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{"created":"2022-01-31T13:27:11.621246+00:00","id":"lit17826","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kr\u00fcger, M.","role":"author"},{"name":"O. Reich","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 39: 165-182","fulltext":[{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Methodik der Bestimmung des Ammoniaks im Harne.\nVon\nM. Kr\u00fcger und O. Reich.\nMit einer Abbildung.\n(Der Redaktion zugegangen am 1. Juli 1903.)\nDie M\u00e4ngel der in den klinischen Laboratorien zur Bestimmung des Ammoniaks im Harne \u00fcblichen Schl\u00f6singschen Methode bestehen zun\u00e4chst in dem langsamen Verdunsten und der langwierigen Absorption des Ammoniaks, welche mindestens zwei volle Tage in Anspruch nehmen. Nach anderen soll man jeden Versuch 3\u20144 Tage gehen lassen, und bei eiwei\u00dfhaltigen oder konzentrierten Harnen mu\u00df man sogar 5\u20148 Tage auf das v\u00f6llige Entweichen des Ammoniaks aus dem Harne warten.\nAus den schwankenden Angaben \u00fcber die Dauer des Versuchs ergibt sich der weitere \u00dcbelstand, da\u00df f\u00fcr die Beendigung der Reaktion kein einfaches Pr\u00fcfungsmittel vorhanden ist.\nBeide M\u00e4ngel der Schl\u00f6singschen Methode beseitigt Wurster1) in einfacher Weise durch Destillation des Ammoniaks im Vacuum, zu welcher Operation etwa 25 Minuten erforderlich sind. Wenn die Wurstersche Methode trotzdem keine allgemeine Anwendung gefunden hat, so ist der Grund darin zu suchen, da\u00df infolge des heftigen Sch\u00e4umens von im Vacuum siedendem Harn ein so komplizierter Apparat vorgeschrieben ist, da\u00df auch im chemischen Arbeiten Ge\u00fcbtere vor dem Gebrauch desselben zur\u00fcckschrecken. Nencki und Zaleski2) haben den Wurstersehen Apparat modifiziert, ohne ihn zu vereinfachen, und heben dadurch, da\u00df sie die Destillation 3 Stunden unterhalten, den einen Vorzug der Wurst er sehen Methode, den der K\u00fcrze der Versuchsdauer, wieder auf.\n3 Zentralblatt f. Physiolog., S. 485. 1887.\n2) Arch. f. experim. Path. u. Phermakol.. Bd. 36, S. 385.\n12*","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nM. Kr\u00fcger und 0. Reich,\nAn ein klinisches Verfahren zur Bestimmung des Ammoniaks im Harne sind demnach zwei Anforderungen zu stellen:\n1.\tdas Erfordernis einer kurzen Versuchsdauer und\n2.\tdas eines einfachen Apparates.\nUm die erste Forderung zu erf\u00fcllen, mu\u00df das Destillieren im Vacuum beibehalten werden. Die zweite f\u00e4llt zusammen mit der Verhinderung des Sch\u00e4umens des im Vacuum siedenden Harnes.\nAuf letzteren Punkt lenkten wir zun\u00e4chst unser Augenmerk. Wurster gibt an, da\u00df Paraffin\u00f6l und Toluol das l\u00e4stige Sch\u00e4umen verhindern sollen. Da er aber bei Beschreibung seiner Methode diese K\u00f6rper nicht erw\u00e4hnt, so darf man annehmen, da\u00df sie nicht im gew\u00fcnschten Ma\u00dfe Erfolg hatten, oder durch Einf\u00fchrung anderer Nachteile die Methode verschlechterten.\nVon \u00f6ligen K\u00f6rpern erwies sich uns das Oliven\u00f6l als ein sehr wirksames Verhinderungsmittel des Sch\u00e4umens. Doch wurde von Anwendung dieses und \u00e4hnlicher Mittel Abstand genommen, weil sie durch Bildung einer \u00f6ligen Schicht auf der w\u00e4sserigen Fl\u00fcssigkeit das Sieden verz\u00f6gern und Anla\u00df zu sto\u00dfweisem, ungleichm\u00e4\u00dfigem Sieden geben. Zusatz von festen K\u00f6rpern erreichte niemals den beabsichtigten Zweck in dem gew\u00fcnschten Ma\u00dfe. Die Anwendung von Magnesia usta oder Meerschaumpulver nach Schwarz1) ist daher nicht empfehlenswert.\nEin weiteres Suchen nach passenden Mitteln wurde uns erspart, als in dem Alkohol ein vorz\u00fcgliches Mittel gefunden wurde, welches den gew\u00fcnschten Anforderungen in vollem Ma\u00dfe entsprach und au\u00dferdem den weitern Vorteil gew\u00e4hren mu\u00dfte, welcher in der Herabsetzung der Siedetemperatur besteht. Infolge der Anwendung dieses Mittels konnte der Destillationsapparat so vereinfacht werden, da\u00df der Anwendung der Vacuumdestillationsmethode nichts mehr im Wege stand.\nBei Pr\u00fcfung des neuen, weiter unten zu beschreibenden Apparates wurden Beobachtungen gemacht, welche n\u00f6tigten, die Wirksamkeit der zum Alkalisieren des Harns benutzten\n\u00fc Wiener med. Woch., 1893, S. 3.","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Methodik der Bestimmung des Ammoniaks im Harne. 167\nMittel einer Nachpr\u00fcfung zu unterziehen. Nach Wurster soll es gleichg\u00fcltig sein, ob man Magnesia usta, Kalkmilch oder Barythydrat dazu benutzt. Auch Schwarz verwendet Magnesia usta und Kalkmilch. Wir gebrauchten in der ersten Zeit ausschlie\u00dflich Magnesia usta, einmal weil es ein fester pulveriger K\u00f6rper ist und man nicht wie bei Kalkmilch mit dem in Wasser verteilten Mittel den Harn verd\u00fcnnt, und zweitens, weil bei der geringen L\u00f6slichkeit der Magnesia usta in Wasser ein starkes Alkalischwerden des Harns und dadurch bedingte Zer-\nsetzung desselben ausgeschlossen erschien.\nTats\u00e4chlich haben auch die ersten unter Anwendung von Magnesia usta bei einer Temperatur der Heizfl\u00fcssigkeit von 35\u00b0 ausgef\u00fchrten Destillationen, welche einen Zeitraum von je 3A Stunden beanspruchten, gut \u00fcbereinstimmende Resultate an den Harnen verschiedenster Art gegeben, wie die folgende Tabelle zeigt. Die Zahlen bedeuten die Anzahl von Cubik-centimetern 1 /io N.-Salzs\u00e4ure, welche zur Neutralisation des aus 25 ccm Harn \u00fcbergehenden Ammoniaks erforderlich waren.\nTabelle:\nHarn\n1\n2\n3\n4\n5\nccm\tccm\tHarn\tccm\tccm\n3,92\t3,82\t6\t1,71\t1,85\n5,15\t5,20\t7\t3,22\t3,13\n4,78\t4,75\t8\t3,90\t3,91\n1,44\t1,71\t9\t2,78\t2,80\n0,93\t0,98\t10\t4,65\t4,70\nBei Wiederaufnahme der Versuche, welche l\u00e4ngere Zeit unterbrochen werden mu\u00dften, wurden pl\u00f6tzlich weit differierende Zahlen erhalten. Eine Erkl\u00e4rung war nur darin zu suchen, da\u00df mit dem stark schwankenden Wasserdr\u00fccke auch die f\u00fcr die Destillation erforderliche Zeit wechselte und somit die tats\u00e4chlich vorhandene zersetzende Wirkung der Magnesia usta auf Harnstoff eventuell andere K\u00f6rper zum Ausdruck kam.\nPr\u00fcfung der alkalischen Mittel.\nVon den zum Alkalisieren des Harnes dienenden Mitteln wurden au\u00dfer den bisher gebr\u00e4uchlichen, Magnesia usta, Kalkmilch und Barythydrat, noch Baryum- und Calciumcarbonat in","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nM. Kr\u00fcger und 0. Reich,\nden Bereich der Untersuchung gezogen. Die beiden letztem machen bekanntlich beim Sieden unter gew\u00f6hnlichem Drucke leicht Ammoniak aus Ammonsalzen frei. Ob dasselbe aber beim Sieden im Vacuum in hinreichend schneller Weise stattfindet, bedurfte der Pr\u00fcfung.\nZum Versuche wurde eine Salmiakl\u00f6sung von solcher Konzentration angewandt, da\u00df zur Bindung des aus 10 ccm derselben freigemachten Ammoniaks 14,6 ccm lji0 N.-S\u00e4ure erforderlich waren. Wurden nun 10 ccm dieser mit 15 ccm Wasser verd\u00fcnnten Salmiakl\u00f6sung unter Zusatz von Alkohol und 1 g Baryumcarbonat 20 Minuten lang bei einer Temperatur des Wasserbades von 43\u00b0 destilliert, so ging nur so viel Ammoniak \u00fcber, als zur Bindung von 2,67 ccm V10 N.-S\u00e4ure n\u00f6tig war.\nBei Anwendung von Calciumcarbonat statt Baryumcarbonat wurden unter sonst gleichen Bedingungen 2,85 ccm Vl0 N.-S\u00e4ure verbraucht.\nUnter Benutzung von Baryumcarbonat oder Calciumcarbonat als Alkalisierungsmittel geht nur etwa Vs des Ammoniaks in derselben Zeit \u00fcber, in der sonst bei Gebrauch der andern erw\u00e4hnten Mittel, wie durch Kontrollversuche festgestellt wurde, l\u00e4ngst all es Ammoniak \u00fcbergetrieben war. Mithin sind Calcium-und Baryumcarbonat nicht verwendbar; sie zeigen sich zu wenig kr\u00e4ftig.\nBei den \u00fcbrigen K\u00f6rpern, Magnesia usta, Kalkmilch und Barythydrat, besteht nat\u00fcrlich diese Gefahr nicht, wohl aber die andere, da\u00df sie als zu kr\u00e4ftige Agentien nicht nur das pr\u00e4formierte Ammoniak \u00fcbertreiben, sondern auch aus andern stickstoffhaltigen K\u00f6rpern des Harns Ammoniak durch Zersetzung desselben bilden.\nWas die Magnesia usta anbetrifft, so wirkt dieselbe auf Harnstoff wenigstens nicht zersetzend ein, was schon des \u00f6ftern festgestellt ist und auch durch folgende Versuche bekr\u00e4ftigt wird.\nJe 25 ccm einer 2\u00b0/oigen Harnstoffl\u00f6sung werden unter Zusatz von 15 ccm Alkohol und Magnesia usta im Vacuum bis zur Trockne destilliert. Die Temperatur des Au\u00dfenbades schwankte von 35\u201450\u00b0. Verbraucht wurden\nbei 35\u00b0\t0,02 ccm 1/\u00ef0 N.-S\u00e4ure\n\u00bb\t400\t0,07\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\n\u00bb\t450\t0,02\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\n\u00bb\t590\t,0,07\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\nWohl aber erregte der schlechte Ausfall einzelner Harnanalysen (siehe oben) den Verdacht, da\u00df Magnesia usta auf andere","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Methodik der Bestimmung des Ammoniaks im Harne. 169\nHarnbestandteile eine zersetzende Wirkung unter Ammoniakbildung aus\u00fcben m\u00fcsse. Um diese Zersetzung sch\u00e4rfer zum Ausdruck zu bringen, wurde die Temperatur des Heizbades auf 43\u00b0 erh\u00f6ht, w\u00e4hrend sie fr\u00fcher (s. Tabelle I) nur 35\u00b0 betragen hatte. Auch bei dieser erh\u00f6hten Temperatur fielen die Resultate zun\u00e4chst \u00fcbereinstimmend aus, dann aber ergaben sich bei einem weitern normalen Harne stark differierende Zahlen: 4,85; 4,45 und 6,5 ccm 1Iio N.-S\u00e4ure. Der Destillationsr\u00fcckstand von Versuch 3 (6,5 ccm) wurde noch zweimal mit 20 ccm Wasser destilliert. Im ersten Falle wurden 1,2 ccm, im zweiten 1,1 ccm N.-S\u00e4ure verbraucht. Aus der \u00dcbereinstimmung der beiden Zahlen 1,1 und 1,2 ergibt sich, da\u00df diese Mengen S\u00e4ure zweifellos nicht mehr zur Bindung pr\u00e4formierten Ammoniaks erforderlich waren, sondern sie weisen auf eine durch Magnesia usta bewirkte gleichm\u00e4\u00dfig verlaufende Zersetzung stickstoffhaltiger K\u00f6rper des Harns hin. An anderen Harnen wurde dieselbe Beobachtung gemacht. Von einer weiteren Verwendung der Magnesia usta mu\u00dfte daher Abstand genommen werden.\nIn derselben Weise wie bei Magnesia usta wurden die Versuche mit Kalkmilch und Barythydrat ausgef\u00fchrt, selbstverst\u00e4ndlich an solchen Harnen, bei welchen mit Magnesia usta unbrauchbare Resultate erzielt waren.\nZweimal je 25 ccm des Harnes wurden mit 10 ccm Kalkmilch und 15 ccm Alkohol bei 43\u00b0 im Vacuum destilliert. Verbraucht wurden 6,58 und 6,60 ccm V10 N.-S\u00e4ure. Der eine Destillationsr\u00fcckstand wurde dann noch zweimal nach dem Verd\u00fcnnen mit je 10 ccm Kalkmilch und 15 ccm Wasser bis zur Trockne destilliert. Es wurden verbraucht: 0,15 und 0,04 ccm i/10 N.-S\u00e4ure.\nBei einem anderen Harne derselben Versuchsperson wurden in 3 Bestimmungen f\u00fcr Ammoniak gefunden : 12,31 ; 12,26 und 12,26 ccm 710 N.-S\u00e4ure. Beim nochmaligen Destillieren des R\u00fcckstandes vom letzten Versuche wurden 0,02 ccm t/10 N.-S\u00e4ure verbraucht.\nDie Versuche mit Barytwasser wurden in derselben Weise ausgef\u00fchrt und deren Resultate durch Bestimmungen mit Hilfe von Kalkmilch kontrolliert.\nHarn\tKalkmilch\tBarytwasser\n3\n2\n1\n12,61 und 12,43 ccm 14,41\t\u00bb\t14,39\t\u00bb\n0,71\t\u00bb\t0,76\t\u00bb\n12,49 ccm\n14,28 und 14,26 ccm 0,72 und 0,76 cm","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nM. Kr\u00fcger und 0. Reich,\nDer Destillationsr\u00fcckstand des ersten Barytversuches, bei welchem 12,49 ccm erhalten sind, wurde noch einmal nach Zusatz von 10 ccm Barytwasser und 15 ccm Wasser destilliert. Verbraucht wurden 0,04 ccm Vio N.-S\u00e4ure.\nKalkmilch und Barytwasser liefern demnach \u00fcbereinstimmende Resultate; eine Zersetzung stickstoffhaltiger Bestandteile des Harnes findet bei ihrer Anwendung nicht statt.\nBeschreibung des Apparates.\nDer von uns bei den Ammoniakbestimmungen verwendete Apparat besteht aus Destillationskolben und Vorlage. Letztere ist verbunden mit einem Manometer, dieses mit der Wasserstrahlpumpe. Der Destillationskolben K, ein Literrundkolben aus Jenaer Glas, ist mit einem doppelt durchbohrten Kautschukstopfen versehen. Durch die eine Bohrung geht eine nach unten verengerte, rechtwinkelige R\u00f6hre a, welche am \u00e4u\u00dferen Ende mit einem dickwandigen Kautschukschlauch und Klemme\nversehen ist. Die andere Bohrung nimmt die zur Vorlage A\nf\u00fchrende \u00dcberleitungsr\u00f6hre b auf. Als Vorlage wurde nach dem Vorg\u00e4nge von Wurster eine P\u00e9ligotsche R\u00f6hre, nur in bedeutend kleineren Dimensionen gew\u00e4hlt. Die H\u00f6he derselben betr\u00e4gt 24,5 cm, der Inhalt der drei Kugeln mi\u00dft 340 ccm. Der erste Schenkel ist durch einen Kautschukstopfen verschlossen, durch dessen Bohrung die \u00dcberleitungsr\u00f6hre b geht. Der zweite Schenkel ist ebenfalls mit einem Kautschukstopfen versehen, durch dessen Bohrung ein kugel- oder bimf\u00f6rmiger Destillieraufsatz c, wie er bei den Destillationen nach-Kjeldahl verwandt wird, geht. Das freie Ende des Aufsatzes ist durch","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Methodik der Bestimmung des Ammoniaks im Harne. 171\neinen dickwandigen Gummischlauch, der durch einen Quetschhahn q2 verschlossen werden kann, mit einer Wo ul f sehen Flasche verbunden, deren zwei weitere Tuben einerseits mit einem Manometer, andererseits mit der Wasserstrahlpumpe in Verbindung stehen. Die Kugel des Destillationskolbens taucht bis zu etwa V3 in ein Wasserbad W ein, die P\u00e9ligotsehe R\u00f6hre in ein Gef\u00e4\u00df, welches w\u00e4hrend des Versuches mit Eiswasser gef\u00fcllt wird.\nAusf\u00fchrung des Versuches.\nDie Ammoniakbestimmung mit Hilfe des beschriebenen Apparates wird in der Weise ausgef\u00fchrt, da\u00df zun\u00e4chst die P\u00e9ligotsehe R\u00f6hre mit */10 Normalsalzs\u00e4ure angef\u00fcllt wird. Rei allen untersuchten, normalen und pathologischen, Harnen war eine Menge von 25 ccm 1 /io Normalsalzs\u00e4ure auf 25 ccm Harn ausreichend. Als Indikator setzt man der titrierten S\u00e4ure gleichzeitig einige Tropfen einer einprozentigen alkoholischen L\u00f6sung von Rosols\u00e4ure hinzu. Alsdann f\u00fcllt man in den Destillationskolben 25 ccm des zu untersuchenden Harnes und gibt 10 ccm Kalkmilch und 15 ccm 96prozentigen Alkohols hinzu. Der Kolben wird sofort mit dem zugeh\u00f6rigen Stopfen verschlossen, indem man daf\u00fcr sorgt, da\u00df die l\u00e4ngere R\u00f6hre a sich bis auf wenige Millimeter dem Boden n\u00e4hert. Nach dem Zusammensetzen des Apparates werden beide, bei der R\u00f6hre a und am Destillationsaufsatz c befindlichen Quetschh\u00e4hne qi und q2 geschlossen und die Wasserstrahlpumpe in Gang gesetzt. Danach wird durch vorsichtiges \u00d6ffnen des Quetschhahnes q2 Kolben und Vorlage allm\u00e4hlich evaeuiert; gleichzeitig kann man mit dem Anheizen des Wasserbades beginnen. Die Temperatur des letzteren soll. 430 nicht \u00fcbersteigen. Vom Beginn des lebhaften Siedens gerechnet, wurde die Destillation 17 Minuten unter einem Druck von 30 bis 40 mm Quecksilber fortgesetzt. Die Wassertropfen, welche sich nach Verjagung des Alkohols am Kolbenhalse festsetzen und die m\u00f6glicherweise Ammoniak enthalten, werden durch Umwickeln des Kolbenhalses mit einem in hei\u00dfes Wasser getauchten Tuche beseitigt. Dann l\u00e4\u00dft man zum Schlu\u00df durch die R\u00f6hre a unter \u00d6ffnen des Quetschhahnes qi 10 ccm Alkohol zuflie\u00dfen, welcher den Kolbeninhalt","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nM. Kr\u00fcger und 0. Reich,\nwieder in lebhaftes Sieden bringt und die in der \u00dcberleitungsr\u00f6hre b befindlichen Wassertropfen hinwegsp\u00fclt. Nach Beendigung der Destillation schlie\u00dft man zun\u00e4chst den Quetschhahn q2, sperrt die Wasserleitung ab und l\u00e4\u00dft durch die R\u00f6hre a Luft in den Kolben und die Vorlage eintreten. Danach sp\u00fclt man den Inhalt der P\u00e9ligotschen R\u00f6hre in ein Becherglas und titriert mit Vio Normalnatronlauge zur\u00fcck. Der Farbenwechsel der Rosols\u00e4ure beim \u00dcbergang von Sauer zu Alkalisch und umgekehrt ist, offenbar infolge der Anwesenheit von Alkohol, sehr scharf.\nDie Anzahl der zur Neutralisation des Ammoniaks verbrauchten Cubikcentimeter Vio Normals\u00e4ure, multipliziert mit 1,7, gibt die Menge von Ammoniak in Milligrammen an, welche in 25 ccm resp. der angewandten Menge Harn enthalten ist, Multiplikation mit 1,4 statt 1,7 gibt die Menge von Ammoniakstickstoff in Milligrammen an.\nDas Sch\u00e4umen wird, wie schon vorher erw\u00e4hnt, durch Zusatz des Alkohols zun\u00e4chst vollst\u00e4ndig verhindert. Die Fl\u00fcssigkeit siedet, so lange noch Alkohol vorhanden ist, vollst\u00e4ndig gleichm\u00e4\u00dfig, und nur zum Schlu\u00df tritt ein geringes Sch\u00e4umen ein; jedoch zerplatzen die Blasen, sobald sie den oberen Rand der Kugel ber\u00fchren; ein \u00dcbertreten derselben in die \u00dcberleitungsr\u00f6hre ist niemals beobachtet worden. Ein Zusatz von wenigen Cubikcentimetern Alkohol w\u00fcrde au\u00dferdem das Sch\u00e4umen wieder vollst\u00e4ndig beseitigen. Nach dem Einengen der Fl\u00fcssigkeit auf wenige Gubikcentimeter tritt, durch den Niederschlag veranla\u00dft, ein Sto\u00dfen ein, welches in seltenen F\u00e4llen geringe Mengen der Fl\u00fcssigkeit in die \u00dcberleitungsr\u00f6hre hin\u00fcberwarf, wo sie dann durch die nachfolgenden D\u00e4mpfe mit in die Vorlage \u00fcbergerissen wurden. Diesem \u00dcbelstande w\u00e4re in leichter Weise durch Anwendung eines Destillationsaufsatzes an Stelle der U-f\u00f6rmigen \u00dcberleitungsr\u00f6hre abzuhelfen. Er wird jedoch in viel einfacherer Weise dadurch beseitigt, da\u00df man an die \u00dcberleitungsr\u00f6hre einen in der Mitte mit seitlicher \u00d6ffnung versehenen Schlauch aus Gummi von ca. 5 cm L\u00e4nge anbringt. Sollte hier durch Sto\u00dfen der Fl\u00fcssigkeit ein Teil in die untere \u00d6ffnung hineingeworfen werden, so ist ein \u00dcber-","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Methodik der Bestimmung des Ammoniaks im Harne. 173\nrei\u00dfen derselben in die Vorlage unm\u00f6glich, weil ja die D\u00e4mpfe durch die seitliche \u00d6ffnung ungehindert entweichen k\u00f6nnen.\nMit Hilfe der eben beschriebenen Methode wurden die folgenden Zahlen bei normalen und pathologischen Harnen aller Art erhalten. Von jedem Harn wurden 25 ccm genommen und jedesmal zwei Analysen ausgef\u00fchrt, deren Resultate in der 3. und 4. senkrechten Kolumne, in Cubikeentimetern Rio Normals\u00e4ure ausgedr\u00fcckt, sich befinden. In der 5. Kolumne sind die Differenzen zwischen den beiden Versuchen, gleichfalls in Cubikeentimetern Hio Normals\u00e4ure, angegeben, w\u00e4hrend die zweite Reihe die Art des Harnes anzeigt.\nTabelle II.\nm iri.e i\tHarn\tccm\tccm\tDifferenz\n1\tDiabetes mell.\t8,79\t8,92\t0,13\n2\tNormal\t6,95\t6,88\t0,07\n3\tNormal\t8,26\t8,31\t0,05\n4\tDiabetes mell.\t6,40\t6,45\t0,05\n5\tNormal\t6,79\t6,92\t0,13\n6\tNormal\t8,15\t8,08\t0,07\n7\tDiabetes mell.\t4,93\t4,83\t0,10\n8\tIcterus\t2,72\t2,76\t0,04\n9\tNephritis\t1,13\t1,15\t0,02\n10\tTyphus\t21,47\t21,46\t0,01\n11\tIcterus\t5,24\t5,28\t0,04\n12\tCystitis\t0,38\t0,38\t0,00\n13\tTyphus\t2,15\t2,13\t0,02\n14\tGelenkrheumatismus\t2,01\t1,97\t0,04\n15\tScharlach\t6,28\t6,23\t0,05\n16\tPhthise (ohne Fieber)\t7,47\t7,62\t0,15\n17\tPneumonie\t21,64\t21,58\t0,06\n18\tPhthise\t5,61\t5,69\t0,08\n19\tAscites\t15,89\t15,96\t0,07\n20\tLeuk\u00e4mie\t1,97\t1,92\t0,05\n21\tNormal\t5,36\t5,28\t0,08\n22\tTabes\t2,03\t1,92\t0,11\n23\tGehirntumor\t9,92\t9,79\t0,13","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nM. Kr\u00fcger und 0. Reich.\nNummer\tHarn\t\tccm\tccm\tDifferenz\n24\tTyphus\t2,31\t2,22\t0,09\n25\tNormal\t8,99\t8,87\t0,12\n26\tTabes\t5,08\t5,13\t0,05\n27\tDiabetes mell.\t14,63\t14,70\t0,07\n28\tDiabetes mell.\t5,67\t5,58\t0,09\n29\tDiabetes insip.\t0,71\t0,76\t0,05\nDie h\u00f6chste Differenz zwischen den einzelnen Versuchen betr\u00e4gt 0,15 ccm Vio Normals\u00e4ure, entsprechend 0,25 mg Ammoniak; die mittlere, bei 29 Harnen erhaltene Differenz ist aber nur 0,064 ccm Vio Normals\u00e4ure = 0,11 mg Ammoniak.\nBestimmung des Ammoniaks in eiwei\u00dfhaltigen\nHarnen.\nWie Versuch 9 beweist, bei dem die Zahlen 1,13 und 1,15 ccm erhalten wurden, l\u00e4\u00dft sich das beschriebene Verfahren zur Bestimmung des Ammoniaks auch auf eiwei\u00dfhaltige Harne anwenden. Doch tritt hier, wie zu erwarten war, nach Vertagung des Alkohols ein weit lebhafteres Sch\u00e4umen ein, als in den sonstigen F\u00e4llen beobachtet wurde. Dasselbe kann zwar durch mehrmaligen Zusatz geringer Mengen Alkohols gehemmt und somit die Destillation zu Ende gef\u00fchrt werden. Da jedoch bei weiteren Versuchen die Differenzen zwischen den Kontroll-analysen die obigen Zahlen \u00fcbertrafen, wenn auch nicht in dem Ma\u00dfe, da\u00df die Analysen unbrauchbar erscheinen (erhalten wurde\n1.\t7,45 und 7,63, 2. 4,98 und 4,78), so wmrde doch eine Enteiwei\u00dfung des Harnes vorgezogen, zumal nach den Angaben fr\u00fcherer Autoren eine Zersetzung von Eiwei\u00dfk\u00f6rpern durch Kalkmilch stattfmden soll.\nZur Enteiwei\u00dfung des Harnes empfiehlt Huppert1) die Methode von Salkowski.2) Nach dieser wird der eiwei\u00dfhaltige Harn \u201eauf 100 ccm mit 20 g gepulvertem Kochsalz und darauf mit dem doppelten Volumen einer Mischung von 7 Volumen ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung und 1 Volumen 30\u00b0/oiger\n\u00df Huppert, s. Neubauer und Vogel, Analyse des Harns.\n2.\tAufl. S. 743.\n2) Salkowski, ibid. S. 442.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Methodik der Bestimmung des Ammoniaks im Harne. 175\nEssigs\u00e4ure versetzt, wiederholt stark gesch\u00fcttelt und nach 15\u201420 Minuten abfiltriert\u201c. Die Methode hat den Nachteil, da\u00df der auf Ammoniak zu untersuchende Harn aufs dreifache Volumen verd\u00fcnnt wird. Danach m\u00fc\u00dften zu der Ammoniakbestimmung 75 ccm des Filtrats verwendet werden, wodurch die Destillation betr\u00e4chtlich verl\u00e4ngert w\u00fcrde. Ferner l\u00e4\u00dft sich der durch Kochsalz und Essigs\u00e4ure in der K\u00e4lte erhaltene Eiwei\u00dfniederschlag nur langsam abfiltrieren. Beide Nachteile lassen sich durch Ausf\u00fchrung der Enteiwei\u00dfung nach Esbach vermeiden, wenn man das Esbachsche Reagens nicht in der \u00fcblichen Form, also in L\u00f6sung, sondern die wirksamen Bestandteile desselben (Zitronens\u00e4ure und Pikrins\u00e4ure) in fester Form, aber, in den von Esbach angegebenen Mengenverh\u00e4ltnissen zugibt.\nDas Verfahren gestaltet sich demnach so: Man gibt zu 100 ccm Ham 1 g gepulverter Zitronens\u00e4ure und 0,5 g Pikrins\u00e4ure, sch\u00fcttelt kurze Zeit um, bis der Niederschlag in Flocken sich absetzt, und filtriert sofort durch ein Faltenfilter. Durch Zusatz des gew\u00f6hnlichen Esbachschen Reagens zu einer kleinen Menge des Filtrats \u00fcberzeugt man sich von der vollst\u00e4ndigen Ausf\u00e4llung der Eiwei\u00dfk\u00f6rper. Die angegebenen Mengen von Zitronens\u00e4ure und Pikrins\u00e4ure gen\u00fcgten f\u00fcr 100 ccm der von uns untersuchten Eiwei\u00dfharne. Ob bei gro\u00dfem Gehalt an Eiwei\u00df die Mengen zu erh\u00f6hen und der Harn dann doch vielleicht auf das Doppelte zu verd\u00fcnnen ist, wird in jedem Falle leicht zu-entscheiden sein. Bei Bestimmung des Ammoniaks in dem enteiwei\u00dften Filtrate verf\u00e4hrt man in derselben Weise wie bei gew\u00f6hnlichem Harn, indem man zur Bindung der Zitronen- und Pikrins\u00e4ure statt der Kalkmilch 0,5 g gepulvertes Barythydrat hinzuf\u00fcgt.\nEiwei\u00dfharn : 1 \u00bb\t2\n\u00bb\t3\n\u00bb\t4\nTabelle III.\n5,22 ccm 3,13\t\u00bb\n4,10\t\u00bb\n2,99\t\u00bb\n5,29 ccm 3,12\t\u00bb\n4,16\t\u00bb\n2,98\t\u00bb","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nM. Kr\u00fcger und 0. Reich,\n\u00dcber Ammoniakausscheidung nach Genu\u00df organischer und unorganischer S\u00e4uren.\nZur weiteren Pr\u00fcfung der Brauchbarkeit des neuen Verfahrens wurde ein Stoffwechselversuch an einem Patienten ausgef\u00fchrt, der einmal die Ausscheidung des Ammoniaks nach bestimmter gleichm\u00e4\u00dfiger Nahrung und den Einflu\u00df von organischen und anorganischen S\u00e4uren auf Vermehrung des Ammoniaks ermitteln soll. Der Versuch ist selbstverst\u00e4ndlich nicht ausgef\u00fchrt worden, um die von anderen Autoren erhaltenen Resultate zu kontrollieren, sondern nur um dieselben mit dem modifizierten Wursterschen Verfahren zu best\u00e4tigen. Aus diesem Grunde verzichten wir auf die Wiedergabe der entsprechenden Literatur mit Ausnahme des von Haller vor den mit Salzs\u00e4ure angestellt en Versuches, um mit dessen Resultaten die von uns erhaltenen Resultate zu vergleichen.\nTabelle von Hallervorden.1)\nTag\tHarnmenge\t\tTgl. Ammoniakausscheidung\tSalzs\u00e4ure\n1\t1415\tccm\t0,701 g\t\u2014\n2\t1710\t\u00bb\t0,914 \u00bb\t\u2014\n3\t1515\t\u00bb\t0,825 \u00bb\t\u2014\n4\t1430\t\u00bb\t0,936 \u00bb\t\u2014\n5\t1345\t\u00bb\t0,781 *\t\u2014\n6\t3640\t\u00bb\t1,325 \u00bb\t2,81 g\n7\t4140\t\u00bb\t1,338 \u00bb\t2*81 \u00bb\n8\t1890\t\u00bb\t1,209 \u00bb\t\u2014\n9\t1810\t\u00bb\t1,130 >\t\u2014\n10\t1800\t\u00bb\t1,192 \u00bb\t\u2014\n11\t1560\t\u00bb\t0,783 \u00bb\t\u2014\nHiernach bewirkt die Einnahme von 2,81 g Salzs\u00e4ure eine starke Vermehrung der absoluten Ammoniakmenge, welche nicht nur an den beiden Tagen der Eingabe bemerkbar ist, sondern sich noch auf weitere drei Tage erstreckt. Eine Berechnung des Verh\u00e4ltnisses des Gesamtstickstoffs zum Ammoniakstickstoff ist leider nicht m\u00f6glich, da erstere Zahl\n9 Hallervorden, cit. nach der Arbeit von Coranda, Archiv f\u00fcr exper. Pathol. 1880. XII., S. 83.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Methodik der Bestimmung des Ammoniaks im Harne. 177\nnicht bestimmt wurde. \u00dcberhaupt mu\u00df bemerkt werden, da\u00df bei s\u00e4mtlichen fr\u00fcheren Versuchen \u00fcber die Ausscheidungs-Verh\u00e4ltnisse des Ammoniaks das Augenmerk fast ausschlie\u00dflich den absoluten Mengen an Ammoniak zugewandt und nur in untergeordneter Weise auf das prozentische Verh\u00e4ltnis gerichtet ist. Dies geht daraus hervor, da\u00df bei vielen Versuchen, wie bei den oben erw\u00e4hnten Hallervordenschen, die Gesamtmenge an Stickstoff \u00fcberhaupt nicht angegeben ist, oder, wo Bestimmungen des Gesamtstickstoffs ausgef\u00fchrt sind, sich eine Berechnung der prozentischen Ammoniakmengen nicht vorfindet.\nUnser Patient, ein 1 Sj\u00e4hriger Mann, 42 kg schwer, der an Dystrophia musculorum leidet, erhielt t\u00e4glich folgende Nahrung-: 60 g Butter, 330 g Brot und Semmel, 2 Eier \u00e0 45 g, 200 g Fleisch, 11 Kaffee, 1 Flasche Bier. Nachdem der Patient mehrere Tage an diese Kost gew\u00f6hnt war, wurde der in Chloroform aufgefangene Harn t\u00e4glich auf Gesamtstickstoff und Ammoniakstickstoff untersucht. \u2014 In der folgenden Tabelle sind zun\u00e4chst die bei der Ammoniakbestimmung erhaltenen Zahlen besonders aufgef\u00fchrt, da sie als Erg\u00e4nzung zu Tabelle 2 einen weiteren Beleg f\u00fcr den Wert der Methode liefern.\nNummer\tccm */io Normals\u00e4ure,\tccm Vi0 Normals\u00e4ure\tDifferenz\n1\t16,5\t16,43\t0,07\n2\t13,93\t13,87\t0,06\nQ o\t12,61\t12,43\t0,18\n4\t14,39\t14,41\t0,02\n5\t15,85\t15,95\t0,10\n6\t13,95\t13,96\t0,01\n7\t22,61\t22,68\t0,07\n8\t19,74\t19,57\t0,17\n9\t18,29\t18,18\t0,11\n10\t16,16\t16,10\t0,06\n11\t15,91\t15,98\t0,07\n12\t15,76\t15,76\t0,00\n13\t18,74\t18,77\t0,03","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nM. Kr\u00fcger und 0. Reich,\nDie n\u00e4chste Tabelle, welche die Resultate des Stoffwechselversuches angibt, enth\u00e4lt die Harnmenge in Cubik-centimetern, Gesamtstickstoff und Ammoniakstickstoff in Gramm, endlich den Ammoniakstickstoff in Prozenten des Gesamtstickstoffs angegeben.\nTabelle V.\nTag\tHarnmenge\t\tGesamt- stickstoff\tAmmoniak- stickstoff\tVerh\u00e4ltnis\tBemerk.\n23./24. VI.\t635\tccm\t9,48 g\t0,586 g\t6,18 \u00b0/o\t\u2014\n24. 25. VI.\t660\t\u00bb\t8,38 \u00bb\t0,514 \u00bb\t6,13 *\t\u2014\n25./26. VI.\t590\t\u00bb\t6,658 \u00bb\t0,414 \u00bb\t6,22 \u00bb\t\u2014\n26727. VI.\t770\t\u00bb\t10,230 \u00bb\t0,621 \u00bb\t6,07 \u00bb\t\u2014\n27./28. VI.\t650\t\u00bb\t9,630 \u00bb\t0,579 \u00bb\t6,01 \u00bb\t80 ccm Essig\n28729. VI.\t890\t\u00bb\t11,530 \u00bb\t0,695 \u00bb\t6,03 \u00bb\t50 ccm Essig\n29./30. VI.\t505\t\u00bb\t8,980 \u00bb\t0,641 \u00bb\t7,14 \u00bb\t60 ccm Mixt. ac.\n30. VI./I. VII.\t445\t\u00bb\t6,630 \u00bb\t0,490 \u00bb\t7,39 \u00bb\t60 ccm Mixt. ac.\n172. VII.\t560\t\u00bb\t7,920 \u00bb\t0,572 \u00bb\t7,22 \u00bb\t\u2014\n273. VII.\t625\t\u00bb\t7,700 \u00bb\t0,565 \u00bb\t7,34 \u00bb\t\u2014\n3./4. VII.\t645\t\u00bb\t7,400 \u00bb\t0,586 \u00bb\t7,92 \u00bb\t\u2014\n4./5. VII.\t605\t\u00bb\t7,770 \u00bb\t0,534 \u00bb\t7,29 \u00bb\t\u2014\n576. VII.\t565\t\u00bb\t7,170 \u00bb\t0,486 \u00bb\t6,52 \u00bb\t\u2014\n677. VII.\t570\t\u00bb\t8,03 \u00bb\t0,598 \u00bb\t7,44 \u00bb\t\u2014\nAm 5. und 6. Versuchstage erhielt der Patient 3 mal am Tage gew\u00f6hnlichen Kopfsalat, der am 5. mit 80 ccm, am 6. mit 50 ccm Weinessig versetzt war; am 7. und 8. Versuchstage nahm er 3 mal am Tage je 20 ccm Mixtura acida, t\u00e4glich demnach 60 ccm, welche nach Angabe der Titration 0,078 g freie Salzs\u00e4ure enthielten.\nBei Betrachtung der Resultate f\u00e4llt vor allem die nahe \u00dcbereinstimmung in den prozentischen Zahlen f\u00fcr Ammoniak an den vier ersten normalen Tagen auf. Dieselben sind: 6,18\u00b0/o, 6,13\u00b0/o, 6,22o/o, 6,07\u00b0/o. Die gr\u00f6\u00dfte Differenz betr\u00e4gt demnach 0,15 \u00b0/o.\nAus diesem Versuche ergibt sich mit Sicherheit, da\u00df die Ausscheidungsgr\u00f6\u00dfe des Ammoniaks im Verh\u00e4ltnis zum Gesamtstickstoff bei gleichbleibender Nahrung bei unserem","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Methodik der Bestimmung des Ammoniaks im Harne. 179\nPatienten denselben prozentischen Wert beh\u00e4lt, !) w\u00e4hrend die absolute Ausfuhr von Gesamtstickstoff und in v\u00f6llig analoger Weise auch die des Ammoniakstickstoffs in erheblichen Grenzen schwanken kann; so wechselte die Ausscheidung an Gesamtstickstoff w\u00e4hrend der 4 Normaltage von 6,658\u201410,23 g pro die, diejenige des Ammoniakstickstoffs entsprechend von 0,414 bis\n0,621 g.\nWenn auch gegen die Verallgemeinerung eines aus nur einem Versuche erhaltenen Resultates Bedenken erhoben werden k\u00f6nnen, so darf nicht vergessen werden, da\u00df eine so auffallende, \u00fcber einen Zeitraum von 4 Tagen sich erstreckende Gleichm\u00e4\u00dfigkeit der Ausscheidungsverh\u00e4ltnisse des Ammoniaks nicht eine zuf\u00e4llige sein kann, sondern eine Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit der Entstehung und Elimination des Ammoniaks zum Ausdruck bringen mu\u00df. Jedenfalls mu\u00df an weitere Versuche \u00fcber Ausscheidung des Ammoniaks die Forderung gestellt werden, da\u00df sie nicht nur die absolute Menge desselben, sondern vor allem den relativen Wert in Beziehung zum Gesamtstickstoff beachten.\nDie Eingabe von 80 ccm resp. 50 ccm Weinessig am 5. und 6. Versuchstage beeinflu\u00dft die relative Ammoniakausfuhr in keiner Weise. Die prozentischen Zahlen des Ammoniaks behalten den normalen Wert 6,01 und 6,03 \u00b0/o. Dies Resultat steht im Einklang mit den bisherigen Ergebnissen, nach denen organische S\u00e4uren nur dann eine Vermehrung des Ammoniaks bewirken, falls sie im Organismus nicht zu Kohlens\u00e4ure verbrannt werden.\ni) Wie oben erw\u00e4hnt, fehlt die Angabe der prozentischen Ammoniakwerte in den fr\u00fcheren Arbeiten, bei welchen der Einflu\u00df einer bestimmten Kost untersucht wurde, doch lassen sich die betreffenden Zahlen in den F\u00e4llen berechnen, wo Gesamtstickstoff und Ammoniakstickstoff gleichzeitig bestimmt ist. Eine Berechnung derselben aus den Daten einiger Mitteilungen, z. B. denen von Coranda (Archiv f\u00fcr experimentelle Pathologie 1880, XII, S. 76) und Rumpf (Virchows Archiv 1896, Bd. 143, S. 1) zeigt nun, da\u00df diese Autoren schon zu einem \u00e4hnlichen Resultate gelangen konnten, wenn auch ihre an den einzelnen Tagen erhaltenen Zahlen nicht die auffallende \u00dcbereinstimmung der unserigen zeigen.\n1 3\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XXXIX.","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nM. Kr\u00fcger und 0. Reich,\nDieser Versuch mit Essigs\u00e4ure best\u00e4tigt in eklatanter Weise das oben erhaltene Resultat, nach welchem f\u00fcr die Beurteilung einer Vermehrung oder Verminderung des ausgeschiedenen Ammoniaks nicht sowohl die absolute Menge desselben als das relative Verh\u00e4ltnis zum Gesamtstickstoff ma\u00dfgebend ist, ja da\u00df die alleinige Beachtung der absoluten Menge an Ammoniak zu falschen und den bisherigen Beobachtungen durchaus widersprechenden Resultaten f\u00fchren kann. Denn am 2. Tage des Essigs\u00e4ureversuches ist gerade der h\u00f6chste Wert f\u00fcr Ammoniakstickstoff w\u00e4hrend der ganzen Dauer des Versuches erhalten worden, woraus auf eine die Ammoniakausfuhr erh\u00f6hende Wirkung der Essigs\u00e4ure geschlossen werden m\u00fc\u00dfte. Nun fallen aber mit der gr\u00f6\u00dften Ammoniakausscheidung auch die h\u00f6chsten Zahlen f\u00fcr Harnmenge und Gesamtstickstoff zusammen; hiernach ist klar, da\u00df die durch die Essigs\u00e4uregaben bedingte gr\u00f6\u00dfere Aufnahme an Wasser eine Aussp\u00fclung der Organe bewirkte und so die absoluten Mengen an Gesamtstickstoff und Ammoniakstickstoff erh\u00f6hte, ohne eine \u00c4nderung im normalen relativen Verh\u00e4ltnis zu bewirken.\nDer Salzs\u00e4ureversuch w\u00fcrde, wollte man nur die absolute Steigerung des Ammoniaks in Betracht ziehen, ein ganz zweifelhaftes Resultat ergeben.\nEin Vergleich der prozentischen Ammoniakzahlen des 7. und 8. Tages (7,14 resp. 7,39 o/o) mit denen der Normaltage zeigt jedoch eine deutliche Steigerung von 1 \u00b0/o an. Normal m\u00fc\u00dften mit den Gesamtstickstoffmengen des 7. und 8. Tages, welche 8,98 g und 6,63 g betragen, an Ammoniakstickstoff 0,549 g und 0,405 g ausgeschieden sein, an beiden Tagen zusammen demnach 0,954 g. Tats\u00e4chlich sind aber gefunden 0,641 und 0,490 g, in Summa 1,131 g. Die Differenz 1,131\u20140,954 g = 0,177 g gibt demnach die absolute Zunahme an Ammoniakstickstoff nach Eingabe von 2 mal 0,078 g = 0, 156 g Salzs\u00e4ure an. Da zur Neutralisation dieser Menge Salzs\u00e4ure nur 0,060 g Stickstoff in Form von Ammoniak erforderlich sind, so hat der Patient allein an den beiden Salzs\u00e4ureversuchstagen das Dreifache an Ammoniakstickstoff mehr ausgeschieden. Bei dem H aller v or den sehen Versuch dagegen, bei welchem inner-","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Methodik der Bestimmung des Ammoniaks im Harne. 181\nhalb zweier Tage 5,62 g Salzs\u00e4ure verabreicht wurden, bleiben 1,222 g = 21,8o/o der einverleibten Salzs\u00e4ure im \u00dcberschu\u00df; sie werden nicht durch Ammoniak neutralisiert. Als Erkl\u00e4rung wird die sehr unwahrscheinliche Vermutung ausgesprochen, da\u00df ein Teil der eingef\u00fchrten Salzs\u00e4ure nicht resorbiert werden soll.\nIn \u00dcbereinstimmung mit Hall er vor den findet eine erh\u00f6hte Ausscheidung an Ammoniak noch mehrere Tage nach der letzten Einnahme von Salzs\u00e4ure statt.\nAls Resultate der vorliegenden Untersuchung lassen sich die folgenden anf\u00fchren:\n1.\tDie Wurster sehe Methode, das Ammoniak im Harn durch Destillation im Vacuum zu bestimmen, l\u00e4\u00dft sich nach Beseitigung des Sch\u00e4umens durch Zusatz von Alkohol so vereinfachen, da\u00df sie den an eine klinische und gleichzeitig exakte Methode zu stellenden Anforderungen in vollkommener Weise entspricht.\n2.\tZum Freimachen des Ammoniaks ist beim Harne die Magnesia usta unbrauchbar, da sie eine langsame und gleichm\u00e4\u00dfige Zersetzung stickstoffhaltiger K\u00f6rper unter Bildung von Ammoniak bewirkt. Dagegen sind Kalkmilch und Barythydrat f\u00fcr den genannten Zweck wohl geeignet.\n3.\tBei eiwei\u00dfhaltigen Harnen empfiehlt es sich, vor der Destillation des Ammoniaks das Eiwei\u00df durch Eintr\u00e4gen der festen Bestandteile des Esbachschen Reagens zu entfernen.\n4.\tRei Untersuchungen \u00fcber Ammoniakausscheidung ist in Zukunft die Aufmerksamkeit vor allem auf das relative Verh\u00e4ltnis von Gesamtstickstoff zu Ammoniakstickstoff zu richten. Dasselbe ist nach unserem Versuche bei ein und derselben Person unter Innehaltung einer gleichm\u00e4\u00dfigen Kost ein konstantes. Wenn es erlaubt ist, dies Resultat zu verallgemeinern \u2014 weitere Versuche m\u00fcssen dar\u00fcber Aufschlu\u00df geben \u2014, so w\u00fcrde sich der wichtige Satz ergeben, da\u00df vom Nahrungseiwei\u00df stets ein bestimmter Teil des Stickstoffs in Form von Ammoniak ausgeschieden wird.\nHiernach sind die Resultate fr\u00fcherer Autoren, nach denen Fleischnahrung die absolute Ausfuhr an Ammoniak erh\u00f6ht, selbstverst\u00e4ndlich.\n13*","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182 M. Kr\u00fcger und 0. Reich, Bestimmung des Ammoniaks im Harne.\nEine ganze Reihe interessanter Fragen*) wird durch das obige Resultat angeregt:\nRleibt zun\u00e4chst das prozentische Verh\u00e4ltnis vom Gesamtstickstoff zu Ammoniakstickstoff unver\u00e4ndert, wenn man die Menge des Nahrungseiwei\u00dfes beliebig steigert oder verringert?\nIst es ferner bei allen Personen dasselbe oder, was wahrscheinlicher ist, individuell verschieden?\nSteht diese Verschiedenheit vielleicht in Abh\u00e4ngigkeit von der Salzs\u00e4ureproduktion des Magens oder, mit anderen Worten, kann die Ausscheidung des Ammoniaks als ein Ma\u00dfstab der Salzs\u00e4urebildung im Magen angesehen werden?\nWie steht es endlich mit der Ammoniakausscheidung bei Anaciden und Hyperaciden?\nDer experimentelle Teil vorliegender Arbeit wurde mit Ausnahme einiger Vorversuche w\u00e4hrend des Sommersemesters 1902 in der medizinischen Klinik der Universit\u00e4t Rreslau ausgef\u00fchrt.\ni) Da ich infolge von Krankheit vermutlich auf lange Zeit hin verhindert bin, physiologisch-chemische Studien zu betreiben, so habe ich Herrn Dr. Schittenhelm veranla\u00dft, die Bearbeitung obiger Themata durchzuf\u00fchren.\tM. Kr\u00fcger.","page":182}],"identifier":"lit17826","issued":"1903","language":"de","pages":"165-182","startpages":"165","title":"Zur Methodik der Bestimmung des Ammoniaks im Harne","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:27:11.621251+00:00"}