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{"created":"2022-01-31T13:10:53.301511+00:00","id":"lit17840","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kutscher","role":"author"},{"name":"Lohmann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 39: 313-317","fulltext":[{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Die Endprodukte der Pankreas- und Hefeseibstverdauung.\nMitteilung II.\nYon\nKutscher und Lohmann.\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Marburg.) (Der Redaktion zugegangen am 21. Juli 1903.)\nBekanntlich verl\u00e4uft die Selbstverdauung der get\u00f6teten Hefezellen durchaus gleichartig jener, die man an toten unter Chloroformwasser1) gehaltenen Pankreaszellen beobachten kann. Dies haben eingehende Versuche des Einen von uns (Kutscher)2) erwiesen. Wir stellen tabellarisch gegen\u00fcber die Verdauungsprodukte, die bisher sicher bei der Autodigestion des Pankreas und der Hefe unter gleichen Bedingungen erhalten worden sind.\nBei der Selbstverdauung des Pankreas entsteht.\tBei der Selbstverdauung der Hefe entsteht.\nGuanin, reichlich\tGuanin, reichlich\nAdenin\t,,\tAdenin\t,,\nXanthin, wenig\tXanthin, Spuren\nHypoxanthin ,,\tHypoxanthin ,,\nHistidin\tHistidin\nArginin\tArginin\nLysin\tLysin\nLeucin\tLeucin\nTyrosin\tTyrosin\nAsparagins\u00e4ure\tAsparagins\u00e4ure\nGlutamins\u00e4ure\tGlutamins\u00e4ure, bisher nicht\nAmmoniak, wenig\t[nachgewiesen\n1\tAmmoniak, wenig\nDie vorstehende Tabelle spricht, wie wir glauben, deutlicher als lange Beweisgr\u00fcnde. Es lie\u00df sich daher ver-\n*) Salkowski, Deutsche med. Wochenschr., 1888, Nr. 16.\n2) Diese Zeitschr., Bd. XXXII, S. 59.\n22*","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nKutscher und Lohmann\nmuten, da\u00df auch die Spaltung des Lecithins *) in den Hefezellen sich in derselben Weise wie in den Pankreaszellen vollziehen und unter den krystallinisehen Endprodukten der Hefeselbstverdauung Cholin auftreten w\u00fcrde. In der Tat hat sich das Cholin aus der Verdauungsfl\u00fcssigkeit der der Autodigestion unterworfenen Hefe darstellen lassen.\nDie Isolierung des Cholins.\nEs wurden f\u00fcnf Liter v\u00f6llig frischer, unterg\u00e4riger Hefe, die aus einer hiesigen Brauerei bezogen waren, sorgf\u00e4ltig mit Eiswasser durch Dekantation ausgewaschen, in 10 Liter Chloroformwasser aufgeschwemmt und nach Zugabe eines reichlichen \u00dcberschusses von Chloroform in einen auf 37\u00b0 C. eingestellten Brutschrank gebracht. Um die Verdauung zu beschleunigen, wurden die Massen \u00f6fters umgesch\u00fcttelt. Nach zehn Tagen zeigte das Konstantbleiben der Drehung, die an der polarisierten Verdauungsfl\u00fcssigkeit beobachtet wurde, das Ende der Verdauung an. Die Verdauungsfl\u00fcssigkeit gab noch sehr starke Biuret-reaktion, doch waren wir durch \u00e4u\u00dfere Gr\u00fcnde gezwungen, sie zu verarbeiten.\nEs wurde dazu die Verdauungsfl\u00fcssigkeit von den am Boden des Gef\u00e4\u00dfes abgesetzten Hefezellen abgehebert und mit Barytwasser ausgef\u00e4llt. Die starke F\u00e4llung von phosphorsaurem Baryt wurde abgesaugt, in das Filtrat Kohlens\u00e4ure eingeleitet, um den \u00fcbersch\u00fcssigen Baryt zu entfernen, und nunmehr die Fl\u00fcssigkeit stark eingeengt. Nach 24 Stunden wurde das aus-krystallisierte Tyrosin etc. abgesaugt. Das neue Filtrat s\u00e4uerten wir mit Salpeters\u00e4ure schwach an und versetzten es mit starker Silbernitratl\u00f6sung, bis eine Probe der Fl\u00fcssigkeit, in ges\u00e4ttigtes Barytwasser gebracht, sofort einen braunen Niederschlag fallen lie\u00df. Ohne die bei schwach saurer Reaktion der Fl\u00fcssigkeit entstandene F\u00e4llung weiter zu beachten, wurde die ganze Fl\u00fcssigkeit sofort mit Baryt ges\u00e4ttigt. Die ausgeschiedenen Silberver-\n\u00df Durch Hoppe-Seyler ist der Lecithingehalt der Hefezellen bekannt geworden. Mediz.-ehern. Untersuchungen, Heft 1, S. 142. Diese Zeitschr., Bd. II, S. 427. Theodor Sedlmayr, Beitr\u00e4ge zur Chemie der Hefe. Z. f. d. ges. Brauw., 26, 381.","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"Die Endprodukte der Pankreas- und Hefeselbstverdauung. 315\nbindungen wurden durch Filtration entfernt. Sie mu\u00dften enthalten : die Alloxurbasen, das Histidin, Thymin, Uracil, Cytosin und Arginin. Das Filtrat von den Silberverbindungen der genannten K\u00f6rper wurde in der K\u00e4lte mit Salzs\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure zur Entfernung des Silbers und Baryts versetzt. Das ausgefallene Chlorsilber und Baryumsulfat wurde durch Filtration fortgeschafft, das klare Filtrat mit Phosphorwolframs\u00e4ure ausgef\u00e4llt. Die F\u00e4llung bildet die Lysinfraktion.\nLysinfraktion.\nBei der Verarbeitung der Lysinfraktion gingen wir genau so vor, wie bei der aus selbstverdauten Bauchspeicheldr\u00fcsen gewonnenen Lysinfraktion.Q Wir zersetzen also die Phosphorwolframf\u00e4llung mit Baryt, f\u00e4llten das Lysin nach den Angaben Kosseis* 2) durch Pikrins\u00e4ure aus, entfernten aus dem Filtrat vom Lysinpikrat die Pikrins\u00e4ure durch Salzs\u00e4ure und \u00c4ther, schieden dann aus demselben das Cholin zun\u00e4chst als Quecksilberchloridverbindung ab, die wir weiterhin in das Platinat \u00fcberf\u00fchrten. Dasselbe wollte jedoch aus seiner w\u00e4sserigen L\u00f6sung nicht krystallisieren, sondern trocknete auch nach Behandlung mit Tierkohle nur zu einem Lack ein. Wir nahmen es daher mit wenig Wasser auf und f\u00e4llten, ohne vorher das Platin zu entfernen, mit konzentrierter w\u00e4sseriger Goldchloridl\u00f6sung. Die ersten Tropfen der zugef\u00fcgten Goldchloridl\u00f6sung wurden sofort reduziert, dann aber fiel auf weitere Zugabe von Goldchlorid in dichten Wolken ein schwer l\u00f6sliches Goldsalz. Dasselbe wurde schnell abgesaugt und aus hei\u00dfem Wasser umkrystallisiert. Bei der Analyse gab es Zahlen, die f\u00fcr Cholingoldchlorid stimmten. Au\u00dfer Cholin war bei der Hefe in die Quecksilber- und Platinf\u00e4llung ein zweiter K\u00f6rper eingegangen, der die Krystallisation des Cholinplatinates verhindert hatte. Analyse: 0,1934 g der Goldverbindung gaben 0,0862 g Au = 44,57\u00b0/o Au. F\u00fcr C5H14N0C1 \u2022 AuC13 ber. Au \u2014 44,49\u00b0/o. Die Ausbeute hatte 2,35 g betragen.\nEs entsteht demnach bei der Autodigestion der Hefe\n0 Diese Zeitschr., Bd. XXXIX. S. 161.\n2) Diese Zeitschr., Bd. XXVI, S. 586.","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nKutscher und Lohmann,\nzweifellos Cholin und die der Selbstverdauung unterworfenen Hefezellen verhalten sich also auch bez\u00fcglich der Bildung dieses K\u00f6rpers durchaus wie die gleichartig behandelten Zellen der Bauchspeicheldr\u00fcse.\nWir wollen nunmehr \u00fcber einen Versuch berichten, den wir angesetzt hatten, um das Verhalten lecithinreicher Substanzen gegen die Enzyme des Magens zu proben. Es wurde zun\u00e4chst das Gelbe von 5 Eiern sorgf\u00e4ltig von dem Eiwei\u00df getrennt und mit 800 ccm Chloroformwasser verrieben. Wir schabten weiter mit einem Skalpell die Magenschleimhaut von zwei frisch get\u00f6teten, in Verdauung befindlichen Schweinen ab, verrieben die so erhaltenen Massen mit 200 ccm Chloroformwasser und mischten sie dem Eigelb zu, nachdem wir noch einige Messerspitzen Calciumcarbonat beigegeben hatten. Das Ganze wurde 24 Stunden bei 37\u00b0 C. im Brutschrank gelassen. Nach dieser Zeit pr\u00fcften wir, ob Cholin in der Verdauungsfl\u00fcssigkeit sich nachweisen lie\u00df. Wir gingen dabei so vor, da\u00df wir die Fl\u00fcssigkeit vom Ungel\u00f6sten abgossen, den Bodensatz einige Male mit destilliertem Wasser durch Dekantation auswuschen, die gesamte Fl\u00fcssigkeit mit Salzs\u00e4ure schwach ans\u00e4uerten, filtrierten und das Filtrat auf dem Wasserbade abdampften. Der R\u00fcckstand wurde mit Alkohol extrahiert. Der alkoholische Extrakt wurde wieder zur Trockne verdunstet, mit etwas Wasser aufgenommen, mit Tierkohle entf\u00e4rbt, danach von neuem eingetrocknet, wieder mit Alkohol aufgenommen und mit alkoholischer Quecksilberchloridl\u00f6sung gef\u00e4llt. Aus der mit Schwefelwasserstoff zersetzten Quecksilberf\u00e4llung versuchten wir dann das Cholinplatinat darzustellen. Neben kleinen Massen eines in Wasser schwer l\u00f6slichen Platinates vermochten wir nur sehr geringe Mengen eines Platinats zu gewinnen, das die Eigenschaften und den Schmelzpunkt des Cholinplatinates zeigte. Da f\u00fcnf Eigelb nach den Angaben von Parke* 2) 1,45 g salzsaures Cholin liefern, so k\u00f6nnen nur sehr geringe Mengen des\n\u2022 b Inzwischen ist uns von der chemischen Fabrik F. D. Riedel, Berlin, in bereitwilligster Weise reines Lecithin f\u00fcr unsere Versuche zur Verf\u00fcgung gestellt worden. Wir werden dasselbe demn\u00e4chst verwenden.\n2) Hoppe-Seyler, Physiol. Chemie, S. 782.","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"Die Endprodukte der Pankreas- und Hefeselbstverdauung. 317\nim Eigelb vorhandenen Lecithins durch die Enzyme des Magens bei neutraler Reaktion der Verdauungsfl\u00fcssigkeit gespalten werden. Den gleichen Versuch werden wir mit salzsaurem Magensaft wiederholen.\nWir haben schlie\u00dflich noch einen Versuch mit der Autodigestion eines lecithinreichen Organes, n\u00e4mlich eines Ochsengehirns, gemacht. Wir gingen dabei eigentlich von der Vermutung aus, in einem derartigen Organ auf ein Enzym zu sto\u00dfen, das leicht und schnell das Lecithin zerlegen w\u00fcrde. Wir wurden jedoch durch den Erfolg des Versuchs vollkommen entt\u00e4uscht. Wir schildern kurz die Anordnung und die Ergebnisse des Versuches. Ein lebendfrisches Ochsengehirn von 260 g Gewicht wurde \u00e4u\u00dferlich mit destilliertem Wasser abgewaschen,' von den Gehirnh\u00e4uten m\u00f6glichst befreit und in einem Liter Chloroformwasser verrieben. Nachdem die Verdauungsfl\u00fcssigkeit konstante Drehung zeigte, gossen wir die Fl\u00fcssigkeit vom Ungel\u00f6sten ab, dekantierten den R\u00fcckstand mehrfach mit destilliertem Wasser und engten die gewonnenen Fl\u00fcssigkeiten auf dem Wasserbad ein. Dabei schieden sich koagulierte Eiwei\u00dfk\u00f6rper in recht betr\u00e4chtlicher Menge ab. Von diesen wurde abfiltriert und das neue Filtrat behandelt, wie wir es mit den bei der Autodigestion der Rauchspeicheldr\u00fcsen erhaltenen Verdauungsfl\u00fcssigkeiten getan hatten. Wir f\u00e4llten also das Filtrat zun\u00e4chst mit Raryt aus, um die Phosphate zu entfernen, und versuchten dann durch Silbernitrat, Raryt und Phosphorwolframs\u00e4ure die entsprechenden Fraktionen zu erzeugen. In der Fraktion der Alloxurbasen fand sich nur Chlor, die Histidinfraktion und die Lysinfraktion entstand \u00fcberhaupt nicht. Es war also aus dem Lecithin des Gehirns auch kein Cholin frei geworden oder, was dasselbe hei\u00dft, es war kein Lecithin zersetzt worden. Nur in der Argininfraktion erhielten wir eine geringe F\u00e4llung, aus der wir kleine Mengen basisch reagierender organischer Substanz zu isolieren vermochten. Demnach scheint sich im Gehirn des Ochsen ein lecithinspaltendes Enzym nicht zu finden. Auch die proteolytischen Enzyme, die sich vielleicht im Gehirn finden, scheinen das gel\u00f6ste Eiwei\u00df, unserem Versuch nach zu urteilen, wenig zu ver\u00e4ndern.","page":317}],"identifier":"lit17840","issued":"1903","language":"de","pages":"313-317","startpages":"313","title":"Die Endprodukte der Pankreas- und Hefeselbstverdauung. II","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:10:53.301516+00:00"}