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{"created":"2022-01-31T12:54:27.369044+00:00","id":"lit17456","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Malfatti, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 31: 43-48","fulltext":[{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Kenntniss der peptischen Verdauung.\nVon\nDr. Hans Malfatti.\n(Aus dem Laboratorium f\u00fcr medicinische Chemie, Innsbruck.) (Der Redaction zugegangen am 28. August 1900.)\nDas Auftreten von Produkten der tieferen Eiweissspaltung bei der peptisehen Verdauung wurde schon sehr fr\u00fche beobachtet. l) W\u00e4hrend aber Hoppe-Seyler die Bildung dieser Produkte der verl\u00e4ngerten Einwirkung des Pepsins zuschrieb, wurde sp\u00e4ter nach dem Vorg\u00e4nge von K\u00fchne und Neumeister das Auftreten tryptischer Verdauungsprodukte bei der Magenverdauung auf Verunreinigung der extrahirten Magenschleimhaut bezogen.2) Die im Folgenden zu beschreibenden Beobachtungen d\u00fcrften als St\u00fctze der \u00e4lteren Anschauung dienen.\nUm das Auftreten tryptischer Eiweissspaltung nachzuweisen, diente mir die Rothf\u00e4rbung mit Bromwasser. Die Versuchsanordnung war letzterhand folgende : Eine 1 \u00b0/oige gut ausgekochte und wieder abgek\u00fchlte L\u00f6sung von Witte\u2019schem Pepton wurde mit dem zu pr\u00fcfenden Ferment versetzt, wenn n\u00f6thig neutralisirt oder ganz schwach anges\u00e4uert, davon je\n1)\tPhysiol. Chemie, Bd. II, S. 228; cf. A. Hirschi er (Zeitschr. f. Physiol., Bd. II, S. 34); H. Winternitz (ibid., Bd. XVI, S. 464).\n2)\tAuffallende Befunde, wie die von Lawrow (Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. XXVI, S. 513), der Fibrin durch das Dialysat von Schweins-mageninfus verdaute und dabei beobachtete, dass fast die gesammte Ei weissmenge im Verlauf von wenigen Wochen in krystallinische Produkte \u00fcbergegangen war, sind wohl sicher auf solche Verunreinigungen zur\u00fcckzuf\u00fchren.","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\n5 ccm. (sammt dem etwa entstandenen Niederschlage) in 12 Eprouvetten vertheilt und durch passenden Zusatz von verd\u00fcnnten Soda- bezw. Salzs\u00e4urel\u00f6sungen auf einen Gehalt von 0,28, 0,16, 0,09 \u00f6/o kohlensauren Natrons, anderseits von 0, 0,04, 0,08, 0,11, 0,14, 0,19 und 0,22 \u00b0/o Salzs\u00e4ure gebracht und bei Bruttemperatur hingestellt. Um Pilzentwickelung hintanzuhalten, wurde in jede Eprouvette etwas Chloroform, in Aether gel\u00f6st, gebracht. Es wird n\u00e4mlich auf diese Weise die ganze Fl\u00fcssigkeit gleichm\u00e4ssig und langsam mit dem oben aufschwimmenden Chloroform ges\u00e4ttigt. Beim Stehen von in gew\u00f6hnlicher Weise mit Chloroform ges\u00e4ttigten L\u00f6sungen in nur lose verschlossenen Gef\u00e4ssen kann es geschehen, dass das Chloroform aus den obersten Schichten verdampft, bevor Sterilisation eingetreten ist ; ich habe in solchen Proben \u00f6fters Pilzentwickelung auftreten sehen, bei den mit Aether-Chloroform sterilisirten Proben aber kaum je einen Misserfolg gehabt.*)\nNach 2\u20143 Tagen wird dann der Inhalt der Eprouvetten mit Bromwasser gepr\u00fcft. Man gibt das Bromwasser auch hier tropfenweise hinzu, verbraucht aber im Verh\u00e4ltniss zu den bei der EiweissVerdauung durch Trypsin gew\u00f6hnten Verh\u00e4ltnissen ziemlich viel davon, bis die Rothf\u00e4rbung auftritt. Mit gr\u00f6sserer Bequemlichkeit und ebenso sicher kann die\n!) Es ist \u00fcbrigens f\u00fcr diese Versuche eine strenge Antisepsis nicht noting. Um n\u00e4mlich die Zuverl\u00e4sslichkeit der Reaction mit Brom als Zeichen f\u00fcr tryptische Verdauung zu pr\u00fcfen, habe ich eine sehr grosse Anzahl (182) verschiedener Bacterienarten unter den hier in Betracht kommenden Bedingungen (nat\u00fcrlich ohne Chloroform) auf Tryptophan-Bildung gepr\u00fcft. In keinem Falle konnte ich vor Ablauf des dritten Tages Bromreaction finden. Dann trat bei einigen Sarcinen (und einem Wasserbacterium aus dem Kieler Hafen) die Bromrection auf, w\u00e4hrend nach Abblauf des vierten und f\u00fcnften Tages bei ziemlich vielen Bacterienarten Tryptophan nachweisbar war. Das stimmt \u00fcberein mit dem so h\u00e4ufig gemachten Befunde von Tryptophan in alten Bacterienculturen, haupts\u00e4chlich bei der Untersuchung von Massenculturen. Man darf wohl annehmen, dass bei den untersuchten Bact\u00e9rien w\u00e4hrend des Lebens Tryptophan nicht aus Eiweiss gebildet, bezw. wieder aufgebraucht wird, dass aber aus den absterbenden Bact\u00e9rien tryptisches Ferment ausgelaugt wird und dann Eiweiss spaltet.","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"45\nReaction erzeugt werden durch tropfenweisen Zusatz einer L\u00f6sung von unterchlorig- oder bromigsaurem Natron zu der anges\u00e4uerten Probefl\u00fcssigkeit.\nWenn man nun in der angegebenen Weise verschiedene Pepsinpr\u00e4parate pr\u00fcft, so kann man Folgendes beobachten. Nimmt man Glycerinextracte oder dialysirte Infuse von Magenschleimhaut, so tritt sehr bald Rothf\u00e4rbung der alkalischen und ganz schwach sauren, bei l\u00e4ngerer Dauer des Versuches auch der st\u00e4rker sauren Proben bei Rromzusatz auf. Solche Pr\u00e4parate enthalten immer Trypsin.\nMan kann das Trypsin zerst\u00f6ren, wenn man die (eiweiss-armen) Pr\u00e4parate l\u00e4ngere Zeit in kr\u00e4ftig saurer L\u00f6sung digerirt. Pr\u00fcft man jetzt wieder, so tritt eine auffallende Erscheinung auf ; die alkalischen und ganz schwach sauren Proben gaben keine Rothf\u00e4rbung, wohl aber die Proben mit dem S\u00e4uregehalt bis zu 0,2 \u00b0/o. Diese Tryptophanbildung kann nicht von Trypsin herr\u00fchren. In so eiweissarmen Fl\u00fcssigkeiten wirkt n\u00e4mlich Trypsin bei ca. 0,1 \u00b0/o S\u00e4uregehalt nicht spaltend, zudem lassen sich die geringsten Mengen von solchen Proben absichtlich zugesetztem Pankreas-Trypsin, leicht durch die Spaltung auch der alkalischen (h\u00e4ufig nur der schw\u00e4cher alkalischen) Proben erkennen.\nAndererseits ist der entstehende Farbstoff wohl sicher als Proteinochrom anzusprechen. Er ist in Wasser unl\u00f6slich, in Alkohol l\u00f6slich, zeigt das spectroskopische Verhalten des Proteinochroms, auch Schwefel konnte nach erfolgter Schmelzung mit Salpeter darin nachgewiesen werden.\nEs handelt sich also um die Bildung von Tryptophan in schwach saurer L\u00f6sung durch Magenpepsin, wodurch sich dieses den bei Pflanzen, speciell bei Pilzen gefundenen peptischen Fermenten an die Seite stellen w\u00fcrde, oder durch ein dem Pepsin anh\u00e4ngendes besonderes Ferment. Die erstere \u2014 Hoppe-Seyler\u2019sche \u2014 Ansicht, ist die wahrscheinlichere. Es gelang mir n\u00e4mlich nicht, die beiden Fermente zu trennen. Bei der Reinigung des Pepsins nach Br\u00fccke bezw. Sundberg1) wird\n1) Zeitschrift f. physiol. Chemie, Bd. IX, S. 319.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\ndas supponirte Ferment zwar geschw\u00e4cht, aber nicht vom Pepsin getrennt, durch alle Einwirkungen aber, welche das Pepsin zerst\u00f6ren, wurde es gleichfalls zerst\u00f6rt.\nGegen diese Ansicht aber spricht, dass es sehr kr\u00e4ftige peptische Wirkungen gibt, ohne dass die beschriebene Brom-reaction aufzufinden w\u00e4re. Zum Beispiel gibt das Gr\u00fcbler\u2019 sehe Pepsinum sicc. puriss. manchmal keine, manchmal nur eine sehr undeutliche Bromreaction. Am auffallendsten zeigt sich dieses Verschwinden des einen Ferments, oder vielleicht besser der einen fermentativen Eigenschaft bei der Reinigung des Pepsins durch Bleif\u00e4llung nach Pekelharing.1)\nUm das Pepsin nach Pekelharing darzustellen, ist es zu empfehlen, die sorgf\u00e4ltigst filtrirte Verdauungsfl\u00fcssigkeit nicht direkt zu dialysiren, sondern zuerst nach Br\u00fccke auszuf\u00e4llen, indem man zweckm\u00e4ssig zuerst nur mit Kalkmilch neutralisirt, und in der durch Decantation vom entstandenen Niederschlage, der den gr\u00f6ssten Theil des Pepsins enth\u00e4lt, getrennten Fl\u00fcssigkeit durch abwechselnden Zusatz von Phosphat und Chlorcalcium neue geringe Niederschl\u00e4ge erzeugt. Die erhaltenen F\u00e4llungen werden in Salzs\u00e4ure gel\u00f6st und (nach l\u00e4ngerem Stehen in der Brutw\u00e4rme zur Zerst\u00f6rung des Trypsins) filtrirt und dialysirt. Man erh\u00e4lt so sehr reichlich den Pekelharing' sehen Pepsinniederschlag.\nMan kann die L\u00f6sung dieses Pepsins wiederholt derselben Behandlung unterwerfen, ohne dass das tryptophanbildende Ferment verschwindet, wenn aber eine solche L\u00f6sung nach vorsichtiger Neutralisation mit Bleiessig und Ammoniak gef\u00e4llt, dann das Ferment aus dem Bleiniederschlage durch Behandeln mit Oxals\u00e4ure, und von dieser durch Dialyse befreit wird, so ist das fragliche Ferment ganz oder bis auf Spuren verschwunden, kr\u00e4ftige peptische Wirkung aber noch vorhanden.\nAuch der Versuch, eine Verschiedenheit der beiden Fermente dadurch zu constatiren, dass ausser dem Tryptophan auch andere krvstallinische Produkte aufgesucht wurden, einer-\n1) Zeitschrift f. physiol. Chemie. Bd. XXII, S. 233.","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"47\nseits in einer Verdauungsprobe, in welcher Tryptophan aufgetreten war, andererseits in einer solchen, in welcher durch die Wahl des Pepsinpr\u00e4parates (Gr\u00fcbler), besonders aber durch die St\u00e4rke der angewendeten S\u00e4ure (0,4\u20140,6 \u00b0/o) die Tryptophanbildung hintangehalten worden war, ergab kein Resultat. In beiden F\u00e4llen traten n\u00e4mlich reichlich krystal-linische Produkte auf, unter denen leicht Leucin und Tyrosin und durch Phosphorwolframs\u00e4ure f\u00e4llbare Basen nachweisbar waren. Die letzteren Hessen sich durch die Silberf\u00e4llungen und Pikrins\u00e4ure nach Kossel in die Histidin-, Arginin- und eine auffallend sp\u00e4rliche Lysinfraction trennen. Die Analyse der erhaltenen Produkte wird durch die Unm\u00f6glichkeit, die verh\u00e4ltnissm\u00e4ssig geringen Substanzmengen in analysenreine krystallisirte Form zu bringen, vereitelt. Uebrigens enth\u00e4lt, wie sich nachtr\u00e4glich herausstellte, auch das Witte'sehe Pepton in geringer Menge dieselben Substanzen.\nIch will darum nur kurz das Verfahren angeben, nach welchem ich die krystallinischen Substanzen von den Peptonen zu trennen versuchte.\nAusser den vier von Pick1) beschriebenen Albumosen-fractionen fand sich constant in der ammonsulfatges\u00e4ttigten schwefelsauren L\u00f6sung eine weitere von der Pick'sehen Fraction IV verschiedene Albumose, die sich durch F\u00e4llen mit viel Ammoniak ausf\u00e4llen l\u00e4sst. Die Substanz zeichnet sich \u2014 von Pepton befreit \u2014 durch ihre relative Schwerl\u00f6slichkeit in Wasser und ihren Reichthum an locker gebundenem Schwefel aus. Die Peptone und Reste von Albumosen, welche in der salzges\u00e4ttigten Fl\u00fcssigkeit dann noch gel\u00f6st sind, werden durch vorsichtigen Zusatz von ganz concentrirter Eisenchloridl\u00f6sung oder nach dem Vorg\u00e4nge von Siegfried2) mit Eisenoxydammonsulfat als isabellgelber Niederschlag ausgef\u00e4llt. Die Fl\u00fcssigkeit darf dabei nur ganz schwach sauer werden und wird nach dem Abfiltriren des Niederschlages nochmals mit Eisensalz und Ammoniak behandelt, um weitere Antheile der\nL Zeitschrift f. physiol. Chemie, Bd. XXIV, S. 246. -) Zeitschrift f. physiol. Chemie, Bd. XXVII, S. 335.","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nPeptone zu f\u00e4llen. Das Filtrat wird zuletzt, wenn n\u00f6thig, durch Ammoniakzusatz vom Eisen befreit ; durch vorsichtiges Eindampfen bei niederer Temperatur und Auskrystallisiren-lassen ein grosser Theil des Ammonsalzes entfernt. Eine weitere Menge des Ammonsulfats wird durch Zusatz von Methylalkohol weggeschafft; dieser verdient n\u00e4mlich den Vorzug vor dem Aethylalkohol, weil er das Salz als Krystallpulver ausf\u00e4llt und nicht Anlass zur bekannten Schichtenbildung gibt. Der Methylalkohol wird abdestillirt und aus dem R\u00fcckstand das noch vorhandene Ammoniak entfernt, indem man die Fl\u00fcssigkeit in flachen Schalen bei gelinder Temperatur portionenweise mit Barytlauge versetzt, w\u00e4hrend gleichzeitig mit H\u00fclfe eines Abzugkamins oder \u00e4hnlicher Vorrichtungen ein kr\u00e4ftiger Luftstrom dar\u00fcber gesaugt wird. Den \u00fcbersch\u00fcssigen Baryt entfernt man durch Schwefels\u00e4ure und kann nun die verschiedenen Produkte in \u00fcblicher Weise zu trennen versuchen.","page":48}],"identifier":"lit17456","issued":"1900-01","language":"de","pages":"43-48","startpages":"43","title":"Beitrag zur Kenntniss der peptischen Verdauung","type":"Journal Article","volume":"31"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:54:27.369050+00:00"}