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{"created":"2022-01-31T13:45:51.867683+00:00","id":"lit18241","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"},{"name":"Pregl, Fritz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 46: 19-23","fulltext":[{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber einen im normalen menschlichen Harn vorkommenden,\nschwer dialysierbaren Eiwei\u00dfabk\u00f6mmling.\nVon\n\u00bb .\nEmil Abderhalden und Fritz Pregl, Graz.\n(Aus dem I. Chemischen Institut der Universit\u00e4t Berlin.)\n(Der Redaktion zugegangen am 2. August lttof\u00bb )\nEs ist schon lange bekannt, da\u00df im menschlichen Harn au\u00dfer den bekannten kristallinischen Harnbestandteilen sich noch kolloidale stickstoffhaltige Substanzen vorfinden. Ihre Menge ist so gro\u00df, da\u00df durch ihr Vorkommen der scheinbare Widerspruch, der zwischen dem auf direktem Wege ermittelten Verh\u00e4ltnis \\ on Kohlenstoff zu Stickstoff und dem aus den isolierten, kristallinischen Bestandteilen berechneten besteht, befriedigend aufgekl\u00e4rt wird.1) \u00dcber die Natur dieser Harnbestandteile\u00b0war bis heute so gut wie nichts bekannt, und ebenso fehlt irgend ein haltbarer Beweis f\u00fcr ihre Einheitlichkeit.\nIm zu pr\u00fcfen, ob sich Beziehungen zwischen diesen stickstoffhaltigen Harnbestandteilen und den Eiwei\u00dfk\u00f6rpern feststellen lassen, wurde eine Hydrolyse derselben durchgef\u00fchrt, und tats\u00e4chlich gelang es, nach der Estermethode Leucin, Alanin, Glycocoll und Glutamins\u00e4ure zu isolieren und die Anwesenheit von Phenylalanin durch die Reaktion mit Schwefels\u00e4ure und Kaliumdichromat festzustellen. Auch Aspara-gins\u00e4ure d\u00fcrfte vorhanden sein.\nExperimenteller Teil.\n\\ ei wendet wurde ein Pr\u00e4parat, das der eine von uns ^\u2022hdn vor Jahren in nachstehender Weise hergestellt hatte. Der Iroekenr\u00fcckstand von menschlichem Harn, in dem weder mit\n\u2018j Fritz Pregl, \u00dcber die Ursache der hoben Werte d.es \u00c7/N-Q'C\u2019tienten im normalen menschlichen Harn, Pfl\u00fcgers Archiv Bd LXXV X. X7. 1X99.\n9*","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nEmil Abderhalden und Fritz Pregl,\nEsbachschem Reagens, noch mit konzentrierter Salpeters\u00e4ure Ei\\v(\u2018if) nachgewiesen werden konnte, wurde mit absolutem Alkohol extrahiert, und aus dieser L\u00f6sung durch Eintr\u00e4gen von gepulverter Oxals\u00e4ure die Hauptmenge des Harnstoffs entfernt. Aus dem Filtrat vom Harnstoffoxalat wurde die \u00fcbersch\u00fcssige Oxals\u00e4ure mit Baryt, und aus dem neuerlichen Filtrat der Baryt mit Schwefels\u00e4ure entfernt. Durch mehrt\u00e4gige Dialyse des Filtrates vom Baryumsulfat wurden die letzten Reste kristallinischer Substanzen m\u00f6glichst entfernt. Nach dem Einengen der dialvsierten Fl\u00fcssigkeit auf ein kleines Volumen stellt dieses Pr\u00e4parat eine durchsichtige, br\u00e4unliche, sirup\u00f6se Fl\u00fcssigkeit dar.\nDurch Sch\u00fctteln der alkalischen L\u00f6sung mit \u00df-Xaplitalin-sulfochlorid konnten wir uns \u00fcberzeugen, da\u00df das Pr\u00e4parat keine freien Aminos\u00e4uren enthielt. Eine Menge desselben, die etwa 30 Litern Harn entsprach, wurde mit einem Liter konzentrierter Salzs\u00e4ure w\u00e4hrend 6Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler gekocht. Dabei entwickelte sich ein h\u00f6chst unangenehmer, penetranter Geruch, und reichliche Mengen eines schwarzen, unl\u00f6slichen \u00abMelanins > schieden sich aus. Die Hydrolysenfl\u00fcssigkeit wurde hierauf mehrere Stunden lang der Dampfstromdestillation unterworfen, wobei die Riechstoffe ins Destillat \u00fcbergingen. Durch Aussch\u00fctteln des Destillates mit \u00c4ther und Abdestillieren desselben war ein sofort kristallinisch erstarrender, penetrant riechender R\u00fcckstand zu erhalten, der noch weiter getrennt werden konnte. Beim Aussch\u00fctteln seiner \u00e4therischen L\u00f6sung mit ammoniakalischem \\\\ asser blieb im \u00c4ther ein stark riechendes 01 zur\u00fcck, welches seiner geringen Menge wegen nicht weiter untersucht werden konnte. Die ammoniakalische w\u00e4sserige Losung wurde hierauf anges\u00e4uert und mit \u00c4ther ausgesch\u00fcttelt. Der Destillationsr\u00fcckstand erstarrte sofort kristallinisch; nach einmaligem l inkristallisieren aus Alkohol wurden perlmuttergl\u00e4nzende Sch\u00fcppchen einer bei 117\u00b0 schmelzenden S\u00e4ure erhalten, deren Analysenwerte und Verhalten auf Benzoes\u00e4ure schlie\u00dfen lassen. Ihre Menge betrug 0,3 g.\nDie salzsaure Hydrolysenfl\u00fcssigkeit wurde hierauf eingeengt, mit Wasser verd\u00fcnnt und filtriert. Die Menge des","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber einen Eivveiftabk\u00fcmmling im menschlichen Harn.\n21\nFilterr\u00fcckstandes betrug nach dem L\u00f6sen in Natronlauge und Wiederausf\u00e4llen mit Salzs\u00e4ure 12 g.\nDas Filtrat der ausgeschiedenen Massen wurde hierauf zur Sirupdicke eingeengt, in der \u00fcblichen Weise zweimal vereitert, die in Freiheit gesetzten Ester in \u00c4ther aufgenommen, der \u00c4ther abdestilliert, und der R\u00fcckstand bei einem Druck von 0.4 mm der fraktionierten Destillation unterworfen, Die erste Fraktion wurde bis 107\u00b0 aufgefangen, die zweite bis 170\u00b0.\nDie erste Esterfraktion wurde in der \u00fcblichen Weise durch Kochen mit der f> fachen Wassermenge verseilt und zur Trockene eingedampft. Durch fraktionierte Kristallisation konnte daraus als schwerl\u00f6slicher Anteil Leucin (0,3 g) vom Schmelzpunkt 293\u00b0 isoliert werden.\n0.1*200 g Substanz gaben 0,2115 g ( 10.\u00bb und 0,1002 g 11,0\nBerechnet f\u00fcr C61II3N0._,:\tGefunden:\n51.90\u2019 . C und 9,92% H.\t51.9V\u00bb \u00c7 und 9,8'\u00bb,.\u00ab H.\nDas Filtrat davon zur Trockene verdampft und mit Alkohol und Salzs\u00e4ure neuerlich verestert, schied beim Stehen im Eisschrank Glycocollesterchlorhydrat (1,1 g) aus.\n0.1550 g Substanz lieferten 0.0908 g 1L0 und 0,1908 g C.O#\nBerechnet f\u00fcr C4H,0NO2Cl:\tGefunden:\n81.1\u00b0o C und 7,17\u00b0/o H.\t31,19% C und 0,90% II.\nAus den Mutterlaugen vom Glycocollesterchlorhydrat.wurde die Salzs\u00e4ure durch Kochen mit Bleioxyd entfernt, und die L\u00f6sung mich der Behandlung mit Schwefelwasserstoff eingeengt. Aus dem R\u00fcckstand konnte durch Umkristallisieren Alanin (E = 294) (0,5 g) isoliert werden.\n0,1007 g Substanz lieferten 0.2353 g GO* und 0,1101 g 11,0\nBerechnet f\u00fcr CJLNO*:\tGefunden:\n\u202210.12% C und 7,92% H.\t39,93\u00b0/\u00ab C und 8.10\u00b0,\u00ab H.\n*\nDie zweite Fraktion, die voraussichtlich die Ester des Phenylalanins, der Glutamins\u00e4ure und der Asparagins\u00e4ure enthielt, wurde in der bekannten Weise zur Abseheidung des Phenylalaninester mit dem f\u00fcnffachen Volumen Wasser \u00fcberlassen und dann mit \u00c4ther ausgesch\u00fcttelt. Nachdem der \u00c4ther zur Abtrennung von mitgel\u00f6stem Glutamins\u00e4ure-^ und Aspara-","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"99\nF. ni il Abderhalden und Fritz P r\u00e9gi,\ngins\u00fcureoster mehrere Male mil Wasser ausgewaschen worden war. wurde er mit Natriumsulfat getrocknet und dann abdestilliert. I)er R\u00fcckstand wurde, wie \u00fcblich, mit konzentrierter Salzs\u00e4ure eingedampft, das salzsaure Salz durch Abdampfen mit Ammoniak zerlegt, und fias gebildete Chlorammon mit kaltem Wasser ausgelaugt. Leider reichte die isolierte reine S\u00e4ure zu einer Analyse nicht aus. Sie zeigte alle Eigenschaften des Phenylalanins und entwickelte namentlich beim Kochen mit 2f)0/.>iger Schwefels\u00e4ure und einem K\u00f6rnchen Kaliumbiehromat deutlich Phenylacetaldehyd.\nDie vereinigten w\u00e4sserigen Extrakte wurden mit Barvt gekocht. Nach dem Abk\u00fchlen und l\u00e4ngerem Stehen schied sich am Boden des (ief\u00e4\u00dfes ein schwerl\u00f6sliches Barytsalz in Kristalldrusen aus, das abfiltriert und mit Schwefels\u00e4ure zerlegt wurde. Nach der quantitativen Entfernung der Schwetel-s\u00e4ure wurde die L\u00f6sung eingedampft. Es kristallisierte eine sauer schmeckende Verbindung aus, die offenbar Asparagin-s\u00e4ure war. Leider reichte die isolierte Menge zur Analyse nicht aus. Aus dem Filtrat dieses Barytsalzes wurde der Barvt mit Schwefels\u00e4ure quantitativ ausgef\u00e4llt, das Filtrat vom schwefel-sauren Baryt stark eingeengt, mit gasf\u00f6rmiger Salzs\u00e4ure ges\u00e4ttigt und in die K\u00e4lte gestellt. Es erfolgte bald reichliche Kristallisation von (ilutamins\u00e4urechlorhydrat i0,8 g).\n0,1835 g Substanz gaben 0.2178 g GO, und 0,0020 g H,0\nberechnet f\u00fcr G6l]10NO4Gl:\tGefunden:\n02.08\u00b0/o C und 5.40% H.\t32,37 \u00b0/o G und 5,02\u00b0 o H.\nDer vorliegende Befund beweist, da\u00df im normalen menschlichen Harn Verbindungen Vorkommen, welche bei ihrer Hydrolyse durch S\u00e4uren wenigstens einen Teil der im Eiwei\u00dfmolek\u00fcl vorhandenen Bausteine ergeben. Da\u00df die isolierten Aminos\u00e4uren in fester Bindung vorhanden waren und nicht einzeln, beweist einmal der Umstand, da\u00df das Produkt dialysiert worden war, und ferner durch Sch\u00fctteln mit \u00df-Naphtalinsulfochlorid keine Aminos\u00e4uren direkt nachgewiesen werden konnten. Wir haben den Basengehalt und die schwefelhaltigen Produkte\nnoch nicht bestimmt und auch eine wahrscheinlich vorhandene\n\u00ab\nKohlehydratgruppe vorl\u00e4ufig unber\u00fccksichtigt gelassen. Was die","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"H>er einen Eiwei\u00dfabk\u00fcmmling im menschlichen Harn.\n23\nDeutung des Befundes anbetrifft, so liegt offenbar ein eiwei\u00df-.utiger Abk\u00f6mmling vor, der dem totalen Abbau entgangen ist. Auffallend ist vor allem, da\u00df von den Abbauproduklen der, wir oben beschrieben, isolierten Substanz das Glycoeoll an .Menge alle anderen Aminos\u00e4uren bei weitem \u00fcbertraf. Allerdings haben wir zu gleicher Zeit Benzoes\u00e4ure nachgewiesen. Man k\u00f6nnte deshalb \u2018daran denken, da\u00df trotz der sorgf\u00e4ltigen Dialyse Hippurs\u00e4ure dein isolierten Produkte beigemengt war, und diese die Quelle des Glyeoc\u00f6lls sein k\u00f6nnte. Gegen diese Auflassung ist anzuf\u00fchren, da\u00df Benzoes\u00e4ure nur in verschwindend kleiner Menge isoliert werden konnte, und daher sicher nur der allerkleinste Teil des gewonnenen Glycocolls auf Hippur-riiure zur\u00fcckgef\u00fchrt werden darf. Der auffallend hohe Gehalt \u2022ui Glycoeoll, ferner der Gehalt an Phenylalanin (auf Prolin ist nicht gepr\u00fcft worden) legen uns den Gedanken nahe, da\u00df dein isolierten Eiwei\u00dfabk\u00f6mmling eine analoge Bedeutung zu-k<\u00bbHirnen k\u00f6nnte, wie dem von E. Fischer und E. Abderhalden1) bei der k\u00fcnstlichen und von E. Abderhalden2) l\u00bbci der nat\u00fcrlichen Verdauung beobachteten sog. * Polypeptid\u00bb.\n\\\\ (dtere Untersuchungen m\u00fcssen ergeben, ein wie gro\u00dfer feil des auf die beschriebene Art isolierten Produktes aus diesen \\ erbindungen besteht, und ob diese regelm\u00e4\u00dfig im menschlichen Harn Vorkommen. Eine weitere Entscheidung \u00fcber die Natur dieser Verbindungen erwarten wir von der biologischen Methode.\n*) Emil Fischer und Emil Abderhalden, \u00dcber die Verdauung einiger Eiwei\u00dfk\u00f6rper durch Pankreasfermente, Diese Zeitschrift, Bd. XXXIX, H 1. S. 81, 1903, und \u00dcber die Verdauung des Caseins durch Pepsin-sui/.s\u00e4ure und Pankreasfermente, Ebenda, Bd. XL, S. 215, 1903.\n') Emil Abderhalden, Abbau und Aufbau der Eiwei\u00dfk\u00f6rper im tierischen Organismus, Diese Zeitschrift, Bd. LIV, S. 17, 1905. \u25a0","page":23}],"identifier":"lit18241","issued":"1905","language":"de","pages":"19-23","startpages":"19","title":"\u00dcber einen im normalen menschlichen Harn vorkommenden, schwer dialysierbaren Eiwei\u00dfabk\u00f6mmling","type":"Journal Article","volume":"46"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:45:51.867688+00:00"}