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{"created":"2022-01-31T13:29:53.213903+00:00","id":"lit18047","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Loewy, A.","role":"author"},{"name":"C. Neuberg","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 43: 338-354","fulltext":[{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Cystinurie.\nI. Mitteilung.1)\nVon\n\u00c0. Loewy und C. Neuberg.\n(Aus \u00abIrni k'homisrhcn J.aboratorium <l\u00bb\u2018s pathologischen Instituts der Universit\u00e4t Hcrlinj (I)cr Ueilaktion zugegangen am in. November l!tol.\nW\u00e4hrend eine ganze Reihe von Anomalien des Kohlehydrat Stoffwechsels bekannt sind \u2014 es sei nur an die Pentos-urie, E\u00e4vulosurie, Laktosurie und die Glukurons\u00e4ureausscheidung erinnert, deren genauere Kenntnis das letzte .lahrzehnt zu dem Jahrhunderte alten Wissen von der Zuckerharnruhr gesellt hat\ngeh\u00f6ren Anomalien des\nEiwei\u00dfstoffwechsels zu den Selten-\nheiten, sowohl hinsichtlich der Art wie der H\u00e4uligkeil ihres Vorkommens. Streng genommen ist \u00fcberhaupt nur eine Erscheinung bekannt, bei der ein prim\u00e4res kristallinisches Eiwei\u00dfspallprodukt ohne sekund\u00e4re Ver\u00e4nderung chronisch zur Ausscheidung gelangt, d. i. die Cystinurie.\n\u00dcbrigens ist die Annahme, da\u00df jenes bei der Cystinurie ausgeschiedene Stoffwecbselprodukt ein Eiwei\u00dfabk\u00f6mmling ist, erst j\u00fcngeren Datums und erst Gegenstand der Diskussion durch K. A. H. M\u00f6rners bedeutsamen Befund geworden, dal\u2019\u00bb der Schwefel im Eiwei\u00dfmolek\u00fcl ganz oder zum gr\u00f6\u00dften Teil in Form einer bei der Hydrolyse Cystin liefernden Gruppe zugegen ist.\nSeitdem ist auch die rein chemische Erforschung des Cystins zu Ende gef\u00fchrt. Baumann hatte bekanntlich diesem K\u00f6rper, resp. dem Cystein, die Formel eines NHs-Additions-\n') Vorgetragen auf der 75. Versammlung Deutscher Naturforscher und \u00c4rzte zu Cassel am 22. September 1\u00ceK13. Vergl. Verhandl.. S 12\u2018J","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Cystinurie. I.\nm\n|)i'o<Jnkts der Thiobrenztraubens\u00e4ure CH3 \u2014 (I\n./\n\\\nSil\nNIL\nCOOH\n/iKTieill, die bereits aus theoretischen Gr\u00fcnden h\u00f6chst unwahrscheinlich ist. Da\u00df sie tats\u00e4chlich nicht der richtige Ausdruck der Tatsachen ist, haben gleichzeitig K. Friedmann und C. Neuberg gezeigt. Frsterer hat seine Untersuchungen mit Cystin aus Hornsubstanz, also mit Protein-< ystin, angestellt, w\u00e4hrend Neuberg Steincystin benutzt hat. Nach Versuchen, \u00fcber die Paul Mayer und Neuberg im Mai 1903 der deutschen chemischen Gesellschaft Mitteilung gemacht haben, sind beide Cystinformen nicht identisch, sondern isomer.1) W\u00e4hrend Friedmann f\u00fcr das Proteincystein die hormel CH., \u2022 SH \u2014 CH \u2022 NH2 \u2022 COOH einer u-Amino-\u00df-thio-propions\u00e4ure bewiesen hat, konnten wir zeigen, da\u00df \u00ablern Stein cystein die Formel CH2 \u2022 NH2 \u2014 CH . SH \u2014 COOH der a-Thio-\u00df-aminopropions\u00e4ure zukommt,- d. h. beide Formeln stehen zu einander im Verh\u00e4ltnis von Serin zu Iso-s\u00ab rin. DieseIsomerieerscheinung bietet ein besonderesinteresse, da liier zum ersten Male unter tierischen Stoffwechselprodukten eine \u00df-Aminos\u00e4ure nachgewiesen ist, konnte doch F. Holmeist er auf der Karlsbader Naturforscherversammlung (1902) h betonen, da\u00df der Organismus nur a-Aminos\u00e4uren hervor-hringc. Nachdem inzwischen A. Kl linger2) f\u00fcr das Tryptophan die Formel\nCH, \u2022 NH\u201e\nCH\t|\nHr/\\C C \u2014 CH\n!\t11\tFi !\nHf:%/0\\/CH COOH CH NH\nd li. einer Indol-\u00df-aminopropions\u00e4ure, wahrscheinlich gemacht iial unr* anch Uevene3) Aminos\u00e4uren begegnet ist, die von denen der a-Reihe verschieden sind, gilt jene Regel nicht mehr m voller Strenge.\n\\i Die ausf\u00fchrliche Mitteilung wird demn\u00e4chst in dieser Zeitschrift\n\u2022I scheinen.\n*) Her. d. deutsch, chem. Ges., Bd. 37, S. 1804 (1904.\n.\") biese Zeitschrift, Bd. XL!, S. 100.\nMoppe-Seylor\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLIII.\n22","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"A. Loewv und C. Neuberg.\n340\nAu\u00dfer, wie man sie wohl genannt hat, den Niemiedel-steinen und den Eiwei\u00dfk\u00f6rpern gibt es bekanntlieh eine dritte . nat\u00fcrliche Fundst\u00e4tte des Cystins, eben den Harn der Cystiu-uriker. Einem g\u00fcnstigen Zufall ist es zu danken, da\u00df wir \u25a0nach dieser Richtung die neu erworbene Kenntnis vom Cystin erweitern konnten. Rer eine von uns iCoewy) hatte gerade* einen ausgesprochenen Fall von Cystinurie. (\u2018inen Patienten, der t\u00e4glich ca. O.\u00f6 g Cystin ausscheidet. Dieser Fall repr\u00e4sentiert ein medizinisch\" \u2019 besonders wertvolles Dokument, da der betreffende Patient seit IS .lahmt bereits mit Cystinurie behaftet ist. Derselbe ist in dieser Zeit in den H\u00e4nden der verschiedensten Forscher Gegenstand klinischer Untersuchungen gewesen, deren Vervollst\u00e4ndigung nach der physiologischchemischen Seite hin wir unternommen haben.\nHei der Existenz zweier verschiedener Cystinformen war es die n\u00e4chste Aufgabe, testzustellen, welches der beiden Isomeren der Cvstinuriker ausscheidel. Unsere \u00dcberraschung war nicht gering, als sich;ergab, da\u00df Harn- und Horncystin identisch waren, w\u00e4hrend man a priori die Identit\u00e4t mit dem Stein-cvstin h\u00e4tte erwarten sollen. Man isl zur Zeit au\u00dfer st\u00e4nde, mehr als Vermutungen \u00fcber diese eigent\u00fcmlichen Verh\u00e4ltnisse, namentlich bez\u00fcglich der Abstammung des Sleincyslins. zu \u00e4u\u00dfern.\nVielleicht darf man im Eiwei\u00dfmolek\u00fcl \u2014 einer schon von Raumann1! ausgesprochenen Ansicht folgend die Existenz eines Karboxcysteins2) ih, resp. Karboxyeystins, (Thio-amino-bornsteins\u00e4uret\n') Diese Zeitschrift. Bd. XX, S. \u00d48H (1HU5).\n*1 A um. Diese Hypothese gewinnt vielleicht an Wahrscheinlichkeit durch Sk rau ps Entdeckung einer nat\u00fcrlich vorkommenden entsprechenden Sanerstoffveibindung, der ttxyaminobernsteins\u00e4ine\nCOOH - CH \u2022 OH \u2014 CH \u2022 NH, - COOH. die in analoger Weise Mnltersuhstanz von Serin und Isoserin sein kann. I hngens ist nach K. A. M\u00f6rners neuesten wichtigen Mitteilungen (Diese Zeitschrift, Bd. XCII. S. HW u. H70 |ltK)4)) ein gleichzeitiges Vorkommen der beiden Cystintormen im Kiivei\u00df sehr wabrsctieinlicti geworden. Man mu\u00df dann annehmen, da\u00df der Organismus eine Trennung beider Isomeren bei der Steinbildung vornimint.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Cvstinurie. I.\n\tCOOH\tCOOH\nch,sh\tj CHjjSH\tCH SH\nCH NH, j\t* 1 \u00ae CH \u2022 NH,\t1 CH, NH\nCOOH _\t1 \" COOH\t\nII\tl\tIII\nannehmen, das durch C02 = Abspaltung an verschiedenen Stellen sowohl in Proteincystein (II) wie Steincystein (lit) \u00fcbergehen k\u00f6nnte.\nJedenfalls gewinnt durch die Feststellung der Identit\u00e4t von Protein- und Harncystin die \u00fcbrigens niemals bewiesene und durch die Auffindung zweier Cystinformen ernstlich in Frage gestellte Abstammung des Harncystins aus dem Kiwei\u00df erheblich an Wahrscheinlichkeit. Trifft die Annahme dieser Herkunft zu, so erscheint die Cvstinurie als eine Anomalie des IVoteinstoUWechsels, bei welcher der Organismus der F\u00e4lligkeit ermangelt, heim physiologischen Abbau von Kiwei\u00dfk\u00f6rpern entstandenes Cystin in gewohnter Weise zu verwerten.\nDieser Ideengang erweckte in uns die Vermutung, dal\u00bb es sich bei der Cvstinurie um eine allgemeine St\u00f6rung des Aminos\u00e4urenstoffwechsels handeln k\u00f6nne, die sich nicht allein auf das-Cystin beschr\u00e4nkt. Die Untersuchung des Cystin-barns ergab hierf\u00fcr zun\u00e4chst keinerlei Anhalt. Die Untersuchung auf andere Aminos\u00e4uren im Urin unseres Patienten verlief v\u00f6llig r\u00e9sultat los, so da\u00df abgesehen von der Cystinausscheidung der Harn g\u00e4nzlich normale Zusammensetzung zeigt und insbesondere die Zahlen f\u00fcr Stickstoff, neutralen Schwefel, H2S04 und \u00c4therschwefels\u00e4ure innerhalb der \u00fcblichen Grenzen liegen. Au\u00dferdem worauf besonders hingewiesen werden mu\u00df \u2014- war der Harn unseres Patienten dauernd frei von Diaminen, die bekanntlich Haumann, Brieger und Stadthagen sowie andere Autoren gelegentlich in Gefolgschaft der Cvstinurie auftreten sahen.\nUnd doch handelt es sich bei der Cvstinurie um eine Storung des Amin\u00f6s\u00e4urestoflWechsels in gro\u00dfem Stil; das offenbarte sich, als wir dazu \u00fcbergingen, das Schicksal einiger Ki-wci\u00dfspaltprodukte im Organismus des Cystinurikers zu ver-\n","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"842\tA Loewy und C. Xeuberg.\nfolgen. Bekannterma\u00dfen, und wie wir von neuem uns ad hoc \u00fcberzeugt haben, verschwinden per os eingef\u00fchrte Aminos\u00e4uren, wie Tyrosin, Leucin, Asparaginsaure, Cystin als solche spurlos, wenn man sie einem normalen Organismus einverleibt, indem sie in die Oxydationsprodukte, in CO,, Nll3, resp. Harnstoff und Sauerstoffverbindungen des Schwefels \u00fcbergehen.1) Ganz anders beim Cystinuriker: um es vorwegzunehmen, hier erscheinen verabreichte tx-Aminos\u00e4uren fast (juantitativ und vollst\u00e4ndig unver\u00e4ndert im Harn. Besonders interessant sind die Versuche mit den beiden Cystinlormen.\nVerabreicht man dem Cystinuriker Proteincystin, dasselbe, das er ausscheidet, in einer Menge von 6 g, so addiert er dieses glatt zu seiner t\u00e4glichen Ausscheidung. Im normalen Organismus verh\u00e4lt sich das Proteincystin total anders. .1. \\\\ ohl-gcrnuth2) hat festgestellt, da\u00df im Leibe des Kaninchens Cystin, soweit es resorbiert ist, oxydiert wird und zwar zum Teil zu Taurin, w\u00e4hrend der Best in Form von Sulfaten und unterschwefligsaurem Salz durch den Harn ausgeschieden wird. Hie totale Zerst\u00f6rung des Cystins im Organismus des Hundes hat schon fr\u00fcher Goldmann3) bewiesen, und wir haben fest-gestellt, da\u00df ein normaler Mensch 8 g Cystin total verbrennt, gleichfalls unter Bildung von Sulfaten und Thiosulfaten.\nDagegen verh\u00e4lt sich der Cystinuriker gegen\u00fcber dem isomeren Steincystin, wie der Gesunde zu Proteincystin;1) d. h. dasselbe verschwindet als solches, daf\u00fcr tritt eine fast entsprechende Vermehrung \u2022 der Sulfate und namentlich des neutralen Schwefels ein. Dieser Versuch zeigt in sch\u00f6ner Weise auch die physiologische Ungleichheit der beiden Cystinformen.\nBez\u00fcglich der Ausscheidungsverh\u00e4ltnisse nimmt nun das Proteincystin durchaus keine Sonderstellung unter den a-Amino-s\u00e4uren ein. denn der Versuch ergab, da\u00df von 6 g Tyrosin\n') Siehe K. Salkowski, Diese Zeitschrift, Bd. XL11, S. 207 (1004).\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XL, S. 08 (1008).\n') Diese Zeitschrift. Bd. IX, S. 200.\n4) Leider haben wir nicht Material genug gehabt, um auch beim normalen Menschen Steincystin zu verf\u00fcttern.","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber C.ystinurie. I.\n343\nca. f> g, von \u00f4 g Asparagins\u00e4ure ca. 3,4 g im Harn wiedergefunden werden. Ausdr\u00fccklich m\u00f6chten wir betonen, da\u00df die Wahl der genannten Aminos\u00e4uren lediglich in R\u00fccksicht aut analytische Verh\u00e4ltnisse, auf die Leichtigkeit des Nachweises,1) erfolgt ist, es unterliegt kaum einem Zweifel, da\u00df jede andere Monoaminos\u00e4ure der \u00ab-Reihe ganz das gleiche Verhalten zeigt.\nAuch die Diaminos\u00e4uren haben wir in den Kreis unserer Versuche gezogen und zwar mit Arginin und Lysin experimentiert. Das Verhalten dieser Substanzen im Organismus des Cystinurikers ist (\u2018in ganz absonderliches. Im Gegensatz zu den Monoaminos\u00e4uren erleiden diese K\u00f6rper n\u00e4mlich (\u2018ine Ver\u00e4nderung: allein dieselbe f\u00fchrt nicht etwa zu den Oxydationsendprodukten, sondern betrifft nur einen Teil des Molek\u00fcls. Rei dem Versuch, die verabreichten Diaminos\u00e4uren in Form ihrer Phenylcyanatverbindung im Harn nachzuweisen, stie\u00dfen wir aut Substanzen, di(* sich als die entsprechenden Derivate der Diamine entpuppten, und zwar erhielten wir nach Verf\u00fctterung von Lysin Cadaverin, nach Arginin das Pntresein. Wie schon vorher erw\u00e4hnt, hat sich der gew\u00f6hnliche Harn unseres Cystinurikers stets frei von Diaminen erwiesen: ihre Bildung l\u00e4\u00dft sich k\u00fcnstlich durch Verf\u00fctterung von Diaminos\u00e4uren erzielen, und die Tatsache, da\u00df nach Verabfolgung von Lysin CH2NH2 \u2014 (CH2)3 \u2014 CH \u2022 NH2 . COOH gerade Pentamethylendiamin CH2 \u2022 NH2 \u2014 (CH2)3 \u2014 CH2 \u2022 NH,, nach Arginin NHg, C( NH)\u2014NH \u2022 CH2\u2014(CH, CH \u2022 NH* -COOH Tetramethylendiamin NH2 \u2014 CH., \u2014 (Cll2)2 \u2014 CII2NH2 auftritt, schlie\u00dft, jede andere Deutung als die einer Abstammung aus den genannten Diaminos\u00e4uren aus. Es handelt sich \u2014 unseres Wissens \u2014 hier um den ersten Fall, wo man direkt in vivo den Proze\u00df einer fermentativen CO.,-Abspaltung demonstrieren kann, beim Arginin findet au\u00dferdem noch die Losl\u00f6sung eines Cvanamids, resp. Harnstoffrestes statt,\nNIL, \u2022 C(NH) \u2022 NH - CH2 \u2014 (CH2)2 \u2014 CH . NH2 \u2014 COOH = NH2\u2014CN + C02 + NH,CH, \u2014 (CH2)2 - eil, \u2022 NH,\n') Die Versuche sind vor der Ver\u00f6ffentlichung der Naphtalinsulfo-< hloridmethode angestellt.","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"3 H\nA. Locwy und C. Neuberg.\n(I. ||. ori verhalten sich die Diaininos\u00e4uren im Organismus genau wie bei den Koagensglasversucheri von Kl 1 i ng.er *),\nLeider haben wir bisher bei unserem Cystinuriker nicht entscheiden k\u00f6nnen, ob die (D2-Abspaltung durch geformte oder iingeformte Fermente, durch Enzyme oder Darmbakterien, besorgt wird, denn unser Patient hat sich bisher zu subkutanen Eingriffen nicht Ix;wegen lassen.2)\n. Jedenfalls ist an einer Abstammung der Diamine von den entsprechenden Diaminos\u00e4urcn nicht zu zweifeln und Baumanns Erkl\u00e4rung ihrer Entstehung durch Oxydation von Alkylmonoaminen nicht zutreffend.\nBetrachten wir die Gesamtheit unserer .experimentellen Ergebnisse, so l\u00e4\u00dft sich auf Grund derselben die Gystinurie als eine Anomalie des Eiweibstoffwechsels der folgenden Art pr\u00e4zisieren.\nDer Gystinuriker vermag von den Eiwei\u00dfspaltprodukten, die in seinem Organismus durch physiologische Prozesse entstehen, das Gystin nicht in normaler Weise zu verwerten und scheidet einen 'Peil derselben aus; die \u00fcbrigen Eiwei\u00dfspaltprodukte unterliegen ihrem gewohnten Schicksal. Verabfolgt man letztere aber in Form freier, isolierter Aminos\u00e4uren, so vermag er letztere im Gegensatz zum normalen Organismus nicht mehr zu verbrennen, und zwar verlassen a-Monoamino-s\u00e4uren den Organismus v\u00f6llig unver\u00e4ndert . Ein prinzipiell gleiches Schicksal erleiden die viel basischeren Diaminos\u00fcuren, doch wird aus letzteren der so wie so locker haftende Best der G02 abgespulten, und es kommt zu einer experimentellen Di-a minurie.\n\u2022) Iler. (1. deutsch, ehern. Ges.. Hd. 81, S. 8188 (1898).\n*) Inzwischen isl A. Kessel und Dakin (Diese Zeitschr., Bd. XL!. S. 821 [I80i]i die interessante Auffindung eines Fermentes gelungen, das Arginin unter Abspaltung von Harnstoff in a-h-Diaminovalerians\u00e4un* verwandelt. Aus dieser, dem Ornithin, kann dann durch COa-Losl\u00f6sung das Tetramethylendiamin entstehen. Durch die Entdeckung der Arginase wird unser Befund des Sonderlichen, das ihm f\u00fcr uns zun\u00e4chst (d. h. ini Herbst 1808) anhaften inufte. entkleidet ; zugleich er\u00f6ffnet sich die M\u00f6glichkeit, durch Ausf\u00fchrung subkutaner Argininversuche am Cystinuriker die Wirksamkeit des harnstoffahspaltenden Fermentes in vivo zu zeigen.","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Cystinurie. I.\n:U5\nObgleich unsere Versuche bisher nur an einem Cystin-\n*\niiriker ausgef\u00fchrt sind, liegt kein Grund zur Annahme vor, da\u00df sieh andere F\u00e4lle wesentlich abweichend verhalten. Dagegen ist es sehr wahrscheinlich und aus den vorhandenen Literal urangaben eigentlich ohne weiteres ersichtlich, da\u00df es \u00e4hnlich wie. beim Diabetes verschiedene Grade von Cystinurie gibt : das folgt aus der ganz verschiedenen H\u00f6he, welche die Cystinausscheidung annehmen kann. Mit dieser Anschauung steht im besten Kinklang, da\u00df man geradem den schweren F\u00e4llen Von Cystinurie Diaminausscheidung beobachtet hat, die demnach und nach unseren Experimenten der Ausdruck einer fortgeschritteneren St\u00f6rung des Aminos\u00e4urenstolTwechSels ist.\nDas Krgebnis unserer Versuche berechtigt uns zu dem Schl\u00fcsse, da\u00df wir in der Cystinurie eine der interessantesten Anomalien auf dem wichtigsten aller Stolfv\\echselgebiete, \u00bblern des Eiwei\u00dfes, besitzen. Die weitere experimentelle Verfolgung dieser Verh\u00e4ltnisse, von denen wir die chemische und biologische Dlutuntersuchung bereits in Angriff genommen haben, er\u00f6ffnet eine ganze Reihe von Perspektiven.\nWohl die wichtigste Frage, die sich auf Grund unserer Versuche erhebt, ist die, ob cs \u00fcberhaupt bei dem physiologischen Abbau der Kiwei\u00dfstolfe im Organismus des Menschen zu einer weitgehenden Aufspaltung in kristallisierende Produkte kommt. Ist dieses der Fall, so ist es schwer verst\u00e4ndlich, warum der Gystinurikor, f\u00fcr den wir das Unverm\u00f6gen naehge-wiesen haben, per vias naturales eingef\u00fchrte einfache Spaltungsprodukte, wie Tyrosin, Leucin, Asparagins\u00e4ure, zu verbrennen, diese Aminos\u00e4uren nicht auch normalerweise ausscheijjet. Die Kigonstellung des Cystins mag in einer besondem, vielleicht lockeren Art der Bindung im Kiwei\u00dfmolek\u00fcl bedingt sein, wof\u00fcr auch manches im chemischen Verhalten dieser Gruppe spricht.\nDiese wichtige Frage ist durchaus nicht der Beantwortung durch das Experiment unzug\u00e4nglich. Versuche mit Peptiden. Peptonen und Albumosen, die wir begonnen haben, m\u00fcssen i.u die Grenze zeigen, von der ab die Ausscheidung unterbleibt und die Ausnutzung im Organismus beginnt: und so steht zu","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"A. Loewy und C. Neuberg.\n34h\nhoffen, da\u00df die bisher eigentlich mehr als Kuriosit\u00e4t betrachtete1 Cystinurie. hei den \u00fcberraschenden Versuchsbedingungen, die sie bietet, berufen ist, f\u00fcr die Ern\u00e4hrungsphysiologie einige sichere Entscheidungen im gegenw\u00e4rtigen Widerstreit der Meinungen zu erbringen. Ist es doch eine alte Erfahrung, da\u00df uns die Natur in ihren Anomalien oft ungeahnte Einblicke in die Geheimnisse sonst verschlossener Gebiete verstattet.\nKrankenbericht.\nHerr \u00dc. N.. Kaufmann, war zur Zeit der Versuche 51 Jahre alt. Kr stammt aus einer Familie, in der Steinleiden h\u00e4utig sind. Der Vater litt an (lallensteinen, verschiedene Geschwister des Vaters litten an Gallen-, Nieren-, Hlasensteinen.\nHerr N. seihst hatte zuerst im Jahre 1871) einen Anfall vmi Nierenkolik, sp\u00e4ter in den Jahren 1888\u201481 wieder verschiedene Anf\u00e4lle, wobei Gries und ein dattelkernartiger Stein abgingen. Im Jahre l88i> wurde dann Cystin im Harn entdeckt. Herr N. besucht seit 1880 Karlsbad Ins jetzt 17 mal -, bid den dortigen Harnuntersuchungen wurde das Cystin, seitdem es zum ersten Male festgestellt war, stets wieder gefunden \u2014 Weitere F\u00e4lle von Cystinurie kommen, soweit ermittelt weiden konnte, in der Familie nicht vor.\nHeschwerden hat der Kranke von seiner Affektion keine, nur macht sich die Cystinausscheidung subjektiv bemerklieh als Prickeln in der Harnr\u00f6hre, sobald der Harn konzentriert und damit prozentisch reicher an Cystin ist. Herr N. ist sonst \u2014 bis auf allgemeine 'Nervosit\u00e4t \u2014 gesund.\nExperimentelles.\nI. \u00dcber die Natur des Harncystins.\nF\u00fcr unsere Versuche standen tins 10 I Harn zur Verf\u00fcgung, die an G aufeinanderfolgenden Tagen gelassen waren, sowie \u00df* 2 1, die aus verschiedenen N\u00e4chtportionen stammten. Zu dem mit Chloroform konservierten Urin wurde Essigs\u00e4ure bis zur deutlich sauren Reaktion gef\u00fcgt und nach einigen Tagen das Sediment abfiltriert. Zur Befreiung von Uraten und anderen Verunreinigungen wurde es aus hei\u00dfem Ammoniak von ea. l()\u00b0/o umkristallisiert. So erhielten wir 4,0G3 g des reinen Pr\u00e4parates.","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Cystinune. 1.\n347\nDie Verbindung gab nicht die Bambergersehe1) Hydroxam-s\u00e4urereaklion; die Phenylcyanatverbindung,2) die wir aus 2,40 g darstellten, zeigte den Schmelzpunkt 160\u00b0 (korr.) unter Aufsch\u00e4umen ; eine StickstolTbestimmung kontrollierte die Reinheit der Substanz.\nberechnet: N - 11,72V; gefunden: N -= 11.80\u00b0/o.\nDanach ist das Harncystin mit dem Proteincystin unzweifelhaft identisch.\nII. Die Zusammensetzung des gew\u00f6hnlichen Cystinharns.\nZur Bestimmung des Stickstoffs und der verschiedenen Sellwefelformen diente eine Tagesmenge von 1650 ccm.\nBei Beginn der Verarbeitung hatte sich bereits ein betr\u00e4chtliches Sediment von Cystin gebildet : um dessen Abscheidung m\u00f6glichst zu vervollst\u00e4ndigen, wurde der mit Chloroform konservierte Harn mit 2 ccm Eisessig versetzt, der nach st\u00e4ndigem Stehen gebildete Niederschlag wurde abfiltriert und nach Verdunstung des anhaftenden Chloroforms aus hei\u00dfem Ammoniak umkristallisiert. Isoliert wurden 0,431 g Cystin.\nIn 10 ccm des Filtrats wurde der Stickstoff nach Kjcldahl bestimmt; der Gehalt daran betrug 0,0796 g.\nDie Ermittelung der Schwefel form en geschah in der \u00fcblichen Weise nach Salkowski in dem vom auskristallisierten Cystin befreiten Harn.\nln 100 ccm\n>\t\u00d40.0 \u00bb\n>\t00,0 \u00bb\nbetrug die Gesamtschwefels\u00e4ure *\t\u00bb Menge der Gesamtschwefels\u00e4ure\n~f- neutralem Schwefel ergab sich die Quantit\u00e4t der \u00c4therschwefels\u00e4ure zu\n'he Menge nach Harns\u00e4ure, ermittelt nach Salkowski -Ludwig, betrug in 150 ccm Ihc Quantit\u00e4t des Harnstoffs war in 5,0 ccm\n\u20190,1390 g\n0,0788 .\u2022\n0,0004 \u00bb\n0,0473 . 0,0737 .\nHer. d. deutsch, ehern. Ges., Bd. 30, S. 711 (1903): das isomere Steine y.stin zeigt positiven Ausfall bei dieser Probe.\nDieselbe ist inzwischen auch von Patten, aber nicht in ganz 'feinem Zustande, erhalten.","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nA. Loewy und C. Neu ber g.\nDaraus ergibt sieh folgende Zusammensetzung des Harns, welche, abgesehen von der Cystinausscheidung, vollst\u00e4ndig die eines normalen Urins ist.\nfjesamtmtnge :\t1650 ccm\nX-fiehalt\t13,1340\tg\n(iesarnt-S (als ll2S04)\t2,6004\nGesamt Schwefels\u00e4ure\t*2,2440\t\u00bb\n\u00c4therschwefels\u00e4ure\t0.2112\nNeutraler S (als H) 0.3564 Harns\u00e4ure\t0,5203\nHarnstoff\t24.3210\nDie Menge des ausgeschiedenen Cystins wurde in der angegebenen Weise an mehreren Tagen bestimmt. Sie betrug 0,481) g, 0,507 g und 0,43!) g; im Mittel also 0,4GG g.\nNach der Filtration vom ausgeschiedenen Cystin zeigte\u00bb der leicht essigsaure Harn auch nach starker Konzentration keinerlei Drehungsverm\u00f6gen: durch Behandlung mit Benzoyl-chlorid nach K. (\u00eeoldmann und Baumann1) wurden nur Spuren \u00ablos entsprechenden Cystinderivats, aber keine \u00e4ndert* Aminos\u00e4ure aut gefunden. Dit* Millonsche Beaktion war auch im frischen Harn negativ.\nDie Pr\u00fcfung auf Diamine, deren (legenwart sich \u00fcbrigens auch bei der Behandlung mit Benzoylchlorid h\u00e4tte zeigen m\u00fcssen, nahmen wir an einer neuen, gleichfalls von Cystin m\u00f6glichsl befreiten Harnportion nach den Angaben von Baumann und v. IJdr\u00e4nszky2) vor: wir konnten jedoch auch nicht Spuren von Basen auflinden.\nUnser Fall von Cystinurie geh\u00f6rt also zu denen, die ohne Aussehefdung von Diaminen verlaufen: letztere sind wohl \u00fcberhaupt h\u00e4ufiger, denn nur in 3 F\u00e4llen, dem erw\u00e4hnten von Baumann und \u00dcdr\u00e4nszky2) und in zweien von L Briegei und Stadthagen,3) ist diese Kombination bisher exakt nach-gewiesen.\nl) E. (ioldmann und Ranmann. Diese Zeitschrift. Rd. XII. S. 254 (1888).\n\u2019) Diese Zeitschrift, Rd. X111. 8. 564 (1889i.\n3) Rerlincr klm. Wochenschr,. 1889, S. 345. und Virchows Archiv. Rd 115. S. 4\u2018Mt","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Cystinurie. I.\nm\nm. Verhalten der Monoaminos\u00e4uren beim Cystinariker,\nA. Tyrosin.\nDie Versuchsperson erhielt 6,02 g reinstes, mehrfach mnkristallisiertes, durch Trypsinverdauung von Fibrin darge-st eil les optisch aktives ') Tyrosin feinger\u00fchrt in Kartoffelbrei). Der innerhalb 18 Stunden gesammelte\u00bb Harn (fasl 8 I) gab eine enorme H\u00fctung mit Mil Ions Reagens: er enthielt mehrere Stunden nach der Ausscheidung ein Sediment, das sich aul Zugabe von Essigs\u00e4ure (unter Toluolzusatz) bei zweit\u00e4gigem Stehen noch vermehrte. Der Niederschlag bestand, wie der negative Ausfall der Millonschen Probe lehrte, aus Cystin, das frei von Tyrosin war.\n*\tt\nZur Isolierung des letzteren wurde das essigsaure Filtrat auf etwa 10 ccm auf dem Wasserbade konzentriert ; schon beim Einongen kristallisierte reichlich Tyrosin aus, dessen Abseheidung durch mehrt\u00e4giges Stehen im Eisschrank vervollst\u00e4ndigt wurde. Dasselbe wurde dann auf der Nutsohe abgesaugt, wiederholt mit kaltem Wasser gewaschen und schlich-\u2019 lieh aus siedendem Ammoniak unter Zusatz einer Messerspitze Knochenkohle umkristallisiert. So resultierten 1,82 g wei\u00dfes Tyrosin, dessen Reinheit durch die Analyse kontrolliert wurde.\nBerechnet f\u00fcr C9H,,03N : 0\t59,(17 >; II == 11,0,S%\nGefunden: G - 59,59\"/\u00bb; H U.HO\u00ab \u201e\nB. Asparagins\u00e4ure.\nDi(\u2018 Versuchsperson erhielt auf demselben Wege \u00f4,0 g \"\u25a0me Asparagins\u00e4ure. Der innerhalb 48 Stunden entleerte Hain \u2014 2850 ccm \u2014 wurde, mit Essigs\u00e4ure versetzt, vom ans kristallisierten Cystin abfiltriert, mit Bleiessig ausgef\u00e4llt,\n') Hier wie in allen F\u00e4llen wurden die nat\u00fcrlicln-n. optisch !,k,|ven Aminos\u00e4uren verf\u00fcttert. Da es sich hei der Cystinurie um \u00abMn.- allgemeine St\u00f6rung des Aminos\u00e4urenstoffwechsels handelt, kann man liier die in vielen Beziehungen wichtige Frage nach dem physiologischen Verhalten der optischen Antipoden und Bacem Verbindungen l'l(\u2018v(\u2018r Kiwei\u00dfspaltprodukte im Organismus verfolgen. Solche Versuche. ,l\"\u2018 s'ch bis zum gewissen Grade auch hei der Pliospliorvergiftimg oder bchcrafrophie anstellen lassen, mochten wir uns Vorbehalten","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nA. Loewy und 0. Neuberg.\nauf ein kleines Volumen verdampft, nach zweit\u00e4gigem Stehen in der K\u00e4lte von den geringen, wiederum entstehenden Ausscheidungen abfiltriert und nunmehr mit einer konzentrierten L\u00f6sung von Quecksilberacetat versetzt. Der massige weiiie Niederschlag wurde abgesaugt, erst mit Quecksilberacetatl\u00f6sung, dann mit Wasser ausgewaschen und in fein zerriebenem Zustande in w\u00e4sseriger Suspension mit Schwefelwasserstoff zerlegt. Das klare Filtrat vom Quecksilbersulfid wurde auf den\u00bb Wasserbad zum Sirup eingedampft, der nach genauer Neutralisation mit Ammoniak (Fortkochen eines geringen \u00dcberschusses), mil einer ges\u00e4ttigte\u00ab L\u00f6sung von essigsaurem Kupfer.versetzt, die sofort das in lichtblauen Nadeln kristallisierende Kupfersalz zur Abscheidung brachte. Das nach einigem Stehen abfiltrierte Kupfersalz wurde erst in der K\u00e4lte, dann auf dem Wasserbade mit ll2S zerlegt : die durch kolloidales Sehwelel-kupfer getr\u00fcbte Fl\u00fcssigkeit konnte durch Zusatz von Blei-karbonat und erneutem Kinleiten von Schwefelwasserstoff v\u00f6llig gekl\u00e4rt werden und lieferte beim Eindampfen analysenreine Asparagins\u00e4ure in einer Menge von 3,37 g.\nHe rechnet tin C.4H7N04: C - 3fi,09>; fl \u2014 5.2(\u00ee%; N - 10,53% fielunden : C. 35,88\u00b0/o : H = 5.40%: N = 10.58\" .\nC. Proteincystin.\nDer Cystinuriker erhielt fi g reines, schneewei\u00dfes, mehrfach umkristallisiertes Cystin, das aus Menschenhaar dargestellt war: die Verbindung wurde wiederum in Kartoffelbrei verabfolgt. Der dieses Mal 72 Stunden gesammelte Harn \u2014 5230 ccm \u2014 zeigte ein hohes, dichtes Sediment von Cystin. Leider erhielten wir nur den Mischharn von drei Tagen, sod\u00e4l! wir \u00fcber die Schnelligkeit der Ausscheidung vom eingef\u00fchrten Cystin nicht orientiert sind. Die Cvstinmenge am Tage vor Beginn des Versuches betrug 0,388 g. Die Quantit\u00e4t des als Sediment abgesetzten und nach Konzentration auf ca. 250 ccm bei essigsaurer Reaktion auskristallisierten Cystins betrug zusammen 7,04 g. Subtrahiert man von dieser Zahl die t\u00e4gliche Ausscheidung von etwa 0,4 g und zieht den in L\u00f6sung verbliebenen (nicht bestimmten) Cystinanteil in Betracht, so ist","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Cystinurie. I\t35t\nersichtlich, da\u00df ann\u00e4hernd das ganze zugef\u00fchrle Cystin wieder ausgeschieden wird.\nDie aus Ammoniak einmal umkristallisierte Thioamino-s\u00e4ure wurde durch eine Stickstolfbestimmung auf ihre Feinheit kontrolliert.\nBerechnet: N = 11,67\u00b0/<\u00bb\nGefunden: N = 11,80\u00b0/o\n0. Steincyst in.\nDer Versuchsperson wurden in gleicher Weise 3,52 g mehrfach umkristallisiertes Cystin aus menschlichen Steinen beigebracht. Der w\u00e4hrend 48 Stunden gesammelte Harn \u2014 3070 ccm \u2014 wies kein gegen die Norm verst\u00e4rktes Sediment auf. Die in der mehrfach angegebenen Weise isolierte Menge\n\u2022les Cystins betrug nur 0,8(i6 g, d. h. nicht mehr als der gew\u00f6hnlichen t\u00e4glichen Ausscheidung entspricht.\nEin Teil des filtrierten Harns diente zur Bestimmung des Stickstoffs und Ermittlung der Schwefelformen.\nln 10 ccm wurden 0,0822 g N gefunden.\nDie Gesamtschwefels\u00e4ure betrug in 100 ccm: 0,2084 g.\nIn 50 ccm wurden 0.0072 g \u00c4therschwefels\u00e4ure gefunden.\nDie Quantit\u00e4t der Gesamtschwefels\u00e4ure j- neutralem Schwefel wurde in 50 ccm zu 0,1340 g bestimmt.\nVergleicht man diese Zahlen mit den entsprechenden f\u00fcr die Schwefelformen des gew\u00f6hnlichen Cystinharns (siehe S. 347), so ist ersichtlich, da\u00df eine erhebliche Zunahme der Sulfate und der sogenannten neutralen Schwefel Verbindungen erfolgt ist.\nBei der Pr\u00fcfung des Harns in der von E. Salkowski1) sowie von .1. Wohlgemuth2) angegebenen Weise zeigte sich ein betr\u00e4chtlicher Gehalt an unterschwefligsaurem Salz.\nDas Schicksal des Steincystins ist im Organismus des Ustimirikers demnach ganz verschieden von dem des Protein-( y st ins, indem es der totalen Oxydation zu S\u00e4uren des Schwefels anheimf\u00e4llt.\n') Virchows Archiv, Bd. 66, S. 315. *i Diese Zeitschrift. Bd. XL, S. 85","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"A. Loewy unci 11. Neuberg,\nIV. Verhalten der Diaminos\u00e4uren beim Cystinoriker.\nA. Lysin.\nIn der mehrfach angegebenen Weise wurden der Versuchsperson t>,l g rechtsdrehendes Lysindichlorid verabfolgt. Pie Menge* des 18 Stunden gesammelten Harns betrug 2940 eein, die Menge* des Oystins 0,588 g. Oer vom ausgeschiedenen Oyslin befreite Harn wurde* schwach mit Schwefels\u00e4ure uu-ges\u00e4ue*rl und mit Phosphorwolframs\u00e4ure ausgef\u00e4llt. Der atts-gewasehene Niederschlag wurde nach Kossels Angaben mit Baryt zerlegt: nach Knifernung des Baryt\u00fcberschusses durch 00., resultierte eine total optisch inaktive, stark alkalische L\u00f6sung, aus der wir nach Herzogs Vorschrift1) die Phenyl-, cyanatVerbindung darzustellen suchten. Das Verhalten der mit NaOll versetzten L\u00f6sung zu Phenyleyanat war jedoch ein ganz ungew\u00f6hnliches: jeder 'l\u2019ropfen des-einfallenden Isoeyanats halle unter deutlicher Erw\u00e4rmung die sofortige Abscheidung eines volumin\u00f6sen Niederschlags zur Folge*. Als sic*h dessen Menge auf erneuten C.yanalzusatz nicht mehr vermehrte, wurde er ah-lillriert (Niederschlag I) und das Filtrat aufs neue mit 3 ccm Phenvlcvanal und 20 ccm n/i - NaOII unter K\u00fchlung mehrere Stunden his zum Verschwinden <h*s stechenden (ieruches gesch\u00fcttelt. Nach Filtration vom ausgeschiedenen Diphenylharustu.ll wurde mit HOI anges\u00e4uert: e*s entstand jedoch kein eigentlicher Niederschlag, sondern e*s fielen nur einige, wie Aluminium-hydroxyd aussehende Flocken aus (F\u00e4llung II), die wegen ihrer minimalen Menge nicht wt*itor untersucht werden konnten.\nDer dichte Niederschlag I wurde nunmehr untersucht. Durch seine fast v\u00f6llige Unl\u00f6slichkeit, selbst in siedendem Alkohol, zeigte sieh, da\u00df er nicht aus Diphenylharnstoff bestand. Als einziges brauchbares L\u00f6sungsmittel erwies sieh Pyridin, woraus die Verbindung auf vorsichtigen Zusatz von Wasser in schneewei\u00dfen Kristallen ausf\u00e4llt. Nach nochmaliger Wiederholung dieses Verfahrens besitzen letztere den konstantem Schmelzpunkt 207\u00b0; die Quantit\u00e4t betrug 2,930 g.\n4-i Diese Zeitschrift. Md. XXXIV. S> \u2019>24.","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Cvstinurk*. I.\n353\nDie Unl\u00f6slichkeit in Alkali lehrte, d\u00e4h die Verbindung\n95\nkeine Karboxvlgruppe besitzt. Die Analyse ergab folgende Zahlen :\nO.lIS;') a Substanz, ergaben 0.2U04 <: Cd, und 0,0Sl \u00bb H/).\n0,1 H7\u00ee> *\t20.4 ccm X t>ei 20\u00b0 und 7\u00e40 mm.\nDaraus ergibt sich C (10.7t\u00b0/o; II 7.UP\u2019 X - |<i,20\u00b0 ..\nDiese Daten stimmen gut mit den theoretisch f\u00fcr das Pi phony Soya eat pent a ni et h y londia min\n\u00c7A -IIN- CO XII \u2022 Cil., -(Cil.,)3 CI\u00c7NII - CO \u2022 Nil \u2022 (;cll.\nIlrieciinet f\u00fcr (;t!)ll.,,N40J : (' ~ i>7,60\" .. : Il - 7.0b\"..; X K\u00ee.I-7^0 verlangten \u00fcberein. In der Tat ergab tier Versuch mit synthetischem Cadaverin die Identit\u00e4t der beiden Phenylevanate. (siehe \u2022tlie folgende Mitteilung\u00bb.\nII. Argin in.\t.\nDie zweit\u00e4gige Ilarnmenge nach analoger Verabfolgung von 4,40 g Argininkarbonal betrug 287o ccm. die Ouantit\u00e4t \u2022les Cystins 0,t)0\u00f6 g.\nDie analoge Behandlung mit Phosphorwolframs\u00e4ure und Verarbeitung der F\u00e4llung lieferte auch hier eine alkalisch reagierende, optisch inaktive Fl\u00fcssigkeit. Aus einer Drohe derselben konnte durch Silbersulfat und Baryt keine Arginin-vorbiudung erhalten werden. Deshalb wurde die Haupt mengt* smil der vom Silber und Baryt wieder befreiten Droht* in der 1't\u2018im Lysin angegebenen Weise mil NaOII und Dbeiiyliso-\u2018\u2022yonal behandelt. Die Droz.edur verlitif mitc*r ganz \u00e4hulicbtm Lrscheimmgen. Bei alkalischer Bt*aktion schied sieh wieder ' in reichlicher Niederschlag aus. w\u00e4hrend nachherigor Zusatz von HCl nur eine minimale gallertige F\u00e4llung hervorrief. Durch I mloscn aus Dyridinalkohol wurden 1.833 g Diphenylcyanat-tt'lrametliylendiamin vorn Schmelzpunkt 238\u2014240\u00b0 erhalten, dessen Zusammensetzung sich\n= C6H5.HN.CH2\n(CII2)2 \u2014 CIl2 \u2022 Nil \u2022 C6H-\n'lni't h die Analyse ergab. Die Natur dieses Harnstoffes wurde wiederum durch Vergleich mit dotn entsprechenden Produkt\nuus synthetischem Putrescin sicher gestellt (siehe die folgende Mitteilung\u00bb.","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nA. Locwy u. C. Neuberg, \u00dcber Cystinurie. 1.\n0,1023 c Substanz ergaben 0,2480 g C.0S und 0,0020 g H,O. 0,0072 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t15,0 ccm N bei 17\u00b0 und 756 mm.\nC1hH,sN,Os berechnet: C 66,25 \u00b0/o; H = 6,74\u00b0/o; N = 17,17\u00b0,, gefunden: C = 66,11 \u00b0/o; H = 6,7H\u00b0/o; N = 17,28\u00b0/o\nSchon fr\u00fcher (S. 341 und 348) ist angegeben, da\u00df der Harn unseres Cystinurikers keine Diamine enthielt. Das Auftreten von Tetramethylendiamin nach Arginindarreichung und von Pentamethylendiamin nach Lysinverabfolgung schlie\u00dft schon jede andere Annahme als die einer Entstehung aus den entsprechenden Diaminos\u00e4uren aus. Trotzdem haben wir mit der Phenyl-cyanatmethode, die sch\u00e4rfer als die alten Verfahren zur Pr\u00fcfung auf Diamine ist, in der angegebenen Weise gew\u00f6hnlichen Cystinharn gepr\u00fcft, aber auch so mit negativem Resultat.","page":354}],"identifier":"lit18047","issued":"1904-05","language":"de","pages":"338-354","startpages":"338","title":"\u00dcber Cystinurie. (I. Mitteilung)","type":"Journal Article","volume":"43"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:29:53.213909+00:00"}