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{"created":"2022-01-31T14:09:06.099283+00:00","id":"lit18106","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Marchlewski, L.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 44: 422-426","fulltext":[{"file":"p0422.txt","language":"de","ocr_de":"Notizen zur Chlorophyllchemie.\nVon\nL. Marchlewski.\n(Der Redaktion zugegangen am 10. M\u00e4rz 1905.)\nI.\nIn seiner sehr interessanten Abhandlung \u00abzur Frage nach der Spaltbarkeit von Racemverbindungen durch zirkular polarisiertes Licht etc. \u00bb. spricht A. Byk1) von optisch aktivem Chlorophyll und benutzt unter anderem mit Chlorophyll sensibilisierte Platten zur Entscheidung der Frage, ob die zwei verschiedenen Gattungen des zirkular polarisierten Lichtes eine verschiedene Wirkung auf derartige Platten besitzen, ohne jedoch Beweise zu liefern, da\u00df Chlorophyll wirklich optisch aktiv ist. d. h. die Ebene des polarisierten Lichtes dreht. Auf die Wichtigkeit des Problems der optischen Aktivit\u00e4t des Chlorophylls habe, wie es scheint, zuerst ich selbst vor ca. 10 Jahren die Aufmerksamkeit gelenkt. In einer kleinen zusammenfassenden Abhandlung : \u00abDie Chemie des Chlorophylls\u00bb,*) sagte ich: \u00abDie in tiefer Dunkelheit tappende chemische Assimilationstheorie, welche dem Chlorophyll eine wichtigere Rolle als die eines Farbenschirmes zuschreibt, erhielt in der letzten Zeit eine starke St\u00fctze. E. Fischer wies nach, da\u00df. allgemein gesprochen, ein sogenanntes aktives oder asymmetrisches System bei seiner Umwandlung ein anderes asymetrisches System ins Leben ruft. Das eine aktive Molek\u00fcl geb\u00e4hrt ein zweites. Es w\u00e4re demnach m\u00f6glich, da\u00df die Chlorophyllmolekel asymmetrisch gebaut w\u00e4re und da\u00df sie dadurch zum mittelbaren Werkzeug der Darstellung von solch asymmetrischem Komplex, wie es Glukose ist, gestempelt wird. Ist nun tats\u00e4chlich die Chlorophyllmolekel asymmetrisch? Ganz sicher kann man die Frage nicht bean!Worten, da die starke F\u00e4rbung auch verd\u00fcnnter L\u00f6sungen reiner Chlorophyllderivate einen direkten Versuch unm\u00f6glich machte. Jedoch mu\u00df erw\u00e4hnt werden, da\u00df \u2022der Tvristallhabitus des Phyllotaonins von einer Beschaffenheit ist, die die obige Frage bejahen l\u00e4\u00dft, das Phyllotaonin kristallisiert n\u00e4mlich im monosymmetrischen System und besitzt hemipyramide Begrenzungsfl\u00e4chen.\u00bb\n\u2018) Zeitschrift f\u00fcr physikal. Chem., Bd. XLIX, S. 641 (1904). 2) Naturwissenschaftliche Rundschau, Bd. X, S. 147 (1895).","page":422},{"file":"p0423.txt","language":"de","ocr_de":"Notizen zur Chlorophyllchemie.\n423\nAlle bis jetzt genauer untersuchten und rein dargestellten Chlorophyllderivate, mit Ausnahme des Alkachlorophylls und Phylloporphyrins, welche in dieser Richtung noch nicht untersucht wurden, geben so dunkle L\u00f6sungen, da\u00df eine direkte Untersuchung derselben im Polarisationsapparat bis jetzt auch bei Anwendung verschiedenster Lichtarten nicht durchf\u00fchrbar war.\nEinfacher w\u00fcrde sich die Aufgabe gestalten, wenn man absolut reines Chlorophyll zur Verf\u00fcgung h\u00e4tte; denn wie mir Herr Prof. H. Landolt am 20. Juli 1895 mitteilte, kann eine \u00e4therische L\u00f6sung von Rohchlorophyll, welche in 50 mm dicker Schicht Tageslicht nicht hindurchl\u00e4\u00dft, im Zirkonlicht doch untersucht werden. Die Aufgabe der Reindarstellung des Chlorophylls ist aber leider bis jetzt nicht gel\u00f6st, denn obwohl die von mir und C. A. Schunck1) beschriebene Methode zu einem Produkte f\u00fchrt, welches sicherlich frei von gef\u00e4rbten Reimengungen ist, so kann jedoch nicht versichert werden, da\u00df es auch frei von etwa optisch aktiven farblosen Reimengungen ist. Trotzdem ich also alle meine reinsten Chlorophyllpr\u00e4parate als optisch aktiv befunden, zwar schwach linksdrehend, so darf ich jedoch nicht behaupten, da\u00df die optische Aktivit\u00e4t wirklich der gr\u00fcnen Molekel zukommt. Die Hoffnung, das Problem der Reindarstellung des Chlorophylls zu l\u00f6sen, gebe ich nat\u00fcrlich durchaus nicht auf, vielleicht wird die diesj\u00e4hrige \u00abChlorophyllkampagne\u00bb das Erhoffte endlich erf\u00fcllen. Inzwischen w\u00fcrde ich es jedoch der M\u00fche wert halten, die Bykschen Experimente mit reinen Chlorophyllderivaten zu wiederholen und zu versuchen, auf indirektem Wege die optische Aktivit\u00e4t der Chlorophyllderivate und des Chlorophylls selbst darzulegen.\nII.\nIm Jahre 1891 publizierte Hartley2) eine Methode zur Reindarstellung des Chlorophylls, die darauf beruht, da\u00df eine alkoholische Roh-chlorophyll\u00f6sung mit Baryumhydroxyd versetzt wird und der erhaltene Niederschlag mit Bors\u00e4ure behandelt wird. Um irgendwelchen Ungenauigkeiten in meiner Interpretation der Hart ley sehen Methode auszuweichen, sei mir erlaubt, den Hauptpassus der Hartleyschen Arbeit3) hier w\u00f6rtlich zu zitieren: \u00abTo the alcoholic solution a warm saturated solution of barium hydrate is then carefully added, until no further precipitation takes place, a rich green precipitate in formed leaving the solution yellow. After filtration and repeated washing on the filter with water and alcohol, which latter may be boiling, some of the\n*) RozprawyAkademiiUmiejetnosci w Krakowie, Bd.XIX, S. 55(1900). Trans. Chem. Society, S. 1080 (1900).\n2)\tTrans. Chem. Society, S. 100 (1891).\n3)\t1. c. p. 110.","page":423},{"file":"p0424.txt","language":"de","ocr_de":"424\nL. Marchlewski,\nyellow colouring matter still staines the filter. This is 'easily removable by washing with either cold or boiling chloroform. After a time, the washings begin to run with a greenish-yellow tinge. At this stage, the filter may be washed with boiling alcohol, and a repetition of the process causes the spirit to run through colourless. In order to separate the blue chlorophyll from the baryta compound, the precipitate is treated with a warm solution of boric acid in glycerin, to which alcohol is added, when a solution of blue chlorophyll is obtained.\u00bb\nIch habe mit C. A. Schunck1) die Methode von Hartley durchgepr\u00fcft und, wie nicht anders zu erwarten, gefunden, da\u00df das \u00abblaue Chlorophyll\u00bb von Hartley nicht mehr unver\u00e4ndertes Chlorophyll ist, sondern irgend ein Umwandlungsprodukt desselben, welches in naher Beziehung zum Alkachlorophyll steht. W\u00e4hrend n\u00e4mlich Rohchlorophyll-l\u00f6sungen unter der Einwirkung von Salzs\u00e4ure Phylloxanthin resp. Phyllo-cyanin liefern, gibt das Har tie y sehe Produkt keines von beiden, sondern Phyllotaonin bezw. seinen \u00c4ther. Den von Hartley beschriebenen Baryumniederschlag betrachteten wir als eine Ba-Yerbindung des gr\u00fcnen Farbstoffs (Hartleys blauen Chlorophylls) und die Einwirkung von Bors\u00e4ure auf diesen als einen Umsatz zwischen dieser Ba-Verbindung und der S\u00e4ure, unter Freisetzung des Farbstoffs und Bildung eines Baryumborates.\nVor einiger Zeit publizierte nun Hartley eine weitere Arbeit2) \u00fcber diese Angelegenheit, die die Resultate unserer Beobachtungen in Frage zu stellen scheint, und die ich angesichts des verdienterma\u00dfen angesehenen Namens ihres Verfassers nicht unbeantwortet lassen kann.\nZun\u00e4chst glaubt Hartley, da\u00df die von ihm in alkoholischen Rohchlorophyll\u00f6sungen durch Baryumhydrat verursachte F\u00e4llung nicht als Baryumverbindung des gr\u00fcnen Farbstoffs zu betrachten ist, sondern, wenn ich so sagen darf, das Resultat der aussalzenden Wirkung des Baryumhydroxyds, verursacht durch die Abscheidung von fettsauren Baryumverbindungen. Um die gr\u00fcne F\u00e4llung in L\u00f6sung zu bringen, ist es nach Hartley (1. c., p. 1611) nicht n\u00f6tig, Bors\u00e4ure anzuwenden, sondern es gen\u00fcgt die Wirkung eines Glyzerinbors\u00e4ureesters, den er durch Erw\u00e4rmen von wasserfreiem Glyzerin mit Bors\u00e4ure auf 150\u00b0 darstellt. Die alkoholische L\u00f6sung dieses Esters wurde nun mit dem getrockneten Baryumniederschlag zusammengebracht und die entstandene alkoholische L\u00f6sung des Farbstoffs dann weiter, wie unten beschrieben, untersucht. Auf den Umstand, da\u00df Hartley hier den getrockneten Baryumniederschlag anwandte, weise ich besonders hin, denn Hartley hebt auf derselben Seite 1611 als Argument f\u00fcr die Annahme, da\u00df die Ba-F\u00e4llung keine Ba-Verbindung des gr\u00fcnen Farbstoffs, hervor, da\u00df die gewaschene, aber nicht getrocknete F\u00e4llung in Benzol l\u00f6slich ist. Diese letztere Angabe ist an und f\u00fcr sich unwahrscheinlich, denn\n') L c.","page":424},{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"Notizen zur Chlorophyllchemie.\n425\nseinen fr\u00fcheren Angaben nach.1) die ich mit Schunck jun. best\u00e4tigen konnte, kann man die Ba-F\u00e4liung mit siedendem Alkohol oder Chloroform waschen, ohne Farbstoff dabei zu l\u00f6sen. W\u00e4re die jetzige Angabe Hartleys wirklich richtig, dann w\u00e4re die vermeintliche L\u00f6slichkeit des Farbstoffs in Benzol und Unl\u00f6slichkeit in Alkohol oder Chloroform allein schon ein Beweis, da\u00df der Hart ley sehe Farbstoff nicht unver\u00e4ndertes Chlorophyll ist. Trotzdem h\u00e4lt er aber an seiner fr\u00fcheren Ansicht fest, da\u00df der nach seiner Methode dargestellte Farbstoff kein Umwandlungsprodukt des Chlorophylls, sondern mehr oder weniger rein isoliertes Chlorophyll selbst ist.\nUm dies zu beweisen, behandelte er eine alkoholische L\u00f6sung seines Farbstoffs, sowie die Benzoll\u00f6sung des Rohchlorophylls mit Salzs\u00e4ure und untersuchte die Spektra der erhaltenen salzsauren L\u00f6sungen spektroskopisch. Das Resultat scheint Hartley von der Identit\u00e4t beider L\u00f6sungen zu \u00fcberzeugen. Mir ist die Beschreibung der beobachteten Spektra \u00fcberhaupt unverst\u00e4ndlich, denn in einem Falle hatte Hartley sicherlich eine Aufl\u00f6sung von Phyllocyanin in HCl, und eine solche erzeugt 5 B\u00e4nder und nicht 3, wie Hartley angibt. Sodann aber w\u00e4re es ganz gut m\u00f6glich, da\u00df Hartley (dem das Phyllotaonin und seine \u00c4ther, wie es scheint, unbekannt sind und der daher das spektroskopische Verhalten dieser K\u00f6rper selbst nicht studieren konnte) die beiden Spektren so \u00e4hnlich fand, weil die Unterschiede im spektroskopischen Verhalten salzsaurer L\u00f6sungen des Phyllocyanins und Phyllotaonins bezw. seiner \u00c4ther in der Tat sehr gering sind. Ganz anders w\u00fcrde sich ihm die Sache vorgestellt haben, wenn er unseren Rat befolgt und die salzsauren L\u00f6sungen in Wasser gegossen h\u00e4tte und durch Extraktion der erhaltenen Farbstoffsuspensionen Phyllocyanin bezw. Phyllotaonin oder seine \u00c4ther im freien Zustande isoliert h\u00e4tte.\nDen Beweis, da\u00df Hartleys \u00abblaues Chlorophyll\u00bb nicht unver\u00e4ndertes Chlorophyll ist, kann man aber noch viel einfacher f\u00fchren, und der Umstand, da\u00df Hartley dies nicht einsehen kann, ist um so auffallender, als die von ihm gegebene Beschreibung der Eigenschaften seines blauen Chlorophylls im gro\u00dfen und ganzen richtig ist, aber durchaus nicht mit der des unver\u00e4nderten Chlorophylls \u00fcbereinstimmt. Der Hartleysche Farbstoff, in konzentrierten L\u00f6sungen betrachtet, erzeugt im Spektrum vier B\u00e4nder, von denen das in Rot sehr intensiv und breit erscheint, w\u00e4hrend die drei anderen, besonders das letzte, in Blau sehr schwach sind. Im Orange ist kein Band wahrzunehmen. Der Unterschied im Vergleich mit dem unver\u00e4nderten Chlorophyll kommt aber noch mehr zum Vorschein, wenn man sehr verd\u00fcnnte L\u00f6sungen der beiden Farbstoffe betrachtet. Verd\u00fcnnt man n\u00e4mlich den Har tie y sehen Farbstoff so weit, da\u00df die drei schwachen B\u00e4nder verschwinden, dann bemerkt man, da\u00df das zuerst einheitlich erscheinende Band in Rot in zwei gespalten wird, von denen\n*) Trans, of the Chem. Society, Bd. LXXXV, S. 1608 (1904;).","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"426 L. M archlewski, Notizen zur Chlorophyllchemie.\ndas dem Infrarot n\u00e4her gelegene dunkler und breiter ist ; das Chlorophyll selber aber zeigt keine Spaltung des charakteristischen Bandes. Trotz der neuesten Har tie y sehen Abhandlung kann daher das vonSchunck jun. und mir \u00fcber das \u00abblaue Chlorophyll\u00bb gef\u00e4llte Urteil nicht ge\u00e4ndert werden: Hartleys Farbstoff ist nicht unver\u00e4ndertes Chlorophyll, sondern ein Chlorophyllderivat.\nin.\nIn dem vielgelesenen, trefflichen Werk v. Lippmanns \u00abDie Chemie der Zuckerarten\u00bb findet sich eine unrichtige historische Angabe, auf die ich hier in K\u00fcrze eingehen m\u00f6chte, um so mehr, als v. Lippmann nicht der einzige Autor ist, der die betreffende Angelegenheit in unrichtigem Licht wiedergibt. Auf S. 1752, Band II des genannten Werkes spricht v. Lippmann anl\u00e4\u00dflich einer fl\u00fcchtigen Besprechung der Rolle des Chlorophylls bei der Assimilation von der Lehre von einer n\u00e4heren Verwandtschaft des Chlorophylls mit dem Blutfarbstoff, die von Hoppe-Seyler1) und Nencki2) herstammen soll. Dies ist unrichtig, Hoppe-Seyler und Nencki waren nicht die ersten, die auf die Verwandtschaft der genannten K\u00f6rper aufmerksam machten, sondern E. Schunck sen. und ich. Mit welchem Recht man Hoppe-Seyler diese Entdeckung zuschreiben kann, ist mir ganz unbegreiflich, denn die einzige Stelle in Hoppe-Seylers Schriften, auf die sich v. Lippmann vielleicht bezog, lautet wie folgt:3) \u00abDie bl\u00e4ulich purpurrote L\u00f6sung zeigt in ihren Lichtabsorptionsverh\u00e4ltnissen sehr auffallende \u00c4hnlichkeit mit dem aus H\u00e4moglobin durch Einwirkung starker S\u00e4uren, reichlich aus H\u00e4matin durch S\u00e4uren oder durch Reduktionsmittel erhaltenen und unter dem Namen H\u00e4matoporphyrin von mir beschriebenen Substanz ; auch in fluoreszierendem Lichte, das ich fr\u00fcher beim H\u00e4matoporphyrin au\u00dfer acht gelassen hatte, zeigt sich gro\u00dfe \u00c4hnlichkeit.\u00bb Von einer Verwandtschaft beider K\u00f6rper \u00e4u\u00dfert sich Hoppe-Seyler, meines Wissens, in seinen Schriften \u00fcberhaupt nicht, auch konnte ihm eine solche Annahme schwerlich vorgeschwebt haben, da er das Phylloporphyrin irrt\u00fcmlicherweise als Zersetzungsprodukt der, nach ihm, N-freien Dichromatins\u00e4ure doch auch als N-frei betrachten mu\u00dfte. Was nun Nencki anbelangt, so kann v. Lippmann die von ihm zitierte Abhandlung Nenckis unm\u00f6glich gelesen haben, denn gerade dieser ber\u00fchmte Forscher spricht sich dort ganz unzweideutig \u00fcber die Urheberschaft der bewu\u00dften Entdeckung aus.\nKrakau, im M\u00e4rz 1905.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. IV, S. 201 (1880).\n2)\tBer., Bd. XXIX, S. 1350 (1896).\n3)\tL c.","page":426}],"identifier":"lit18106","issued":"1905","language":"de","pages":"422-426","startpages":"422","title":"Notizen zur Chlorophyllchemie","type":"Journal Article","volume":"44"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:09:06.099289+00:00"}