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{"created":"2022-01-31T12:51:25.102146+00:00","id":"lit16911","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Sundwik, E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 17: 425-430","fulltext":[{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"Psyllostearylalkohol, ein neuer Fettalkohel im Thierreiche.\nVorl\u00e4ufige Mittheilung.\nVon\nErnst Edv. Sundwik.\n(Der Redaction zugegangen am 25. September 1892.)\nW\u00e4hrend meines Sommeraufenthalts auf dem Lande in Finnland hatte ich schon seit mehreren Jahren jeden Sommer Gelegenheit wahrzunehmen, wie fast alle Erlenb\u00e4ume (die hier allgemein wachsenden Grauerlen, Ainus incana), besonders an den Zweigspitzen, mit einem weissen Pulver bedeckt waren. Dieser Staub war um so auff\u00e4lliger, als man beim Durchgehen ganz weiss gef\u00e4rbt wurde. Eine oberfl\u00e4chliche Untersuchung ergab bald, dass dies nicht etwa vom Baume, sondern von einer auf den Erlen nistenden Blattlaus, Psylla Alni, producirt wurde, auch der Staub zuf\u00e4lliger Weise sich auf den jungen Zweigspitzen von nahe wachsenden Birken befand, doch nur ausnahmsweise. Um sich vor ung\u00fcnstiger Witterung zu sch\u00fctzen, hat das Insect als Larve, welche durch Knospenbildung erzeugt wird und keine Fl\u00fcgel besitzt, auf der R\u00fcckenseite eine Menge Dr\u00fcsen, welche den Stoff secerniren. Sie sind dann einem Stachelschwein nicht un\u00e4hnlich, da der Stoff wie eine Borste \u00fcber jeder Dr\u00fcse, die ihn erzeugt, stehen bleibt. Kommt ein intensiverer Regen, so verschwinden die Insecten gleich. Die Einsammlung muss also in 2 bis 4 Tagen vollendet sein und habe ich zul\u00e8tzt bis \u00fcber 100,000 mit grosser M\u00fche mir schaffen k\u00f6nnen^","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"Die erhaltene Menge des weissen Stoffes war aber dennoch sehr klein. Und doch konnte man auf den Bl\u00e4ttern manchmal bis 2 Millimeter breite Halbkugeln und Tropfen von geschmolzenem Stoffe wahrnehmen, ein Beweis daf\u00fcr, dass die secernirten Mengen keine geringen waren. In der zoologischen Litteratur findet man den Stoff als Fett oder Wachs bezeichnet, meistens wird er aber ganz \u00fcbersehen, seine Natur wenigstens in chemischer Hinsicht nur selten angegeben.\nUm den Stoff untersuchen zu k\u00f6nnen, wurden je einige Tausend Insecten locker in einer D\u00fcte aus Papier gesondert aulgesammelt, die D\u00fcte zusammengefaltet und aufgeh\u00e4ngt zum Trocknen auf luftigem Platze. Erst in letztem Jahre habe ich hinreichend bekommen k\u00f6nnen, um eine vollst\u00e4ndigere Untersuchung zu erm\u00f6glichen. Obgleich Alles noch nicht im Klaren ist, will ich doch die Resultate meiner Untersuchungen publiciren, um sie sp\u00e4ter zu vervollst\u00e4ndigen.\nGleich nach der ersten Einsammlung (1887) machte ich die Wahrnehmung, dass der Stoff auch in heissem Aether unl\u00f6slich ist, gleich wie in kaltem Chloroform, dagegen sehr leicht in heissem Chloroform sich l\u00f6st. Die getrockneten Insecten werden also im gew\u00f6hnlichen Extractionsapparat e mit heissem Aether ausgezogen, wodurch viel Fett gel\u00f6st wurde. Nach Verdunsten des zur\u00fcckbleibenden Aethers wurden die Insecten mit heissem Chloroform ausgezogen. Beim Ab-k\u00fchlen der Chloroforml\u00f6sung schied sich die Substanz fast rein ab. Doch wurde der R\u00fcckstand noch nach dem Fil-triren, Auspressen und Trocknen unter der Luftpumpe \u00fcber Schwefels\u00e4ure zum dritten und vierten Male in gleicher Weise extrahirt. Die nun zuletzt abgepresste und getrocknete Substanz bestand aus einer verfilzten, sehr sch\u00f6n seidengl\u00e4nzenden Masse, die ihrerseits aus ausserordentlich feinen, biegsamen und mikroskopischen Nadeln bestand; Die Masse l\u00f6ste sich beim Trocknen sehr leicht von selbst vom Filter.\nSchon nach der dritten Extraction war der Schmelzpunkt constant und blieb auch so, wie man auch mit der","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"427\nSubstanz vorging. Dagegen schien sie mit Wasser zu krystalli-siren, wenn man sie aus wasserhaltigem Alkohol-Chloroform krystallisiren Hess. Die so erhaltenen Krystalle waren gr\u00f6sser, wurden unter der Luftpumpe \u00fcber Schwefels\u00e4ure matt und zerfielen theilweise zu Staub. Ich habe darum stets beim Analysiren die Masse erst geschmolzen, um sicher zu sein, dass kein Wasser mitfolge.\nHier folgen erst einige Reactionen.\nSchmelzpunkt: constant 95r-96\u00b0 C. (uncorrig.). Der Stoff gesteht zu einer wachs\u00e4hnlichen, durchscheinenden Masse.\nL\u00f6slichkeitsverh\u00e4ltnisse: Der Sto\u00df l\u00f6st sich leicht in heissem Chloroform, Essigs\u00e4ureanhydrid, schwer in heissem absol. Alkohol, nicht in kaltem oder heissem Spiritus, ebenso wenig in heissem Aether. Aus obigen L\u00f6sungsmitteln scheidet sich der Sto\u00df beim Erkalten fast vollst\u00e4ndig aus.\nChoies ter in reactionen gibt der Sto\u00df nicht.\n\u25a0 \u25a0* %\nKalilauge, w\u00e4sserige oder alkoholische, wirkt nicht, auch bei mehrst\u00fcndigem Kochen. Mit einem Ueberschuss von gepulvertem Kali und einigen Tropfen absolutem Alkohol mehrst\u00fcndig geschmolzen, bis zuletzt das Gef\u00f6ss v\u00f6llig durchbohrt wurde, ging nichts in die w\u00e4sserige L\u00f6sung. Der Schmelzpunkt des Sto\u00dfes blieb nach Reinigen auch unver\u00e4ndert.\nMit Essigs\u00e4ureanhydrid erhitzt, konnte aus dem Sto\u00dfe kein Ester isolirt werden. Vielleicht ist dies durch die geringen angewandten Mengen zu erkl\u00e4ren. Der Versuch soll darum noch einmal wiederholt werden.\n\u2022 \u00bb\n. \u00bb\nEs ist also deutlich genug erwiesen, dass der Sto\u00df nicht eine Wachsart ist, kein zusammengesetzter.Sto\u00df, kein Ester, sondern entweder ein indi\u00dferenter K\u00f6rper (z. B. ein Kohlenwassersto\u00df), oder ein Alkohol, gleich Cholesterin und dessen Homologen und Isomeren. \u2014 Nun wurde ein Versuch mit 45,5\u00b0/0 Bromwassersto\u00dfs\u00e4ure gemacht, womit die Substanz nach und nach bis 210\u2014220\u00b0 C. erhitzt wurde. Jetzt unterlag sie einer Spaltung. Man erhielt eine in Alkohol,\n! Aether und den f\u00fcr Fette gew\u00f6hnlichen L\u00f6sungsmitteln ziem-","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"lieh leicht l\u00f6sliche Substanz, die bromhaltig und leicht zu reinigen war. Diese Substanz schmolz bei etwas niedrigerer\nTemperatur als der urspr\u00fcngliche Stoff, um 85\u201487\u00b0 C. Doch war der Stoff, womit der Schmelzpunkt bestimmt wurde, vielleicht noch nicht v\u00f6llig rein.\nBeide Stoffe wurden analysirt und folgen hier die erhal tenen Resultate der Analysen.\n1. Analyse des (supponirten) Alkohdls:\n1.\t0,249 gr.\tSubst.\tgaben\t0,7562\tC0.2\tund\t0,3111 H,0;\n2.\t0,1973 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,600\tC02\t\u00bb\t0,2443 HjO;\n3.\t0,1346 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,4088\tCO,\t\u00bb\t0,1657 Ha 0.\nDiese Zahlen entsprechen genau der Formel C\u201eH<#0, wie es folgende Zusammenstellung zeigt:\nC3S fordert 82,84 \u00b0!0, gefunden 82,81, 82,92, 82,84; Mittel 82,86\u00b0|0. He6 \u00bb 13,80\u00b0fo\u00bb\t\u00bb 13,88, 13,76, 13,60; \u00bb13,75V\n0\t\u00bb\t3,35 \u00b0|0,\t\u00bb\t(3,31), (3,32), (3,56);\t\u00bb\t(3,49) V\nDiese Formel, C38H6#0, w\u00fcrde verdoppelt der Zusammen* Setzung\t> 0 genau entsprechen, eine Formel, die\n\"V Cjj\ndoch unm\u00f6glich ist, da eine Saponification in keiner Weise bewirkt werden konnte.\nObgleich obige Formel zwei mit einander doppelt ver bundene Kohlenstoffatome haben muss und keine Spaltung beim Schmelzen mit Kali eingetreten ist, so muss sie doch als die richtige gelten. Auch die Brombestimmung des erhaltenen Bromids spricht nicht gegen eine solche Annahme.\n2. Br ombestimm un g des mit Bromwasserstoffs\u00e4ure erhaltenen Products :\n0,238 gr. des Bromids wurden in Alkohol gel\u00f6st, etwas Wasser zugef\u00fcgt und auf das Wasser bad gestellt mit aufw\u00e4rt gerichtetem K\u00fchler. Natriumamalgam wurde eingetragen und\nAlles dann l\u00e4ngere Zeit schwach erhitzt.\nDann wurde der Fl\u00fcssigkeit der Alkohol durch Verdunstung entzogen, filtrirt, die zur\u00fcckgebliebenen Reste ausgewaschen und im Filtrate durch Titrirung das Brom bestimmt.\nUi","page":428},{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":"429\n0,238 gr. Bromid erforderten 4,3 cbcm. 11,0 - Normal-Ag-L\u00f6sung, entsprechend 0,0344 Brom oder 14,50\u00b0/0.\nC33H67Br erfordert 14,73 \u00b0|0;\nC33H66Br\t14,76 \u00b0j0 ;\nC33H66Br \u00bb\t14,78 V .\nIst auch hier ein kleiner Verlust an Brom entstanden, so zeigt das Resultat doch, dass man es hier mit einem einwertigen Alkohol, dessen Formel C33Ha5 \u2022 OH am wahrscheinlichsten ist, zu thun hat, denn eine Spaltung in zwei Radicalen h\u00e4tte f\u00fcrwahr sehr grosse Unterschiede zu Tage kommen lassen.\nDazu kam noch eine Beobachtung. Nach der Behandlung mit Brom wasserstoffs\u00e4ure habe ich einmal versucht, das Reactionsproduct mit Kalihydrat zu behandeln. Alles Brom wurde als Broniwasserstoffs\u00e4ure dem Product entzogen, aber absolut Nichts ging in die L\u00f6sung (als Fetts\u00e4ure). Beim Ans\u00e4uren mit Schwefels\u00e4ure blieb die L\u00f6sung klar und beim Destilliren der sauren Fl\u00fcssigkeit ging nichts Saures \u00fcber.\n.\t.\ti\u00bb\nEine Alkohol \u00e4hnlicher Zusammensetzung mit 33 Kohlenstoffatomen ist noch nicht, so weit mir bekannt ist, gefunden worden. Die n\u00e4chst niedrigeren Homologen sind in den Wachsarten aufgefunden,, aber da in Verbindung mit Fetts\u00e4uren, zum Theil mit hohem Kohlenstoffgehalte. Vor einiger Zeit hat Lieb er mann (Berl. Ch. Gesellsch., 1885, S.,1985) eine Untersuchung \u00fcber die Fett- resp. Wachsarten publicirt, welche er als ein Product einem diesen Blattl\u00e4usen nahestehenden Insect, der gew\u00f6hnlichen Cochenillelaus, entz\u00f6gen hat. Dies ist ein wahrer Wachsart mit dem Schmelzpunkte 106\u00b0 C., welches bei der Saponification zwei K\u00f6rper gibt: Coccerylalkohol, zweiwerthig, mit der Zusammens\u00e9tzung C3o Heo (OH),, \u00bb und Cocceryls\u00e4ure, C31 Hfll 08. Diese k\u00f6nnen hier nicht in Frage kommen. Wenn auch schwer, l\u00e4sst sich das Wachs hier v\u00f6llig mit Kali saponificiren und die partielle Saponification geht relativ sehr leicht von Statten. Auch andere k\u00fcrzlich aufgefundene Alkohole scheinen mir keine Vergleichung mit diesem zuzulassen. Weitere Unter-","page":429},{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"suchungen sollen \u00fcber die Natur des K\u00f6rpers neue Aufschl\u00fcsse geben.\nIch habe dem K\u00f6rper den Namen Psyllostearyl-alkohol gegeben, theils um die Abstammung, theils um dessen Zugeh\u00f6rigkeit zur Reihe der Fettalkohole hervortreten zu lassen. :\nHel si ngfors, physiologisch - chemisches Laboratorium, den 1. September 1802.","page":430}],"identifier":"lit16911","issued":"1893","language":"de","pages":"425-430","startpages":"425","title":"Psyllostearylalkohol, ein neuer Fettalkohol im Thierreiche. Vorl\u00e4ufige Mittheilung","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:51:25.102152+00:00"}