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{"created":"2022-01-31T13:32:08.987711+00:00","id":"lit17120","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kleine, F. K.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 22: 327-332","fulltext":[{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber das Verhalten von Formanilid im thierischen Stoffwechsel.\nVon\nDr. Friedrich Karl Kleine, K\u00f6nig). Assistenzarzt.\n(Aus dem Laboratorium f\u00fcr raedldnisclie Chemie und experimentell\u00ab Pharmakologie zu\nK\u00f6nig \u00abborg i. Pr.)\n(Der Redaction zugegangen am 1\u00bb. August 1800.)\nHerr Geheimrath Professor Dr. Jaffe veranlasste midi, im Anschluss an seine Arbeiten \u00fcber Acetanilid und. Acetto-luid1), das Verhalten ties Formanilids im thierischen Stoffwechsel zu pr\u00fcfen.\nDas Formanilid wurde abweichend von den bisherigen Angaben der Literatur auf folgende Weise hergestellt. Anilin und concentrirte Ameisens\u00e4ure werden im theoretisch berechneten Verh\u00e4ltniss einige Stunden auf offenem Feuer in einer Kochflasche am R\u00fcckflussk\u00fchler gekocht. Dann wird die Masse im luftverd\u00fcnnten Raum destillirt, \\vobei sie fast &anz bei 210\u00b0 G. unter einem Druck von etwa 12 cm. Hg. \u00fcbergeht. Das Destillat l\u00e4sst man in einer offen\u00e7n Schale unter dem Exsiccator erstarren. Die Ausbeute ist fast quantitativ. Die weissen Krystalle schmelzen bei 46\u00b0 C. Sie wurden jedoch vor der Verf\u00fctterung an Thiere zweimal aus Alkohol umkrystallisirt, um etwaige Spuren giftigen Anilins zu\nentfernen, das ihnen in Folge von Zersetzung h\u00e4tte anhaften k\u00f6nnen.\nVon der so gereinigten Substanz erhielt ein grosser Hund, dessen Nahrung aus Fleisch und Knochen bestand, t\u00e4glich 1 /, gr. in Kapseln. Das Formanilid war, um die Magen-\n*) Zeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie, Bd. XII, Seite 295.","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"Schleimhaut nicht 7,11 .sehr zu reizen, in einigen Tropfen Alkohol gel\u00f6st. Im Ganzen bekam der Hund 20 gr. Der dunkel gef\u00e4rbte Harn reagirte sauer, war frei von Gallenfarbstoll. Zucker und Eiweiss und zeigte 0,2\u00b0/0 Linksdrehung (am S o 1 e i 1 -V e n t z k e \u2019 sehen Saccharimeter gemessen). Dies deutet auf gepaarte Glucurons\u00e4\u00fcren hin; von ihrer Isolirung wurde nach einigen vergeblichen Versuchen, sie darzustellen, abgesehen und der Harn in folgender Weise verarbeitet. Die t\u00e4gliche Menge ward eingedampft und der R\u00fcckstand dreimal mit kochendem Alkohol extrahirt; zum Schluss wurde der Alkohol der Extrade abdestillirt. Da der R\u00fcckstand in keiner Weise zum Krystallisiren zu bringen war, wurde er, um etwaige \u2022krystallisirbare Spaltungsprodukte der complieirteren in ihm vorhandenen Verbindungen zu erhalten, mit Wasser und eonc Salzs\u00e4ure aufgenommen und einige Stunden am ansteigenden K\u00fchler gekocht. Nach dem Abk\u00fchlen wurde zun\u00e4chst die saure L\u00f6sung mit Aether extrahirt, sp\u00e4ter durch Zusatz von Kalilauge alkalisch gemacht und ebenfalls mehrmals mit Aether\nextrahirt. Die aus saurer und alkalischer L\u00f6sung erhaltenen Aotherextracte wurden, nachdem sie durch Zugabe von geschmolzenem Chlorcalcium getrocknet waren, gesondert untersucht. Der Aether wurde zum gr\u00f6ssten Theil abdestiUiii. Aus dem \u00f6ligen R\u00fcckstand schieden sich bei beiden gl\u00e4nzende \\ ta le ans, die mit blauer Flamme brannten, dabei nach schwefliger S\u00e4ure rochen, sich in Schwefelkohlenstoff l\u00f6sten.' also aus Schwefel bestanden. Irgend welche Abk\u00f6mmlinge des Formanilids zu isoliren, gelang trotz mannigfacher Manipulationen nicht.\nDa es hiernach den Anschein hatte, als wenn das Form-anilid in kleinen Mengen dem thierischen Stoffwechsel zu gef\u00fchrt fast v\u00f6llig zerst\u00f6rt wird, so wurden gr\u00f6ssere Dosen verf\u00fcttert. Ein sehr grosser Hund, dessen Nahrung in Flench und Knochen bestand, erhielt t\u00e4glich 4 gr. Formanilid \u2014 im\nGanzen 32 gr. \u2014, das er vertrug, ohne krank zu werden. Dpi dunkel gef\u00e4rbte Harn reagirte fast stets stark alkalisch und brauste auf Zusatz von Salzs\u00e4ure auf. Mit einigen Tropfen Salzs\u00e4ure. Garbols\u00e4ure und Chlorkalk versetzt, gab er ein.\n' v>","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"io!ho F\u00e4rbung, welche auf Ammoniakzusatz tief blau wurde-(hulopheninreaction). Die Linksdrehung betrug 0,4 \u2022/ /Nachdem der Harn in oben beschriebener Weise verarbeitet war, wurde zu dem R\u00fcckstand des sauren Aetherextractes Wasser zugesetzt. Sofort schieden sich ca. (5 gr. gelbgef\u00fcrbter Kry-siiille ab, die dreimal unter Zusatz von Thierkohle aus siedendem Wasser umkrystallisirt wurden, beim vierten Umkrystalli-\u00e4ivn aus Wasser wurde die Thierkohle fortgelassen. Auf diesem Wege erhalt man grosse, wasserhelle Krystalle, die ebenso wie ihre Mutterlauge an der Luft schnell eine r\u00f6thliche F\u00e4rbung annehmen. Nach zweimaligem Umkrystallisiren lag der Schmelzpunkt zwischen 137\u00b0 und 139\u00b0 G., nach viermaligem zwischen 138\u00b0\u2014141\u00b0 G. In kaltem Wasser ist die Substanz\nfast unl\u00f6slich, in heissem Wasser ziemlich leicht l\u00f6slich, leicht l\u00f6slich ferner in Alkohol und Aether und auch in Alkalien, aus denen sie auf S\u00e4urezusatz unver\u00e4ndert abgeschieden wird. Auf Lakmus reagirt sie nicht, bei vorsichtigem Erhitzern sub-limirt sie ohne Zersetzung. Die Elementaranalyse ergab folgendes Resultat:\nI.\t0,2030 gr. Substanz, bei 80\u00b0 C. im luftverd\u00fcnnten Raum getrocknet, i/aben 0,4002 (102 und 0,0768 H2 0 entsprechend 02,01 \u00b0/f C und 4,17 \u00b0/0 H.\nII.\t0,2476 gr. Substanz, bei 80\u00b0 G. im luflverd\u00fcnuten Raum, getrocknet, -aben 23,00 ebem. N bei 22\u00b0 C. und 760 mrii. Hg entsprechend 10,53% X.\nDie aus den gefundenen Werthen berechnete Formel ist\nWO,.\nG- H. NO,\nv e r 1 a n g t :\n<1\t=\t6i,\u00ee\u00bb\t\u00b0f0\nH\t=\t3,7\tv\nX\t=*\t10,37\t\u00bb\nG efu n den: 62,01 %.\n4,17 \u00bb 10,53 \u00bb \u2019\nDie analytischen Zahlen wie die angegebenen React innen **igen, dass wir dieselbe Substanz vor uns haben, die Jaffe nach F\u00fctterung von Acetanilid im Hundeharn fand und die zuerst von E. Gr\u00f6iivik1 II.) unter dem Namen \u00f6-Oxycarbaml\nl) Hur 1 action de 1 \u00e9ther chloroxycarbonique sur l'amidoph\u00e9nol. 6- trnit dar\u00fcber im Hull, d.* la soc. chimique. 1870. X; S. T.\t177 f.","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"3:iO\nbeschrieben und durch Destillation von Oxynlionylurelhm MICH OH .\n(\u2018\u00b0 OP TI darsrestellt ist. Man kann sich das Entstehen\ndes o-Oxycarbanils aus dem Formanilid im thierischen K\u00f6rper\nals eine einlaclie Oxydation mit nachfolgendem Wasseraustrili vorstellen.\t!\nC.ll.MIOOH + 20\t\u2018\n\u25a0\u25a0= an. x < COOH = (.Hi\nOH\n\\\nN\n0\n/\nC(OH) + H,0.\nKino Reaction \u00fcbrigens, die Jaffe anf\u00fchrt, konnte mit der Substanz nicht erhalten werden. Die Rothf\u00f6rbung des in Wasser gel\u00f6sten K\u00f6rpers beim Kochen mit Mi lion\u2019s Reagens trat nicht ein; vielleicht war das Jaffe\u2019.sehe Pr\u00e4parat nicht ganz so rein, wie das so vielfach von mir umkrystallisirte\nDer R\u00fcckstand des alkalischen Aetherextractes war dunkel gef\u00e4rbt und von \u00f6liger Beschaffenheit. Auf Wasser-zusatz schieden sich wenige gl\u00e4nzende Krystalle ab, die zu reinigen und umzukrystallisiren sich wegen ihrer geringen. Menge als unm\u00f6glich erwies. Der R\u00fcckstand gab eine starke Indoplieninreaction; er f\u00e4rbte sich mit Eisenchlorid bocli-violelt ; mit Chlorkalk violett, sp\u00e4ter rothgelb und w\u00eaiss; mit Kaliumdichromat intensiv braun. Diese Reactionen deuten auf die Anwesenheit von Paraamidophenol hin.\nJaffe hatte nach der F\u00fctterung mit Acetanilid ein anderes Derivat desselben im Hundeharn gefunden als im Ka-ninchenharn. Es wurde desshalb auch an Kaninchen Formanilid verf\u00fcttert, um zu pr\u00fcfen, oh sich hier das analoge Resultat ergehen w\u00fcrde.\nZwei Kaninchen bekamen per Schlundsonde t\u00e4glich V, gr. formanilid, im Ranzen 17 gr. Der Harn enthielt Spuren von Eiweiss, reagirte schwach sauer und gab die Indoplienin-reaction; er wurde in der heim Hundeharn angegebenen ^ eise verarbeitet. Aus dem R\u00fcckstand des sauren Aetherextractes wurde Benzoes\u00e4ure isolirt; der des alkalischen war nicld zur Krystallisation zu, bringen. Er gab eine ausser-ordentlich scharfe Indopheninreaction. Darauf erhielten 3 Ka-","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"nin< lien innerhalb 10 Tagen 21 gr. Formanilid per Sehlund-somle. Schon w\u00e4hrend des Abdestillirens des alkalischen r.'thbraungef\u00e4rhten Aetherextractes schieden sich in der W\u00e4rme glitzernde Krystallbl\u00e4ttchen aus. die nach dem Erkalten des Aethers abtiltrirt ca. 2*/t gr. wogen. Sie waren grau gef\u00e4rbt, line L\u00f6sung wurde durch Kochen mit Thierkohle wohl leicht fiitl\u00e4rbt, doch f\u00e4rbte sich das Filtrat schon bei kurzem Stehen an der Luft wieder dunkel. Dies Verhalten weist auf eine Amidoverbindung hin. Um die die F\u00e4rbung bewirkende Oxydation m\u00f6glichst auszuscldiessen. wurde Sehwefelwasserstoffwasser zum Umkrystallisiren benutzt, aber auch dieses Mittel versagte in dem falle, und die schwach braun gef\u00e4ibten Krystalle wurden, nachdem sie im Exsiccator bis zur Ge-wi< htsconstanz getrocknet waren, zur Analyse verwendet. Sie schmelzen bei 173\u00b0 C., sind in Alkohol und Aether leicht, in kaltem Wasser ziemlich schwer l\u00f6slich Sie lassen sich grossen Theils unzersetzt sublimiren. Ihre w\u00e4sserige L\u00f6sung ^ieht die Indopheninreaction in ausgezeichneter Weise. Eine Stickstoffbestimmung nach Dumas ergab folgendes Resultat:\nu-l-0 S'\u00e4\u00bbstan/ im Exsiccator getrocknet, etwas br\u00e4unlich. gaben;\n*21 cbcni. X hei 21V (1 und 7\u00f6t> mm. Hg entsprechend\nDas ganze Verhalten des K\u00f6rpers, sowie die Stickstoff-1 \u00bbestiinmung zeigen, dass wir es mit dun von Jaffe nach F\u00fctterung von Acetanilid im Kaninchenharn gefundenen Amidophenol zu tliun haben. Dieser K\u00f6rner verlangt 1 s\u00b0 \\\nDie Aelherausz\u00fcge aus saurer L\u00f6sung hinterliessen nur \u25a0imn geringen krystallinischcn R\u00fcckstand\u2019. \u00ab1er nach dem lieinigfii nicht einmal zur Schmelzpunktbestimmung ausreichle. Aus den milgetheilten Resultaten folgt, dass Formanilid und Aielanilid zur gleichen Substanz im Thierk\u00f6rper oxydirt wer-Es zeigl sich auch hier, dass seinem Einfluss nur der lingl\u00f6rmige 1 heil der Verbindung zu widerstehen vermag, \u25a0\"\u2019\u00e4hrend die am Ringe h\u00e4ngende offene Kohlenstoffkette in vorliegendem Fall der Formyl- und Aeetylrest vollkommen ufgoxydirt werden.\t\u2022*\nUntersuchungen, aus welchem Grunde das Acetanilid. !| h \u00bbVmaiiilid und soviele andere Substanzen. im K\u00f6rper des","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\nHundes anders zerlegt werden als in dem des Kaninchen, mussten \u00e4usserer Umstande halber vorl\u00e4ufig unausgef\u00fchrt bleiben. Die Arbeiten sollten sich besonders auf den Einfluss richten, welchen ver\u00e4nderte Alkalescenz ' der Nahrung und des Blutes aut\u2019 die thierisehen Oxydationsverh\u00e4ltnisse aus\u00fcbl.\nGleichfalls unvollendet blieb die Untersuchung \u00fcber di\u00bb* Stoflwechselproducte eines anderen Anilinderivates, des Phen-acelms (Para-Acetphenelidins). In der Literatur1) finden sich /.war Angaben \u00fcber das Verhalten des Harns nach innerer Darreichung dieser Substanz; doch hat bisher Niemand vernicht, den hierbei sich bildenden K\u00f6rper zu charakterisiren. Der Harn eines Hundes, der in sechs Tagen ohne St\u00f6rung seines Wohlbefindens bei Fleischnahrung .30 gr. Phenacetin erhalten hatte, wurde eingedampft und mit Alkohol extrahirt. Der Huckstand des Alkoholextractes ward in der oben angegebenen Weise mit Salzs\u00e4ure gespalten. Der \u00e4therische Auszug del ei halteneil Fl\u00fcssigkeit hinterliess'nach dem Abdampfen des Aethers ein Gel, das bei niedriger Temperatur (ca. 8\u00b0 C.) zu Krystallen erstarrte.\n0 M;i ly, Jahresberichte eher Thierchemie, Bd. 17, S (>(), Bd. 1!\u00bb, S.hi.","page":332}],"identifier":"lit17120","issued":"1896-97","language":"de","pages":"327-332","startpages":"327","title":"Ueber das Verhalten des Formanilid im thierischen Stoffwechsel","type":"Journal Article","volume":"22"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:32:08.987717+00:00"}