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{"created":"2022-01-31T13:43:02.969900+00:00","id":"lit18330","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Gulewitsch, Wl.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 47: 471-475","fulltext":[{"file":"p0471.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln.\nIII. Mitteilung.\nM\nUber das Methylguanidin.\nVon\nWl. Gulewitsch.\n(Aus dem medizinisch-chemischen Laboratorium der Universit\u00e4t Moskau.) (Der Redaktion zugegangen am 19. M\u00e4rz 1906.)\nIn der zweiten Mitteilung \u00fcber die Extraktivstoffe der Muskeln, welche ich gemeinschaftlich mit Krimberg ver\u00f6ffentlicht habe,1) haben wir erw\u00e4hnt, da\u00df das Filtrat von der Carnosinsilberf\u00e4llung nach dem Vertreiben des Ammoniaks und dem Einengen eine zweite Silberf\u00e4llung liefert. Bei der Verarbeitung einer neuen Portion (500 g) Liebig\u2019sehen Fleischextraktes, wobei das Carnosin mit Silbernitrat und Barythydrat gef\u00e4llt wurde, untersuchte ich diese zweite Silberf\u00e4llung. Das Filtrat vom Carnosinsilberniederschlage samt den Waschwassern wurde mit Schwefelwasserstoff entsilbert, das neue Filtrat mit Schwefels\u00e4ure neutralisiert, mit Magnesiumoxyd gemischt und zuerst auf freiem Feuer, dann auf dem Wasserbade eingedampft. Der nach dem Zuf\u00fcgen von Barythydrat entstandene Magnesiumhydroxydniederschlag wurde abgesaugt und das mit Salpeters\u00e4ure neutralisierte Filtrat mit Silbernitrat gef\u00e4llt. Der aus dem neuen Filtrate durch Hinzuf\u00fcgung von Barythydrat in bekannter Weise erzeugte Niederschlag wurde gewaschen und mit Schwefelwasserstoff zersetzt. Die dabei erhaltene Fl\u00fcssigkeit, die stark alkalisch reagierte, wurde durch Schwefels\u00e4ure von Barytspuren genau befreit, mit Salpeters\u00e4ure neutralisiert, mit Tierkohle gekocht und filtriert. Die eingedampfte Fl\u00fcssigkeit\nschied ziemlich gro\u00dfe Drusen von kleinen und breiten T\u00e4felchen\n;\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XLV, S. 327.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVII.\t31","page":471},{"file":"p0472.txt","language":"de","ocr_de":"472\nWl. Gulewitsch,\naus, welche aus erkaltendem Wasser unter Zusatz yon Tierkohle umkrystallisiert wurden. Die erhaltenen Krystalle waren von Beimischung des Garnosinnitrates frei, da ihre w\u00e4sserige Aufl\u00f6sung keine Drehung der Polarisationsebene zeigte. Sie schmolzen konstant bei 150\u00b0 zu einer farblosen Fl\u00fcssigkeit. Die Substanz wurde bei 120\u00b0 getrocknet und analysiert.\nI.\t0,1865 g Substanz gaben 0,1009 g H\u201e0 und 0.1230 g CO,;\nII.\tAus 0,0814 g Substanz wurden 31,05 ccm N bei 22\u2018*' und 719,5 mm Bar. erhalten.\nGefunden :\tBerechnet\nI.\nG 18,0\u00ab/\u00ab II 0,1% N \u2014\n0\t\u2014\nII.\n40,9%\nf\u00fcr c,h7x3 hno3 17,6% 5,9% 41,2%\n35,3\nSomit stimmen die Resultate der Analyse mit den f\u00fcr Methylguanidinnitrat berechneten Werten \u00fcberein. Das aus dem Nitrat durch F\u00e4llung mit Pikrins\u00e4ure dargestellte Pikrat schmolz scharf und ohne merkliche Zersetzung bei 201,5\u00b0, w\u00e4hrend das Methylguanidinpikrat nach Brieger1) bei 192\u00b0 schmelzen soll. Das von mir dargestellte Pikrat schied sich aus erkaltendem Wassei in zwei Formen aus: in eigelben nadelf\u00fcrmigen Kry-stallen, die einander parallel oder federbartartig angelagert sind, und in orangefarbenen kleinen kurzen Tafeln; nach Brieger's Angaben krystallisiert das Methylguanidinpikrat aus hei\u00dfem \\\\ asset in verfilzten Nadeln. Da meine Untersuchung schon abgeschlossen war, bevor ich eine Kennt nis von der interessanten, das Liebig\u2019sehe Fleischextrakt betreffenden Arbeit von Kutscher2) erhielt, in der der Verfasser unter anderem das Vorkommen\nim Heischextrakt sicher nachgewiesen hat, so sah ich mich, in Anbetracht der oben erw\u00e4hnten Verschiedenheit in den Angaben von Brieger und den mehligen, veranla\u00dft, das Methylguanidin aus dem Kreatin darzustellen.\n10 g krystallwasserhaltiges Kreatin wurden in der w\u00e4sserigen L\u00f6sung 8 Stunden lang mit einem \u00dcberschu\u00df von gelbem nuecksilbcroxyd gekocht, filtriert, mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert\nl) Untersuchungen \u00fcber Ptomaine, III. Teil. Berlin 188(i, S. 33.\n*) Zeitschr. f. Unters, d. Nahrungs- u. Genu\u00dfmittel, Bd. X, S. 531.","page":472},{"file":"p0473.txt","language":"de","ocr_de":"473\nZur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. III.\nund mit Phosphorwolframs\u00e4ure ausgetallt. Der \u00e4u\u00dferst feine Niederschlag ging leicht durch das Filter und konnte erst dann abgesaugt werden, als die Fl\u00fcssigkeit auf 1>/* 1 aufgef\u00fcllt, zum Kochen erw\u00e4rmt und dann unter 0\u00b0 gek\u00fchlt wurde. Der abgesaugte Niederschlag wurde in der \u00fcblichen Weise mit Barythydrat zersetzt und das erhaltene kohlensaure Salz in das salpetersaure \u00fcbergef\u00fchrt, welches auskrystallisiert wurde; aus der Mutterlauge wurde das Pikrat dargestellt. Die Gesamtausbeute an Methylguanidin entsprach etwa 85\u00b0/o der theoretischen.\nDas aus Kreatin gewonnene Methy lgua nidi rin it rat ki ystallisiert aus erkaltendem Wasser in farblosen Bl\u00e4ttchen, die in kaltem Wasser ziemlich schwer, in hei\u00dfem Wasser leicht l\u00f6slich sind und kein Krystallwasser enthalten. Unter dem Mikroskop stellen die Krystalle schmale oder breite viereckige Tafeln, deren Kantenwinkel 900 betr\u00e4gt, selten sechseckige Tafeln vor. Die Tafeln geh\u00f6ren zwei verschiedenen Pinakoiden an: der eine 'Feil der Tafeln zeigt einen Austritt der ersten Bisektrix mit dein Interferenzbild eines rhombischen negativen Krystalls, v>p; die optische Axenebene ist der l\u00e4ngeren Kante parallel. Die anderen lafeln stehen senkrecht auf die stumpfe Bisektrix, resp. parallel zur Ebene der optischen Axen (eine sichere Unterscheidung war nicht zu treffen). Alle Tafeln zeigen die gerade Ausl\u00f6schung und sind ihrer L\u00e4nge nach positiv. Das Methylguanidinnitrat schmilzt bei sehr langsamem Erhitzen scharf und ohne Zersetzung bei 150\u00b0,\u2019) w\u00e4hrend nach Kutscher (a. a. 0.) es bei 155\u00b0 schmelzen soll; der Schmelzpunkt wird nach dem Umkrystallisieren der Substanz gar nicht ver\u00e4ndert. Das aus dem Fleischextrakt isolierte Methylguanidinnitrat stimmte in seinen Eigenschaften mit dem aus dem Kreatin gewonnenen Pr\u00e4parate vollkommen \u00fcberein.\nDas Methylguanidinpikrat, welches aus dem Kreatin dargestellt worden war, wie auch das aus dem Fleischextrakt stammende Pr\u00e4parat, kristallisierte aus erkaltendem Wasser in\n\u2018 F\u00fcr die Schmelzpunktbestimmungen benutzte ich den Roth\u2019schen Apparat und einen auf ',6\u00b0 geteilten und von Physikalisch-Technischer Reichsanstalt gepr\u00fcften Thermometer, dessen Skala von 03\u2014203\u00b0 reichte. Der ganze Ouecksilberfaden wurde auf die betreffende Temperatur erhitzt.\n31*","page":473},{"file":"p0474.txt","language":"de","ocr_de":"474\nWl. Gulewitsch,\nzwei Modifikationen : der eigelben und der orangefarbenen, wobei die letztere nur in geringer Menge vorkam. Die eigelbe Modifikation stellt vier-, seltener sechseckige Tafeln vor, welche entweder lang und sehr schmal sind und gew\u00f6hnlich nadel-formige oder federbartartige Aggregate bilden oder aber breiter und dann treppenartig zusammengewachsen sind. Die Krystallo zeigen einen deutlichen Pleochroismus (lichtgelb und lichtgelblichgr\u00fcn \u00bb. Es wurden die Kantenwinkel: 68\u00b0, 127\u00b0 und 121\u00bb gemessen. Die Ausl\u00f6schungsrichtung bildet mit den Kanten: 2\u00b0, 20\u00b0, 81\u00b0 und 30\u00ae (f\u00fcr Na-Licht), den ersten Winkel gew\u00f6hnlich mit der k\u00fcrzeren Kante. Die zweite, orangefarbene Modifikation ist von k\u00fcrzeren viereckigen Tafeln mit einem Kantenwinkel von 71\u00b0 resp. 109\u00b0 vertreten; die l\u00e4ngere Kante ist h\u00e4ufig mit stachelf\u00f6rmigen Ans\u00e4tzen versehen, die der k\u00fcrzeren Kante parallel gelagert sind. Der Pleochroismus ist ganz deutlich (lichtgelb und dunkelgelb). Die Ausl\u00f6schungsrichtung bildet (f\u00fcr Na-Licht) mit der k\u00fcrzeren Kante 2\u00b0 innerhalb des spitzen Winkels und 21\u00b0 mit der l\u00e4ngeren Kante. H\u00e4ufig kommen Zwillinge vor, die dadurch entstehen, da\u00df je zwei Tafeln mit ihren k\u00fcrzeren Kanten verwachsen; der einspringende Winkel betr\u00e4gt 142\u00b0; bisweilen sind auch Drillinge zu beobachten. Die beiden untersuchten Modifikationen des Methylguanidinpikrats sind somit isomorph, unterscheiden sich aber voneinander scharf durch ihre Farbe, Ausbildung, Gruppierung und pleochroitische F\u00e4rbung. Sowohl die beiden Modifikationen einzeln genommen, w ie auch ihre Mischprobe zeigen genau denselben Schmelzpunkt, der bei 201,5\u00b0 liegt.\nDas Vorkommen von zwei Modifikationen des Methylguanidinpikrates erinnert an die \u00e4hnliche, von V. v. Cordier \u00bb) beim Guanidinpikrat beobachtete Erscheinung; der Verfasser betrachtet zwei Modifikationen des Guanidinpikrats als anti-und syn-Form. W\u00e4hrend aber beim Guanidinpikrat die Umwandlung der einen Form in die andere nur auf Umwegen und nur einseitig erzielt werden konnte, gehen dip beiden Modifikationen des Methylguanidinpikrats beim Umkrystallisieren unter verschiedenen Bedingungen teilweise ineinander \u00fcber und einmal\n*) Ghem. Zentralbl., 1906, I, S. 340.","page":474},{"file":"p0475.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. III. 475\ngelang es, durch eine ganz langsame Abk\u00fchlung einer hei\u00dfen, nicht ges\u00e4ttigten Aufl\u00f6sung der eigelben Modifikation dieselbe vollst\u00e4ndig in die orangefarbene \u00fcberzuf\u00fchren. Gew\u00f6hnlich kommen die beiden Formen des Methylguanidinpikrats nebeneinander vor, nur ist die Menge der orangefarbenen Modifikation eine ganz untergeordnete.\nWas den Methylguanidingehalt des Liebig\u2019sehen Fleischextrakts betrifft, so erhielt ich aus 500 g des Extraktes 1,9 g Methylguanidin als Nitrat und Pikrat, welch letzteres aus\u2019der Mutterlauge des auskrystallisierten Nitrats dargestellt wurde. In den Versuchen von Kutscher (a. a. 0.) war die Ausbeute an Methylguanidinnitrat gleich 4,5 g aus 1800 g Extrakt, resp. 1,5 g aus 450 g, was einem Gehalt von 0,07 g, resp. 0,90 g Methylguanidin entspricht. Nach Brieger (a. a. 0.) kommt das Methylguanidin nur im faulen Pferdefleisch, nicht aber im Irischen Pferde- und Rindfleisch vor. Da das Verfahren, nach welchem der Fleischextrakt laut den Angaben von \u00abD\u00e9p\u00f4t g\u00e9n\u00e9ral de la Liebig\u2019s Extract of Meat Compy L<L zu Antwerpen1) erhalten wird, die M\u00f6glichkeit einer bakteriellen Zersetzung des P leisches ausschlie\u00dft, so ist das Methylguanidin als ein entweder schon w\u00e4hrend des Lebens, was wahrscheinlicher zu sein scheint, oder h\u00f6chstens als ein durch postmortale autolytische Prozesse gebildetes Oxydationsprodukt des Kreatins resp. des Kreatinins zu betrachten.\nr\n') Mir die auf meine Nachfrage gemachten Angaben, die Bereitung des F Ieischextrakts betreffend, wie auch f\u00fcr die \u00dcberlassung eines gr\u00f6\u00dferen Quantums des Fixtraktes m\u00f6chte ich der genannten Firma auch an dieser Stelle meinen Dank abstatten.","page":475}],"identifier":"lit18330","issued":"1906","language":"de","pages":"471-475","startpages":"471","title":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. III. 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