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{"created":"2022-01-31T14:57:01.412258+00:00","id":"lit18275","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Bechhold, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 46: 371-375","fulltext":[{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"Die Hemmung der Nylanderschen Zuckerreaktion bei Queck-\nSilber- und Chloroformharn.\nVon\nDr. H. Bechhold, Mitglied des Instituts.\n(Aus dem Komgl. Institut f\u00fcr experimentelle Therapie in Frankfurt a. M Direktor: Geh. Med.-Hat Professor Dr. K hr lieh.)\n(Der Redaktion zugegangen am 20. Oktober 100*0\nVor kurzem bal mich ein Bakteriologe, seinen Harn auf Zucker zu untersuchen ; die Pr\u00fcfung mit dem Nvlanderschen Reagens ergab ein negatives Resultat. Als ieli nun dem Harn zur Kontrolle Traubenzucker zusetzte, trat auch nach dem \u00fcblichen f\u00fcnf Minuten langen Kochen keine Dunkelf\u00e4rbung aul und erst viel l\u00e4ngeres Erhitzen bewirkte ein geringes, nach iiimI nach zunehmendes Dunkelwerden. \u2014 Der betreffende Bakteriologe, der viel mit pathogenen Bakterien zu tun hat, wies 'laruul hin, da\u00df er seine H\u00e4nde t\u00e4glich und sehr h\u00e4utig mit Sublimall\u00f6sung wasche, da\u00df vielleicht dus Quecksilber bei der Krscheinung eine Rolle spiele, zumal chic Untersuchung seines Harns einen Gehalt von 0,00 mg Quecksilber in t\u00fcOO ccm Rum ergaben. In der Tat zeigte sich, da\u00df ein Zusatz von Quecksilberchlorid zu normalem Harn eine Verz\u00f6gerung im Eintritt der Dunkelf\u00e4rbung bei der Nvlanderschen Reaktion bewirkt. Auch zwei weitere Herren, die sich viel mit Sublimat \u00abuseben, hatten einen Harn, der Nylander hemmt, w\u00e4hrend ich wieder bei anderen, die nicht minder viel Sublimat gebrauchen, '\u2022me Hemmung nicht beobachten konnte. Der Ilantableiluiig (Vorsteher Dr. Herxheimer) des hiesigen st\u00e4dtischen Krankenhauses verdanke ich zehn Harnproben von Syphilitikern, die Queck-silberinjcklionen bekamen; diese Harne gaben s\u00e4mtlich eine Hemmung der Nylanderschen Reaktion, und zwar im allge-\nmr-iiien um so st\u00e4rker, je mehr Injektionen die Patienten er-Eilten hatten.\nl>ei Harnen von normalen Menschen konnte ich nur'unbedeutende individuelle Verschiedenheiten imKintrittderNylander-\u2022'\u2022'\u25a0hen Reaktion beobachten, w\u00e4hrend sich die Quecksiibcrharne >cliarf davon abheben. Ich verwendete auch Nylanders Reagens verschiedener Herkunft, erhielt aber das gleiche Resultat.\nHoppe-Scylor s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVI\n24","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"872\nH. Bf* cli h old,\nEinige Notizen aus meinen Protokollen m\u00f6gen das Gesagte belegen.\nIch setzte zu 5 ccm Harn 0,5 ccm P/oige Traubenzu\u00ab ker-l\u00f6sung und 1 ccm Ny landersehes Reagens: bei Pr\u00fcfung anderer Hemmungsk\u00f6rper wurden dann s\u00e4mtliche R\u00f6hrchen mit Harn bezw. Wasser auf das gleiche Volumen aufgef\u00fcllt. Die Reagensr\u00f6hn heu wurden in einem Einsatz im Wasserbad erw\u00e4rmt. Am besten ist eine Temperatur von 85\u201490\u00b0, da bei kleineren Dillerenzen in h\u00f6herer Temperatur die Dunkelf\u00e4rbungen zu rasch folgen.\nTabelle I.\nNach\n2 Minuten 5 Minuten Kochen\nHarn normal\t\t\tschwarz\tschwarz\n4- 1 ccm\tHgCl, 1 : 10000\t. . .\tbraun\t\n*\t*\t-f- 1\t\u00bb\t1 :100000 . . .\tschwarz\t,\n* eines Bakteriologen\t\tgelb\tgelb\neines Syphilitikers,\tseit 4 Wochen mit Hg\t\t. .\ngespritzt . . .\tTabelle 11.\tbraun\tbraun\n\t\tNach\t\n8 Min. HM.80S.\t4 Min. ! 5 Min\nKochen\nHarn\tnormal .\ti t * * \u2018 *\u2022\t1 \u25a0 ! schwarz schwarz\tschwarz\tschwarz\n\u00bb\t1 ; Syphilitiker 1 Hg-lnjektion .\t\tgelb 1\t\u2022 \u00bb\t\u2022\n>\t>\t\u25a0 8 \u00bb Injektionen ;\ti braun\t*\t\u2022 \u00bb\n*\t*\t4 \u00bb\t\u00bb\tj\t\u00bb\ts\t.\t\u00bb\n>\t\u00bb\t\u00bb / \u00bb * \u2022' \u2022 \u2022 1\t*\t1 gelb i\tgelb\tgelb\nEs geht aus obigen Daten hervor, da\u00df ein Zusatz von Quecksilber zu normalem Harn, der die in jenem anderen Harn (des Rakteriologen) gefundene Quecksilbermenge weit \u00fcbersteigt, doch lange keine so stark\u00e9 Hemmungswirkung auf den Nylander","page":372},{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"Die Hemmung der Nylanderschen Zuckerreaktion usw. 373\naus\u00fcbt. Die Hemmungswirkung bleibt auch ziemlich die. gleiche, ob man zu normalem Harn 1 ccm HgCI, 1 : 10000 oder 1 ccm HgCls 1 : 1000, also die zehnfache Menge zusetzt. Es war daher naheliegend, zu pr\u00fcfen, ob vielleicht Quecksilber in organischer Bindung eine st\u00e4rkere Wirkung habe als HgCl2. Bei-l\u00fculig sei hier erw\u00e4hnt, da\u00df. HgCl2 in den hier benutzten Verd\u00fcnnungen weder mit Alkali noch mit Nylanderschem Reagens eine F\u00e4llung gibt.\nIch pr\u00fcfte 1. Quecksilberalbuminat(IIydrargyr. albuminat.j, 2. Quecksilberpeptonat (Hydrargyr. peptonat.j, 3. Sublamin (Quecksilbersulfat-\u00c4thylendiamin), 4. Hydrargyr. thymolo-acetic. Merk. Soweit erforderlich wurde behufs L\u00f6sung etwas Alkali zugesetzt. Nur bei Sublamin und Hydrargyr. thymolo-acetic. wurde eine etwas st\u00e4rkere Hemmungswirkung beobachtet, als hei Sublimat, die aber die Wirkung des Quecksilbers, welches den K\u00f6rper passiert hat, bezw. des von ihm erzeugten Hemmungsk\u00f6rpers, bei weitem nicht erreicht.\nSchon Nylander D weist darauf hin, da\u00df Eiwei\u00df im Harn die Empfindlichkeit der Reaktion verringert. Es hei\u00dft loc. cit. :\nDie Anwesenheit von Eiwei\u00df st\u00f6rt die Reaktion nur bei betr\u00e4chtlicherem Gehalt insofern, als sie die Empfindlichkeit derselben verringert oder durch eine allerdings nicht schwarze, sondern mehr rotbraune F\u00e4rbung des Uhosphatniederschlages die Gegenwart von Zucker Vort\u00e4uschen kann.> \u2014 Merkw\u00fcrdigerweise wird in vielen mir zug\u00e4nglichen Lehrb\u00fcchern die Entfernung des Eiwei\u00dfes vor Untersuchung mit Ny landers Reagens stets nur deswegen verlangt, weil Eiwei\u00df Zucker Vort\u00e4uschen k\u00f6nne, ein Grund, der meines Erachtens vollkommen hinf\u00e4llig ist, da die r\u00f6tliche F\u00e4rbung bei Gegenwart von Eiwei\u00df nicht verwechselt werden kann mit der schwarzbraunen F\u00e4rbung bei Gegenwart von Zucker. Der viel wichtigere Grund aber, den schon Nylander angibt, n\u00e4mlich die Herabsetzung der Empfindlichkeit der Reaktion durch Eiwei\u00df, ist offenbar in Vergessenheit geraten. Diese Hemmungswirkung ergibt sich aus dem untern Teil von Tabelle Hl.\nl) Nylander, \u00dcber alkalische Wismutl\u00fcsung als Reagens auf Traubenzucker im Harn (Zeitsehr. f. analyt. Chemie, Bd. XX1H, S. 441).\n24*","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":":*74\nH. Bec: h ho Id.\nTabelle III.\n\tNach 3 Minuten {\u2022 Minuten \u00f6 Minuten 6 Minuten Kochen\t\t\nNormaler Harn\t\tschwarz schwarz I - \u2022\t.\t.. . .\t.\tschwarz\tschwarz\n1\t* -f- Chloroform *\t; L 1 ccm HgCl2\tI gelb\tgelb\tgelb\tgelb\n1 : 10000 . *\t1\t-f- 2 Tropfen\t1\tgelbbraun\t! gelbbraun\nSerum . . *\tr -L 4 Tropfen\t>\trotbraun 1\trotbraun\nSerum . . \u00bb\t\u00bb -f Pepton\t\u00bb *\trotgelb . j\trotgelb\nWitte . .\t> >\tbraungelb\tschwarz\nI .\nPraktisch kommt die Frage der Eiwei\u00dfliemmung nicht in Betracht, da es Regel isl, yor einer Zuckerpr\u00fcl'ung das eventuell vorhandene Eiwei\u00df aus dem Harn zu entfernen. Es sei daher betont, da\u00df weder bei dem Harn des Bakteriologen, noch bei den Harnproben der Syphilitiker Eiwei\u00df durch'die Kochprobe nachweisbar war.\nI ui zu pr\u00fcfen, ob andere pathologische Harne eine Hemmung der Ny land ersehen Reaktion bewirken, untersuchte ich einige pathologische Harne, die ich Herrn Dr. Salomon. Oberarzt am hiesigen st\u00e4dtischen Krankenhause, verdanke. Fs waren Harne von \u2022 Tuberkulose (2 F\u00e4lle), Nephritis, Sepsis. I teruscarcinom, Osophaguscarcinom, Lebercirrhose, Gallenstein t- KilleI. Golica mucosa, Lebertumor, Leuk\u00e4mie. Ikterus. Schrumpfniere (2 F\u00e4lle). Typhus, Scharlach. Ich konnte jedoch bei keinem ein analoges Verhalten gegen\u00fcber Nylander beobachten, sofern vorhandenes Albumin vorher sorgf\u00e4ltig entfernt war.\nAu\u00dfer bei Ouecksilber und Albumin beobachtete ich bei Thymol (\u2018ine geringe, bei Albumosen (Wittepepton) und (dilorolorm eine st\u00e4rkere Hemmungswirkung der Nylandersehen Zuckerreaktion.\nMacht man die Ny landersehe Zuckerreaktion statt mit","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"Die Hemmung der Nylanderschen Zuckerreaktion usw. H7f>\nHarn mit W asser, so \u00fcben die Quecksilbersalze, mit Aus-nabme des Hvdrargyr. tbymolo-aeetie., merkw\u00fcrdigerweise keine Hemmung der Reaktion aus.\nDer Mechanismus der Hemmungswirkung ist bei den verschiedenen Substanzen offenbar ein verschiedener. Quecksilber, <ias den Organismus passiert li\u00e2t, bezw. der von ihm erzeugte Hemmungsk\u00f6rper, ist in unserem Kalle wohl als ein negativer Katalysator aufzulassen, daf\u00fcr spricht seine Wirksamkeit in so hoher Verd\u00fcnnung (noch \u00fcber 1:10 Millionen).\nDie Zuckerpr\u00fcfung mit Fehlingscher L\u00f6sung oder nach Tromm er wird durch Quecksilber und Chloroform nicht beeinflu\u00dft.\nRet der Zuckerpr\u00fcfung gilt es als Regel, sich mit einem positiven Befunde nicht zu begn\u00fcgen, sondern auch noch nach anderen Verfahren zu untersuchen, oh wirklich Zucker vorhegt: bei negativem Befunde pflegt man sich hingegen auf eine Pr\u00fcfungsmethode zu beschr\u00e4nken. \u2014 Aus dem vorhergehenden ergibt sich, da\u00df dies nicht zul\u00e4ssig ist. Mediziner, insbesondere Bakteriologen und Chirurgen, die sich viel mit Sublimat waschen, Syphilitiker, die eine Quecksilberkur gebrauchen. k\u00f6nnen einen Harn abgeben, der in der \u00fcblichen Kochzeit von 5 Minuten mit Nvlandersehem Reagens keinen Zucker erkennen l\u00e4\u00dft. Oft ist es auch hei Kranken \u00fcblich, Nachtt\u00f6pfe mit Sublimat auszusp\u00fclen oder einen Harn behufs Konservierung mit Chloroform zu versetzen: solche Harne, sowie Harne mit einem Albumosengelialt k\u00f6nnen eine T\u00e4uschung in bezug auf ihren Zuckergehalt veranlassen.\nKs mu\u00df daher als Regel gelten, da\u00df jeder auf Zucker zu untersuchende Harn nach zwei verschiedenen Methoden zu pr\u00fcfen ist, gleichg\u00fcltig, oh man hei der ersten\nPr\u00fcfung Zucker fand oder nicht.\t*\nferner m\u00f6chte ich aber auch die Aufmerksamkeit der Herren Chirurgen und Bakteriologen auf diese von mir beschriebene, so leicht auszuf\u00fchrende Reaktion lenken, da sie \u00bbmen Hinweis bietet, oh bereits eine Quecksilbers\u00e4ttigung des Organismus eingetreten ist und ob Ma\u00dfregeln zur Verhinderung von Sch\u00e4digungen zu ergreifen sind.","page":375}],"identifier":"lit18275","issued":"1905","language":"de","pages":"371-375","startpages":"371","title":"Die Hemmung der Nylanderschen Zuckerreaktion bei Quecksilber- und Chloroformharn","type":"Journal Article","volume":"46"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:57:01.412263+00:00"}