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{"created":"2022-01-31T13:49:44.848022+00:00","id":"lit17870","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schittenhelm, A.","role":"author"},{"name":"F. Schr\u00f6ter","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 40: 70-80","fulltext":[{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien,\n(III. Mitteilung.)\nVon\nA. Schittenhelm und F. Schr\u00f6ter.\nMit einer Abbildung.\n(Aus der med. Klinik der Universit\u00e4t Breslau.) (Der Redaktion zugegangen am 29. September 1903.)\nDie in der Mitteilung II angef\u00fchrte Beobachtung, da\u00df bei den Versuchen1) mit Coli und Faeces schon am zweiten Tage eine deutliche Gasentwicklung eintrat, veranla\u00dfte uns, diesem Vorg\u00e4nge genauer nachzuforschen.\nDie umfangreichen gasanalytischen Untersuchungen von L\u00fcbbert2) und Hesse3) haben die schon fr\u00fcher angenommene direkte Gasatmung der Bakterien experimentell bewiesen, indem sie in der atmosph\u00e4rischen Luft des Kulturgef\u00e4\u00dfes ein allm\u00e4hliches Schwinden des Sauerstoffs und entsprechendes Auftreten von Kohlens\u00e4ure konstatierten. Der Einwand Scheuerlens,4) da\u00df die abgeschiedene C02-Menge aus der dem N\u00e4hrboden beigef\u00fcgten Soda stammen k\u00f6nnte, wurde von Hesse5) sp\u00e4ter widerlegt und auch Scheuerlen6) zog in der Folge auf Grund erneuter Versuche seinen Einwand zur\u00fcck.\nAu\u00dfer der Produktion der C02 durch bakterielle Atmung werden durch den Einflu\u00df von Mikroorganismen infolge Zersetzung des N\u00e4hrbodens auch noch andere Gase wie H2S, H2, CH4, N2 gebildet. Derartige Prozesse spielen sich vor allem bei der F\u00e4ulnis ab, wobei u. a. die N-haltigen Bestandteile bis zum Ammoniak zerlegt und durch bakterielle T\u00e4tigkeit das\nfl S. Mitteilung II, D. Z. vorstehende Arbeit.\nfl Biol. Spaltpilzunters. 1886, S. 38 ff.\n3) Z. f. Hyg. und Inf.-Krankh., Bd. XY, 1893, S. 17.\nfl Arch. f. Hyg., Bd. 26, S. 29.\n5)\tEbenda, Bd. 28, S. 7.\n6)\tInternat. Beitr. z. inn. Med. (Leyden-Festschrift) 1902, Bd.H, S. 205.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien. III. 71\nNH3 zu Nitraten oxydiert wird. *) \u00abNitrifikation\u00bb. Unter Luftabschlu\u00df kann aus Nitraten und Nitriten durch Reduktion elementarer N2 abgespalten werden.* 2) \u00abDenitrifikation\u00bb. Auch pathogene Bakterien, z. B. Typhus und Koli, entwickeln aus nitrathaltigen Peptonl\u00f6sungen freien Stickstoff.3)\nDie Beobachtung, da\u00df bei unseren Versuchen sich eine Gasentwicklung durch Blasenbildung sichtbar machte, legte sofort die Vermutung nahe, da\u00df es sich nicht um einfache bakterielle Atmung, sondern um gasf\u00f6rmige Zersetzung der N\u00e4hrsubstanz handeln m\u00f6chte. Um das entstandene Gas auffangen zu k\u00f6nnen, trafen wir folgende Versuchsanordnung :\nIn einer ca. 7 1 fassenden Standflasche A wurde das Reaktionsgemisch\tuntergebracht.\tDurch\teinen\tdoppelt\tdurchbohrten gut\tschlie\u00dfenden\tGummistopfen\twaren\tzwei\tHahn-\nr\u00f6hren gesteckt, von denen\tdie\neine bis auf den Boden des Gef\u00e4\u00dfes reichte, w\u00e4hrend die andere\tmit\ndem unteren Rande des Stopfens ab-schnitt. Dieselbe Einrichtung besa\u00df der Zylinder der seinerseits durch einen\nGummischlauch mit der beliebig hoch und niedrig zu stellenden umgekehrten Glocke G verbunden war. Die Verbindung der Gef\u00e4\u00dfe A und B ist aus der Figur ersichtlich.\n\nze-s:\t-h \t\n\tErr-\n\nB,\np Fl\u00fcgge, Mikroorg. 1896. I. Teil, S. 251 ff.\n*) 1. c. S. 261.\n3) Grimbert, Ann. de Finst. Pasteur 1899. Tome XIII, p. 67, Hugounency und Dogon, Comptes rendus de la Soc. de Biol. 1897. S. 198; 1898, S. 635 und 835.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nA. Schittenhelm und F. Schr\u00f6ter\nNachdem der Inhalt der Flasche A geimpft, wurden die H\u00e4hne 1 und 2 geschlossen, die Verbindung zwischen 2 und 3 gel\u00f6st und durch Hochstellung der mit Wasser gef\u00fcllten Glocke G bei offenen H\u00e4hnen 3 und 4 der Zylinder B vollst\u00e4ndig mit Wasser gef\u00fcllt. Sowie bei Hahn 3 das Ausflie\u00dfen begann, wurde dieser geschlossen, die Gummischlauchverbindung zwischen 2 und 3 wieder hergestellt und die Glocke C in ihre tiefste Lage gebracht. Nun werden die H\u00e4hne 2 und 3 ge\u00f6ffnet. Der ganze Apparat befand sich in einem kleinen Zimmer, das durch Gasheizung unter Einschaltung eines Thermoregulators auf 38\u00b0 G. gehalten wurde. Ehe die Analyse selbst ausgef\u00fchrt wurde, lie\u00dfen wir das aufgefangene Gas, sowie ' die Absorptionspipetten, zwecks Einstellung auf gleiche Temperatur, mehrere Stunden im Arbeitszimmer stehen.\nVersuch I.1)\n6 1 Uschinskyscher L\u00f6sung (ohne Natr. asparagin. und Ammon, lactic.) wurden mit 60 g nucleinsaurem Natrium versetzt und mit einem Gemisch von F\u00e4ulnisbakterien geimpft.\nNach 10 Tagen war eine gr\u00f6\u00dfere Gasmenge (reichlich 3 1) aufgefangen worden, die wir ben\u00fctzten, um uns \u00fcber die Zusammensetzung zu orientieren. F\u00fcr die Gasanalyse stellte uns Herr Professor F. B. Ahrens in liebensw\u00fcrdigster. Weise sein Laboratorium und die Apparate zur Verf\u00fcgung.\nZur Analyse wurden aus dem Zylinder ca. 100 ccm in eine Winkler-Hempelsche B\u00fcrette \u00fcbergef\u00fcllt und die einzelnen Bestandteile mit Hilfe He mp eischer Absorptionspipetten festgestellt.\nDas Gasgemenge (100 ccm) wurde zun\u00e4chst zur Absorption der Kohlens\u00e4ure in die \u00c4tzkalipipette gesaugt, nach 2 Minuten wieder in die B\u00fcrette zur\u00fcckgenommen und gemessen. Der Gasrest betrug 79,4 ccm, mithin: C02 positiv.\n0 Der Gang der Analyse entspricht ungef\u00e4hr der in Hempel, gasanalyt. Meth., III. AufL, Braunschweig 1900, S. 246 ff. angegebenen Untersuchung von Leuchtgas.","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien. III.\n73\nDer Gasr\u00fcckstand wurde zur Absorption der schweren Kohlenwasserstoffe in die Pipette mit rauchender Schwefels\u00e4ure hin\u00fcber gedr\u00fcckt, kurze Zeit gesch\u00fcttelt und in die B\u00fcrette zur Messung zur\u00fcckgebracht. Keine Volumen\u00e4nderung,\nmithin: Schwere Kohlenwasserstoffe negativ.\nDanach wurde der Gasr\u00fcckstand in eine Pipette mit alkalischer L\u00f6sung von pyrogallussaurem Natron (5 g Pyrogalluss\u00e4ure, gel\u00f6st in 15 g Wasser, mit 120 g \u00c4tzkali, gel\u00f6st in 80 ccm Wasser, in der Pipette vereinigt) \u00fcbergef\u00fchrt und nach 3 Minuten langem Sch\u00fctteln zur\u00fcckgenommen und gemessen. Gasrest 71,0 ccm,\nmithin: Sauerstoff positiv.\nDer Gasr\u00fcckstand kam hierauf in eine Pipette mit gebrauchter ammoniakalischer Kupferchlor\u00fcrl\u00f6sung und wurde nach 5 Minuten langem Sch\u00fctteln in die B\u00fcrette zur\u00fcckgef\u00fchrt. Keine Volumen\u00e4nderung\nmithin: Kohlenoxyd negativ.\nDer Gasrest wurde bis auf einen R\u00fcckstand von 10.8 ccm herausgedr\u00fcckt. Hierauf wurden 38,8 ccm reiner Sauerstoff hinzugesaugt, soda\u00df das Gesamtvolumen 49,6 ccm betrug. Das Gemisch wurde nun in die mit Quecksilber gef\u00fcllte Hempelsche Explosionspipette gebracht, durch Explosion verbrannt, dann in die B\u00fcrette zur\u00fcckgef\u00fchrt und gemessen. Es ergaben sich 36,4 ccm; es war also eine Gesamtkontraktion von 13,2 ccm vorhanden,\nmithin: Wasserstoff positiv.\nDer nach der Verbrennung zur\u00fcckgebliebene Gasrest wurde in die \u00c4tzkalipipette gef\u00fchrt, kurz gesch\u00fcttelt und in die B\u00fcrette zur\u00fcckgenommen. Es blieben 35,7 ccm,\nmithin: Methan positiv.\nDer R\u00fcckstand von 35,7 ccm war Stickstoff.\nDas Resultat des Versuchs stellt sich\nma\u00dfen dar:\nAngewandte Gasmenge 100 ccm.\nNach KOH-Absorption 79,4 ccm\t= 20,6 \u00b0/o\n\u00bb\tAbs.\tmit\trauch. H2S04 79.4 ccm\t=\t0,0 \u00b0/o\n\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\tpyrogalluss. Na 71,0 ccm\t\u2014\t8,4\u00b0/o\n\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\tCu2Cl2 71,0 ccm\t=\t0,0 \u00b0/o\n13,2 ccm Kontrakt, pro 10,8 ccm Gas -f- 38,8 ccm 0 =\t7,9 \u00b0/o\nDurch KOH absorbiert 0,7 ccm\t\u2014\t4,6 \u00b0/o\nAus der Differenz\t58,5 \u00b0/o\n100,0\nfolgender-\nC02\nschw. Kohlenwasserstoffe\no\nCO.\nHO\nch4\nN\n0 Die Berechnung des H und des CH4 erfolgte nach Hempel; 1. c. S. 247.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nA. Schittenhelm und F. Schr\u00f6ter,\nVersuch II.\n500 ccm Uschinskysche L\u00f6sung (ohne Glyzerin, Natr. asparag. und Ammonn, lact.) wurden mit 5 g nuclein-saurem Natron versetzt, mit einer Kolireinkultur geimpft und des weiteren wie Versuch I angesetzt.\nNach 7 Tagen wurde die Reaktion unterbrochen. Um die ganze Gasmenge messen zu k\u00f6nnen, wurde durch Hahn 1 so lange Wasser in die Flasche A hineingedr\u00fcckt, bis alles Gas sich im Zylinder B befand, bezw. bis das Wasser nachflo\u00df. Es ergaben sich 575 ccm, wovon 320 ccm auf die anfangs in der Flasche \u00fcber der N\u00e4hrfl\u00fcssigkeit befindliche Luft zu rechnen sind. Es wurden zwei Analysen angesetzt, deren Resultate folgende waren:\na.\nAngewandt 97,7 ccm Gas.\nDurch KOH absorbiert 4,8 ccm = \u00bb rauch. H2S04 0,0 ccm = \u00bb\tpyrogalluss. Na 5,3 ccm \u00abp\n\u00bb\tCu2Cl2 0,0 ccm\t=\nKeine Explosion Aus der Differenz\nf =\n\\ =\n4,9 \u00b0/o C02\n0,0 \u00b0/o schw. Kohlenwasserstoffe 5,4 \u00b0/o 0 0,0 \u00b0/o GO 0 0,0\u00b0/o H\n0,0 o/o ch4\n89,7 \u00b0/o N\n100,0\nb.* 2)\nAngewandt 90,2 ccm Gas.\nDurch KOH absorbiert 3,9 ccm \u00bb pyrogalluss. Na 4,5 ccm\nKeine Explosion\nAus der Differenz\n\u00ab\u00c4 4,3\u00b0/o C02 = 5,0 \u00b0/o O = 0,0 \u00b0/o H = 0,0 \u00b0/o CH4 90,7 \u00b0/o N\n100,0\n9 Auf schw. Kohlenwasserstoffe und CO wurde bei den folgenden Analysen nicht mehr gepr\u00fcft.\n2) Die Differenzen zwischen den Resultaten von a und b sind infolge einer stattgehabten Temperatur\u00e4nderung etwas gro\u00df.","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien. III.\n7 0\nVersuch III.\n1000 ccm Uschinskysche L\u00f6sung (ohne Natr. asparagin. und Ammon, lact. mit 40 g Glyzerin) -|- 10 g nucleinsaurem Natrium wurden mit einer Kolireinkultur geimpft und des weiteren wTie Versuch I angesetzt. Am zweiten Tage begann eine auffallend deutliche Gasentwicklung.\nNach 4 Tagen wurde das gebildete Gas vollst\u00e4ndig in den Zylinder \u00fcbergedr\u00fcckt und gemessen. Es ergaben sich 1150 ccm Gasgemenge. Da nun das \u00fcber dem Reaktionsgemisch in der Flasche A befindliche Luftvolumen 800 ccm betrug, so waren durch bakterielle T\u00e4tigkeit 350 ccm Gas entwickelt worden.\nDie Analysen des Gesamtgasgemisches ergaben folgende Result ate :\na.\nAngewandt 97,7 ccm Gas. Durch KOH absorbiert 24.5 ccm \u00bb pyrogalluss. Na 1.2 ccm\nKeine Explosion\nAus der Differenz\n= 25,1 \u00b0/o C02 =\t1,2\t\u00b0/o\t0\n= 0,0 o/o H\n= 0,0 o/o ch4\n73,7 \u00b0/q N 100,0\n1).\nAngewandt 99,0 ccm Gas. Durch KOH absorbiert 24,8 ccm \u00bb pyrogalluss. Na 1,0 ccm\nKeine Explosion\nAus der Differenz\n= 25,1 \u00b0/o C02 =\t1,0\t\u00b0/o\t0\n= 0,0 \u00b0/o H\n= 0,0 \u00b0/o ch4\n73,9 \u00b0/q N\n100.0\nJ\nUm uns zu \u00fcberzeugen, da\u00df die beobachtete Gasentwicklung nicht auf blo\u00dfe bakterielle Atmung zur\u00fcckzuf\u00fchren sei, sondern da\u00df tats\u00e4chlich eine Gasbildung aus dem N\u00e4hrmaterial stattfinde, setzten wir den Versuch I mit einer gr\u00f6\u00dferen Menge an\nJ\nund impften mit einem Gemisch von F\u00e4ulnisbakterien, in der","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nA. Schittenhelm und F. Schr\u00f6ter\nErwartung, da\u00df dadurch die Reaktion m\u00f6glichst intensiv verl\u00e4uft. Unsere Voraussetzung best\u00e4tigte sich vollauf, wir erhielten reichlich 3 1 Gasgemisch, die zu dem anf\u00e4nglich vorhandenen Luftvolumen hinzugekommen waren.\nDie bei der Analyse gefundenen 20,6\u00b0/o Kohlens\u00e4ure sind zum Teil als Produkt der Atmung anzusehen, die gro\u00dfe Menge jedoch macht es wahrscheinlich, da\u00df sie andernteils durch G\u00e4rwirkung der Bakterien entstanden ist.\nDie ermittelten 8,4\u00b0/o Sauerstoff entstammen zweifelsohne dem Rest der anf\u00e4nglich vorhandenen atmosph\u00e4rischen Luft, ebenso ein Teil des Stickstoffs. Der \u00dcberschu\u00df an Stickstoff, der durch eine oberfl\u00e4chliche Berechnung mit Sicherheit festgestellt war, war bei der Zersetzung des N\u00e4hrbodens entstanden.\nWasserstoff und Methan, die nur bei diesem Versuch festgestellt werden konnten, sind durch tief eingreifende F\u00e4ulnis hervorgerufen.\nDa\u00df der Stickstoff\u00fcberschu\u00df aus der Nucleins\u00e4ure abgespalten worden war, stand fest, da unser N\u00e4hrsubstrat keinen andern N-haltigen K\u00f6rper enthielt. Anders war es mit der Kohlens\u00e4ure. Sie konnte dem Glyzerin oder der Nucleins\u00e4ure oder auch beiden entnommen sein. Ein Versuch, der mit Uschinskyscher L\u00f6sung (ohne Natr. asparagin. und Ammon, lact.) mit der doppelten Menge Glyzerin (70 g pro 1000 ccm) angesetzt und mit Kolireinkultur geimpft worden war,' ergab keine Gasentwicklung, da die Bakterien in diesem N\u00e4hrboden nicht wuchsen. Wir mu\u00dften daher quantitative Versuche veranstalten, den einen mit Nucleins\u00e4ure allein, den andern mit Nucleins\u00e4ure und Glyzerin, soda\u00df wir nachher durch Vergleich der Resultate das gew\u00fcnschte Urteil erhielten. Da wir bei -dem ersten Versuche ein der Zusammensetzung nach unbekanntes F\u00e4ulnisbakteriengemisch angewandt hatten, so schien os einerseits von bakteriologischem Interesse, mit einer Reinkultur zu arbeiten, andererseits erhofften wir dadurch ein einfacher zusammengesetztes Gasgemisch zu erhalten. Deshalb verwandten wir bei Versuch II und III eine Reinkultur von Bakt. coli com.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien. III.\n/ /\nDer besseren \u00dcbersicht halber haben wir aus den Doppelversuchen von II und III die mittleren Werte berechnet und in nachstehendem einander gegen\u00fcbergestellt.\n\tii (Natr. nuclein.)\tIII (Natr. nuclein -f- Glyzerin)\nC02\t4,6 \u00b0/o\t25,1 \u00b0/o\n0\t5,2 \u00b0/o\t1,1 \u00b0/o\nN\t90.2 \u00b0/o\t73,8 \u00b0/o y\t1\nUm den \u00dcberschu\u00df an Stickstoff zu ermitteln, mu\u00dfte der zur atmosph\u00e4rischen Luft geh\u00f6rende Stickstoff berechnet und in Abzug gebracht werden.\nBerechnung von Versuch II. Die bei der Analyse erhaltenen 90,2 %> N entsprechen auf die gesamte Gasmenge von 575 ccm berechnet 518,7 ccm N. Da am Anfang des Versuchs 320 ccm atmosph\u00e4rische Luft vorhanden waren, die nach der Gleichung\nLuft _ 100 _ 320 IT \u201c 79 \u201c X~\nX \u2014 252,8 ccm N entsprachen,\nso waren aus dem N\u00e4hrboden\n518.7\t\u2014 252,8 = 265,9 ccm N\ndurch Abbau der Nucleins\u00e4ure entwickelt worden.\nBerechnung von Versuch III. Die Berechnung, die analog der vorhergehenden ausgef\u00fchrt wurde, ergab, da\u00df aus dem N\u00e4hrboden\n848.7\t\u2014 632,0 = 216,7 ccm N\ndurch Abbau der Nucleins\u00e4ure entwickelt worden waren.\nDurch beide Versuche ist also festgestellt, da\u00df bei der Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien, speziell Coli, freier N abgespalten wird.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"A. Schittenhelm und F. Schr\u00f6ter\nWie vorn erw\u00e4hnt wurde, ist es eine bekannte Tatsache,1) da\u00df Mikroorganismen aus Nitraten und Nitriten elementaren N2 abspalten k\u00f6nnen, was u. a. auch f\u00fcr Coli2) nachgewiesen ist, Unser N\u00e4hrboden enthielt aber von vornherein weder Nitrate noch Nitrite; auch im Verlauf der Reaktion sind solche nicht gebildet worden, wie der negative Ausfall der Diphenylaminreaktion ergab. Es mu\u00df daher angenommen werden, da\u00df nicht nur Nitrate und Nitrite, sondern auch andere K\u00f6rper (Amido- und Imidogruppen) bef\u00e4higt sind, unter bakteriellem Einflu\u00df ihren Stickstoff als solchen abzugeben.\nDas Fehlen von Nitriten und andererseits das Vorhandensein von aus Nucleins\u00e4ure gebildetem Ammoniak, worauf wir sp\u00e4ter noch zur\u00fcckkommen werden, beweist fernerhin, da\u00df der frei gewordene Stickstoff nicht einer wechselseitigen Einwirkung von amid- und nitrithaltigen Stoffwechselprodukten seinen Ursprung verdankt, wie von Grimbert2) in Erw\u00e4gung gezogen wurde, sondern da\u00df er tats\u00e4chlich als echtes Sekret der Bakterienzelle aufgefa\u00dft werden mu\u00df.\nWas die aus Nucleins\u00e4ure abgespaltenen Mengen freien Stickstoffs anbelangt, so zeigt sich, da\u00df bei Versuch III, der mit 10 g nucleinsaurem Natrium angesetzt werden war, etwas weniger freier Stickstoff gebildet wurde, wie in Versuch II, der nur 5 g enthielt, obgleich jedoch die Wachstumsbedingungen f\u00fcr Bakterien in Versuch III durch die Anwesenheit von Glyzerin g\u00fcnstigere waren als bei Versuch II. Der Grund f\u00fcr die Differenz d\u00fcrfte wesentlich in der verschiedenen Reaktionsdauer zu suchen sein.\nDie Kohlens\u00e4ure verdankt sicherlich zum Teil ihre Anwesenheit der bakteriellen Atmung, w\u00e4hrend ein anderer Teil (wenigstens bei II und III) durch Verg\u00e4rung des N\u00e4hrmaterials entstanden ist. Um ein ungef\u00e4hres Bild \u00fcber diese Verh\u00e4ltnisse zu gewinnen, m\u00fcssen wir erst das Verh\u00e4ltnis von gebildeter Kohlens\u00e4ure zu verbrauchtem Sauerstoff kennen. Welcher Anteil\n*) Fl\u00fcgge, Mikroorganismen, III. Aufl., S. 261.\n2) Grimbert, Annal, de linst. Pasteur 1899, Tome XIII, p. 67.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien. III.\n79\nder gebildeten Kohlens\u00e4ure aber auf Atmung, welcher auf G\u00e4rung zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, w\u00fcrde sich zahlengem\u00e4\u00df erst dann entscheiden lassen, wenn der \u00abrespiratorische Quotient\u00bbx) f\u00fcr die betreffende Bakterienart bekannt ist.\nDie bei Versuch II gefundenen 4,6\u00b0/o C02 entsprechen im Gesamtgasgemisch von 575 ccm 26,5 ccm C02.\nDa anf\u00e4nglich 320 ccm Luft mit 67,2 ccm 0 zur Verf\u00fcgung standen und 5,2 \u00b0/o bezw. 29,9 ccm 0 im Gesamtgasgemisch wiedergefunden wurden, so waren 67,2 \u2014 29,9 = 37,3 ccm 0 f\u00fcr die Atmung verbraucht.\nEs ergibt sich sonach:\nC02\t_ 26,5 _ 0,7\nverbrauchtem 0\t37,3\t1\nBei Versuch III betrug die gefundene Kohlens\u00e4ure 25,1 \u00b0/o = 288,6 ccm im Gesamtgasgemisch von 1150 ccm. Die urspr\u00fcnglich vorhandene Luft betrug 800 ccm = 168,0 ccm 0.\nWiedergefunden waren\t1,1 \u00b0/o = 12,7 ccm 0,\nverbraucht waren also 168,0 \u2014 12,7 = 156,3 ccm 0:\nmithin ergibt sich :\nC02______ _\t288,6\t_\t1,9\nverbrauchtem 0\t156,3\t1\nEin erheblicher Teil der gebildeten Kohlens\u00e4ure entf\u00e4llt auf die bakterielle Atmung. Wenn nun noch C02 durch G\u00e4rung des N\u00e4hrbodens entstanden war, so konnte sie aus den Zuckergruppen der Nucleins\u00e4ure und aus dem Glyzerin stammen. Eine Pr\u00fcfung auf Zuckergruppen,2) die nach Kossel als Pentose und Hexose in der Hefenucleins\u00e4ure Vorkommen, ergab in\n9 N\u00e4here Angaben und Untersuchungen bez\u00fcglich der Frage des \u00abrespiratorischen Quotienten\u00bb finden sich in unserer demn\u00e4chst erscheinenden Mitteilung \u00ab\u00fcber Gasbildung und Gasatmung von Bakterien\u00bb im Zentralblatt f\u00fcr Bakteriologie.\ns) Das aus unserem Pr\u00e4parate nach Aufschlie\u00dfen mit H2S04 erhaltene Glukosazon hatte den Schmelzpunkt 209\u00b0; vom Pentosazon gelang es uns nicht, gen\u00fcgende Mengen zur Schmelzpunktbestimmung zu erhalten.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XL.\n6","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\tA. Schitte nhelm und F. Schr\u00f6ter, Hefenucleins\u00e4ure etc.\nunserem Pr\u00e4parat nur \u00e4u\u00dferst geringe Mengen, soda\u00df eine Entstehung von Kohlens\u00e4ure, wie wir sie in Versuch II fanden, nur zum geringsten Teil auf Verg\u00e4rung zur\u00fcckgef\u00fchrt werden konnte. Sie mu\u00dfte vielmehr der Hauptsache nach ein Produkt der bakteriellen Atmung sein.\nHieraus folgt ohne weiteres, da\u00df bei Versuch III der gr\u00f6\u00dfere Teil der C02 seine Bildung der Zersetzung des Glyzerins verdankt.","page":80}],"identifier":"lit17870","issued":"1903-04","language":"de","pages":"70-80","startpages":"70","title":"\u00dcber die Spaltung der Hefenucleins\u00e4ure durch Bakterien. (III. Mitteilung)","type":"Journal Article","volume":"40"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:49:44.848029+00:00"}