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{"created":"2022-01-31T14:40:03.912493+00:00","id":"lit18239","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Cohnheim, Otto","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 46: 9-16","fulltext":[{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage des Eiwei\u00dfumsatzes.\nVon\nOtto Cohnheim.\n(Aus dem physiologischen Institut zu Heidelberg.) (Der Redaktion zugegangen am 30. Juli 1905.)\nVoit hat im Jahre 1860 gefunden, da\u00df bei Muskelt\u00e4tigkeit nicht mehr Stickstoff ausgeschieden, also nicht mehr Eiwei\u00df zersetzt wird als in der Ruhe. Dies Resultat ist seitdem vielf\u00e4ltig best\u00e4tigt worden und es ist eine der Grundlagen unserer heutigen Anschauungen von der Verbrennung in der lebendigen Substanz geworden. Wir nehmen ja heute an, da\u00df das Protoplasma die ihm zugef\u00fchrten Nahrungsstoffe durch seine Fermente verbrennt und nicht etwa sich selbst zerst\u00f6rt. Diese Annahme beruht erstens auf den Kalorimeterversuchen von Rubner, durch die er die isodyname Vertretung der Nahrungsstoffe bewies, und zweitens eben auf der zuerst von Voit, neuerdings besonders vonZuntz1) und Atwater2) festgestellten Tatsache, da\u00df der arbeitende Muskel seinen Energiebedarf beliebig mit allen Nahrungsstoffen zu decken vermag.\nVon dieser Gleichwertigkeit aller Nahrungs Stoffe besteht nun aber bekanntlich eine Ausnahme zugunsten des Eiwei\u00dfes. Sie l\u00e4\u00dft sich schon daraus mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vermuten, da\u00df man bei allen Menschen eine ziemlich gleichm\u00e4\u00dfige Menge von Eiwei\u00df in der Nahrung gefunden hat. Die Sonderstellung des Eiwei\u00dfes stellte sich dann bei\nx) N. Zuntz, Pfl\u00fcgers Arch., Bd.LXXXIII, S. 557 (1901). \u2014 Heine -mann, Frentzel, Reach, Caspari und Bornstein, ibid., Bd. LXXXIII, S. 441\u2014540. \u2014 N. Zuntz, Arch. f. (Anat. u.) Physiol., 1894, S. 541. \u2014 F. Reach, Zentralbl. f. Physiol., Bd. XIII, S. 104 (1899).\n2) W. 0. Atwater, Ergebnisse der Physiologie, Bd. III, Biochemie (1904), S. 497.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nOtto Cohnheim,\nden ersten Stoffwechselversuchen von Voit heraus und wurde sp\u00e4ter von Rubner1) exakt bewiesen. Ihre Ursache aber ist uns nicht bekannt, sondern man mu\u00df sie in einer spezifischdynamischen Wirkung des Eiwei\u00dfes, in einer besonders hohen Affinit\u00e4t der K\u00f6rperzellen zum Eiwei\u00df suchen. Es war nun denkbar, da\u00df man bei den hierauf bez\u00fcglichen Er\u00f6rterungen zu sehr den K\u00f6rper als ein Ganzes angesehen hatte, und da\u00df vielleicht die einzelnen Organe sich in bezug auf den Eiwei\u00dfverbrauch bei ihrer T\u00e4tigkeit sehr verschieden verhalten. Es w\u00e4re m\u00f6glich, da\u00df etwa die Verdauungsorgane ihre Energie aus Eiwei\u00df sch\u00f6pfen m\u00fcssen, und nicht wie die Muskeln sich ebenso mit Fett oder mit Kohlehydraten begn\u00fcgen k\u00f6nnen. Auf diese Weise h\u00e4tte vielleicht das R\u00e4tsel gel\u00f6st werden k\u00f6nnen, weshalb der Mensch immer in seiner Nahrung eine bedeutende Menge von Eiwei\u00df zuf\u00fchrt, von der wir nicht wissen, wozu sie dient. Und es sprachen einige Tatsachen f\u00fcr diese M\u00f6glichkeit. Einmal enthalten alle Abdominalorgane wirksame proteolytische, autolytische Fermente, w\u00e4hrend in den Muskeln keine oder doch nur schwache gefunden sind, und zweitens haben Nencki, Pawlow und Zaleski2) beobachtet, da\u00df w\u00e4hrend der T\u00e4tigkeit von Magen, Darm und Pankreas das aus diesen Organen str\u00f6mende Blut reich an Ammoniak ist, das der T\u00e4tigkeit der Organe seinen Ursprung verdankt, da es auch bei Scheinf\u00fctterung auftritt. Endlich wissen wir, da\u00df nach einer eiwei\u00dfreichen Mahlzeit sehr bald viel Stickstoff im Harn ausgeschieden wird. Es wird zwar allgemein angenommen, da\u00df dieser Stickstoff aus dem resorbierten Eiwei\u00df stammt. Bewiesen ist es aber nicht, vielmehr liegt die M\u00f6glichkeit vor, da\u00df er bei der Verdauung entsteht.\nDie Hypothese war also berechtigt, da\u00df im Gegensatz zu der der Muskeln die T\u00e4tigkeit der Abdominalorgane, die \u00abDr\u00fcsen-\n*) M. Rubner, Die Gesetze des Energieverbrauchs bei der Ern\u00e4hrung. Leipzig u. Wien, 1902.\n2) M. Nencki, J. P. Pawlow u. J. Zaleski, Arch. f. exper. Path, u. Pharmak., Bd. XXXVII, S. 26 (1898). \u2014 M. Nencki u. J. P. Pawlow, ibid., Bd. XXXVIII, S. 215 (1898). \u2014 S. S. Salaskin, Diese Zeitschrift, Bd. XXV, S. 448, 1898.","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage des Eiwei\u00dfumsatzes.\n11\narbeite im Sinne Rubners, mit gesteigerter Eiwei\u00dfausscheidung einhergeht. Sie ist experimentell pr\u00fcfbar. Denn die Technik Pawlows gestattet uns, wenigstens einen Teil der Verdauungsorgane arbeiten zu lassen, ohne da\u00df dem Organismus dabei gleichzeitig Nahrung zugef\u00fchrt wird. Ich habe einen Hund \u00f6sophagotomiert, ihn hungern lassen und zwischen die Hungertage Tage eingeschaltet, an denen der Hund dreimal mit Fleisch \u00abscheingef\u00fcttert\u00bb wurde. Dabei f\u00e4llt das Fleisch zu der \u00d6ffnung im \u00d6sophagus heraus, aber es geraten die Speicheldr\u00fcsen in st\u00e4rkste T\u00e4tigkeit, eine st\u00e4rkere, als sie der betreffenden Fleischmenge bei wirklichem Fressen entspricht, da das Fleisch zahlreiche Male die Mundh\u00f6hle passiert und schlie\u00dflich ganze Str\u00f6me von Speichel ergossen werden. In T\u00e4tigkeit ger\u00e4t ferner der Magen, da er \u00abpsychischen\u00bb Magensaft sezerniert. Da der saure Magensaft ins Duodenum gelangt, so ruft er Sekretion von Pankreassaft, vielleicht auch von Darmsaft hervor, und endlich m\u00fcssen die Verdauungss\u00e4fte wieder resorbiert werden, bedingen also auch dadurch eine Arbeit f\u00fcr den D\u00fcnndarm. \u2014 Durch Bestimmung des im Harn ausgeschiedenen Stickstoffs suchte ich festzustellen, ob die T\u00e4tigkeit der genannten Organe, der Speicheldr\u00fcsen, des Magens, des Pankreas und des Darms, einen vermehrten Eiwei\u00dfzerfall hervorruft oder nicht.\nIm einzelnen ist zu dem Versuche folgendes zu bemerken :\nAls Versuchstier diente eine kurzhaarige, jagdhundartige H\u00fcndin von etwa 20 kg. Ich machte ihr Anfang Juni eine Magenfistel, aber nicht, wie Pawlow beschreibt, in der Linea alba, sondern auf dem R\u00fccken. Da es mir nicht auf Gewinnung des Saftes ankam, wird auf diese Weise die F\u00fctterung erleichtert, und ich war au\u00dferdem selbst f\u00fcr den Fall, da\u00df die Kan\u00fcle nicht ganz wasserdicht schlo\u00df, vor Verlusten von Magensaft sicher. Ich er\u00f6ffnete die Bauchh\u00f6hle etwa in der Gegend des \u00fcblichen Nephrektomieschnitts durch einen Schnitt parallel dem Rippenbogen, erreichte ohne Schwierigkeit den Magen, f\u00fchrte eine Kan\u00fcle ein, die nach dem Muster der Duodenalkan\u00fclen von Dastre-Pawlow1) gebaut war, und f\u00fchrte sie wie bei\nx) J. P. Pawlow, Ergebnisse der Physiologie, Bd. I, Biochemie. 1902, S. 277.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nOtto Cohnheim\ndiesen Duodenalfisteln durch ein Loch neben dem Schnitt nach au\u00dfen. Die Heilung und Schlu\u00dff\u00e4higkeit sind dann besser, als wenn man die Kan\u00fcle in die Wunde einheilt. Am 20. Juni f\u00fchrte ich bei der H\u00fcndin die \u00d6sophagotomie nach Pawlows Angaben aus und legte durch eine plastische Operation die Harnr\u00f6hrenm\u00fcndung frei. In den folgenden Tagen erhielt der Hund gro\u00dfe Mengen von Wasser und Nahrung \u2014 2500 ccm Wasser, 200\u2014250 g Fleisch, 70\u2014120 g Speck, 300 g Rohrzucker pro die \u2014, um ihn in m\u00f6glichst gutem Zustande in den Versuch zu bringen. Am 30. Juni wurde er zuletzt gef\u00fcttert. Am 2. Juli begann nach Heilung der Wunden der Versuch.\nW\u00e4hrend des Versuches erhielt der Hund in der 1. Reihe 1440 ccm Wasser mit 1,3 g Soda und 5 g Chlornatrium. Ich w\u00e4hlte eine so gro\u00dfe Menge, um die Speichelverluste zu ersetzen, und damit der Hund \u2014 mit R\u00fccksicht auf die Angaben von Pawlow1) und Tob 1er2) \u2014 auch sicher einen reichlichen Vorrat von Wasser und von Chlor hatte. Die reichliche Wasserzufuhr war auch durch die abnorme Hitze der betreffenden Tage geboten. In der 2. Reihe erhielt der Hund 930 ccm Wasser mit 1 g Kochsalz und 1 g Soda. Der Harn wurde in den K\u00e4fig entleert, der Tagesharn durch Katheterisieren abgegrenzt. Nicht zu vermeiden war, da\u00df, trotz m\u00f6glichster Fernhaltung aller Reize, Speichel aus der \u00d6sophagusfistel in den K\u00e4fig entleert wurde. Seine Stickstoffmenge ist nat\u00fcrlich sehr klein und au\u00dferdem an den verschiedenen Tagen wohl ziemlich gleich. Doch wird dadurch bedingt, da\u00df der Stickstoff des Sp\u00fclwassers h\u00f6her ist, als er sonst bei unseren Stoffwechselk\u00e4figen zu sein pflegt. Der Stickstoff wurde im Harn und Sp\u00fclwasser nach Kjeldahl bestimmt. \u2014 An den Schein f\u00fctterungstagen wurde der Hund dreimal aus dem K\u00e4fig genommen und je 10 Minuten lang mit frischem Fleisch scheingef\u00fcttert, wobei das viele Male gefressene Fleisch \u00e4u\u00dferst reichlich eingespeichelt wurde. Einige Zeit sp\u00e4ter fand sich im Magen eine gr\u00f6\u00dfere oder geringere Menge stark saurer Fl\u00fcssigkeit. Interessant war\n0 J. P. Pawlow, Referat, Arch. f. Verdauungskrankheiten, Bd. IV, S. 78 (1898).\n2) L. T obier, Diese Zeitschrift, Bd. XLV, S. 185 (1905).","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage des Eiwei\u00dfumsatzes.\n13\nmir, da\u00df nach den 2 ersten Scheinf\u00fctterungen der Magen noch nach 2 Stunden nicht leer war, und da\u00df der Hund in den folgenden 24 Stunden mehrere ganz d\u00fcnne St\u00fchle hatte. Ich vermute, da\u00df der nicht wie sonst durch die genossenen Speisen verd\u00fcnnte und neutralisierte, daher \u00fcberm\u00e4\u00dfig saure Magensaft einen abnormen Pyloruskrampf und sp\u00e4ter eine Reizung des Darmes hervorrief. Ich habe deshalb von da an bald nach der Scheinf\u00fctterung je 200 ccm k\u00f6rperwarmes Wasser in den Magen eingef\u00fchrt. An dem 1. Scheinf\u00fctterungstage gelang es, den entleerten Kot abzufangen, an dem darauffolgenden Tage wurde dagegen der K\u00e4fig etw^as beschmutzt; es konnte daher nicht alles Sp\u00fclwasser erhalten werden und die angegebene Zahl ist um eine Kleinigkeit zu niedrig. Nach Beendigung des Versuches wurde der Hund seziert. Die Wunden waren fest vernarbt, alle Organe normal.\nDatum\t\tHarn- menge in ccm\tDarin N in g\tN im Sp\u00fclwasser\tN zusammen\tZufuhr\t\n2.\u20143. Juli\t\t1060\t2,475\t0,368\t2,843\t1440 ccm Wasser 1,3 g Soda 5\t\u00bb CINa\tHunger\n3.-4.\t>\t765\t2,463\t0,353\t2,816\tdo.\t\u00bb\n4.\u20145.\t\u00bb\t865\t2,18\t0,428\t2,608\tdo.\t\u00bb\n5.-6.\t\u00bb\t547\t2,267\t0,414\t2,681\tdo.\tScheinf\u00fctterung\n6.-7.\t\u00bb\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t2,546\tdo.\tHunger\n7.-8.\t\u00bb\t710\t2,137\t0,317\t2,454\tdo.\tScheinf\u00fctterung\n8.-9.\t\u00bb\t1082\t2,196\t0,273\t2,469\tdo.\tHunger\n9.\u201410.\t\u00bb\t455\t6,115\t\u2014\t\u2014\t300 g Fleisch 930 ccm Wasser 1 g Soda 1 \u00bb CINa\tFleisch\n10.\u201411.\t\u00bb\t750\t6,783\t0,56\t7,343\tdo.\t\u00bb\n11.\u201412.\t\u00bb\t730\t2,514\t0,391\t2,905\t930 ccm Wasser 1 g Soda 1 \u00bb CINa\tHunger\n12.\u201413.\t\u00bb\t788\t7,281\t0,448\t7,729\t300 g Fleisch 930 ccm Wasser 1 g Soda 1 \u00bb CINa\tFleisch\n13.\u201414.\tJ>\t662\t2,660\t0,310\t2,970\t930 ccm Wasser 1 g Soda 1 \u00bb CINa\tScheinf\u00fctterung","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nOtto Cohnheim,\nWas nun die Resultate anlangt, so habe ich sie in umstehender Tabelle (S. 13) zusammengestellt. Die 1. Reihe umfa\u00dft 7 Hungertage, denen schon 2 Hungertage ohne Auffangen des Harns vorangegangen waren, und von denen an 5 Tagen der Hund gar nicht, an 2 Tagen scheingef\u00fcttert wurde. Die Resultate sind:\n1.\tTag\tHunger\t2,843\tg\tN\tim\tHarn\n2.\t\u00bb\t\u00bb\t2,816\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\n3.\t\u00bb\t\u00bb\t2,608\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\n4.\t\u00bb Scheinf\u00fctterung 2,681 \u00bb \u00bb \u00bb\t\u00bb\n5.\t\u00bb\tHunger\t2,546\t\u00bb\u2019)\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\n6.\t\u00bb Scheinf\u00fctterung 2,454 \u00bb \u00bb \u00bb\t\u00bb\n7.\t\u00bb\tHunger\t2,469\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\nDiese Zahlen beweisen also, da\u00df die T\u00e4tigkeit der Verdauungsorgane ohne Einflu\u00df auf die Stickstoffausscheidung im Harn ist. Denn die kleine Steigerung von 72 mg an dem 1. Scheinf\u00fctterungstage f\u00e4llt wohl nicht aus den Ungenauigkeiten solcher Stoffwechselresultate heraus, und sie wird auch an dem 2. Scheinf\u00fctterungstage vermi\u00dft. Ich suchte das Resultat noch weiter zu sichern. Der Hund hungerte, d. h. befand sich in einem Zustande, wo der Organismus sehr sparsam mit seinem Eiwei\u00df umgeht. Es war m\u00f6glich, da\u00df eine etwaige Mehrzersetzung von Eiwei\u00df deutlicher wurde, wenn dem Organismus ein gr\u00f6\u00dferer Vorrat davon zu Gebote stand. Ich schlo\u00df daher sofort eine zweite Versuchsreihe an, in der ich den Hund mit t\u00e4glich 300 g Fleisch, das sind mindestens 10 g Stickstoff, f\u00fctterte und zwischen die F\u00fctterungstage abwechselnd einen Hunger- und einen Scheinf\u00fctterungstag einschaltete. Es ergab sich:\n1.\tTag\t300\tg\tFleisch\n2.\t\u00bb\t300\t\u00bb\n3.\t\u00bb\tHunger\n4.\t\u00bb\t300\te\tFleisch\n6,115\tg\tN\tim\tHarn\n7,341\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\n2,905\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\n7,729\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\n5.\t\u00bb Scheinf\u00fctterung 2,970 \u00bb \u00bb \u00bb\t\u00bb\nDas Resultat ist also auch in dieser Reihe, da\u00df die T\u00e4tigkeit der Speicheldr\u00fcsen, des Magens, des Pankreas, des Darms ohne erkennbaren Einflu\u00df auf die Eiwei\u00dfzersetzung im Tier-\n*) Die Zahl ist etwas zu niedrig. S. o.","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage des Eiwei\u00dfumsatzes.\n15\nk\u00f6rper ist. Auf die kleine Differenz von 65 mg zugunsten des Scheinf\u00fctterungstages m\u00f6chte ich um so weniger Gewicht legen, da die h\u00f6here Stickstoffausscheidung des 4. gegen\u00fcber dem 1. und 2. Tag zeigt, da\u00df der Hund sich noch unter der Nachwirkung der vorausgegangenen Hungerperiode befand.\nEndlich habe ich noch die M\u00f6glichkeit gepr\u00fcft, da\u00df die Scheinf\u00fctterung zwar eine erh\u00f6hte Stickstoffausscheidung bewirkt, da\u00df diese aber durch eine Minderausscheidung in den sp\u00e4teren Tagesstunden kompensiert wird. Ich habe daher, da mir l\u00e4ngeres Hungern bedenklich schien, den Hund zun\u00e4chst 3 Tage mit sehr reichlichen Mengen von Fleisch, Speck und Rohrzucker gef\u00fcttert, ihn 3 Tage hungern lassen und dann den Harn der Vormittagstunden von 730\u201412 Uhr f\u00fcr sich auf-gef\u00e4ngen. Um 730 und um 10 wurde der Hund je 15 Minuten scheingef\u00fcttert. Als Kontrolle diente der vorhergehende Hungertag, an dem ich den Harn der gleichen Periode auffing. Die Perioden wurden durch Katheterisieren abgegrenzt, das Sp\u00fclwasser mit dem Harn vereinigt.\n18.\tJuli Hunger von 730 bis 12 Uhr 0,771 g N = 22,1 \u00b0/o des Tages-N.\n\u00bb 12\t\u00bb\t730\t\u00bb\t2,712 \u00bb \u00bb\n19.\tJuli Scheinf\u00fctterung von 730 bis 12 Uhr 0,570 g N = 21,8 \u00b0/o des Tages-N.\n> 12\t\u00bb\t730 > 2,042 \u00bb \u00bb\nEs ergab sich aber auch hier keine Differenz zugunsten der Scheinf\u00fctterung.\nDie 3 Versuchsreihen haben also das \u00fcbereinstimmende Ergebnis gehabt, da\u00df die Arbeit der Verdauungsdr\u00fcsen nicht mit einer gesteigerten Stickstoffausscheidung einhergeht. Zur Erkl\u00e4rung liegen folgende M\u00f6glichkeiten vor. Erstens kann der Stoffverbrauch bei der Dr\u00fcsenarbeit so gering sein, da\u00df er neben dem sonstigen Stoffumsatz nicht ins Gewicht f\u00e4llt. Es ist das unwahrscheinlich, da Dresers1) bekannte Rechnungen f\u00fcr die Niere eine betr\u00e4chtliche Arbeit ergeben, und da Barcroft2) und Barcroft und Starling3) bei der T\u00e4tigkeit der Speicheldr\u00fcsen und des\n0 H Dreser, Arch. f. exper.Path. u.Pharm., Bd. XXIX, S.303 (1892).\n2)\tJ. Barcroft, Journ. of Physiol., Bd. XXV, S. 265 (1900); Bd. XXVII, S. 31 (1901).\n3)\tJ. Barcroft u. E. H. Starling, ibid., Bd. XXXI, S. 491 (1904).","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\tOtto Cohnheim, Zur Frage des Eiwei\u00dfumsatzes.\nPankreas eine Vermehrung des Sauerstoffverbrauches und der Kohlens\u00e4ureproduktion auf das 3- bis 4fache gesehen haben. Zweitens kann die Arbeit der Verdauungsdr\u00fcsen trotz der angegebenen Resultate doch auf Kosten von Eiwei\u00df erfolgen, aber kompensatorisch tritt daf\u00fcr ein Minderverbrauch von Eiwei\u00df an anderen Punkten ein. Diese Kompensation kann aber nach Ausweis meiner Stundenversuche nur eine \u00f6rtliche, keine zeitliche sein. Au\u00dferdem ist dazu folgendes zu bemerken. Ru faner1) hat gefunden, da\u00df man die \u00abDr\u00fcsenarbeit\u00bb nur dann messen kann, wenn das Versuchstier sich im Zustand der physikalischen W\u00e4rmeregulation befindet. Im Gebiete der chemischen Regulation wird an anderer Stelle entsprechend eingespart. Er verlangt daher, da\u00df alle Stoffwechselversuche bei aufgehobener chemischer W\u00e4rmeregulation angestellt w\u00fcrden. Das Schicksal hat Rubners Forderung w\u00e4hrend meines Versuches erf\u00fcllt. Bis zum Morgen des 7. Juli, d. h. bis inklusive des 1. Scheinf\u00fctterungstages, herrschte tropische Hitze; in dem Raume, in dem der Hundek\u00e4fig stand, fiel das Thermometer nur einmal nachts auf 29\u00b0 C., es stand sonst zwischen 31 und 35\u00b0 bei ziemlich hoher Feuchtigkeit. Der Hund lag oder stand denn auch fast den ganzen Tag mit \u00abhachelnder\u00bb Atmung, mit thermischer Polypnoe im K\u00e4fig. Die Bedingungen f\u00fcr eine Kompensation lagen also so ung\u00fcnstig wie m\u00f6glich.\nDrittens k\u00f6nnte bei der T\u00e4tigkeit der Dr\u00fcsen Eiwei\u00df verbrannt, die Spaltungsprodukte aber wieder zu Eiwei\u00df regeneriert werden. Diese M\u00f6glichkeit besteht auch f\u00fcr den Stoffzerfall in den Muskeln. Viertens endlich kann die T\u00e4tigkeit der Verdauungsdr\u00fcsen auf Kosten von Fett oder von Kohlehydraten erfolgen, wie wir das von den Muskeln allgemein annehmen.\nEine Entscheidung zwischen diesen M\u00f6glichkeiten k\u00f6nnen wir zur Zeit nicht treffen. Eines aber geht aus den beschriebenen Versuchen hervor, da\u00df sich die Verdauungsdr\u00fcsen in bezug auf ihren Stoffwechsel nicht anders verhalten, als die Muskeln.\n!) M. Rubner, Die Gesetze des Energieverbrauches bei der Ern\u00e4hrung, Leipzig u. Wien, 1902.","page":16}],"identifier":"lit18239","issued":"1905","language":"de","pages":"9-16","startpages":"9","title":"Zur Frage des Eiwei\u00dfumsatzes","type":"Journal Article","volume":"46"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:40:03.912499+00:00"}