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{"created":"2022-01-31T13:16:55.146314+00:00","id":"lit17830","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schittenhelm, Alfred","role":"author"},{"name":"F. Schr\u00f6ter","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 39: 203-207","fulltext":[{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien.\nI. Mitteilung.\nVon\nA. Schittenhelm und F. Schr\u00f6ter.\n(Aus der med. Klinik der Universit\u00e4t Breslau.) (Der Redaktion zugegangen am 4. Juli 1903.)\nDie Versuche \u00fcber die Einwirkung der F\u00e4ulnis1) auf die Purinbasen der Faeces zeigten, da\u00df nach einigen Wochen der gr\u00f6\u00dfte Teil derselben verschwunden war. Bei dem reichlichen Gehalt der Faeces an Bakterien lag es nahe, die Zersetzung als eine von den Mikroorganismen geleistete Arbeit zu betrachten. Von diesem Gedanken geleitet, wurden die nachfolgenden Untersuchungen angestellt. Da wir von der Ansicht ausgingen, da\u00df die Hauptmenge der Purinbasen in den Faeces nicht pr\u00e4-formiert, sondern in Form von Nucleinsubstanzen vorhanden sind, stellten wir in erster Linie Versuche \u00fcber die Einwirkung von Bakterien auf Nucleins\u00e4ure2) an. Bei der Auswahl der zu ben\u00fctzenden Mikroorganismen schien uns das Bacterium coli das geeignetste, weil es einerseits eine dominierende Stellung in den Faeces einnimmt, und weil andererseits seine chemische Wirksamkeit (C02-Bildung aus Traubenzucker, S\u00e4urebildung etc.) bekannt ist. Wir arbeiteten mit stets frisch gez\u00fcchteten Reinkulturen aus Stuhl.\nEs handelte sich nun darum, einen N\u00e4hrboden ausfindig zu machen, der ein \u00fcppiges Wachstum der Bakterien beg\u00fcnstigte, dabei aber selbst frei von Nucleink\u00f6rpern war und eine leichte Isolierung der Abbauprodukte gestattete. Diesen\nv) Vergl. vorst. Arbeit.\n2) Das Pr\u00e4parat wurde uns von der Firma Friedr. Bayer & Go. in bereitwilliger Weise zur Verf\u00fcgung gestellt.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nA. Schittenhelm und F. Schr\u00f6ter,\nAnforderungen entsprach am besten der von Uschinsky1) angegebene eiwei\u00dffreie N\u00e4hrboden, der folgende Zusammen-\nsetzung hat :\nWasser\t1000\tg\nGlycerin\t35\t\u00bb\nChlornatrium\t6\t\u00bb\nMagnes, suif.\t0,3\t\u00bb\nChlorcalcium\t0,1\t\u00bb\nDikaliumphosphat\t2,3\t\u00bb\nAmmon, lactic-\t6,5\t\u00bb\nNatr. asparaginic.\t3,5\t\u00bb\nEin Vorversuch, bei dem wir 300 ccm Uschinsky sehe L\u00f6sung mit 0,5 g Hefenucleins\u00e4ure versetzten und nach Impfung mit Colibazillen 5 Tage lang im Brutschrank bei 37 0 stehen lie\u00dfen, ergab mit der Salkowskisehen Silberf\u00e4llung einen Basenniederschlag, dessen N-Gehalt einer Basenmenge von 0,0112 g Basen entsprach. Da die Bakterienleiber nachgewiesenerma\u00dfen Nucleinsubstanzen enthalten,2) so haben wir in diesem, wie in allen folgenden Versuchen, zuerst die Mikroorganismen mit Hilfe von Bakterienfiltern aus der L\u00f6sung entfernt.\nDer Abbau der Nucleins\u00e4ure zu Purinbasen konnte dann erst als durch Bakterien hervorgerufen angesehen werden, nachdem ein Einflu\u00df der h\u00f6heren Temperatur (Sterilisieren, Brutschrank, Eindampfen), sowie der Bestandteile der Kulturfl\u00fcssigkeit ausgeschlossen war.\nDa\u00df derartige Einfl\u00fcsse auf die Zersetzung der Nucleins\u00e4ure nicht statthaben, beweisen folgende Versuche:\nI. 300 ccm Uschinsky sehe L\u00f6sung wurden nach Zusatz von 2,0 g Hefenucleins\u00e4ure Va Stunde lang im \u00fcberhitzten Dampfstrom bei 120\u00b0 sterilisiert. Die eine H\u00e4lfte wurde sofort, die andere H\u00e4lfte erst nach Eindampfen auf dem Wasserbade auf Basen verarbeitet.\n0 Zentralbl. f. Bakterie\u00bb!., Bd. IV., S. 10.\n2) Nishimura, Archiv f. Hyg., Bd. 18, S. 318.\nBendix, Deutsche med. Wochenschr., 1901, S. 18.\nKolle und Wassermann, Handb. der path. Mikroorg., S. 66.","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien. 205\nDie Salkowskische Silberf\u00e4llung lieferte in beiden F\u00e4llen ein negatives Resultat.\nIn den nachfolgenden 5 Versuchen wurde der Stickstoff, der in der Uschinskyschen L\u00f6sung in Form von milchsaurem Ammon und asparaginsaurem Natron enthalten ist, durch eine entsprechende Menge Nucleins\u00e4ure ersetzt. Zum Nachweis der Indifferenz der einzelnen Bestandteile des N\u00e4hrbodens auf die Nucleins\u00e4ure wurde je ein Salz ausgeschalten, und schlie\u00dflich ein Versuch nur mit physiologischer Kochsalzl\u00f6sung und Nucleins\u00e4ure angesetzt.\n11a) 1000 ccm Uschinskysche L\u00f6sung (N durch 3,2 g Nucleins\u00e4ure ersetzt) -j- Bact. coli; b) dasselbe, aber ohne Dikaliumphosphat ; e) wie a, aber ohne Chlorcalcium;\nd)\twie a, aber ohne Magnes, suif. ;\ne)\t1000 ccm physiologische Kochsalzl\u00f6sung + 3,2 g Nucleins\u00e4ure -f- Bact. coli.\nNachdem diese L\u00f6sungen 10\u201414 Tage lang im Brutschrank gestanden hatten, zeigte sich bei der Verarbeitung auf Purinbasen \u00fcberall ein positives Resultat. Nur in bezug auf das Wachstum der Bakterien war ein Unterschied insofern zu beobachten, als es in IIa am \u00fcppigsten und in Ile am geringsten war. Dementsprechend verhielten sich auch die Basenmengen, soda\u00df IIa alle \u00fcbrigen \u00fcbertraf.\nZur Feststellung der einzelnen abgespaltenen Basen wurden die salzsauren Salze von IIa bis Ile gemeinsam verarbeitet.1) Die Verdampfungsr\u00fcckst\u00e4nde wurden mit hei\u00dfem Wasser aufgenommen und mit wenig Knochenkohle entf\u00e4rbt. Die klare L\u00f6sung wurde auf 100 ccm eingeengt und stark ammoniakalisch gemacht (a). Nach 24st\u00e4ndigem Stehen hatte sich ein dicker, flockiger Niederschlag abgesetzt, der nichts anderes als Magnesiumhydroxyd war. Nach Auskochen dieses abfiltrierten Niederschlages mit Natronlauge schied das mit Essigs\u00e4ure im \u00dcber-\nZur Trennung der Basen wurde im allgemeinen die in Hoppe-Seyler \u2014 Thierfelder, ehern. Analyse, 1903, S. 573 \u2014 angef\u00fchrte Methode unter gewisser Ab\u00e4nderung benutzt.","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nA. Schittenhelm und F. Schr\u00f6ter\nschu\u00df versetzte Filtrat auch nach 24st\u00fcndigem Stehen ganz geringe Spuren eines Niederschlages (Guanin?) ab.\nDas Filtrat (a) von der NH3-F\u00e4llung wurde zur Trockene eingedampft, mit 100\u2014150 ccm hei\u00dfem Wasser aufgenommen, schwach salzsauer gemacht und mit einer konzentrierten L\u00f6sung von Natriumpikrat so lange versetzt, bis kein Niederschlag mehr entstand. Das sofort abgesaugte Adeninpikrat, das unter dem Mikroskop die charakteristisch b\u00fcschelf\u00f6rmig angeordneten Nadeln (Zwillingskrystalle) zeigte, wurde bei 100\u00b0 getrocknet. Sein Zersetzungspunkt lag bei 283\u00b0.\nMit dem Filtrat wurde eine Kupferf\u00e4llung vorgenommen, da eine Entfernung der Pikrins\u00e4ure durch Ansch\u00fctteln der salpetersauer gemachten L\u00f6sung mit Benzol nicht zur Zufriedenheit gelang. Es wurde also das Filtrat mit Natrium-bisulfat stark anges\u00e4uert und mit Kupfersulfatl\u00f6sung (1 : 10) im \u00dcberschu\u00df gef\u00e4llt. Der Niederschlag wurde abfiltriert, gut ausgewaschen, nochmals mit Wasser ausgekocht und wieder abfiltriert. Danach wurde er in wenig Wasser suspendiert und durch Einleiten von Schwefelwasserstoff zersetzt. Nachdem das Schwefelkupfer abfiltriert worden war, wurde das Filtrat mit Salzs\u00e4ure zur Trockne eingedampft und mehrmals mit Alkohol abgedunstet. Der R\u00fcckstand wurde in m\u00f6glichst wenig hei\u00dfem Wasser aufgel\u00f6st und schied nach 24 st\u00e4ndigem Stehen in Eiswasser einen grobk\u00f6rnigen, wei\u00dfen Niederschlag von Xanthin und salz saurem Xanthin ab. Da die Meng\u00ea zu einer Analyse nicht ausreichte, so wurden die \u00fcblichen Xanthinprobenx) angestellt, die s\u00e4mtlich positiv ausfielen.\nDas Filtrat vom Xanthin wurde mit wenig Pikrins\u00e4ure (in Substanz) in kleinem \u00dcberschu\u00df versetzt und auf dem Wasserbade so lange eingeengt, bis eine Krystallisation begann. Nach dem Erkaltenlassen hatte sich ein K\u00f6rper ausgeschieden, der unter dem Mikroskop zweierlei Krystallformen zeigte : erstens die f\u00fcr Hypoxanthinpikrat charakteristischen tafelf\u00f6rmigen Gebilde, zweitens kompakte \u00fcber das ganze Gesichtsfeld sich ausdehnende (anscheinend hexagonale) S\u00e4ulen. Da\u00df in diesem Niederschlag\nl) Thierfelder, 1. c., S. 143.","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien. 207\nHypoxanthin tats\u00e4chlich vorhanden war, zeigte \u2014 nach \u00dcberf\u00fchrung in Hypoxanthinsilberpikrat \u2014 dessen charakteristische Kr y stallform.\nDurch diese Versuche ist also zweifellos dargetan, da\u00df durch die Einwirkung von Mikroorganismen eine Abspaltung von Purinbasen aus Hefenucleins\u00e4ure stattfindet.\nOb nun die Bakterien selbst oder ihre Enzyme1) diese Spaltung bewirken, werden weitere Versuche ergeben. Jedenfalls geht aus den Versuchen hervor, da\u00df die Hefenucleins\u00e4ure durch das Bacterium coli in der Weise abgebaut wird, da\u00df neben andern Spaltungsprodukten (deren Identifizierung wir uns Vorbehalten) freie Basen entstehen. Die Menge der isolierten Basen war eine \u00e4u\u00dferst geringe, soda\u00df wir von den einzelnen Reinprodukten nur Centigramme bekamen. Da wir zun\u00e4chst darauf verzichteten, den Rest der unzersetzten Nucleins\u00e4ure quantitativ wiederzugewinnen, haben wir auch noch kein abschlie\u00dfendes Urteil \u00fcber den quantitativen Verlauf der Reaktion. Wir haben diesbez\u00fcgliche Versuche noch in Arbeit.\nEs sei \u00fcbrigens hier schon bemerkt, da\u00df die geringe Ausbeute an Basen nicht wundernehmen darf, da man annehmen mu\u00df, da\u00df auch diese \u2014 wie die Nucleins\u00e4ure selbst \u2014 weiter abgebaut werden. Den Beweis f\u00fcr die Richtigkeit dieser Annahme haben wir bereits in der Hand, insofern ein Versuch mit Adenin (der sp\u00e4ter nebst andern genauer publiziert werden soll) ergab, da\u00df durch eine Reinkultur von Bact. coli daraus Hypoxanthin gebildet wurde. In diesem Sinne d\u00fcrfte auch das Fehlen von Guanin, das doch durch Kochen von Hefenucleins\u00e4ure mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure leicht gewonnen werden kann, zu erkl\u00e4ren sein. \u00dcber diesen Punkt sowie \u00fcber das weitere Schicksal von Xanthin und Hypoxanthin unter dem Einflu\u00df von Bact. coli sollen weitere Versuche, die wir 'in Arbeit haben, Aufschlu\u00df geben. Des weitern wollen wir dann die Wirksamkeit anderer Bakterienarten in dieser Richtung feststellen.\ni) Vgl. Zeitschr. f. Hyg., Bd. 36, S. 9, Emmerich und L\u00f6w.","page":207}],"identifier":"lit17830","issued":"1903","language":"de","pages":"203-207","startpages":"203","title":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien. (I. Mitteilung)","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:16:55.146319+00:00"}