Open Access
{"created":"2022-01-31T13:43:17.428196+00:00","id":"lit17157","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Nuttall, George H. F.","role":"author"},{"name":"H. Thierfelder","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 23: 231-235","fulltext":[{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"Thierisches Leben ohne Bakterien im Verdauungskanal.\n(III. Mittheil\u00fcngi. Versuche am H\u00fchnern;\nVon\n<;\u00abM>nre H. P. Nut fall und H. Thierfelder.,\n(Ans \u00ab1er Chornischen Abthcilun^ des physiologischen Instituts zu llerlin.) (Iht Redaction zu^etraturcn am 14. April 1S!>7.)\nDurch in fr\u00fch cum Mittheilungen1) beschriebene Versuche1 hoben wir den Beweis erbracht, dass Thiere (Meerschweinchen) t>hne Anwesenheit v<m Bakterien im Dann zu leben und zu wachsen verm\u00f6gen. \\\\ ir haben solche bakterienfreie Thiere benutzt, um die Frage zu entscheiden, ob die aromatischen Substanzen des Harns lediglich der Eiweissfaiilniss im Darm ihre Entstehung verdanken, oder ob sie mich /in den Geweben gebildet werden. Sie mussten weitcabin geeignete Objecte f\u00fcr das Studium der Einwirkung von Reinkulturen p-atbo-gener und nicht pathogener Bakterien auf den Organismus darstellen. F\u00fcr ein Experimentiren in dieser Richtung,, welches sehr viele Einzel versuche erforderte, war aber offenbar unsere Methodik zu komplicirt und z/u-unsicher. Die Vorbereitungen waren zu umst\u00e4ndlich und kostspielig, die Pflege der Thiere erforderte zu viel Muhe und Sorgfalt, das Gelingen hing \\o.n zu viel Zuf \u00fclligkeiten ah. Viel beejuemere Thiere wie Meerschweinchen schienen H\u00fchner zu sein, vor allem deshalb, weil sie spontan innerhalb des Apparates aus den Eiern aus-' kriechen konnten und von Anfang an ohne freunde H\u00fclfe* ihre Nahrung zu sich nahmen. Wir hatten schon zu Beginn unserer Versuche an .diese Thiere gedac ht, aber von ihnen Abstand genommen, weil von verschiedenen Seiten.angegeben wird,\u2019dass \u2666 in grosser Tlieil der H\u00fchnereier intieirt ist. Wenn wir jetzt\n1 ,i I\u00e4ese Zeitschrift Rd. 21 S. 1(>9 und Rd. 22 S. \u00ab2.","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"0Q>\ntrotzdem beschlossen, mit ihnen zu arbeiten, so geschah es in der Hoffnung, durch Benutzung m\u00f6glichst frischer Eier um! \u2666lurch m\u00f6glichst gr\u00fcndliche Sterilisation derselben vielleicht doch g\u00fcnstigere Resultate zu erhalten. Biese Hoffnung hat sich allerdings nicht erf\u00fcllt, trotzdem hatten wir es nicht f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig; unsere Erfahrungen mitzuthoilen.\nEs wurden folgende Vorversuche angestellt. F\u00fcnf ganz frisch gelegte Eier kamen in den Brutofen. Unmittelbar vor dem Heraussehl\u00fcpfen, d. h. sobald sich in der Schale ein durch das Picken des H\u00fchnchens entstandener Riss zeigte, befreiten wir das Thier von der Schale, t\u00f6dteten es und nahmen die bakteriologische Untersuchung vor. Vom Magen- und Darminhalt, vom Dottersack, den in der Schale abgelagerten Exkrementen wurden mikroskopische Pr\u00e4parate und aerobe und anaerobe Gelatine- und Agarculturen angelegt. Die mikroskopische Untersuchung verlief bei allen f\u00fcnf H\u00fchnchen negativ, die Kulturen blieben bei dreien ganz steril, bei den zwei andern wuchsen mir auf den aeroben Platten einige wenige Golonien (Schimmelpilz, Mikrococcus), aber so wenige, dass eine Verunreinigung aus der Luft angenommen worden konnte.\nDiese Resultate ermutliigten uns, einen Versuch zu wagen. Der Apparat, den wir benutzten, war im Wesentlichen derselbe, welcher uns fr\u00fcher1) gedient hatte, nur etwas modifieirt.\nDer Boden, auf dem das Thier sitzen sollte, bestand nicht aus einem Drahtnetz, sondern aus einer Metallplatte und hatte eine centrale, gew\u00f6hnlich durch einen Schieber verschlossene OelTmmg. durch welche Exkremente, F utter reste und dergl. in das untere Gelass ( U>)21 gestossen werden konnten. Statt des Milchkolbens waren in die Kautschukplatte die H\u00e4lse von drei Flaschen (\u2018ingef\u00fcgt, von denen die eine fein gehackte und steri-lisirte Eier, die zweite sterilisirte Gr\u00fctze und die dritte steri-li si ries Wasser enthielt,. Durch besondere Vorrichtungen lies-sich der Inhalt dieser Flaschen in beliebiger Menge in kleine, auf dem Boden stehende Futtergl\u00e4ser bef\u00f6rdern. Durch den\n1 Sielu* die Abbildung in dieser Zeitschrift Bd. 21. S. 11(5.\n- Bie Zahlen beziehet! sieh auf die Abbildung.","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"tkii Glockentubus verschliessenden Kautschukstopfen trat ausser dem Thermometer und den -Ventilationsr\u00fchren noch ein Kohr ern, das zu einer \u00fcber dem Apparat aulgehiingten mit sterilem >;Hid gef\u00fcllten Blechb\u00fcchse f\u00fchrte, und durch welches trocknet* >and auf den Boden als ruterlage f\u00fcr,das Thier geleitet werden konnte. In den bis aut einen kleinen Stumpf abgeschnittenen Uiimmisack (21) war ein kurzer; hohler BleOhcyiinder eingebunden, den nach aussen ein gut passender Deckel abschloss. Die Sterilisation geschah in der fr\u00fcher beschriebenen Weise.\nDie ganz frisch gelegten Eier wurden mit warmem Wasser ,d \u00bbgewaschen, mit der B\u00fcrste abgerieben, mit f>0Salzs\u00e4ure und 1 \u00b0/oo Sublimat behandelt, darauf in einen Sartorius s\u00e9hen bmtofen gebracht und in gew\u00f6hnlicher Weiseausgebr\u00fctet. Sie wurden t\u00e4glich zweimal eine halbe Stunde abgek\u00fchlt und ebenso 1 ill gewendet, jeden zweiten Tag mit verd\u00fcnntem Sublimat besprengt. Ungef\u00e4hr 12 Stunden vor der Zeit, zuder.das- Aus-ktiechen der H\u00fchnchen erwartet werden durfte, brachten wir zwei Eier nochmals in ;V\\o Salzs\u00e4ure, darauf in 1 0 oo Sublimat mid aus diesem je eines, durch den in den Gummisack eingebundenen Blecheylinder hindurch in zwei f\u00fcr die Versuche vorbereitete Apparate, in denen eine constante Temperatur von uiigol\u00fchr 37\u00b0 herrschte. Die Bleeheylinder wurden alsbald .wieder init ihrem Deckel versehh>ssen und die Fugen mit heissem Wachs ausgestrichen.\nVersuch 1. Sobald die Schale angepickt war, Wurde ,k(.> Li mit der Gummiband so gewendet, dass die nngepickte Stelle nach oben lag. Da das Thier sich nicht Von selbst li*\u2018rausarbeitetc, entfernten wir, wieder mit der Gummiband, vorsichtig die Eischale, brachten sie in eine kleine, in den Apparat mit eingeliihrle Hlechb\u00fcchse, verschlossen die.se letztere nrit ihrem Deckel und bef\u00f6rderten sie in den Gmnmisaek Das, Tliier machte einen durchaus behaglichen Eindruck, bewegte >Hi, so weit der Kaum es zulass, frass und trank ordentlich 'nid nahm an K\u00f6rperuml\u00e4ng zu. Am 7. Tage zeigte sich eim> 4 'illiche Zersetzung in der Flasche, welche das gehackte Ei \u2666 uthielt. Verf\u00e4rbung und Gasentwicklung nahmen mehr .und \u00bblehr zu, so dass am 11. Tage der Versuch abgebrochen wurde","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"Das Thier hatte bis zuletzt gut gefressen. Es wog 66,5 gr., (kt\u00ab Ei hatte 52 gr. gewogen, so dass eine erhebliehe Gewichts-Zunahme fest gestellt werden konnte.\nVersuch 2. Das Thier kroch spontan aus. Die Eischale wurde in derselben Weise entfernt, kleine Beste blieben auf dem Hoden liegen. Auchdieser Versuch missgl\u00fcckte; schon nach iS Stunden trat Zersetzung in der Eiflasche ein.\nDa unsere Vorversuche gezeigt hatten, dass bei Benutzung ganz Irischer Eier die meisten H\u00fchnchen unmittelbar nach dem Auskriechen steril sind und da andrerseits eine ungen\u00fcgende Sterilisation unserer Apparate, speeieil der Eiflaschen auszti-schliessen war. vermutheten wir, dass in der Eischale befiin )-liche Bakterien den im gluck iicjien Ausgang unserer Versucht* verursacht h\u00e4tten. Folgende -Experimente best\u00e4tigten unsen: Annahm(\u2018.\t- '\nEin frisches Ei wurde f\u00fcr 4\u20145 Minuten in 5\u00b0,o Salz* s\u00e4ure gelegt, daim mit Alkohol und Aether abgesp\u00fclt und an dem stumpfen Ende mit feiner steriler Nadel durchbohrt. Jetzt klebten wir ein steriles, mit Wattebausch Versehenes Glasrohi mittelst Siegellack in der Weise an das Ei an, dass das feine Euch in das Bohr hineinsah, durchbohrten das gegen\u00fcberliegende spitze -Ende des Eies ebenfalls mit steriler Nadel, behandelten das Ei nochmals mit Salzs\u00e4ure, Alkohol und Aether, entleerte\u00bb' es durch Blasen in das Glasrohr, zogen das ausgeblasene Ki schnell durch die Flamme und zertr\u00fcmmerten es innerliali-eines sterile Bouillon enthaltenden Gylinderglases. Das Gins-, rohr mit den an ihm haftenden Besten der Eisehaie wurde lierausgezogeu, das Glas mit Watte verschlossen und in den Brut schrank gestellt. Wir setzten f\u00fcnf derartige Versuche au: in allen trat Bakterienentwicklung, ein, bei einem nach 24, h i zwei nach iS. hei den beiden letzten nach 72 bezw. 96 Stunden.\nWaren die Bakterien von aussen her in die Schale eilige wandert, so konnte man hoffen, die Eier durch eine in**h energisdiere Behandlung mit Salzs\u00e4ure und mit Sublimat keiac frei zu maehen. Wir brachten deshalb eine weitere Serie von frischen Eiern nach vorausgegangenem Abb\u00fcrsten f\u00fcr 5 Minuten in to\u00b0 o sterile Salzs\u00e4ure, aus dieser in Alkohol, darauf 6 IP","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"m\nMinuten in 5\u00b0/oo Sublimat, weiter mittelst eines sterilen L\u00f6ffels naeb einander in H sterile IO\u00b0/o Salzs\u00e4ure enthaltende : Beehergl\u00e4ser, darauf iu Wasser und zuletzt in sterile Bouillon. In allen 7 Versuchen entwickelten sieh im Brutschrank Bakterien und zwar in zwei Versuchen, nach 24 Stunden, in deq, \u00fcbrigen nach 2, d, 7, 9 bezw. Id Tagen. Zwei Gontrollversuohe, die in derselben Weise, aber mit gekochten Eiern angestellt wurden, blieben selbst nach dreiw\u00f6chigem Verweilen im Brutschrank steril. Die Salzs\u00e4ure hatte sehr energisch eingewirkt, an einzelnen Stellen war die Kalkschale bis auf eine ganz d\u00fcnne Lage aufgel\u00f6st. Das Sublimat war sehr tief bis auf die miter der Schale befindliche Haut eingedrungen, wie zahlreiche schwarze Hecken von Schwefelquecksilber bewiesen, welche -der von den Bakterien entwickelte bezw. der in die Kulturfl\u00fcssigkeit ein-: geleitete Schwefelwasserstoff'auf der Schalenhaut besorgenden hatte. Offenbar war dieser Sublimatgehalt , der- Kalkschale die t rsaehe, dass die Entwicklung der Bakterien in einzelnen dieser Versuche so sehr sp\u00e4t (\u2018intrat, w\u00e4hrend sie in den fr\u00fcher beschriebenen Experimenten, bei denen kein Sublimat zur Verwendung kam, sehr viel schneller beobachtet wurde; Kino noch l\u00e4ngere Behandlung der Eier mit Salzs\u00e4ure durfte nicht gewagt werden, sie h\u00e4tte die Kalkschale v\u00f6llig aulgel\u00f6st und die Festigkeit der Eier zu sehr gesch\u00e4digt.\nUnsere Erfahrungen zwingen zu der Annahme, dass die Bakterien sich schon innerhalb des Ovidukts, bevor und w\u00e4hrend die Bildung der Kalkschale erfolgt, auf der Schalenhaut festsetzen.\nVon einer Verwendung der H\u00fchner zunr Studium der eingangs erw\u00e4hnten Frage musste also Abstand genommen worden. Leider scheint uns dieses Besultat zugleich einen Verzicht auf (lie experimentelle Inangrit t nah me dieser Fragen \u00fcberhaupt zu bedeuten.","page":235}],"identifier":"lit17157","issued":"1897","language":"de","pages":"231-235","startpages":"231","title":"Thierisches Leben ohne Bakterien im Verdauungskanal","type":"Journal Article","volume":"23"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:43:17.428201+00:00"}