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{"created":"2022-01-31T15:39:36.606026+00:00","id":"lit17437","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Magnus-Levy, Adolf","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 30: 200-240","fulltext":[{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber den Bence-Jones\u2019schen Eiweissk\u00f6rper.\nVon\nAdolf Magnus-Levy,\nAssistent der medicin. Klinik in Strassburg.\n(Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strassburg. Neue Folge Nr. 37.) (Der Redaction zugegangen am 20. Juni 1900.)\nIm Jahre 1847 entdeckte Bence-Jones*1) im Urine eines von Mac-Intyre behandelten Patienten einen eigenth\u00fcmlichen Eiweissk\u00f6rper. Dieser unterschied sich von den gew\u00f6hnlich im Harne vorkomm'enden dadurch, dass der beim Erw\u00e4rmen des Urins entstandene Niederschlag sich beim Kochen l\u00f6ste, um beim Erkalten wieder aufzutreten. Beim Erhitzen auf 100\u00b0 ging der Niederschlag abermals in L\u00f6sung u. s. w. Auch die durch Salpeter- oder Salzs\u00e4ure bei Zimmertemperatur erhaltenen F\u00e4llungen verschwanden bei 100\u00b0. Im fiebrigen zeigte der K\u00f6rper nach verschiedenen Beactionen (Biuretreaction) und Elementaranalyse die Eigenschaften und Zusammensetzung der Eiweissk\u00f6rper. -\u2014 Erst in den achtziger Jahren wurde diese Substanz von neuem beschrieben. K\u00fchne2) publizirte 1880 seine Untersuchungen \u00fcber jenen eigenth\u00fcmlichen Harnk\u00f6rper, den er schon 13 Jahre vorher aus dem Urine eines von M. Doornik (Stokvis) behandelten Patienten isolirt hatte. Es gelang ihm, jene Substanz \u00abihrer g\u00e4nzlichen Beziehungs-losigkeit im Systeme der Eiweissk\u00f6rper zu entkleiden\u00bb. Sie wies eine so weit gehende Aehnlichkeit mit der damals von ihm aus den Verdauungsprodukten des Eiweisses isolirten \u00abHemialbumose\u00bb auf, dass K\u00fchne sie als dieser auf das N\u00e4chste verwandt ansprechen konnte. Seit jener Zeit spricht man von einer (Bence-Jones\u2019schen) \u00abHemialbumosurie\u00bb.\n*) Siehe Litteraturverzeichniss im Anhang.","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 201\nDie Aufkl\u00e4rung der nosologischen Bedeutung, der klinischen Stellung des seltenen K\u00f6rpers ging aus der Feder jenes Autors hervor, der den dritten Fall zusammen mit Huppert im Jahre 1888 beschrieb, aus der Feder Kahlers.3) Er fand bei der Section eines Patienten, der den mit so auffallenden Eigenschaften begabten Eiweissk\u00f6rper im Harn ausgeschieden hatte, zahlreiche Myelome im Mark der Rippen; er hielt sich f\u00fcr berechtigt, zugleich im Hinblick auf die zwei fr\u00fcheren, anatomisch und klinisch freilich nicht so genau differenzirten F\u00e4lle, einen Zusammenhang zwischen der \u00abHemi-albumosurie\u00bb und dem Auftreten der Myelome in den Rippen aufzustellen.\nIn den neunziger Jahren, namentlich in der zweiten H\u00e4lfte derselben, haben sich die Beobachtungen rasch gemehrt. Stokvis- Ribbink-Zeehuysen,4) Matthes-Neumeister-Seegelken,5) Rosin-S\u00fcssmann,6) Ellinger7) brachten ausf\u00fchrlichere Untersuchungen namentlich \u00fcber die chemische Natur des Eiweissk\u00f6rpers, Bozzolo,8) Naunyn,9) Sternberg,10) Bradshaw,11) Askanazy,12) Fitz12a) k\u00fcrzere Mittheilungen. Die von K\u00fchne und Kahler aufgestellten Gesichtspunkte haben sich bisher im Wesentlichen als zutreffend erwiesen. S\u00e4mmtliche Autoren erkannten die Stellung des K\u00f6rpers in der Gruppe der Albumosen als richtig an, wenn sie dieselbe auch nicht, wie K\u00fchne und Huppert, mit einer bestimmten Verdauungsalbumose identifizirten. (Die Resultate der chemischen Untersuchungen und die Deutungen der einzelnen Autoren werden weiter unten besprochen.) In allen neueren F\u00e4llen, soweit sie zur Autopsie kamen, wurden auch bisher Myelome im Knochenmark gefunden. Askanazy\u2019s Beobachtung steht mit den bisherigen nicht in Widerspruch ; sie zeigte, dass das Erscheinen des Ben ce-Jones\u2019sehen K\u00f6rpers nicht ausschliesslich an jene F\u00e4lle gebunden ist, in denen die Lymphome circumscript, als Myelome und nur im Knochenmark auftreten; in seinem Falle war es zu einer \u00ablymphadenoiden Degeneration\u00bb*)\n*) Man kann diese mit Pappenheim,24) der in seiner Arbeit \u00fcber Lymphaemie vielfach die Anschauungen Neumann\u2019s vertritt, als diffus gewordene Lymphome auffassen. \u2014 Zwar zeigen die circumscripten Lymphome, die \u00abMyelome\u00bb, im Gegensatz zu den leuk\u00e4mischen Ver-","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 202\ndes Knochenmarks, zu allgemeiner Lymphomatosis und zu Leuk\u00e4mie gekommen. Da, wo die Section fehlte, wiesen die klinischen Erscheinungen mit Sicherheit auf ein schweres Knochenleiden hin. Nur in dem Fitz\u2019sehen Falle bleibt ein solches zweifelhaft. Die sp\u00e4rlichen Notizen (Schmerzen in den Schultern und Steifigkeit in den Gliedern) berechtigen nicht zu weittragenden Schl\u00fcssen. Eine Autopsie fand nicht statt. Die Harnalbumose wurde von Fitz zwar nicht eingehend untersucht, zeigte aber doch die wesentlichen und charakteristischen Eigenschaften des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers.\nProf. Naunyn \u00fcberwies mir im Mai 1898 den Urin der von ihm behandelten Patientin, die an multiplen Knochenauftreibungen* *) und \u00abBence-Jones\u2019scher Albumosurie\u00bb litt, zur eingehenderen Verarbeitung, die ich unter Leitung von Prof. Hofmeister durchf\u00fchrte. Die Ergebnisse der Untersuchung und die Deutung, die ich nach denselben dem Bence-Jones\u2019schen Eiweissk\u00f6rper geben muss, weichen nicht unerheblich von den bisherigen ab, so dass eine genauere Mittheilung der chemischen Untersuchung angezeigt scheint. (Eine ausf\u00fchrliche klinische Mittheilung des Falles hat sich Prof. Naunyn Vorbehalten.)\nIch erhielt reichliche Quantit\u00e4ten des Urins aus verschiedenen Terminen des Krankheits Verlaufes innerhalb achtzehn Monaten durch die Vermittelung des die Patientin behandelnden Arztes, Dr. Koechlin in M\u00fclhausen, dem ich f\u00fcr diese Unterst\u00fctzung zu bestem Danke verpflichtet bin. Der Urin gelangte in der kalten Jahreszeit ohne Conservirungsmittel, sp\u00e4ter mit Chloroform oder Thymol versetzt, an das Institut. Er war meist sauer, dunkel gef\u00e4rbt, nur selten etwas tr\u00fcb, vom spe-cifischen Gewicht 1021\u20141026; im Sediment fanden sich zeitweise Gypskrystalle und, \u00fcbrigens in sparsamer Menge, globu-litenartige Ausscheidungen des Eiweissk\u00f6rpers, wie solche auch von K\u00fchne und Bosin beschrieben sind; von geformten Bestandtheilen gelegentlich Plattenepithelien. Auffallend gering\n\u00e4nderungen des Knochenmarks die Eigenschaft der B\u00f6sartigkeit, sie bringen das Knochengewebe zum Schwund ; ob man daraus in allgemeinpathologischer Hinsicht prinzipielle Unterschiede herleiten darf, lasse ich uner\u00f6rtert.\n*) Eine Section konnte nicht gemacht werden.","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 203\nwar seine Neigung zur F\u00e4ulniss, auch wenn keine g\u00e4hrungs-hemmenden Mittel zugef\u00fcgt waren.\nDer Harn enthielt den Bence-Jones'sehen Eiweissk\u00f6rper in grosser Menge bis zum Tode der Patientin. Seine Menge, bestimmt durch W\u00e4gung des Alkoholniederschlags (unter Abzug-der Asche) oder durch Ermittelung des Stickstoffgehaltes der Tanninf\u00e4llung (nach Gi r gens ohn), betrug zu verschiedenen Zeiten 2.4: 2,4: 1,85: 2,0: 2,1; 1,6; 1.85\u00b0/o. Der Gehalt war somit im Anfang etwas h\u00f6her als sp\u00e4ter. Die Urinmenge soll nach den Angaben des Arztes in der ersten Zeit gegen IU2, sp\u00e4ter nur etwa 1 Liter betragen haben: somit w\u00e4ren im Anfang t\u00e4glich gegen 36 g, sp\u00e4ter nur 18-20 g des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers zur Ausscheidung gelangt. In der Tagesmenge fanden sich bei zwei Bestimmungen in der ersten Zeit rund 16 g Stickstoff, von denen \u00fcber ein Drittel (5,6 g) in Form von Eiweiss enthalten war.\nIch beschreibe im Folgenden: 1. die Reactionen des Eiweissk\u00f6rpers im Urin, 2. die Methoden der Reindarstellung, die Gewinnung in krystallisirtem Zustand und die Eigenschaften des gereinigten K\u00f6rpers, 3. die Resultate der Pepsinverdauung; ich gebe dann 4. den Vergleich meines Eiweissk\u00f6rpers mit den von fr\u00fcheren Autoren beschriebenen und 5. die aus den Beobachtungen folgenden Schl\u00fcsse \u00fcber die Natur des Bence-Jones'schen K\u00f6rpers und seine Stellung im System der Eiweissk\u00f6rper, 6. Bemerkungen \u00fcber Herkunft und Bildungsst\u00e4tte des K\u00f6rpers.\nI. Reactionen des Eiweissk\u00f6rpers im Urin.\nIch fasse dieselben in folgender tabellarischer Uebersicht zusammen.\nTabelle I.\nReaktionen des Eiweissk\u00f6rpers im Urin.\n1.\tErw\u00e4rmen:\tj Ausf\u00e4llung bei 60\u201465\u00b0, theilweise Kl\u00e4rung bei\n75\u2014100\u00b0. Beim Abk\u00fchlen tritt st\u00e4rkere I Tr\u00fcbung auf.\n2.\tSalpeters\u00e4ure (25\u00b0/o): Ausf\u00e4llung in der K\u00e4lte. In der Siedehitze\ntheilweise l\u00f6slich. Beim Abk\u00fchlen Verst\u00e4rkung des Niederschlags.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\n.3. Salzs\u00e4ure (12\u2018/g0/*):\n4.\tEssigs\u00e4ure (30\u00b0/* ) :\n5.\tKohlens\u00e4ure:\n6.\tNeutralisation mit NaOH oder NH3:\n7.\tNeutralisation nach reichlichem Zusatz von NaOH oder Essigs\u00e4ure :\n8.\tMillon\u2019s Reaction:\n9.\tBiuretreaction :\n10.\tKalilauge und Bleiacetat:\n11.\tAlkohol:\n12.\tTannin u. Essigs\u00e4ure:\n13.\tPikrins\u00e4ure:\nWie HN03.\nKein Niederschlag; nach gen\u00fcgendem Zusatz auch nicht in der W\u00e4rme.\nKein Niederschlag beim Einleiten in den aufs 10fache verd\u00fcnnten Urin.\nKeine F\u00e4llung.\nReichliches Neutralisationspr\u00e4cipitat.\nSch\u00f6ne Rothf\u00e4rbung der Flocken beim Erhitzen.\nRothviolettf\u00e4rbung.\nStarke Braunf\u00e4rhung beim Kochen.\nV\u00f6llige Ausf\u00fcllung durch 2 Volumentheile 96\u00b0/o Alkohols. Der Niederschlag wird nach k\u00fcrzerer oder l\u00e4ngerer Zeit unl\u00f6slich.\nStarker Niederschlag, bei 100\u00b0 nur in Spuren l\u00f6slich.\nStarker Niederschlag, bei 100\u00b0 nur in Spuren l\u00f6slich.\n14. Essigs\u00e4ure-Ferro-cyankalium :\n15. Kochsalz:\n16.\tEssigs\u00e4ure u. concen-trirte Kochsalzl\u00f6sung :\n17.\tMagnesiumsulfat:\n18.\tAmmoniumsulfat:\n19.\tDialyse:\nGeringer Niederschlag, viel st\u00e4rker im verd\u00fcnnten Urin; l\u00f6st sich beim Kochen zum Theil und erscheint beim Erkalten wieder.\nZusatz von 2 Volumen ges\u00e4ttigter NaCl-L\u00f6sung, keine Tr\u00fcbung. Aussalzen mit Steinsalz bei 15\u201420\u00b0: geringe F\u00e4llung, in Wasser l\u00f6slich.\nAussalzen mit Steinsalz bei 37\u00b0 : vollst\u00e4ndige Ausf\u00e4llung; diese ist inH20 nicht mehr l\u00f6slich.\nVollst\u00e4ndige Ausf\u00e4llung.\nS\u00e4ttigung bei Zimmertemperatur; keine F\u00e4llung.\nVollst\u00e4ndige Ausf\u00e4llung bei Zusatz von 2 Volumina ges\u00e4ttigter Ammonsulfatl\u00f6sung.\nDer K\u00f6rper dialysirt nicht, scheidet sich auch bei tagelangem Dialysiren nicht aus.\nEine Reihe dieser Reactionen erfordert eine eingehendere Beschreibung.\nZu 1. Verhalten beim Erw\u00e4rmen. Bei langsamen Erw\u00e4rmen beginnt der Urin sich bei etwa 50\u00b0 milchig zu tr\u00fcben, die Tr\u00fcbung nimmt dann zu und zeigt bei etwa 60\u201465\u00b0 in einer massenhaften flockigen Ausscheidung ihr Maximum.","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"205 \u2014\nBei h\u00f6herer Temperatur (70\u00b0) beginnt eine deutliche Aufhellung, und beim Siedepunkt ist ein grosser Theil des Niederschlages wieder in L\u00f6sung gegangen; doch bleiben nicht unerhebliche Reste des K\u00f6rpers in groben, sehr z\u00e4hen Massen ausgeschieden, die leicht an der Gef\u00e4sswand, sowie am Glasstabe haften und sich wie Fibrinf\u00e4den lang ausziehen lassen. Beim Erkalten tr\u00fcbt sich die Fl\u00fcssigkeit stark, der so entstandene Niederschlag l\u00f6st sich beim Erhitzen bis zum Sieden wieder nur zum Theil u. s. w. Je \u00f6fter man dieses wiederholte, um so geringere Mengen des Eiweissk\u00f6rpers blieben in der siedenden Fl\u00fcssigkeit gel\u00f6st, und so gelang es auf diese Weise, den K\u00f6rper successive bis auf die letzte Spur auszuscheiden. Filtrirt man den Urin nach dem erstmaligen Erhitzen auf 100\u00b0 durch ein auf dieser Temperatur gehaltenes dichtes Filter, so tr\u00fcben sich beim Erkalten nur die ersten Antheile des Filtrats, w\u00e4hrend die letzten eiweissfrei sind; die Poren des Papieres verstopfen sich offenbar ziemlich schnell. Eine vollst\u00e4ndige Kl\u00e4rung des Urins beim Erhitzen auf 100\u00b0, wie sie einzelne fr\u00fchere Autoren sahen, wurde nie erzielt, auch dann nicht, als der Harn auf das F\u00fcnf- und Mehrfache verd\u00fcnnt wurde. \u2014 Bei den aus sp\u00e4teren Zeiten stammenden Urinen wurde der Antheil des beim erstmaligen Erhitzen auf 100\u00b0 nicht mehr in L\u00f6sung gehenden Niederschlags immer gr\u00f6sser, doch konnte zumeist eine theilweise Kl\u00e4rung und eine erneute Tr\u00fcbung beim Abk\u00fchlen beobachtet werden, sobald man den Urin in gew\u00f6hnlicher Weise auf der Flamme erw\u00e4rmte.*) \u2014 Auf eine einfache Weise aber\n*) Urin, der, ein Jahr \u00fcber Chloroform aufbewahrt, seine saure Reaction bewahrt hatte, zeigte dasselbe Verhalten wie der frische. Nur war die L\u00f6slichkeit des K\u00f6rpers in der Hitze (mit oder ohne Zusatz von Reagentien) noch geringer geworden als fr\u00fcher. Die durch Erw\u00e4rmen bei 60\u201465\u00b0 erzielte dickflockige Ausf\u00e4llung f\u00e4ngt bei 70\u00b0 an sich zusammenzuziehen, dann zu schmelzen, bei 86\u00b0 enth\u00e4lt der v\u00f6llig gekl\u00e4rte Urin am Roden einen compacten Niederschlag, und nur geringe Eiweissreste bleiben in L\u00f6sung.\nEine im October 1899 erhaltene Urinprobe liess weder bei am-moniakalischer Reaction (Zersetzung des Urins), noch auch nach dem Neutralisiren eine deutliche Kl\u00e4rung beim Erhitzen auf 100\u00b0 erkennen, trotzdem der Harn auch jetzt noch 1 \u2018(2\u00b0/o des Bence-Jones\u2019schen","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\ngelang es, den K\u00f6rper quantitativ in der Hitze schon beim erstmaligen Erw\u00e4rmen auszuscheiden. Ich verd\u00fcnnte 10 ccm. Urin mit 40 ccm. Wasser im langhalsigen Kjeldahl-Kolben und erw\u00e4rmte langsam auf dem Wasserbad; nun schied sich der gesammte Eiweissk\u00f6rper als z\u00e4her Niederschlag, fest an den W\u00e4nden haftend, aus und ging auch beim Erhitzen \u00fcber freier Flamme nicht mehr, selbst nicht in Spuren, in L\u00f6sung. Die klare \u00fcberstehende Fl\u00fcssigkeit konnte einfach quantitativ abgegossen werden und enthielt auch nicht die mindeste Spur des Eiweissk\u00f6rpers; der Stickstoffgehalt des an den Glasw\u00e4nden festklebenden, gut ausgewaschenen Niederschlages stimmte genau mit dem des durch die Tanninf\u00e4llung im Urin erhaltenen \u00fcberein. \u2014 Je langsamer der Urin erw\u00e4rmt wird, desto vollst\u00e4ndiger ist die Ausf\u00e4llung bei 100\u00b0.\nIn der ersten Zeit der Untersuchungen musste das soeben geschilderte Verhalten der nur theilweisen L\u00f6slichkeit des K\u00f6rpers bei 100\u00b0 den Anschein erwecken, als seien im Urin zwei Eiweissk\u00f6rper* *) neben einander vorhanden: ein albumosen-\u00e4hnlicher, der, wie bei K\u00fchne u. A., bei 100\u00b0 vollst\u00e4ndig in L\u00f6sung ging, und ein zweiter, der nach Art der typischen Eiweissk\u00f6rper in der Siedehitze v\u00f6llig coagulirte. Es konnte scheinen, als ob der erste der beiden im Anfang in \u00fcberwiegender Menge im Urin vorhanden gewesen sei, um sp\u00e4ter ganz zu verschwinden. Ich muss diese Annahme von vornherein zur\u00fcckweisen. Erstens zeigte der Urin, sowie der isolirte Ei weissk\u00f6rper zu allen Zeiten genau das gleiche Verhalten gegen\u00fcber der fractionirten Ausf\u00e4llung mit Ammoniumsulfat (siehe weiter unten); ferner aber gelang es, durch ganz geringe, anscheinend sehr wenig eingreifende Manipulationen (F\u00e4llung mit Alkohol, L\u00f6sen des Niederschlages in d\u00fcnnem Ammoniakwasser, Neutralismen mit Salzs\u00e4ure) den K\u00f6rper,\nEiweissk\u00f6rpers und daneben keinen anderen Eiweissk\u00f6rper enthielt. Nach Zusatz von etwas Chlorammonium zu dem neutralisirten Urin zeigte dieser jedoch das charakteristische Ph\u00e4nomen der (theilweisen) Kl\u00e4rung bei 100\u00b0 und der Tr\u00fcbung beim Erkalten sehr sch\u00f6n. S. w. u. S. 213.\n*) Matthes, sowie Ellinger fanden ausser dem Bence-J o n e s\u2019schen Eiweissk\u00f6rper noch Nucleoalbumin in ihren F\u00e4llen.","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"207\nder im Urin v\u00f6llig coagulirte, ohne Rest in eine L\u00f6sung zu bringen, in der er beim Erhitzen sich zu absoluter Klarheit l\u00f6ste (s. weiter unten S. 212).\nZu 2. 25\u00b0/oige Salpeters\u00e4ure bewirkt in der K\u00e4lte Ausf\u00e4llung, die sich im 10 fachen Ueberschuss des F\u00e4llungsmittels nicht l\u00f6st, wohl aber, wenigstens theilweise, beim Kochen unter Auftreten der Xanthoproteinreaction. Beim Erkalten kehrt der Niederschlag zur\u00fcck; beim Neuerw\u00e4rmen bleibt abermals ein Antheil, und zwar ein gr\u00f6sserer als beim ersten Mal, ungel\u00f6st (\u00fcbrigens in auffallend grobk\u00f6rniger Structur, die auch sonst \u00f6fter beobachtet wurde, aber nie krystallinischer Natur war). K\u00fchne und S\u00fcssmann sahen ihren (allerdings nur in geringer Menge auftretenden) Eiweissk\u00f6rper sich schon in der K\u00e4lte in einem Ueberschuss von Salpeters\u00e4ure auf-l\u00f6sen. Bei mir trat dieses Ph\u00e4nomen nie auf, auch nicht bei starker Verd\u00fcnnung des Urins.\nZu 3. Verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure (121k \u00b0/o) f\u00e4llt wie Salpeters\u00e4ure in der K\u00e4lte; die Fl\u00fcssigkeit kl\u00e4rt sich unter Dunkelf\u00e4rbung beim Erhitzen theilweise, beim Erkalten erscheint kein oder nur ein sehr sp\u00e4rlicher Niederschlag.\nZu 7. Neutralisation mit Natronlauge nach reichlichem Zusatz von Essigs\u00e4ure oder umgekehrt ergibt ein massenhaftes Pr\u00e4cipitat; dasselbe f\u00e4llt noch reichlicher aus, wenn der alkalische oder anges\u00e4uerte Harn vor der Neutralisation erhitzt wird (wobei er zun\u00e4chst klar bleibt); es bleibt aus, wenn nur wenig Alkali oder S\u00e4ure zum Harn zugesetzt war.\nZu 11. Verhalten gegen Alkohol. Zusatz von 2 Volumina 96\u00b0/oigen Alkohols scheidet den K\u00f6rper vollst\u00e4ndig aus. Der Niederschlag ist nach einigem Stehen leicht abzufiltriren und, sofern gut ausgewaschen, fast rein weiss und m\u00e4ssig aschenhaltig. Bei l\u00e4ngerer Ber\u00fchrung mit Alkohol verliert er seine L\u00f6slichkeit f\u00fcr Wasser und verd\u00fcnnte Salzl\u00f6sungen fast vollst\u00e4ndig; ebenso im trockenen Zustand. Eine Reinigung durch wiederholtes Ausf\u00e4llen mit Alkohol und Wiederaufl\u00f6sen in Wasser gelingt mit Zuh\u00fclfenahme einer grossen, schnellwirkenden Centrifuge (s. S. 210).\nZu 15. Kochsalz. Zusatz von 2 Theilen ges\u00e4ttigter","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\nKochsalzl\u00f6sung zum neutralisirten Urin gibt keine F\u00e4llung. Die Aussalzung mit Steinsalz bewirkt im Urin eine geringe F\u00e4llung (jedoch nicht in einer L\u00f6sung des gereinigten K\u00f6rpers). Die bei Zimmertemperatur erhaltene F\u00e4llung ist in Wasser l\u00f6slich, also eine echte Salzf\u00e4llung. Nimmt man dagegen die S\u00e4ttigung bei 36\u00b0 vor, so ist die Ausscheidung der Eiweisssubstanz eine vollst\u00e4ndige, aber der Niederschlag geht beim Verd\u00fcnnen mit Wasser nicht mehr in L\u00f6sung. Er ist \u00abcoagulirt\u00bb, indem durch den starken Salzgehalt die Goagulationstemperatur unter die sonst beobachtete H\u00f6he (im Urin ca. 50\u00b0) heruntergedr\u00fcckt worden ist.\nZu 18. Aussalzen mit Ammonsulfat. Zusatz von 2 Volumina ges\u00e4ttigter Ammonsulfatl\u00f6sung scheidet den K\u00f6rper quantitativ aus. Der Niederschlag ist in Wasser leicht l\u00f6slich, sofern die F\u00e4llung bei neutraler Reaction stattgefunden hat. Bez\u00fcglich der Methodik der Aussalzung von Eiweissk\u00f6rpern und der Bedeutung dieses Verfahrens f\u00fcr deren Isolirung und Charakterisirung verweise ich auf die Arbeiten von Kauder,19) Pohl,15) Ernst P. Pick.14)\nDie untere und obere F\u00e4llungsgrenze f\u00fcr meinen K\u00f6rper lagen in dem neutralisirten Urin bei einem Gehalt von 4,0 bezw. 5,5\u20146,0 ccm.. Ammonsulfatl\u00f6sung auf 10 ccm. Gesammt-volumen; d. h. die F\u00e4llung begann, wenn 10 ccm. der Mischung von Urin, Wasser und ges\u00e4ttigter Ammonsulfatl\u00f6sung 4,0 ccm., und war beendet, wenn sie 6 ccm. der letzteren Fl\u00fcssigkeit enthielten. Ausserhalb dieser Grenzen fiel kein eiweissartiger K\u00f6rper aus. Bei einem Zusatz von 2,8\u20144 ccm. Ammonsulfatl\u00f6sung liess der Urin nach l\u00e4ngerem Stehen ein relativ reichliches feink\u00f6rniges Sediment fallen, das sich ausschliesslich als aus harnsaurem Ammon bestehend erwies.\nII. Isolirung und Verhalten des rein dargestellten K\u00f6rpers. Gewinnung von Krystallen.\nF\u00fcr die Isolirung und Reindarstellung des K\u00f6rpers wurden zwei Methoden in Anwendung gezogen, die Ausf\u00e4llung mit Ammonsulfat und die durch Alkohol.","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"209\n1. Ausf\u00e4llung mit Ammonsulfat.\nDurch Ausf\u00e4llen gr\u00f6sserer Mengen neutralisirten Urins mit dem doppelten Volumen ges\u00e4ttigter Ammonsulfatl\u00f6sung, Aufl\u00f6sen des abfiltrirten, gut ausgewaschenen und scharf abgepressten Niederschlages und mehrfache Wiederholung dieser Proceduren wurden gr\u00f6ssere Mengen des K\u00f6rpers gewonnen. Das bei der ersten F\u00e4llung mitgerissene harnsaure Ammon blieb bei der weiteren Umf\u00e4llung zur\u00fcck, dagegen wurde stets ein dunkler Farbstoff mitgef\u00e4llt, der nur durch Filtriren \u00fcber Thierkohle (allerdings mit grossem Verlust) entfernt werden konnte. Der Eiweissk\u00f6rper wurde als Niederschlag unter einer zu zwei Dritteln, oder gel\u00f6st in einer zu einem Drittel ges\u00e4ttigten Ammonsulfatl\u00f6sung aufbewahrt.\nZur Anstellung von verschiedenen Reactionen dienten entweder L\u00f6sungen des so gereinigten K\u00f6rpers, die durch tagelanges Dialysiren gegen fliessendes Leitungs-, zuletzt gegen destillirtes Wasser fast salzfrei gemacht waren, oder aber ein F\u00e4llungsprodukt, das durch Kochen der noch schwach ammonsulfathaltigen L\u00f6sung niedergeschlagen war. Das so coagulirte und g\u00e4nzlich unl\u00f6slich gewordene Pr\u00e4parat wurde mit heissem Wasser ersch\u00f6pft, doch gelang es trotz wochenlangen Auswaschens nicht, die letzten Reste des Ammonsulfates fortzuschaffen. Andere Aschenbeimengungen enthielt es nur in geringer Menge (P, Ga, Mg, kein Chlor). An diesem Pr\u00e4parat fielen, ebenso wie im Urin, die Schwefelprobe, die Reactionen von Millon, von Molisch und die von Adamkiewicz positiv aus. Bei der Kalischmelze: Indolgeruch und R\u00f6thung eines Fichtenspanes. Die Substanz enth\u00e4lt also nicht oxydirten Schwefel, die Tyrosin- und die Indolgruppe, sowie den Kohlenhydratcomplex ; letzteren jedoch, nach der St\u00e4rke der Reaction zu schliessen, nur in geringer Menge.\nBei der Spaltung mit Salzs\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure, die Dr. Spiro anstellte, wurde Leucin neben verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig viel Tyrosin und Glutamins\u00e4ure gefunden. Eine Untersuchung auf Glykokoll nach Spiro\u2019s20) Methode fiel in dessen H\u00e4nden trotz Verarbeitung relativ grosser Mengen (ca. 30 g) negativ aus. Dieser Befund gewinnt an Interesse dadurch, dass, wie Spiro gezeigt hat, die Heteroalbumose (des Fibrins)\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XXX.","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210 \u2014\nreichlich Glykokoll enth\u00e4lt. Der Nachweis dieser Amidos\u00e4ure gelang Spiro auch bei verschiedenen Eiweissk\u00f6rpern, die den Complex der Heteroalbumose enthalten. Letztere Gruppe fehlt aber im Casein und im Bence-Jones'schen Eiweissk\u00f6rper (s. w. u.) Bei beiden fehlt auch das Glykokoll.\nIn der dialysirten L\u00f6sung fielen die verschiedenen F\u00e4llungs-reactionen \u00e4hnlich aus, wie im Urin. Ein wichtiger Unterschied besteht aber in dem Verhalten gegen Steinsalz. W\u00e4hrend die S\u00e4ttigung mit diesem Salz im neutralisirten Urin bei Zimmertemperatur eine deutliche und erhebliche Tr\u00fcbung bewirkt, bleibt diese in der L\u00f6sung des gereinigten K\u00f6rpers ganz aus.\nEinen anderen Unterschied hingegen, den fr\u00fchere Forscher zwischen dem Verhalten des Urins und dem einer reinen, salzfreien L\u00f6sung des K\u00f6rpers festgestellt hatten, konnte ich nicht constatiren. Mehrere Autoren hatten gefunden, dass der Bence-Jones\u2019sche K\u00f6rper, durch Dialyse salzfrei gemacht, in der w\u00e4sserigen L\u00f6sung (ohne Zusatz von Salz oder S\u00e4ure) nicht mehr beim Erw\u00e4rmen ausfiel. Mir gelang das nicht, selbst als nach tagelangem Dialysiren der eingedampfte R\u00fcckstand des Aussenwassers sich als chlorfrei erwies. Stets wurde beim Erw\u00e4rmen auf ca. 60\u00b0 ein Niederschlag erzielt.\nDer K\u00f6rper f\u00e4llt, wie das auch Ellin ge r f\u00fcr seine Substanz angegeben hat, aus schwach saurer L\u00f6sung auf Zusatz von Ammoniak nicht aus. (Reaction auf Histon.) Die F\u00e4llungsgrenzen der dialysirten neutralen L\u00f6sung f\u00fcr Ammonsulfat liegen bei 4,4 bezw. 6,2 ccm., also um ein Geringes h\u00f6her als im Urin.\n2. Ausf\u00fcllung mit Alkohol.\nEin anderes Pr\u00e4parat wurde hergestellt durch Ausf\u00e4llen des Urins mit 2 Theilen Alkohol und Ausschleudern auf einer grossen, elektrisch betriebenen Centrifuge, deren Benutzung mir Prof. Schmiedeberg freundlichst gestattete. W\u00e4hrend l\u00e4ngere Ber\u00fchrung mit Alkohol den K\u00f6rper \u00abcoagulirt\u00bb, tritt das bei der kurzen Dauer dieses Verfahrens nicht ein. Bereits nach einer Stunde konnte die klare Fl\u00fcssigkeit abgehoben und der alkoholdurchtr\u00e4nkte Niederschlag in Wasser suspendirt der","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"211\nDialyse ausgesetzt werden. Er l\u00f6st sich dabei leicht nach einiger Zeit, ohne auch nur in Spuren zu diffundiren. Nach 3\u20144maligem Wiederholen der Procedur wird der Niederschlag mit kaltem und heissem absoluten Alkohol, dann mit Wasser, wieder mit Alkohol und mit Aether ersch\u00f6pft und trocken aufbewahrt.\nDas Pr\u00e4parat enth\u00e4lt noch reichlich Asche, haupts\u00e4chlich Kalk, Magnesia und Phosphors\u00e4ure, wohl von vorneherein in Form anorganischer Salze.\nDie Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl ergibt in diesem Pr\u00e4parat 15,56 und 15,59\u00b0/o N, berechnet auf die aschenfreie, bei 110\u00b0 getrocknete Substanz, ebensoviel als Neumeister und EHing er in ihren F\u00e4llen gefunden hatten.\nDie Form, in der der Stickstoff innerhalb des Molek\u00fcles gebunden ist, wurde nach Hausmann16) ermittelt. Es waren vorhanden in Form von\nAmidstickstoff\tl,33\u00b0/o =\t8,6\u00b0/o des Gesammt-N,\nDiaminostickstoff 3,87 \u00b0/o = 24,7 \u00b0/o \u00bb\t\u00bb\nMonaminostickstoff 10,00 \u00b0/o = 64,2 o/0 \u00bb\t\u00bb\nalso gefunden statt\n15,57 (bezw. 100\u00b0/o) 15,20\u00b0/o = 97,5\u00b0/o\t\u00bb\t\u00bb\nDie Verkeilung des Stickstoffs ist also eine \u00e4hnliche, wie sie Hausmann f\u00fcr das krvstallisirte Eieralbumin und das Serumglobulin angibt.\nVollkommen phosphor fr ei konnte ich meinen K\u00f6rper nicht erhalten, auch dann nicht, als ich nach Eliinger s Vorgang die durch Alkoholf\u00e4llung gewonnene Substanz in heissem Wasser nach Zusatz von etwas Natriumcarbonat l\u00f6ste und die L\u00f6sung neutralisirte; eine F\u00e4llung von Nucleoalbumin beobachtete ich dabei nicht, auch nicht bei leichter Ans\u00e4uerung. Nach mehrfacher Wiederholung der Procedur betrug der P-Gehalt nur noch 0,05\u00b0/o. Es scheint sich darnach umsehr schwer zu entfernende Aschenbeimengungen zu handeln, jedenfalls nicht um ein meinen K\u00f6rper in geringer Quantit\u00e4t begleitendes Nucleoalbumin. Wenigstens habe ich bei den Verdauungsversuchen nie ein unl\u00f6sliches Nucleinprodukt auf-treten sehen.\nBei l\u00e4ngerer Ber\u00fchrung mit Alkohol werden die durch\n14*","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\ndieses F\u00e4llungsmittel erhaltenen Niederschl\u00e4ge in Wasser ganz oder fast ganz unl\u00f6slich. Doch lassen sie sich noch in L\u00f6sung bringen, so z. B. durch verd\u00fcnnte siedende Natriumcarbonatl\u00f6sung, wie E Hing er angibt, und wie das auch mir leicht gelang. \u2014 Noch weniger eingreifend erschien mir folgendes Verfahren, bei dem ich eine \u00fcberraschende und wichtige Beobachtung machte.\nDer neutralisirte Harn wurde mit 2 Theilen Alkohol versetzt, gekocht, der Niederschlag auf dem Filter mit heissem 66\u00b0/oigem Alkohol ausgewaschen und unter 1U\u20141/2\u00b0/oige Ammoniakl\u00f6sung gebracht. Nach einigen Stunden (beim Erhitzen viel schneller) ist v\u00f6llige Aufl\u00f6sung eingetreten. Auf Zusatz sehr verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure erh\u00e4lt man, wenn die Beaction gerade anf\u00e4ngt neutral zu werden, eine geringe, kaum abzu-filtrirende Tr\u00fcbung, beim Ans\u00e4uern eine volumin\u00f6se, ohne eingreifende Mittel nicht in L\u00f6sung zu bringende F\u00e4llung. Wichtig ist das Verhalten der genau neutralisirten, etwa 1\u20142 Procent Chlorammonium enthaltenden L\u00f6sung. Diese gibt, wie der native Urin, beim Erw\u00e4rmen eine sehr starke Ausf\u00e4llung, die sich aber zum Unterschied von dem Urin in der Siedehitze zu absoluter Klarheit l\u00f6st. Beim Erkalten erscheint der Niederschlag wieder. In dieser Fl\u00fcssigkeit kann Ausf\u00fcllung und Wiederaufl\u00f6sen beliebig oft wiederholt werden, ohne dass auch nur Spuren bei 100\u00b0 ungel\u00f6st bleiben.\nDa die gew\u00f6hnlich im Harn auftretenden Eiweissk\u00f6rper nach Alkoholcoagulation sich nicht in verd\u00fcnntem Ammoniak aufl\u00f6sen, so kann eine Beimengung von solchen jedenfalls nicht vorhanden gewesen sein.\nDie wesentliche Bedeutung des Versuches liegt aber in anderer Richtung.\nEs ist n\u00e4mlich gelungen, den K\u00f6rper, der sich im Urin unter Umst\u00e4nden durch Kochen in der Siedehitze vollst\u00e4ndig ausf\u00e4llen liess, in eine L\u00f6sung \u00fcberzuf\u00fchren, in der er sich (genau wie im Urin des K\u00fchne\u2019schen Falles) beim Sieden wasserklar und restlos l\u00f6ste.\nDieser Versuch zeigt auf das Schlagendste, dass die Verschiedenheiten in dem Verhalten des K\u00f6rpers bei 100\u00b0 nur abh\u00e4ngig sind von den Eigenschaften des l\u00f6senden Mediums.","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 213 \u2014\nEntfernung der anderen Harnbestandtheile und Zusatz von Chlorammon l\u00e4sst die L\u00f6slichkeit bei 100\u00b0 auf das Sch\u00f6nste hervortreten. Aber auch ohne Entfernung der im Urin enthaltenen Stoffe, d. h. im Urin selbst bewirkt ein Zusatz von Salmiak ein deutlicheres Hervortreten der f\u00fcr unseren K\u00f6rper charakteristischen Reaction.\nMan erh\u00e4lt also aus dem Alkoholcoagulat den K\u00f6rper durch NH3 oder NaHC03 mit nachfolgender Neutralisation von Neuem in \u00e9iner L\u00f6sung, in der er seine hervorstechendste Eigenschaft wieder zeigt. Ob er ganz unver\u00e4ndert ist, l\u00e4sst sich bezweifeln. Wenigstens ist das Verhalten gegen Ammonsulfat ein anderes, die F\u00e4llungsgrenzen liegen niedriger, so f\u00fcr ein durch Ammoniak in L\u00f6sung gebrachtes Pr\u00e4parat bei (2,5 bezw. 6,0 ccm.) Ammonsulfatl\u00f6sung; f\u00fcr ein solches, das mit NaHC03 behandelt und dann neutralisirt war, bei 0,6 bezw. 2,2 ccm. Die F\u00e4llungsgrenze erwies sich hier als nicht ganz constant.\nInzwischen hat Spiro (s. d. vorangehende Publication) die Entdeckung gemacht, dass auch die gew\u00f6hnlichen echten Eiweissstoffe ihre Gerinnbarkeit bei 100\u00b0 und die F\u00e4llbarkeit durch Alkohol auf Zusatz von Harnstoff leicht einb\u00fcssen, ja dass coagulirtes Eiweiss durch Harnstoffl\u00f6sung verfl\u00fcssigt wird.\nIm Anschluss an diese Entdeckung habe ich auch den Einfluss von Harnstoff und einigen Salzen auf meinen K\u00f6rper studirt. Benutzt wurden einerseits neutraler Urin mit ca. 2\u00b0/o des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers, ein desgleichen schwach alkalischer und eine ca. 2\u00b0/o enthaltene salzfrei dialysirte L\u00f6sung des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers (durch Ammonsulfatf\u00e4llung gewonnen). Untersucht wurde der Einfluss von Harnstoff, Kochsalz, Salmiak, Chlormagnesium in concentrirten L\u00f6sungen von bekannter St\u00e4rke, sowie von 2 verschiedenen Mischungen von Monokaliumphosphat mit Dinatriumphosphat, von denen die eine stark alkalisch, die andere stark sauer war.\nAllemal wurden zu 2 ccm. der L\u00f6sung des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers verschiedene Mengen des Harnstoffs resp. der Salzl\u00f6sungen hinzugef\u00fcgt und dann mit destillirtem Wasser auf 4 ccm. aufgef\u00fcllt.\nDas summarische Ergebniss der Versuche ist folgendes:","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 214 \u2014\nEin Unterschied zwischen den drei verschiedenen L\u00f6sungen des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers war nicht vorhanden. Von den angef\u00fchrten Salzen l\u00e4sst nur das Chlorammonium die L\u00f6slichkeit des B ence-Jo ne s\u2019schen K\u00f6rpers bei 100\u00b0 st\u00e4rker hervortreten, und zwar gibt es ein Optimum f\u00fcr den Zusatz des Salmiaks ; die anderen Salze erweisen sich als wirkungslos; auch beim Zusatz von Salmiak wird eine absolute Kl\u00e4rung bei 100\u00b0 nicht erzielt, es bleibt eine feine Tr\u00fcbung bestehen. Ausserordentlich viel st\u00e4rker ist der Einfluss des Harnstoffs; es gelingt bei einem grossen Zusatz von Harnstoff, eine bei 100\u00b0 klare L\u00f6sung zu erzielen; andererseits fallen bei solchem Zusatz beim Erw\u00e4rmen nur mehr wenig Flocken aus; steigert man den Harnstoffgehalt noch um ein Geringes, so gibt die L\u00f6sung bei keiner Temperatur einen Niederschlag, auch nicht beim Wiederabk\u00fchlen.\nDie folgende Tabelle illustrirt diese Angaben \u00fcber die Wirkung des Harnstoffs :\nHarn\t50% Harn- stoff- l\u00f6sung\th2o\t\tDie Mischung enth\u00e4lt an zugesetztem Harnstoff\tBeim Erw\u00e4rmen\tBei 100\u00b0\tBei Abk\u00fchlung\tWieder- holtes Er- w\u00e4rmen, Ab- k\u00fchlen\n2 ccm.\t0\t2,0 ccm.\t\t\tstarke F\u00e4llung\ttr\u00fcbe, viel grobe Eiweisscoagula\tTr\u00fcbung nimmt zu1)\tG 03 G \u00a3 :ci fe\n\u00bb\t0,2\t1,8\t\u00bb\t2,5 \u00b0/o\t\u00bb \u00bb\t1 weniger tr\u00fcbe, kein\t\u00bb \u00bb \u00bb\tM\n)>\t0,4\t1,6\t\u00bb\t5,0 \u00b0/o\t\u00bb \u00bb\tJ Eiweisscoagulum\tstarke F\u00e4llung\tG 03\n\u00bb\t0,5\t1,5\t>\t6,25 \u00b0/o\tgeringere F\u00e4llung\tfast klar\t\u00bb _\u00bb\tbO 'S\n\u00bb\t0,6\t1,4\t\u00bb\t7,5 o/o\tstarke Tr\u00fcbung\tabsolut klar\t\u00bb Tr\u00fcbung\ts m\n\u00bb\t0,7\t1,3\t\u00bb\t8,7 \u00ab/O\tminimale schnell ver-schwindendeTr\u00fcbung\t\u00bb \u00bb\tkeine F\u00e4llung, bleibt klar2)\t03 a\n\u00bb\t0,8\t1,2\t\u00bb\t10,0 0/0\tbleibt klar\t\u00bb \u00bb\ti>\t\u00bb\t03\n\u00bb\t1,0\t1,0\t\u00bb\t12,5 \u00b0/o\t\u00bb \u00bb\t\u00bb \u00bb\t\u00bb \u00bb\t_03 '%\n\u00bb\t1,5\t0,5\t\u00bb\t18,8 \u00b0/o\t\u00bb \u00bb\t\u00bb \u00bb\t\u00bb \u00bb\tG\n\u00bb\t\u20182,0\t0,0\t>\t25,0 \u00b0/o\t\u00bb\tJ>\t\u00bb \u00bb\t\tG 03 O\n1)\tZusatz von Harnstoffl\u00f6sung bringt in der K\u00e4lte die Coagula leicht in L\u00f6sung.\n2)\tZusatz von H20 bewirkt deutliche Tr\u00fcbung, die beim Erw\u00e4rmen stark zunimmt.","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"215 \u2014\nDer Zusatz von Harnstoff macht den K\u00f6rper an sich nicht ungerinnbar. Verd\u00fcnnt man eine solche mit Harnstoff versetzte beim Kochen und beim Abk\u00fchlen klar gebliebene L\u00f6sung mit Wasser, so tritt nunmehr schon in der K\u00e4lte ein Niederschlag auf, der sich bei 50\u00b0 verst\u00e4rkt.\nNiederschl\u00e4ge des Bence-Jones'schen K\u00f6rpers, die durch Erhitzen und Wiederabk\u00fchlen gewonnen sind, gehen in m\u00e4ssig starker Harnstoffl\u00f6sung schon in der K\u00e4lte leicht in L\u00f6sung.*) Zusatz von Harnstoff zum Urin erschwert die Ausf\u00e4llung des Eiweissk\u00f6rpers durch Alkohol (und andere Reagentien), In einer 121 2 Procent Harnstoff enthaltenden L\u00f6sung sind (statt sonst zwei) 4l:2 Volumen Alkohol zur vollst\u00e4ndigen Ausf\u00e4llung n\u00f6thig.\nIm Anschluss an diese Versuche wurde noch der Einfluss der ebengenannten Zus\u00e4tze auf die Ausscheidungstemperatur des Eiweissk\u00f6rpers untersucht und zwar f\u00fcr Harnstoff, Kochsalz und Salmiak. Scharf beobachten liess sich hierbei nur das Eintreten der ersten Tr\u00fcbung, sowie der Zeitpunkt, bei dem das Maximum der Kl\u00e4rung erreicht wird. (Die Momente der beginnenden Flockenbildung, der maximalen Tr\u00fcbung, der beginnenden Aufhellung lassen sich auch bei gleichzeitiger Anstellung der verschiedenen Versuche nicht gen\u00fcgend scharf angeben.) Ein Einfluss des zugesetzten Salmiaks auf die Temperatur, bei der die erste Tr\u00fcbung erreicht wird, war nicht nachweisbar. Steigender Kochsalzzusatz erh\u00f6hte die F\u00e4llungstemperatur um ein Geringes (von 54 auf 56\u00b0); erst bei sehr starkem Kochsalzgehalt tritt eine Herabsetzung ein, so dass eine mit Salz ges\u00e4ttigte L\u00f6sung bei 46\u00b0 die erste Ausscheidung zeigt; l\u00e4sst man bei 37\u00b0 im Brutofen die ges\u00e4ttigte L\u00f6sung einige Stunden stehen, so tritt eine vollst\u00e4ndige Coagulation schon bei dieser Temperatur ein. Steigender Harnstoffzusatz erniedrigt den Tr\u00fcbungspunkt (von 53,5 auf 52,5\u00b0).\n*) Auch diese schon einmal unl\u00f6slich gewesenen L\u00f6sungen zeigen \u00e4hnlich wie die wieder in L\u00f6sung gebrachten Alkoholf\u00e4llungen (s. S. 213) eine Verschiebung der F\u00e4llungsgrenzen durch Ammoniumsulfat nach unten.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\n2 ccm.\t2,0\t2,0\t1,0\t2,0\t\tUrin\n0 >\t0,2\t0,4\t0,7\t0,8\t1,0 ccm.\t50\u00b0/o Harnstoffl\u00f6sung\n2 \u00bb\t1,8\t1,6\t1,3\t1,2\t1,0 \u00bb\tAqua dest.\n53,5\t52,5\t52,5\t52,5\t57,0\tbleibt aus\terste Tr\u00fcbung\n58\t53,5\t53,5\t57,0\tbleibt aus\t\u00bb \u00bb\tdichte \u00bb\n59\t56\t56\t63\t\u00bb \u00bb\t\u00bb \u00bb\tFlockenbildung unter Kl\u00e4rung\n67\t62\t58\t63\t63\t\u00bb \u00bb\tAufhellung\n85\t76\t72\t71\t71\t\u2014\tMaximum der Kl\u00e4rung erreicht\n\t\t\t\t\t\t\nriet Coagula in\twenig Coagula\t\tganz klar\t\t\tbei 100\u00b0\ngeschmol-\t\t\t\t\t\t\nzenem Zustand\t\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t\t\ngeringe\t\tdeutliche\tminimale\tbleibt klar\t\tbei Abk\u00fchlung.\nTr\u00fcbung\t\tTr\u00fcbung\tTr\u00fcbung\t\t\t\nHarn 2ccm. 20\u00b0/o Ml-L\u00f6sung 0 Aqua dest. 2\n2 ccm. 0,2 \u00bb 1,8 \u00bb\n2 ccm. 0,4 \u00bb 1,6 \u00bb\n2 ccm. 0,8 \u00bb 1,2 \u00bb\n2 ccm. 1,2 * 0,8 \u00bb\n2 ccm. 1.6 \u00bb 0.4 \u00bb\n1 ccm. 3,0 \u00bb\n4 ccm mit\nSteinsalz\nges\u00e4ttigt\nErste Tr\u00fcbung\n54,0\n54,5\n55,0\n55,0\noo,5\n56.0\n56.5\t46,0\u2018\nGewinnung von Krystallen.\nVersuche, solche nach Hofmeister's Methode durch freiwillige Verdunstung einer ammonsulfathaltigen L\u00f6sung des Bence-Jones'sehen K\u00f6rpers zu erhalten, schlugen trotz Anwendung der verschiedensten Kunstgriffe zun\u00e4chst fehl. Es wurden nur sch\u00f6ne grosse Globuliten erhalten. Erst als eine L\u00f6sung des K\u00f6rpers, die etwas weniger als 40 Volumprocente ges\u00e4ttigter Ammonsulfatl\u00f6sung enthielt (bei welchem Gehalt die untere F\u00e4llungsgrenze noch nicht erreicht ist), in verschlossener Flasche bei Zimmertemperatur fortgestellt war, zeigten sich nach Ablauf von vier Monaten millimetergrosse, glitzernde Krystalle in Drusen an den W\u00e4nden der Flasche ausgeschieden. Ihre Menge vermehrte sich, als die Fl\u00fcssigkeit nun einer \u00e4usserst langsamen Verdunstung ausgesetzt wurde. Nach weiteren drei Monaten stand eine etwas gr\u00f6ssere","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"217\nMenge von sch\u00f6n ausgebildeten Krystallen, gemischt mit weniger sch\u00f6nen Exemplaren und mit Globuliten, zur Verf\u00fcgung. Sie wurden abfiltrirt, scharf abgepresst, in Wasser gel\u00f6st und mit Ammonsulfatl\u00f6sung bis zur beginnenden Tr\u00fcbung versetzt. Nach 24 Stunden war ein grosser Theil des Eiweissk\u00f6rpers krystallinisch ausgeschieden, und der noch in L\u00f6sung verbliebene Antheil konnte durch weiteren Zusatz von Ammonsulfat krystallisirt erhalten werden. Auf diesem Wege wurde der K\u00f6rper noch mehrfach umkrystallisirt; er fiel dabei sofort krystallisirt aus. Makroskopische Krystalle wurden nie wieder erhalten. \u2014 Leider musste ich mich auf diese aus jener einen Flasche erhaltene Ausbeute beschr\u00e4nken. Trotz Wiederholung der Versuche unter den gleichen \u00e4usseren Bedingungen, trotz Impfung mit den vorhandenen Krystallen, trotz aller erdenklichen Variationen, die durch ein ganzes Jahr fortgef\u00fchrt wurden, gelang es nicht, weitere Krystalle zu gewinnen. Die Ausbeute war gering, ca. 1 g.\nDie Krystalle zeigten die Gestalt sch\u00f6ner Rhomboeder, etwa der Kalkspatrhomboeder; sie erwiesen sich im Gegensatz zu den Globuliten als doppeltbrechend, in Ueberein-stimmung mit allen anderen bisher auf gleichem Wege erhaltenen Eiweisskrystallen.\nBei der geringen Menge des Materials konnte ich nur die haupts\u00e4chlichsten Eigenschaften der Krystalle pr\u00fcfen.\nDie unter einer ammonsulfathaltigen L\u00f6sung aufbewahrten Krystalle l\u00f6sten sich nach dem Filtriren und Abpressen etwas langsamer in Wasser als der unkrystallisirte K\u00f6rper, immerhin gen\u00fcgend leicht. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung wurde beim Erw\u00e4rmen stark getr\u00fcbt, bei 100\u00b0 wurde sie bei noch vorhandenem geringen Salzgehalt klar, w\u00e4hrend nach starker Dialyse, wenn das Ammonsulfat bis auf Spuren entfernt war, in der Siedehitze Kl\u00e4rung nicht eintrat. Die F\u00e4llungsgrenzen durch Ammonsulfat lagen f\u00fcr die salzfreie, sehr stark verd\u00fcnnte L\u00f6sung des Bence-Jones'schen K\u00f6rpers bei 4,8 resp. 6,6 ccm. Ammonsulfatl\u00f6sung, also etwas h\u00f6her als im Urin.\nGegen Salpeters\u00e4ure, Kochsalz, Kochsalzessigs\u00e4ure, Ferro-cyankaliumessigs\u00e4ure reagirte die L\u00f6sung des krystallisirten K\u00f6rpers genau wie die des nicht krystallisirten.","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nDie Krystalle waren noch nicht aschefrei: Bei der Salpeterschmelze ergaben sie (durch Molybd\u00e4ns\u00e4ure- und Tripelphosphatniederschlag nachgewiesen) einen geringen Phosphorgehalt. Da die direkte Veraschung im Platintiegel aber eine nicht saure, sondern eine in Wasser unl\u00f6sliche, in Salzs\u00e4ure l\u00f6sliche Asche lieferte, so darf auch hier der Phosphorgehalt wohl auf eine Beimengung von Kalk und Magnesiaphosphat bezogen werden.\nIn letzter Zeit ist es gelungen, durch geeignete Vorbehandlung (mit ammoniakalischer Magnesial\u00f6sung) die Phosphate zu entfernen und ganz phosphorfreie Pr\u00e4parate zu erhalten. (Zur Verbrennung gelangten zweimal Proben von mehr als 1 g des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers [Alkoholf\u00e4llung].)\nBisher sind nur wenige dem Thierreiche entstammende Eiweissk\u00f6rper krystallisirt erhalten worden; vor vielen Jahrzehnten schon die H\u00e4moglobine verschiedener Thierarten, die ohne Zusatz von Salzen krystallisiren. Aus salzhaltiger L\u00f6sung krystallisiren das Eieralbumin (Hofmeister21), das Serumalbumin des Pferdes, des Kaninchens (G\u00fcrber22), des Meerschweinchens (S. Gruzewska26) und der Bence-Jones sehe K\u00f6rper. Moraczewski\u2019s23) Angabe, dass er Casein und Vitellin in Verbindung mit Phosphaten zur Krystallisation gebracht habe, hat noch keine Best\u00e4tigung gefunden.\nDer Bence-Jones\u2019sche K\u00f6rper ist, vom H\u00e4moglobin abgesehen, der erste dem menschlichen Organismus entstammende Eiweissk\u00f6rper, dessen Krystallisation im Glase des Chemikers gelungen ist. Zwar ist noch ein anderer krystallisirter Eiweissstoff gleicher Abstammung bekannt: aber dieser gelangte bereits in krystallisirtem Zustand dem Chemiker in die H\u00e4nde: es ist dies der von No\u00ebl Paton13) im Harn eines (an einer unbekannten Krankheit leidenden) Mannes aufgefundene Eiweissk\u00f6rper. Dieser, offenbar ein Globulin, fand sich im Harn in kolossaler Menge vor, zum Theil gel\u00f6st, zum Theil in centimeterlangen, prachtvoll ausgebildeten Nadeln. Der im Harn gel\u00f6ste Antheil schied sich bei der Dialyse gleichfalls in Krystallen aus. \u2014 Dieser K\u00f6rper ist seither noch nicht wieder gefunden worden.\nEs ist interessant, dass die beiden einzigen aus dem","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 219\nmenschlichen Stoffwechsel herr\u00fchrenden Eiweissk\u00f6rper, die man in krystallisirtem Zustand kennt, pathologische Produkte sind, und dass sie im Harn Vorkommen.\nIII. Verhalten bei der Pepsinverdauung.\nDie bisher angef\u00fchrten Versuche hatten die Vermuthung wachgerufen, dass es sich bei unserem K\u00f6rper nicht um eine albumosen\u00e4hnliche Substanz handle, sondern dass sie vielmehr den genuinen Eiweissk\u00f6rpern nahe stehe; Verdauungsversuche mit Pepsin konnten unter Umst\u00e4nden Aufkl\u00e4rung liefern. Wir haben uns zur Trennung der Albumosen ausschliesslich der Hofmeister'schen Methode, wie sie von E. P. Pick14) eingef\u00fchrt wurde, bedient. Unter den Verdauungsprodukten kann man zur Zeit mindestens zwei prim\u00e4re (Proto- und Heteroalbumose), sowie mindestens drei \u00absecund\u00e4re Albumosen A, B, C\u00bb unterscheiden und von einander trennen, und weiterhin zwei \u00abPeptone\u00bb isoliren.\nAus dem Verdauungsgemisch des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers konnte ich eine durch Halb S\u00e4ttigung mit Ammonsulfat f\u00e4llbare Albumose isoliren, die sich nach ihrer relativen L\u00f6slichkeit in Alkohol und nach ihren sonstigen Reactionen als Proto albumose erwies, dann drei durch gr\u00f6sseren Ammonsulfatzusatz f\u00e4llbare Albumosen und zwei Peptone; diese K\u00f6rper zeigten im Wesentlichen \u00e4hnliche Eigenschaften, wie die entsprechenden Produkte aus Fibrin, Albumin, Globulin u. s. w. Eine Substanz vom Verhalten der Hetero albumose fand sich nicht. \u2014 Ebensowenig gelang der Nachweis eines unl\u00f6slichen Nucleins im Verdauungsgemisch.\nDer Verdauung wurden nach orientierenden Vorversuchen ca. 40 g einer drei- bis viermal mittelst Ammonsulfat \u00abumgef\u00e4llten\u00bb Substanz unterworfen, die zum Schluss durch 24st\u00fcndige Dialyse vom gr\u00f6ssten Theile des Salzes befreit worden war. Als Pepsin diente das beste Gr\u00fcbler\u2019sche Pr\u00e4parat. Nach sp\u00e4testens 2\u20143st\u00e4ndiger Verdauung war der urspr\u00fcngliche K\u00f6rper ganz verschwunden und Hessen sich schon s\u00e4mmtliche \u00fcberhaupt erh\u00e4ltliche Fractionen, inclusive der Peptone, nachweisen; nach 6\u201410 Stunden waren noch reichlich \u00abprim\u00e4re\u00bb, d. h. durch Halbs\u00e4ttigung mit Ammonsulfat f\u00e4llbare Albumosen vorhanden, nach 30 Stunden nur sp\u00e4rliche Reste derselben. Nach einer Verdauung von 8 Tagen waren sie nicht mehr nachweisbar; es fanden sich nur wenig \u00absecund\u00e4re","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 220\nAlbumose A\u00bb, reichlich dagegen die anderen Fractionen vor. \u2014 Bei der Neutralisation der Verdauungsfl\u00fcssigkeiten wurde ein Pr\u00e4cipitat nie erhalten; doch schieden sich beim Eindampfen des neutralisirten Verdauungsgemisches auf etwa ein F\u00fcnftel Flocken (von Acidalbumin?) aus, deren Menge zur Untersuchung nicht ausreichte. \u2014 Bei der Trennung der einzelnen Fractionen verfuhr ich genau wie Pick, Alexander1\"), Umber1**) u. s. w., auf deren Arbeiten ich verweise.\nDie untere und obere F\u00e4llungsgrenze der ersten Fraction (prim\u00e4re Albumosen) lagen bei 3,2 bezw. 4,8 (bei einem zweiten Versuche bei 2,8 bezw. 4,8), die f\u00fcr die zweite Fraction (secund\u00e4re Albumose A) bei 5,6 bezw. 7,2, f\u00fcr die dritte (secund\u00e4re Albumose B) bei 7,8 bezw. 9,2 ccm. Die vierte (secund\u00e4re Albumose C) fiel am besten aus beim Zusatz von 7n> Volumen schwefels\u00e4urehaltiger Ammonsulfatl\u00f6sung zu der ammonsulfatges\u00e4ttigten Aufl\u00f6sung; die beiden Peptone wurden, wie bei Pick und Umber, durch F\u00e4llung mit Jodjodkalium gewonnen und dann durch Alkohol getrennt, dann gereinigt. Ein Vergleich dieser F\u00e4llungsgrenzen mit denen der Verdauungsprodukte des Fibrins, Eieralbumins, Serumalbumins und Serumglobulins (cf. deren Zusammenstellung bei Umber) zeigt eine Aehnlichkeit des Verhaltens unseres K\u00f6rpers mit dem Globulin. W\u00e4hrend die F\u00e4llungsgrenzen f\u00fcr die secund\u00e4re Albumose A bei den \u00fcbrigen obengenannten K\u00f6rpern bei 5,4 bezw. 6,2 ccm. liegen, sind sie beim Serumglobulin und dem Bence-Jones\u2019sehen K\u00f6rper erheblich h\u00f6her (5,6 bezw. 7,2 ccm.). Die Gesammtausbeuten waren, wie bei den fr\u00fcheren Autoren, im Vergleich zu der Menge des Ausgangsmaterials gering, immerhin zur Anstellung aller Reactionen ausreichend. In sehr sp\u00e4rlicher Menge war nur die secund\u00e4re Albumose C vorhanden.\nAus der ersten Fraction der \u00abprim\u00e4ren Albumose\u00bb, war eine Hetero-albumose nicht abzuscheiden, weder bei der Dialyse (K\u00fchne), noch auch nach Zusatz von einem halben und einem ganzen Volumen Alkohol zur w\u00e4sserigen Aufl\u00f6sung und mehrst\u00fcndigem Kochen des Gemisches am R\u00fcckflussk\u00fchler (E. P. Pick). Nach letzterer Methode war im Hofmeister\u2019sehen Laboratorium aus den beiden sogenannten \u00abprim\u00e4ren Albumosen\u00bb bei s\u00e4mmtlichen bisher untersuchten K\u00f6rpern, mit Ausnahme des Caseins, eine Heteroalbumose isolirt worden. Nur bei letzterem Produkte und bei unserem K\u00f6rper fehlte sie.\nDie folgende Tabelle gibt eine Uebersicht der F\u00e4llungsgrenzen und der haupts\u00e4chlichsten Reactionen unseres K\u00f6rpers und seiner Verdauungsprodukte. Die letzteren verhalten sich im Allgemeinen \u00e4hnlich wie die Pepsinspaltungsprodukte aus anderen Eiweissk\u00f6rpern, soweit sie bis damals in Hofmeister\u2019s Laboratorium untersucht waren; einige Abweichungen (Auftreten der Millon\u2019sehen Probe beim Pepton B, die Schw\u00e4che der Moli sch\u2019sehen Reaction bei den secund\u00e4ren Albumosen A, B u. s. w.) machen eine erneute Untersuchung w\u00fcnschenswerth. Sie sind zum Theil vermutlich von der noch nicht weit genug durchgef\u00fchrten Trennung und Reinigung der einzelnen Fractionen abh\u00e4ngig.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"Reactionen des Rence-Jones-K\u00f6rpers und seiner Verdauungs\n221\n\u00a9 \u201c > *\n05\t72\no< IB\ncd _\ng C\n\u00a9 g3\n| I\nts f?\n05 g3\n'tS d\n_cd d3 \u00ab\nd ^\niS :cd\ns <\nC\u00df\ng J _ -3 B ^ o o d \u00ae TS -g ~ \u20185 1 S 56\n, ta \u00f6 g :cS d\nO |-<\ns \u00e4\nc\u00df \u00a3 .E\n!\u00df ^\n44 s\ntl 15\nn \u25a0\u00a7\n\u00a3 1 o ^\n, - o\n\u00b0 'S ?\nc\u00df ^\n\n9-4 .X\t1\u2014I\n<3 j\u00a7 .g ^\nS ^\nC &>\nd \u00e4\nd 05 Qh \u00c6\n\u2014\t\u00ce-4\nd cd\na\n05 .\u2014 -5>\t05\nH -d\n* -d\nd cs \u00a9 \u00a3 72 _\u00d6\n\u00a3 8\nM g\nJ8 g\ncS\t%\t4^\t*fe\tc\t\tt\u00df \u00a9\t~\t~\nC\u00df\t\tC\u00df\t\trt\t\t\u00d6\t\t\n\tcn\t\t02\t\t\t\t\t\nc\t\t\t\t<\t:\tm\to\t,\ti\npH\t\tO c\u00df O\t\to\t\t\t'S\tO\nt\u00a7 1\t\t\t\t|\t)\t\u00a3\t\to dH d\u00ee\nm\t\t\u00a3\t\t\t\t\tcd\tcd o\n\u00d6\t\t?S\t\t<\t\t\t.\t72 < O\tPQ '\u00ab :0\n>\u20145 I\t\t\t\t\t1\t\td S\t\u00d6 r_l\no\t\tp\t\tc\t\t\to 13\t_o\no a o CO\t\t\u00a3\t\tc c ir.\t> ~ > ?\t*\tOh \u00a9 Oh\tPh \u00a9 Oh","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nIV. Zusammenfassung und Vergleich mit den Angaben fr\u00fcherer Autoren.\nIch habe im Urin meines Falles nur einen einzigen Eiweissk\u00f6rper nachweisen k\u00f6nnen. Die Abwesenheit von Albumin und Globulin liess sich durch das abweichende Verhalten gegen Ammonsulfat*) ausschliessen, die des letztgenannten Eiweisses auch noch durch das Verhalten des Harns gegen Magnesiumsulfat und bei Einleiten von Kohlens\u00e4ure sowie bei der Dialyse. Vor Allem spricht gegen die Anwesenheit eines der gew\u00f6hnlichen coagulablen Eiweissk\u00f6rper der Umstand, dass der durch Alkohol erhaltene unl\u00f6slich gewordene Niederschlag sich restlos in verd\u00fcnntem NH3 l\u00f6ste, und diese L\u00f6sung nach Neutralisation wieder das Verhalten des urspr\u00fcnglichen K\u00f6rpers, d. h. v\u00f6llige L\u00f6slichkeit bei 100\u00b0, zeigte. \u2014 Nucleoalbumin, von Matthes und Ellinger gefunden, schien nicht beigemengt zu sein. Auch die Anfangs sich aufdr\u00e4ngende M\u00f6glichkeit, dass zwei von den gew\u00f6hnlichen abweichende Eiweissk\u00f6rper in dem Urin vorhanden seien, hat sich als unrichtig erwiesen.\nDer von mir untersuchte Bence-Jones \u2019sehe K\u00f6rper steht den von fr\u00fcheren Forschern studirten jedenfalls nahe. Bezeichnen diese ihn aber durchg\u00e4ngig als eine mit den Verdauungsalbu-mosen identische oder ihnen nahestehende \u00ab Albumos e \u00bb, so kann ich f\u00fcr meinen K\u00f6rper dieser Aufassung nicht beipflichten.\nDie Beschreibung, die die bisherigen Autoren von dem Bence-Jones\u2019schen Eiweissk\u00f6rper geben, geht in recht vielen Punkten auseinander ; auch mein Fall zeigt seine Besonderheiten. Die Frage dr\u00e4ngt sich auf: Umfasst der Begriff \u00abBence-Jones\u2019scher Eiweissk\u00f6rper\u00bb eine Gruppe von Substanzen, und haben die Untersucher verschiedene K\u00f6rper in H\u00e4nden gehabt, oder handelt es sich um einen einheitlichen K\u00f6rper, bei dem nur unwesentliche Versehieden-\n*j Serumglobulin beginnt bei einem Gehalt von 33 Volum-procenten Ammonsulfatl\u00f6sung auszufallen, Serumalbumin bei einem solchen von 66. Das Eiweiss des Harns dagegen fiel zwischen 40 und 60 Volumprocenten aus.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"223\nheiten der Untersuchungsmethoden und -Bedingungen zu verschiedenen Resultaten und divergirenden Auffassungen gef\u00fchrt haben ?\nZur Entscheidung dieser Alternative ist ein genauer kritischer Vergleich der bisherigen Angaben und ein Hervorheben der Verschiedenheiten nicht zu umgehen.\nEingehendere chemische Untersuchungen liegen vor von Bence-Jones, K\u00fchne, Huppert, Zeehuysen-Stockvis, Matthes, Rosin (S\u00fcssmann) und Ellinger.\nEin Vergleich unseres K\u00f6rpers mit den von diesen Antoren beschriebenen ist freilich nicht in s\u00e4mmtlichen Punkten gleich-massig durchf\u00fchrbar, weil die einzelnen Forscher nicht alle Eigenschaften gleiehm\u00e4ssig ber\u00fccksichtigt und studirt haben; weil ferner manche Reactionen mit dem Urin, andere hingegen mit der L\u00f6sung der reinen Substanz angestellt worden sind; auch die Isolirung und Reindarstellung ist nach verschiedenen Methoden erfolgt. Nichtsdestoweniger l\u00e4sst sich ein Vergleich zum Mindesten f\u00fcr eine Reihe der wichtigeren Reactionen durchf\u00fchren, f\u00fcr welche scheinbare oder thats\u00e4chliche Differenzen in den Angaben vorliegen.\n1.\tDie Coagulationstemperatur wird von den einzelnen Autoren verschieden angegeben und schwankte auch im einzelnen Fall. Die erste Tr\u00fcbung trat beim Erw\u00e4rmen des Urins f\u00fcr gew\u00f6hnlich innerhalb der Grenzen von 50 bis 58 0 auf ; in stark salzhaltigen L\u00f6sungen lag die Coagulationstemperatur meist tiefer, doch betonen die meisten Autoren (K\u00fchne, Matthes, Ribbink, Ellinger), dass sie abh\u00e4ngig sei von Salz- und S\u00e4uregehalt. Das trifft auch f\u00fcr meinen K\u00f6rper zu: im Allgemeinen sinkt (von einer gewissen Concentration an) [Pauli25)] mit zunehmendem Salzgehalt die Coagulationstemperatur.\n2.\tVollst\u00e4ndigkeit der L\u00f6sung des K\u00f6rpers bei 100 \u00b0. Auch hier liegen Differenzen in den Befunden vor. Bei K\u00fchne sowohl wie bei Matthes war der K\u00f6rper bei 100\u00b0 im Urin vollst\u00e4ndig gel\u00f6st, ebenso bei Ellinger. Die in der Siedehitze bei letzterem Autor noch vorhandene Tr\u00fcbung r\u00fchrte von Nucleoalbumin her; bei Ribbink und Huppert, sowie","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"\u2014 224 \u2014\nin dem Fall von Rosin-S\u00fcssmann jedoch wurde der Harn beim Kochen nicht v\u00f6llig klar. Das Gleiche gibt auch Matthes an, sofern der Salzgehalt des Urins etwas gr\u00f6sser war. Mein K\u00f6rper ging beim Kochen des Harns nie v\u00f6llig in L\u00f6sung, aber doch zum gr\u00f6ssten Theil, wenigstens im Beginn der Untersuchungen.\nDiese geringf\u00fcgigen Unterschiede w\u00fcrden an sich kaum zum Auseinanderhalten dieser Eiweissk\u00f6rper n\u00f6thigen. Nun zeigte sich aber mein Eiweissk\u00f6rper in den sp\u00e4teren Krankheitsstadien bei 100 0 im Harn v\u00f6llig oder fast v\u00f6llig unl\u00f6slich: er liess sich bei Siedetemperatur selbst bei neutraler Reaction in vollst\u00e4ndig coagulirtem Zustand quantitativ nieder-schlagen, verhielt sich also wie ein gew\u00f6hnliches Harneiweiss. Trotzdem ist es nicht erlaubt, daraufhin meinen Eiweissk\u00f6rper als von den fr\u00fcheren verschieden hinzustellen, denn es lag vollst\u00e4ndig in unserer Hand, den K\u00f6rper bei 100 0 l\u00f6slich oder unl\u00f6slich zu erhalten und alle Ueberg\u00e4nge zwischen diesen Extremen herzustellen,\nWie es einerseits m\u00f6glich war, durch eine geringe Aenderung der physikalischen Bedingungen (Verd\u00fcnnen des Urins, langsames Erw\u00e4rmen in einem langhalsigen Kolben) dem K\u00f6rper die vorher deutliche L\u00f6slichkeit bei 100\u00b0 zu nehmen, ebenso gelang es andererseits, durch einfache chemische, nicht eingreifende Massnahmen dem K\u00f6rper die von K\u00fchne und Matthes beobachtete v\u00f6llige L\u00f6slichkeit bei 100\u00b0 zu ertheilen. Das galt sowohl f\u00fcr eine chlorammonhaltige L\u00f6sung eines durch Alkoholf\u00e4llung beim Sieden erhaltenen Niederschlags, wie auch f\u00fcr Urin, in dem Zusatz von Salmiak und besonders Harnstoff die vorher fehlende v\u00f6llige L\u00f6slichkeit bei 100\u00b0 auftreten liess.\nGleich wie bei manchen anderen Eiweissk\u00f6rpern (Gasein, Globulin) die L\u00f6slichkeit in Wasser bei gew\u00f6hnlicher Temperatur, wie bei ihnen und auch den Albuminen die F\u00e4llung in der W\u00e4rme, die Coagulationstemperatur und die Vollst\u00e4ndigkeit der Abscheidung nicht eine diesen K\u00f6rpern an sich zukommende Eigenschaft darstellt, sondern von Salzgehalt, Reaction, Anwesenheit anderer Stoffe sehr wesentlich","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"225 \u2014\nabh\u00e4ngt, ebenso gilt das f\u00fcr das verschiedene Verhalten des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers in der Siedehitze.\nDie Kenntniss dieser die L\u00f6slichkeit der Eiweisse bedingenden \u00e4usseren Einfl\u00fcsse hat durch Spiro's Entdeckung der Einwirkung einer Harnstoffl\u00f6sung auf die Coagulirbarkeit der \u00abechten\u00bb Eiweissstoffe eine wesentliche Vervollst\u00e4ndigung erhalten.\nEinige dieser Einfl\u00fcsse auf die L\u00f6slichkeit des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers habe ich oben beschrieben. Auf so erhebliche Verschiedenheiten, wie ich sie k\u00fcnstlich einf\u00fchrte, d\u00fcrfte sich freilich das verschiedene Verhalten des im Urin gel\u00f6sten Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers nicht zur\u00fcckf\u00fchren lassen. Weder d\u00fcrfte in den F\u00e4llen von K\u00fchne und Mattires ein st\u00e4rkerer Chlorammongehalt noch ein gr\u00f6sserer Harnstoffgehalt vorhanden gewesen sein, als in meinem Fall und bei den anderen Autoren. Im Harn combinirt sich der Einfluss der Beaction, der Dichte, des Gehaltes an Harnstoff und anderen stickstoffhaltigen oder stickstofffreien Extractivk\u00f6rpern, derjenige der verschiedenen Salze in so un\u00fcbersehbarer Weise, dass es ohne eingehende Analyse nicht m\u00f6glich ist, festzustellen, welcher Einfluss im einzelnen Fall der vorwaltende und ausschlaggebende ist. Sowohl bei saurer wie auch bei alkalischer Reaction, nach Zusatz von Wasser oder ohne Verd\u00fcnnung beobachtete ich die verschiedensten Grade der L\u00f6slichkeit; auch der Zusatz von Salzen u. s. w. zum Harn oder zu einer w\u00e4sserigen L\u00f6sung gab gelegentlich abweichende Resultate.\nAuch bei den anderen Autoren liegen ja \u00e4hnliche, mehr gelegentliche Beobachtungen vor, die darauf hinweisen, wie geringe, h\u00e4ufig dem Beobachter ganz entgehende Versuchs\u00e4nderungen die L\u00f6slichkeitsverh\u00e4ltnisse des K\u00f6rpers in \u00fcberraschender Weise \u00e4ndern. So sah Siissmann den K\u00f6rper, der im Harn bei 100\u00b0 einen R\u00fcckstand zur\u00fcckliess, sich in einer reinen L\u00f6sung bei 100\u00b0 v\u00f6llig aufl\u00f6sen. Umgekehrt erhielt K\u00fchne, dessen K\u00f6rper sich im siedenden Harn und auch in w\u00e4sseriger L\u00f6sung sonst stets v\u00f6llig l\u00f6ste, einmal eine schwach alkalische (!), fast salzfreie L\u00f6sung\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. XXX.\t15","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226 \u2014\n(des durch Dialyse gereinigten K\u00f6rpers), die beim Erw\u00e4rmen coagulirte und beim Erhitzen auch nicht die mindeste L\u00f6sung des Niederschlages zeigte! (Zeitschr. f. Biologie, Bd. 20, S. 42). Ebenso werden Differenzen beobachtet in dem Verhalten einer salzfreien, durch Dialyse gewonnenen L\u00f6sung. K\u00fchne, Ribbink, Matthes, Ellinger fanden, dass eine solche L\u00f6sung beim Erw\u00e4rmen keine F\u00e4llung gibt;*) sie that es erst nach Zusatz von S\u00e4ure oder Salz. In unserem Fall war auch ohne solchen Zusatz eine Ausf\u00e4llung bei mittleren W\u00e4rmegraden stets zu erzielen.\nTrotzdem also die L\u00f6slichkeit des Bence-Jones\u2019schen Eiweissk\u00f6rpers bei 100\u00b0 eine recht wichtige Eigenschaft ist, trotzdem gerade sie, und nur sie, wenigstens bisher, zur Auffindung des K\u00f6rpers im Urin gef\u00fchrt hat, ist sie doch keine wesentliche, immanente Eigenschaft : Das verschiedene Verhalten in den einzelnen F\u00e4llen nach dieser Richtung hin erlaubt nicht, eine Verschiedenheit dieser K\u00f6rper zu statuiren.\n3. Das Verhalten des K\u00f6rpers gegen S\u00e4ttigung seiner L\u00f6sungen mit Steinsalz. Die hier bei den Autoren zu Tage tretenden scheinbaren Differenzen finden ihre Erkl\u00e4rung darin, dass die Aufl\u00f6sung des K\u00f6rpers im Harn sich eben anders verh\u00e4lt, als eine solche in neutraler Salzl\u00f6sung. Ribbink findet beim Aussalzen mittelst Steinsalz im Harn weder bei 15\u00b0 noch bei 40\u00b0 eine Ausf\u00e4llung, selbst nicht nach Tagen. Matthes constatirte nach mehreren Tagen im Harn eine Tr\u00fcbung; doch findet in der L\u00f6sung des reinen K\u00f6rpers in Matthes\u2019 Fall nach Neumeister keine F\u00e4llung statt. Ellinger sah nach Zugabe einer ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung eine allm\u00e4hliche, unvollst\u00e4ndige F\u00e4llung, K\u00fchne beim gleichen Verfahren nur eine Tr\u00fcbung. Auch ich fand in dem sauren Urin durch S\u00e4ttigen bei gew\u00f6hnlicher Temperatur eine unvollst\u00e4ndige Ausf\u00e4llung, in der L\u00f6sung des reinen K\u00f6rpers keine Tr\u00fcbung. Genau das Gleiche gibt S\u00fcssmann an. Im Gegens\u00e4tze zu diesen Angaben konnte Huppert seinen K\u00f6rper\n*) K\u00fchne constatirte freilich, dass die L\u00f6sung alkalisch reagirte.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"227\ndurch Kochsalz bei 35 bis 40\u00b0 vollst\u00e4ndig aussalzen, aber diese Aussalzung ist, wie Zeehuysen richtig vermuthet, keine reine Aussalzung, bei welcher der K\u00f6rper nach Entfernung des Salzes wieder in L\u00f6sung geht, sondern eine Coagulation, die in Folge des hohen Salzgehaltes schon bei niederer Temperatur stattfindet. Auch unser K\u00f6rper liess sich im Thermostaten bei 37\u00b0 durch Kochsalz v\u00f6llig abscheiden; dieser Niederschlag war coagulirt und in kaltem Wasser nicht mehr l\u00f6slich, im Gegens\u00e4tze zur echten Aussalzung durch Ammoniumsulfat; letztere, bei Zimmertemperatur und neutraler Reaction vorgenommen, ergab bei beliebig oft vorgenommener Wiederholung stets einen in Wasser l\u00f6slichen Niederschlag. Auch im Verhalten zum Kochsalz bestehen somit keine wesentlichen Verschiedenheiten; eine neutrale L\u00f6sung des gereinigten K\u00f6rpers ist durch Kochsalz bei Zimmertemperatur \u00fcberhaupt nicht f\u00e4llbar (Unterschied von der Proto- und Hetero-albumose).\n4.\tDialyse. K\u00fchne und Matthes geben an, dass ihr K\u00f6rper auch nicht in Spuren dialysire; das Gleiche trifft f\u00fcr den unseren zu. Ellinger hat seinen K\u00f6rper durch Dialyse gereinigt, ohne freilich ausdr\u00fccklich zu bemerken, dass sein K\u00f6rper gar nicht dialysabel sei. Nur Ribbink sah einen Theil durch k\u00fcnstliches Pergament hindurchgehen; doch liegt wohl die M\u00f6glichkeit vor, dass sein Pergament nicht vollkommen dicht gewesen sei, da sein K\u00f6rper sonst ja mit den anderen im Wesentlichen \u00fcbereinstimmte.\n5.\tVerdauung mit k\u00fcnstlichem Magensaft. Dieselbe ist von K\u00fchne, Matthes, Ribbink und von mir untersucht worden. Differenzen in den einschl\u00e4gigen Angaben bestehen nicht so sehr in den nur von Matthes aufgefundenen Verdauungsprodukten eines Nucleins (denn dieses r\u00fchrte wahrscheinlich, wie Neumeister angibt, und wie auch Matthes laut m\u00fcndlicher Mittheilung nunmehr annimmt, von einem neben dem Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rperimUrin vorhandenen Nucleoalbumin her), sondern vielmehr in dem Auffinden verschiedener Verdauungsprodukte seitens der einzelnen Forscher. Ich konnte eine Protalbumose, drei sogenannte\n15*","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228 \u2014\nsecund\u00e4re Albumosen, zwei Peptone nachweisen, isoliren und sie durch Pr\u00fcfung ihrer Eigenschaften identificiren. Matthes und Ribbink geben nur an, dass der K\u00f6rper sehr leicht und vollst\u00e4ndig bei der Verdauung gel\u00f6st werde; derErstere findet schon nach zehn Minuten Deuteroalbumosen und Pepton, der Andere gibt an, dass sein K\u00f6rper zum gr\u00f6ssten Theil in Pepton umgewandelt sei. Ausdr\u00fcckliche Angaben \u00fcber Anoder Abwesenheit prim\u00e4rer Albumosen fehlen. K\u00fchne gibt an, dass nach 1\u20142 Stunden langer Verdauung seines Eiweissk\u00f6rpers nur noch Pepton in der L\u00f6sung vorhanden gewesen sei; weder mit Salpeters\u00e4ure, noch mit Essigs\u00e4ure und Kochsalz erhielt er Niederschl\u00e4ge, so dass K\u00f6rper, die unserer Protalbumose, unseren secund\u00e4ren Albumosen A und B gleichen, bei ihm gefehlt zu haben scheinen. Dieser Unterschied meinem Befund gegen\u00fcber ist wohl nur ein scheinbarer, denn da der Bence-Jones\u2019-sche K\u00f6rper leicht verdaut wird, so kann ein Uebersehen der ersten Verdauungsprodukte zu jener Zeit um so leichter erfolgt sein, als ja sch\u00e4rfere Methoden der Trennung und Darstellung erst im Laufe der letzten Jahre bekannt geworden sind.\n6. Albumosatbildung. K\u00fchne versteht darunter eine Ver\u00e4nderung der Bence-Jones'sehen \u00abAlbum\u00f6se\u00bb durch Zusatz starker Laugen analog der Albuminatbildung. Um etwas Aehnliches handelt es sich bei der Acidalbuminbildung durch Minerals\u00e4uren. In beiden F\u00e4llen werden die K\u00f6rper ver\u00e4ndert, so dass sie bei Neutralisation aus der L\u00f6sung niedergeschlagen werden. Die einzelnen Eiweissk\u00f6rper verhalten sich dabei verschieden; die gereinigten Verdauungsalbumosen zeigen diese Eigenschaft nicht.\nK\u00fchne, Matthes, Ellinger und S\u00fcssmann geben \u00fcbereinstimmend an, dass durch Neutralisation des anges\u00e4uerten oder mit Alkali versetzten Harnes der K\u00f6rper unl\u00f6slich ausfalle. Ich kann das nur best\u00e4tigen. Namentlich K\u00fchne legt, worauf ich noch zur\u00fcckkomme, auf diesen Vorgang grosses Gewicht. Bei Huppert finden sich keine Angaben. Nur Ribbink konnte ein solches Neutralisations-","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"229\npr\u00e4cipitat nicht erzielen. Das lag vielleicht daran, dass er nicht genug S\u00e4ure oder Alkali zum Harn zugesetzt hatte; in diesem Falle bleibt eben die sonst stets eintretende F\u00e4llung bei der Neutralisation aus (s. o. S. 207). Ebenso ist eine andere Differenz in den Angaben der Autoren aufkl\u00e4rbar: L\u00f6st man eine \u00abcoagulirte\u00bb F\u00e4llung des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers vermittelst Soda und neutralisirt, so erh\u00e4lt man nach Huppert einen Niederschlag, dagegen bleibt die L\u00f6sung klar nach Neumeister und Ellinger, aber nur, wenn gen\u00fcgend Wasser zur L\u00f6sung vorhanden ist. Diese Angabe, diese specielle Bedingung, kann ich best\u00e4tigen.\n7. Die F\u00e4llungsgrenzen beim Aussalzen mit Ammonsulfat gibt Ellinger mit 2 bezw. 4 ccm. an; ich fand sie zu 4 bezw. 6 ccm. im Harn, und etwas h\u00f6her in einer dialysirten L\u00f6sung. Aber Ellinger\u2019s Angaben beziehen sich auf eine L\u00f6sung des isolirten K\u00f6rpers, der vorher eine Coagulation durchgemacht hatte und erst wieder durch siedende Natriumcarbonatl\u00f6sung in L\u00f6sung gebracht worden war, und f\u00fcr diesen Fall liegen die F\u00e4llungsgrenzen erheblich tiefer (ich fand sie gelegentlich bei 0,6 bezw. 2,2 ccm. cf. S. 213). Auch hier ist also keine thats\u00e4chliehe Differenz zwischen dem Verhalten in Ellinger\u2019s und meinem Fall vorhanden.\nIch glaube durch den eingehenden Vergleich sichergestellt zu haben, dass die in den bisher untersuchten F\u00e4llen gefundenen \u00abBence-Jones\u2019schen K\u00f6rper\u00bb identisch sind, und komme nunmehr zu der wichtigeren Frage:\nV. Welcher Klasse von Eiweissk\u00f6rpern geh\u00f6rt der Bence-Jones\u2019sche\nK\u00f6rper an?\nDie bisherigen Autoren haben den K\u00f6rper \u00fcbereinstimmend als Albumose aufgefasst. Der wesentliche Grund zu dieser Annahme liegt, wie bekannt, in der L\u00f6slichkeit der auf verschiedene Weise erzeugten F\u00e4llungen bei Siedetemperatur, ein Verhalten, das den echten Eiweissk\u00f6rpern nicht zukommt, wohl aber den Verdauungsalbumosen.\nDie Anschauungen der Untersucher lassen sich etwa folgendermassen pr\u00e4cisiren:","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nK\u00fchne fasste das C\u00f6agulirte unl\u00f6sliche Pr\u00e4parat als Dysalbumose auf, offenbar aus Heteroalbumose entstanden, in welcher Form der K\u00f6rper wohl im Harne vorhanden gewesen sein m\u00fcsste. Deutero-albumose konnte nach ihm, wenn \u00fcberhaupt, so jedenfalls nur in Spuren beigemengt gewesen sein, so dass eine genaue Pr\u00fcfung ihm nicht m\u00f6glich war. Vielleicht sei auch, so gibt K\u00fchne an, in dem wasserl\u00f6slichen sp\u00e4rlichen Extract des Coagulums etwas Protalbumose vorhanden gewesen. Zur Classification als Dysalbumose gab die Unl\u00f6slichkeit des durch Erhitzen gewonnenen Niederschlags in neutralen Salzl\u00f6sungen Veranlassung. Auch Huppert bezeichnet seinen K\u00f6rper als Heteroalbumose, etwa aus den gleichen Gr\u00fcnden wie K\u00fchne; er legt auf das Unl\u00f6slichwerden des K\u00f6rpers beim Aussalzen mit Kochsalz bei 35 \u2014 40\u00b0 den Nachdruck. Deutero-albumose hielt er mit Sicherheit f\u00fcr ausgeschlossen, da durch Kochsalz allein ohne Zusatz von Essigs\u00e4ure der Eiweissk\u00f6rper vollst\u00e4ndig ausgeschieden war; die M\u00f6glichkeit einer geringen Beimengung von Protalbumose l\u00e4sst er zu. In dem ausf\u00fchrlichen Referate von Zeehuysen \u00fcber Ribbink\u2019s Arbeiten findet sich keine bestimmte sch\u00e4rfere Rubricirung seiner Al-bumose. Matthes (Neumeister) und ebenso Ellinger weisen zwar auf die grosse Aehnlichkeit ihrer K\u00f6rper mit den Verdauungsalbumosen hin, geben aber mit Bestimmtheit an, dass er mit keiner der bekannten identisch sei. Einmal scheidet ihn nach Matthes von letzteren die scheinbare Coagulation, die er zwischen 50 und 60\u00b0 schon bei geringem Salz- und S\u00e4uregehalt erleidet; keine Verdauungsalbumose zeigt unter den gleichen Bedingungen dieses Verhalten. Ein weiterer Unterschied liege in Folgendem: bei 100\u00b0 sind die durch irgend welche Reactionen erhaltenen Niederschl\u00e4ge der Albumosen auch bei gr\u00f6sstem Salzgehalt v\u00f6llig l\u00f6slich: bei dem Bence-Jones'sehen K\u00f6rper gen\u00fcge schon massige Erh\u00f6hung des Salzreichthums, um die Wiederaufl\u00f6sung der F\u00e4llungen in der Siedehitze zu verhindern. Speciell von der Heteroalbumose weicht er nach Matthes in der Hinsicht ab, dass er nicht wie jene bei der Dialyse sich ausscheidet.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"231\nAuf diese Momente legt auch Ellinger grossen Werth. Dieser Autor betont ferner die eigenth\u00fcmliche \u00abAlbumosat\u00bb-Bildung bei dem Bence-Jones'sehen K\u00f6rper, die den Albumosen nicht zukommt, worauf schon K\u00fchne nachdr\u00fccklich hingewiesen hat.\nDie Gr\u00fcnde, die Matth es und Ellinger gegen die Identificirung mit einer \u00abVerdauungsalbumose \u00bb und speciell mit der Heteroalbumose ins Feld f\u00fchren, sind durchaus stichhaltig und treffen auch f\u00fcr meinen Fall zu.\nSeitdem in j\u00fcngster Zeit die Heteroalbumose eingehender erforscht ist, seitdem man nicht nur ihre F\u00e4llungsbedingungen kennt, sondern auch einige Bestandtheile derselben studirt hat, ist der Unterschied des Bence-Jones\u2019sehen K\u00f6rpers von dieser Substanz noch viel st\u00e4rker hervorgetreten.\nFolgende Uebersicht, die keiner Erl\u00e4uterung bedarf, zeigt die fundamentalen Unterschiede zwischen beiden K\u00f6rpern:\n\tKohlen-\tSpaltungsprodukte\t\t\tGe- \u25a0\t\u00abDiamino-\u00bb Stickstoff\n\thydrat- re action\tbei der Pepsinverdauung Protalbumose\tbei der \u00a3 mit \u00a3 Glyko-koll\tjpaltung S\u00e4ure Tyrosin\tsammt- N.\t\nHeteroalbumose (des Fibrins)\t\t-\t\twenig\t17,98%\t7,0 o/o = 39% des Gesammt-N.\nBence-Jones-K\u00f6rper i\t+\t+\t\tviel\t15,57 \u00b0/o\t3,87 0/0 = 25 o/o des Gesammt-N.\nNach den hie und da tr\u00fcgerischen F\u00e4llungsreac-tionen nicht nur, sondern auch nach der Zusammensetzung des Molek\u00fcls sind der Bence-Jones\u2019sche K\u00f6rper und die Heteroalbumose des Fibrins v\u00f6llig verschiedene K\u00f6rper.\nIn dem Falle von Ros in wird keine eingehende Analyse der Albumosennatur des Bence-Jones\u2019sehen K\u00f6rpers gegeben, doch sagt S\u00fcssmann, sie h\u00e4tte \u00abnicht v\u00f6llig mit K\u00fchne's Albumosen \u00fcbereingestimmt\u00bb. Zu allen diesen Angaben ist freilich zu bemerken, dass sich der Vergleich mit den Ver-dauungsalbumosen immer nur auf diejenigen des Fibrins beschr\u00e4nkt.","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nWie aber auch die Autoren sich im Einzelnen aussprechen, so fassen sie doch ausnahmslos den Bence-Jones'schen K\u00f6rper als eine Al bum ose auf.\nMeine Beobachtungen zwingen zu dem Schluss, dass diese Annahme nicht richtig ist: ich muss den K\u00f6rper als eine den echten Eiweissk\u00f6rpern nahestehende Substanz bezeichnen.\nF\u00fcr seine Albumosennatur spricht nur ein \u00e4usser-liches analytisches Merkmal : die L\u00f6slichkeit seiner durch verschiedene Mittel erhaltenen Niederschl\u00e4ge in der Hitze. Diese Eigenschaft ist es gewesen, die die bisher geltende Auffassung dieses K\u00f6rpers als einer Al bum ose veranlasst hat. Sie ist aber einerseits hier, wie ich oben gezeigt habe, so abh\u00e4ngig von \u00e4usseren Bedingungen (Salzgehalt, Reaction, Dichte der L\u00f6sung, Gehalt an nicht salzartigen K\u00f6rpern), dass sie unter Umst\u00e4nden ganz verloren gehen kann. Andererseits kann sie nach den Befunden Spiro's nicht zu einer Abtrennung von den coagulablen Eiweissk\u00f6rpern gen\u00fcgen.\nGegen dieAlbumosennatur des Be nee-Jone s\u2019sch en Eiweissk\u00f6rpers sprechen hingegen die drei folgenden wichtigen Gesichtspunkte:\n1.\tDie vollst\u00e4ndige Coagulirbarkeit unter gewissen Bedingungen in der Hitze und das leichte Unl\u00f6slichwerden des durch Alkohol oder durch Salz und S\u00e4ure in der K\u00e4lte erhaltenen Niederschlags in Wasser und neutralen Salzl\u00f6sungen. F\u00fcr die Albumosen ist es charakteristisch, dass sie unter diesen Bedingungen l\u00f6slich bleiben (cf. u. a. Neumeister S. 229 seines Lehrbuches, II. Auflage). Nur f\u00fcr die Heteroalbumose hat man bisher eine \u00e4hnliche \u00abCoagulation\u00bb, den Uebergang in eine unl\u00f6sliche Modification angegeben, der jedoch nicht durch Erhitzen eintritt.\n2.\tDie bekannten Albumosen zeigen keinerlei Andeutung von Syntonin- oder Albuminatbildung. Der Bence-Jones\u2019sche Eiweissk\u00f6rper hingegen besitzt diese Eigenschaft. Auf die darin liegende Aehnlichkeit mit den genuinen Eiweissk\u00f6rpern hat schon K\u00fchne (S. 224 der ersten Arbeit) hingewiesen. Ich halte diesen Punkt gleich ihm und Ellinger","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"233\nf\u00fcr sehr bedeutungsvoll. Freilich wird diese Aehnlichkeit, wie auch K\u00fchne hervorhebt, dadurch etwas eingeschr\u00e4nkt, dass diese durch Neutralisation gewonnenen F\u00e4llungen, ebenso wie auch die durch Alkohol und durch Erw\u00e4rmen erzeugten Coagulationsprodukte sich bei Weitem nicht so unl\u00f6slich verhalten wie die bei gleicher Behandlung erhaltenen Produkte der echten Eiweissk\u00f6rper.\n3. Der Bence-Jones\u2019sche Eiweissk\u00f6rper liefert bei der Pepsinverdauung alle bisher bekannten prim\u00e4ren und secun-d\u00e4ren Verdauungsprodukte der Ei weissk\u00f6rper mit Ausnahme der Hetero alb umose, Dieser Mangel scheidet ihn nicht von den echten Eiweissk\u00f6rpern ; denn auch bei dem Eiweisspaarling des Caseins fehlt die Hetero albumose.\nDieser letzte Punkt ist von ausschlaggebender Bedeutung. Nach Zunz28) und Pick14a) stellen die Proto-, die Hetero-albumose und ein der Gruppe der \u00absecund\u00e4ren Albumose B\u00bb angeh\u00f6riger K\u00f6rper*) neben anderen noch unbekannten Substanzen die \u00abprim\u00e4ren\u00bb Spaltungsprodukte, die h\u00f6chstzusammengesetzten Bausteine des Eiweissmolek\u00fcles, dar.\nDa der Bence-Jones'sche K\u00f6rper mit Sicherheit eines dieser prim\u00e4ren Spaltungsprodukte, die Protalbumose neben anderen Albumosen abzuspalten gestattet, so ist er den echten Albumosen in Bezug auf Complicirtheit des Baues \u00fcbergeordnet und steht darnach den echten Eiweissk\u00f6rpern n\u00e4her. Ihn einer bestimmten Gruppe derselben einzureihen, ist allerdings zur Zeit nicht m\u00f6glich. Von allen unterscheidet ihn die relative L\u00f6slichkeit in der Hitze und die leichte Aufl\u00f6sbarkeit der Alkoholf\u00e4llung durch verd\u00fcnntes Ammoniak. Wenn er auch in dieser Hinsicht an die Histone erinnert, so kann er ihnen doch wegen des Abgangs der charakteristischen NH3-Beaction nicht beigez\u00e4hlt werden. Von den meisten genauer gekannten Eiweissstoffen unterscheidet ihn das Fehlen des Hetero-albumosencomplexes : letzteres wichtige Moment theilt er mit\n*) Ein von dieser verschiedener (kohlenhydratfreier) K\u00f6rper, der mit ihm zusammen ausgef\u00e4llt wird, wird bei der Verdauung der Proto- und der Heteroalbumose erhalten (Pick); dieser ist kein prim\u00e4res Spaltungsprodukt mehr.","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\ndem Casein, doch trennt ihn von diesem das Fehlen des Phosphors und vor Allem die Anwesenheit eines Kohlenhvdrat-complexes. Mit dem Globulin theilt er die etwas h\u00f6heren \u00abF\u00e4llungsgrenzen\u00bb der bei der Verdauung abgespaltenen \u00absecund\u00e4ren Albumose A\u00bb. Die L\u00f6slichkeit in salzfreiem Wasser, die Nichtf\u00e4llbarkeit beim Einleiten von Kohlens\u00e4ure wie durch Magnesiumsulfats\u00e4ttigung sind leicht zug\u00e4ngliche analytische Unterschiede, die den Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rper von den Globulinen sicher trennen.\nOb man unter diesen Verh\u00e4ltnissen noch an der bisher gebr\u00e4uchlichen Bezeichnung \u00ab Bence-Jones\u2018sehe Albumose\u00bb und \u00abAlbumosurie\u00bb festhalten soll, erscheint ernster Erw\u00e4gung werth. Am besten bel\u00e4sst man es wohl zun\u00e4chst bei dem nichts pr\u00e4judicirenden Namen \u00ab Bence-Jones\u2019scher Eiweissk\u00f6rper\u00bb. Der f\u00fcr das klinische Bild so bequeme Ausdruck der Bence-Jones1 sehen \u00abAlbumosurie \u00bb k\u00f6nnte trotz gewisser Bedenken durch \u00ab Bence-Jones\u2019sche Albuminurie\u00bb ersetzt werden.\nVI. Bemerkungen \u00fcber die Herkunft und Bildungsst\u00e4tte des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers.\nUeber die Herkunft des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers, d. h. \u00fcber den Ort der Bildung und die chemische Art seiner Entstehung lassen sich pr\u00e4cise Angaben zur Zeit nicht machen, immerhin aber einige Anhaltspunkte gewinnen. Die interessante Substanz entspricht keinem der bekannten in der Nahrung enthaltenen, bei der Verdauung entstehenden oder im Thierk\u00f6rper vorkommenden Eiweissstoffe so nahe, dass man mit gen\u00fcgender Sicherheit den Schluss auf eine direkte Abstammung von einem derselben ziehen kann. Das ist um so bemerkenswerther, als die Menge, in der er im Harn auftritt, keineswegs unbedeutend ist. Einige Autoren fanden freilich nur kleinere Quantit\u00e4ten im Harn, so Ellinger Li*\u20141h \u00b0/oo, Askanazy li2\u2014l1/4\u00b0/oo, Huppert 3 \u00b0/oo, Fitz 0,1\u20140,25 \u00b0/oo, S\u00fcssmann 6 \u00b0/oo, Matthes-Seegelken 4\u20146\u00b0/00; gr\u00f6ssere Mengen sind gefunden von Bozzolo 1 \u00b0/o, Ribbink 2 \u00b0/o, von mir 1,8\u2014 2,4 \u00b0/o. Bei Bence-Jones vollends \u00abenthielt","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"235\nder Urin fast so viel Eiweiss wie das Blutserum\u00bb, n\u00e4mlich 6,7 \u00b0/o. Die Tagesausscheidung betrug bei Huppert 6,7 g; bei Matthes 8 g, bei S\u00fcssmann 12 g, bei mir bis zu 36 g und bei Bence-Jones sogar 70 g. Ein Seitenst\u00fcck zu diesen beiden F\u00e4llen stellt die Beobachtung von Bramwell und Noel Paton13) dar: sie fanden im Urin einen anderen pathologischen Eiweissk\u00f6rper, ein krystallisirendes Globulin,*) dessen Menge am Tage bis zu 70 g stieg (11/s\u20147 \u00b0/o im Harn).\nDiese Mengenverh\u00e4ltnisse erlauben auf den Ort, an dem die seltene Substanz entsteht, wenigstens einen negativen Schluss zu ziehen.\nZumeist hatte man bisher angenommen, dass der Bence-Jones 'sehe K\u00f6rper in den das klinische Bild bedingenden pathologischen Geschw\u00fclsten, den Myelomen, entst\u00fcnde; man hat sein Vorkommen in diesen auch bis zu einem gewissen Grad von Sicherheit wahrscheinlich machen k\u00f6nnen (Ellinger); f\u00fcr seine Entstehung an diesem Ort aber ist sein Vorkommen daselbst nicht beweisend. Auf Grund meines und des Bence-Jones\u2019schen Falles l\u00e4sst sich die bisher geltende Annahme vielmehr direkt widerlegen: Die Quantit\u00e4t des im Harn erscheinenden Eiweissk\u00f6rpers ist zu gross, als dass sie in jenen kleinen Geschw\u00fclsten entstanden sein k\u00f6nnte. \u2014 Die Gesammtmenge des in den Rippen enthaltenen Markes betr\u00e4gt nicht mehr als ca. 200 g,**) mit rund 1,5 = 40 g Eiweiss. Nur ein Theil dieses Markes ist durch Myelome ersetzt; dazu kommen freilich noch die in anderen Skeletttheilen vorhandenen Geschw\u00fclste, doch ist deren Ge-sammtgewicht nur in seltenen F\u00e4llen ein sehr erhebliches (\u00fcber 500 g = 100 g Eiweiss), zum Mindesten nicht im Beginn, w\u00e4hrend der Entwickelung der Krankheit, und zu dieser Zeit erreichte die Ausscheidung des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers, wenigstens in meinem Fall, die h\u00f6chsten Grade. \u2014 Dass in (relativ) so kleinen Geschw\u00fclsten t\u00e4glich 36 und 70 g eines abnormen Eiweissk\u00f6rpers gebildet werden sollten, eine\n*) Huppert fasste ihn urspr\u00fcnglich als Heteroalbumose auf, hat aber diese Anschauung sp\u00e4ter berichtigt.\n**) Berechnet nach Dursy u. Friederieh in Vierordt\u2019s Tabellen.","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nMenge, die das Eigentrockengewicht der Neubildungen wahrscheinlich \u00fcbertrifft, erscheint ganz ausgeschlossen. Wie kolossal m\u00fcsste dann der Blut- und Saftstrom durch die wenig ausgebildeten Gef\u00e4sse dieser Myelome sein, wie reichlich der Saft- und Lymphstrom durch das Gewebe derselben!\nEher k\u00f6nnte man vielleicht das Knochenmark des ganzen K\u00f6rpers in toto, also auch in den nicht ver\u00e4nderten Partien, als Bildungsst\u00e4tte des Bence-Jones\u2019sehen K\u00f6rpers gelten lassen: der Fall von Askanazy, in dem ja das Knochenmark keine Myelome, sondern eine diffuse lymphadenoide Degeneration aufwies, liesse daran denken.\nF\u00fchrt nun diese quantitative Betrachtungsweise bez\u00fcglich des Ortes der Bildung zun\u00e4chst nur zu einem mehr negativen Ergebniss, so leitet eine weitere Erw\u00e4gung doch nun zu einigen Gesichtspunkten, die f\u00fcr die sp\u00e4tere Erforschung des B il dungs -materiales und vielleicht auch der Bildungsst\u00e4tte einen Anhalt geben k\u00f6nnen.\nSchon Noel-Paton hatte aus der abnorm grossen Ausscheidung seines krystallisirenden Globulins den Schluss gezogen, derselbe stamme aus der Nahrung, die \u00ab wahrscheinlich in der Leber in irgend einer Weise ver\u00e4ndert sei\u00bb. Seine Absicht, diese Annahme durch Stoffwechselversuche zu erh\u00e4rten, war der schottische Autor auszuf\u00fchren leider nicht in der Lage; auch in meinem Fall war es nicht m\u00f6glich. Paton\u2019s Deutung aber scheint (abgesehen von der zweifelhaften Verlegung des Processes in die Leber) richtig; sie d\u00fcrfte nicht nur f\u00fcr seinen, sondern auch f\u00fcr Bence-Jones\u2019 und meinen Fall zutreffen. Das geht aus folgender Betrachtung hervor: Es fand sich im Urin pro die:\nBei\tEiweiss\tAnderer N\tGesammt-N\tEiweiss-N\n\t\t\t\tGesammt-N\nNoel-Paton\t68,9 g = 11,0 g N\t16,2\t27,2\t41 \u00b0/o\nBence-Jones\t70 g = 10,9 g N\t< 12,0*)\t< 23,0\t47 \u00b0/o\nMagnus-Levy\t36 g = 5,6g N\t11,0\t16,6\t35 \u00ae/o\n*) Diese Zahl l\u00e4sst sich als \u00abMaximalzahl\u00bb aus den \u00fcbrigen Angaben Bence-Jones \u00fcber Trocken-. Salz- und Eiweissgehalt des Harnes berechnen.","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"237 \u2014\nIn keinem dieser F\u00e4lle handelte es sich um acute K\u00f6rper-consumption, die Krankheit dauerte Jahre, die Kranken magerten nicht sehr rapide ab. Somit stammen die enormen Eiweissmengen des Urins, die */i\u2014V2 des gesammten Eiweissumsatzes betragen, nicht aus zerfallenem und nicht wieder regenerirtem K\u00f6rpereiweiss, sondern direkt oder indirekt aus der Nahrung.*) Indirekt, wenn das Nahrungseiweis& erst in das normale K\u00f6rpereiweiss \u00fcbergeht und aus diesem der Bence-Jones'sehe K\u00f6rper entsteht; direkt, wenn letzterer unmittelbar aus den im Darmkanal durch Zerfall des Eiweisses gebildeten Spaltungsprodukten des Nahrungseiweisses aufgebaut wird, ohne die Zwischenstufen des normalen K\u00f6rpereiweisses durchlaufen zu haben. In beiden F\u00e4llen bleibt die Alternative offen, ob es sich um ein normales oder ein pathologisches Produkt des Stoffwechsels handelt; es k\u00f6nnte sich ja um ein stets auftretendes Assimilations- oder Abbauprodukt handeln: W\u00e4hrend dasselbe sonst zur Ern\u00e4hrung der Organe, zum Aufbau des Zellprotoplasmas dient oder eine Zwischenstufe im Abbau darstellt, w\u00fcrde es in unserem Fall aus unbekannten Gr\u00fcnden vor Erreichung der Endformen in den Kreislauf \u00fcbergehen und so der Ausscheidung verfallen ; oder aber es erfolgt der Aufbau des Eiweisses resp. sein Abbau in abnormen Bahnen. Eine n\u00e4here Betrachtung dieser verschiedenen M\u00f6glichkeiten bietet mehrfaches Interesse, f\u00fchrt aber wegen Unzul\u00e4nglichkeit des Thatsachenmaterials nicht zu gen\u00fcgend gesicherten Schl\u00fcssen. Nur auf ein einzelnes Moment m\u00f6chte ich daher noch kurz verweisen, da es auf experimenteller Grundlage ruht.\nWie W. K\u00fchne erw\u00e4hnt, sah Stokvis den Bence-Jones\u2019schen Eiweissk\u00f6rper nach intraven\u00f6ser Einf\u00fchrung in\n*) In letzter Instanz slammen ja schliesslich alle Bestandteile des K\u00f6rpers, alle seine Ausscheidungen aus der Nahrung, und nur der besondere Umfang der Ausscheidung, die zu einem sofortigen und andauernden Nachschub einen Ersatz fordert, n\u00f6thigt dazu, hier die Herkunft aus der Nahrung besonders zu betonen, und neben der indirekten, die f\u00fcr die gew\u00f6hnliche Anschauung nichts Verwunderliches an sich hat, auch eine direkte Herkunft aus dem Eiweiss der Nahrung ins Auge zu fassen.","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nden Ham \u00fcbertreten. Ellinger f\u00fchrte die kolossale Menge von 5 g in 75 ccm. Sodal\u00f6sung innerhalb zwei Minuten in die Vene eines kleines Hundes von 6 kg Gewicht ein. Der innerhalb 24 Stunden aufgefangene Harn enthielt den Bence-Jones'sehen Ei weissk\u00f6rper nicht, gab mit Ammonsulfat ges\u00e4ttigt keinen Niederschlag, dagegen im Filtrat starke Biuret-reaction. Unter Vernachl\u00e4ssigung der summarischen Angabe von Stokvis geht daraus hervor, dass der Bence-Jones \u2019sehe K\u00f6rper, selbst bei enormer Uebersch\u00fcttung des (gesunden Hunde-) Organismus, keineswegs im Organismus unangreifbar ist. Damit ist die naheliegende Vorstellung, dass die Ausscheidung dieser Eiweisssubstanz durch seine Unangreifbarkeit im Stoffwechsel bedingt sei, unwahrscheinlich geworden, wenngleich zuzugeben ist, dass die Verh\u00e4ltnisse beim Menschen und speciell beim Kranken m\u00f6glicher Weise anders liegen als beim Hund.\nBei der Seltenheit typischer F\u00e4lle von Bence-Jones\u2019scher Albuminurie ist eine baldige Aufkl\u00e4rung dieser und vieler anderer sich anschliessenden Fragen kaum zu hoffen.\nEbenso thut man gut, die Frage offen zu lassen, welcher Zusammenhang zwischen der Knochenmarksver\u00e4nderung (Myelome \u2014 lymphadenoide Umwandlung) und dem Auftreten des Bence-Jones\u2019sehen K\u00f6rpers im Urin besteht. Die Wahrscheinlichkeit einer irgendwie gearteten causalen Verkn\u00fcpfung zwischen den beiden Processen wird nicht ersch\u00fcttert durch den Umstand, dass bei den eben genannten Ver\u00e4nderungen des Knochenmarks in manchen F\u00e4llen und bei andersartigen Tumoren desselben der Harnk\u00f6rper vermisst wird. In diesen F\u00e4llen k\u00f6nnte ja wohl der K\u00f6rper gebildet oder der Weg zu seiner Bildung eingeschlagen worden sein, er aber oder seine Vorstufen der Spaltung und Verbrennung dauernd oder zeitweise zug\u00e4nglich sein. (Von Stokvis und Matthes27) werden F\u00e4lle berichtet, in denen das pathologische Eiweiss dauernd resp. zeitweise aus dem Urin verschwand). F\u00e4lle hingegen, in denen bei Bence-Jones\u2019scher Albuminurie normale Beschaffenheit des Knochenmarks durch die Autopsie nach-gewiessn w\u00e4re, stehen noch aus (Fall Fitz ist ohne Section!).","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"239\nLitteratur.\nI. F\u00e4lle in denen der Bence-Jon es\u2019sehe K\u00f6rper auf trat.\ni) Bence Jones (Mac.-Intyre. Medical Chirurgical Transactions. 1850. Bd. 33). Philosophical Transactions of the royal society. London, 1848.\n\u00dc) W. K\u00fchne (Stokvis), lieber Hemialbumose im Harn. Zeitschr. f. Biol., Bd. XIX, S. 209.\nW. K\u00fchne und R. H. Chittenden, Ueber Albumosen. Zeitschr. f. Biol., Bd. XX, S. 11. cf. S. 40 ff.\n3)\tHuppert, Ueber einen Fall von Albumosurie. Prager med. Wochenschr. 1889. S. 35. (Klin. Beschreibung desselben Falls durch Kahler ibidem.)\n4)\tStokvis, Ribbink. Zeeliuysen. Referat in Maly\u2019s Jahresbericht. 1891. Bd. 21, S. 412. 1892. Bd. 22, S. 525. 1893. Bd. 22, S. 577.\n5)\tMatthes, Ueber Eiweissk\u00f6rper im Urine bei Ost\u00e9omalacie. Ver-handl. d. 14. Congresses f. innere Medicin. 1896. S. 476.\ncf. dazu Neu meiste r, Lehrbuch d. physiolog. Chemie. II. Aufl., S. 809. 1897 und\nSeegelken, Ueber multiples Myelom u. s. w. Deutsches Archiv f. klin. Medicin. Bd. 58, S. 276.\t1897.\n6)\tH. Rosin, Ueber einen eigenartigen Eiweissk\u00f6rper etc. Berl. klin. Wochenschr. 1897. S. 1044, Nr. 48.\nAusf\u00fchrliche Beschreibungen:\nS\u00fcssmann, Ueber einen neuen Fall von multipler Myelombildung u. s. w. Doctordissertation Leipzig. 1897.\nSenator, Asthen. L\u00e4hmung, Albumosurie u. s. w. Berl. klin. Wochenschr. 1899. Nr. 8.\n7)\tEllinger, Ueber das Vorkommen des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers im Harn u. s. w. Deutsches Archiv f. klin. Medicin. Bd. 62, S. 255. 1898\n8)\tBozzolo, Sulla malattia di Kahler. La clinica medica italiana 1898. Citirt nach dem Referat im Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1898. S. 572.\n9)\tNaunyn, Deutsche med.Wochenschr. 1898. VereinsbeilageS.217.\n10)\tBradshaw, Brit, medical Journal. 1898. Bd. I, S. 1136.\nH) Sternberg, Die Knochenerkrankungen in Nothnagel\u2019s Handbuch S. 58. (Autopsie nicht gemacht; Identification des Bence-Jones\u2019schen K\u00f6rpers durch Freund [Wien]).\n12) Askanazy, Ueber die diagnostische Bedeutung der Bence-Jones\u2019schen Albumosurie. Deutsche med. Wochenschr. 1899. Vereinsbeilage S. 177.\n12a) Fitz, Albumosurie und Myxoedem. American Journal of med. science. 1898. Bd. I, S. 30.","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240 \u2014\n13) Byron Bramwell u. Noel Pa ton. On a crystalline Globuline occurring in human Urine. Laboratory Reports of the royal College of Physicians. Edinburgh. Bd. 4. 1892. S. 47.\ncf. dazu Huppert, Ueber einen Fall vonAlbumosurie. Zeitschr. f. physiol. Chemie. 1896. Bd. XXII, S. 500. \u2014 Ueber den Noel Paton'sehen Eiweissk\u00f6rper. Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1898. S. 481.\n11) Ernst P. Pick, Untersuchungen \u00fcber die Proteinstoffe. IL \u2014 Zeitschr. f. physiolog. Chemie. Bd. XXIV, S. 246.\nHa) Ernst P. Pick, Zur Kenntniss d. pept. Spaltungsprodukte des Fibrins. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XXVIII, S. 219.\n16)\tJ. Pohl, Ein neues Verfahren zur Bestimmung des Globulins im Harn u. s. w. Archiv f. exper. Pathol, und Pharmakol. Bd. XX, S. 426.\n13) Hausmann Walter, Ueber die Vertheilung des Stickstoffs im Eiweissmolek\u00fcl. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XXVII, S. 95.\n17)\tAlexander F., Zur Kenntniss des Caseins u. seiner peptischen Spaltungsprodukte. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XXV, S. 411.\n13) Umber F., Die Spaltung des krystallin. Eieralbumins u. s. w. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XXV, S. 258.\n19)\tKau der, Zur Kenntniss der Eiweissk\u00f6rper des Blutserums. Archiv f. exper. Pathol, und Pharmakol. Bd. XX, S. 411.\n20)\tSpiro, Ueber Nachweis u. Vorkommen des Glykokolls. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XXVIII, S. 174.\n21)\tF. Hofmeister, Ueber die Darstellung von krystallinischem Eieralbumin etc. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XIV, S. 165.\n22)\tG\u00fcrber, Krystallisation des Serumalbumins. Sitzungsbericht der W\u00fcrzburger physiol.-med. Gesellschaft. Bd. XXVIII. 1894.\n23)\tMoraczewski, Ueber das Verhalten des Caseins u.s.w. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd.XXI, S.71. \u2014- Ueber dasVerhalten des Vitellins u. s. w. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XXV, S. 252.\n2*) Pappenheim, Ueber Lymph\u00e4mie u. s. w. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. XXXIX, cf. S. 139.\n25)\tPauli, Die phvsikal. Zustands\u00e4nderungen der Eiweissk\u00f6rper. Pfl\u00fcger\u2019s Archiv. Bd. LXXVIII, S. 315.\n26)\tS. Gruzewska, Krystallisation des Blutalbumins. Compt. rend, de l\u2019Aced. des sciences 128, 1535.\n27)\tMatthes, Discussion zum Vortrag von Magnus-Levy, Congress f\u00fcr innere Medicin 1900.\n28)\tZunz, Ueber den quantitativen Verlauf per peptischen Eiweissspaltung. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XXVIII, S. 132.","page":240}],"identifier":"lit17437","issued":"1900","language":"de","pages":"200-240","startpages":"200","title":"Ueber den Bence-Jones'schen Eiweissk\u00f6rper","type":"Journal Article","volume":"30"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:39:36.606031+00:00"}