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{"created":"2022-01-31T13:23:45.225465+00:00","id":"lit17972","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Magnus, R.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 42: 149-154","fulltext":[{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Wirkungsweise des esterspaltenden Fermentes (Lipase)\nder Leber.\nVon\nR. Magnus.\n(Aus dem pharmakologischen Institut zu Hoidclhcrg.) liter Redaktion zu^e^an^en am 1. .1 uni\t>\nC. Schmidt1) hat in einer im hie^i\u00abreii instit\u00fct angef\u00fchrten Dissertation gezeigt, da\u00df die rasche Entgiftung von Morphin-glvkols\u00fcureestern, welche starke Krampigifte sind (Harnes),2) auf ihrer leichten Spaltbarkeit im K\u00f6rper beruht. Das spaltende Agens fand sich im Lebersaft, wird durch Kochen zerst\u00f6rt und ist aussalzbar. Versuche, das Wirkungsgesetz dieser Spaltung durch Tierversuche festzustellen, f\u00fchrten zu keinem endg\u00fcltigen Krgcbnis, soda\u00df sich die Aufgabe ergab, das esterspalt ende Ferment der Leber in m\u00f6glichst reiner Form zu gewinnen. Im Verlaufe der Reinigung wurde das Ferment {Unwirksam. Da es nun gelang, dieses unwirksame Ferment wieder zur Wirkung zu bringen, so soll das Ergebnis hier kurz mitgeteilt werden, wenn auch die Reinigung des Fermentes nicht v\u00f6llig erzielt wurde.\nAls Ausgangsmaterial diente Lebersaft, der aus fein gewiegter und mit Ouarzsand zerriebener frischer Rindsleber durch zweimalige Kxtrak-tion mit toluolges\u00e4ttigter 0,9%iger NaLI-L\u00f6sung und darauffolgendes Kotieren bezw. Abzentrifugieren gewonnen war. Kr wurde unter Toluol aufbewahrt. .\nAls Wegweiser bei der Isolierung des esterspaltenden Fermentes mu\u00dfte nat\u00fcrlich, um T\u00e4uschungen zu vermeiden, ein schwer spaltbarer Ester benutzt werden, der in fermentfreien L\u00f6sungen nicht merklich zersetzt wurde. Als solcher\n!i lnaug.-Diss. Heidelberg. 1901.\n2) Arch. f. exper. Rath. u. Pharm., Rd. W. S. f>K, 1901.","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nR. Magnus.\ndiente nach dein Vorschl\u00e4ge von Chanoz und Doyon1) der Salieyls\u00e4ureamylester. Dieser wurde vorher mit konzentrierter Sodal\u00f6sung und unter mehrfachem Aussch\u00fctteln mit Wasser gereinigt. Ks ergab sich in \u00e4u\u00dferst zahlreichen Kontrollver-sucheu, da\u00df er in neutralen L\u00f6sungen auch hei l\u00e4ngerem Aufenthalt im Drutsehrank sich nicht in merklichen Mengen zersetzte.\nZum Nachweis der abgespaltenen Salicyls\u00e4ure diente das Verfahren Salkowskis,*) hei welchem die leichte L\u00f6slichkeit in Alkohol und \u00c4ther zur Isolierung benutzt wird. Der ungespaltene Kster gelangt bei diesem Verfahren auch nicht in Spuren mit zur Darstellung. Die erhaltenen Salicylsaurekristalle wurden in Wasser gel\u00f6st, in welchem mit Kisen-clilorid die Violettf\u00e4rbung hervorgerufen wurde. Zur quantitativen Sch\u00e4tzung wurde, wenn n\u00f6tig, festgestellt, bei welcher Verd\u00fcnnung die Kisenchloridreaktioii gerade negativ wird. Da aber in ferment freien neutralen L\u00f6sungen eine merkliche Spaltung des Ksters nicht eint ritt. so gen\u00fcgte die qualitative Drohe zur Kutscheidung, ob Ferment vorhanden war oder nicht.\nLs wurden stets 20 ccm Lebersaft (oder eine entsprechende Menge der gewonnenen L\u00f6sungen) mit I ccm des Ksters und einem Ueberschuh von Toluol bei neutraler Reaktion (Lakmus) 4 Tage im Ostwaldschen Thermostaten bei 87\u00b0 digeriert, danach aufgekocht, filtriert (wobei der ungespaltene Kster auf dem Filter bleibt) und auf Salicyls\u00e4ure verarbeitet.\nWit* Chanoz und Dovon fanden, wird der Salicyls\u00e4ure-amylesler durch Lchersalt gespalten, w\u00e4hrend gekochter Lebersalt diese Ligenschaft nicht besitzt. Das wirksame Prinzip hi\u00dft sich, wie Schmidt3) am Morphinglykols\u00e4ureester fest-stellle, hei (ianzs\u00e4ltigung mit Ammonsulfalt aussalzen; bei */io-S\u00e4tligung f\u00e4llt es unvollkommen aus. Bei Drutschrank-teniperatur wird cs langsam zerst\u00f6rt, soda\u00df es sich in einem Lebersalt nach 2 .Jahren nicht mehr nachweisen lie\u00df, w\u00e4hrend \\\\ asserstolfsuperoxyd noch st\u00fcrmisch ersetzt wurde.\nMit Iraktionierter Aussalzung lie\u00dfen sich sehr stark wirksame L\u00f6sungen nicht erzielen, auch die Alkoholf\u00e4llung erwies sieh als ungeeignet. Dagegen erhielt ich durch Ausf\u00fcllung mit Lranylacetat nach dem Vorgang von Jacoby*) eiwei\u00dfarme und ferment reiche L\u00f6sungen.\n1 ) Journ. de physiol. et de patbol. g\u00e9n\u00e9rale, Rd. II. S. 095. 1900.\n*>' Vircli. Archiv. Rd 147. S. DS9S.\n:1) Inaug.-Diss. Heidelberg, 1901.\n4i Diese Zeitschrift, Rd. XXX, S. 185, 1900.","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"/ui' Wirkungsweise des esterspallenden Fermentes der Leber\n151\nNach der .Vorschrift von Rosell1) werden 100 ecin Lebersaft mit ,|er \u00bbjleiclien Menge ges\u00e4ttigter L\u2019ranylaeetatl\u00f6sung ausgef\u00e4llt, mit ges\u00e4ttigter L\u00f6sung von Soda und Natriumphosphat neutralisiert und noch soviel Xatriurnphosphatl\u00f6sung zugef\u00fcgt. bis im Filtrat mit Natriumphosphal kein Niederschlag mehr zu erzielen ist. Darauf wird sofort abtiltriert, der Niederschlag 20 Stunden unter 100 ccm 0.0\u00b0/o NaOl-L\u00fcsung stehen gelassen und darauf wieder abtiltriert. Das Filtrat, welches schwach alkalisch reagiert, wird mit \",*ollaS04 versetzt, bis eine leichte Tr\u00fcbung auftritt und dann wieder soviel >>/*o Nat\u00bb11 zugef\u00fcgt, bis der Tr\u00fcbung gerade anf\u00e4ngt /u verschwinden. Dann reagiert die Fl\u00fcssigkeit gegen Laki\u00fcus neutral und wird unter Toluol aufbewahrt.\nSn gewonnene L\u00f6sungen sind in den meisten F\u00e4llen au\u00dferordentlich wirksam, unter Umsl\u00e4nden quantitativ ebenso wirksam. wie eine entsprechende Menge des Lebersaft,es (20 ccm spalten in \\ Tagen bei H7\u00b0 von 1 ccm Ester soviel, da\u00df die \u00abrewonnene Salicvls\u00e4ore noch in einer Verd\u00fcnnung I : 20000 mit Eisenchlorid nachweisbar ist: das entspricht nach einer approximativen Sch\u00e4tzung ungef\u00e4hr 0,\u00df g Salieyls\u00e4ure).\nDer Eiwei\u00dfgehalt dieser L\u00f6sungen ist ein geringer, aber wechselnder. In einer Darstellung, welche stark wirksam war, lie\u00df sich Eiwei\u00df nur io Spuren nachweisen iBiuretpr\u00f6be unsicher, Kochprohe und Xanthoproteinreaktion ganz .minimal, Milions, Adamkiewiczs und Molischs Reaktion negativ). Dag(\u2018gen habe ich ganz eiwei\u00dffreio L\u00f6sungen stets unwirksam gefunden. Auch die Versuche einer weiteren Reinigung mit fraktionierter Aussalzung, Alkoholf\u00e4llung, einer zweiten Uraiiyl-! all ui ig, Mitrei\u00dfen auf BaS()4 ergaben keine anderen Resultate/-\u00bb Es wurde deshalb dazu geschritten, die L\u00f6sung, \u2019 welche stets reichlich Toluol enthielt, durch Dialyse wenigstens von den nicht kolloiden Verunreinigungen zu trennen. Das Ergebnis war, da\u00df die ferment haltigen Fl\u00fcssigkeiten nach mehrt\u00e4giger Dialyse gegen flie\u00dfendes \\\\ assCr stets unwirksam wurden. Sie werden auch nicht wieder wirksam, wenn man sie nach der Dialyse wieder auf einen, (iehalt von O.D\" o NaCl bringt.\nS(\nD Inaug.-Diss. Strassburg, DKM.\n-) Diese Versuche wurden unter Ber\u00fccksichtigung des unten ge-hilderten Fnwirksamwerdens des Fermentes bei der Keinigung angestellt.","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"1\nr>2\nR. Magnus,\nDio alte Wirksamkeit kehrt jedoch sofort zur\u00fcck, wenn zu der unwirksamen Fermentl\u00f6sung einige Kubikzentimeter gekochten Lebersaftes gesetzt werden, der f\u00fcr sich allein ebenso v\u00f6llig unwirksam ist. Statt des gekochten Lebersaftes kann man (\u2018ine entsprechende Menge einer gekochten Fermentl\u00f6sung nehmen, welche mit Uranylfallung gewonnen, aber nicht dialysiert worden ist.\nFs erh\u00e4lt also eine dialysierte unwirksame Fermentl\u00f6sung durch Zusatz der f\u00fcr sich ebenfalls unwirksamen nicht dialvsierten, aber gekochten L\u00f6sung ihre esterspaltende Eigenschaft zur\u00fcck.\nDaraus ist zu folgern, da\u00df bei der Dialyse etwas aus der Fermentl\u00f6sung verschwindet, was f\u00fcr die Spaltung des Esters durch das Ferment notwendig ist. Diese Hilfssubstanz (\u00abCo-ferment* * nach Bertrandi1) l\u00e4\u00dft sich nun in der Tat, wenn man die Fermentl\u00f6sung gegen nicht flie\u00dfendes Wasser dialysiert, in diesem nachweisen: Dialvsiert man 100 ccm Fermentl\u00f6suno\u2019 gegen ca. 1 I Wasser, das am 2. und 1. Tagt; gewechselt wird, und engt nun diese 2 1 Au\u00dfenwasser ein, so erh\u00e4lt man eine Fl\u00fcssigkeit, welche neutralisiert auch nach dem Aufkochen die F\u00e4lligkeit besitzt, eine unwirksame dialysierte Fermentl\u00f6sung wieder wirksam zu machen.\nEs besitzt also das \u2666\u25a0CofermenU die Eigenschaft:\n1.\tDurch Lranylaeetat mit den Eiwei\u00dfk\u00f6rpern niedergeschlagen zu werden und nachher wieder in L\u00f6sung zu geben,\n2.\tkochbest\u00e4ndig zu sein und\n\u2022L durch Pergamentschlauch zu dialysieren.\nWeiter lie\u00df sich feststellen, da\u00df sie\nL in absolutem Alkohol l\u00f6slich ist (wenn sie vorher zur Trockne gebracht wurde) und\nf>. in \u00c4ther sich nicht l\u00f6st (also kein fettartiger K\u00f6rper ist),\n(i. ist sie durch neutrales .essigsaures Blei nicht f\u00e4llbar und wird\n7. durch Veraschen zerst\u00f6rt.2)\nM Lumpt, rend.. IW. 121. S. 1082. 1807.\n*i Riese Zerst\u00f6rung beim Veraschen scheint daf\u00fcr zu sprechen, da\u00df das \u00abCoferment\u00bb nicht wie hei der Lacease (Bertrand a. a. O.i Man pan oder ein andrer gl\u00fchbest\u00e4ndiger anorganischer K\u00f6rper sein kann.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Wirkungsweise des esterspaltenden Fermentes der Leber.\n1(X) ccm Lebersaft werden mit Lranylacetat ausgef\u00e4llt und eine wirksame Fermentl\u00f6sung dargestellt. Diese Losung wird zuerst gegen \u25a0> mal gewechseltes stehendes Wasser 1 Tage lang, dann ebensolange gegen flie\u00dfendes Wasser dialysiert, bis die Fermentl\u00f6sung unwirksam geworden ist (Al. \u2014 Das Au\u00dfenwasser der ersten ! Tage wird vereinigt. zur Trockne gedampft, mit absolutem Alkohol ersch\u00f6pft. Der Alkohol wird v\u00f6llig verjagt und der R\u00fcckstand von Alkohol nun mit \u00c4ther behandelt. Das in \u00c4ther unl\u00f6sliche wird in Wasser gel\u00f6st und genau neutralisiert (R>. \u2014 A und R erweisen sich jedes allein v\u00f6llig unwirksam zur Ksterspaltung. Vereint setzen sie soviel Salicyls\u00e4ure in Freiheit, da\u00df hei einer Verd\u00fcnnung 1:16000 mit Kisenchlorid gerade noch Violettf\u00e4rbung sichtbar ist.\nTastversuche nach bekannteren Substanzen blieben negativ: Leucin, Tyrosin, (ilykokoll, Lecithin und Bilirubin1) besa\u00dfen nicht die F\u00e4higkeit, das unwirksame Ferment wieder wirksam zu machen.\nWir haben hier also den Fall vor uns, da\u00df wir aus der Leber (\u2018ine wirksame esferspaltende Fermentl\u00f6sung darstellen k\u00f6nnen, welche sich durch einfache Dialyse in 2 Komponenten zerlegen l\u00e4\u00dft: ein nicht dialysierendes, durch Kochen zerst\u00f6r-\nbares Ferment und ein dialysierendes kochbest\u00e4ndiges \u00ab (Infertilen t \u25a0, welche jedes f\u00fcr sich v\u00f6llig unwirksam sind und erst bei der Wiedervereinigung die F\u00e4higkeit der Ksterspaltung\nzttr\u00fcckerlangcn.2)\nWelches die Wirksamkeit des Goferrnentes und der genauere Verlauf dieses fermentativen Verseifungsprozesses sind, bleibt nat\u00fcrlich solange im unklaren, als \u00fcber die .chemische Natur des \u00abGoferrnentes\u00bb nichts N\u00e4heres bekannt ist.\nSoviel kann man jedenfalls sagen, da\u00df es sehr unwahrscheinlich ist, da\u00df etwa durch das Goferment\u00bb ein Zymogen in das Ferment umgewandelt wird, wie z. D. hei der Wirkung\nD Das verwendete Rilirubin verdanke ich der Liebensw\u00fcrdigkeit von Herrn Prof. Rosse 1.\n*j Soeben haben Acbrtrd und Clerc (C. R. Soe. biol., 1901, S. 812> auf der Suche nach Analogien mit der H\u00e4molyse festgeshdlt. da\u00df die Spaltung von Monobutyrin durch ein Gemisch von normalem Serum und von Serum, das eine Stunde lang auf 60\u2014(12\u00b0 erhitzt ist, etwa um ein Drittel gr\u00f6\u00dfer ist. als der Summe der Kinzelwirkungen entspricht. Ks scheint, da\u00df es sich dabei um ein \u00e4hnliches Zusammenwirken zweier Substanzen handelt.","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"H. Magnus, esterspaltendns Ferment der Leber.\nlf)4\n\u00ab1er Knterokinase. Denn die Trennung der beiden Substanzen wurde .ja aus einem Lebersaft vorgenommen, in der das Fermen! schon in wirksamer Form vorhanden war.\nGr\u00fcnde daf\u00fcr, da\u00df es sich um Beziehungen, wie zwischen\n9\nImmunk\u00f6rper und Complement handelt, lie\u00dfen sieh ebenfalls vorl\u00e4ufig nicht beibringen. Fs spricht die leichte Trennbarkeit durch einfaches Dialvsieren dagegen.\nNachdem aber in letzter /eit sieh die Beobachtungen gemehrt haben, nach welchen bei Fermentwirkungen im K\u00f6rper 2 Substanzen eine Bolle spielen (Kuterokina.se (Pawlow), Kin-llull des Bankreas auf die Glykolyse der Muskeln (Cohnheim), Blutgerinnung u. a.) d\u00fcrfte auch dieser Fall Interesse beanspruchen, in welchem aus ein und demselben Organ ein Ferment und ein davon verschiedener, die Fermentreaktion erst erm\u00f6glichender K\u00f6rper gewonnen wurden.\nMeinem Kollegen Jacoby sage ich auch an dieser Stelle f\u00fcr vielfachen guten Bat meinen besten Dank.","page":154}],"identifier":"lit17972","issued":"1904","language":"de","pages":"149-154","startpages":"149","title":"Zur Wirkungsweise des esterspaltenden Fermentes (Lipase) der Leber","type":"Journal Article","volume":"42"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:23:45.225471+00:00"}