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{"created":"2022-01-31T14:51:24.989906+00:00","id":"lit18343","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Carlson, C. E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 69-79","fulltext":[{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Die Guajakblutprobe und die Ursachen der Blauf\u00e4rbung der Guajaktinktur.\nVon\nC. E. Carlson, Lund.\n(Der Redaktion zugegangen am 12. April 1906.)\nDer Nachweis von Blut ist ja eine von mehreren Gesichtspunkten aus besonders wichtige Operation. Unter den Proben, die zur Ermittelung von Blut gang und g\u00e4be sind, d\u00fcrfte die chemisch-mikroskopische und die spektralanalytische Untersuchungsmethode nichts zu w\u00fcnschen \u00fcbrig lassen in bezug auf Zuverl\u00e4ssigkeit. Diese Proben sind jedoch mit der Handhabung besonderer Apparate verkn\u00fcpft und k\u00f6nnen ohne Aufwand von M\u00fche und Zeit nicht vorgenommen werden; auch fordern sie eine gewisse \u00dcbung und Gewohnheit.\nMan hat unter diesen Umst\u00e4nden als Vorprobe die sogenannte Guajakprobe angewendet, die besonders bequem auszuf\u00fchren ist und, was Empfindlichkeit betrifft, auch andre Proben hinter sich lassen d\u00fcrfte.\nDie Guajakprobe mit besonderer R\u00fccksicht auf den Nachweis von Blut im Urin wird nach Hammarsten1) in folgender Weise ausgef\u00fchrt: \u00abIn einem Reagenzrohre mischt man gleiche Volumina Guajaktinktur und alten Terpentin\u00f6les, welches an der Luft unter dem Einfl\u00fcsse des Lichtes stark ozonhaltig geworden ist. Zu diesem Gemenge, welches nicht die geringste Blauf\u00e4rbung zeigen darf, setzt man dann den zu untersuchenden Harn. Bei Gegenwart von Blut oder Blutfarbstoff tritt nun an der Ber\u00fchrungsstelle der Fl\u00fcssigkeiten erst ein blaugr\u00fcner und dann ein sch\u00f6n blauer Ring auf. Beim Umsch\u00fctteln wird das Gemenge mehr oder weniger sch\u00f6n blau. Normaler oder eiwei\u00df-\n*) Lehrbuch der Physiologischen Chemie von Olof Hammarsten.","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nC. E. Carlson,\nreicher Harn gibt diese Reaktion (bez\u00fcglich deren Ursache auf das Kap. 6, S. 169 verwiesen wird) nicht. Bei Gegenwart von Eiter kann der Harn, auch wenn kein Blut zugegen ist, mit dem Reagens eine blaue Farbe geben; in diesem Falle wird aber die Guajaktinktur allein, ohne Terpentin\u00f6l, von dem Harne blau gef\u00e4rbt (Vitali).1) Dies gilt wenigstens f\u00fcr eine Tinktur, welche einige Zeit der Einwirkung der Luft und des Tageslichtes ausgesetzt gewesen ist. Die bl\u00e4uende Wirkung des Eiters geht \u00fcbrigens zum Unterschied von derjenigen des Blutfarbstoffs verloren, wenn man den Harn zum Sieden erhitzt. Einen in Zersetzung begriffenen alkalischen Harn mu\u00df man vor Ausf\u00fchrung der Reaktion schwach ans\u00e4uern. Das Terpentin\u00f6l soll im Tageslichte, die Guajaktinktur dagegen in einer Flasche von dunklem Glase aufbewahrt werden. Die Brauchbarkeit der Reagenzien mu\u00df \u00fcbrigens mit einer bluthaltigen Fl\u00fcssigkeit kontrolliert werden. Diese Probe ist zwar bei positivem Erfolge nicht absolut entscheidend, weil auch andere Stoffe eine Blauf\u00e4rbung erzeugen k\u00f6nnen; dagegen ist sie bei richtigem Arbeiten so au\u00dferordentlich empfindlich, da\u00df, wenn sie negativ ausf\u00e4llt, jede andere Untersuchung auf Blut \u00fcberfl\u00fcssig und resultatlos wird.\u00bb\nWie aus obiger Beschreibung hervorgeht, ist die Probe mehr f\u00fcr ein negatives als f\u00fcr ein positives Resultat von Bedeutung. Unter diesen Umst\u00e4nden ist es von Wichtigkeit, die Bedingungen zu erfahren, die eine notwendige Voraussetzung f\u00fcr ein richtiges Ergebnis bilden. Das Ergebnis scheint in erster Linie von der Beschaffenheit des Terpentin\u00f6les abh\u00e4ngig zu sein; dieses soll, wie oben erw\u00e4hnt, stark ozonhaltig sein.\nIndessen sind keine Proben angef\u00fchrt (au\u00dfer gerade der mit Guajaktinktur -f Blut), die zeigen, wie stark ozonhaltig das Terpentin\u00f6l sein soll, damit es \u00fcberhaupt f\u00fcr die Probe in Frage kommen kann. Andererseits mu\u00df ja auch die Empfindlichkeit der Probe in hohem Ma\u00dfe hierauf beruhen.\nUnter diesen Umst\u00e4nden erscheint es \u00e4u\u00dferst w\u00fcnschenswert, das Terpentin\u00f6l durch einen anderen Stoff zu ersetzen, der stets zug\u00e4nglich und dessen exakte Zusammensetzung stets\n*) Vgl. Malys Jahresber., Bd. XVIII.","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Die Guajakblutprobe und die Ursachen der Blauf\u00e4rbung usw. 71\nbestimmt werden kann. Einen solchen Stoff habe ich gefunden im Wasserstoffperoxyd, dessen Verwendung als Ersatz f\u00fcr Terpentin\u00f6l mir sehr nahe zu liegen scheint. Eigent\u00fcmlich genug gibt es aber in der Literatur, soweit ich wenigstens finden kann, keinen Hinweis darauf.1)\nDie folgenden Untersuchungen m\u00f6gen zeigen, inwiefern Wasserstoffperoxyd f\u00fcr die genannten Zwecke dienlich ist.\nBei Untersuchung einer Urinprobe auf Blut erhielt ich mittels der He 11 er sehen Probe (Erhitzung mit Natronlauge) ein positives Resultat. Bei Ausf\u00fchrung der Guajakprobe und bei Anwendung von nach meiner Ansicht hinreichend \u00abozonhaltigem\u00bb Terpentin\u00f6le (das rohe Terpentin\u00f6l ist in der Regel mehr \u00f6der minder stark \u00abozonhaltig\u00bb), trat indessen die erwartete Reaktion nicht ein. Wurde dagegen das Terpentin\u00f6l durch einige Kubikzentimeter 3\u00b0/oiger Wasserstoffperoxydl\u00f6sung ersetzt, so war das Ergebnis eine deutliche Blauf\u00e4rbung der Mischung. Das Terpentin\u00f6l war somit zu wenig ozonhaltig.\nNun kam es darauf an, durch Versuche zu erfahren, inwiefern Wasserstoffperoxyd an und f\u00fcr sich das Verm\u00f6gen besitzt, allein die Guajaktinktur blau zu f\u00e4rben, und ob das Vorhandensein anderer Stoffe st\u00f6rend einwirken und dieselbe Reaktion wie Blut ergeben kann.\nZun\u00e4chst wurde festgestellt, da\u00df die Guajaktinktur nicht durch Wasserstoffperoxyd allein blau gef\u00e4rbt werden kann. So zeigte sowohl Guajaktinktur, die mehrere Jahre alt war, wie auch frisch zubereitete, bei Behandlung mit Wasserstoffperoxyd-i\u00f6sung von 3\u00b0/o und ebenso von 30\u00b0/o in der K\u00e4lte wie in der W\u00e4rme bei allen Konzentrationen nicht die geringste Blauf\u00e4rbung.\nDarauf wurden Versuche angestellt mit Urin von 4 verschiedenen Personen. Die Urinproben wurden mit Wasserstoffperoxyd und Guajaktinktur versetzt. In welchen Proportionen die Zusammenmischung nun auch geschah, eine Blauf\u00e4rbung fand nicht statt. Auch mit einem stark eiwei\u00dfhaltigen Urin wurde\n*) Nach Vollendung dieser Arbeit habe ich gesehen, da\u00df die Verwendung von Wasserstoffperoxyd anstatt Terpentin\u00f6ls keine Neuheit ist. Jedoch glaube ich, da\u00df eine n\u00e4here Er\u00f6rterung trotzdem f\u00fcr weitere Kreise von Interesse sein wird.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\nC. E. Carlson,\nein Versuch angestellt ganz in derselben Weise, aber mit negativem Resultate. Nichts scheint also dem Ersatz des Terpentin\u00f6les durch Wasserstoffperoxyd im Wege zu stehen. Aus dem folgenden ergibt sich im Gegenteil, da\u00df die Empfindlichkeit der Probe erheblich gesteigert wird.\nEin halber Kubikzentimeter frischen Ochsenblutes wurde im 1000 ccm aqua destillata aufgel\u00f6st. 1 ccm hiervon ergab mit Guajaktinktur -f- Wasserstoffperoxyd eine deutliche F\u00e4rbung. Bei Anwendung von Terpentin\u00f6l, und zwar von altem, welches einen Monat hindurch der Luft und dem Tageslichte ausgesetzt gewesen war, blieb die Reaktion bei ganz derselben Quantit\u00e4t Blutl\u00f6sung aus.\n\u00dcbrigens h\u00e4ngt das Resultat in sehr hohem Grade ab von der Manipulation bei der Mischung der verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten. Ich habe gefunden, da\u00df die Probe bedeutend versch\u00e4rft wird, wenn man beim Nachweis von Blut in einer L\u00f6sung von oben erw\u00e4hnter starker Verd\u00fcnnung in folgender Weise verf\u00e4hrt. 3 ccm wurden mit 2 ccm 3\u00ab/oiger Wasserstoffperoxydl\u00f6sung gemischt. Dieser Mischung wurde 1 ccm der Blutl\u00f6sung Va 01oo mittels einer Pipette zugesetzt, wobei die Fl\u00fcssigkeit in die L\u00f6sung hinabrinnen konnte, ohne da\u00df das Probierrohr gesch\u00fcttelt wurde. Dadurch da\u00df man dem Hinabrinnen der L\u00f6sung durch die im Probierrohr befindliche Mischung mit dem Auge folgt, kann man die Blauf\u00e4rbung sofort und deutlich beobachten. Sie sinkt allm\u00e4hlich zu Boden und bildet dort eine blaugef\u00e4rbte Schicht. Wird die Mischung dagegen umgesch\u00fcttelt, ohne da\u00df die oben erw\u00e4hnte Beobachtung gemacht wird, so wird die in diesem Falle schwache blaue Farbe von der gelben des Harzes bedeckt und die Reaktion tritt nicht deutlich hervor.\nUrin mit Va \u00b0/oo Blut versetzt verhielt sich in oben angegebener Weise.\nW\u00e4hrend in 1 ccm der Blutl\u00f6sung (Va \u00b0loo) noch nach Verlauf einer langen Zeit mit derselben Sch\u00e4rfe Blut nachgewiesen werden konnte, war das nicht der Fall mit dem aufbewahrten bluthaltigen Urin. In dem Ma\u00dfe, wie dieser sich zersetzte, nahm die Nachweisbarkeit von Blut darin ab. Schlie\u00dflich konnte das Blut in dieser Verd\u00fcnnung nicht mehr nachgewiesen","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Die Guajakblutprobe und die Ursachen der Blauf\u00e4rbung usw. 73\nwerden. S\u00e4urezusatz unterst\u00fctzte die Reaktion nicht. Andererseits konnte eingetrocknetes Blut auf verschiedenen Gegenst\u00e4nden von Leinen, Holz oder Metall auch nach langer Zeit mit unverminderter Sch\u00e4rfe in der obenerw\u00e4hnten Weise mit Hilfe von Wasserstoffperoxyd nachgewiesen werden.\nIch will jetzt mit einigen Worten erw\u00e4hnen, welches die Ursachen der Blauf\u00e4rbung der Guajaktinktur sind, und die Verh\u00e4ltnisse besprechen, die hiermit Zusammenh\u00e4ngen.\nWas nun zun\u00e4chst das Blut betrifft, so ergibt sich die Auffassung \u00fcber das Wesen dieser Blauf\u00e4rbung aus folgenden Worten Hammarstens: \u00abDas Oxyh\u00e4moglobin wirkt ebensowenig wie die anderen Blutfarbstoffe direkt oxydierend auf Guajaktinktur. Dagegen hat es, wie alle eisenhaltigen1) Blutfarbstoffe, die F\u00e4higkeit, als sogenannter \u00abOzon\u00fcbertr\u00e4ger\u00bb bei gleichzeitiger Anwesenheit von ozonhaltigen Reagenzien, wie Terpentin\u00f6l, Guajaktinktur, zu bl\u00e4uen.\u00bb2)\nIm folgenden werde ich zeigen, da\u00df eine andere Auffassung dieses Oxydationsverlaufes berechtigt sein kann. Was besonders das Verhalten des Ozons zur Guajaktinktur betrifft, so findet man allgemein angegeben, da\u00df das Ozon die Guajaktinktur blau f\u00e4rbt. Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Gie\u00dft man in ein Voltameter, das eine U-f\u00f6rmige R\u00f6hre darstellt, deren Schenkel je 25 ccm Rauminhalt haben, und mit Elektroden aus Platina versehen sind, verd\u00fcnnte (10\u00b0/oige) Schwefels\u00e4ure und setzt man dann das Voltameter in leitende Verbindung mit einer elektrischen Batterie, so bildet sich bekanntlich an der Anode Ozon.3) Schichtet man auf die Schwefels\u00e4ure Guajaktinktur der Elektrode der Anode m\u00f6glichst nahe, so sollte ja eigentlich die Guajaktinktur, wenn sie durch Ozon oxydiert wird, blau gef\u00e4rbt werden. Aber weder die von der S\u00e4ure unber\u00fchrte Tinktur noch die, die bei der \u00dcberschichtung teilweise damit vermischt worden ist, nimmt die -geringste Farben\u00e4nderung an, auch nicht nach lang dauernder Einwirkung durch den elektrischen Strom. Biege ich dagegen \u00fcber die Anodenschenkel ein Jodkalium-\n*) Im Original nicht gesperrt gedruckt.\n*) Hammarsten, Lehrbuch der Physiolog. Chemie, S. 169.\n8) Siehe H. Erdmann, Lehrbuch der anorgan. Chemie, S. 99.","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nC. E. Carlson,\nSt\u00e4rkepapier, so wird dieses nach kurzer Zeit blau gef\u00e4rbt, welches zeigt, da\u00df wirklich Ozon gebildet wird.\nMan darf somit nicht sagen, da\u00df die Blutfarbstoffe als \u00abOzon\u00fcbertr\u00e4ger\u00bb wirken, da die Guajaktinktur selbst durch Ozon nicht blau gef\u00e4rbt werden kann. Durch die folgenden Beobachtungen wird auch die Behauptung widerlegt, da\u00df altes Terpentin\u00f6l ein ozonhaltiges Reagens ist.\nDiese Behauptung findet eine St\u00fctze in'dem Verhalten des Terpentin\u00f6ls zu den Eisenoxydulsalzen.\nEine bekannte Sache ist, da\u00df Eisenverbindungen die Guajaktinktur blau f\u00e4rben. Doch findet man leicht, da\u00df diese Eigenschaft nur den sogenannten Oxydsalzen zukommt; bei den Oxydulsalzen bleibt die Blauf\u00e4rbung aus.\nAber wenn man einem Eisenoxydulsalz, das mit Guajaktinktur vermischt ist, Terpentin\u00f6l oder Wasserstoffperoxyd zusetzt, so tritt augenblicklich Blauf\u00e4rbung der Guajaktinktur ein. Terpentin\u00f6l und Wasserstoffperoxyd zeigen somit ein v\u00f6llig gleiches Verhalten zu den Oxydulsalzen gegen\u00fcber der Guajaktinktur. Die letztere ist auch ein besonders kr\u00e4ftiges Oxydationsmittel f\u00fcr Eisenoxydulsalze. Wird eine Eisenoxydulsulfatl\u00f6sung mit Terpentin\u00f6l zusammengesch\u00fcttelt, sei sie alt oder frisch destilliert, so tritt fast sofort die Gelbbraunf\u00e4rbung der Ferro-sulfatl\u00f6sung ein unter Bildung von Ferrisalz.\nWenn anderseits eine Ferrosulfatl\u00f6sung der Elektrolyse unterworfen wird, so tritt keine Gelbbraunf\u00e4rbung an der Anode ein, wo Ozon und Sauerstoffgas in statu nascendi vorhanden ist. Auch nach mehrst\u00fcndiger Einwirkung des galvanischen Stromes behielt die Fl\u00fcssigkeit an der Anode (die Elektrolyse wurde in der obenerw\u00e4hnten U-f\u00f6rmigen R\u00f6hre ausgef\u00fchrt) ihre lichtgr\u00fcne F\u00e4rbung. Die Verschiedenheit des Oxydationsverlaufes in dem einen und dem andern Falle ist ebenso in die Augen fallend wie die Gleichheit bei der Oxydation mit Wasserstoffperoxyd und Terpentin\u00f6l. Da man nun bei der ersteren niemals Ozon im Oxydationsverlaufe hat nachweisen k\u00f6nnen, so ist anzunehmen, da\u00df Ozon nicht die Ursache der Oxydation der Ferrosulfatl\u00f6sung ist, wenn Terpentin\u00f6l dazu verwendet wird. Ein anderer Schlu\u00df, der aus dem Oxydationsverlauf des Eisenoxyd-","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Die Guajakblutprobe und die Ursachen der Blauf\u00e4rbung usw. 75\nsulfats gezogen werden kann, wegen der langsam verlaufenden Oxydation bei der Elektrolyse und der glatt verlaufenden mit Wasserstoffperoxyd und Terpentin\u00f6l, soll hier nicht n\u00e4her er\u00f6rtert werden, da er au\u00dferhalb des Rahmens dieser Arbeit liegt.\nNachdem obige Beobachtungen \u00fcber den Ozongehalt des Terpentin\u00f6ls gemacht worden waren, finde ich in einer umfassenden Arbeit von C. Engler und J. Weissberg: \u00abKritische Studien \u00fcber die Vorg\u00e4nge der Autooxydation\u00bb meine Ansichten best\u00e4rkt. Die Verfasser \u00e4u\u00dfern als Schlu\u00dfresultat der Untersuchung \u00fcber \u00abozonisiertes\u00bb Terpentin\u00f6l folgendes (Seite 73): \u00abNach unseren Untersuchungen1) besteht der aktivierte Sauerstoff des Terpentin\u00f6ls weder aus Ozon noch aus atomistischem Sauerstoff\u00bb.\nWie aus obigem also hervorgeht, wird die Guajaktinktur weder durch den Sauerstoff der Luft noch durch Ozon oder Sauerstoff in statu nascendi oxydiert oder blau gef\u00e4rbt. Man kann hier mit Recht die Frage aufwerfen, welches ist die Ursache der Oxydation?\nEine Antwort hierauf kann nur gefunden werden durch Versuche mit Stoffen bekannter Konstitution, welche die Guajaktinktur blau f\u00e4rben. Diese Reaktion ist ja an und f\u00fcr sich von geringem Interesse, aber in Zusammenhang mit dem Blute, zu dem die Guajaktinktur in einem ganz eigent\u00fcmlichen Verh\u00e4ltnisse steht, wird die Reaktion in hohem Grade interessant. Es gilt zu entscheiden, inwiefern auf Grund der gewonnenen Resultate eine Aufkl\u00e4rung \u00fcber die im tierischen K\u00f6rper verlaufenden Oxydationen erreicht werden kann. Diese wichtigen Vorg\u00e4nge sind ja noch ganz in Dunkel geh\u00fcllt. Von diesem Gesichtspunkte aus habe ich folgende Untersuchungen angestellt. Auch wenn die von mir aus den Ergebnissen gezogenen Schl\u00fcsse sich als nicht haltbar erweisen sollten, d\u00fcrfte gleichwohl der experimentelle -Teil der Untersuchung der Mitteilung wert sein.\nWie oben gesagt, haben die Eisenverbindungen die F\u00e4higkeit, unter gewissen Umst\u00e4nden Guajaktinktur blau zu f\u00e4rben. Da hierzu kommt, da\u00df nur eisenhaltige Blutfarbstoffe die\n*) Vgl. auch Engler und Weissberg, Ber. der Deutsch, chem. Gesellsch., Bd. XXXI, S. 3046.","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nC. E. Garlaon,\nF\u00e4higkeit der Blauf\u00e4rbung besitzen, so k\u00f6nnte man aus diesem Grunde geneigt sein, anzunehmen, da\u00df das Eisen auf die eine oder andere Weise die Ursache der Blauf\u00e4rbung sei. Eine solche Vermutung ist auch ausgesprochen worden. Zun\u00e4chst mu\u00df somit entschieden werden, wie es sich hiermit verh\u00e4lt. Die Untersuchung ergab ein negatives Resultat. Da sich gleichwohl gewisse Schl\u00fcsse aus der Untersuchung \u00fcber die Blauf\u00e4rbung der Guajaktinktur bei Vorhandensein von Eisenoxydsalzen ziehen lassen, so gehe ich hier etwas n\u00e4her darauf ein.\nBei Behandlung eines Eisenoxydsalzes mit Guajaktinktur findet man, da\u00df die Blauf\u00e4rbung bei der geringsten Spur von Oxydsalz eintritt. Wenn ein Tropfen einer Eisenchloridl\u00f6sung, die 10\u00b0/o Eisen enth\u00e4lt, 2500 ccm destilliertem Wasser zugesetzt wird, so erzeugt 1 ccm hiervon zwar eine geringe, aber doch wahrnehmbare Blauf\u00e4rbung mit Guajaktinktur. Nach einer Berechnung enthielt 1 ccm dieser L\u00f6sung 0,00264 mg Fe.\nW\u00e4re nun das Eisen allein im Blute die Ursuche der Blauf\u00e4rbung der Tinktur, so m\u00fc\u00dfte das Eisen, wenn man es aus einer gewissen Quantit\u00e4t Blut entfernt und in Oxydsalz \u00fcberf\u00fchrt, auf die Guajaktinktur mit derselben Sch\u00e4rfe reagieren wie das mit Wasser stark verd\u00fcnnte Blut. Doch so verh\u00e4lt es sich nicht, wie ich zeigen werde.\n100 g Ochsenblut werden zur Trockne verdunstet. Der Rest von 15,7 g Trockensubstanz wurde gegl\u00fcht, der R\u00fcckstand wurde in kleinen Mengen mit warmem Wasser behandelt, das dabei stark alkalisch wurde. Ein rotbrauner Niederschlag war sichtbar, er wurde gesammelt und gewaschen. Das Filtrat war eisenfrei. Das Filter wurde verbrannt und das Eisen wurde durch Behandlung mit HC1-|-H202 aufgel\u00f6st, wobei sich eine vollkommen klare, rotgelbe L\u00f6sung von FeCl3 ergab. Die Salzs\u00e4ure wurde durch Abdunstung entfernt, worauf der R\u00fcckstand im Wasser zu 100 g aufgel\u00f6st wurde.\nDa ich zuvor gezeigt habe, da\u00df in 1 ccm einer Blutl\u00f6sung von Va %o das Vorhandensein von Blut durch Guajaktinktur nachgewiesen werden kann, so w\u00fcrde, wenn das Eisen allein die Ursache der Reaktion w\u00e4re, in der oben erw\u00e4hnten Eisenchloridl\u00f6sung, die aus dem Eisen des Blutes erhalten wurde, bei","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Die Guajakblutprobe und die Ursachen der Blauf\u00e4rbung usw.\n77\neiner Verd\u00fcnnung mit 200000 Teilen Wasser die Reaktion mit 1 ccm zustande kommen. Wie aber auch verfahren wurde, die Reaktion blieb aus.\nDurch Rerechnung des Eisengehaltes der verschiedenen L\u00f6sungen kann man den Unterschied ersehen. 1000 g Blut (Ochse) enthalten nach den Literaturangaben 0,544 g Eisenoxyd. Wird Os g Blut in 1000 ccm Wasser gel\u00f6st, so findet sich in 1 ccm hiervon 0,00019 mg Fe. Wie oben gezeigt, reagiert jedoch die Guajaktinktur schon mit 0,00264 mg Fe nicht mehr.\nWie empfindlich die Reaktion somit auch f\u00fcr Eisen ist, so kann dieses doch nicht an und f\u00fcr sich die Ursache derjenigen Reaktion sein, welche bei der Behandlung des Blutes mit Wasserstoffperoxyd und Guajaktinktur entsteht.\nIch gehe nun \u00fcber zu den Schlu\u00dfs\u00e4tzen, die man betreffs der Ursachen der Blauf\u00e4rbung der Guajaktinktur aus ihrem Verhalten zu den Eisenoxydsalzen ziehen kann.\nDiese werden im allgemeinen bei ihrer Aufl\u00f6sung im Wasser hydrolysiert, so da\u00df Eisenoxydhydrat, Fe(OH)3, gebildet wird, das sich bei der Aufl\u00f6sung in kolloidalem Zustande befindet. Die Bildung von Eisenoxydhydrat bedingt auch die gelbe bis braunrote F\u00e4rbung dieser Salze in L\u00f6sung, da die Ferri-Ionen fast farblos sind. Wird der L\u00f6sung eines Ferrisalzes eine S\u00e4ure hinzugesetzt, so wird die Hydrolyse zur\u00fcckgedr\u00e4ngt, das abgespaltene Eisenoxydhydrat wird teilweise in Ion bzw. Salz \u00fcbergef\u00fchrt und die L\u00f6sung verliert zum gro\u00dfen Teil ihre rotbraune F\u00e4rbung. Nun zeigte es sich, da\u00df in sauren Eisenchloridl\u00f6sungen die Reaktion mit Guajaktinktur wesentlich geschw\u00e4cht wurde oder v\u00f6llig ausblieb. Ich kam hierdurch zu der Annahme, da\u00df die Hydroxylgruppen die Veranlassung zur Blauf\u00e4rbung der Guajaktinktur seien ; denn auch eine durch Dialyse bereitete kolloidale Eisenoxydhydratl\u00f6sung f\u00e4rbte sich stark.\nSind die Hydroxylgruppen des Eisenhydrates die Ursachen der Blauf\u00e4rbung, so mu\u00df Eisenoxydhydrat in Substanz auch die Tinktur blau f\u00e4rben. Dieses best\u00e4tigte sich. Frisch bereitet und gut ausgewaschen, ergab es, wenn es der Guajaktinktur zugesetzt wurde, in der K\u00e4lte keine Blauf\u00e4rbung, aber eine auch nur geringe Erw\u00e4rmung der L\u00f6sung hatte starke Blauf\u00e4rbung","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nC. E. Carlson,\nzur Folge. Anderseits ergab sieh auch bei lange andauernder Erw\u00e4rmung bei Behandlung von Guajaktinktur mit Eisenoxydhydrat, welches zwischen L\u00f6schpapier getrocknet und einige Zeit hindurch aufbewahrt war, keine Blauf\u00e4rbung. Wie bekannt, wird dieses beim Trocknen umgewandelt und man hat dann keinen Stoff mehr, welcher der Formel Fe(OH)3 entspricht.\nWenn die Hydroxylgruppen weiter die Ursache der Blauf\u00e4rbung sind, so m\u00fcssen die anderen Salze, deren w\u00e4sserige L\u00f6sungen denen der Eisenoxydsalze gleichartig beschaffen sind, gleichfalls Blauf\u00e4rbung verursachen. Eine solche L\u00f6sung ist die Aluminiumsubacetatl\u00f6sung der Pharmakopoen. Diese enth\u00e4lt au\u00dfer dem normalen Acetat, A1(CH3C02)3, neben Aluminium-\n2/\u00e4-acetat, AI^qq^ und Vs-acetat, AI^h^c\u00f6,), wahrscheinlich\nauch Aluminiumoxydhydrat, A1(0H)3, in kolloidaler L\u00f6sung. Wie im voraus angenommen war, f\u00e4rbte diese L\u00f6sung die Guajaktinktur blau. Ebenso verhielt es sich mit Bleiessig, der eine basische Bleiacetati\u00f6sung darstellt.\nEine weitere St\u00fctze f\u00fcr die Richtigkeit meiner Behauptungen d\u00fcrfte folgendes bieten.\nWird eine Magnesiumsulfatl\u00f6sung elektrolysiert, nachdem sie mit Guajaktinktur versetzt worden ist, so erh\u00e4lt man, wie oben angegeben, keine Blauf\u00e4rbung an der Anode, an der Kathode dagegen tritt eine gr\u00fcnblaue F\u00e4rbung der Mischung hervor.\nDie Erkl\u00e4rung w\u00fcrde folgende sein. Nach der Dissoziationstheorie wird das Magnesium-Ion an der Kathode abgetrennt. Elektrolytisch von seiner Salzl\u00f6sung abgeschieden, zersetzt es indessen Wasser in der Weise, da\u00df Mg(OH)2 gebildet wird. Aus diesem Grunde stellt der Kathodenraum folgende Mischung dar: MgS04-)-Mg(0H)2, eine Mischung, die demnach vergleichbar ist mit den durch Hydrolyse entstandenen, zuvor erw\u00e4hnten Verbindungen, die die F\u00e4higkeit besa\u00dfen, die Guajaktinktur blau zu f\u00e4rben. Da man zudem wei\u00df, da\u00df die Hydroxylgruppen hier bei der Bildung von Mg(OH)2 in statu nascendi vorhanden sind, so ist die F\u00e4rbung der Guajaktinktur an der Kathode erkl\u00e4rlich.\nMan ist somit auf Grund dieser Untersuchung zu der Annahme berechtigt, da\u00df die Hydroxylgruppen molekular gebunden","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Die Guajakblutprobe und die Ursachen der Blauf\u00e4rbung usw. 79\n(nicht Hydroxyl-Ionen: Kalihydrat f\u00e4rbt nicht blau), durch direkte Addition die Guajaktinktur blauf\u00e4rben k\u00f6nnen.\nAndere Stoffe, die mit au\u00dferordentlicher Sch\u00e4rfe die Guajaktinktur blau f\u00e4rben, sind die Nitrite. Wird z. B. Guajaktinktur mit einer Kaliumnitritl\u00f6sung gemischt, so entsteht keine Blauf\u00e4rbung, wird aber eine S\u00e4ure hinzugesetzt, so tritt die Blauf\u00e4rbung scharf hervor. Ebenso verh\u00e4lt es sich, wenn anstatt einer S\u00e4ure Wasserstoffperoxyd hinzugesetzt wird. Diese Verbindungen zeigen demnach insofern eine mit Blut zu vergleichende Wirkung, da\u00df sie erst nach Zusatz von Wasserstoffperoxyd die Tinktur blau f\u00e4rben. Da nun die Sch\u00e4rfe sehr bedeutend ist, 0,001 mg KN02 konnte in dieser Weise in 1 ccm Wasser nachgewiesen werden, hielt ich eine Untersuchung auf vielleicht im Blute vorhandene Nitfite nicht f\u00fcr unn\u00f6tig. Wie zu erwarten war, fielen die Versuche indessen negativ aus.\nAuch andere Versuche mit anorganischen Verbindungen schienen zu beweisen, da\u00df ihr Vorhandensein im Blute nicht die Ursache der Blauf\u00e4rbung sein konnte, sondern man mu\u00df annehmen, da\u00df diese auf der Gegenwart einer organischen Verbindung beruht, die nach allem zu urteilen ein wesentlicher Bestandteil des Blutes ist.\nIn diesem Zusammenhang mag auch erw\u00e4hnt sein, da\u00df Speichel ebenfalls die F\u00e4higkeit hat, bei Vorhandensein von Wasserstoffperoxyd Guajaktinktur blau zu f\u00e4rben. Bringt man i/a\u2014l ccm Speichel in einem Reagenzrohre zusammen mit 1 ccm Guajaktinktur, so entsteht keine Blauf\u00e4rbung, nicht einmal bei Erw\u00e4rmung, aber nach Zusatz einiger Tropfen Wasserstoffperoxyd wird die Mischung sofort blau gef\u00e4rbt.\nStellt man zum Schl\u00fcsse die bei den Untersuchungen gewonnenen Resultate zusammen, so k\u00f6nnen folgende Schl\u00fcsse gezogen werden:\n1.\tBei Vornahme der Guajakblutprobe ist dem \u201eozonhaltigen\u201c Terpentin\u00f6l das Wasserstoffperoxyd (3\u00b0/o) vorzuziehen; dieses \u00fcbt dieselbe Wirkung aus wie Terpentin\u00f6l, aber es ergibt eine sicherere und kr\u00e4ftigere und demzufolge sch\u00e4rfere Reaktion.\n2.\tTerpentin\u00f6l, auch altes, das der Luft und dem Lichte ausgesetzt gewesen ist, enth\u00e4lt kein Ozon und kann dieses infolge","page":79}],"identifier":"lit18343","issued":"1906","language":"de","pages":"69-79","startpages":"69","title":"Die Guajakblutprobe und die Ursachen der Blauf\u00e4rbung der Guajaktinktur","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:51:24.989912+00:00"}