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{"created":"2022-01-31T13:46:23.227839+00:00","id":"lit17935","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kutscher","role":"author"},{"name":"Lohmann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 41: 332-342","fulltext":[{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"I\nDie Endprodukte der Pankreasselbstverdauung.\nIII. Mitteilung.\nVon\nKutscher und Lohmann.\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Marburg.) (Der Redaktion zugegangen am 12. M\u00e4rz 1904.)\nDurch die Arbeiten von Lawrow1) ist die Anschauung K\u00fchnes2) und seiner Anh\u00e4nger \u00fcber die Spaltung der Eiwei\u00dfstoffe durch Pepsin als falsch erwiesen worden. Nach der Theorie K\u00fchnes stellte das Amphopepton das einzige Endprodukt der Pepsinverdauung dar. Im Gegensatz hierzu hat Lawrow die Angaben der Schule Hoppe-Seylers, nach der die Eiwei\u00dfstoffe durch das Pepsin unter Bildung kristallinischer Spaltungsprodukte zersetzt werden, vollkommen best\u00e4tigen k\u00f6nnen. Von Lawrow wurden aus peptischen Verdauungsfl\u00fcssigkeiten Leucin, Amidovalerians\u00e4ure, Asparagins\u00e4ure, Tetramethylendiamin und Pentamethylendiamin gewonnen. Den genannten kristallinischen K\u00f6rpern wurden durch S. Salaskin,3) Katharina Kowalewski und L. Langstein4) noch Leucin-imid, Alanin, Phenylalanin, Glutamins\u00e4ure, Tyrosin, Pyrrolidinkarbons\u00e4ure, Cystin, Lysin und Oxyphenyl\u00e4thylamin zugef\u00fcgt. Einige dieser Substanzen m\u00f6gen allerdings auch Kunstprodukte sein, da zu ihrer Darstellung eine recht eingreifende Methode gedient hat. Trotzdem ist durch die Arbeiten der genannten Forscher zweifellos gemacht, da\u00df das Pepsin auf die Eiwei\u00df-\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XXVI, S. 513, und Bd. XXXIII, S. 312.\n2)\tBez\u00fcglich der Theorien K\u00fchnes verweisen wir auf Neumeisters Handbuch f\u00fcr physiol. Chemie, 2. Aufl. 1897.\n3)\tDiese Zeitschrift, Bd. XXXII, S. 592, und Bd. XXXVIII, S. 567.\n4)\tHofmeisters Beitr\u00e4ge, Bd. 1, S. 507, und Bd. 2, S. 229.","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Die Endprodukte der Pankreasselbstverdauung. III.\n333\nStoffe viel energischer einwirkt, als sich nach K\u00fchne annehmen lie\u00df und das Amphopepton keine absolute Widerstandsf\u00e4higkeit gegen Pepsin besitzt.\nNicht weniger unrichtig sind die Angaben K\u00fchnes \u00fcber die Spaltung der Eiwei\u00dfstoffe durch das Trypsin gewesen. Nach der Theorie K\u00fchnes sollte bekanntlich das Eiwei\u00df durch das Trypsin in der Weise verdaut werden, da\u00df aus der Antigruppe des Eiwei\u00dfmolek\u00fcls als einziges Endprodukt ein Pepton entstand, das gegen Trypsin absolut widerstandsf\u00e4hig war und dem daher von K\u00fchne der Name \u00abAntipepton\u00bb beigelegt wurde. Seinem Gewichte nach mu\u00dfte das Antipepton die H\u00e4lfte des zur Verdauung verwandten Eiwei\u00dfes ausmachen. Aus der Hemigruppe hingegen, die die zweite H\u00e4lfte des Eiwei\u00dfmolek\u00fcls darstellte, ging nach K\u00fchne Hemipepton hervor, das weiterhin unter der Einwirkung des Trypsins in Leucin, Tyrosin und andere kristallinische Substanzen zerfallen konnte.\nDiese Theorie wurde sofort hinf\u00e4llig, als Kutscher durch zahlreiche Versuche nachwies, da\u00df man die Eiwei\u00dfstoffe durch Trypsin leicht und schnell bis zum Verschwinden der Biuret-reaktion verdauen kann, sofern man sich nur wirksamer Trypsinpr\u00e4parate bedient. Zum \u00dcberflu\u00df sind dann noch durch Kutscher \u00abreine und allerreinste Antipeptone nach K\u00fchne und Siegfried-Balke\u00bb dargestellt und untersucht worden. Dieselben bestanden in der Hauptsache aus einem Gemenge von Hexonbasen, die durch etwas biuretgebende Substanz verunreinigt sein konnten.\nEs liegt uns \u00fcbrigens fern, die Verdienste K\u00fchnes um die Verdauungsphysiologie verkleinern zu wollen. Seine Theorien \u00fcber den Abbau der Eiwei\u00dfstoffe durch das Pepsin und Trypsin entsprachen genau dem damaligen Stande der Wissenschaft. Nachdem aber unsere Kenntnisse \u00fcber die Wirksamkeit der proteolytischen Enzyme weiter fortgeschritten sind, m\u00fcssen wir die Theorien K\u00fchn'es aufgeben, wenn wir nicht r\u00fcckst\u00e4ndig werden wollen. Jedenfalls glauben wir der Wissenschaft zur Zeit einen Dienst zu leisten, indem wir die Theorien K\u00fchnes bek\u00e4mpfen, da dieselben jeden Fortschritt in der Verdauungsphysiologie hemmen m\u00fcssen. Das wird sofort deutlich, wenn","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\nKutscher und Lohmann,\nman sich dar\u00fcber klar wird, da\u00df die Theorien K\u00fchnes die Ansichten \u00fcber Pepsin- und Trypsinverdauung vollkommen zuip Abschlu\u00df brachten. Denn nach denselben entstand ja als einziges Endprodukt der Pepsinverdauung nur Amphopepton und bei der Trypsinverdauung bildeten sich schlie\u00dflich nur Antipepton, Leucin, Tyrosin und Spuren anderer kristallinischer Substanzen. Weiteren Untersuchungen blieb also h\u00f6chstens die Reindarstellung des Amphopeptons und Antipeptons Vorbehalten. Alle andere Arbeit war dagegen bereits scheinbar durch K\u00fchne und seine Sch\u00fcler geleistet. So sind denn auch alle wesentlichen Fortschritte, die in letzter Zeit bez\u00fcglich der Pepsin- und Trypsinverdauung erarbeitet sind, entgegen den Theorien K\u00fchnes gemacht worden. Die Versuche aber, diese Theorien in modifizierter Form zu halten, k\u00f6nnen wir nicht gerade als gl\u00fccklich bezeichnen. Denn die Theorien K\u00fchnes, die an sich klar und logisch waren, vertragen keine Modifikationen, ohne sofort verworren und unlogisch zu werden. Sie gestatten vielmehr nur zwei M\u00f6glichkeiten, sie sind entweder richtig oder falsch. Ihre Richtigkeit wird durch die Reindarstellung des gegen Pepsin absolut widerstandsf\u00e4higen Amphopeptons und des gegen Trypsin absolut widerstandsf\u00e4higen Antipeptons bewiesen. Doch scheint man es zur Zeit f\u00fcr verlorene M\u00fche zu halten, das \u00abreinste Ampho-, Hemi- und Antipepton nach K\u00fchne\u00bb zu gewinnen, denn selbst ein Teil jener Forscher, nach deren Angaben K\u00fchnes Rehauptungen zu Recht bestehen, zieht es vor, lieber die von Lawrow und Kutscher von neuem erschlossenen Gebiete abzubauen, anstatt sich mit jenen gewi\u00df h\u00f6chst interessanten K\u00f6rpern zu besch\u00e4ftigen.\nWir wollen nunmehr tabellarisch nebeneinander diejenigen kristallinischen Substanzen auff\u00fchren, die man sowohl bei der Pepsin- wie der Trypsinverdauung der Eiwei\u00dfstoffe aufgefunden hat.\nEin Rlick auf die nebenstehende Tabelle (S. 335) zeigt die weitgehende \u00c4hnlichkeit in der Pepsin- und Trypsin Verdauung. Dieselbe wird noch auff\u00e4lliger, wenn man die von Lawrow1) und\nff Diese Zeitschrift, Bd. XXXIII, S. 312.","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Die Endprodukte der Pankreasselbstverdauung. III.\n335\nEmerson1) erarbeitete Tatsache in Betracht zieht, da\u00df entgegen der K\u00fchn eschen Theorie die Wirkung der proteolytischen Enzyme nicht einmal bei der Bildung kristallinischer Spaltungsprodukte stehen bleibt. Wir m\u00fcssen vielmehr einige derselben als Zwischenprodukte betrachten, die unter dem Einfl\u00fcsse der Enzyme sich noch weiter ver\u00e4ndern k\u00f6nnen. Der Beweis hierf\u00fcr ist zuerst von Lawrow2) erbracht worden, welcher bei der Magenverdauung an Stelle des Arginins Tetramethylendiamin, an Stelle des Lysins Pentamethylendiamin auftreten sah. Selbst das Tyrosin d\u00fcrfen wir nach den Angaben von Emerson3) nur als Zwischenprodukt betrachten, da aus ihm sowohl bei der Magen- wie Pankreasverdauung Oxyphenyl\u00e4thylamin hervorgehen kann. Desgleichen wissen wir bereits aus Arbeiten von Neumeister,4) da\u00df auch das Tryptophan bei l\u00e4ngerw\u00e4hrender Trypisnverdauung verschwindet, demnach also nicht ein Endprodukt der Trypsinverdauung ist.\nBei der Pepsinverdauung gefunden\tBei der Trypsinverdauung gefunden\nLeucin\tLeucin\nLeucinimid\tLeucinimid\nAsparagins\u00e4ure\tAsparagins\u00e4ure\nGlutamins\u00e4ure\tGlutamins\u00e4ure\nTyrosin\tTyrosin\nOxyphenyl\u00e4thylamin\tOxyphenyl\u00e4thylamin\nCystin\tCystin\nLysin\tLysin\nPentamethvlendiamin\tPentamethylendiamin\n\nNachdem von Kutscher5) die Bildung und der Bestand der Hexonbasen als charakteristisch f\u00fcr die Trypsin Wirkung erkannt worden, war f\u00fcr uns von besonderem Interesse, zu er-\n_____________t\nx) Hofmeisters Beitr\u00e4ge, Bd. 2, S. 201.\n2)\t1. c.\n3)\tJ, C>\n4)\tZeitschrift f\u00fcr Biologie, N. F., Bd. 1890, S. 329.\n5)\tDie Endprodukte der Trypsinverdauung, Stra\u00dfburg 1899.","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nKutscher und Lohmann\nfahren, ob dieselben doch nicht schlie\u00dflich in der gleichen Weise wie bei der Pepsinverdauung ver\u00e4ndert werden, d. h. in\nTetra- und Pentamethylendiamin \u00fcbergehen. Eine \u00e4ltere Arbeit i von Werigo1) mu\u00dfte in diesem Sinne gedeutet werden. Au\u00dfer- ||\ndem war k\u00fcrzlich durch Magnus-Levy2) in einer Fu\u00dfnote Ij die Angabe gemacht worden, da\u00df in Hofmeisters Laboratorium \u00a7 reichliche Mengen von Pentamethylendiamin bei Pankreas- \u00a7 Verdauungen gefunden seien.\ti\nUns stand f\u00fcr die Entscheidung dieser Fragen von unseren I fr\u00fcheren Versuchen \u00fcber die Endprodukte der Pankreasselbstver- j dauungein reichliches und tadelloses Material zur Verf\u00fcgung.3) Wir i mu\u00dften, wenn sich bei unseren zitierten Verdauungsversuchen, :Si die immer bis zum Verschwunden der Biuretreaktion getrieben \u00a7 waren, Tetra- und Pentamethylendiamin gebildet hatten, die \u00a7 genannten K\u00f6rper in der Lysinfraktion vorfmden. Bez\u00fcglich 1 der Methoden, die zur Gewinnung der Lysinfraktion f\u00fchrten, 1 verweisen wir auf unsere fr\u00fchere Abhandlung.4) Nun haben 1 wir des weiteren gezeigt, da\u00df man die Lysinfraktion mit Hilfe 1 der Pikrins\u00e4ure aufteilen kann, indem man mit dem genannten 1 Reagens nach der Methode von Kos sei Pikrate gewinnen kann, 11 die auch in siedendem Alkohol unl\u00f6slich sind und sich durch 1\u00cf\ndieses Mittel von alkoholl\u00f6slichen Pikraten abtrennen lassen. Die || in Alkohol unl\u00f6sliche Fraktion der Pikrate wollen wir im fol- Si\ngenden als \u00ab Lysinfraktion im engeren Sinne \u00bb, die alkoholl\u00f6sliche B Fraktion der Pikrate hingegen als \u00ab Cholinfraktion \u00bb bezeichnen. ||\nVerarbeitung der Lysinfraktion im engeren Sinne. 1\nDie mit Alkohol ausgekochten Pikrate, die wir bei unseren 1 verschiedenen Versuchen erhalten hatten, mu\u00dften, sofern bei \u25a0 der Pankreasselbstverdauung Tetra- und Pentamethylendiamin II sich bildet, auch die Pikrate der genannten Basen enthalten, ij Um dieselben vom Lysin abzutrennen, wurden die gesamten Ij alkoholunl\u00f6slichen Pikrate vereinigt, in Wasser aufgeschwemmt'\u00bb\n*) Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 51, S. 362.\tI\n2) Hofmeisters Beitr\u00e4ge, Bd. 2, S. 288, Fu\u00dfnote.\tit\n8) Diese Zeitschrift, Bd. XXXIX, S. 159.\t\u00bb\n4) Diese Zeitschrift, Bd. XXXIX, S. 159.\t\u00ca","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Die Endprodukte der Pankreasselbstverdauung. III.\n337\nund mit Salzs\u00e4ure zersetzt. Die Pikrins\u00e4ure wurde durch \u00c4ther entfernt. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung der in die Chloride \u00fcbergef\u00fchrten Basen wurde stark eingeengt. Da sie sich hierbei sehr dunkel f\u00e4rbte, wurde sie mit guter Tierkohle entf\u00e4rbt und auf dem Wasserbade zum Sirup abgedampft. In einem mit Schwefels\u00e4ure und Kalist\u00fccken beschickten Exsiccator erstarrte der Sirup bald zu einer festen Kristallmasse. Nachdem dieselbe Salzs\u00e4ure an die Umgehung nicht mehr abgab, wurde versucht, sie nach dem Vorg\u00e4nge von Brieger1) durch Alkohol weiter aufzuteilen. Sie wurde zu diesem Zweck im Exsiccator mit kaltem absoluten Alkohol \u00fcbergossen.2) Nach einigen Stunden wurde der Alkohol abgegossen und durch neuen ersetzt. Dieses Verfahren wurde sechsmal wiederholt. Die Alkoholextrakte wurden vereinigt, der Alkohol verjagt und der nicht unbetr\u00e4chtliche R\u00fcckstand mit Wasser aufgenommen. Um daraus das Penta- und Tetramethylendiamin zu isolieren, gedachten wir die Pikrolons\u00e4ure zu benutzen. Dieselbe ist bekanntlich von Knorr und seinen Sch\u00fclern zur Isolierung der Amine benutzt worden. Nachdem neuerlich Steudei3) gezeigt hat, da\u00df Pikrolons\u00e4ure mit Histidin und Arginin, nicht aber mit Lysin schwerl\u00f6sliche Verbindungen liefert, lag es nahe, die Pikrolons\u00e4ure zur Abtrennung des Penta- und Tetramethylendiamins vom Lysin zu verwenden. Von vornherein lie\u00df sich annehmen, es w\u00fcrden die beiden Diamine in \u00e4hnlicher Weise wie die Amine reagieren. Das ist nun in der Tat auch der Fall, die beiden genannten Diamine bilden mit Pikrolons\u00e4ure prachtvoll kristallisierende Verbindungen, die in Wasser und Alkohol nur schwer resp. gar nicht l\u00f6slich sind. \u00dcber diese Verbindungen wird demn\u00e4chst Herr Otori berichten. Danach mu\u00dfte sich die Pikrolons\u00e4ure zur Gewinnung des Tetra- und Pentamethylendiamins eignen.\nWir gingen daher weiter in folgender Weise vor. Aus\n- #\nL) Die Ptomaine, Berlin 1885\u201486.\n2)\tHei\u00dfer Alkohol l\u00f6ste die ganze Kristallmasse. Hat man nicht die Cholinfraktion vorher durch die Pikrate abgetrennt, dann versagt auch der kalte Alkohol.\n3)\tDiese Zeitschrift, Bd. XXXVII, S. 219.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLI.\n22","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nKutscher und Lohmann,\nder w\u00e4sserigen L\u00f6sung der alkoholl\u00f6slichen Chloride wurde zun\u00e4chst die Salzs\u00e4ure durch Silbersulfat entfernt. Das Filtrat, vom Chlorsilber wurde durch Schwefelwasserstoff vom Silber, durch Barytwasser von der Schwefels\u00e4ure und endlich durch Kohlens\u00e4ure vom \u00fcbersch\u00fcssigen Baryt befreit. Auf diese Weise wurde eine L\u00f6sung der kohlensauren Basen erhalten. Dieselbe wurde zum Sirup eingeengt und nun langsam mit alkoholischer Pikrolons\u00e4ure versetzt, bis das genannte Reagens keine F\u00e4llung mehr erzeugte. Nach 3 Tagen wurde der reichliche Niederschlag abgesaugt und mit Alkohol gewaschen, bis der Alkohol nur wenig gef\u00e4rbt ablief. Das erste Filtrat wurde mit dem Waschalkohol vereinigt. Wir wollen die so erhaltene Fl\u00fcssigkeitsmasse als \u00abFiltrat\u00bb bezeichnen.\nVerarbeitung des Niederschlages.\nDer Niederschlag wurde mit hei\u00dfem Wasser aufgenommen, durch l\u00e4ngeres Kochen die Reste des Alkohols, die er enthielt, verjagt. Nach dem Erkalten schied sich nur ein geringer kristallinischer Niederschlag ab, die Hauptmasse des Ausgangsmaterials dagegen blieb in L\u00f6sung. Die ausgeschiedenen Kristalle wurden abgesaugt und aus viel siedendem Wasser umkristallisiert. Sie schieden sich beim langsamen Erkalten des L\u00f6sungsmittels in gl\u00e4nzenden, gelben, durchsichtigen Oktaedern ab. Schon ihre Kristallform unterschied sie von den Pikrolonaten des Penta- und Tetramethylendiamins. Ihre weitere Untersuchung ergab, da\u00df sie reichlich Kristallwasser enthielten. Der Schmelzpunkt der getrockneten Kristalle mu\u00df \u00fcber 308\u00b0 C. liegen, denn die kristallwasserfreien bis zur genannten Temperatur erhitzten Kristalle f\u00e4rbten sich nur schwarzbraun, ohne klar zu schmelzen oder st\u00fcrmische Zersetzung zu zeigen. Die aufgef\u00fchrten Eigenschaften gen\u00fcgen, um eine Verwechslung mit pikrolonsaurem Penta-resp. Tetramethylendiamin auszuschlie\u00dfen. Die Ausbeute an dem schwerl\u00f6slichen Pikrolonat war sehr gering, wir mu\u00dften daher vor der Hand Abstand nehmen, es genauer zu identifizieren. Eine Stickstoffbestimmung ergab folgende Werte :\n0,1588 g Substanz gaben 29,2 ccm N ; T. = 13,5\u00b0; B. = 740 mm.\nDaraus berechnen sich 21,34 \u00b0/o N.","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Die Endprodukte der Pankreasselbstverdauung. III.\t339\nDie Hauptmasse der Pikrolonate war, wie bereits gesagt, in Wasser leicht l\u00f6slich. Ihre w\u00e4sserige L\u00f6sung wurde in der K\u00e4lte durch Zugabe von Schwefels\u00e4ure zersetzt. Der gr\u00f6\u00dfte Teil der Pikrolons\u00e4ure schied sich daraufhin aus und konnte durch Filtration entfernt werden. Der in L\u00f6sung verbliebene Rest wurde ausge\u00e4thert. Danach wurde die Schwefels\u00e4ure durch Baryt und der \u00fcbersch\u00fcssige Baryt durch Kohlens\u00e4ure beseitigt. Die so erhaltene L\u00f6sung der kohlensauren Basen wurde zum d\u00fcnnen Sirup eingeengt. Ein kleiner Teil davon wurde mehrfach mit Salzs\u00e4ure abgedampft. Im Exsiccator kristallisierte diese Probe nur schwierig in langen Nadeln, die sich in absolutem Alkohol leicht und vollkommen l\u00f6sten. Die Hauptmasse des Sirups wurde nach Kos sei mit alkoholischer Pikrins\u00e4ure ausgef\u00e4llt. Das gewonnene Pikrat lie\u00df sich im Gegensatz zum gew\u00f6hnlichen Lysinpikr\u00e4t nicht mit Tierkohle behandeln, sondern wurde davon vollkommen zur\u00fcckgehalten. Dagegen kristallisierte seine w\u00e4sserige L\u00f6sung bis auf den letzten Tropfen in Kristallen, die dem gew\u00f6hnlichen Lysinpikrat in ihrem Verhalten recht \u00e4hnlich waren. Auch die Analyse zeigte, da\u00df in der Tat ein Lysinpikrat vorlag. Es gab n\u00e4mlich die Substanz folgende Werte:\n0,1558 g Substanz gaben 25,4 ccm N; T. = 15,3\u00b0; B. = 750 mm. Daraus berechnen sich N = 18,76 \u00b0/o ; Lysinpikrat enth\u00e4lt 18,67 \u00b0/o N.\nDa aber das Verhalten des Dichlorids so au\u00dferordentlich von dem gew\u00f6hnlichen Lysindichlorid, welches bekanntlich nach den Angaben von Drechsel in \u00c4thylalkohol kaum l\u00f6slich ist, abwich, versuchten wir durch den Schmelzpunkt unseres Pikrates weiteren Aufschlu\u00df dar\u00fcber zu erhalten, ob in der Tat ein isomeres Lysin vorlag. Wir benutzten als Kontroll-proben zwei verschiedene Lysinpikrate. Das eine derselben war aus einem in Alkohol schwerl\u00f6slichen Lysindichlorid dargestellt, das aus Gluten-Casein gewonnen war, das zweite Pr\u00e4parat r\u00fchrte von einem in Alkohol schwerl\u00f6slichen Lysindichlorid her, das wir durch Selbstverdauung von Hefe gewonnen hatten. Beide Pr\u00e4parate verhielten sich im Schmelzr\u00f6hrchen vollkommen gleich. Bei langsamem Erhitzen begannen sie gegen 215\u00b0 C. sich zu br\u00e4unen, bei 230\u00b0 C. waren sie schwarz geworden,\n22*","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340\nKutscher und Lohmann,\nohne jedoch deutlich zu schmelzen. Erhitzte man weiter, so ver\u00e4nderten sie sich zun\u00e4chst scheinbar nicht, explodierten dann\ni\naber ganz scharf und pl\u00f6tzlich mit schwachem Knall bei 252\u00b0 C. Bei vielfachen Wiederholungen wurde, sofern nur langsam erhitzt wurde, stets der gleiche Explosionspunkt gefunden, der sehr charakteristisch ist und sich ohne Gefahr im Schmelzr\u00f6hrchen feststellen lie\u00df.\nDas aus dem Pikrolonat dargestellte Lysinpikrat verhielt sich im Schmelzr\u00f6hrchen zun\u00e4chst wie* die beiden Kontroll-proben, d. h. es begann bei 215\u00b0 G. sich zu br\u00e4unen und wurde allm\u00e4hlich schwarz, ohne eigentlich zu schmelzen. Der Explosionspunkt lag aber tiefer, n\u00e4mlich bei 245\u00b0 G. Sobald wir mehr Material in H\u00e4nden haben, werden wir der Frage, was f\u00fcr ein Lysin hier vorliegt, durch Oxydationsversuche n\u00e4hertreten. Au\u00dfer dem geschilderten Lysin fand sich keine weitere Base unter den im Wasser leicht l\u00f6slichen Pikrolonaten.\nVerarbeitung des \u00abFiltrates\u00bb.\nAus dem Filtrat wurde der Alkohol verjagt. Der R\u00fcckstand wurde dann mit Wasser aufgenommen und mit Schwefels\u00e4ure stark anges\u00e4uert. Die ausgeschiedene Pikrolons\u00e4ure wurde abfiltriert, der in L\u00f6sung gebliebene Rest ausge\u00e4thert. Die Schwefels\u00e4ure entfernten wir durch Baryt, den \u00fcbersch\u00fcssigen Baryt durch Kohlens\u00e4ure. Die L\u00f6sung der so erhaltenen kohlensauren Basen wurde nach Entf\u00e4rbung mit Tierkohle mit alkoholischer Pikrins\u00e4ure gem\u00e4\u00df den Angaben von Kossel gef\u00e4llt. Die Analyse\ndes Pikrates gab Zahlen, die f\u00fcr Lysinpikrat stimmten:\n0,1683 g Substanz gaben 28,4 ccm N ; T. = 15,2\u00b0; B. = 722,5 mm, woraus sich 18,90\u00b0/o N berechnen; Lysinpikrat enth\u00e4lt 18,67\u00b0/o N.\nIm \u00fcbrigen verhielt sich dieses Pikrat genau wie das oben geschilderte; sein Explosionspunkt lag bei 245\u00b0 C. Andere Basen waren in dieser Fraktion ebenfalls nicht vorhanden.\nMan k\u00f6nnte nun vielleicht noch einwenden, da\u00df wir die Masse der gesamten Chloride nicht mit Alkohol in gen\u00fcgender Weise extrahiert h\u00e4tten. Um dem zu begegnen, haben wir eine Stichprobe der in kaltem Alkohol schwerl\u00f6slichen Chloride in wenig Wasser gel\u00f6st und mit alkoholischer Platinchloridl\u00f6sung unter","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"Die Endprodukte der Pankreasselbstverdauung. III.\t341\ngleichzeitiger Zugabe von Alkohol gef\u00e4llt. Nach drei Tagen wurden die ausgeschiedenen Kristalle abgesaugt, mit Alkohol gewaschen und im Vacuum \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet. Sie ver\u00e4nderten dabei ihr Aussehen, indem sie schon bei Zimmertemperatur ihren Glanz und ihre Durchsichtigkeit verloren. Nachdem sie im Vacuum konstantes Gewicht angenommen hatten, wurden sie analysiert.\n0,1733 g Substanz gaben 0,0589 g Pt = 33,99 \u00b0/o Pt.\nF\u00fcr C6H14N202 \u2022 2 HCl \u2022 PtCl4 + C2H5OH berechnet sich 32,54\u00b0/o Pt > C6H14N202 \u2022 2 HCl \u2022 PtCl4\t\u00bb\t\u00bb\t35,05 \u00b0/o Pt.\nDie Kristalle mu\u00dften also, wenn Lysinplatinat vorlag, im Vacuum einen Teil ihres Kristallalkohols verloren haben, daf\u00fcr sprach die Ver\u00e4nderung ihres Aussehens. Sie wurden daher bei 95\u00b0 C. zur Gewichtskonstanz getrocknet. Nunmehr gaben 0,1732 g Substanz 0,0609 Pt = 85,16\u00b0/o Pt. Durch einen Zufall wurden die bei 95\u00b0 C. getrockneten Kristalle l\u00e4ngere Zeit auf 130\u00b0 C. erhitzt. Da nach Drechsel1) das Lysinplatinat sich bei h\u00f6heren Temperaturen leicht zersetzen soll, analysierten wir unser Pr\u00e4parat nochmals:\n0,2187 g Substanz gaben jetzt 0,0768 g Pt; 0,1839 g gaben 8,2 ccm N;\nT. = 17,2\u00b0 C.; B. = 742,5 mm.\nF\u00fcr C6H14N202 \u2022 2 HCl \u2022 PtCl4 Berechnet :\tGefunden :\nPt = 35,05 \u00b0/o\tPt = 35,12 \u00b0/o\nN == 5,05 \u00b0/o\tN = 5,08 \u00b0/o\nNach diesen Erfahrungen scheint das im Vacuum vorgetrocknete Lysinplatinat nicht sehr empfindlich zu sein und ohne Zersetzung die Reste des Kristallalkohols, den es zum Teil bereits im Vacuum verlieren kann, bei h\u00f6heren Temperaturen abzugeben.\nDie im vorstehenden aufgef\u00fchrten Analysen zeigten jedenfalls, da\u00df die \u00ab Lysinfraktion im engeren Sinne \u00bb neben geringen Mengen einer unbekannten Base nur Lysine, aber keine Tetra-und Pentamethylendiamin enthielt. Wir m\u00fcssen daher nach unseren Versuchen eine verschiedene qualitative Wirkung des Trypsins und Pepsins annehmen. Denn gem\u00e4\u00df unseren Versuchen, in denen wir betr\u00e4chtliche Mengen von Bauchspeicheldr\u00fcsen zur\n9 Du Bois\u2019 Archiv, physiol. Abteil., Jahrg. 1891, S. 256.","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342 Kutscher und Lohmann, Die Endprodukte etc.\nVerarbeitung brachten, und in denen die Verdauung immer bis zum Verschwinden der Biuretreaktion getrieben war, m\u00fcssen wir das Arginin und Lysin als Endprodukte der Trypsinverdauung ansehen, w\u00e4hrend nach denVersuchen von Lawrow, Salaskin etc. die genannten Basen bei der Pepsinverdauung nur Durchgangsprodukte sind.\nDie entgegenstehenden Angaben von Werigo erkl\u00e4ren sich wohl dadurch, da\u00df von Werigo nicht immer lebendfrische Bauchspeicheldr\u00fcsen verarbeitet wurden, eine Vorsichtsma\u00dfregel, die absolut notwendig ist. Bez\u00fcglich der dem Hof-meisterschen Laboratorium entstammenden Notiz k\u00f6nnen wir ein Urteil nicht abgeben, da in derselben die Versuchsanordnung nicht n\u00e4her geschildert ist.\nIn Erg\u00e4nzung der von uns gegebenen Literatur\u00fcbersicht >) \u00fcber die Einwirkung verschiedener Verdauungss\u00e4fte auf das Lecithin tragen wir eine Arbeit von Bergeil2) nach. Nach derselben wird durch Darmsaft das Lecithin leicht und schnell unter Bildung von Cholin gespalten.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XXXIX, S. 164/165.\n\u00ab) Zentralblatt f. allgem. Pathol, u. pathol. Anatomie, Bd. 12 (1901),\nS. 633.","page":342}],"identifier":"lit17935","issued":"1904","language":"de","pages":"332-342","startpages":"332","title":"Die Endprodukte der Pankreasselbstverdauung. (III. Mitteilung)","type":"Journal Article","volume":"41"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:46:23.227845+00:00"}