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{"created":"2022-01-31T14:39:58.715806+00:00","id":"lit18291","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Forssner, Gunnar","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 47: 15-24","fulltext":[{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Vorkommen von freien Aminos\u00e4uren im Harne und\nderen Nachweis.\nVon\nl)r. Gunnar Forssner, Stockholm.\nAus dt-r 11 medizinischen Klinik zu M\u00fcnchen. Direktor Prof. Dr. Fried r. M\u00fcller.) (Der Redaktion zusegiuiecii am t. .lunuar lDOti.)\nlgnatowski1) hat mit der \u00df-Nuphtalinsulfochloridmethode bei verschiedenen krankhaften Zust\u00e4nden freie Aminos\u00e4uren im Harne nachgewiesen, und besonders hat er dabei festgestellt, da\u00df bei der Gicht Glycocoll regelm\u00e4\u00dfig im Harne vorkommt. In 7 von 7 F\u00e4llen hat er \u00df-Naphtahnsulfochloridglycoeoll aus dem Harne isolieren k\u00f6nnen (durchschnittlich 100\u20142<K) ing pro Tagesmenge), und in \u00df von diesen F\u00e4llen hat er daneben auch andere Aminos\u00e4uren, wahrseheinlicli Leucin und Aspara-g i n s\u00e4 u re, nach ge w i esc n.\nAuf Vorschlag Herrn l\u2019rof. M\u00fcllers habe ich mit der genannten Methode Untersuchungen vorgenommen, zun\u00e4chst mit der Aufgabe, zu erforschen, ob die Ausscheidung von Aminos\u00e4uren f\u00fcr die Ditferentialdiagnose der Gicht von einigem Wert w\u00e4re.\nlgnatowski hat die urspr\u00fcngliche Methode von F. Fischer und 1\\ Hergell etwas modiliziert und bei den Versuchen, welche ich zum oben erw\u00e4hnten Zwecke anstellte, folgte ich im Anfang genau den Vorschriften Ignatowskis.\nln aller K\u00fcrze erw\u00e4hnt, ist das Vorgehen nach Igna-towski folgendes: Der Harn wird mit Blei gef\u00e4llt, mit Schwofel-wassersto\u00df entbleit, im Vacuum bei 4f)\u00b0 etwa zur H\u00e4lfte des anf\u00e4nglichen Volumens eingeengt und nach Zusatz von Salzs\u00e4ure mit \u00c4ther gesch\u00fcttelt; man alkalesziert mit Kalilauge und sch\u00fcttelt w\u00e4hrend 9 Stunden mit \u00df-Naphtalinsulfochlorid in\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XLV1I, 11. 4.","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"Gun na r Korssner.\nIG\n\u00e4thcrisdior L\u00f6sung, s\u00e4uert den Harn mit Salzs\u00e4ure an und nimmt die F\u00e4llung in \u00c4ther auf: der Harn wird wieder alkalisch gemacht und nochmals 6 Stunden mit dem Keagens gesch\u00fcttelt, dann wieder mit Salzs\u00e4ure anges\u00e4uert und mit \u00c4ther ausgesch\u00fcttelt. Die beiden \u00c4therportionen werden vereinigt, der \u00c4ther abgedampft, und die eventuell gebildeten Aminos\u00e4ureverbindungen durch wiederholtes Umkristallisieren aus hei\u00dfem 20\" oigen Alkohol rein dargestcllt.\nHei dem Arbeiten nach diesen Vorschriften stie\u00df ich indessen auf einige Schwierigkeiten und ehe ich auf die Hauptfrage eingehe, halte ich cs deshalb f\u00fcr zweckm\u00e4\u00dfig, einige Erfahrungen die Methode betreffend kurz zu erw\u00e4hnen. Zwar bin ich mir dabei bewu\u00dft, wenig Neues mitzuteilen, aber vielleicht kann ich doch anderen Untersuchern, welche die Methode einiiben wollen, einigen Nutzen gew\u00e4hren.\n. Hcsondcrs mu\u00df ich hervorheben, da\u00df das Amid der \u00df-Napbtahnsull\u00f6ns\u00e4ure in vielen F\u00e4llen beim Umkristallisieren des \u00c4therriickstandes aus hei\u00dfem Alkohol erheblich st\u00f6rt. In jedem normalen Harn ist Ammoniak in gen\u00fcgender Menge vorhanden, um betr\u00e4chtliche Quantit\u00e4ten von Amid zu geben (wenn die Heaktion quantitativ w\u00e4re, nicht weniger als 3 g pro oOOccm Harn.)1) Hei Anwesenheit von freien Aminos\u00e4uren im Harne, enth\u00e4lt der Alherriickstand also ein Gemisch von Amid und den \u00df-Naphtalinsulfoverbindungen der Aminos\u00e4uren. Zwar beweisen nun die Untersuchungen von Ignatowski und anderen zur'Gen\u00fcge, da\u00df man durch wiederholtes Umkristallisieren dieses Gemisches aus hei\u00dfem Alkohol das Amid entfernen und die Aminos\u00e4ureverbindungen rein herausbekommen kann, aber dazu geh\u00f6rt gewi\u00df eine nicht ganz leicht gewonnene \u00dcbung. Ehe man die L\u00f6slichkeitsverh\u00e4ltnisse des Amids einerseits und der Aminoverbindungen anderseits genau kennen gelernt hat, kann es sogar Vorkommen, da\u00df man aus einem Gemisch von viel Amid und wenig Aminos\u00e4ureverbindungen zuletzt das Amid rein bekommt und die S\u00e4ureverbindungen verliert.\nJedenfalls wird man im allgemeinen erst durch h\u00e4utig wiederholtes Umkristallisieren das Amid los, da dieses doch\n1 Berechnet nach O.T g Nil., und l\u00e4OO ccm pro Tag.","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Uber das Vorkommen von freien Aminos\u00e4uren im Harne usw. 17\nin hei\u00dfem 20\u00b0/oigen Alkohol ziemlich l\u00f6slich ist, und es w\u00e4re deshalb ein Vorteil, wenn man das Amid auf einmal durch eine bequeme und sichere Methode entfernen k\u00f6nnte.\nUm dies zu erreichen, habe ich verschiedenes versucht. Zuerst lajr es nahe, vor der Sch\u00fcttelung mit \u00df-Naphtalinsulfo-chlorid das Ammoniak aus dem Harne zu entfernen. Zu diesem Zwecke habe ich heim Einengen des Harnes (im Vacuum bei 45\u00b0) Kalkmilch zugesetzt und wiederholt gefunden, da\u00df diese Methode zum Ziele f\u00fchrt: d. h. es bildet sich w\u00e4hrend der Scli\u00fcttelung kein Amid, was daraus hervorgeht, da\u00df der ganze \u00c4therr\u00fcckstand in schwachem Ammoniak schon in der K\u00e4lte l\u00f6slich ist (vgl. unten). Schon diese Tatsache beweist zur (ie-n\u00fcge, da\u00df kein neues Ammoniak (durch Zersetzung des llarn-stolfes) sich w\u00e4hrend der Sch\u00fcttelung bildet, aber auch durch direkte Versuche habe ich mich davon \u00fcberzeugt. \u00ceHK> ccm Harn wurden bis 400 ccm eingeengt und 5 ccm zur NH3-Be-stimmung nach Schloesing abgenommen: den Rest teilte ich in 3 gleiche Teile, A, B und C, und setzte zu jeder Portion KOH bis zu neutraler Reaktion aus der B\u00fcrette zu. A wurde mit 10 ccm konzentrierter Salzs\u00e4ure, B mit 20 und C mit HO ccm N.-KOH versetzt: A 3 Stunden, B 9 und G 15 Stunden lang gesch\u00fcttelt. Nach beendeter Sch\u00fcttelung machte ich die Schloesing-Bestimmung mit 5 ccm von jeder Portion. Die Resultate der 4 NH3-Bestimmungen waren folgende (nach Korrektion der Zahlen je nach der Verd\u00fcnnung des Harnes durch Zusatz von Salzs\u00e4ure hezw. Alkali) :\n\u00f6 ccm vor \u00ab1er Sch\u00fcttelung\t=5,2 ccm n/io-L\u00f6sung\nK\t5\t*\t3 Stunden in saurer L\u00f6sung gesch\u00fcttelt\t= 4,45\t\u00bb\ntk\t5\t>\t9\t\u00bb\t\u00bb alkalischer\t\u00bb\t-\t4.7\t\u00bb\t\u00bb\nL. ;> * 15\t\u00bb p \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t=4,4\t\u00bb\t\u00bb\nEin weiterer Versuch, ebenfalls mit zur H\u00e4lfte eingeengtem Harne, ergab:\n5 ccm vor der Sch\u00fcttelung\t= 0.35 ccm \u00bb/\u00ab o-L\u00f6sung\n5\t\u00bb\t20 Stunden in alkalischer L\u00f6sung gesch\u00fcttelt\t= 7,8\t\u00bb\t\u00bb\n\u2019*\t40\t\u00bb.\t\u00bb\t>\t*\t- - 8,3\t\u00bb\t\u00bb\nWeder in saurer, noch in alkalischer L\u00f6sung wird also Ammoniak w\u00e4hrend der Sch\u00fcttelung gebildet.\nWTie gesagt, habe ich auch mit der in Rede stehenden\nHoppe-Seyler'8. Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVII.\n2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"is\nGunr.ar F mss nor,\nMethode \u2014 Entfernen des Ammoniaks vor der Sch\u00fcttelung durch Zusatz von Kalkmilch beim Einongon dos Harnes \u2014 gute Resultate erzielt. Aber das Einengen in alkalischer L\u00f6sung ist ziemlich unbequem, da-die Fl\u00fcssigkeit sehr leicht \u00fcbersch\u00e4umt, und deshalb habe ich einen anderen Weg zur Vermeidung der durch das Amid gegebenen Schwierigkeit gesucht und auch gefunden.\nVon der Tatsache ausgehend, dal) das Amid im Gegen-satz zu den Aminos\u00e4ureverbindungen keine freie COUH-Gruppe enth\u00e4lt, habe ich versucht, die Aminos\u00e4ureverbindungen in Form von l\u00f6slichen Salzen von dem Amid zu trennen. Zuerst behandelte ich zu diesem Zweckt; die Athorriickst\u00e4nde mit stark verd\u00fcnntem XaOH, -aber es zeigte sieb, da\u00df auch das Amid in diese;!* Fl\u00fcssigkeit etwas l\u00f6slich war, obgleich ja von Salzbildung nicht die Kode sein konnte. Sehr gute Resultate bekam ich dagegen mit verd\u00fcnntem Ammoniak. Wenn man den \u00c4therr\u00fcckstand mit einer kleinen Menge kalten Wassers \u00fcbergie\u00dft und Ammoniak zusetzt, bis .die L\u00f6sung gegen Lackmus eben schwach alkalisch reagiert, gehen die Aminos\u00e4ureverbindungen als Ammoniumsalze sofort in L\u00f6sung, w\u00e4hrenddem das Amid ungel\u00f6st bleibt. I)ie Entfernung \u00ables Amids gelingt in dieser Weise bei Versuchen mit reinen Verbindungen quantitativ oder last quantitativ \u2014 125 mg Glycocollvcrbiiidung wurden mit 151,5 mg Amid gemischt und das Gemisch auf oben erw\u00e4hnte Weise mit verd\u00fcnntem Ammoniak behandelt: auf dem Filter fand ich 150.5 mg Amid (Schmelzpunkt 214\u00b0) = 91),H\u00b0/o zur\u00fcck, und aus dem Filtrat erhielt ich 118 mg Glvcocoll (Schmelzpunkt 15b\") = 9i,4\u00b0/o \u2014 und in praxi ist die Abtrennung des Amids jedenfalls scharf genug. \u2014 Das ungel\u00f6ste Amid ist oft sehr fein verteilt, geht leicht durch das Filter mit hindurch: man l\u00e4\u00dft daher zweckm\u00e4\u00dfig die Mischung auf Eis stehen, bis das I ngel\u00f6ste sich gut abgesetzt hat. und liltriert dann durch Saugliller; auch vom Sch\u00fctteln mit spanischer Erde habe ich guten Erfolg gehabt.\n(Als diese Versuche schon im Gang waren, berichtete Kmbden auf dem Kongresse f. inn. Med. zu Wiesbaden d. .1. von guten Resultaten mit derselben Methode.)","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"i'ber das Vorkommen von freien Aminos\u00e4uren im Harne usw. 19\nNachdem das Amid durch Filtrieren abgetrennt worden ist, wird das ganz klare Filtrat zweckm\u00e4\u00dfig in einen kleinen Kolben gegossen und mit Salzs\u00e4ure gelallt. Die F\u00e4llung besteht bei Anwesenheit von Aminos\u00e4ureverbindungeu teils aus Krystallen, teils (fast immer) aus einer kleineren oder gr\u00f6\u00dferen Menge br\u00e4unlicher Schmiere und klebt in dem meisten F\u00e4llen ziemlich fest an den Hoden des Kolbens. Nachdem sie sich gut abgesetzt hat, filtriert man und kocht Kolben und Filter wiederholt mit kleinen Mengen Wasser aus, und zwar mu\u00df man dabei sehr gr\u00fcndlich vergehen, denn die Schmiere h\u00e4lt die an sich in kochendem Wasser ziemlich gut l\u00f6slichen Aminos\u00e4ureverbindungen lange zur\u00fcck. \u2014 Nach 1\u20141-maligem Fm-k r y st all isieron aus hei\u00dfem Wasser bekommt man die Krystulle rein. Heim Filtrieren sind dabei immer Saugiilter zu ben\u00fctzen, da die Fl\u00fcssigkeit beim Abk\u00fchlen ziemlich schnell Krystulle ausscheidet. Ich habe Wasser anstatt verd\u00fcnnten Alkohols zur Reinigung der Verbindungen gew\u00e4hlt, da bei Anwendung von Alkohol die \u00dcberreste von Schmiere noch leichter durch das Filter mit durchgehen.\nDas Vorgehen nach Ignatowski ist ja ziemlich zeitraubend, und es w\u00e4re daher ein Vorteil, wenn man eine oder einige von den Prozeduren auslassen k\u00f6nnte. Aus diesem Grunde habe ich Parallelversuche mit und ohne Hleif'\u00e4llung angestellt, leider doch ohne ganz \u00fcbereinstimmende Resultate zu erhalten. Nach Zusatz von 200 mg Glycoeoll zu l 1 Harn erhielt ich aus der einen H\u00fcllte, welche mit Blei gef\u00fcllt wurde, 93 mg \u00df-Naphtalinsulfoglycocoll, aus der anderen, ohne Bleif\u00fcllung, 96 mg, und in zwei entsprechenden Versuchen mit Zusatz von 400 mg Glycoeoll zu 1 1 Harn nach Hleif\u00e4llung 298 bezw. 293 mg Verbindung, ohne Hleif\u00e4llung 273 bezw. 21K mg. Die Ausbeute d\u00fcrfte also nach F\u00e4llen mit Hlei doch etwas besser sein.\nDa Ignatowski zuletzt die \u00df-Naphtalinsulfoverbimlungen aus saurer L\u00f6sung in \u00c4ther aufnimmt, hat er vdrgeschlagen, den Harn vor der Sch\u00fcttelung mit \u00df-N\u00e4phtalinsulfochlorid anzus\u00e4uern und 3 Stunden lang mit \u00c4ther auszusch\u00fctteln, um die von vornherein anwesenden \u00e4therl\u00f6sliehen Bestandteile\n2*\ni","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20.\n(iunnar Forssner.\ndes Harns los zu werden. Ohne Zweifel gewinnt man dadurch den Vorteil, da\u00df man heim Aufnehmen der \u00df-Naphtalin-sulfovcrbindungen in \u00c4ther immer eine d\u00fcnnfl\u00fcssige \u00c4therschicht bekommt, w\u00e4hrenddem der \u00c4therextrakt ohne diese vorgehende Ausschiittelung nicht selten mehr oder weniger emulsionsarti\" wird. Nach meiner Erfahrung entgeht man aber der letzt-(Tw\u00e4hnten Schwierigkeit leicht dadurch, da\u00df man etwas gr\u00f6\u00dfere \u00c4thermengen nimmt und eventuell den im 'Scheidetrichter abgetrennten \u00c4ther kr\u00e4ftig sch\u00fcttelt. Die Beimischung von anderen \u00e4thcrl\u00f6sliehen Bestandteilen hat bei dem Krystallisieren des \u00c4therr\u00fcckstandes nicht gest\u00f6rt. Ich glaube daher, da\u00df man die erste \u00c4theraussch\u00fcttelung Ignatowski's ohne Schaden auslassen kann.\nKinige rntersueher scheinen es vorzuziehen, die \u00df-Naphtalin-sulfoverbindungen nach dem Ausf\u00e4llen des mit dem Reagens gesch\u00fcttelten Harnes mit Salzs\u00e4ure sich absetzen zu lassen, anstatt sie in \u00c4ther aufzunehmen. Nach meiner Erfahrung setzen sich die Niederschl\u00e4ge indessen in vielen F\u00e4llen nur \u00e4u\u00dferst langsam ab, nnd ich habe daher, da ich mich durch Parallelversuche \u00fcberzeugt habe, da\u00df die Ausbeute in der Tat schlechter wird, von diesem Verfahren Abstand genommen.\nIgnatowski fand in den von ihm untersuchten Harnen ganz vorwiegend (llycocoll und verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig nur sehr selten andere Aminos\u00e4uren, und wie ich erw\u00e4hnen werde, ergaben meine V ersuche dasselbe Resultat. Es war daher von gr\u00f6\u00dfter Wichtigkeit, die an sich nicht ganz unwahrscheinliche M\u00f6glichkeit ausschlie\u00dfen zu k\u00f6nnen, da\u00df die Hippur s\u00e4ure durch die. langdauernde Sch\u00fcttelung in alkalischer L\u00f6sung sich spaltet und somit freies (ilycoeoll abgibt : da die Untersuchungen au\u00dferdem meistens Gelenkkranke betrafen, von denen viele mit Salizyls\u00e4ure oder anderen Salicylpr\u00e4paraten behandelt wurden, kam ganz besonders auch die Salicylurs\u00e4ure in dieser Beziehung in Betracht. Ignatowski hat die erw\u00e4hnte M\u00f6glichkeit klar ins Auge gefa\u00dft, und hat durch wiederholte Versuche gezeigt, da\u00df reine Hippurs\u00e4ure sich bei der Sch\u00fcttelung nicht spaltet; er hat gro\u00dfe Mengen von dieser S\u00e4ure sowohl zu Wasser als zu glyeoeo 11 freiem Harn zugesetzt und die L\u00f6sungen mit Alkali","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"i ber das Vorkommen von freien Aminos\u00e4uren im Harne usw.\n21\nund \u00df-Naphtalinsulfochlorid gesch\u00fcttelt, ohne eine \u00bbSpur von Glycocoll zu erhalten. Ich habe nun durch entsprechende Versuche seine Resultate best\u00e4tigt und habe au\u00dferdem bei Behandlung der Harne genau nach den im Anfang mitgeteilten Vorschriften das Glycocoll vermi\u00dft, einmal nach Einnahme von '*\u25a0 g Benzoes\u00e4ure und wiederholt nach Einnahme von \\\u2014t> g Salicyls\u00e4ure. Man d\u00fcrfte es also f\u00fcr v\u00f6llig erledigt halten k\u00f6nnen, da\u00df das Glycocoll bei dem von uns verwendeten Verfahren weder aus Hippurs\u00e4ure noch aus Salicylurs\u00e4ure stammen kann.\nWas nun die Ausbeute betrifft, welche ich nach den oben erw\u00e4hnten kleinen Modifikationen in meinen Versuchen erzielt habe, ist diese leider keineswegs eine g\u00fcnstige. Nach Zusatz von 200 mg Glycocoll zu 500 ccm glycocollfreien Harnes habe ich in drei Versuchen 182 bezw. 183 und 22\u00f6 mg Verbindung zur\u00fcckgefunden, was 2ti\u201432\u00b0/o der Theorie entspricht. In 2 F\u00e4llen von Lungentuberkulose habe ich nach Zusatz von ebenfalls 200 mg Glycocoll zu 500 ccm Harn 20fi bezw. 298 mg Verbindung (= 29,4\u2014*2,5\u00b0/o) gefunden: diese Harne waren aber nicht vorher auf Glycocoll gepr\u00fcft, und das scheinbar verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig sehr gute Resultat im 2. Versuch\nkann also vielleicht seine Erkl\u00e4rung darin haben, da\u00df der Harn an sich Glycocoll enthielt. Abderhalden und Bergeil1) geben \u2022ui, nach Zusatz von 200 mg Glycocoll zu 100 ccm Harn mit der \u00df-Naphtalinsulfoch!oridmethode (und wiederholtem Um-krystallisieren der Reaktionsprodukte aus warmem 20\u00b0/oigen Alkohol, ohne vorgehendes Abtrennen des Amids) 200 mg Verbindung erhalten zu haben; wie man sieht, stimmen ihre Resultate mit den meinen sehr gut \u00fcberein. Wesentlich verbessert das Abtrennen des Amids durch verd\u00fcnntes Ammoniak also die Ausbeute nicht. Doch mu\u00df ich hervorheben, da\u00df meine Glycocoll\u00f6sungen weniger konzentriert waren als die Abderhalden s und BergellV; ich arbeitete mit 200 mg filvcocoll auf 500 ccm (nachher bis zur .H\u00e4lfte eingeengtem) Harn, Abderhalden und Bergell mit derselben\u2022 Menge in Hit) ccm; dabei war in meinen Versuchen also das L\u00f6sungsmittel auch reicher an fremden Bestandteilen als bei Abder-\n\u2018) Diese Zeitschrift. Bd. XXXIX, 8. 9.","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"O O\n(iunnar Forssner,\nhalden und Bergell. Diese beiden Momente spielen sicherlich \u00abdu\u00ab\u00bb Kolle fiir die Gr\u00f6\u00dfe der Ausbeute: nach Abderhalden und Kerzell selber wird diese im Harne erst bei einem Glycocoll-gehalt von l\";o ungef\u00e4hr so wie in reinen L\u00f6sungen. \u2014 Beim Alanin ist die Ausbeute noch viel schlechter: nach Zusatz von 200 mg zu f>oo ccm Harn habe ich nur f)7 mg Verbindung (= etwa \u2018.i\u00b0/o der Theorie\u00bb erhalten k\u00f6nnen.\nIn der.oben erw\u00e4hnten Mitteilung auf dem Kongresse zu Wiesbaden hat Kmbden1) hervorgehoben, da\u00df man nicht bei schwach, sondern bei stark alkalischer Reaktion sch\u00fctteln soll, ferner da\u00df man die Sch\u00fcttelung mit \u00df-Naphtalinsulfochlorid viel l\u00e4nger, als man es im allgemeinen fr\u00fcher getan hat, fort-setzen soll. Mittels dieser Modifikation der Methode sollen sich aus jedem normalen Harn sehr reichliche Keaktionsprodukte mit \u00df-Naphtalinsulfochlorid gewinnen lassen; dieselben stellen ein Gemisch dar, in dem die \u00df-Naphtalinsulfoverbindung des Glycocolls zu \u00fcberwiegen scheint. Herr Dr. Kmbden hat mir liebensw\u00fcrdigerweise durch Brief die n\u00e4heren Details bei seinem Vorgehen mitgeteilt (eine ausf\u00fchrliche Publikation liegt noch nicht vor). Den Alkalizusatz betreffend hebt er als wesentliche Kegel hervor, da\u00df rotes Lackmuspapier die ganze Zeit, w\u00e4hrend welcher man sch\u00fcttelt, deutlich blau und nicht nur violett gef\u00e4rbt werden soll : als meine Krfahrung m\u00f6chte ich dabei aussprechen, da\u00df der Alkalizusatz, welchen ich von Anfang benutzt habe, meistens dieser Forderung entspricht (ich setzte zu jedem anf\u00e4nglichen Volumen von f>00 ccm neutralisiertem Harn 20 ccm N.-KOH zu, und f\u00fcgte nach \u00df und 6 Stunden noch 10 ccm zu; bei der zweiten 0 Stunden lang dauernden Sch\u00fcttelung kamen noch 20 -f- 10 ccm zur Verwendung). Weiter schl\u00e4gt Herr Dr. Kmbden vor, etwa 18 Stunden zu sch\u00fctteln, danach mit S\u00e4ure auszulallen, die F\u00e4llung in \u00c4ther aufzunehmen, den Harn wieder zu alkalisieren und nochmals 18 Stunden mit dem Reagens zu sch\u00fctteln. Nach diesen Vorschriften Emb-dens habe ich nun sowohl einen normalen als auch einen mit Glycocoll versetzten Harn behandelt, und zwar mit folgenden Resultaten : Aus dem normalen Harn habe ich nach Abtrennen\n1 Miinch. Med. Wochenschrift, S. ltW)5. Nr. l\u00e4.","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"rixT \u00bblas Vorkommen von freien Aminos\u00e4uren im Harne usw. 23\ndes Amids keine krystallinischen Produkte* erhalten k\u00f6nnen : ob die nicht krystallinischon(sehmieri<ren) Produkte sich in gr\u00f6\u00dferer Menge bildeten als in dem Parallelversuch mit Sch\u00fcttelung 9 + 6 Stunden, mu\u00df ich dahingestellt sein lassen. Nach Zusatz von 200 mg Glvcocoll zu 800 ccm Harn erhielt ich 220 mg Verbindung (= 32,0\"/0 der Theorie) gegen 183 mg (\u2014 20\u201d n) im Parallelversuch, wo dieselbe Mengt* von demst*lben Harn mit 200 mg Glycocoll versetzt 9 -f- 0 anstatt 20-f 20 Stunden gesch\u00fcttelt wurde.\nIber die Frage, ob freit* Aminos\u00e4uren regelm\u00e4\u00dfig im Harn ausgesehieden werden, habe ich folgende Erfahrungen gemacht: Im Harne eines 20j\u00e4hrigen gt*sunden Mannes habe ich weder nach Ignatowski noch nach Kmbden krvstal-\u00fcnische Aminos\u00e4ureverbindungen erhalten k\u00f6nnen, wohl aber Schmiert*. Weiter habe ich bei Vorgehen nach Ignatowski durchaus negative Resultate oder so geringe Mengen von Krystallen, da\u00df die Schmelzpunktbestimmung nicht m\u00f6glich war. in folgenden F\u00e4llen erhalten: Hei einem Patienten mit chronischem und einem mit akutem Gelenkrheumatismus, bei einem etwa \u00e4O j\u00e4hrigen Mann, tier keine anderen Abnormit\u00e4ten zeigte, als da\u00df der Harn regelm\u00e4\u00dfig ein Sediment von freier Harns\u00e4ure absetzte, und (bei einer Untersuchung) auch bei einem wegen Ischias im Krankenhause gepflegten 23j\u00e4hrigen Mann.\nBei demselben Ischiaspatienten konnte ich dagegen wenige I age sp\u00e4ter 18 mg \u00df-N\u00e4phtalinsuHoglycocoll pro Tagesmenge isolieren, und bei einem Neurastheniker habe ich nicht weniger als 172 mg derselben Verbindung in tier Tagesmenge gefunden (s\u00e4mtliche Krystalle, die ich aus dem Athenr\u00fcckstand erhalten hatte, l\u00f6ste ich in schwachem Ammoniak auf und f\u00e4llte die L\u00f6sung mit BaCl.2: aus der F\u00e4llung erhielt ich mit Salzs\u00e4ure die obengenannte Menge Glycocollverbindung und aus dem Filtrat au\u00dferdem \\ mg \u2014 auf die Tagesmenge umgerechnet 16 mg \u2014 von einer etwa bei 149\u00b0 schmelzenden Verbindung). Auch in einem Falle von akutem Gelenkrheumatismus habe ich eine nicht unbetr\u00e4chtliche Menge (die Krystalle verungl\u00fcckten vor dem W\u00e4gen) von \u00df-Naphtalinsulfoglycocoll nachweiscn k\u00f6nnen.\nAuf Grund dieser Beobachtungen glaube ich berechtigt","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"2\\\nGunnar Forssncr, \u00ceJber Aminos\u00e4uren im Harne.\nzu sein, auszusprechen, da\u00df es zwar sehr m\u00f6glich ist, da\u00df freios Glvcocoll in normalen Harnen oft vorkommt regelm\u00e4\u00dfig ist die Glycocollausscheidung aber nicht. I iid weiter: freies Glvcocoll kommt bei sehr verschiedenen Krankheitszust\u00e4nden im Harne vor.\nDa\u00df Glvcocoll bei der Gicht in der 'Hegel mit dem Harne ausgeschieden wird, ist durch die Untersuchungen Ignatowski's mit Sicherheit erwiesen: ob dies Verh\u00e4ltnis aber differential-diagnostisch verwertbar ist, das war eine andere Frage, die erst durch fortgesetzte Untersuchungen beantwortet werden konnte, was Ignatowski in seiner Arbeit selbst hervorhebt.\nFr\u00fchere Untersuchungen haben dargetan, da\u00df freie Aminos\u00e4uren im Harne bei vielen Krankheiten \u2014 verschiedenen Leberkrankheiten, Leuk\u00e4mie, croup\u00f6ser Pneumonie u. a. \u2014 Vorkommen, und weiter habe ich nun verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig ziemlich gro\u00dfe Mengen von freiem Glycocoll bei Neurasthenie, Ischias und akutem Gelenkrheumatismus gefunden. Wenn auch das Glycocoll bei chronischem Gelenkrheumatismus noch nicht nachgewiesen worden ist, d\u00fcrfte doch schon aus den eben erw\u00e4hnten Gefunden zur Gen\u00fcge hervorgehen, da\u00df der Nachweis von freiem Glycocoll im Harne f\u00fcr die Differentialdiagnose der Gicht gegen\u00fcber anderen Gelenkkrankheiten kaum einen V\\ ert hat. Die Bedingungen, unter welchen Glycocoll im Harne auftreten kann, sind offenbar allzu vielfache. \u2014 Dazu habe ich noch hinzuzuf\u00fcgen, da\u00df das Vorkommen von Glycocoll im Gichtharne nicht ganz ohne Ausnahme ist. In einem Falle von typischer chronischer Gicht habe ich (bei einmaligem Untersuchen) kein Glycocoll gefunden, in einem anderen (ebenfalls chronischen) Fall habe ich einmal Glycocoll gefunden, einige Male dasselbe vermi\u00dft.\nSowohl f\u00fcr die Anregung zu dieser Untersuchung als f\u00fcr das Interesse, womit er meiner Arbeit gefolgt ist, sage ich Herrn Professor F. M\u00fcller meinen aufrichtigsten Dank; ebenso danke ich Herrn Dr. Otto Neubauer f\u00fcr seine Unterst\u00fctzung bei der Durchf\u00fchrung dieser Untersuchungen.","page":24}],"identifier":"lit18291","issued":"1906","language":"de","pages":"15-24","startpages":"15","title":"\u00dcber das Vorkommen von freien Aminos\u00e4uren im Harne und deren Nachweis","type":"Journal Article","volume":"47"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:39:58.715812+00:00"}