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{"created":"2022-01-31T14:55:16.947196+00:00","id":"lit17841","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schulze, E.","role":"author"},{"name":"N. Castoro","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 39: 318-328","fulltext":[{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Hemicelluiosen.\nII.\nVon\nE. Schulze und N. Castoro.\n(Aus dem agrikulturchemischen Laboratorium des Polytechnikums in Z\u00fcrich.) (Der Redaktion zugegangen am 23. Juli 1903.)\nBekanntlich hat man in sehr vielen Pflanzensamen Hemicel-lulosen gefunden und f\u00fcr eine gro\u00dfe Anzahl der letzteren mit Sicherheit festgestellt, was f\u00fcr Glukosen sie bei der Hydrolyse liefern. Dagegen besitzen wir nur wenig Kenntnisse \u00fcber die in vegetativen Organen enthaltenen Stoffe solcher Art. Dies veranla\u00dfte uns zur Ausf\u00fchrung der im folgenden beschriebenen Untersuchung, deren Gegenstand die von H. C. Schellenberg1) in dem untersten Internodium des Stengels von Molinia coerulea entdeckte Hemicellulose war. \u00dcber die bei der mikroskopischen und mikrochemischen Untersuchung dieses Objekts von ihm erhaltenen Resultate machte uns der genannte Forscher folgende dankenswerte Mitteilungen: \u00abZu den wenigen Gr\u00e4sern, die in ihren vegetativen Organen cellulose\u00e4hnliche K\u00f6rper als Reservestoffe aufspeichern, geh\u00f6rt das Besenried (Molinia coerulea M\u00f6nch). An der Halmbasis findet sich ein krug- oder flaschenf\u00f6rmig auf-getriebenes Internodium. Im Gegensatz zu den \u00fcbrigen Halmteilen ist dieses St\u00fcck ohne Markh\u00f6hle. Ein gro\u00dfzelliges Parenchym f\u00fcllt den ganzen Markraum aus. Dieses Internodium ist neben den dicken Wurzeln das Speicherorgan f\u00fcr die w\u00e4hrend des Sommers aufgenommenen Stoffe. W\u00e4hrend des Sp\u00e4tsommers sammelt sich in diesem \u00abSpeicherinternodium\u00bb, wie man es nennen kann, eine gro\u00dfe Menge von St\u00e4rkemehl an. Die Wandungen der Parenchymzellen in dem Speicherinternodium\n*) H. C. Schellenberg, \u00dcber die Bestockungsverh\u00e4ltnisse von Molinia coerulea M\u00f6nch, Berichte der schweizerischen botanischen Gesellschaft, Heft 7, 1897,","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Hemicellulosen.\n319\nsind zu dieser Zeit d\u00fcnn und zeigen gegen\u00fcber anderen parenchymatischen Geweben keine Besonderheiten. Im Herbst beginnt die Auflagerung eigenartiger Verdickungsschichten auf die prim\u00e4ren Membrane der Parenchymzellen, die anfangs Winter ihren Abschlu\u00df findet. Gleichzeitig tritt das St\u00e4rkemehl nach und nach zur\u00fcck ; im Winter ist es v\u00f6llig aus dem Speicherinternodium verschwunden. \u00bb\n\u00abWenn im Fr\u00fchling die Knospen an der Basis des Speicherinternodiums austreiben, so werden die Verdickungsschichten der Parenchymzellw\u00e4nde wieder aufgel\u00f6st. Die Aufl\u00f6sung beginnt am Knospengrunde und schreitet im Mark von Zelle zu Zelle vorw\u00e4rts ohne R\u00fccksicht auf den Verlauf der Gef\u00e4\u00dfb\u00fcndel. W\u00e4hrend des L\u00f6sungsprozesses tritt im Parenchym wieder reichlich St\u00e4rkemehl auf. Letzteres kann sich, wie fortgesetzte Beobachtungen zeigten, nicht allein auf Kosten von allf\u00e4llig im Zellsaft gel\u00f6stem Zucker gebildet haben, sondern es mu\u00df dazu auch Material aus einer anderen Quelle geliefert worden sein. Dies kann aber nur auf Kosten der Verdickungsschichten geschehen, die gleichzeitig aufgel\u00f6st werden. Durch die Aufl\u00f6sung dieser Schichten wird mehr Substanz in L\u00f6sung gebracht, als durch den wachsenden Trieb verbraucht wird; der \u00dcberschu\u00df dient als Material zur St\u00e4rkemehlbildung.\u00bb\n\u00abNach diesem Verhalten m\u00fcssen die Verdickungsschichten des Parenchyms im Speicherinternodium physiologisch als \u00abReservecellulose\u00bb angesehen werden.1) In mikrochemischer Beziehung unterscheidet sich die Substanz, aus der die Verdickungsschichten bestehen, scharf von der echten Cellulose. Sie zeigt folgendes Verhalten:\n1.\tIn 50\u00b0/oiger Salzs\u00e4ure quillt sie auf und l\u00f6st sich dann rasch in der K\u00e4lte;\n2.\tSie ist auch in kochender, 5\u00b0/oiger Salzs\u00e4ure l\u00f6slich;\n3.\tMit w\u00e4sseriger oder alkoholischer Jodl\u00f6sung und mit Jodjodkalium gibt sie keine Reaktion;\n4.\tSie l\u00f6st sich nicht in Kupferoxydammoniak;\n*} Das Speicherinternodium besitzt gleich vielen reservecellulosehaltigen Samen eine sehr harte Beschaffenheit.","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\nE. Schulze und N. Gastoro\n5. Mit Chlorzinkjod in verd\u00fcnnter L\u00f6sung gibt sie keine Reaktion; in einer konzentrierten L\u00f6sung quillt sie schwach auf und nimmt eine schwach violette F\u00e4rbung an. \u00bb 1)\n\u00abNach diesen Reaktionen mu\u00df die Substanz, aus der die Verdickungsschichten bestehen, zu den Hemicellulosen gestellt werden. Schon ihr mikroskopisches Bild weicht von demjenigen der echten Cellulose ab. Es ist eine stark lichtbrechende, farblose, dicke Schicht, die der prim\u00e4ren Zellmembran aufgelagert ist und von dieser durch ein anderes Lichtbrechungsverm\u00f6gen sich scharf abhebt. Zahlreiche Poren verbinden die einzelnen Zellen miteinander.\u00bb\n\u00abDie Aufl\u00f6sung der Hemicellulose vollzieht sich \u00e4hnlich der St\u00e4rkemehlaufl\u00f6sung. Zahlreiche feine Porenkan\u00e4le bilden sich vom Zellinnern aus, die gegen die Mittellamelle zu wachsen, bis schlie\u00dflich die ganze Verdickungsschicht gel\u00f6st ist. Nur die prim\u00e4ren Membranen der Parenchymzellen bleiben zur\u00fcck, w\u00e4hrend die Verdickungsschichten vollst\u00e4ndig gel\u00f6st werden. \u00bb\n\u00abNachdem B. Hansteen2) mittels der Gipsst\u00e4bchenmethode gezeigt hatte, da\u00df es gelingt, k\u00fcnstlich Endosperme und Kotyledonen zu entleeren, wenn man f\u00fcr Ableitung der L\u00f6sungsprodukte sorgt, so fragte ich mich, ob das Gleiche bei hemicellulosehaltigen Organen, speziell bei Molinia coerulea, auch auszuf\u00fchren sei. Bei geeigneter Versuchsanstellung erhielt ich in der Tat gute Resultate. Die Verdickungsschichten wurden gel\u00f6st und das St\u00e4rkemehl aus dem Speicherinternodium entfernt, nachdem der wachsende Spro\u00df abgeschnitten und das Speicherinternodium durch ein Gipsst\u00e4bchen mit einem Wasserbassin in Verbindung gebracht worden war. Das Speicherinternodium verh\u00e4lt sich also in dieser Beziehung wie das Endosperm eines Getreidesamens.\u00bb\nDiese Mitteilungen geben ein klares Bild von dem mikro-\n*) Alle Cellulosereaktionen, bei denen S\u00e4uren von m\u00e4\u00dfiger Konzentration angewendet werden, versagen, weil durch die S\u00e4ure die Substanz sofort aufgel\u00f6st wird.\n2) B. Hansteen, Flora, Erg\u00e4nzungsband 1894.","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Hemicellulosen.\n321\nchemischen Verhalten der in dem Speicherinternodium von Molinia coerulea sich vorfindenden Hemicellulose und von der Rolle, die dieser Zellwandbestandteil im Stoffwechsel jener Pflanze spielt. Es war nun von Interesse, diese Beobachtungen durch eine makrochemische Untersuchung zu erg\u00e4nzen. Wie Herr Dr. Schellenburg dazu die Anregung gab, so hatte er auch die Gef\u00e4lligkeit, sich an der Beschaffung des erforderlichen Untersuchungsmaterials zu beteiligen; letzteres wurde auf zwei unter seiner F\u00fchrung in die Umgegend von Z\u00fcrich gemachten Exkursionen im Dezember gesammelt. Es bestand aus den Speicherinternodien und den Wurzeln der Molinia. Nachdem durch Waschen mit Wasser die anh\u00e4ngende Erde so vollst\u00e4ndig wie m\u00f6glich entfernt worden war, wurden die Internodien von den Wurzeln getrennt; beide Teile wurden nun bei 60\u201470\u00b0 getrocknet und sodann mit Hilfe der Dreefsschen Reibe in feines Pulver verwandelt. Mit den Wurzeln haben wir nicht viele Versuche angestellt; als unsere Hauptaufgabe betrachteten wir die chemische Untersuchung des Speicherinternodiums. Dazu diente Material aus zwei verschiedenen Jahren ; das im ersten Jahr gesammelte wurde nur f\u00fcr einige orientierende Versuche verwendet; die Frage, was f\u00fcr Glukosen aus der Hemicellulose des Speicherinternodiums bei der Hydrolyse entstehen, ist durch Versuche entschieden worden, die mit dem im Dezember 1902 gesammelten Material angestellt wurden. Die Ergebnisse dieser Versuche teilen wir im folgenden in ihren Einzelheiten mit :\nDas beim Zerreiben der lnternodien erhaltene Pulver, dessen Gewicht ungef\u00e4hr 100 g (gleich 96 g Trockensubstanz) betrug, wurde zun\u00e4chst mit Hilfe von \u00c4ther entfettet ; der \u00e4therische Auszug hinterlie\u00df beim Eindunsten nur 0,588 g R\u00fcckstand. Die entfettete Masse wurde nun zur Entfernung von Proteinstoffen mit 0,05\u00b0/oiger Natronlauge in der K\u00e4lte behandelt. Der alkalische Auszug gab mit Essigs\u00e4ure einen Niederschlag; im Filtrat von diesem Niederschlage brachte Weingeist eine schwache F\u00e4llung hervor. Da die Substanz, aus der diese F\u00e4llung bestand, nach dem Erhitzen mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure die Fehlingsche L\u00f6sung reduzierte, so ist es wahr-","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nE. Schulze und N. Castoro\nscheinlich, da\u00df durch die 0,05% ige Natronlauge auch eine kleine Menge von Hemicellulose aufgel\u00f6st worden war.\nNachdem der beim Extrahieren des Pulvers mit der kalten verd\u00fcnnten Natronlauge verbliebene R\u00fcckstand durch Waschen mit Wasser vom Alkali befreit worden war, behandelten wir ihn, nachdem er zuvor mit Wasser bis fast zum Sieden erhitzt worden war, zwei Stunden lang bei 60\u00b0 mit Diastasel\u00f6sung. Dies mu\u00dfte f\u00fcr w\u00fcnschenwert erkl\u00e4rt werden, obgleich bei der mikroskopischen Untersuchung in den eingesammelten Internodien kein St\u00e4rkemehl gefunden worden war, denn f\u00fcr die Versuche \u00fcber die Frage, was f\u00fcr Glukosen aus der Hemicellulose des Speicherinternodiums entstehen k\u00f6nnen, mu\u00dften wir ein Material haben, welches zweifellos von St\u00e4rkemehl v\u00f6llig frei war.\nDer nach Einwirkung der Diastasel\u00f6sung noch verbliebene st\u00e4rkemehlfreie R\u00fcckstand wurde mit Wasser, Alkohol und \u00c4ther ausgewaschen, dann \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet. Sein Gewicht betrug nun 70 g (mit 66,6 g Trockensubstanz). In diesem R\u00fcckstand bestimmten wir den Gehalt an Stickstoff (nach Kjeldahls Methode) und an Asche. Dabei erhielten wir folgende Resultate:\n1.\t0,4755 g wasserfreie Substanz gaben 0,0030 g = 0,63 \u00b0/oN.\n2.\t0,4755 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb 0,0030 \u00bb\u20140,63% \u00bb\n3.0,4755 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb 0,0027 \u00bb =0,57\u00b0/oAsche.\nWenn man die Annahme macht, da\u00df der Stickstoff ausschlie\u00dflich in Form von Proteinstoffen sich vorfand und da\u00df die letzteren 16 \u00b0/o Stickstoff enthielten, so berechnet sich f\u00fcr den analysierten R\u00fcckstand folgende Zusammensetzung:\nProteinstoffe\t3,94\u00b0 /o\nN-freie organische Substanzen 95,49 \u00b0/o Asche\t0,57 \u00b0/o\n100,00\u00b0/o\nUm Aufschlu\u00df \u00fcber den Gehalt dieses R\u00fcckstands an Hemicellulose zu erhalten, kochten wir 1 g davon = 0,951 g Trockensubstanz mit 100 ccm l%iger Schwefels\u00e4ure am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler, brachten das Ungel\u00f6ste auf ein gewogenes","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Hemicellulosen.\n323\nFilter und wuschen es mit Wasser vollst\u00e4ndig aus. Das Filter mit seinem Inhalt wurde gewogen, nachdem es bei 100\u20141050 gen\u00fcgend lange getrocknet worden war. Wir erhielten folgende Zahlen :\n1.\t0,9510 g wasserfreie Substanz gaben bei einst\u00fcndigem Kochen 0,5893 g R\u00fcckstand;\n2.\t0,9510 g wasserfreie Substanz gaben bei zweist\u00fcndigem Kochen 0,5629 g R\u00fcckstand.\nIn L\u00f6sung waren also gegangen:\nIn Versuch 1 0,3617 g J\u00c9 38,0\u00b0/o der angewendeten Substanz; \u00bb\t\u00bb\t2 0,3881 \u00bb =3 40,8 \u00b0/o \u00bb\nWie man sieht, hat die Verl\u00e4ngerung der Kochdauer auf 2 Stunden keinen gro\u00dfen Einflu\u00df auf das Resultat gehabt. Nimmt .man an, da\u00df durch die l\u00b0/oige S\u00e4ure nichts als Hemicellulose gel\u00f6st und da\u00df letztere bei zweist\u00fcndigem Kochen mit der S\u00e4ure ziemlich vollst\u00e4ndig in L\u00f6sung gegangen ist, so gelangt man zu dem Schlu\u00df, da\u00df der analysierte R\u00fcckstand ungef\u00e4hr 41\u00b0/o* 1) Hemicellulose enthalten hat.\nDa die Vorversuche die Anwesenheit eines Pentosans ergeben hatten, so war nun noch festzustellen, in welcher Quantit\u00e4t sich dasselbe vorfand. Zu diesem Zweck wurde folgender Versuch angestellt: Wir erhitzten 2,58 g des hemi-cellulosenhaltigen R\u00fcckstands \u25a0== 2,45 g Trockensubstanz zwei Stunden lang mit 100 ccm 1 \u00abfeiger Schwefels\u00e4ure am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler, befreiten die vom Ungel\u00f6sten abfiltrierte mit dem\ni) Allem Anschein nach waren die in einem andern Jahre gesammelten Internodien der Molinia bedeutend reicher an Hemicellulose. Der aus diesem, nur f\u00fcr einige Vorversuche verwendeten Material dargestellte \u00abhemicellulosehaltige R\u00fcckstand\u00bb, welcher aus 3,31 \u00b0/o Proteinstoffen, 95,90 \u00b0/o stickstofffreier organischer Substanz und 0,79 \u00b0/o Asche bestand, hinterlie\u00df nur 28,8 \u00b0/o Unl\u00f6sliches, als er zuerst mit kochender,\nl1/.!o.oiger Schwefels\u00e4ure, dann mit kochender ltd\u00b0/oiger Natronlauge behandelt wurde; 71,2 \u00b0/o dieses R\u00fcckstands waren also in L\u00f6sung gegangen. Wenn auch in diesem Falle der R\u00fcckstand nicht blo\u00df mit verd\u00fcnnter S\u00e4ure, sondern auch mit verd\u00fcnnter Lauge behandelt wurde, so ist doch das Resultat kaum erkl\u00e4rlich, wenn man nicht annimmt, da\u00df dieser R\u00fcckstand reicher an Hemicellulose war, als derjenige, den wir f\u00fcr die oben im Text beschriebenen Versuche verwendeten.","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\nE. Schulze und N. Castoro\nWaschwasser vereinigte L\u00f6sung durch Zusatz von Baryt von der Schwefels\u00e4ure und brachten sie sodann auf ein Volumen von 100 ccm. Je 50 ccm dieser Fl\u00fcssigkeit wurden sodann zur Furfurolbestimmung nach bekanntem Verfahren verwendet. Im folgenden geben wir die in diesen Bestimmungen erhaltenen Phioroglucidmengen und die denselben entsprechenden Xylan-quantit\u00e4ten1) an:\nVersuch 1. Erhalten wurden 0,2480 g Phloroglucid = 0,2034 g Xylan. Versuch 2.\t\u00bb\t\u00bb\t0,2430 \u00bb\t\u00bb\t= 0,1994 \u00bb\t\u00bb\nIm Mittel 0,2014 g Xylan.\nAus diesen Zahlen berechnet sich der Gehalt des hemi-cellulosehaltigen R\u00fcckstands an einem in kochender einprozentiger Schwefels\u00e4ure l\u00f6slichen Pentosan (Xylan) auf 16,4 %>.\nWir gehen zur Beschreibung der Versuche \u00fcber, durch welche die Qualit\u00e4t der bei der Hydrolyse der Hemicellulose entstehenden Glukosen festgestellt wurde. Wir erhitzten 50 g des hemicellulosehaltigen R\u00fcckstands mit 1 Liter einprozentiger Schwefels\u00e4ure 2 Stunden lang am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler, f\u00fcgten der nach dem Erkalten vom Ungel\u00f6sten abfiltrierten, mit dem Waschwasser vereinigten Fl\u00fcssigkeit noch 6 ccm konzentrierte Schwefels\u00e4ure zu und lie\u00dfen sie nun noch 3 Stunden lang kochen. Dann entfernten wir die Schwefels\u00e4ure durch Zusatz von Baryt und dunsteten die vom Baryumsulfat abfiltrierte L\u00f6sung zum Sirup ein. Diesen Sirup zerlegten wir durch Behandeln mit kochendem Weingeist in einen in diesem L\u00f6sungsmittel leicht l\u00f6slichen und einen darin schwer l\u00f6slichen Teil Wie der letztere behandelt wurde, wird weiter unten angegeben werden; die weingeistige L\u00f6sung des ersteren Teils wurde eingedunstet, der Verdampfungsr\u00fcckstand in hei\u00dfem Weingeist aufgenommen (wobei wieder ein kleiner R\u00fcckstand blieb), diese Operation wurde sp\u00e4ter noch einmal wiederholt. Die in dieser Weise erhaltene weingeistige L\u00f6sung lieferte bei sehr langsamem Verdunsten\n0 Wir stellen das Pentosan als Xylan in Rechnung, weil bei der Hydrolyse der Hemicellulose Xylose erhalten wurde, wie aus den sp\u00e4ter folgenden Mitteilungen zu ersehen ist. Die Berechnung wurde nach der von B. To liens in dieser Zeitschrift, Bd. XXXVI, S. 239 mitgeteilten Tabelle Kr\u00e4h er s ausgef\u00fchrt.","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Hemicellulosen.\n325\n\u00fcber konzentrierter Schwefels\u00e4ure Krystalle, daneben aber einen Sirup. Die nach dem Abgie\u00dfen dieses Sirups durch Behandlung mit einer geringen Menge von warmem Weingeist, sowie durch Aufstreichen auf eine Tonplatte von der Mutterlauge befreiten Krystalle waren ungef\u00e4rbt; sie lieferten beim Erhitzen mit Phloro-glucin und Salzs\u00e4ure eine rein kirschrote Fl\u00fcssigkeit, woraus zu schlie\u00dfen war, da\u00df eine Pentose vorlag \u2014 eine Schlu\u00dffolgerung, die auch mit der von uns nachgewiesenen starken Furfurolbildung bei der Destillation des Glukosegemenges mit Salzs\u00e4ure in Einklang steht. Um festzustellen, ob Arabinose oder Xylose vorlag, wurde eine w\u00e4sserige L\u00f6sung des Zuckers im Soleil-V entzkeschen Polarisationsapparat untersucht. Dabei ergab sich folgendes: Eine L\u00f6sung, die in 10 ccm 0,500 g wasserfreie Substanz enthielt, drehte nach 24st\u00e4ndigem Stehen im 200 mm-Rohr im Mittel mehrerer Beobachtungen bei 19\u00b0 C. 6,6\u00b0 nach rechts, demnach ist [a]i>9 = -j- 22,8\u00b0.\nDer Zucker wurde nun noch einmal aus verd\u00fcnntem Weingeist umkrystallisiert, was sehr leicht von statten ging, dann wieder im Polarisationsapparat untersucht. Das Resultat war nun folgendes: Eine w\u00e4sserige L\u00f6sung, die in 10 ccm 0,361 g wasserfreie Substanz enthielt, drehte im 200 mm-Rohr bei 20\u00b0 G. nach 24 Stunden 4,2\u00b0 nach rechts; demnach war\n[a]o = -j- 20,1 \u00b0.\nDiese Zahl stimmt mit dem spezifischen Drehungsverm\u00f6gen der Xylose \u00fcberein. Allerdings ist f\u00fcr v\u00f6llig reine Xylosepr\u00e4parate das Drehungsverm\u00f6gen noch etwas niedriger, n\u00e4mlich = -{- 18 bis -j- 19\u00b0, gefunden worden; f\u00fcr nicht sehr oft umkrystallisierte Pr\u00e4parate fand man aber wiederholt [a]D = + 20\u00b0.\nEine Best\u00e4tigung der Annahme, da\u00df Xylose vorlag, lieferte noch die Untersuchung des nach bekanntem Verfahren dargestellten Osazons unseres Zuckers; dieses Osazon schmolz im Kapillarr\u00f6hrchen bei 156\u2014157 \u00b0, gleichzeitig mit dem Osazon, welches aus einem Xylosepr\u00e4parat unserer Sammlung dargestellt worden war.\nDer oben erw\u00e4hnte Umstand, da\u00df die weingeistige Glukosel\u00f6sung nur schwierig zum Krystallisieren zu bringen war, mu\u00dfte","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\nE. Schulze und N. Castoro,\nschon zu der Vermutung f\u00fchren, da\u00df jene L\u00f6sung neben Xylose noch einen andern Zucker enthielt, welcher sich weit schwerer als die Xylose in Krystallform \u00fcberf\u00fchren lie\u00df. Die Richtigkeit dieser Vermutung war leicht zu beweisen. Als der von den Xylosekrystallen abgegossene Sirup mit Wasser verd\u00fcnnt, mit Tierkohle entf\u00e4rbt und im Polarisationsapparat untersucht wurde, erwies er sich als linksdrehend; eine w\u00e4sserige L\u00f6sung, die in 10 ccm ungef\u00e4hr 0,65 g wasserfreie Substanz enthielt, drehte im 200 mm-Rohr bei 19\u00fc G. 15,5\u00b0 S.-V. nach links; daraus berechnet sich [u]D = ca. \u2014 40\u00b0. Da die im Sirup enthaltene Glukose mit Resorcin und Salzs\u00e4ure sehr stark die Seliwanoffsche Reaktion gab, so ist es sehr wahrscheinlich, da\u00df der Sirup Fructose (L\u00e4vulose) enthielt. Nat\u00fcrlich war diese Zuckerart im Sirup noch mit Xylose gemengt, wodurch ihr Drehungsverm\u00f6gen herabgedr\u00fcckt wurde.\nAus den im vorigen mitgeteilten Versuchsergebnissen ist zu schlie\u00dfen, da\u00df der in hei\u00dfem Weingeist leicht l\u00f6sliche Teil des bei der Hydrolyse der Hemicellulose erhaltenen Zuckersirups neben Xylose sehr wahrscheinlich auch Fructose enthielt. Den in dem genannten L\u00f6sungsmittel schwer l\u00f6slichen Teil dieses Sirups zerlegten wir wieder in zwei Teile, indem wir ihn wiederholt mit hei\u00dfem Weingeist, unter Zusatz von etwas Wasser behandelten und die dabei enstandene L\u00f6sung vom Ungel\u00f6sten abgossen. Aus einem Teil des beim Verdunsten dieser L\u00f6sung resultierenden Sirups stellten wir nach bekanntem Verfahren ein Osazon dar. Dieses Osazon schmolz nach dem Umkrystallisieren bei 205\u00b0 und war demnach wahrscheinlich Glukosazon. Den Rest des Sirups verarbeiteten wir nach den von Tollens und seinen Sch\u00fclern gegebenen Vorschriften auf Zuckers\u00e4ure. Wir erhielten ein im Aussehen mit dem sauren, zuckersauren Kalium \u00fcbereinstimmendes Salz in reichlicher Menge. Das daraus dargestellte Silbersalz glich im Aussehen vollst\u00e4ndig dem zuckersauren Silber. Die Analyse des \u00fcber Schwefels\u00e4ure bis zur Konstanz des Gewichts getrockneten Salzes gab folgende Resultate:\nI. 0,3910 g Substanz gaben 0,200 g = 51,15 \u00b0/o Ag Ii. 0,3130 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb 0,160 \u00bb = 51,12 \u00b0/o \u00bb","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Hemicellulosen.\n327\nIm Mittel wurden also in diesem Salz 51,14 \u00b0/o Ag gefunden, w\u00e4hrend die Theorie f\u00fcr zuckersaures Silber 50,9 \u00b0/o Ag verlangt.\nAus diesen Versuchsergebnissen ist zu schlie\u00dfen, da\u00df der bei der Hydrolyse der Hemicellulose erhaltene Zuckersirup neben Xylose und Fructose auch Traubenzucker (d-Glukose) enthielt. Die Hemicellulose schlo\u00df demnach ein Xylan und ein Dextran, daneben h\u00f6chst wahrscheinlich ein L\u00e4vulan, ein. Die Pr\u00fcfung des Zuckersirups auf Galaktose und auf Mannose gab negative Resultate; demnach war in der Hemicellulose weder Galaktan noch Mannan enthalten.\nWas f\u00fcr Produkte bei der Aufl\u00f6sung der Hemicellulose des Speicherinternodiums im Stoffwechsel der Molinia zun\u00e4chst entstehen, ist nicht bekannt; doch bildet sich nach den Beobachtungen H. G. Schellenbergs auf Kosten dieser Produkte St\u00e4rkemehl. Da\u00df die Pflanze ein Dextran und ein L\u00e4vulan zur St\u00e4rkemehlbildung verwenden kann, ist leicht verst\u00e4ndlich ; die Umwandlung eines Pentosans in St\u00e4rkemehl wird einen etwas gro\u00dfem Arbeitsaufwand beanspruchen; doch darf man vielleicht annehmen, da\u00df auch diese Umwandlung sich in der Pflanze ohne Schwierigkeit vollzieht.\nSchlie\u00dflich ist noch einiges \u00fcber die Versuche mitzuteilen, die wir mit den Wurzeln der Molinia angestellt haben. Diese Wurzeln wurden getrocknet, fein zerrieben, mit Hilfe von \u00c4ther vom Fett befreit, sodann mit Diastasel\u00f6sung behandelt, schlie\u00dflich mit Wasser, Alkohol und \u00c4ther ausgewaschen. Der dabei verbliebene R\u00fcckstand lieferte beim Kochen mit einprozentiger Schwefels\u00e4ure eine zuckerreiche L\u00f6sung. Der bei Verarbeitung dieser L\u00f6sung resultierende Zuckersirup wurde f\u00fcr eine Furfurol-bestimmung verwendet; 1,391 g des Sirups lieferten dabei 0,3866 g Phloroglucid. Demnach war auch hier eine Pentose in betr\u00e4chtlicher Quantit\u00e4t vorhanden. Der Sirup wurde durch Behandlung mit Weingeist in einen in diesem L\u00f6sungsmittel leicht l\u00f6slichen und einen darin schwer l\u00f6slichen Teil zerlegt. Die L\u00f6sung des ersteren Teils gab mit Benzylphenylhydrazin in geringer Menge ein krystallinisches Produkt, welches bei 172\u2014174\u00b0 schmolz und demnach wahrscheinlich das Benzyl-phenylhydrazon der Arabinose war.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XXXIX.\n23","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328 E. Schulze u. N. Castoro, Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Hemicellulosen.\nWir ben\u00fctzen die Gelegenheit noch zur Berichtigung von zwei Angaben, die sich in unserer ersten Abhandlung (diese Zeitschrift, Bd. XXXVII, S. 40\u201453) finden. Auf Seite 44 wird gesagt, da\u00df ein gr\u00f6\u00dferes Quantum des R\u00fcckstandes zwei Stunden lang am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler erhitzt worden sei; aus Versehen sind hier die Worte \u00abmit einprozentiger Schwefels\u00e4ure\u00bb ausgelassen worden. Ferner wird auf Seite 52 gesagt, da\u00df man, auch ohne da\u00df dar\u00fcber Versuche angestellt seien, im Hinblick auf die an Lupinus luteus und Lupinus angustifolius gemachten Beobachtungen annehmen d\u00fcrfe, da\u00df auch die Hemicellulose der Samen von Lupinus hirsutus beim Keimungsvorgang gel\u00f6st und zur Ern\u00e4hrung der jungen Pfl\u00e4nzchen verwendet werde. Zu dieser Angabe ist zu bemerken, da\u00df allerdings eine makrochemische Untersuchung \u00fcber diese Frage nicht ausgef\u00fchrt wurde; mikrochemisch aber ist von Herrn Dr. H. C. Schellenberg, nach einer von Demselben uns gemachten, gef\u00e4lligen Mitteilung, der Nachweis daf\u00fcr erbracht worden, da\u00df in der Tat die Hemicellulose der Samen von Lupinus hirsutus w\u00e4hrend des Keimungsvorganges aufgel\u00f6st wird.","page":328}],"identifier":"lit17841","issued":"1903","language":"de","pages":"318-328","startpages":"318","title":"Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Hemicellulosen. II","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:55:16.947202+00:00"}