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{"created":"2022-01-31T15:44:34.554171+00:00","id":"lit17855","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Malfatti, Hans","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 39: 467-472","fulltext":[{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl.\nVon\nDr. Hans Malfatti.\n\u2022Der Redaktion zugegangen am 22. August 1903.)\nIn j\u00fcngster Zeit haben Fr. Kutscher und H. Steudel (Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. XXXIII, S. 12) die Anwendbarkeit der Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl f\u00fcr physiologische Zwecke stark zweifelhaft gemacht, indem sie bei einer Reihe von K\u00f6rpern, in erster Linie bei Kreatin und Kreatinin, unter\nAnwendung der genannten Methode um ein Bedeutendes zu geringe Stickstoffwerte fanden. Dieses f\u00fcr alle physiologischen Chemiker unerwartete und unerfreuliche Forschungsresultat war f\u00fcr mich um so auffallender, als ich schon zu wieder-\nholten Malen Kreatinin und speziell Kreatininchlorzink nach Kjeldahl bestimmt hatte, ohne andere als die zu erwartenden Werte zu erhalten. Auch Adalbert Gregor hat in seinen gleichsinnigen, im hiesigen Laboratorium angestellten Untersuchungen (Zeitsohr. f. physiol. Chemie Bd. XXXI, S. lOd) dasselbe Resultat gewonnen.\nKutscher und Steudel geben selbst an, da\u00df wohl unter bestimmten Versuchsbedingungen auch richtige W'erte des Kjeldahlstickstoffs erhalten werden k\u00f6nnten; somit mu\u00dfte auch zur Aufkl\u00e4rung des hier vorliegenden Widerspruchs an den Einflu\u00df der Methode gedacht werden.\nIm Verkehr mit physiologischen Chemikern kann man die Erfahrung machen, da\u00df fast ein jeder sich seine eigene Methode der Kjeldahloxvdation zurechtgemacht hat, die er mehr\noder weniger energisch als die beste bezeichnet; die Methode also, die ich mir schon, seit ich solche Bestimmungen mache, uusw\u00e4hlte, ist die folgende: Die Substanz wird im Kjeldahl-","page":467},{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"Hans Malfatti,\nkolben, gew\u00f6hnlich ohne Zusatz von Kupfersulfat oder Quecksilber, mit etwas weniger Schwefels\u00e4ure, als gew\u00f6hnlich Vor-geschrieben wird, verkocht, bis sie sich in eine ruhig siedende braune Fl\u00fcssigkeit verwandelt hat. Dann l\u00e4\u00dft man den Kolben erkalten und f\u00fcgt eine ausreichende Menge w\u00e4sseriger L\u00f6sung von Kaliumpermanganat zu und erhitzt wiederum bis zur vollst\u00e4ndigen Vertreibung des Wassers und voller Kntf\u00e4rbung.\nMan kann also diese Durchf\u00fchrungsart der Kjelduhl-, bestitnmung verantwortlich machen f\u00fcr das (Idingen der Stick-stolfbestimmungen heim Kreatinin; ich mu\u00dfte aber im vorliegenden Falle auch an den F instand denken, da\u00df ich, soweit ich midi erinnere, sowohl \u00ablas Kreatininchlorzink als auch das Pikrat stets samt dem Filter verarbeitet hatte. Die Beimengung eines leicht oxydablen Stoffes, wie Filtrirpapier oder Watte, konnte ja \u00ablie Knergie .der Oxydation beeinflu\u00dft, vielleicht auch \u00ablie Bildung eines fl\u00fcchtigen stickstoffhaltigen K\u00f6rpers verhindert haben. Ibesoin Bedanken entsprechen\u00ab!, wurden einige auf-\nkl\u00e4rcmle Versuche unternommen.\nAls Versuchsobjekt diente ein aus Harn dargestelltes Kreatinin, das infolge einer Kreatinbeimischung einen Stick--sloffgdialt von durchschnittlich 82\",\u00ab> zeigte. Um sicher ver-jgl\u00ab\u2018i<*hbar\u00ab* Zahlen zu erhalten, w\u00fcrde dasselbe zu den Versehen als w\u00e4sserige 10 \u00abtige L\u00f6sung angewandt. Diese L\u00f6sung z\u00ab\u2018igle nach Dumas 82,< >\u201482,1\u201482,14\u00b0/\u00ab Stickstoff. Wurden nun (gew\u00f6hnlich) je 10 ccm \u00ablieser L\u00f6sung nach Kjeldahl mit ScliwelVds\u00e4ure mit oder ohne Zusatz von Kupfersulfat verbrannt, wobei keine F\u00e4rbung der Fl\u00fcssigkeit auftrat, und daun nach \u00ablern Abk\u00fchlen mit gepulvertem Kaliumpermanganat oxydiert. s<\u00bb ergaben sich die Werte: 27,8\u201428,0\u201480,88 bis 81,8\u201481.0\u00b0'\u00ab, I lie letzte dieser Stickstoffzahlen wurde erhalten in ein\u00ab*m Versuch, bei welchem nur eine minimale Menge Permanganat zugesetzt worden war, der Wert 81.8\u00b0/\u00ab bei V\u00ab\u2018il\u00e4ng\u00ab\u2018rung \u00ab1er Kochzeit auf fast eine Stunde ohne Knpfer-sull\u00e4t. Bei Oxydation mit Kupfersulfat allein ohne Permanganat wurden 80.20ft \u00ab gefunden; bei Anwendung von metallischem Quecksilber jedoch \u00ablie richtigen Werte 82.0 und 82,8 \u00b0/c.\nFs wurde nun \u00ablit\u00bb Kreatininl\u00f6sung in den Kolben mit","page":468},{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"Zur \u00efHickstoffbestiinmung nach Kjeldahl.\nW,)\neinem St\u00fcck asche- und stickstoffreien Filtrierpapiers oder mit etwas Zucker versetzt und mit klrin(\u2018ii belanglosen Modifikationen mich der von mir oben beschriebenen 1 Hirchf\u00fclirungsart der Kjejdahlbestimnumg verbrannt: es ergaben sich in 10 Versuchen Werte, die zwischen 31,<1 und 32,1% schwankten. Das hei\u00dft, die gewonnenen Prozentzahlen waren innerhalb der Fehlergrenzen richtig: woher es kommt, da\u00df einige Zahlen h\u00f6her liegen als die nach Dumas gefundenen, w\u00e4hrend man im allgemeinen das Gegenteil erwarten sollte, ist mir unerkl\u00e4rlich.\nIrregeleitet durch einige Vorversuche, in welchen trockenes mit Filtrierpapier kjeldahlisiertes Kreatinin h\u00f6here Sticksloff-werte ergeben hatte, als ohne diesen Zusalz, -Imite ich anf\u00e4nglich geglaubt, der Beimengung stickst off reier organischer Substanz den richtigen Ausfall der Bestimmungen .zusehreiben zu sollen (daher die gr\u00f6\u00dfere Anzahl der diesbez\u00fcglichen Versuche). Ks stellte sieh aber heraus, da\u00df das nicht der Fall war. denn als ieh die obenerw\u00e4hnte Kreatininl\u00f6sung unter Zusatz von Filtrier-papier kjeldahlisierte und dann mit Permangauatpulver oxydierte, ergaben sich die fehlerhaften Werte 30.S und 31.2% und andererseits wurden heim Zerst\u00f6ren der Substanz ohne einen Zusatz, jedoch unter nachtr\u00e4glichem Oxydieren mit I Vrmaiigaiiat-l\u00f6sung die richtigen Werte 31.0\u201432.0\u201432,2\u201432,2\".. gefunden.\nDaraus ergibt sich, da\u00df nur die Verwendung der w\u00e4sserigen L\u00f6sung von Permanganat anstelle des festen Salzes den richtigen Ausfall der Stieksto\u00dfbestiminungen heim Kreatinin bedingten. Wie l\u00e4\u00dft sich das nun erkl\u00e4renV\nDie Oxydation im Kjeldahl kolben stellt sieh als ein ziemlich komplizierter Vorgang dar. W\u00e4hrend einerseits die G-, H-, S- und P-Atome einer Verbindung mit Sauerstolf anheim-falien, mu\u00df an das N-Atoni. den besonderen Verh\u00e4ltnissen hei demselben entsprechend, Wasserst olf angelagert werden. Dieser W asserstoff stammt in der Begel aus dem W asser, welches sich hei der Oxydation der Substanz oder hei der Dissociation der entstehenden schwefligen S\u00e4ure bildet. Dieses Wasser kann aber trotz des \u00fcberhitzten Zustandes, in welchem es sich im Momente seines Entstehens befindet, nur dann Wasserstoff zur","page":469},{"file":"p0470.txt","language":"de","ocr_de":"470\nHans Malfatti.\nAmmoniakbildung abgeben, wenn dem Sauerstoff ein gen\u00fcgend stark reduzierender K\u00f6rper zur Verf\u00fcgung steht, um die Spaltung des Wassermolek\u00fcls zu erm\u00f6glic hen. Bei sehr stickstoffreichen, aber kohlen- und wasserstoffarmen, auch bei sehr schwer oxydierbaren Atomkomplexen kann aber sehr leicht der Fall eint reden, da\u00df die letzteren Bedingungen nicht mehr erf\u00fcllt sind, und dann mu\u00df entweder das Molek\u00fcl doch zerfallen und freier Stickstoff entweichen; oder aber, was das Wahrscheinlichere. ist. die Reaktion verlangsamt sich oder h\u00f6rt ganz auf, so da\u00df stickstoffhaltige Atomkomplexe \u00fcbrig bleiben, die nicht Ammoniak sind. Man versuche nur, die Reaktion zwischen Guanidin und Schwefels\u00e4ure im Formelbilde darzustellen, um die genannten M\u00f6glichkeiten ersichtlich zu machen.\nGerade das \u00dcbrigbleiben von Stickstoff in nicht ammoniakartiger Bindung macht es bei Durchf\u00fchrung der Kjeldahl-bcstimmung notwendig, zum Schlu\u00df noch mit Hille eines kr\u00e4ftigen Oxydationsmittels auch diese letzten Komplexe zu zerspalten. Wenn aberdiese Spaltung und Oxydation erzwungen wird, Ohne da\u00df gleichzeitig das zur Ammoniakbildung n\u00f6tige Wasser zugef\u00fchrt wird, so ist es leicht m\u00f6glich, da\u00df in gewissen F\u00e4llen ganz bedeutende Stickstoffverluste eint roten. Gerade beim Kreatin und Kreatinin, wo die verbleibenden Reste wohl wahrscheinlich guanidinartig sind, ist Verlust durch Bildung von freiem Stickstoff zu erwarten.\n\u00c4hnliche Erw\u00e4gungen waren es, welche mich schon bei meinen ersten K jeldahIbcstimmungen, die ich an K\u00f6rpern der I larns\u00e4m egruppe ausf\u00fchHe, bewogen, die Oxydation mit w\u00e4sseriger L\u00f6sung von Rerinangauat auszuf\u00fchren. In den eben angef\u00fchrten Versuchen haben sieh diese Erw\u00e4gungen als richtig erwiesen.\nSehr deutlich kann man den sch\u00e4digenden Einflu\u00df der Oxydation ohne Anwesenheit von Wasser beobachten, wenn man trockenes Rermanganat im Kjeldahlkolben in konzentrierter Schwefels\u00e4ure in der K\u00e4lte aufl\u00f6st und in die gr\u00fcne Fl\u00fcssigkeit gewogene Mengen einer sehr stickstoffreichen Substanz eintr\u00e4gt und dann die Kjeldahlbestimmung wie gew\u00f6hnlich durchf\u00fchrt. Kreatinin und Guanidin (das im \u00fcbrigen den fr\u00fcher beschriebenen Versuchen gegen\u00fcber sich genau so verh\u00e4lt wie","page":470},{"file":"p0471.txt","language":"de","ocr_de":"Zur StickstofTbestimmung nach Kjeldahl.\ntrt\n\nKreatinin) verloren so fast die H\u00e4lfte ihres Stickstoffs; und selbst der Harnstoff, der sonst so leicht Ammoniak liefert, verlor bei dieser Behandlung ein Viertel seines Stiekstolf-gehaltes.\nUmgekehrt aber zeigte sich, da\u00df w\u00e4hrend der Reaktion im Kochkolben entstehendes Wasser die vollkommene Oxydation des Stickstoffs zu Ammoniak wenigstens dem Kreatinin gegen\u00fcber beg\u00fcnstigte; so ergab, wie schon erw\u00e4hnt, die Oxydation mit metallischem Quecksilber auch ohne Anwendung von Permanganat richtige, die mit Kupfersulfat aber zu niedrige Werte. Als ich in einem Falle am Schl\u00fcsse der Schwefels\u00e4urebehandlung in die siedende Fl\u00fcssigkeit statt eines Oxydationsmittels Krvstalle von Magnesiumsulfat in kleinen Portionen eintrug, ergab sich 82,0\u00b0 \u00ab Stickstoff, und als ich die Bestimmung ohne Oxydationsmittel, aber unter Zusatz von reinen Schwefelkrvstallen. welche\n*\t\u25a0\u2022\u2022\u25a0T''.\ndabei zu schwefliger S\u00e4ure verbrannten, durchf\u00fchrte, ebenfalls H2,0\u00ab/o, hingegen lieferte der Zusatz von Zucker oder Papier ohne Oxydationsmittel nur 29,6 und 80,8'% Stickstoff, obwohl auch hier reichlich Wasser entstehen k\u00f6nnte. Doch sind bei diesen vereinzelten Versuchen zu viele Neben umst\u00e4nde, z. B. Verl\u00e4ngerung der Siededauer, Krh\u00f6hung der Siedetemperalmnisw., Vorhanden, als da\u00df man sie zu sicheren Schl\u00fcssen verwenden k\u00f6nnte.\nDas I iVsin und Histidin, f\u00fcr welches Kutscher und Steudel ebenfalls Stickstoffverluste bei der Kje Id ah lbestimmung anf\u00fchren, habe ich nicht untersucht, da ich keinen entsprechenden Vorrat von diesen K\u00f6rpern besitzt?. Auch die Harns\u00e4ure untersuchte ich nicht, da ich von fr\u00fcheren Bestimmungen her wei\u00df, da\u00df sie richtige Werte liefert, und andererseits aus den von Kutscher und Steudel angegebenen Zahlen deutlich hervorgeht, da\u00df bedeutendere Verluste nur bei Zusatz der sehr betr\u00e4chtlichen Mengen von Permanganat entstanden.\nVom Guanidincarbonat konnte ich mich \u00fcberzeugen, da\u00df es bei Oxydation mit w\u00e4sseriger Permanganatlosung (gleichzeitig war Filtrierpapier mit verbrannt worden) richtige Stickstoffwerte \u00bb6,8 und 4b.f)0;'o (statt 4b,69\u00b0/o) lieferte: bei Oxydation mit\nKupfersulfat allein wurden 15,0\u00b0, o erhalten, mit Permanganat-\n\u2018-1 \u25a0 ... *","page":471},{"file":"p0472.txt","language":"de","ocr_de":"n- Hans M\u00e0lfatti, Zur Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl.\nkrystallen 33,1\u00b0;\u00ab und bei Eintr\u00e4gen der Substanz in die L\u00f6sung von Permanganat in Schwefels\u00e4ure gar nur 24,9\u00b0/o\nAus all dem Gesagten geht hervor, da\u00df bei der Bestimmung des Stickstoffs nach Kjeldahl die abschlie\u00dfende Oxydation am besten mit w\u00e4sseriger Permanganatl\u00f6sung durchgef\u00fchrt wird, vielleicht auch mit Quecksilber, oder mit Kupfer-' sulfat unter Anwendung langer Siedezeit, nicht aber mit festem Permanganat. Puter Anwendung der erstgenannten Modifikation werden im hiesigen Laboratorium f\u00fcr Tried. Chemie seit Jahren sehr zahlreiche Kje 1 dahlBestimmungen durchgef\u00fchrt, und es hat sich niemals ein Grund zur Klage ergeben, besonders auch in bezug auf Pbereinstimmuug von Doppelanalysen.\nPur die Bestimmung neu dargestellter chemischer K\u00f6rper mit noch unbekannten Eigenschaften wird die Kjeldahl sehe Methode allerdings ni\u00e9 ben\u00fctzt werden d\u00fcrfen: darum, und weil sie ja bekanntlich f\u00fcr viele K\u00f6rper \u00fcberhaupt nicht anwendbar ist, ist sie auch in den rein chemischen Laboratorien nicht eingeb\u00fcrgert worden. F\u00fcr physiologische Zwecke jedoch,' f\u00fcr welche sie jetzt haupts\u00e4chlich angewendet wird, ist ihre Verwertbarkeit durch die an und f\u00fcr sich sehr interessanten Mitteilungen von Kutscher und Steudel noch nicht ersch\u00fcttert.","page":472}],"identifier":"lit17855","issued":"1903","language":"de","pages":"467-472","startpages":"467","title":"Zur Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl","type":"Journal Article","volume":"39"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:44:34.554177+00:00"}