natronlauge auf das Lecithin ist ebenfalls ein Beweis daf\u00fcr, dass dieser K\u00f6rper keine salzartige Verbindung ist. Wenn das Lecithin wirklich ein Neurinsajz w\u00e4re, so m\u00fcsste doch schon sehr verd\u00fcnnte Natronlauge das Neurin frei machen, bevor sie dasselbe v\u00f6llig zersetzt.\nNun habe ich aber gefunden, dass mit einer w\u00e4ssrigen Natronlauge von 1 pro Mille ein Theil des Lecithins bereits vollst\u00e4ndig, der anf\u00e4nglich intact gebliebene andere Theil aber durch weiteren Zusatz der Lauge (1 pro Mille) ebenso zersetzt wird.\nWie ich in der Einleitung bemerkt habe, st\u00fctzt Diakonow seine Ansicht, das.\u00ab das Lecithin ein Neurinsalz der Distearinglycerinphosphors\u00e4ure sei, auf 2 Thatsachen: erstens auf die Einwirkung des Barytwassers, welches das Lecithin in freies Neurin und Bariumsalze der Glycerinphosphors\u00e4ure und Phosphors\u00e4ure zerlegt: zweitens auf die Einwirkung verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure auf jenen K\u00f6rper, welche, nach jenem Forscher, schnell reagiren und ihn unter Bildung von Neurinsulfat und freier Distearinglycerinphosphors\u00e4ure zersetzen soll. Ich will die beiden Punkte n\u00e4her beleuchten. Was die Einwirkung des Barytwassers anlangt, so will icli nur bemeijcen, dass diese -Reaction ebenso gut durch die Annahme, dass das Lecithin eine \u00e4therartige Verbindung sei, erkl\u00e4rt wird; in Betreff der der Schwefels\u00e4ure aber habe ich den Nachweis gef\u00fchrt, dass diese S\u00e4ure durchaus nicht schnell einwirkt, wie es der Fall sein m\u00fcsste, wenn es sich um eine salzartige Verbindung des Neurins, wie Diakonow ja behauptet, handelte. Im Gegentheil weist die sehr langsame Einwirkung der S\u00e4ure viel eher auf eine Hydratation hin; um so mehr, da neben kleinen Mengen Distearinglycerinphosphors\u00e4ure verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig viel Phosphors\u00e4ure und freie Fetts\u00e4uren entstehen. Die Argumente Diakonow's halten diesen Thatsachen gegen\u00fcber nicht Stand.\ni","page":600},{"file":"p0601.txt","language":"de","ocr_de":"601\nDie folgenden Betrachtungen m\u00f6gen einen weiteren Beweis daf\u00fcr liefern, dass das Lecithin nicht als salzartige Ver-bindung angesehen werden darf.\n1. Eine alkoholische Lecithinl\u00f6sung giebt, mit alkoholischer Platinchloridl\u00f6sung versetzt, einen in Aether und Chloroform leicht l\u00f6slichen Niederschlag, welcher nach Strecker unzersetztes Lecithin, und zwar zw*ei Molek\u00fcle HCl-Lecithin und 1 Molek\u00fcl Platinchlorid, enth\u00e4lt:\n2 HCl\n(OC^HtjO*\n2 PO\u2022OH\t+\n(O.CiHlj\tPK;l'\n(CH3)3( \u2022 H\n('\nil C39H7504 = I PO \u2022 OH\n(O.C2H4/ (CHj)si\n' 1\n'v.Llf\nPtCh -+- 2 H20\nObgleich nachgewiesen worden ist, dass der mittelst Platinchlorid erhaltene Niederschlag nicht einheitlich ist, und unter andern stets etwas\\Neurinplatinchlorid enth\u00e4lt, so wirkt das Platinchlorid denno-h nicht so auf das Lecithin ein. wie es der Fall sein w\u00fcrdij, wenn dies ein Salz des Neurins w\u00e4re.\n.2. Das distearinglycerinphosphorsaure Neurin, synthetisch von Hundeshagen1) dargestellt, giebt, in alkoholischer L\u00f6sung mit alkoholischem Platinchlorid versetzt, einen in Alkohol und Aether unl\u00f6slichen Niederschlag von Neurinplaiin-ehlorid. Diese Reaction verl\u00e4uft nach folgender Gleichung:\n(OC30 H75 O4 |\t(OC^Ht-.O,\n2 PO j^ \u00bb (CH3)J + 2 HOI = 2 PO jOH\t-4- (CiHuOXClhPtCU\nk:2h4oh\toh\nZum Schl\u00fcsse sei mir gestattet, die Hauptresultate meiner L ntersuchungen zusammenzustellen.\n1.\tDurch Einwirkung verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure auf Lecithin entsteht freie Phosphors\u00e4ure ; w\u00e4hrend verd\u00fcnnte Alkalien Glycerinphosphors\u00e4ure liefern.\n2.\tLecithin wird durch verd\u00fcnnte S\u00e4uren nur sehr langsam angegriffen.\nD H U n des liage n, Journal f\u00fcr pract. Chemie, 188:5. Bd 2H S. 219.","page":601},{"file":"p0602.txt","language":"de","ocr_de":"m\nEs wird durch verd\u00fcnnte Alkalien viel schneller und energischer zersetzt.\n4. Es ist nicht als Salz der Distearinglycerinphosphors\u00e4ure, sondern als eine \u00e4therartige Verbindung anzusehen.\nBei der Bearbeitung des Lecithins kann seiner leichten Zersetzbarkeit durch Alkalien halber hierauf nie R\u00fccksicht genug genommen werden.\nZum Schl\u00fcsse erf\u00fclle ich die angenehme Pflicht, Herrn Professor F. Hoppe-Seyler f\u00fcr die jederzeit mir bereitwilligst ertheilten Rathschl\u00e4ge im Verlauf dieser Arbeit meinen herzlichsten Dank zu sagen.\nPhysiologisch-chemisches Institut Strassburg, M\u00e4rz 1888.","page":602}],"identifier":"lit16726","issued":"1888","language":"de","pages":"585-602","startpages":"585","title":"Beitr\u00e4ge zur Kenntniss des Lecithins","type":"Journal Article","volume":"12"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:40:09.261403+00:00"}