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{"created":"2022-01-31T15:15:28.234092+00:00","id":"lit16736","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Wedenski, N.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 13: 122-127","fulltext":[{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntniss der Kohlehydrate im normalen Harn. ^\nVon\nDr. X. Wedenski aus St. Petersburg.\n(Der Redaction zugegaugen am 21. Juni 1888.)\nDie Frage, ob der normale Harn Kohlehydrate enth\u00e4lt, ist bekanntlich oft Gegenstand der Untersuchung gewesen. W\u00e4hrend einige Autoren, wie Br\u00fccke, Bence Jones, Pavy, Huizinga, Abel es u. A., aus ihren Versuchen auf das constante Vorkommen kleiner Mengen von Zucker im Harn schlossen, gelangten andere (See g en, K\u00fclz, Mosca-telli) zu einem entgegengesetzten Resultate, insofern es ihnen trotz Verarbeitung grosser Mengen normalen Harns nicht gelang, das Vorhandensein des Zuckers in demselben festzustellen, beziehungsweise Zucker aus dem Harn zu isoliren.\nDurch neuere Untersuchungen ist diese alte Streitfrage zu einem endgiltigen Abschl\u00fcsse gelangt und das Vorkommen von geringen Mengen von Kohlehydraten im normalen Harn mit Sicherheit festgestellt1). Dagegen fehlen noch genauere Ermittelungen \u00fcber die Natur dieser Kohlehydrate im Harn. Zwar gelang es Landwehr*) schon vor mehreren Jahren, ein dextrinartiges Kohlehydrat, das thierische Gummi, aus dem menschlichen Harn darzustellen. Allein auch \u00fcber das Vorkommen dieser Substanz im Harn fehlen zur Zeift noch genauere Angaben.\t\\\nL. v. Udrdnszky, diese Zeitschr., Bd. 12, S. 377 ff.; vergl. auch Moli sch, Sitzungsher. d. math.-naturw. Classe d. k. Acad. d. Wissensch., Wien, XCIII. Bd., II. Abth., S. 912.\n2) Gentralbl. f. d. med. Wissensch., 1885, S. 369.","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"123\n. Vor einigen Jahren fand E. Baumann'), dass die Kohlehydrate aus sehr verd\u00fcnnten w\u00e4sserigen L\u00f6sungen leicht in Form ihrer ganz unl\u00f6slichen Benzoylverbindungen abgeschieden werden k\u00f6nnen und dass jeder normale Harn beim Sch\u00fctteln mit Benzoylchlorid und Natronlauge Niederschl\u00e4ge solcher Benzoylverbindungen liefert.\nAuf Veranlassung des Herrn Prof. B\u00e4umann habe ich es \u00fcbernommen, diese Beobachtungen weiter zu f\u00fchren, um wenn m\u00f6glich, die Natur der aus dem Harn ausgef\u00e4llten\nBenzoylverbindungen genauer zu ermitteln.\nIch habe mich zun\u00e4chst \u00fcberzeugt, dass die verschiedensten Kohlehydrate aus verd\u00fcnnten w\u00e4sserigen L\u00f6sungen beim Sch\u00fctteln mit Benzoylchlorid (im Ueb\u00ebrschuss) und der zur Neutralisation erforderlichen Menge Natronlauge zwar stets reichliche Niederschl\u00e4ge der unl\u00f6slichen Benzoylverbindungen liefern, aber nie die gesammte Menge des Kohlehydrates ausgefallt wird. Die von den unl\u00f6slichen Benzoes\u00e4ureestern ab-filtrirte Fl\u00fcssigkeit gibt bei erneuter Behandlung mit Benzoylchlorid und Natronlauge stets noch eine zweite, wenn auch erheblich geringere F\u00e4llung derselben Verbindungen. Durch diese zweite Behandlung werden die Kohlehydrate \u2014 verd\u00fcnnte, weniger als 1 Procent enthaltende L\u00f6sungen vorausgesetzt \u2014 so gut wie vollst\u00e4ndig abgeschieden.\nZur Abscheidung der Kohlehydrate aus dem Harn verfahrt man am besten in folgender Weise: Der\u25a0 (frische Harn wird mit wenig Natronlauge versetzt und von den ausgeschiedenen Phosphaten abfiltrirt. Zu dem Filtrate wurden auf 100 cbcm. des Harns weitere 25\u201440 cbcm. Natronlauge von 1(J\u201412 Procent und zugleich 3\u20145 cbcm. Benzoylchlorid hinzugef\u00fcgt. Diese Mischung wurde alsbald so lange gesch\u00fcttelt, bis der Geruch des Benzoylchlorids verschwunden war. Die Menge der zu verwendenden Natronlauge ist immer abh\u00e4ngig von der Menge des Benzoylchlorids; man hat dabei zu beachten, dass nach Beendigung der Einwirkung die\nl) D. Cliem. Ges, Bd. 19, S. 3218.","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nReaction der Fl\u00fcssigkeit stets alkalisch sei. W\u00e4hrend des Sch\u00fctteins wurde das Gef\u00e4ss mit kaltem Wasser gek\u00fchlt.\nDer hierbei gebildete Niederschlag stellte ein schwach gelbliches, undeutlich krystallinisches Pulver dar, das bis zum Verschwinden der alkalischen Reaction auf dem Filter ausgewaschen wurde. Setzt man das Auswaschen l\u00e4nger fort, so zeigt sich meist nach einiger Zeit eine schwach saure Reaction. Diese kann durch Spuren von Benzoylchlorid, welche in dem Niederschlage eingeschlossen waren, bedingt sein, oder von einer beginnenden Zersetzung herr\u00fchren.\nDie \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknete Substanz beginnt bei 40\u00b0 zu erweichen, schmilzt aber erst \u00fcber 60\u00b0.\nDie Menge der Benzoylverbindungen, welche aus dem Ilarn gewonnen werden k\u00f6nnen, ist bei verschiedenen Personen ungleich; ausserdem wechselt sie aber auch bei ein und demselben Individuum, nach Tageszeit und anderen Bedingungen erheblich. Die Ausbeute an den genannten Benzoylverbindungen betrug bei einer gr\u00f6sseren Zahl von Bestimmungen zwischen 0,138 und 1,309 gr. auf 100 cbcm. Ilarn berechnet.\nDie Benzoylverbindungen aus dem Harn enthalten nachweisbare Spuren von Stickstoff; ein Versuch, den Stickstoff quantitativ zu bestimmen, musste aber wegen der allzu geringen Menge desselben aufgegeben werden. Dagegen zeigt das aus verschiedenen Harnen abgeschiedene Gemenge von Benzoylverbindungen eine grosse Uebereinstimmung im Kohlenstoffund A\\ asserstoflgehalt. Das Mittel mehrerer Analysen ergab folgende Wertlie :\nC 66,82 \u00b0/o H 5,51 \u00bb\nEs schien zun\u00e4chst von Interesse, zu vergleichen, in welchem Verh\u00e4ltnisse die Zusammensetzung der aus verschiedenen Kohlehydraten gewonnenen Benzoylverbindungen zu den aus dem Harn abgeschiedenen Substanzen steht. Zu diesem Zwecke wurden die Benzoylverbindungen des Glycogens und Dextrins, unter Beobachtung der fr\u00fcher angegebenen Bedingungen, dargestellt und untersucht.","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"125\ns\t\u2022\t*\t.\nDas benzoylirte Glycogen stellte ein Weisses k\u00f6rniges Pulver dar, bei dessen Analyse die Werthe:\nG (i5,99o/o\nH 5,45 \u00bb\t-. -\ngefunden wurden.\nDie aus einem Dextrin des Handels dargestellten Benzoyl-verbindungen ergaben bei der Analyse:\t\u2018\nC\t04,16 \u00b0|o\nH\t4,G3 \u00bb\nDie unter denselben Bedingungen gebildeten Benzoyl-Verbindungen des Traubenzuckers besassen nach Baumann\u2019) die Zusammensetzung:\t\u2018\nG 68,82 \u00b0|o\t.\n. H 4,95 \u00bb\t\\\t.\nBau mann4) hat fr\u00fcher darauf hingewiesen, dass bei der Benzoylirung der Kohlehydrate in w\u00e4sserigen L\u00f6sungen stets Gemenge mehrerer Benzoes\u00e4ureester erhalten werden. Es lassen sich deshalb aus den mitgetheilten Analysen noqh nicht bestimmte Schl\u00fcsse auf die eine oder andere Benzoyi-verbindung eines bestimmten Kohlehydrates machen. Docli ist zu erkennen, dass die Zusammensetzung der Benzoyl ver-bindungen aus dem Harn1 2 3) zwischen den Wcrthen der BenZoc-S\u00e4ureester eines Kohlehydrates der Traubenzuckergruppe und denjenigen eines Kohlehydrates der St\u00e4rkegruppe liegt.\nAuf einem anderen Wege gelang es, festzustellen, dass diese Benzoylverbindungen die Benzoes\u00e4ureester von 2 Kohlehydraten enthalten, von welchen das eine wie ein Dextrin sich verh\u00e4lt, das andere die Reactionen des Traubenzuckers zeigt.\nVorl\u00e4ufige Versuche hatten ergeben, dass die Benzoylverbindungen des Dextrins und des Glycogens beim Kochen mit Natronlauge verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig leicht verseift werden, w\u00e4hrend die Benzoes\u00e4ureester des Traubenzuckers von Natron-\n1)\tl. c.\n2)\tL. c.\t\u2022\t...\n3)\tDass diese Bonzoylverbindunjren aus dem Ham die Furfnroi-\nreactioiien der Kohlehydrate liefern, hat k\u00fcrzlich L. v. Ud'r\u00fbnszky gezeigt.; diese Zeitschr., Bd. 12, S, 379.\t; /\t'\t*\" \u2022","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nlauge auch nach l\u00e4ngerer Zeit so gut wie gar nicht ange-giifTen werden. Als 2 gr. der aus dem Harn gewonnenen Substanz mit 200 cbcm. Natronlauge auf dem Wasserbade 0 Stunden lang erhitzt wurden, trat allni\u00e4lig eine Zersetzung ein, welche aber unvollst\u00e4ndig blieb. Ein Theil der Substanz ging in die L\u00f6sung, welche sich dabei mehr und mehr r\u00f6th-lich braun f\u00e4rbte. Ein anderer Theil der Substanz wurde selbst bei lange fortgesetztem weiteren Kochen mit Natronlauge nicht mehr ver\u00e4ndert.\nDieser in Wasser und Natronlauge unl\u00f6sliche R\u00fcckstand l\u00f6ste sich in Alkohol leicht auf. Die alkoholische L\u00f6sung reducirte nach Zusatz \\on Natronlauge Fehling'schc L\u00f6sung. Beim Erhitzen dieser L\u00f6sung oder der in Wasser vertheilten Substanz mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure wird allm\u00e4lig Benzoes\u00e4ure abgespalten, welche durch Sch\u00fctteln mit Aether der Fl\u00fcssigkeit entzogen werden kann ; in der w\u00e4sserigen L\u00f6sung bleibt ein Kohlehydrat zur\u00fcck,. welches die gew\u00f6hnlichen Reactionen des Traubenzuckers gegen alkalische Kupfer- oder Wismutl\u00f6sung, wie gegen Alkalien beim Kochen zeigte. Diese L\u00f6sung gab auch beim Sch\u00fctteln mit Benzoylchlorid und\nNatronlauge wieder eine Abscheidung von unl\u00f6slichen Benzoes\u00e4ureestern.\nDieselbe Best\u00e4ndigkeit gegen Alkalien, und die verh\u00e4lt-nissm\u00e4ssig leichte Verseifbarkeit durch S\u00e4uren zeigten, zum Unterschiede von anderen Kohlehydraten, die aus reinem *1 raubenzucker unter den fr\u00fcher angegebenen Bedingungen dargestellten Benzoylverbindungen.\nIn der bei der Verseifung der Benzoylverbindungen des Harns mit Natronlauge gewonnenen gef\u00e4rbten L\u00f6sung l\u00e4sst sich ein dextrinartiger K\u00f6rper nachweisen, welcher auf Feh-ling\u2019s L\u00f6sung direct nicht einwirkte. Wird aber diese L\u00f6sung mit Schwefels\u00e4ure \u00fcbers\u00e4ttigt und einige Zeit auf dem Wasserbade erw\u00e4rmt, so reducirt sie die alkalische Kupferl\u00f6sung\u201c reichlich. Dieser dextrinartige K\u00f6rper gibt mit Kupfersulfatl\u00f6sung einen blauen, flockigen Niederschlag. Wird dieser Niederschlag ausgewaschen und getrocknet, hierauf in wenig starker Salzs\u00e4ure gel\u00f6st und alsbald Alkohol hinzugef\u00fcgt , so","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":". - 127\t\u2018 \u2022.\t/\u25a0.\t*\n1 \u00bb\nfallt das Kohlehydrat in Form eines flockigen Niederschlages \u2014 besonders leicht beim Erw\u00e4rmen auf 60\u00b0\u2014aus. ln dieser Beziehung stimmt der aus der Benzoylverbindung des Harns gewonnene K\u00f6rper ganz mit dem thierischen Gummi Landwehr\u2019s \u00fcberein.\nAeussere Verh\u00e4ltnisse hinderten mich, \u00fcber die Kohlehydrate des normalen Harns selbst weitere Erfahrungen zii gewinnen. Es ist nicht zu verkennen, dass die hier mit-getheilten Beobachtungen einer weiteren Ausf\u00fchrung, nach mehreren Seiten hin bed\u00fcrfen, besonders wird eine genauere Untersuchung der benzoylirten Kohlehydrate f\u00fcr die in Betracht zu ziehenden Verh\u00e4ltnisse erforderlich sein. Trotz der Unvollst\u00e4ndigkeit meiner Versuche mag doch die Publication der von mir erhaltenen Resultate insofern von Interesse sein, als durch dieselben die Anwendbarkeit einer Methode zur IsoHrung und Trennung verschiedener Kohlehydrate im Harn dargethan wird, und der Nachweis gef\u00fchrt wurde, dass im normalen Harn stets zwei Kohlehydrate enthalten sind, von welchen das eine Feh ling\u2019s L\u00f6sung unmittelbar reducirt und wie Traubenzucker (oder Maltose) sich verh\u00e4lt ; das zweite Kohlehydrat des Harns zeigt die Eigenschaften eines dextrinartigen\nK\u00f6rpers und ist wahrscheinlich identisch mit dem thierischen Gummi Landwehr\u2019s.\nAnmerkung. Die vorstehenden Versuche \u2018 sind im Soirtmer 1887 in meinem Laboratorium ausgef\u00fchrt worden. Ich habe an dem Manu-scripte des Herrn Dr. Weden ski, das mir versp\u00e4tet zur Umarbeitung f\u00fcr den Druck zuging, so wenig als m\u00f6glich ge\u00e4ndert, und nur einige kleine erl\u00e4uternde Zus\u00e4tze eingeschaltet. \u2014 Seitdem ist die Untersuchung \u00fcber die Kohlehydrate des Harns von Herrn Dr. L,\\v. \u00dcdr\u00e4nszky, welcher \u00fcber einen Theil seiner Ergebnisse schon berichtet hat (diese Zeitschr., Bd. 12, S. 372) nach mehreren Richtungen weitergef\u00fchrt worden.\nFreiburg i. B., im Juni 1888.\t.\t. \u2022 ,\nE. Baumann.","page":127}],"identifier":"lit16736","issued":"1889","language":"de","pages":"122-127","startpages":"122","title":"Zur Kenntniss der Kohlehydrate im normalen Harn","type":"Journal Article","volume":"13"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:15:28.234098+00:00"}