Open Access
{"created":"2022-01-31T16:11:57.883627+00:00","id":"lit17457","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Langstein, Leo","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 31: 49-57","fulltext":[{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Die Kohlehydratgruppe des krystallisirten Ovalbumins.\nVon\nDr. Leo L\u00e4ngstem aus Wien.\n(Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strassburg. Neue Folge Nr. 38.) (Der Redaction zugegangen am 6. September 1900.)\nI.\nUnsere Kenntnisse von den Atomgruppen, die sich an dem Aufbau der verschiedenen Eiweissk\u00f6rper betheiligen, sind zum gr\u00f6ssten Theil das Resultat von Untersuchungen, die an von der Natur in reichlicher Menge dargebotenen, jedoch nicht die Gew\u00e4hr der Einheitlichkeit bietenden Rohstoffen angestellt wurden. Und doch ist gerade die absolute Reinheit des Ausgangsmaterials eine unerl\u00e4ssliche Voraussetzung, sobald es sich darum handelt, aus den Produkten, die wir bei der Spaltung bestimmter Stoffe erhalten, sichere Schl\u00fcsse auf deren chemischen Aufbau zu ziehen. In diesem Sinne wird es gewiss einen Fortschritt in der Eiweisschemie bedeuten, wenn die bisher vorliegenden Untersuchungen an nachweislich reinen EiweissSubstanzen wiederholt werden, wie wir solche derzeit in den krystallisirten pflanzlichen Globulinen, im krystallisirten Ovalbumin und Serumalbumin besitzen.\nAuch die Frage nach der Kohlehydratgruppe des Ovalbumins hat deswegen eine befriedigende L\u00f6sung noch nicht gefunden, weil die Thatsache, dass das bei den betreffenden Untersuchungen verwendete Ausgangsmaterial kein einheitliches war, die Sicherheit der gefundenen Resultate beeintr\u00e4chtigte. Abgesehen von der Fehlerquelle, die das dem Ovalbumin anhaftende und schwer zu beseitigende Ovomucoid\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XXXI.\t4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nmit sich bringt, ist das Eiweiss, welches bei derartigen Untersuchungen das Ausgangsmaterial bildete, ein Gemenge mehrerer Eiweissk\u00f6rper, wenn auch darin das Ovalbumin betr\u00e4chtlich \u00fcberwiegt.1)\nIch kann hier von einer ausf\u00fchrlichen Besprechung der ganzen bisher vorliegenden Litteratur \u00fcber die von Pavy2) neu angeregte Frage nach der Kohlehydratgruppe der Eiweissk\u00f6rper umsomehr absehen, als sie vor Kurzem durch Blumenthal3) \u00fcbersichtlich zusammengestellt worden ist. Ich m\u00f6chte nur die neueren Angaben herausgreifen, die speciell auf die Kohlehydratgruppe des Ovalbumins Bezug haben.\nC. Th. M\u00f6rner,4) welcher in dem Ovomucoid des Eierklars eine reiche Quelle reducirender und osazongebender Substanz gefunden hat, gelang es nicht, aus dem Ovalbumin Zucker abzuspalten.\nEbenso fand Spenzer,5) dass gew\u00f6hnliches, nicht weiter gereinigtes H\u00fchnereiweiss ein Osazon liefert, wenn das Verfahren von Pavy zur Auffindung von Zucker unter den Spaltungsprodukten der Proteinstoffe angewendet wird, nicht aber das gereinigte.\nDiesen negativen Ergebnissen stehen zahlreiche positive gegen\u00fcber.\nKrawkow6) gelang es, aus coagulirtem und durch langdauerndes Waschen mit Wasser gereinigtem Ovalbumin nach Spaltung mit verd\u00fcnnten S\u00e4uren ein Osazon zu erhalten, das er als Glukosazon anspricht.\nBlumenthal7) erhielt aus durch Siedehitze coagulirtem Ovalbumin, das er nach dem Auswaschen mit Kalilauge wieder in L\u00f6sung gebracht und durch Essigs\u00e4ure gef\u00e4llt hatte, ein\n1)\tVgl. Sch\u00fctz, diese Zeitschrift, Bd. XXX, S. 3.\n2)\tPavy, Physiol, of the Carbohydrates, London 1894.\n3)\tBlumenthal, Deutsche medicin. Wochenschrift. 1899, S. 49\u201450.\n4)\tC. Th. M\u00f6rner, Centralbl. f. Physiol. 1893, Bd. VII.\nSkandin. Archiv, Bd. VI, S. 332.\n5)\tSpenzer, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. XXIV, S. 354.\n6)\tKrawkow, Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. LXV, 1897.\n7)\tBlumenthal, Charit\u00e9-Annalen, 1898.","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"51\nOsazon, das deutliche Drehung zeigte. Es konnte ebensowohl Galaktosazon als auch Glukosazon sein.\nEichholz1) erhielt aus Ovalbumin, das er aus sehr verd\u00fcnnter L\u00f6sung coagulirt und tagelang gewaschen hatte, das Osazon der Glykose.\nSeemann,2) dem es gelang, aus dem Mucoid des H\u00fchnereies ein Kohlehydrat abzuspalten, das er mit Glyko-samin identificiren konnte, glaubt das gleiche Kohlehydrat auch aus Ovalbumin durch Spaltung erhalten zu haben; er l\u00e4sst diesen Punkt jedoch unentschieden, weil er die M\u00f6glichkeit nicht auszuschliessen vermag, dass das Glykosamin von dem dem Ovalbumin noch anhaftenden Mucoid herr\u00fchrt.\nGanz allein steht die Angabe von Weiss,3) der aus nach Pavy's Methode verarbeitetem Ovalbumin das Osazon der Methylpentose wie den Zucker selbst erhielt.\nHofmeister4) fand, dass das krystallisirte Eieralbumin ein kohlehydratreicher Eiweissk\u00f6rper ist, der beim Kochen mit verd\u00fcnnten S\u00e4uren einen Theil seines Kohlehydrates abspaltet. Er sch\u00e4tzt aus der Menge des erhaltenen Osazons den gesammten Kohlehydratgehalt auf ca. 15\u00b0/o. Ueber die Natur des Ivohlehydratcomplexes spricht sich Hofmeister nicht weiter aus.\nFassen wir vorliegende Angaben zusammen, so sehen wir, dass eine Einigung in der Frage nach dem Kohlehydrat-complex des Ovalbumins nichts weniger als erreicht ist.5)\n1)\tEichholz, Journal of Physiol., Bd. XXIII.\n2)\tSeemann, Inaugur.-Dissert., Marburg 1898.\n3, 0. Weiss, Centralbl. f. Physiol., 1898.\nF F. Hofmeister, Ueber jodirtes Eieralbum., Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XXIV.\n5) Bemerkenswerth in dieser Richtung ist die Art, wie Pfl\u00fcger4) die vorliegenden Tnatsachen zusammenfasst.\nEr bemerkt hinsichtlich der Beziehungen des Ovalbumins zu den Glykoproteinen : \u00abDiejenige Gruppe der Glykoproteine, zu denen das Ovalbumin geh\u00f6rt, gilt nicht f\u00fcr sicher, einmal wegen unreinen Ausgangsmaterials und dann, weil das Ovalbumin aus glykosid- (ovomukoid-) haltiger L\u00f6sung auskrystallisirt worden ist, weil so zuverl\u00e4ssige Chemiker,\nij Organ. Chemie, Richter, 1900.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nEinerseits wird die Thatsache, dass sich ein solcher aus dem Ovalbumin abspalten lasse, \u00fcberhaupt geleugnet, andererseits herrscht bei denjenigen Autoren, denen eine solche Abspaltung gelang, keine Uebereinstimmung in der Charakteri-sirung des abgespaltenen Complexes.\nBei meiner Untersuchung, die eine endgiltige Kl\u00e4rung dieser Frage bezwecken sollte, bin ich von nach Hopkins und Pinkus1) krystallisirtem Ovalbumin ausgegangen. Durch die Eigenschaft des Ovomucoids, aus mit Ammonsulfat halbges\u00e4ttigter L\u00f6sung bei S\u00e4urezusatz nicht auszufallen, ist bei wiederholtem Umkrystallisiren des Ovalbumins eine Verunreinigung damit ausgeschlossen, wie denn andererseits dieses Verhalten des Ovomucoids die reichliche Ausbeute von krystallisirtem Eiereiweiss bei der Darstellung nach dem von Hopkins und Pinkus angegebenen Verfahren erkl\u00e4ren d\u00fcrfte.\nII. Darstellung der Kohlehydratgruppe aus krystallisirtem Ovalbumin.\nDie Menge des von mir verwendeten krvstallisirten Ovalbumins betrug ungef\u00e4hr 100 g (aus 4 1. Eierklar). Dasselbe wurde durch dreimaliges Umkrystallisiren von allen amorphen Beimengungen befreit, durch Alkohol coagulirt, sorgf\u00e4ltig ausgewaschen und nach Trocknung bei 110\u00b0 staubfein gepulvert.\nBei der Abspaltung der Kohlehydratgruppe hielt ich mich im Wesentlichen an das von Seemann2) angegebene Verfahren.\nF\u00fcr Vorversuche wurden je 5 g krystallisirtes Ovalbumin nach vorhergehender Quellung in Alkali mit 100 ccm. 3\u00b0/\u2019oiger Salzs\u00e4ure im mit R\u00fcckflussk\u00fchler versehenen K\u00f6lbchen durch mehrere Stunden auf dem Sandbad erhitzt. Nach je einer Stunde wurden der Fl\u00fcssigkeit 10 ccm. entnommen und der\nwie M\u00f6rner und Spenzer, aus gereinigtem Ovalbumin kein Kohlehydrat erhalten konnten, und weil die Glykoproteine durch procentische Zusammensetzung und sonstige Reactionen mit kohlehydratfreien Eiweissstoffen vollst\u00e4ndig \u00fcbereinstimmen.\u00bb\n1)\tHopkins und Pinkus, Journal of Physiol.. Bd. XXIII, S. 130 und Bd. XXV, S. 306.\n2)\tSeemann, Inaugur.-Dissert., Marburg 1898.","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"53\nKohlehydratgehalt in diesen mittelst Fehling\u2019scher L\u00f6sung bestimmt.\nDie maximale Ausbeute an Kohlehydrat erhielt ich nach vierst\u00fcndigem Erhitzen. Der Kohlehydratgehalt der Fl\u00fcssigkeit, auf Dextrose gerechnet, betrug dann 7 \u00b0/o. Wurde der zur\u00fcckbleibende Eiweissschlamm einer nochmaligen einst\u00fcndigen S\u00e4urewirkung unterworfen, konnten noch 11,/2 \u00b0/o Kohlehydrat abgespalten werden. Der gut ausgewaschene R\u00fcckstand gab jedoch noch starke Kohlehydratreaction, ohne dass durch fortgesetztes Erhitzen mit verd\u00fcnnter S\u00e4ure eine weitere Abspaltung gelang.\nVon wesentlichem Einfluss auf eine m\u00f6glichst ergiebige Kohlehydratabspaltung erwies sich, wie schon Seemann bemerkte, die der S\u00e4urewirkung vorhergehende Quellung in Alkali. Meine besten Resultate erhielt ich durch eine so energische Quellung, dass das Ovalbumin zu einer Gallerte gestand.\nZur Charakterisirung des abspaltbaren Kohlehydrates wurde die Hauptmasse des Ovalbumins in Portionen von je 25 g nach vorhergehender Quellung in Kalilauge mit 1k Liter 3\u00b0/oiger Salzs\u00e4ure im mit R\u00fcckflussk\u00fchler versehenen Kolben auf dem Sandbade 4\u20145 Stunden lang im Sieden erhalten. Dabei nahm die Fl\u00fcssigkeit einen leicht gelblichen Farbenton an.\nVom ungel\u00f6sten R\u00fcckstand wurde abfiltrirt und das neutralisirte Filtrat, ohne dass vorher die in L\u00f6sung befindlichen Eiweissk\u00f6rper entfernt worden w\u00e4ren, nach Raumann1) benzoylirt.\nDabei trat nur m\u00e4ssige Erw\u00e4rmung, auch keine Roth-f\u00e4rbung ein, wie sie Seemann bei seinen Benzoylirungs-versuchen bemerkte. Nach Neutralisation der Benzoylirungs-fl\u00fcssigkeit wurde das reichlich ausgeschiedene Benzoylprodukt absitzen gelassen und durch Absaugen von der Fl\u00fcssigkeit getrennt. Es wurde mit verd\u00fcnntem Ammoniak und Wasser gewaschen und stellte danach eine gelblichweisse spr\u00f6de Masse dar. Dieselbe wurde getrocknet, in heissem absoluten Alkohol\ni) Baumann, Ber. XIX, S. 3218.","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\ndigerirt, wobei sie sich fast vollst\u00e4ndig in diesem l\u00f6ste. Von dem sp\u00e4rlichen ungel\u00f6sten R\u00fcckstand wurde abfiltrirt und die heisse gelbgef\u00e4rbte alkoholische L\u00f6sung auf dem Wasserbad allm\u00e4hlich erkalten gelassen. Dabei fiel in den ersten Stunden ein weisser amorpher Niederschlag aus, der abfiltrirt und nach Waschen mit heissem absoluten Alkohol getrennt untersucht wurde.\nEr war in den meisten L\u00f6sungsmitteln unl\u00f6slich, mit Ausnahme von Eisessig, in dem er sofort zerfloss. Krystallisirt konnte ich ihn nicht erhalten. Er gab keine Biuretreaction, mit Alkali und Bleiacetat im Wasserbad erhitzt spaltete er reichlich Schwefel ab. Ich versuchte nun diesen K\u00f6rper, der also den Benzoylester eines an locker gebundenem Schwefel sehr reichen Spaltungsproduktes des krystallisirten Ovalbumins darstellt, mit concentrirter Salzs\u00e4ure im zugeschmolzenen R\u00f6hr zu spalten. Nach mehrst\u00fcndigem Erhitzen bei 100\u00b0 wurde erkalten gelassen, die ausgeschiedene Benzoes\u00e4ure abfiltrirt, die rothbraun gef\u00e4rbte L\u00f6sung mit Aether ausgesch\u00fcttelt und im Vacuum \u00fcber Kalist\u00fccken eingeengt. Aus dem zur\u00fcckbleibenden schwarzbraunen Syrup krystalli-sirten sp\u00e4rliche kleine Nadeln. Eine in Wasser gel\u00f6ste Probe dieses Syrups enthielt reichlich abspaltbaren Schwefel ; eine andere gab mit Nitroprussidkalium eine moosgr\u00fcne, sofort verschwindende Farbenreaction; die Cysteinreaction mit Eisenchlorid fiel negativ aus. Zu einer Analyse reichte mein Material nicht.\nDie nach Abfiltriren des eben besprochenen K\u00f6rpers erhaltene klare alkoholische L\u00f6sung tr\u00fcbte sich nach ca. 12 Stunden neuerdings, und es fielen makroskopisch gut wahrnehmbare seidengl\u00e4nzende Nadeln aus, die stellenweise federbuschartig angeordnet waren, untermischt mit sp\u00e4rlichen amorphen Kr\u00fcmeln. Nach ungef\u00e4hr drei Tagen war die Abscheidung der Krvstalle beendet. Sie wurden durch Absaugen von der Mutterlauge befreit. Die Trennung derselben von dem mitausgefallenen amorphen Niederschlag gelang nur schwer. Durch tagelange Extraction mit kaltem absoluten Alkohol, in dem sich die Nadeln, obgleich schwer, l\u00f6sten, nicht aber der amorphe K\u00f6rper, kam ich, wenn auch unter Verlusten, zum Ziel. Die alkoholische L\u00f6sung der Krystalle wurde an der Luft verdunsten gelassen, wobei sich ca. V2 cm. lange weisse seidengl\u00e4nzende Nadeln ausschieden.\nDer Schmelzpunkt derselben ergab sich zu 202\u2014203\u00b0.","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"55\nDer Stickstoffgehalt, an einer kleinen Menge Substanz (0,0312 g) nach Kjeldahl bestimmt, betrug 1,962\u00b0/o. Dieses Verhalten erlaubt den Schluss, dass Pentabenzoylglykosamin vorliegt. F\u00fcr dasselbe fand Pum1) nach wiederholtem Um-krystallisiren aus heissem Alkohol einen Schmelzpunkt von 203\u00b0 und einen Stickstoffgehalt von 2,00 \u00b0/o.\nIch versuchte nun, dem Verfahren von Seemann folgend, aus den Mutterlaugen den Zucker selbst abzuspalten. Die alkoholische Mutterlauge wurde in grosse Mengen destillirten Wassers gegossen, wobei sich das Benzoylprodukt zuerst in weissen Flocken absetzte, jedoch bald k\u00f6rnig wurde. Es wurde abfiltrirt, mit heissem Wasser gewaschen und im zugeschmolzenen Rohr mit Salzs\u00e4ure vom specifischen Gewicht 1,1 durch 24 Stunden auf 100\u00b0 erhitzt. Nach dem Erkalten wurde von der in der gelbgef\u00e4rbten Salzs\u00e4ure massenhaft ausgeschiedenen Benzoes\u00e4ure abfiltrirt, und die Salzs\u00e4ure, nachdem sie mit Aether energisch ausgesch\u00fcttelt worden war, bei ca. 60\u00b0 abgeraucht. Aus dem zur\u00fcckbleibenden braunen Syrup kry-stallisirte neben geringen Mengen Kochsalz und langen Nadeln (Gyps?) ein K\u00f6rper, Anfangs in Sphenoiden, sp\u00e4ter in rhombischen Platten. Der braune Syrup wurde in absolutem Alkohol gel\u00f6st und von den ungel\u00f6sten Krystallen abfiltrirt. Diese wurden aus salzs\u00e4urehaltigem Wasser umkrystallisirt, wobei sie mehrere Millimeter im Durchmesser erreichten.\nDieselben boten jedoch, wie eine von Herrn Prof. Bruhns am hiesigen mineralogischen Institut vorgenommene Untersuchung lehrte, nicht die aus Ledder hose\u2019s2) Arbeit \u00fcber Glykosamin bekannten charakteristischen Formen dar, zeigten vorwiegend Zwillingsformen und, soweit dies untersucht werden konnte, ein abweichendes optisches Verhalten.\nWar somit auf diesem Wege eine Identification meiner Krystalle mit salzsaurem Glykosamin nicht m\u00f6glich, so gelang sie doch auf dem Wege der Analyse:\nJ) Pum, Ueber d. Benzoes\u00e4ureester des Glykosamins, Monatshefte f. Chemie, Bd. XII.\n2) Ledderhose, Zeitschr. f. physiol. Cemie, Bd. IV, S. 142.","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\n\tGefunden\tBerechnet\n0,1166 g Substanz enthielten |\t33,51 \u00b0/o C\t33,34 \u00b0/o C\n\t6,53 \u00b0/o H\t6,49 \u00b0/o H\n0,113 g Substanz enthielten\t6,38 \u00b0/o N\t6,49 \u00b0/o N\nEs kann demnach an der Identit\u00e4t der gefundenen Krystalle mit salzsaurem Glykosamin kein Zweifel bestehen.\nAus dem abweichenden krystallographischen Verhalten weitere Schl\u00fcsse zu ziehen, etwa auf ein stereoisomeres Glykosamin, w\u00e4re verfr\u00fcht ; f\u00fcr eine Untersuchung des optischen Verhaltens der Krystalle reichte mein Material nicht.\nAus meiner Untersuchung geht demnach unzweifelhaft hervor, dass das Glykosamin am Aufbau des krystallisirten Ovalbumins betheiligt ist.\nDie Frage, ob es den einzigen Kohlehydratcomplex darin darstellt, ist damit freilich nicht entschieden. Da jedoch andere benzoylirte Kohlehydrate nicht aufzufinden sind, so scheint mir diese Auffassung zur Zeit die am meisten berechtigte. Berechnet man auf Grund des f\u00fcr das gespaltene Eiweiss gefundenen Reductionsverm\u00f6gens den vermeintlichen Gehalt an Glykosamin, so ergibt sich etwa 10\u2014ll\u00b0/o,1) wobei noch zu ber\u00fccksichtigen ist, dass eine ganz befriedigende Abspaltung des Glykosamins durch S\u00e4ure nicht zu erzielen ist.\nIn dieser Richtung ist bemerkenswerth, dass es mir weder durch Spaltung von krvstallisirtem Ovalbumin mit con-centrirter Salzs\u00e4ure, noch mit concentrirter Salzs\u00e4ure und Zinnchlor\u00fcr (30 g Zinnchlor\u00fcr auf 50 ccm. Salzs\u00e4ure) gelang, aus dem Eiweiss Kohlehydrat zu erhalten. Bei Spaltung mit concentrirter Salzs\u00e4ure trat reichliche Melaninbildung auf, bei Anwesenheit von Zinnchlor\u00fcr blieb die Fl\u00fcssigkeit klar (sie zeigte nur einen r\u00f6thlichen Farbenton), gab jedoch hinterher nicht die Spur einer Molisch\u2019schen Reaction.\n1) Nach Ledderhose1) sind zur Reduction von 1 ccm. Fehling\u2019scher L\u00f6sung 5.986 mg salzsaures Glykosamin erforderlich; nach meiner Berechnung 6,003 mg.\nP Ledderhose, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. IV, S. 146.","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"57\nUm f\u00fcr dieses Verhalten eine Erkl\u00e4rung zu finden, wurden folgende Versuche angestellt:\nI.\tErhitzen von salzsaurem Glykosamin mit concen-trirter Salzs\u00e4ure mehrere Stunden lang auf dem Sandbade.\nII.\tMehrst\u00fcndiges Erhitzen von salzsaurem Glykosamin mit concentrirter Salzs\u00e4ure unter Zusatz von Zinnchlor\u00fcr.\nIII.\tMehrst\u00fcndiges Erhitzen von salzsaurem Glykosamin unter Zusatz von Chlorammonium.\nIm ersten Versuch br\u00e4unte sich die L\u00f6sung, doch blieb das Glykosamin sicher zum gr\u00f6ssten Theil unver\u00e4ndert.\nIm zweiten Versuch blieb die Salzs\u00e4ure farblos und das Glykosamin unver\u00e4ndert.\nIm dritten Versuch f\u00e4rbte sich die Salzs\u00e4ure bald dunkelschwarz unter reichlicher k\u00f6rniger Abscheidung eines schwarz gef\u00e4rbten Produktes.\nNach diesem Ergebniss ist f\u00fcr die negativen Resultate der Versuche, aus Ovalbumin durch concentrirte S\u00e4ure Kohlehydrat abzuspalten, die Erkl\u00e4rung dadurch gegeben, dass es das durch starke S\u00e4ure aus dem Eiweiss abgespaltene Ammoniak ist, welches die Reaction in einem anderen Sinne verlaufen l\u00e4sst, bei Einwirkung von concentrirter S\u00e4ure allein unter Bildung schwarzgef\u00e4rbter, bei gleichzeitiger Anwesenheit von Zinnchlor\u00fcr unter Bildung farbloser Produkte.\nMeine Untersuchung \u00fcber die Kohlehydratgruppe der Eiweissk\u00f6rper gedenke ich auf das krystallisirte Serumalbumin auszudehnen und werde seinerzeit dar\u00fcber berichten.","page":57}],"identifier":"lit17457","issued":"1900-01","language":"de","pages":"49-57","startpages":"49","title":"Die Kohlehydratgruppe des krystallisirten Ovalbumins","type":"Journal Article","volume":"31"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:11:57.883633+00:00"}