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{"created":"2022-01-31T13:37:38.171459+00:00","id":"lit18294","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Winterstein, E.","role":"author"},{"name":"E. Strickler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 47: 58-82","fulltext":[{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums mit besonderer Ber\u00fccksichtigung der Eiwei\u00dfstofe.\nVon\nE. Winterstein und E. Strickler.\n(Auf dvm agrikultur-chemischen Laboratorium 'les Polytechnikums in Z\u00fcrich.i (Der Redaktion zugegangen am 11. Januar 19(>f>.)\nDie Milch ist schon Gegenstand einer sehr gro\u00dfen Anzahl von Untersuchungen gewesen. Das interessantere und in gewissen Beziehungen physiologisch wichtigere Produkt der Milchdr\u00fcse, das Colostrum,1) ist weit weniger untersucht worden, so da\u00df gegenw\u00e4rtig noch manche Widerspr\u00fcche in den Angaben \u00fcber seine Zusammensetzung existieren. Da\u00df diese Widerspr\u00fcche aufgekl\u00e4rt werden, ist auch f\u00fcr die Entscheidung der Frage\n\u00fcber die Entstehung der Milch im Organismus nicht ohne Wichtigkeit. Bekanntlich sind in dieser Frage verschiedene Meinungen ge\u00e4u\u00dfert worden.\nNeben den morphologischen Untersuchungen spielen die chemischen bei der Entscheidung \u00fcber die Frage der Entstehung der Milch eine wichtige Holle. Sie haben den entschiedensten Beweis daf\u00fcr geliefert, da\u00df die Milchbildung nicht durch Filtration des Blutes durch die Milchdr\u00fcse erfolgen kann, da weder Gasein noch Milchzucker im Blute Vorkommen. Die wasserl\u00f6slichen Eiwei\u00dfbestandteile der Milch und des Colostrums sind fast nur auf ihre elementare Zusammensetzung gepr\u00fcft worden. Zwar hat Wohlgemuth2) Glukose und noch einige nicht n\u00e4her charakterisierte Kohlenhydrate als Spaltungsprodukte der Milcheiwei\u00dfstoffe nachgewiesen, doch l\u00e4\u00dft sich daraus \u00fcber die Be-\nx) Die wichtigste Literatur \u00fcber diesen Gegenstand geben wir am Ende dieser Abhandlung.\n*) Herl klin. Wochenschrift 15*00.","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums.\nT)9\nZiehungen zwischen Bluteiwei\u00df und Colostrumeiwei\u00df nichts Bestimmtes sagen. Ls mu\u00dfte daher als w\u00fcnschenswert bezeichnet werden, diese Eiwei\u00dfstofle auch in anderer Hinsicht zu untersuchen. Das Colostrum ist aber ein viel geeigneteres Material f\u00fcr die Untersuchung dieser Stolle, als die daran arme Milch. Daher war es angezeigt, diese Bestandteile darzustellen und zu untersuchen. Die Eiwei\u00dfstolTe des Binderblutes sind noch nicht auf diese Spaltungsprodukte untersucht. Unsere Untersuchungen liefern daher nur einen Beitrag zu diesem Vergleich.\nFerner hat das Colostrum als nat\u00fcrliche S\u00e4uglingsnahrung eine gro\u00dfe Bedeutung. Es spielt dabei nicht nur die Bolle als Nahrungsmittel, sondern es hat auch noch andere, nicht zu \u00fcbersehende Funktionen zu erf\u00fcllen, wie z. B die Bef\u00f6rderung der Ausscheidung des Meconiums.\nAlle diese Gr\u00fcnde machen es daher nur w\u00fcnschenswert, eine genaue Kenntnis dieses Milchdr\u00fcsensekretes zu erhalten. Es liegen allerdings schon Untersuchungen \u00fcber Colost rum in betr\u00e4chtlicher Zahl vor, aber sie erstrecken sich meist nur auf die quantitative Bestimmung der Trockensubstanz, des Gesamtstickstoffes, des Eiwei\u00dfstickstolTes, des Stickstoffes in nichteiwei\u00dfartiger Bindung, des \u00c4therextraktes, der die Feh-ling'sche L\u00f6sung reduzierenden Substanzen und der Asche samt den Aschenkonstituenten, wobei auch die Ver\u00e4nderungen bestimmt wurden, die die Zusammensetzung dieses Milchdr\u00fcsensekretes an diesen Bestandteilen in der ersten Zeit nach dem Akte der Geburt erleidet. Es werden eine Beihe von Stoffen als konstante Bestandteile des Colostrums angef\u00fchrt. Die Angaben dar\u00fcber sind aber ganz widersprechend. Die - Art und Weise ihrer Identifizierung ist nur in wenigen F\u00e4llen gen\u00fcgend beschrieben worden, so da\u00df man die Existenz derselben im Lolostrum nicht so ohne weiteres annehmen darf.\nWir haben es daher unternommen, das Colostrum einer '\u25a0meuten Untersuchung zu unterziehen, um in erster Linie die mrliegenden Angaben \u00fcber seine qualitative Zusammensetzung nachzupr\u00fcfen, was durch die Benutzung der neueren Methoden, 'Fr Isolierung und Identifizierung vieler Stoffe erm\u00f6glicht und erleichtert wurde. Allerdings konnten wir nicht s\u00e4mtliche K\u00f6rper","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"GO\nK. Winterstein und E. Strickler.\nber\u00fccksichtigen, die m\u00f6glicherweise in kleinen Mengen im Colo-strum vorhanden sein k\u00f6nnten, da sonst die Arbeit eine /m gro\u00dfe Ausdehnung erhalten h\u00e4tte. Wir haben uns auf die wichtigeren und die in gr\u00f6\u00dferer Menge vorhandenen Bestandteile beschr\u00e4nkt, diese aber so gut wie m\u00f6glich, wenn nicht vollst\u00e4ndig identifiziert.\nKine zweite Aufgabe, die wir uns stellten, war die Untersuchung der durch Erhitzen koagulierbaren Eiwei\u00dfstofte, die haupts\u00e4chlich darin bestand, da\u00df wir sie durch Minerals\u00e4uren spalteten, die Spaltungsprodukte untersuchten und deren Quantit\u00e4ten bestimmten.\nEndlich f\u00fchrten wir noch quantitative Bestimmungen derjenigen Bestandteile des Colostrums aus, die sich nach dem Ergebnis unserer Versuche \u00fcberhaupt bestimmen lassen.\nDie Colostren, welche wir f\u00fcr die Untersuchungen verwendeten, stammten von K\u00fchen der Schwyzerrasse aus der Umgebung von Z\u00fcrich. Keine von den in Betracht kommenden K\u00fchen wurde durchgemolken. Die Entnahme des Colostrums geschah immer erst nach dem Akte der Geburt. Wir erw\u00e4hnen dies hier, weil es sehr wahrscheinlich ist, da\u00df dieser Umstand und namentlich auch die Zeitdauer des Trockenstehens von gro\u00dfem Einflu\u00df auf die Beschaffenheit des Colostrums sind. Wir glauben sogar, da\u00df der Einflu\u00df dieser Art gr\u00f6\u00dfer ist, als der Einflu\u00df von Hasse und Ern\u00e4hrungsweise. Verarbeitet wurde je nur das erste Colostrum, da wir bei Versuchen mit dem zweiten und dritten Gcmelk verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig kleine Ausbeuten an Eiwei\u00df erhielten. Die Verarbeitung wurde in folgender Weise ausgef\u00fchrt. Das Colostrum wurde mit Toluol konserviert und gelangte kurze Zeit nach der Entnahme zur Verarbeitung. Wir versetzten das Colostrum mit dem doppelten Volumen Wasser und f\u00e4llten dann das Casein mit verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure. Der intensiv gelb gef\u00e4rbte Niederschlag setzte sich in einigen F\u00e4llen rasch, in andern F\u00e4llen weniger rasch ab. Dar\u00fcber zeigte sich eine schwach opalisierende Fl\u00fcssigkeitsschicht. Wir gossen die letztere durch Faltenfilter ab und brachten dann den Niederschlag darauf. Der Niederschlag wurde wiederholt mit viel Wasser durchgeknetet, wobei der gr\u00f6\u00dfte Teil des mechanisch","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostr\nums\nDl\neingeschlossenen Fettes sich oben aufsammelte. Das Fett wurde ai \u00bbgesch\u00f6pft, der R\u00fcckstand auf Filtern ausgewaschen, darauf mit Alkohol behandelt, mit \u00c4ther entfettet und bei 10 \u00b0 getrocknet ; es wurde in dieser Weise ein Case in pr\u00e4parat erhalten. Das hlirat und die ersten Waschwasser vom Casein wurden auf tivier Hamme unter fortw\u00e4hrendem Umriihren aufgekocht: bei \u2022 a. 70\u00ab begannen sich die gerinnbaren Eiwei\u00dfstoffe auszuscheiden : beim Kochen erhielten wir ein sch\u00f6n wei\u00dfes, (lockiges Gerinnsel. Dukern legen wir die Bezeichnung koagulierbare Eiwei\u00dfstoffe\u00bb l ei, ohne zu entscheiden, ob (\u2018in oder mehrere Eiwei\u00dfstoffe dann enthalten sind. Nun filtrierten wir ab; das Filtrieren ging am Anfang ziemlich gut, das Auswaschen mit Leitungswasser unter Toluolzusatz aber immer schwerer. Die koagu-lierbaren Eiwei\u00dfstoffe quollen nach und nach auf und wurden schlie\u00dflich so d\u00fcnnfl\u00fcssig, da\u00df -sie durch dit* Filter gingen. Wir landen, da\u00df auf Zusatz von etwas konzentrierter Salzs\u00e4ure und darauffolgender Neutralisation mit Natronlauge der Niederschlag sich vollst\u00e4ndig und ohne Schwierigkeiten auswaschen lie\u00df; diese Beobachtung benutztem wir dann bei den sp\u00e4teren Darstellungen der koagulierbaren Eiwei\u00dfk\u00f6rper. WTir f\u00fcgten daher bei den folgenden Darstellungen der vom Casein getrennten L\u00f6sung etwas Kochsalz hinzu. Bei richtig reguliertem, nicht allzu raschem Aufkochen erh\u00e4lt man dann die koagulierbaren Kiwei\u00dfstoffe von solcher Beschaffenheit, da\u00df sie sich nicht nur gut filtrieren lassen, sondern auch nach vollst\u00e4ndigem Abtropfen \"i'lort mit Hilfe eines Tuches abgepre\u00dft werden k\u00f6nnen. Die hitrate sind dabei vollst\u00e4ndig klar. Die Beschaffenheit des Koagulums ist daher sehr vom Salzgehalt der L\u00f6sung abh\u00e4ngig. Das Auswaschen mit \u00f6fterem dazwischen erfolgenden Abpressem und wiederholtem Verreiben mit Wasser wurde solange durchgef\u00fchrt, als noch Chlor mit Silbernitrat resp, Zucker mit Fehlingscher L\u00f6sung im Waschwasser nachgewiesen werden konnten.. Der Niederschlag wurde mit Alkohol entw\u00e4ssert, zum\tmit \u00c4ther extrahiert und bei 40\u00b0 getrockuet. Auf\ndiese Weise erhielten wir aus 5 1 Colostrum, dessen spezifisches\nDf wicht 1,06 war, 285 g Casein und 435 g koagulierbare Eiwei\u00dfstoffe.","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nE. Winterstein und K. Strick 1er.\nDas Filtrat von den koagulierbaren Eiwei\u00dfstofTen wurde mit Soda neutralisiert und auf dem Wasserbade bei gelinder W\u00e4rme eingedunstet. Die L\u00f6sung wurde dann auf Kohlenhydrate etc. verarbeitet.\nG a s g i \u00bb.\nDas von uns nach der oben erw\u00e4hnten Methode dargestellte Casein aus Colostrum gab folgende Reaktionen: Glyoxals\u00e4urt* -konz. 1US04 . . . .sehr stark violett,\nThymol\t-\t\u00bb\t....\t* schwach rosa,\na-Naphtol\t\u00bb\t\u00bb\t.... erst gr\u00fcn, allm\u00e4hlich schwach rot,\nM il Ions Iteagens...................rot,\nMit NaOII (konz.) und etwas\nBU'izucker gekocht..............schwarz.\nDer Wassergehalt betrug 12.08 und 11.98\u00b0,\u00ab; der Aschengehalt 0,50 und 0,16\u00b0/\u00ab. Der Stickstoff nach Kjeldahl 15,04 und 15,09. Der Phosphorgehalt betrug 0,72\u00b0/o.\nMan mu\u00df daher die Frage aufwerfen, ob das Casein verschiedener Herkunft nicht in seiner Zusammensetzung variieren kann. Die Mengen Fett, welche dem in beschriebener Weise abgeschiedenen Casein anhafteten, waren so klein, da\u00df wir sie bei den Rcreclmungen au\u00dfer acht lassen durften.\nKin Teil des Caseins wurde, wie bei den koagulierbaren Fiwei\u00dfk\u00f6rpern angegeben, gespalten und die Menge des bei der Spaltung auflrcletiden Lysins bestimmt. Sie wurde zu 5.9\"\u00bb gefunden. Hart erhielt aus Milchcasein 1,92 und 4,4\u00b0/\u00a9 Lysin.\n. Unter Ber\u00fccksichtigung dieser Ergebnisse darf man wohl behaupten, da\u00df das Kulicolostrum eigentliches Casein enth\u00e4lt.\nAlbumin und Globulin.\nAuf Grund der vorliegenden Untersuchungen hat man zwei wasserl\u00f6sliche Eiwei\u00dfstolTe im Colostrum anzunehmen: Albumin und Globulin. Eine quantitative Trennung dieser beiden K\u00f6rper ist aber \u00e4u\u00dferst schwierig ausf\u00fchrbar.\nEs blich uns daher nichts anderes \u00fcbrig, als f\u00fcr unsere Untersuchungen, f\u00fcr die wir ja viel Material brauchten, diese beiden Eiwei\u00dfstolTe zusammenzunehmen.\nDa man verschiedene Eiwei\u00dfk\u00f6rper schon hat krystallisieren k\u00f6nnen, so versuchten wir es auch mit dem Albumin de.^","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums.\n6\u00df\nColostrums durchzuf\u00fchren. Wir wandten zuerst die gleiche Methode an, die Krieger1) beim Pferdeblutserum benutzt hatte.\nccm ganz frisches, sch\u00f6n gelb gef\u00e4rbtes Colostrum wurden mit 200 ccm einer ges\u00e4ttigten Ammonsulfatl\u00f6sung von vollst\u00e4ndig neutraler Reaktion versetzt. Nun filtrierten wir sofort durch trockene Faltenfilter ab und trugen in das vollst\u00e4ndig klare Filtrat so viel einer sehr stark verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure ein, bis eine bleibende F\u00e4llung auftrat. Nach einer halben Stunde wurde eine Probe im h\u00e4ngenden Tropfen unter dem Mikroskop untersucht. Krystalle konnten nicht beobachtet werden. Andere Proben lie\u00dfen wir nach dem Amnionsulf\u00e4t-zusatz 12\u201424 Stunden stehen, bevor abfiltriert wurde: auch in diesen F\u00e4llen wurden keine Krystalle erhalten. Nun wandten wir die Methode von Hopkins und Pinkus2) auf Colostrum an. Colostrum wurde wieder mit gleichem Volumen einer ges\u00e4ttigten Ammonsulfatl\u00f6sung versetzt, ein Teil davon wurde sofort filtriert, ein anderer erst nach 24 st\u00e4ndigem Stehen. Pen Filtraten setzten wir soviel einer ges\u00e4ttigten L\u00f6sung von schwefelsaurem Ammon zu, bis eine schwache F\u00e4llung sichtbar wurde. Diese l\u00f6sten wir wieder durch Zusatz einiger Tropfen Wasser und setzten dann verd\u00fcnnte Kssigs\u00e4ure zu, bis eine schwache lr\u00fcbung auftrat. Nun lie\u00dfen wir in flachen Schalen\nruhig stehen j Krystalle konnten auch hier in Proben, die zu verschiedenen Zeiten entnommen wurden, nicht aufgefunden werden. Bei einem neuen Versuch verwendeten wir statt kssigs\u00e4ure wieder Schwefels\u00e4ure. Als wir das Pr\u00e4parat unter dem I olarisationsmikroskop untersuchten, sahen wir: 1. eine gro\u00dfe Masse kleiner rundlicher Gebilde, die keine Kryst\u00e4llfl\u00e4chen zeigten und auch nicht optisch aktiv waren: 2. einige kleine schuppige Krystalle, die eine schwach schiefe Ausl\u00f6schung zeigten und \u00df. wenige \u00e4u\u00dferst feine Nadeln, die ebenfalls oplPch aktiv waren. Diesem Pr\u00e4parat setzten wir alsdann 1 Tropfen Mi lion's Reagens zu, lie\u00dfen es kurze Zeit auf dem\nl> KDeger, \u00dcber die Darstellung krystallinischcr Kiwei\u00dfstofle Inaug.-Diss. Stra\u00dfburg 1899.\n\u2022) Hopkins and Pinkus, Observations on the cristallisation of animal proteids, Journ. of Physiology, Vol. XXIII, 1898.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nE. Winterstcin und E. Strickler.\nWasserbad und untersuchten es wieder. Dabei zeigte sich, da\u00df sich nur die rundlichen amorphen Gebilde gef\u00e4rbt hatten. Die Krystalle, die sich im Reagens aufgel\u00f6st hatten, waren nur aus-krystallisierte Salze.\nEs sei uns an dieser Stelle gestattet, Herrn Professor Dr. U. Grubenmann unseren besten Dank auszusprechen f\u00fcr seine g\u00fctige Unterst\u00fctzung bei der optischen Untersuchung dieser Pr\u00e4parate.\nDas von uns nach der fr\u00fcher beschriebenen Methode dargestellte koagulierbare Eiwei\u00df gab die bekannten Eiwei\u00dfreaktionen.\nDie Bestimmung des Wassergehaltes im Trockenschrank bei 100\u2014105\u00b0 ergab 13,26 und 12,97 \u00b0/o Wasser. Der Stick-stolfgehalt, nach Kjeldahl bestimmt, wurde zu 15,64 und 15,39\u00b0/o gefunden. Der Schwefelgehalt betrug 1,15 \u00b0/o. Der Aschengehalt wurde zu 0,32 und 0,43\u00b0/o bestimmt.\nDie Spaltungsprodukte der durch Koagulation gewonnenen\nEiwei\u00dfk\u00f6rper.\nBasen. Zun\u00e4chst bestimmten wir die Ausbeuten an Hexonbasen, welche durch Kochen der Eiwei\u00dfk\u00f6rper mit konzentrierter Salzs\u00e4ure erhalten werden konnten, indem wir die Zersetzungsfl\u00fcssigkeit mit Phosphorwolframs\u00e4ure f\u00e4llten, die aus diesem Niederschlag gewonnenen Basen mit Silbernitrat und Baryt nach Kos sei und Kutscher trennten und die Basen in Form ihrer Salze w\u00e4gten. Behufs Kontrolle zersetzten wir in einem Falle eine Portion durch Kochen mit Schwefels\u00e4ure und verfuhren genau nach den Angaben der Genannten. Wir fanden:\nAmmoniakstickstoff\t1,14V\nN in Huminsubstanzen\t1,43 \u00b0/o\nHistidinstickstoff\t0,03 \u00b0/o\nArgininstickstoff\t1,09V\nLysinstickstoff\t0,48 \u00b0/o\n\t4,17 \u00b0/o\nDer Stickstoff im Phosphorwolframs\u00e4\u00fcreniederschlag betrug in der durch Kochen der Eiwei\u00dfsubstanzen mit S\u00e4uren erhaltenen Fl\u00fcssigkeit 4,17 \u00b0/o.","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums.\n65\nDie Aminos\u00e4uren. Wir ben\u00fctzten hierzu die Fster-methode von E. Fischer. Fs wurden 2 Versuche ausgef\u00fchrt; bei dem ersten Versuch sollte vor allen Dingen die Natur der in den einzelnen Fraktionen enthaltenen Aminos\u00e4uren festgestellt werden, beim zweiten Kontrollversuch wurde sodann die Ausbeute an den einzelnen Aminos\u00e4uren festgestellt. Wir verzichten hier auf die Angabe n\u00e4herer Details, da wir uns genau an die Vorschrilten von F. Fischer1) hielten: im \u00fcbrigen >ei auf die Inaugural-Dissertation von F. Strick 1er verwiesen.\nHei der ersten Spaltung, bei welcher wir 300 g Substanz verwendeten, erhielten wir folgende Fraktionen:\nFraktion\tDruck\tTemperatur\tGewicht\nI\t13 mm\tbis 40\"\tlb,4 g\n11\t9 \u00bb\t10\u2014 65\u00b0\t16,8 \u00bb\nIII\t8 \u00bb\t\u00ab5- 82\u00b0\t39,7 \u00bb\nIV\t9 \u00bb\t82\u2014 95\u00b0\t9,6 \u00bb\nV\t10 \u00bb\t95-125\u00b0\t26,0 >\nVI\t9 \u00bb\t125\u2014175\u00b0\t4,5 *\nVII\t20 \u00bb\t175\u2014182\u00b0\t7,1 \u00bb\nVIII\t2.) \u00bb\t182\u2014190\u00b0\t1,0 \u00bb\n\t\t\t120,7g\nIm Kolben verblieb ein brauner R\u00fcckstand, aus welchem wir keine definierbaren Produkte isolieren konnten. Da beim Destillieren der abgeschiedenen Fster nicht unbetr\u00e4chtliche Mengen Schwefelverbindungen \u00fcbergingen, welche bei der Destillation st\u00f6rend wirkten, so wurde bei der zweiten Veresterung die wasserfreie \u00e4therische L\u00f6sung der Fster mit 2 Liter niedrig siedendem Ligroin versetzt:2) die durch das Ligroin gelallten und die darin unl\u00f6slichen Fster wurden, nach Entfernung fies Ligroins, gesondert der fraktionierten Destillation unterworfen. Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschlu\u00df \u00fcber die Fraktionen, die beim Destillieren der mit Ligroin gef\u00e4llten Kster erhalten wurden, die letzte Tabelle \u00fcber die im Ligroin gel\u00f6sten.\nDiese Zeitschrift, \u00dfd. XXXIII, S. 150.\n*> Fischer u. D\u00f6rpinghaus, Diese Zeitschrift, Bd. XXXVI, S. 462.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVII.\no","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nE. Winterstein und E. Strickler.\nFraktion\tDruck\tTemperatur\tGewicht\n1\t13\u201410 mm\tbis 400\t1,2 g\nII\t10\u2014 H \u00bb\t40\u2014 55 \u00b0\t. 8,1 \u00bb\nIII\tK \u00bb\t55\u2014 00\u00b0\t10,3 *\nIV\t8 \u00bb\t80\u2014 85\u00b0\t0.3 \u00bb\nV VI\t8 \u00bb S \u00bb\t85\u2014110\u00b0 \\ 110-135\u00b0 /\t1,5 \u00bb\nVII\t8 .\t135\u2014155\u00b0\t2,0 \u00bb\nVIII\t8\u201420 \u00bb\t155\u2014185\u00b0\t3,7 \u00bb\n\t\t\t33.1 g\nI II\t30\u201423 mm 23\u2014 8 \u00bb\tbis 45\u00b0 45\u2014 55\u00b0\t2,5 g 6,4 \u00bb\nHI\t8 \u00bb\t55\u2014 80\u00b0\t48,5 \u00bb\nIV\tt\t\u00bb\t80\u2014 85\u00b0\t7,2 \u00bb\nV\t/\t85\u2014110\u00b0\t8.7 \u00bb\nVI\t8 \u00bb\t110-135\u00b0\t20,5 \u00bb\nVII\tS .\t135\u2014155\u00b0\t13,6 \u00bb\nVIII\t8 .\t155\u2014185 \u00b0\t11.0 \u00bb\n\t\t\t118,4 g\nIn den beiden Kolben blieb ein brauner z\u00e4her Syrup im (jewicht von 40 g. Die in den alkalischen Fl\u00fcssigkeiten verbliebenen Aminos\u00e4uren wurden nochmals verestert, indem wir in die L\u00f6sung Salzs\u00e4ure einleiteten, die ausgeschiedenen Salze\nmit Alkohol von den Aminos\u00e4uren trennten und sodann mit Salzs\u00e4ure veresterten, wobei noch kleine Mengen Aminos\u00e4uren erhalten wurden.\nUm die Ausbeuten an Tyrosin festzustellen, wurden 25 g mit Schwefels\u00e4ure zersetzt und die von der Schwefels\u00e4ure mit Baryt befreite L\u00f6sung zur Krystallisation eingedunstet. Wir erhielten 0,85 g Tyrosin. Die Glutamins\u00e4ure wurde mit Hilfe\nvon Salzs\u00e4ure zur Abscheidung gebracht.\nDas Tryptophan isolierten wir nach Cole und Hopkins1! aus loO g Eiwei\u00df, welches der tryptischen Verdauung 1 Woche mit k\u00e4uflichem Pankreatin unter Zusatz von Soda unterworfen wurde. Wir erhielten 1.1 g Tryptophan, das allerdings nicht ganz rein war.\nDa das untersuchte Eiwei\u00dfpr\u00e4parat im Mittel 1,15\u00b0,o Schwefel enthielt, schien es uns angezeigt, den Eiwei\u00dfk\u00f6rper\n') Joumal of Physiology, Bd. XXVI, S. 418; Bd. XXIX. S. 451.","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums.\n67\nauch auf das Vorhandensein von Cystin zu pr\u00fcfen. Es war uns aber nicht gelungen, aus der mit Schwefels\u00e4ure erhaltenen Zersetzungsfl\u00fcssigkeit nach Entfernen der Schwefels\u00e4ure Cystin zu isolieren, auch durch F\u00e4llen mit Quecksilbersulfat nach Rossel und Patten1) konnten wir Cystin nicht erhalten. Erst nachdem wir 100 g Eiwei\u00dfsubstanz nach dem von M\u00f6rner*) angegebenen Verfahren durch \u00f61/* Tage langes Erhitzen mit Salzs\u00e4ure vom spezifischen Gewicht 1,12 auf dem Wasserbade spalteten, gelang es uns, 52 mg Cystin zu isolieren. Das isolierte Produkt glich in allen Eigenschaften und Reaktionen v\u00f6llig dem C\\ stin. Bei diesem mit aller Sorgfalt durchgef\u00fchrten Versuch erhielten wir also nur eine ganz minimale Ausbeute an dieser .Substanz; da man nun nach M\u00f6rner unter diesen Umst\u00e4nden den vorhandenen Cystinkomplex nahezu vollst\u00e4ndig abspalten kann, so darf man wohl annehmen, da\u00df der Schwele! in dem \\on uns untersuchten Liwei\u00dfk\u00f6rper auch noch in anderer Rindung vorliegt. Im folgenden geben wir nun eine Zusammenstellung der erhaltenen Spaltungsprodukte und ihrer Quantit\u00e4ten. Die angegebenen Zahlen beziehen sich auf die wasserfreie Substanz. \\\\ ii bemerken noch, da\u00df neben den erw\u00e4hnten Aminos\u00e4uren su h wahrscheinlich auch noch andere vorfanden, deren Trennung durch Krystallisation oder mit Hilfe ihrer Kupfersalze uns nicht gelungen ist.\nDie Ausbeuten an Aminos\u00e4uren und Basen betrugen:\nAlanin\t2.0 V\nAminovalerians\u00e4ure\tl,4\u00b0/o\nLeucin\t10,0'Vo\nPhenylalanin\tW\nAsparagins\u00e4ure\t2.30/0\nGlutamins\u00e4ure\t2,0 o/o\nSerin\t0,10/0\nPyrrolidincarbons\u00e4ure\t3,5\u00b0/\u00ab\nLeichtl\u00f6sliche Aminos\u00e4uren l,f>%\t\nTyrosin\t3,7 > 0,05 #/u 28,550/\u00ab\nCystin\t\n\u2019) Diese Zeitschrift, Bd. XXXIV, S. 207. *> Diese Zeitschrift, Bd. XXXVIII, S. 39.","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nE. Winterstein und E. Strickler.\n\t2H,55%\nTryptophan\t0,7 \u00b0/o\nHistidin\t0.0 \u00b0/o\nArginin\t3,7%\nLysin\t2.1%\nGesamtausbeuto\t35.05\u00b0 o\nUntersuchungen \u00fcber den abspaltbaren Kohlenhydratkomplex\nDa man aus verschiedenen Eiwei\u00dfk\u00f6rpern einen Kohlenhydratkomplex als Spaltungsprodukt erhalten hat. so war zu versuchen, oh die Eiwei\u00dfstoffe des Colostrums auch einen solchen t Komplex liefern. Die Eiwei\u00dfstoffe, die wir dazu verwendeten, stammten aus einem etwas br\u00e4unlichen Colostrum. Auffallend war. da\u00df diese Substanzen die Kohlenhydratreaktion nach Molisch (a-Naphtol -f- konz. H2S04) nicht gaben. Wir zweifelten daher sehr an einem positiven Ausgange des Versuches und wandten daher zun\u00e4chst die einfachste Methode von Langstein1) an.\n50 g Eiwei\u00df kochten wir 4 Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler mit 50 ccm rauchender BromwasserstofTs\u00e4ure und einem Liter Wasser. Nach dem Erkalten setzten wir einen kleinen \u00dcberschu\u00df an Phosphorwoltrams\u00e4ure zu, lie\u00dfen 12 Stunden stehen. Nach dem Filtrieren wurde der Phosphorwolframs\u00e4ureniederschlag mit wenig Wasser ausgewaschen und das klar gewordene Filtrat in flachen Schalen bei 40\u00b0 auf Wasserb\u00e4dern eingedunstet. ln Intervallen setzten wir Bleicarbonat zu; die Reaktion blieb jedoch immer stark sauer. Schlie\u00dflich wurde filtriert und das Filtrat mit einer kalt ges\u00e4ttigten Bleiacetatl\u00f6sung versetzt : vom Bleibromid wurde abfiltriert und dem Filtrat etwras konzentriertes Ammoniak zugesetzt. Das ausgefallene Bleihydroxyd wurde abgenutscht und etwas ausgewaschen. Nach dem Zersetzen des Niederschlages mit H.,S reduzierte die L\u00f6sung stark. Aber auch das Filtrat reduzierte noch stark, so da\u00df noch weiter mit Bleihydroxyd gef\u00e4llt wurde. Die Filtrate vom Bleisullid wurden vereinigt, daraus der Schwefelwasserstoff mit Luft aus-getrieben und die L\u00f6sung bei gelinder W\u00e4rme sehr stark ein-\n') L. Langstein, Die Kohlenhydrate des Serumglobulins. Wiener Monatshefte f\u00fcr Chemie, Bd. XXIV.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums.\n69\ngeengt. Nach dem Erkalten wurde von einer kleinen Menge Bleibromid, das noch auskrystallisiert war, abtiltriert und ein Teil des Filtrats mit essigsaurem Phenylhydrazin versetzt. Nach 12 st\u00fcndigem Stehen auf dem warmen Wasserbade hatte sieh ein schon gelbes Osazon abgeschieden. Wir trockneten es auf lonplatten. Es schmolz bei 195\u00b0, nach zweimaligem Um-krystallisieren aus Wasser bei 204\u00b0. Der Schmelzpunkt stimmt mit dem des Glukosazons \u00fcberein.\nEin anderer Teil der L\u00f6sung, aus welcher das Osazon gewonnen wurde, gab mit Nessler 'schem Reagens eine schwache Ammoniakreaktion. W ir setzten daher der L\u00f6sung ein wenig Haryt zu und dunsteten mehrmals auf ein kleines Volumen ein. Nun gab eine Probe der L\u00f6sung mit Nessler\u2019schem Reagens einen wei\u00dfen Niederschlag, der sofort in gelb und dann in schwarz \u00fcberging. Wir dunsteten die L\u00f6sung bei gelinder W\u00e4rme stark ein, am Rande bildeten sich sch\u00f6ne wei\u00dfe Bl\u00e4ttchen, die so fest an einem gelben Sirup hafteten, da\u00df wir sie nicht abtrennen konnten. Durch ITnkrystallisieren aus Wasser und hintrocknen im Exsikkator erhielten wir sic weniger sch\u00f6n als das erste Mal. Daneben war noch etwas Bleibromid vorhanden. Die H\u00e4lfte dieses Produktes pr\u00fcften wir auf Stickstoff, die Reaktion tiel negativ aus. Die andere H\u00e4lfte l\u00f6sten wir in Wasser; mit Fehling\u2018scher L\u00f6sung versetzt,, gab sie eine volumin\u00f6se, bl\u00e4uliche F\u00e4llung, die beim Erw\u00e4rmen schwarz wurde. Durch\nl\u00e4ngeres Kotdien wurde sie durch das sich bildende Kupferoxydul rot gef\u00e4rbt.\nLm noch weiteren Aulschlu\u00df \u00fcber die Natur des in dieser L\u00f6sung enthaltenen Kohlenhydrates zu erhalten, f\u00fchrten wir behufs Pr\u00fcfung auf Galactose einen Oxydationsversuch mit Salpeters\u00e4ure aus. Dabei verfuhren wir wie folgt. Die L\u00f6sung dunsteten wir auf dem \\\\ asserbade ein und versetzten sie mit Salpeters\u00e4ure vom spezitischen Gewicht 1,15. Dann dunsteten wir bis nahezu zur Trockene ein, verd\u00fcnnten mit Wasser und lie\u00dfen stehen. Ein kleiner wei\u00dfer Niederschlag, der sich gebildet balle, wurde auf der Tonplatte getrocknet. Sein Schmelzpunkt\nlag bei 215 216\u00b0, also bei der Temperatur, bei welcher Schleims\u00e4ure schmilzt.","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"(0\nE. Winterstein und E. Strickler,\nAus diesen Versuchen geht zweifellos hervor, da\u00df die von uns untersuchte Eiwei\u00dfsubstanz einen Kohlenhydratkoinplex enthielt. Die Bildung von Schleims\u00e4ure deutet auf einen Ga-lactoserest hin. Die Entstehung der Schleims\u00e4ure k\u00f6nnte vermuten lassen, da\u00df das Eiwei\u00df nicht vollst\u00e4ndig ausgewaschen war und infolgedessen etwas Milchzucker einschlo\u00df. Doch ist nicht anzunehmen, da\u00df der Zucker, welcher das von uns erhaltene (ilueosazon geliefert hatte, der gleitdien Quelle entstammte, sonst h\u00e4tte ja dieser Zucker nur in ebenso gro\u00dfer Menge vorhanden sein k\u00f6nnen wie die Galactose, auf deren Vorhandensein die Entstellung der Schleims\u00e4ure zur\u00fcckzuf\u00fchren ist. Seine Quantit\u00e4t war aber ohne Zweifel viel gr\u00f6\u00dfer als diejenige der Galactose. F\u00fcr letztere gab die erhaltene Schleims\u00e4uremenge einen Ma\u00df-stab. Da die Menge der erhaltenen Schleims\u00e4ure so gering war, da\u00df (dien noch eine Schmelzpunktbestimmung ausgef\u00fchrt werden konnte, die Menge an (ilueosazon aber eine betr\u00e4chtliche war, so entstammte das (ilueosazon dem im Eiwei\u00dfmolek\u00fcl pr\u00e4for-mierten Kohlenhydratkomplex. \u00dcbrigens schmilzt das Osazon der Galactose bei 193\u201419T\u00b0 bezw. 190\u2014197\u00b0.\nNachdem wir uns somit \u00fcberzeugt hatten, da\u00df in der Tat Kohlenhydrate entstehen, entschlossen wir uns, noch eine Spaltung zu machen und zwar, um einerseits den Einwand, das Ausgangsmaterial sei nicht frei von l\u00f6slichen Kohlenhydraten gewesen, vollst\u00e4ndig auszuschlie\u00dfen, und andererseits nach einem Aminozucker zu suchen. Das Eiwei\u00df, das hierf\u00fcr verwendet wurde, stammte aus einem sehr sch\u00f6nen gelben Colostrum. Als wir den Eiwei\u00dfniederschlag so lange mit Wasser ausgewaschen hatten, bis das Filtrat nicht mehr Fehling'sehe L\u00f6sung reduzierte, pre\u00dften wir ihn gut ab, verrieben ihn im M\u00f6rser und brachten ihn in eine gr\u00f6\u00dfere Menge siedendes Wasser. Nach einigen Stunden filtrierten wir ab, dunsteten 2 1 des Filtrates auf ein kleines Volumen ein und kochten cs dann mit Feh ling'scher L\u00f6sung, Reduktion konnte nicht wahi-genommen werden. Nun s\u00e4uerten wir die L\u00f6sung mit Salzs\u00e4ure an und kochten einige Zeit, um eventuell vorhandene Kohlenhydrate zu invertieren. Nach der Neutralisation und neuem Zusatz von Fehling'scher L\u00f6sung trat beim Kochen abermals","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums. \u2022\n71\nkeine Reduktion ein. Durch diesen Versuch ist also bewiesen, da\u00df die Eiwei\u00dfsubstanz keine Spur von wasserl\u00f6slichen Kohlenhydraten mehr enthalten konnte. Nun trockneten wir sie mit Alkohol und \u00c4ther. Eine Probe des Pr\u00e4parats wurde im Filter mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure ausgewaschen: dabei wurde es d\u00fcnnfl\u00fcssig und sein Volumen nahm bedeutend zu. Die Filtrate\nreduzierten Feh ling* sehe L\u00f6sung, ein Beweis, da\u00df der Kohlenhydratkomplex sehr leicht abspaltbar ist.1)\n3\u00f60 g des getrockneten Eiwei\u00dfes, das die Kohlenhydratreaktion nach Moliseh ebenfalls nicht gab, wurden nun mit 292 ccm BromwasserstolTs\u00e4ure vom spezifischen Gewicht 1,49 gesch\u00fcttelt, bis das Eiwei\u00df gallertig wurde. Dann lie\u00dfen wir 12 Stunden stehen und kochten, nachdem wir 3 1 Wasser zugesetzt hatten, 3 Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler. Nach dem Erkalten der L\u00f6sung f\u00e4llten wir mit Phosphorwolframs\u00e4ure, filtrierten und versetzten das Filtrat behufs Abscheidung der Phosphor wolframs\u00e4ure mit einer konzentrierten Bleiessigl\u00f6sung. Nach dem Filtrieren f\u00e4llten wir das Blei im Filtrat mit Schwefel-\nwasserstoff aus. In Ermangelung einer Einrichtung, die das Eindampfen so gro\u00dfer Mengen Fl\u00fcssigkeit im Vacuum erm\u00f6g-li( ht, dunsteten wir die L\u00f6sung in flachen Schalen auf dem Wasserbade bei 40() ein. Gelegentlich machten wir eineZucker-bestimmung auf gravimetrischem Woge. Als die L\u00f6sung zirka l\u00b0/o Zucker (berechnet als Glukose) enthielt, wurden */3 der L\u00f6sung benzovliert. Die Menge des in der L\u00f6sung vorhandenen Zuckers betrug etwas mehr als 3 g. Auf 2 Teile Zucker ver-\nwendeten wir 25 Teile Benzoylchlorid und 200 Teile einer 10\u00b0/oigen Natronlauge. Die L\u00f6sung wurde neutralisiert und\ndann die Reagentien in Portionen eingetragen, gesch\u00fcttelt und gek\u00fchlt. Darauf wurde neutralisiert, die Ausscheidung auf ein Hlter gebracht und gut ausgewaschen. Das Filtrat reduzierte\nfehling sehe L\u00f6sung sofort, dir* F\u00e4llung aber reduzierte erst nach l\u00e4ngerem Kochen. Die unreine im Exsikkator getrocknete Penzoylverbindung wurde in \u00c4ther aufgel\u00f6st. Die \u00c4therl\u00f6sung\n) bemerkenswert ist, da\u00df das Heduktionsverm\u00f6geu der Fl\u00fcssigkeit beim Stehen mit der verd\u00fcnnten Salzs\u00e4ure abnahm und nach zwei Tagen vollst\u00e4ndig verschwunden war.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nE. Winterstein und E. Strickler.\ndrehte die Ebene des polarisierten Lichtes nach rechts. Wir lie\u00dfen den \u00c4ther verdunsten und l\u00f6sten nochmals in wasserfreiem \u00c4ther auf, gossen vom unl\u00f6slichen Sirup ab und versetzten die L\u00f6sung mit Petrol\u00e4ther. Beim R\u00fchren mit einem\nGlasstabe setzte sich der entstandene Niederschlag bald an die Get\u00e4\u00dfwandungen an. Es wurde nun abgesogen und die L\u00f6sung nochmals mit Petrol\u00e4ther versetzt. Wir erhielten nochmals eine Pallung. Die F\u00e4llungen waren vollst\u00e4ndig und leicht l\u00f6slich in hei\u00dfem Alkohol. Beim Eindunsten bei gew\u00f6hnlicher Temperatur bildete sich ein feiner Beschlag an der Schale, der N-frei war. Auch das durch Petrol\u00e4ther f\u00e4llbare Benzoat war\nN-frei. Die in \u00c4ther unl\u00f6slichen Benzoate behandelten wir mit hei\u00dfem absoluten Alkohol und filtrierten durch einen Hei\u00dfwassertrichter, wobei ein betr\u00e4chtlicher R\u00fcckstand blieb. Im Filtrat schied sich sofort eine stickstoffhaltige Substanz aus.\nDas durch Petrol\u00e4ther f\u00e4llbare Benzoat war nach dem Eintrocknen vollst\u00e4ndig amorph, es bildete einen glasigen \u00dcberzug. Zur Verseifung l\u00f6sten wir es in wenig absolutem Alkohol, sch\u00fcttelten es unter K\u00fchlung mit einer 20\u00b0/oigen Natrium-alkoholatl\u00f6suug: bei niederer Temperatur aufgestellt fand bald eine Ausscheidung statt. Nach einigen Stunden setzten wir Wasser zu und so viel Schwefels\u00e4ure, da\u00df alles Natrium gebunden wurde. Durch Aussch\u00fctteln mit \u00c4ther entfernten wir die Benzoes\u00e4ure und dunsteten die w\u00e4sserige L\u00f6sung bei 40\u00b0 zur Trockene ein. Nun extrahierten wir mit Alkohol, das alkoholl\u00f6sliche Produkt reduzierte Fehling'sche L\u00f6sung stark. Es wurde mit Salpeters\u00e4ure vom spezifischen Gewicht 1,15 oxydiert ; da sich nicht alles in der Salpeters\u00e4ure aufl\u00f6ste.\nwurde filtriert : Schleims\u00e4ure konnten wir dabei nicht erhalten. Das durch Petrol\u00e4ther nicht f\u00e4llbare Benzoat bildete wei\u00dfe Krystalle, die sich zu kugeligen Aggregaten vereinigten. Da dieselben noch Spuren von Mutterlauge einschlossen, unterlie\u00dfen wir eine Schmelzpunktbestimmung. Wir verseiften dieses Produkt wie das vorige. Das Alkoholextrakt dieser Verseifungsprodukte reduzierte ebenfalls stark. Es lieferte bei der Oxydation mit Salpeters\u00e4ure keine Schleims\u00e4ure.\nEine Probe des Filtrates von den gesamten Benzoaten","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums.\n73\nwurde eingedunstet. Die entstandene Ausscheidung reduzierte Fehling'sehe L\u00f6sung nicht: sie war stickstoffhaltig, wahrscheinlich enthielten also diese Filtrate kleine Mengen benzoy-lierter Aminos\u00e4uren. F\u00fcr weitere Versuche reichte dit* Substanzmenge nicht aus.\nEin Teil der nicht benzoylierten Fl\u00fcssigkeit wurde mit Bleiacetat m\u00f6glichst vom Brom befreit. Nach dem Filtrieren setzten wir dem Filtrat soviel Silbernitrat zu, da\u00df die daraus freiwerdende Salpeters\u00e4ure hinreichte, um die durch Berechnung festgestellte Zuckermenge zu oxydieren. Auf diese Weise gelang es uns, alles Brom zu lallen; aus dem Filtrat vom Silberbromid lallten wir Blei und Silber mit Schwefelwasserstoff. Das Filtrat von diesen Sulfiden wurde nun behufs Oxydation eingedunstet. Schleims\u00e4ure konnten wir nicht erhalten. Dieser Oxydationsversuch kann nicht als ganz einwandfrei bezeichnet werden, da es nicht m\u00f6glich war, die Konzentrationsliedingungen, wie sie von To liens angegeben werden, einzuhalten.\nDer Best der nicht benzoylierten Fl\u00fcssigkeit wurde zu einem zweiten Oxydationsversuch verwendet. Wir entfernten den Bromwasserstoff nicht durch Eindampfen im Vacuum, sondern durch Konzentrieren der L\u00f6sung auf dem Wasserbade und unter Zusatz von Bleicarbonat. Aus dem Filtrat von Bleibromid f\u00e4llten wir mit Bleiacetat und Ammoniak die Kohlenhydrate. Die daraus mit Hilfe von Schwefelwasserstoff gewonnene Kohlenhydratl\u00f6sung lieferte bei der Oxydation auch keine Schleims\u00e4ure.\nAus unseren Versuchen geht hervor, da\u00df aus den durch Hitze koagulierbaren Eiwei\u00dfstoffen des Colostrums Kohlenhydrate abgespalten werden k\u00f6nnen. Das Vorhandensein eines Glukoserestes wurde durch die Darstellung des bei 204\u00b0 schmelzenden Glukosazons wahrscheinlich gemacht. Ob daneben andere auf den Galaktosekern zur\u00fcckzu f\u00fchrende Kohlenhydrate sich vor-tinden, konnte durch die verschiedenen Versuche nicht bewiesen werden. Die M\u00f6glichkeit scheint aber mit R\u00fccksicht auf die Ergebnisse des ersten Versuches, bei welchem Schleims\u00e4ure erhalten worden war, doch nicht ausgeschlossen zu sein.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nF. Winterstein. und F. Strickler,\nBiese V rage bedarf mit R\u00fccksicht auf ihre wichtige physiologische Bedeutung und wegen der Beziehung zum Milchzucker noch weiterer Aufkl\u00e4rung. Die erfolglosen Versuche, aus der zweiten Spaltungsll\u00fcssigkeit Schleims\u00e4ure zu erhalten, beweisen aber doch nicht, da\u00df der (\u00eealaktoserest in den Spaltungsprodukten nicht vorhanden war. Denn es ist schwer, unreine (ialaktosel\u00fcsung so zu oxydieren, da\u00df man die Schleims\u00e4ure fassen kann, da die Schleims\u00e4ure leicht zu Oxals\u00e4ure oxydiert wird. Stickstoff, konnte nur in einem Benzoat nachgewiesen werden. Ob er aus einem benzoylierten Aminozucker stammt oder aus einer benzoylierten Aminos\u00e4ure, konnten wir mit der kleinen Menge nicht entscheiden. Da, wie weiter unten nachgewiesen wird, das Vorhandensein eines amorphen Kohlenhydrates neben dem Milchzucker nicht wahrscheinlich ist, so darf man wohl annehmen, da\u00df die.von uns untersuchte Eiwei\u00dfsubstanz des (lolostrums einen Kohlenhydratrest als Kern enth\u00e4lt.\nDie \u00e4therl\u00f6slichen Substanzen des Colostrums.\nDas Lecithin.\nKugling und Kr\u00fcger geben das Lecithin als st\u00e4ndigen Bestandteil des Colostrums an. Kugling isolierte es folgenderma\u00dfen: Er f\u00e4llte die Eiwei\u00dfk\u00f6rper mit Lab und extrahierte das getrocknete Eiwei\u00dfgerinnsel mit Alkohol und \u00c4ther. Er will dabei ein strahlig kristallinisches, blendend wei\u00dfes Lecithin erhalten haben. Wie unten gezeigt wird, halle Kugling wohl ein Fetts\u00e4uregemisch unter den H\u00e4nden. Da auch Kr\u00fcger keim* n\u00e4heren Angaben \u00fcber das Lecithin des Colostrums macht, so schien es uns angezeigt, Versuche zur Isolierung des Lecithins anzustellen. Wir verfuhren dabei wie folgt:\nDas vom Caseinniederschlag abgeschiedene Fett (Seite (>1) extrahierten wir mit Alkohol, welcher zum Auskochen des Caseins benutzt worden war: diese alkoholische L\u00f6sung wurde ein-gedunslet, dann mit absolutem Alkohol ausgekocht; der von dem ausgesoliiedcnen Fett nach dem Erkalten abgegossene, im \u00c4ther v\u00f6llig l\u00f6sliche R\u00fcckstand wurde in absolut alkoholischer L\u00f6sung mit alkoholischer Cadmiumchloridl\u00f6sung gef\u00e4llt und aus der F\u00e4llung das Lecithin mit Hilfe von Ammoncarbonat nach","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Dio chemische Zusammensetzung des Colostrums.\n/ :>\nI . Hergelll) abgeschieden. Es wurde* eine Substanz erhalten, welche das Verhalten des Lecithins zeigte. Durch das Cadmium-chlorid war nur ein kleiner Teil des Lecithins geliillt worden. Aus dem Filtrat von der Cadmiumchloridf\u00e4llung wurde nach Abscheiden des Cadmiums mit Hilfe von Ammoncarbonat t> g einer \u00e4therl\u00f6slichen Substanz erhalten, welche mit H\u00e4ryt in bekannter Weise gespalten wurde*. Die Fetts\u00e4uren wurden wegen der geringen Menge nicht untersucht: hingegen isoliertem wir das Cholin aus der vom Baryum befreiten L\u00f6sung mit Phosphorwolframs\u00e4ure und wiesen letztere Hase* durch die* bo-kannten Reaktionen nach. Das Colostrum enth\u00e4lt somit kleine Mengen Lecithin. Ls ve*rdient nun noch bosonclers hervorgehoben zu werden, da\u00df wir daneben auch freie Glycerinphosphors\u00e4ure nachvveisen konnten. \\\\ ir gelangten zur Entdeckung dieser Verbindung bei Versuchen \u00fcber die (juanlitative Bestimmung des Lecithins. Diese Substanz wurde in folgender Weise nachgewiesen. Wir mischten Colostrum mit gleichen I eilen eines Alkohol- und \u00c4thergemisches gut durch, lie\u00dfen l\u00e4ngere /eit unter Umriihren stehen : der vom Ungel\u00f6sten \u00ab*e-trennte R\u00fcckstand wurde einige Male bei HO0 mit absolutem Alkohol, sodann bei Siedehitze mit absolutem Alkohol extrahiert. Die vereinigten \u00e4therisch-alkoholischen L\u00f6sungen wurden eingedunstet, der Verdampfungsr\u00fcckstand mit \u00c4ther behandelt, dabei verblieb eine amorphe farblose in Wasser l\u00f6sliche Masse, welche keine anorganischen Phosphate einschlo\u00df. Die Substanz enthielt Phosphor und gab beim Erhitzen mit Natriumbisulfat Aeroleingeruch, sie war stickstofffrei. Um dem Kinwande zu begegnen, da\u00df die Glycerinphosphors\u00e4ure vielleicht w\u00e4hrend der Darstellung aus dem Lecithin abgespalten wurde, benutzten wir ein ganz frisches Colostrum. Dieses versetzten wir mit absolutem Alkohol und dunsteten im Vacuum bei 50\u00b0 zum z\u00e4hen Sirup ein, trockneten zuletzt auf dem Wasserbade und extrahierten die gepulverte Substanz mit hei\u00dfem Alkohol. Die alkoholischen Filtrate wurden bei gelinder Warme vom Alkohol befreit, der Verdampfungsriickstand wiederholt mit \u00c4ther aus-gezogen. Es hinterblieb eine klebrige, farblose Substanz, welche\n') Her. der Deutsch, rheni. Ges., FM. XXXIII, S. 208t.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"E. Winterstein und E. Strickler,\n7K\ndas Verhalten der Glycerinphosphors\u00e4ure zeigte. Leider war die Substanzmenge nicht ausreichend, um einige Salze herzustellen und das optische Verhalten derselben zu untersuchen.\nFette.\nFugling gibt an. da\u00df das Fett des Colostrums sich von dem der Milch durch Geruch, Geschmack, Konsistenz und Schmelztemperatur unterscheide. Nilson hat das Fett des Colostrums ebenfalls untersucht. Seine Arbeit liegt uns nur in einem Referat vor ; er ist zu dem Schlu\u00df gekommen, da\u00df das Colostrumfett arm an .fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4uren ist. Auf diese Tatsache f\u00fchrt er auch den hohen Schmelzpunkt des Colostrum-fettes zur\u00fcck. Fine n\u00e4here Untersuchung des Colostrumfettes lag nicht im Ulan unserer Arbeit: wir wollen hier nur \u00fcber einige gemachte Beobachtungen berichten. Wir f\u00e4llten die Fi-wei\u00dfk\u00fcrper des Colostrums mit Alkohol, extrahierten den von der Fl\u00fcssigkeit getrennten Niederschlag mit Alkohol bei DO0. Aus dieser alkoholischen L\u00f6sung schied sich beim Erkalten ein blendend wei\u00dfes Fett von krystallinischem Gef\u00fcge aus. Der mit Alkohol extrahierte Fiwei\u00dfr\u00fcckstand wurde nun mit \u00c4ther extrahiert. Bei l\u00e4ngerem Stehen des \u00c4therextraktes schied sich eine wei\u00dfe kristallinische Substanz aus; sie war phosphorfrei und enthielt weder Glycerin noch Cholesterin. Nach einmaligem Umkrystallisieren aus \u00c4ther schmolz sie bei 52\u00b0. Fine Flementar-analvse ergab 7.\u2018>,()(>n/o C und 12,99\u00b0/o H. Die Krystalle waren somit wohl ein Gemisch h\u00f6herer Fetts\u00e4uren.\n*\tCholesterin.\nBei unseren Versuchen hielten wir uns an die Vorschriften von Kitter.1) Zur Cholesterindarstellung benutzten wir das Filtrat von den oben erw\u00e4hnten freien Fetts\u00e4uren. Nach dem Fintrocknen desselben blieb ein R\u00fcckstand von 28 g. Dieser wurde mit Natriumalkoholat verseift und die trocknen Seifen im Soxhlet'sehen Apparat mit \u00c4ther extrahiert. Das \u00c4therextrakt hinterlie\u00df nach dem Verdunsten des \u00c4thers eine Substanz, die aus Alkohol umkrystallisiert wurde. Sie gab folgende Reaktionen mit:\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XXXIV, S. 435.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"I>ie chemische Zusammensetzung \u00abtes ('.\u00ab\u00bblostruins.\n77\nChloroform, Schwefels\u00e4ure und Essigs\u00e4ureanhydrid . blau, \u00ablann gr\u00fcn.\nChloroform und Schwefels\u00e4ure . . . ,.........dunkelrot.\nDer Schmelzpunkt lug hei 148\u00b0. Dadurch war Cholesterin sicher nachgewiesen.\nKohlenhydrate.\nUber die Kohlenhydrate des Colostrums gehen wohl die Ansichten der Forscher am meisten auseinander. W\u00e4hrend einige einfach von Milchzucker sprechen (Vaudin, Houdet, Su the rest), nehmen andere neben dem Milchzucker noch andere Kohlenhydrate an (Sehrodt und Hansen, Kr\u00fcger, v. Raumer und Sp\u00e4th, Ca merer und S\u00f6ldner). Ritt-liausen und Schm\u00f6ger wollen ebenfalls andere Kohlenhydrate in der Milch gefunden haben und schlossen aus ihren Versuchen, da\u00df diese in noch gr\u00f6\u00dferer Menge im Colostrum vorhanden seien. R\u00e9champ will ebenfalls noch Kohlenhydrate neben Milchzucker in der Milch nachgewiesen haben. Noch andere Forscher sprechen dem Colostrum den Milchzuckergehalt vollst\u00e4ndig ab. Bez\u00fcglich der weiteren Literaturangaben verweisen wir aut die Dissertation von E. Strickler. Da sich in der uns zug\u00e4nglichen Literatur keine Angaben \u00fcber die Reindarstellung von Milchzucker vortiuden, stellten wir aus einigen Colostren dieses Kohlenhydrat dar. Zu diesem Zwecke dunsteten wir die vom Eiwei\u00df getrennten Sera bei neutraler Reaktion ein, die zuerst auftretenden amorphen stickstoffhaltigen Ausscheidungen wurden entfernt, die konzentrierte L\u00f6sung mit Alkohol fraktionsweise gef\u00e4llt; doch gelang es uns nicht, amorphe Kohlenhydrate dadurch abzuscheiden, auch andere F\u00e4llungsmittel ergaben ein negatives Resultat. Aus der stark alkoholhaltigen L\u00f6sung schieden sich nach mehreren Monaten sch\u00f6ne Krystalle aus, welche mehrere Male aus Wasser und zuletzt aus verd\u00fcnntem Weingeist umkrystallisiert wurden; dieses wiederholte Umkrystallisieren war notwendig, um eine kleine Menge einer amorphen Substanz vollst\u00e4ndig zu entfernen. Die erhaltenen Krystalle besa\u00dfen ein Drehungsverm\u00f6gen von |\u00ab1D= + 53,6\u00b0. Sie lieferten bei der Oxydation mit Salpeters\u00e4ure Schleims\u00e4ure, reduzierten Fehling'sche L\u00f6sung direkt.","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nE. Winterstein und E. Strickler.\nSomit war Milchzucker als normaler Bestandteil dos Colostrums nachgewiesen. Ob daneben nun noch kleine Mengen anderer Kohlenhydrate sich vorfanden, ist nicht g\u00e4nzlich ausgeschlossen, doch d\u00fcrften die Quantit\u00e4ten der neben Milchzucker sich vorfindenden Kohlenhydrate nur sehr gering sein, denn erstens erhielten wir bei der quantitativen Bestimmung des Milchzuckers auf gravimet rischem und polarimetrischem Wege aus verschiedenen Colostren \u00fcbereinstimmende Zahlen und ferner war das Reduktionsverm\u00f6gen des Serums und des zuvor mit Schwefels\u00e4ure erhitzten Serums beinahe v\u00f6llig gleich. Auch S\u00f6ldner fand in irischer Kuhmilch, nachdem sie mit Salzs\u00e4ure invertiert worden war, nicht mehr Fehling'sche L\u00f6sung oder Wismuth-ni trat-L\u00f6sung reduzierende Substanz als ohne Inversion.\nAndere Bestandteile des Colostrums.\nLugling gibt als solche an: Nuclein, Lactoprotcin, Harnstoff, dagegen verneint er, wie auch Sebelien, die Anwesenheit von Lepton. C amer er und S\u00f6ldner beschreiben eine nicht n\u00e4her charakterisierte N-haltige Substanz als Colostruin-bestandteil. Kr\u00fcger nennt Leucin, Tyrosin, Harnstoff, Lutein, tierisches Gummi und in einzelnen F\u00e4llen Pepton.\nWegen der Details der von den genannten Forschem gemachten Angaben sei auf die zitierte Dissertation verwiesen.\nLs schien uns wohl angezeigt, mit R\u00fccksicht auf die vorliegenden Angaben \u00fcber die N-haltigen nicht eiwei\u00dfartigen Verbindungen noch einige Versuche anzustellen. Wir verwendeten das Serum von 8 Litern eines sch\u00f6n gelben Colostrums, neutralisierten es ann\u00e4hrend mit Soda und dunsteten auf Wasserb\u00e4dern ein. Line H\u00e4lfte der Fl\u00fcssigkeit wurde mit Gerbs\u00e4ure versetzt, von der F\u00e4llung abliltriert, dem Filtrat davon setzten wir Bleiessigl\u00f6sung zu und filtrierten. Aus dem nun vollst\u00e4ndig klaren Filtrat erhielten wir mit Merkurinitrat eine wei\u00dfe, flockige F\u00e4llung, die nach der Neutralisation mit Soda abfiltriert und ausgewaschen wurde; sie wurde mit Schwefelwasserstoff zersetzt, letzterer aus dem vom Quecksilbersulfid getrennten Filtrat durch Linleiten von Luft ausgetrieben und die mit Baryt neutralisierte Fl\u00fcssigkeit vorsichtig eingedunstet; der Verdampfung*-","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums.\t79\nriickstand wurde mit absolutem Alkohol behandelt, das Extrakt mit dem gleichen Volumen \u00c4thylacetat versetzt,\u2019 wobei eine kleine F\u00e4llung entstand, davon wurde abfiltriert, die alkoholische Losung eingedunstet und die zur\u00fcekbleibenden Krystal le aus Wasser umkrystallisiert. Die Krystalle erwiesen sieh als Harnstoff; sie gaben mit konzentrierter Salpeters\u00e4ure die charakteristischen Krystalle, entwickelten beim Erhitzen Ammoniak, beim Kochen mit Salzs\u00e4ure entstand Ammonchlorid.\nDas Filtrat von der Merkurinitratl\u00f6sung wurde, nachdem es mit Schwefelwasserstoff vom Quecksilber befreit worden war, mit Fhosphorwolframs\u00e4ure versetzt, dabei entstand ein feiner schwer zu filtrierender Niederschlag, er glich im Aussehen und Verhalten den F\u00e4llungen, die Fhosphorwolfr\u00e4ms\u00e4ure mit Ammonsalzen gibt. Aus diesem Niederschlag konnten wir weder Cholin noch Hexonbasen isolieren. Die alkalische Reaktion der beim Zersetzen mit Baryt erhaltenen L\u00f6sung mu\u00df wohl auf Alkalien zur\u00fcckgef\u00fchrt werden.\nWie oben erw\u00e4hnt worden ist, wurde die harnstoffhaltige Massigkeit mit Alkohol extrahiert, der dabei ungel\u00f6st verbliebene R\u00fcckstand wurde mit Ammoniak behandelt, die L\u00f6sung emgedunstet. Es hinterblieb eine Menge einer Substanz, welche mit Mil Ion\u2018schein Reagens keine Reaktion gab, Tyrosin konnte\nsomit in dem von uns untersuchten Colostrum nicht aufgefunden werden.\nDie mit der anderen H\u00e4lfte des konzentrierten Serums ungestellten Versuche zur Isolierung von Alloxurbasen und anderen Stickstoffverbindungen verliefen resultatlos. Da die Menge des Nichteiwei\u00dfstickstoffes nur gering war, unterlie\u00dfen wir weitere Versuche.\nQuantitative Zusammensetzung des Colostrums.\nIm folgenden machen wir noch einige Mitteilungen \u00fcber ,l|e Ergebnisse, die wir bei der quantitativen Analyse eines Colostrums von braungelber Karbe erhielten. Das s|>ezilische Oewicht desselben betrug 1,06: es zeigte eine deutlich saure Keaktion. Da die Analyse l\u00e4ngere Zeit in Anspruch nahm, konservierten wir es mit 1 \" w Natriumlluorid.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nK. Winterstein und E. Strickler.\nTrockensubstanz, Fett, Gesamtstickstoff wurden in bekannter Weise ermittelt. Da die quantitative Trennung des Gaseins vom Globulin und vom Albumin mit Hilfe von Alaun und Magnesiumsulfat sehr zeitraubend ist, weil die vom Casein getrennte mit Magnesiumsulfat ges\u00e4ttigte Fl\u00fcssigkeit au\u00dferordentlich schlecht filtriert, begn\u00fcgten wir uns mit einer Bestimmung der Gesamtmenge der im Serum vorhandenen, durch Hitze koagulierbaren Ei weil i-stotfe. Die davon getrennte Fl\u00fcssigkeit wurde mit Almen scher L\u00f6sung gef\u00e4llt, die entstandene F\u00e4llung abfiltriert und im Filtrat davon noch der durch Phosphorwolframs\u00e4ure f\u00e4llbare Stickstoff bestimmt. Die Gesamtmenge der Eiwei\u00dfsubstanzen wurde nach Kitthausen mit Kupferhydroxyd bestimmt.\nEber die Bestimmung des Milchzuckers m\u00f6gen noch einige Worte Kaum finden: 5 g Colostrum wurden mit 100 ecm Wasser verd\u00fcnnt, die Eiwei\u00dfstoffe mit Kupfersulfat und Natronlauge ausgef\u00e4llt, die Fl\u00fcssigkeit vom Niederschlag getrennt und die F\u00e4llung ausgewaschen, bis das Gesamtvolumen 200 ccm betrug. Wir bestimmten den Milchzucker nach Allihn-Soxhlet. Es wurden 0,0478 g und 0,0480.g Cu gefunden. Daraus berechnet sich ein Prozentgehalt von 2,80 Milchzucker. Es wurde nun anderseits der Milchzucker auf polarimetrischem Wege bestimmt. 10 g Colostrum wurden mit Wasser verd\u00fcnnt, die Eiwei\u00dfstoffe mit Br\u00fceksehem Keagens unter Zusatz von Salzs\u00e4ure ausgef\u00e4llt, auf f>() ccm aufgef\u00fcllt und ein aliquoter Teil durch ein trockenes Filter filtriert. Diese L\u00f6sung drehte im 200 mm-Kohr im So lei I-Ventzke'schen Apparat -f- l,8\u00b0- daraus berechnet sich, auf Grund der mit reinem Rohrzucker bestimmten Reduktionskonstanten 0,344, (\u2018in Prozentgehalt von 2,93\u00b0/n Milchzucker. Bei einem anderen Colostrum wurden auf gravimetrischem W ege 2,87 \u00b0/o, auf polarimetrischem 2,93\u00b0/o Milchzucker gefunden. Auf Grund dieser Zahlen darf man wohl behaupten, da\u00df davon uns untersuchte Colostrum h\u00f6chstens Spuren anderer Zuckei -arten enthalten konnte. Die Bestimmung des Cholesterins geschah nach Ritter.1) Mit R\u00fccksicht auf das Vorhandensein der Glycerinphosphors\u00e4ure haben die in der gew\u00f6hnlichen Weise ausgef\u00fchrten Lecithinbestimmungen nur einen beschr\u00e4nkten\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XXXIV, S. 135.","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums.\t81\nneri 'l DT'eiZ|TammenSetZUn* d6S C0'0*1\u00bb\u21228 ergibt sich aus folgender Tabelle:\nTrockensubstanz\tt7 iuo\nGesamt-N\t*\nr. . .\t* j\u00f6o0 o\nGesamte)wei\u00df-N\tj ^0/0\nGesamteiwei\u00df*)\tq1.jo \\\nGasein\t\u2018-ton\u00ae\nA1bumin\t,\t5^0\u201c\nKiwei\u00df l\u00e4llbar durch Gerbs\u00e4ure\tI l\u00df\u00b0 o\nN in Form von Nichteiwei\u00dfsubstanzon 0,07\u00b0/0 Atherextrakt\nCholesterin\t0 04\u00b0\nMilchzucker\t0 \u2019\u00ab-J,\nAsche\t,87/o\n1\t0.68 #/o\nZusammenfassung der Resultate.\nAus den mitgeteilten Versuchen ergibt sich folgendes \u2022 Die durch Hitze koagulierbaren Eiwei\u00dfstolTe des Colostrums liefern bet der hydrolytischen Spaltung: Alanin, Aminovalerians\u00e4ure Leucin, Pyrrohdincarbons\u00e4ure, Serin, Phenylalanin, Tyrosin As-paragtns\u00e4ure, Glutamins\u00e4ure, Cystin, daneben \u201eoch andere Aminos\u00e4uren, deren Natur noch nicht aufgekl\u00e4rt ist; ferner Arginin Histidin, Lysin, Iryptophan und Ammoniak. Diese Eiwei\u00dfsubstanzen enthalten daneben einen oder mehrere Kohlenhydratkomplexe Das von uns untersuchte Colostrum enthielt folgende Bestandteile : Casein, Albumin, Globulin, Fett, freie Fetts\u00e4uren Lecithin, Cholesterin, (reie Glycerinphosphors\u00e4ure, Milchzucker und Harnstoff. I yrosin, Cholin, Nuclein und Hexonbasen konnten nicht nachgewiesen werden. Neben Milchzucker findet sich\n\u00abVXS\u00bb'\u201c\u201d *\"**\"\u2022*\u00ab\nLiteratur.\nB\u00e9champ sur la nature du lait. Gazette mod. de Paris 18H8.\nhrakt. Chen,,' Hd UvTffee Ver\u00e4n'iC!l,^'en * K\u201c\u00bbmUch. J(,urn. f\u00fcr\n.lies eIpBrtroortTUm\u201eCrh,Klen Wir,WM# * PAim \u00c4therextrakt; en spricht 0,01, \u201e Lecithin, berechnet auf Colostrum, oder 06\u00ab\u00bb/.\nvom Atherextrakt. Krieger gibt 8\u00bb,\u201e Lecithin an.\t0,hH /.\n...,,, Dle Su,\"me der drei Kiweiftsubstanzen ist etwas gr\u00f6\u00dfer als nach grenzen\u201c86\" *dieSe Dim'r\u2122z bewegt sich innerhalb der Fehler\nHoppe-Seyler s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVII.","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nWinterstein und Strickler. \u00dcber Colostrum.\nI)eissmann, Untersuchungen \u00fcber die Zusammensetzung der Colostrummilch etc. Inaug.-Diss. Halle 1897.\nEichloff, \u00dcber das Colostrumfett. Milchztg. Bremen 1897.\nK u g 1 i ng, i her die Zusammensetzung des Kuhcolostrums. Petersen. Forschungen auf dem Gebiete der Viehhaltung. Bremen 1878.\nIloudet, Contribution \u00e0 l'\u00e9tude du Colostrum de la vache. Annales de l'Institut Pasteur. Paris 1894.\nKoenauth. Analyse eines Colostrums. Zeitschrift f. Nahrungs-mitteluntersuchung, Bd. III.\nKr\u00fcger-Hannover. Beitr\u00e4ge z.Zusammensetzung d.Kuhcolostrums. Ilildeslieim, Molkereizeitung 1892.\nNilson, Studier ofrer komjolkens fett. Stockholm I88\u00df.\nSimon, Beitrag zur Kenntnis der Eiweihk\u00f6rper der Kuhmilch. Diese Zeitschrift, Bd. XXXIII.\nSinee, Milch nach dem Kalben. Jahresb. f. Tierch. 1875.\nSouth\u00f6rest, The composition of colostrum. The Chemical News, Bd. LXXXVI.\nT i e m a n n, Untersuchungen \u00fcb. d.Zusammensetzung des Colostrums mit besonderer Ber\u00fccksichtigung der Eiwei\u00dfstoffe desselben. Inaug.-Disser-tation Stra\u00dfburg 1898.\nWeiss flog, Beobachtungen \u00fcber die Milch, speziell die Colostrummilch. Hannover. Deutsche Tier\u00e4rztliche Wochenschrift 1905.\nWut lie rieh, Zusammensetzung der Colostrummilch. Jahresbericht der Molkereischule R\u00fctti bei Bern 1899/1900.","page":82}],"identifier":"lit18294","issued":"1906","language":"de","pages":"58-82","startpages":"58","title":"Die chemische Zusammensetzung des Colostrums mit besonderer Ber\u00fccksichtigung der Eiwei\u00dfstoffe","type":"Journal Article","volume":"47"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:37:38.171465+00:00"}