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{"created":"2022-01-31T12:55:53.011976+00:00","id":"lit17044","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Manasse, Paul","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 20: 478-488","fulltext":[{"file":"p0478.txt","language":"de","ocr_de":"t\nlieber zuckerabspaltende, phosphorhaltige KBrper in Leber und\nNebenniere.\nVon\nDr. Pani Manasse,\nII. Assistenten am pathologischen Institut.\n(Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strassburg.)\n(Der Redaction zugegangen am 11. M\u00e4rz 1895.)\nEs ist seit Jahren bekannt, dass die Marksubstanz der Nebennieren zum gr\u00f6ssten Theil aus Zellen zusammengesetzt ist, welche, mit chromsauren Salzen behandelt, eine dunkelbraune F\u00e4rbung annehmen, dagegen in Alkohol geh\u00e4rtet, vollst\u00e4ndig farblos bleiben. Vor einiger Zeit1) habe ich nun in den Gef\u00e4ssen der Nebennieren, welche frisch in chromsauren Salzen fixirt waren, eine braune glasige Substanz beschreiben k\u00f6nnen, von welcher gleichfalls bei directer Alkoholbehandlung nichts zu bemerken war. Ich musste also vermuthen, das.\u00ab die Substanz, welche diese eigenth\u00fcmliche braune Chroms\u00e4ure-Verbindung in den Zellen sowohl als in den Gef\u00e4ssen gab, in Alkohol l\u00f6slich sei.\nIch habe desshalb den Alkoholextract dieser Organe chemisch untersucht, um jene Substanz isolirt zu erhalten und eventuell n\u00e4her definiren zu k\u00f6nnen.\nHerr Professor Dr. Hoppe-Seyler, in dessen Laboratorium ich diese Untersuchungen anstellte, hat mich in liebensw\u00fcrdigster Weise mit Rath und That unterst\u00fctzt, wof\u00fcr ich nicht verfehlen m\u00f6chte, ihm auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.\n*) Virch. Arch., Bd. 135, S. 263.","page":478},{"file":"p0479.txt","language":"de","ocr_de":"V\n479\nVon vorneherein m\u00f6chte ich bemerken, dass es mir\nt\t\u00ab\nnicht gelungen ist, jene Substanz zu erhalten, dass ich jedoch constant im Alkoholextract der Nebennieren einen K\u00f6rper angetroffen habe, welcher grosse Aehnlichkeit mit dem von Diechsei1) in der Leber gefundenen und von ihm so benannten Jecorin besitzt, jedoch nicht mit demselben identisch zu sein scheint.\nDas Jecorip selbst ist nur wenig untersucht; es liegen, soweit mir bekannt, ausser der Drechsel\u2019schen Abhandlung nur 2 Arbeiten dar\u00fcber vor; es schien mir desshalb lohnend* zun\u00e4chst diesen K\u00f6rper n\u00e4her zu studiren, besonders um den in den Nebennieren gefundenen, \u00fcber den ich weiter unten berichten werde, mit demselben vergleichen zu k\u00f6nnen.\nI.\nJecorin.\nDas Jecorin wurde von D rech sei im Alkoholextract der Leber gefunden, und zwar aus der \u00e4therischen L\u00f6sung desselben durch absoluten Alkohol gelallt.\nDie Analyse Drechsel\u2019s gab folgende Resultate:\nc . .\t. 51,32-51,64 \u00b0|\nH . .\t.\t3,11\u2014 8,25 \u00b0(\nN . .\t\u2022 2,80\nS . .\t.\t1,42- 1,47 \u00b0|\nP . .\t.\t3,2 - 3,7 %\nNa. .\t\u2022\t2,72 \u00b0[0.\n0 . .\t. 30,10 \u00b0|0.\nEr berechnet daraus die Formel:\nC<0,H\u201e,N,SP,Na,O4,.\nDas getrocknete Jecorin war in wasserfreiem Aether fast unl\u00f6slich, ebenso in Alkohol, dagegen in Wasser l\u00f6slich nach vorhergehender Quellung. Durch concentrirte Salzl\u00f6sungen wurde die w\u00e4sserige L\u00f6sung gef\u00e4llt. Essigsaures Kupferoxyd und salpetersaures Silberoxyd f\u00e4llten die L\u00f6sung gleichfalls. Die Niederschl\u00e4ge l\u00f6sten sich auf Zusatz v\u00f6n Jecorinl\u00f6s\u00fcng.\n\u2018) Journal f. prakt. Chemie, Bd. 33, S. 425.","page":479},{"file":"p0480.txt","language":"de","ocr_de":"480\nDiese L\u00f6sungen waren stark opalisirend; die silberlialti . wurde durcli etwas Ammoniak v\u00f6llig klar und f\u00e4rbte' 4 dann beim Kochen prachtvoll weinroth. Versetzte man 4! kupferhaltige L\u00f6sung mit einigen Tropfen Natronlauge, wurde sie sch\u00f6n blau und klar, und schied beim rolhes Kupferoxydul aus; dasselbe geschah beim Kochen ei,, ' Jecorinl\u00f6sung mit Fehling\u2019scher L\u00f6sung. Alkalische L\u00f6sung,,, von rothem Blutlaugensalz wurden in der Hitze durch Je, o,ii-ebenfalls reducirt. Ferner gelang es Drechsel, Stearins\u00e4u,, aus dem Jecorin darzustellen. Am Schl\u00fcsse seiner Abhandliu, \u25a0 weist er darauf hin : 1. auf diesen K\u00f6rper R\u00fccksicht zu nehmen bei der Bestimmung der Kohlehydrate, \u00b1 warnt er davor, den ganzen Phosphorgehalt des Alkohol\u00e4therextractes auf Lecithin zu beziehen.\nWeiter stellte Bai di1) das Jecoirin aus Kaninchen- und Runde-Leber dar, desgl. aus Rindermilz, Pferdemuskel und aus Rohcerebrin. Auch er weist darauf hin, wie falsch jetzt sei, die Lecithinmenge nach dem Phosphorgehalt und die Zuckermenge nach dem Reductions verm\u00f6gen der w\u00e4sserigen-und alkoholischen Extrade eines Organes zu bestimmen. Er fand \u00fcberall dieselben Eigenschaften in dem Jecorin der verschiedenen Organe und erhielt bei der Analyse folgende Wertlie:\nc . . . 40,88-46,89 \u00b0|0.\nH . . .\t7,81- 8,09 \u00ab\u2018jo.\nX ...\t4,36- 4,88 (\u00b0/0.\nS . . .\t2,14- 2,70 \u00b0/0.\nF . . .\t2,29- 2,75 */0.\nNa. . .\t5,72 \u00b0/0.\nDrittens hat Jacobsen*) das Jecorin im Blut beschrieben und sein Reductionsverm\u00f6gen genauer studirt.\nIch habe mir nun das Jecorin dargestellt und verfuhr\ndabei, analog der Drechsel\u2019sehen Angabe, auf folgende Weise:\nGr\u00f6ssere Mengen von Pferdeleber (jedesmal ca. 4 Kilogr.. im Ganzen ca. 16 Kilogr.) wurden von gr\u00f6sseren Gefassen\n*) D u Bois\u2019 Arch. 1887, Supplementbd., S 100. 2) Centralblatt f. Physiologie 1892, Heft 13.","page":480},{"file":"p0481.txt","language":"de","ocr_de":"481\nbefreit, klein gehackt und l\u00e4ngere Zeit (Tage und Wochen lang) mehrfach mit Alkohol extrahirt. Die vereinigten Extrade wurden liltrirt, bei massiger W\u00e4rme, 40-50\u00b0, auf dem Wasserbade bis zur Syrupconsistenz eingedampft. Dieser R\u00fcckstand wurde dann mehrfach mit absolutem Alkohol behandelt, die alkoholische L\u00f6sung abgegossen, der Rest soweit als m\u00f6glich in Aether gel\u00f6st und filtrirt. F\u00fcgte ich zu der \u00e4therischen L\u00f6sung absoluten Alkohol in gleicher bis doppelter Menge hinzu, fiel ein dicker braungelbcr flockiger Niederschlag aus, welcher sich stark zusammenballte und sich sehr bald absetzte. Dieser Niederschlag musste Jecorin sein.\nDasselbe wurde am anderen Tage wieder in Aether gel\u00f6st, wobei ein kleiner Theil ungel\u00f6st blieb, aus der \u00e4therischen L\u00f6sung das Jecorin wieder mit absolutem Alkohol gef\u00e4llt. Diese Reinigung wurde 6\u20148 Mal wiederholt. Die Fl\u00fcssigkeit wurde dann soweit als m\u00f6glich abgegosseh, das Jecorin im Decherglase mit dem Rest des Alkohol-Aethers \u00fcber Schwefels\u00e4ure gestellt und getrocknet. Die Substanz auf dem Filter zu trocknen, ist unzweckm\u00e4ssig, da sie zu fest mit dem Papier verklebt.\nNach vollst\u00e4ndiger Trocknung stellte das Jecorin eine erdige, por\u00f6se, fast weisse Substanz dar, welche bei geringster Wasseraufnahme braun wurde. Es war in Aether sowohl als in Alkohol unl\u00f6slich, leicht l\u00f6slich dagegen in Wasser mit geringer Opalescenz, welche auf Zusatz von Natronlauge vollst\u00e4ndig verschwand. Ueberhaupt zeigtees die von D rech sei angegebenen Eigenschaften, besass vor Allem die F\u00e4higkeit, alkalische Kupferl\u00f6sung beim Erw\u00e4rmen zu reduciren.\nDer Phosphor- und Fetts\u00e4ure-Gehalt verlieh dem Jecorin eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Lecithin, auf die \u00fcbrigens auch schon Dr ec h sei hingewiesen hat. Ich habe desshalb versucht, die Zersetzungsproducte des Lecithins aus dem Jecorin durch Verseifung des letzteren darzustellen: Zu diesem Zweck wurde eine gr\u00f6ssere Menge Jecorin in wenig Wasser gel\u00f6st, mit ges\u00e4ttigter, w\u00e4sseriger Barytl\u00f6sung eine Stunde lang gekocht, der \u00fcbersch\u00fcssige Baryt durch Kohlens\u00e4ure entfernt und mit den Barytseifen abfiltrirt. Das Filtrat wurde auf","page":481},{"file":"p0482.txt","language":"de","ocr_de":"482\ndom Wasserbade fast bis zur Trockne eingedampft, der Hiiik-stand mit absolutem Alkohol behandelt, die alkoholisch' L\u00f6sung abflltrirt, der Rest in Wasser gel\u00f6st.\nDie w\u00e4sserige L\u00f6sung musste nun die Glyccrinphosj.li\u201ei s\u00e4ure (als Barytsalz), die alkoholische das Cholin enthalt\u00ab, wenn Lecithin in dem Jecorin enthalten war. Die alkoholische L\u00f6sung wurde nun mit alkoholischer Platinchloridl\u00f6sung vw. v setzt, wobei ein dicker, gelber Niederschlag sich abschk-d Dieser wurde auf kleinem Filter gesammelt, in wenig Wasser gel\u00f6st, auf dem Wasserbade eingeengt und auf den Exsiccator gestellt. Am anderen Morgen hatten sich die bekannten sch\u00f6nen, orangerothen Krystalle des salzsauren Neurin-Platinchlorids ausgeschieden.\nDer Theil des Verseifungsr\u00fcckstandes, welcher, in AI-kohol unl\u00f6slich, in Wasser gel\u00f6st worden war, wurde etwas eingedampft, wenige Tropfen der L\u00f6sung im Platintiegel mit Salpeter und Soda geschmolzen, die Schmelze nach dem Erkalten in heissem Wasser gel\u00f6st, mit reiner Salpeters\u00e4ure stark sauer gemacht und mit molybd\u00e4nsaurem Ammoniak versetzt. Nach dem Erw\u00e4rmen fiel ein starker gelber Niederschlag von phosphormolybd\u00e4nsaurem Ammoniak aus.\nDurch diesen Nachweis von Phosphors\u00e4ure war auch zugleich die Glycerinphosphors\u00e4ure nachgewiesen, da Glycerinphosphors\u00e4ure die einzige phosphorhallige S\u00e4ure ist, welche mit Baryt ein in Wasser l\u00f6sliches Salz bildet.\nDer erste, bei der Verseifung erhaltene Niederschlag voii Barylseifen und Baryumcarbonat wurde in Wasser aufgenom-men, mit Salzs\u00e4ure versetzt und mit Aether gesch\u00fcttelt. Nach der Trennung der \u00e4therischen von der w\u00e4sserigen L\u00f6sung wuide die erstere auf ein kleines Volumen eingeengt, der Best getrocknet. Hierbei schieden sich sehr sch\u00f6ne Krystalle aus, welche bei 58-60# schmolzen, also offenbar Fetts\u00e4uren darstelltcn.\n\\\\ ir haben also in dem Jecorin Cholin, Glycerinphosphoi-s\u00e4ure und Fetts\u00e4uren gefunden; damit ist aber der Beweis\nerbracht, dass in ihm ein lecithin artiger K\u00f6rper enthalten ist.","page":482},{"file":"p0483.txt","language":"de","ocr_de":"483\nDie h\u00f6chst auffallende Eigenschaft des Jecorins, Kupfer in alkalischer L\u00f6sung zu reduciren, f\u00fchrte darauf hin, Beziehungen dieser Substanz zu irgend einem Kohlehydrat aufzusuchen.\nZuerst wurde an Galactose gedacht. Der Nachweis derselben ware leicht durch Darstellung von Schleims\u00e4ure zu erbringen gewesen.\nEs wurde desshalb nach Kent und To Ile ns1). .1 gr. .lecorin fein verrieben, mit 12 ebem. Salpeters\u00e4ure von 1,15 sp. G. auf dem Wasserbade erhitzt, bis die Fl\u00fcssigkeit syrup\u00f6s wurde. Beim Erkalten schieden sich Krystalle aus, welche jedoch mit Schleims\u00e4ure keine Aehnlichkeit hatten, da sie absolut nicht jene f\u00fcr diese S\u00e4ure charakteristische weissc sandige Beschaffenheit zeigten, ferner auch in Aether l\u00f6slich waren. (Sie erwiesen sich dann als Fetts\u00e4urekrystalle.) Galactose konnte demnach nicht das gesuchte Kohlehydrat sein.\nEs wurde das Letztere von dem Lecithin zu trennen versucht und zwar zun\u00e4chst durch die Behandlung mit Alkalien. Jedes Product der Barytverseifung sowohl als auch einer Verseifung mit alkoholischer Kalilauge wurde auf seine F\u00e4higkeit, Kupfer zu reduciren, gepr\u00fcft, jedoch stets ohne Erfolg. Die reducirende Substanz, welche neben dem lecithin-\u00e4hnlichen K\u00f6rper im Jecorin vorhanden war, musste also beim Kochen mit Alkalien zersetzt worden sein.\nKochte ich das Jecorin jedoch nur 10 Minuten mit -/J>roc. Schwefels\u00e4ure, so schied sich aus der L\u00f6sung eine braune harzige Masse aus, welche abfiltrirt, leicht in Aether l\u00f6slich war; pr\u00fcfte ich jetzt die w\u00e4sserige L\u00f6sung auf Reduction, so Fici ein so starker Niederschlag von Kupferoxydul aus, dass ich entschieden den Eindruck gewann, als ob die Reductions-f\u00e4higkeit vermehrt w\u00e4re.\nSchon im Anfang hatte ich den Versuch gemacht, durch Behandlung des Jecorins mit salzsaurem Phenylhydrazin und essigsaurem Natron ein Osazon darzustellen, jedoch mit wechselndem Erfolg.\n') Liebig\u2019s Annalen, Bd. 227, S. 224.","page":483},{"file":"p0484.txt","language":"de","ocr_de":"484\nWenn ich jetzt nach der Schwefels\u00e4ure-Behandlung ,)K. Jecorins mit Baryumcarbonat neutralisirte, abfiltrirte und da-Filtrat mit salzsaurem Phenylhydrazin und essigsaurem Xutroii nach der Emil Fischer\u2019 sehen Vorschrift versetzte, dreivierte! Stunden im Wasserbade erhitzte, erhielt ich stets den charakteristischen, an Tannenzweige erinnernden Niedersclilaj welcher schon in der W\u00e4rme ausfiel. Derselbe bestand untn dem Mikroskop aus langen, gelben, in B\u00fcscheln bei einander liegenden Nadeln, typischen O s a z o n krystallen. Hierdurch war das Vorhandensein einer Zuckerart im Jecorin erwiesen bezw. die M\u00f6glichkeit, durch Hydrolyse einen Zucker aie jenem K\u00f6rper abzuspalten. Um den Charakter des Zuckers n\u00e4her zu bestimmen, wurde von den Osazonkrystallen ein. gr\u00f6ssere Menge dargestellt, dieselben mit Chloroform gereinigt, getrocknet und auf ihren Schmelzpunkt untersucht :\nSie schmolzen bei 203\u2014204\u00b0.\nDieser Schmelzpunkt (204\u2014205) kommt nur dem Glucosa-zon zu, bezw. den mit ihm identischen Osazonen der Maimon* und der Fructose.\nCharakteristisch f\u00fcr Mannose ist ihr schwer l\u00f6sliche-Phenylhydrazon. Beim Vermischen der kalten w\u00e4sserigen Mannose-L\u00f6sung f\u00e4llt das Hydrazon als krystallinischer Nieder-schlag aus, w\u00e4hrend die Hydrazone der \u00fcbrigen Zuckerarten meist leicht l\u00f6slich sind*).\nBei der Behandlung unserer Substanz mit salzsaurem Phenylhydrazin und essigsaurem Natron konnte eine Krystalli-sation des Hydrazons nicht beobachtet werden, nur da-Osazon fiel nach dreiviertelst\u00fcndigem Erw\u00e4rmen regelm\u00e4\u00dfig aus. Also konnte der vom Jecorin abgespallene Zucker keine Mannose sein. Bleibt nur noch Fructose und Glucose. Da; Vorhandensein der ersteren in der Leber ist jedoch sehr unwahrscheinlich, da sie mit Ausnahme beim Diabetes (K\u00fclz) \u00fcberhaupt noch nicht im thierischen Organismus nachgewiesen ist.\n') Meyer und Jacobson, Lelirb., Bd. I, S. 877.","page":484},{"file":"p0485.txt","language":"de","ocr_de":"485\nIch stehe desshalb nicht an, das im Jecorin enthaltene Kohlehydrat f\u00fcr Glucose anzusprechen. F\u00fcr letztere spricht \u00fcbrigens auch die Thatsache, dass das Osazon, schon in der Warme ausgefallen ist.\nII. \u25a0\nNebennieren-Substanz.\nDie Nebennieren wurden in der gleichen Weise behandelt wie die Leber: Gr\u00f6ssere Mengen*) von Rinds- und Tferde-Xebennieren wurden m\u00f6glichst gleich nach dem Schlachten sorgf\u00e4ltig von Fett und Bindegewebe befreit, klein geschnitten und l\u00e4ngere Zeit mit 96proc. Alkohol bei Zimmertemperatur extrahirt, der R\u00fcckstand des Extrades mit absolutem Alkohol behandelt, dann der ungel\u00f6st gebliebene Rest soweit als m\u00f6glich in Aether gel\u00f6st. Die filtrirte \u00e4therische L\u00f6sung wurde mit absolutem Alkohol versetzt. Auch hier fiel ein dicker gelbbrauner flockiger Niederschlag aus, welcher sich am folgenden Tage gut abgesetzt hatte. Die Reinigung wurde in der gleichen Weise vorgenommen wie beim Jecorin, die Substanz \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet.\nDiese getrocknete Substanz hatte nun eine grosse Aehn-lichkeit mit Jecorin, jedoch fehlte ihr eine der haupts\u00e4chlichsten Eigenschaften des letzteren vollst\u00e4ndig: Sie reducirte niemals Kupfer in alkalischer L\u00f6sung. Ferner war sie im Gegensatz zum Jecorin selbst nach monatelangem Trocknen in Aether sehr leicht l\u00f6slich.\nDie Analyse dieser Substanz gab folgende Resultate:\n1.\t0,1996 gr. im offenen Rohr unter Vorlage von Kupferoxyd und Bleichromat verbrannt, ergaben 0,S033 gr. GO, = 0,0827 gr. C = 41,43\u00aef0 G, und 0,1291 gr. H20 = 0,0143 gr. H = 7,16 \u00b0/0 H.\n2.\t0,1916 gr., nach Hammarsten behandelt, gaben 0,0255 gr. BaS04 = 0,0035 gr. S = 1,8 \u00b0!0 S.\n3.\t0,135 gr. mit Salpeter und Soda verbrannt etc. gaben 0,023 gr. Mg, P,0,\n=* 0,006 gr. P = 4,44 V\n4.\t0,2284 gr., nach Kjeldahl behandelt, ergaben 0,8 \u00b0J0 N.\nEs wurde nun ebenso wie beim Jecorin auf Lecithin untersucht, und zwar mit demselben Erfolge: Es gelaiig leicht, '\n') Im Ganzen wurden ca. 350\u2014400 Nebennieren verarbeitet.","page":485},{"file":"p0486.txt","language":"de","ocr_de":"486\n.lurch die Verseifung Fetts\u00e4uren, Glycerinphosphors\u00e4ure, sowie Uiohn darzustellen. Das Platindoppelsalz des letzteren schien nur jedoch hier in weit geringerer Menge vorhanden zu sejn als beim Jecorin, ein Umstand, der wohl mit dem gering StickslofTgehalt der Substanz in Zusammenhang steht, p\nDann wurde versucht, durch Behandlung dieses K\u00f6rper., mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure eine Reductionsf\u00fchigkeit zu erzielen. Zu diesem Ende wurde die Substanz mit 2\u2019/proc Schwefels\u00e4ure im Kolben mit R\u00fcckflussk\u00fchler 2 Stunden laue gekocht, jedoch ohne Erfolg: die L\u00f6sung, von der sich ein Niederschlag in schw\u00e4rzlichen Flocken abgeschieden halte reducate nicht. Das Gemenge wurde etwas eingedamplt' mit wenig Wasser in ein Glasrohr gebracht, letzteres zu-geschmolzen und 5 Stunden lang im Luftbade auf 13o\u00b0 erhitzt. Jetzt reducirte die L\u00f6sung sehr deutlich; die schw\u00e4rzlichen Flocken waren auch jetzt ungel\u00f6st geblieben, sie wurden abfiltrirt, in Aether leicht gel\u00f6st und erwiesen sich nach dem Verdunsten des letzteren als Fetts\u00e4uren.\nDie schwefels\u00e4urehaltige, Kupfer reducirende L\u00f6sung wurde mit Baryumcarbonat neutralis\u00e2t und liltrirt. Das Filtrat wurde eingedampft, mit salzsaurem Phenylhydrazin und essigsaurem Natron im Wasserbade erhitzt. Nach 7, Stunden schied sich auch hier jener charakteristische Niederschlag aus, welcher sich unter dem Mikroskop aus langen, gelben Nadeln, richtigen Osazonkrystallen, zusammengesetzt erwies.\nDiese Proeedur der Zersetzung mit Schwefels\u00e4ure wurde noch mehrfach wiederholt bei verschiedener Concentration der S\u00e4ure und verschiedenen Hitzegraden: Reduction wurde h\u00e4ufiger erzielt, jedoch erhielt ich niemals wieder die sch\u00f6nen Osazonkrystalle wie beim ersten Mal.\nJedenfalls ist es aber einmal gelungen, durch energische Schwefels\u00e4ure-Behandlung von der Nebennieren-Substanz einen Zucker abzuspalten, welcher sich sowohl durch seine F\u00e4higkeit, Kupfer in alkalischer L\u00f6sung zu reduciren, als auch durch seine Phenylhydrazin-Verbindung als solcher documentirte. Der Schmelzpunkt des Osazons wurde nicht bestimmt.","page":486},{"file":"p0487.txt","language":"de","ocr_de":"487\nFasse ich jetzt kurz die Resultate der vorstehenden Untersuchungen zusammen, so ergiebt sich Folgendes:\nAus dem Alkoholextract der Leber l\u00e4sst sich ein K\u00f6rper, das Jecorin (D rech sei), darstellen, welcher erstens einen dem Lecithin \u00e4hnlichen K\u00f6rper enth\u00e4lt, und aus dem sich zweitens ein Kohlehydrat, und zwar Traubenzucker, abspalten lasst. Aus dem Alkoholextract der Nebennieren l\u00e4sst sich eine Substanz gewinnen, welche ebenfalls einen lecithinartigen K\u00f6rper enth\u00e4lt, dabei die F\u00e4higkeit hat, nach S\u00e4ure-Behandlung einen Zucker abzuspalten, somit also eine erhebliche \u00c4rmlichkeit mit dem Jecorin zeigt, welche noch vergr\u00f6ssert wird durch die gleiche Art der Darstellung und durch den Schwefelgehalt.\nW\u00e4hrend aber das Jecorin an sich schon leicht Kupfer in alkalischer L\u00f6sung reducirt, bedarf es bei der aus Neben* nieren gewonnenen Substanz einer energischen SchwefeL\u00e4ure-Behandlungr um die gleiche Reaction hervorzurufen.\nWeitere Unterschiede der Substanzen liegen darin, dass ihre L\u00f6slichkeitsverh\u00e4ltniss\u00f6 nach dem Trocknen nicht mehr die gleichen sind: trockenes Jecorin ist in Aether unl\u00f6slich, die Nebennieren-Substanz dagegen leicht l\u00f6slich. \u2014 Eine andere Differenz ist durch die procentuale Zusammensetzung beider Substanzen gegeben; jedoch m\u00f6chte ich auf letzteren Punkt kein allzugrosses Gewicht legen, da ja die Zahlen f\u00fcr das Jecorin bei Drechsel einerseits und bei Bai di andererseits erhebliche Differenzen zeigen, und somit es wohl nicht sicher ist, ob diese Substanz immer die gleiche Zusammensetzung hat, also schon als einheitlicher K\u00f6rper gen\u00fcgend charakterisirt ist.\nWelcher Art die Verbindung des Kohlehydrates mit dem lecithinartigen K\u00f6rper ist, ob \u00fcberhaupt eine chemische Verbindung vorhanden ist, ob es sich nicht vielmehr um eine mechanische Niederreissung des einen K\u00f6rpers durch den andern handelt, das weitert zu untersuchen w\u00e4re noch von hohem Interesse.\nEs fragt sich ferner, sind wir auf Grund der oben notirten Unterschiede berechtigt, den Nebennierenk\u00f6rper als einen von Jecorin ganz verschiedenen anzusehen?","page":487},{"file":"p0488.txt","language":"de","ocr_de":"488\nNadi den Untersuchungen von Baldi findet sich das reducirende Jecorin ausser in der Leber auch in der Milz im Muskel, im Blut und im Rohcerebrin; die Nebenniere w\u00e4iv also nach den bisherigen Untersuchungen das erste Organ welches diesen K\u00f6rper nicht enth\u00e4lt, daf\u00fcr aber einen Ihm \u2022sehr \u00e4hnlichen, der nicht die dem Jecorin charakteristische Eigenschaft, n\u00e4mlich Kupfer zu reduciren, zeigt, sondern der diese Eigenschaft erst bekommt, wenn er der Schwefels\u00e4uit-EinWirkung l\u00e4ngere Zeit ausgesetzt ist. Somit scheint doch die Nebenniere eine Sonderstellung gegen\u00fcber den anderen Organen einzunehmen.\nOb cs dagegen nicht gelingen wird, beide Substanzen auf einen einzigen, allen Organen gemeinschaftlichen K\u00f6rper zur\u00fcckzuf\u00fchren, w\u00e4re eine weitere Frage.","page":488}],"identifier":"lit17044","issued":"1895","language":"de","pages":"478-488","startpages":"478","title":"Ueber zuckerabspaltende, phosphorhaltige K\u00f6rper in Leber und Nebenniere","type":"Journal Article","volume":"20"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:55:53.011981+00:00"}