Open Access
{"created":"2022-01-31T13:11:20.149029+00:00","id":"lit17033","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"M\u00f6rner, Carl Th.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 20: 357-363","fulltext":[{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"Einige Beobachtungen \u00fcber die Verbreitung der Chondroitin-\nschwefels\u00e4ure.\nVon\nCarl Th. M\u00f6rner in l'psala.\n(Der R*'<laction zngrgsDKcn am 0. Xovi>ml\u00bber ltf'.M.)\nVor einigen Jahren hatte ich Gelegenheit, die Auffindung einer Aetherschwefels\u00e4ure in der Grundsubstanz.-des hyalinen Knorpels mitzutheilen*). Diese Thatsache war insofern von Interesse, dass man fr\u00fcher keine Aetherschwefcl-ifinro als Besiandtheil von Organen oder Geweben kannte. Dazu kam, dass die Aetherschwefels\u00e4ure des Knorpels \u2014 ich nannte dieselbe Chondroits\u00e4ure \u2014 mit den Aetherschwefel-siuren, die man aus dem physiologisch-chemischen Gebiete fr\u00fcher kennen lernte, z. B. Phenol-Indoxyl- oder Skalpxyl-'Chwefels\u00e4ure, sehr wenig verwandt sich lierausstellte Die f\u2019hondroitinschwefels\u00e4ure, wie sie von Schmiedeberg, welcher mit vieh*r M\u00fche und unerm\u00fcdlicher Arbeit ihre Constitution zu erforschen suchte\u2019), sp\u00e4ter benannt wurde, ist n\u00e4mlich sowohl in freiem Zustand als auch in ihren Metallvefbindungen entschieden colloidal, in Alkohol unl\u00f6slich und gibt beim Kochen mit verd\u00fcnnten Minerals\u00e4uren eine reducirende Substanz.\nObwohl mehrere Jahre vergangen sind, seitdem die zuerst in dem Trakealknorpel des Rindes entdeckte Chondroitin-schwefels\u00e4ure beschrieben wurde, kennt man \u00fcber ihr\u00ab* Verbreitung in den verschiedenen Geweben des thierischen Organismus, sowie ihr Vorhandensein in den verschiedenen\n*) Skandinav. Archiv f. Physiologie, Bd. I, S. 210, 1889.\n2) Archiv f. exper. Pathologie u. Pharmakologie, Bd. 28,TS. 354,1891.","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nThierklassen nocli Schwefels\u00e4ure nur gewiesen worden ;\nsehr wenig. Bisher ist die Chondroitiu-in folgenden vereinzelten F\u00e4llen naeli-in :\n1.\tTracheal- und Larynxknorpel des Rindes (Verf.\u2019i;\n2.\tNasenscheidewand und Ohrenknorpel des Sch w,dm (Schmiedet) erg*);\n:i. Skelelknorpel einer Rochenart, Raja batis1), und einer Haifischart, Scymnus microcephalus *) (L\u00f6n olxrg;:\n1. Amyloidleber (Oddi5).\n4n der Absicht, die Kenntniss \u00fcber das Vorkommen der Ohondroitinschwefels\u00e4ure einigermassen zu erweitern, habe\nich eine Reihe von Versuchen angestellt, um dieselbe, wenn m\u00f6glich, auch an anderen Orten aufzufinden. Dabei ist ein. und dieselbe Methode, ob die Untersuchung sich auf Knorpel, Knochen, parenchymat\u00f6se Organe oder Fl\u00fcssigkeiten bezog, consequent eingehalten worden.\n\u25a0 \u2022.\nDas fein zerkleinerte Material wurde bei Zimmertemperatur mit 2 Tbeilen 2proc. Kalilauge dig\u00f6rirt. Nach 2 Tagen wurde mit 3 Tbeilen Wasser verd\u00fcnnt und durch Leinwand filtrirt. Die alkalische Fl\u00fcssigkeit wurde mit Essigs\u00e4ure bis zu deutlich saurer Reaction versetzt, unmittelbar darauf Bammi-carbonat in \u00fcbersch\u00fcssiger Menge hinzugethan, und die Mischung nach kurzem Aufkochen filtrirt. Nachdem die Fl\u00fcssigkeit von der Hauptmasse Eiweiss, das als Alkali* albuminat auf dem Filter blieb, also befreit war, wurde das Filtrat, mit ein wenig Baryumearbonat versetzt, bis zur Trockenheit am Wasserbade concentrirt.\nDer R\u00fcckstand wurde einige Minuten lang mit Wasser ausgekocht, dann filtrirt und das Filtrat, das durch die Baryumbehandlung von pr\u00e4formirter Schwefels\u00e4ure vollst\u00e4ndig\n*) Loc. eit.\n-) h\u00f6r. eit.\n3)\tUpsala Lakareforenings f\u00f6rhandl., Bd. 24, S. 405, 1880. lief, in Jahresher. fi. die Fortschr. d. Thielchemie, Bd. 19, S. 325.\n4)\tUpsala L\u00e4karel\u00f6renings f\u00f6rhandl., Bd. 25, S. 249, 1890.\n:') Archiv f. exper. Pathologie u. Pharmakologie, Bd. 33, S. 37b. 1S04.","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"befreit war, mit Alkohol gelallt. Der Niederschlag, welcher die Chondroitinschwefels\u00e4ure, falls sich solche im untersuchten Material befand, enthalten muss, wurde mit kochendem Al-koliol ausgewaschen und auf seinen Gehalt an Chondroitin-.cliwefels\u00e4ure durch ihr Verhalten zu: 1. Leiml\u00f6sung -f- Essigs\u00e4ure, 2. Eisessig in Ueberschuss und 3. Kochen mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure (Abspaltung freier Schwefels\u00e4ure und roduc. Substanz) weiter gepr\u00fcft.\nVon jeder Knorpelart nahm ich 10\u201420 Gr. in Arbeit, vom \u00fcbrigen Material wenigstens 100 Gr., ausser von Synovia, wovon eine so grosse Quantit\u00e4t nicht zur Verf\u00fcgung stand\u2019, und von welchem Material ich nur so viel zur Untersuchung angewendet habe, als durch Sp\u00fclen mit Wasser- aus 0 Fuss-,'olenken gewonnen werden konnte.\nWas die Zuverl\u00e4ssigkeit und Empfindlichkeit der an^ gegebenen Methode betrifft, hat sich bei Control versuchen mit Hint, dem Chondroitinschwefels\u00e4ure absichtlich beigemengt war. borausgestellt, dass 0,01\u20140,03 Gr. Chondroitinschwefel-sfuire sich mit Leichtigkeit in 100 Gr. Blut nach weisen lassen. In den F\u00e4llen, wo die Chondroitinschwefels\u00e4urepr\u00fcfung bei Benutzung des oben angegebenen Verfahrens und derselben Materialquantit\u00e4t negativ ausgefallen ist (z. B. bei Blut, Knochen, Leber), ist also das Vorhandensein von Chondroitinschwefels\u00e4ure ausgeschlossen, so weit es sich nicht um \u00e4usserst gelinge Spuren handelt, welche, wenn sie \u00fcberhaupt vorhanden Min sollten, erst bei Bearbeitung grosser Materialmengen zu Tage treten w\u00fcrden. Anf\u00e4nglich nahm ich mir vor, die verschiedenen Theile ein und derselben Thierart zu untersuchen, und w\u00e4hlte dazu das erwachsene Bind als das am leichtesten m beschaffende Untersuchungsobject.\nAus fr\u00fcheren Untersuchungen war es mir bekannt, dass bei diesem Thier der Knorpel der Luftr\u00f6hre und des Kehlkopfes Chondroitinschwefels\u00e4ure enth\u00e4lt. Es lag nun nahe, zu erforschen, wie andere in verschiedenen K\u00f6rpertheilen befindliche Knorpel und besonders die von den Histologen aut-gestellten Knorpelgruppen: hyaliner, elastischer und Binde-^ wobo-Knorpel, sich in dieser Hinsicht verhalten.\nit\" lirift f\u00fcr physiologische Chemie. XX.\t. 'i\\r","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"1\n360\nFolgende Knorpelarten wurden untersucht :\nA.\tHyaliner Knorpel von:\n1.\tLuftr\u00f6hre (Trachea);\n2.\tBronchen verschiedener Kaliber;\n3.\tRingknorpel ;\n4.\tSchildknorpel;\n5.\tGiessbeckenknorpel;\n6.\tNasenfl\u00fcgel ;\n7.\tNasenscheidewand;\n8.\tZungenbein (Cornu majus desselben) ;\n9.\tRippen ;\n10.\t.Sch\u00e4del (Condylus occipitalis desselb.);\n11.\tSchenkelbeinkopf (Caput femoris);\n12.\tSchienbein (Caput desselb.);\n13.\tKniescheibe;\n14.\tFersenbein (Calcaneus).\nB.\tElastischer Knorpel von:\n1.\tKehlkopfdeckel ;\n2.\tAusserohr.\nC.\tBindegewebe-Knorpel von:\n1.\tIntervertebralscheiben;\n2.\tH\u00fcftpfanne (Labrum glenoideum desselb.):\n3.\tZwischengelenkscheiben des Kniegelenks;\n4.\tGleitscheibe (in die Fersensehne hinter dom Fersenbein eingef\u00fcgt).\nDie Resultate stimmten gut \u00fcberein: in allen untersuchten Knorpelarten ohne Ausnahme war Chbndroitinschwefel-s\u00e4ure ohne M\u00fche und in reichlicher Menge nachzuweisen, Wa> dabei in erster Linie beachtet zu werden verdient, ist, das> auch die elastischen und die bindegewebigen Knorpel Chon* droitinschwefels\u00e4ure enthalten \u2014 hier\u00fcber liegen keine fr\u00fchere Angaben vor mit Ausnahme der von Schmiedeberg s \u00fcber das Vorkommen von Chondroitinschwefels\u00e4ure im elastischen Knorpel des Schweineohres *) \u2014 ferner, dass \u00fcberhaupt nicht ein einziger Knorpel, welcher Art immer, Chondroitinschwefel-\nl) Loc. cit\u00e2t.\t\u2022\n\u00ab","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"361\ni\u00e4ure entbehrt, welche letztere darum, wenigstens wa\u00a3 die in Frage stehende Thierart anbetrifft, fur jede der von den Histologen erkannten Knorpelarten constant erachtet werden\nmuss.\nWeiter wurden die Versuche auf and\u00f6re Theile nicht knorpelartiger Natur erstreckt, wobei folgendes Material in Betracht kam:\t\u2018\n1.\tKnochen (Diafystheile aus Femur und Tibia);\n2.\tKnochenmark;\n3.\tSehnen (Achilles-);\n4.\tMuskel ;\n5.\tR\u00fcckenmark ;\n0. Leber;\n7.\tBauchspeicheldr\u00fcse;\n8.\tNiere;\n\u2022 0. Milz ;\n10.\tHoden;\n11.\tMilchdr\u00fcse;\t.\n12.\tThymusdr\u00fcse (des Kalbes);\n13.\tBlut;\n14.\tSynovia.\nEbenso constant, wie die Chondroitinschwefels\u00e4ure sich in reichlicher Menge in jeder Knorpelart darbot, ebenso unm\u00f6glich war es, in irgendwelchem der genannten Untersuchungsobjecte Chondroitinschwefels\u00e4ure nachzuweisen, welche also \u2014 wir halten uns fortw\u00e4hrend nur an die obengenannte Thierart \u2014 nicht nur ein constanter Bestandtheil des Knorpelgewebes, sondern auch eine demselben specifische Substanz zu sein scheint.\t\" *\t.\nEin solcher Ausspruch scheint mir nicht gar zu gewagt, wenn er auch vorl\u00e4ufig von einem bei der Untersuchung zu Tage getretenen Factum, wenigstens scheinbar, widersprochen wird. Wenn ich n\u00e4mlich die Aorta (abdominalis) auf einen Ochalt an Chondroitinschwefels\u00e4ure pr\u00fcfte, wurden zu meiner 1 \u00dcberraschung typische Reactionen erhalten; die Menge der &ure war nicht gross im Verh\u00e4ltniss zu der, welche man aus Knorpelgewebe zu erhalten pflegt, ihr Vorhandensein jedoch","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362\nunbestreitbar. Ebenso verhielt es sich mit den \u00fcbrigen Abschnitten der Aorta (Arcus aorto, Aorta descendons), dir* j,|, besonders pr\u00fcfte, sowie mit Arteria pulmonalis.\nWas nun die Aorta betrifft, stellte ich durch besonder.. Versuche, bei denen die Tunica intima nebst den n\u00fcclist-liogenden Schichten der Tunica media (im Ganzen ungef\u00e4hr */5 der Dicke der Aortawand umfassend) von den \u00e4ussoivn 7* lospr\u00e4parirt wurden, fest, dass die beim Pr\u00fcfen der Aorta im Ganzen erhaltene Chondroitinschwefels\u00e4ure ihren liauiit-s\u00e4chliehen Ursprung in den inneren Schichten hat.\nHeim Versuche, diesen Ghondroitinschwefels\u00fcurogelialt iler grossen Arterien zu erkKiren, stellt man sich nat\u00fcrlich zun\u00e4chst die Frage: findet sich vielleicht in den Arterfoij (besonders in ihren inneren Schichten) eine knorpelartig.*-Substanz in so unbedeutender Menge oder in einer so atypischen oder larvirten Form, dass sie von den Histologcn nicht als solche erkannt und aufgefasst worden ist? Dabei hat man z. H. an die sogenannte subendotheliale Schicht zu denken, die im Aussehen und in ihrem Verh\u00e4ltnis Farbstoffen gegen\u00fcber mit einer \u00e4usserst d\u00fcnnen Knorpellamelle vielfach zu. \u00fcbereinzustimmen scheint.\nVon der Specificit\u00e4t der Chondroitinschwefels\u00e4ure f\u00fcr Knorpelbildungen, welcher Art immer, \u00fcberzeugt, zweifle ic h nicht daran, dass man aus dem Vorhandensein der Clioii-droitinscliWefels\u00e4ure in den grossen Arterien auf deren Gehalt au Knorpelsubstanz in irgend einer Form schlossen darf. Eine n\u00e4here histologische Pr\u00fcfung der grossen Arterien, besonders ihrer inneren Schichten, w\u00e4re behufs Er\u00f6rterung dieser Frage sehr w\u00fcnschenswert!!.\nBeil\u00e4ufig mag hier erw\u00e4hnt werden, dass auch die menschliche Aorta hei der Untersuchung, an frischem Material aus dem hiesigen pathologisch-anatomischen Institute angestellt, sich als ebenso deutlich chondroRinschwcfels\u00e4uiv haltig erwies.\nMit der eben in K\u00fcrze wiedergegebenen Untersuchung besch\u00e4ftigt, wurde ich auch auf das pathologisch-chemisch'* Gebiet gelenkt, haupts\u00e4chlich durch eine Angabe Schmit d\"*\n4","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"363\nbo rg 's1), dass er bei Pr\u00fcfung eines Enchondronis keine Chondroitinschwefels\u00e4ure darin nachweisen konnte. Weitere Angaben \u00fcber das Verhalten der Knorpelgeschw\u00fclste in dieser Beziehung liegen, so viel ich weiss, in der Literatur nicht vor, weswegen ich das freilich unbedeutende Material, das ich aus den pathologisch-anatomischen Instituten in Upsala und Stockholm erhalten konnte, in Untersuchung genommen habe, in allem 8 pathologische Knorpelbildungen, 1\u20146 aus Upsala, 7\u20148 aus Stockholm*).\n1.\t\u00abEnchondroma phallangum pollicis\u00bb; 1865 exstirpirt.\n2.\t\u00abEnchondroma dorsi manus\u00bb, von einem 16j\u00e4hrigen Knaben; 1873 exstirpirt.\n\u00abChondroma osteides mucosum tibiae\u00bb, von oinem 15j\u00e4hrigen M\u00e4dchen; 1874 exstirpirt.\n4. \u00abEnchondrom der Lunge\u00bb.\n,\t5. \u00abEnchondrom von der Gegend hinter dem Ohr\u00bb.\n(\u00bb. \u00abEnchondrom\u00bb.\n7. \u00abEnchondrom der Hoden\u00bb eines 30j\u00e4hrigen Mannes.\ns. \u00abExostosis cartilaginea humeri \u00bb.\nNicht weniger \u00fcbereinstimmend als beim normalen Knorpel gestaltet sich auch hier das Resultat: in jeder der untersuchten pathologischen Knorpelbildung fand sich Chondroitinschwefels\u00e4ure in betr\u00e4chtlicher Menge.\nNat\u00fcrlich w\u00e4re es nicht berechtigt, nur aus.dieser wenig umfassenden Untersuchung den Schluss,zu ziehen, dass eine jede Enchondrombildung diese S\u00e4ure enthalten niuss; doch wage ich es, aut den bisher gemachten Erfahrungen \u00fcber die Verbreitung der Chondroitinschwefels\u00e4ure gest\u00fctzt, meine feste Yerinuthung auszusprechen, dass jede Knorpelgeschwulst ohne Ausnahme bei einwandfrei ausgef\u00fchrter Untersuchung sich cliondroitinschwefels\u00e4urehaltig zeigen wird. Betreffs Sch in iede-\u2022 berg\u2019s negativer Angabe kann ich mich von der Richtigkeit derselben nicht \u00fcberzeugt f\u00fchlen, da die kurz gefasste Be-\n\u2019) Loc. cit.\n-) N\u00e4here Angaben, als die hier citirte. sehr unvollst\u00e4ndige, .waren ni. ht zu erhalten.","page":363}],"identifier":"lit17033","issued":"1895","language":"de","pages":"357-363","startpages":"357","title":"Einige Beobachtungen \u00fcber die Verbreitung der Chondroitinschwefels\u00e4ure","type":"Journal Article","volume":"20"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:11:20.149034+00:00"}