Open Access
{"created":"2022-01-31T13:41:05.160778+00:00","id":"lit18351","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schittenhelm, Alfred","role":"author"},{"name":"Ernst Bendix","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 140-144","fulltext":[{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"Vergleichende Untersuchungen \u00fcber die Purink\u00f6rper des Urins beim Schwein, Rind und Pferd.\nBemerkungen \u00fcber die Guaningicht der Schweine.\nVon\nAlfred Schittenhelm und Ernst Bendix.\n(Der Redaktion zugegangen am 4. Mai 1906.)\nIn einer fr\u00fcheren Arbeit1) hat der eine von uns vergleichend dar\u00fcber berichtet, wie sich die Fermente von Organextrakten des Schweines, Rindes und Pferdes den Purinbasen gegen\u00fcber verhalten. W\u00e4hrend dieselben die desamidierende F\u00e4higkeit, wodurch Adenin in Hypoxanthin und Guanin in Xanthin umgewandelt werden, gemeinsam hatten, gelang die \u00dcberf\u00fchrung von Xanthin und Hypoxanthin in Harns\u00e4ure bei Anwendung der Extrakte von Schweineorganen nicht in dem Ma\u00dfe wie bei Anwendung von Extrakten der entsprechenden Rinderorgane resp. konnte \u00fcberhaupt nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Auch die \u00dcberf\u00fchrung des Guanins in Xanthin ging scheinbar erheblich schwerer von statten.\nEine \u00e4ltere Untersuchung von Pecile2) erbrachte f\u00fcr den Urin gichtkranker Schweine den Nachweis, da\u00df darin Xanthin und Guanin in erheblichen Mengen enthalten waren, w\u00e4hrend Harns\u00e4ure darin v\u00f6llig fehlte. Somit lag beim Vergleich dieses Urinbefundes mit den Organextraktversuchen die Vermutung nahe, da\u00df im Organismus des Schweines der Purinstoffwechsel \u00fcberhaupt weniger intensiv vor sich geht, wie bei anderen Tierspezies und da\u00df das Guanin nur zu einem Teil abgebaut wird, der gr\u00f6\u00dfte Teil aber als solches zur Ausscheidung mit dem Urin kommt. Eine Entscheidung konnte die Untersuchung des normalen Schweineurins bringen. Wir haben dieselbe soweit durchgef\u00fchrt, da\u00df wir einen Einblick in die Ausfuhr der Amino-und Oxypurine erhielten, und gefunden, da\u00df der Urin des Schweines relativ gr\u00f6\u00dfere Mengen von Harns\u00e4ure enth\u00e4lt; daneben fanden\nl) Schittenhelm, Der Nucleinstoffwechsel und seine Fermente bei Mensch und Tier. Diese Zeitschrift, 1905, Bd. XLVI, S. 354.\n*) Annal, der Chem., 1876, Bd. CLXXXIII, S. 141.","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"Vergleichende Untersuchungen \u00fcber die Purink\u00f6rper des Urins usw. 141\nsich Xanthin und Hypoxanthin in kleineren, Adenin und Guanin in geringen Mengen. Es war also damit erwiesen, da\u00df die Endprodukte des NucleinstoffWechsels beim Schweine dieselben sind, wie die bei anderen Tierspezies.\nNunmehr liegt es nahe, den Befund Peciles am gicht-kranken Schweine als pathognomonische Erscheinung aufzunehmen. Durch Virchows1) Untersuchungen ist zum ersten Male festgestellt, da\u00df es sich bei der Gicht der Schweine um Ablagerungun von Guanin in den Geweben, speziell dem Muskel und Knorpel, handelt; auch die Leber soll Guaninherde enthalten haben. Mendelson2) hatte \u00e4hnliche Beobachtungen zu verzeichnen. Es handelt sich also offenbar um ein Analogon zu den uratischen Ablagerungen bei der menschlichen Gicht. Diese histologischen Befunde werden durch die Urinbefunde erg\u00e4nzt und erkl\u00e4rt. W\u00e4hrend das normale Schwein imstande ist, die Hauptmenge der Purink\u00f6rper in Harns\u00e4ure umzuwandeln, wenn auch vielleicht nur in beschr\u00e4nktem Ma\u00dfe \u2014 diesbez\u00fcgliche Untersuchungen behalten wir uns vor \u2014, ist beim gicht-kranken Schweine diese F\u00e4higkeit, wenigstens soweit sie das Guanin anbelangt, vermindert oder aufgehoben. Das mangelhaft umgesetzte Guanin kreist in relativ gr\u00f6\u00dferer Menge als normal und gelangt darum da und dort in den Geweben zur Ausscheidung. Letztere wird beg\u00fcnstigt durch die \u00fcberaus schwere L\u00f6slichkeit des Guanins.\nWas das quantitative Verh\u00e4ltnis zwischen Harns\u00e4ure und Purinbasen im Schweineurin anbelangt, so geht aus unseren diesbez\u00fcglichen Untersuchungen hervor, da\u00df die Menge der Purinbasen gr\u00f6\u00dfer ist, wie die der Harns\u00e4ure. Die Basenmenge steigt beim Hungertier erheblich an. Beim Kinde ist das Verh\u00e4ltnis ungef\u00e4hr wie beim Menschen, viel Harns\u00e4ure und wenig Basen. Beim Pferde dagegen haben wir h\u00f6chst auffallende Re-\n*) Virchow, \u00dcber Konkretionen im Schweinefleisch, welche wahrscheinlich aus Guanin bestehen. Virch.-Arch., 1866, Bd. XXXV, S. 358; die Guaningicht der Schweine. Virch.-Arch., 1866, Bd. XXXVI, S. 147\n*) Mendelson, W., On Guanin pont in the hop, and its relations to the Sodium urat pont of man. The Americ. Journ. of the medical sciences, Febr. 1888, S. 109. N\u00e4heres s. Ebstein, W., Die Natur und Behandlung der Gicht. Wiesbaden 1906, S. 93.","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nAlfred Schittenhelm und Ernst Bendix,\nsultate erzielt, indem die Menge der Purinbasen 7\u20148 mal so gro\u00df sich herausstellte, wie die der Harns\u00e4ure. Wir betrachten diese Feststellungen nur als vorl\u00e4ufige Untersuchungen und verzichten auf jegliche Schlu\u00dffolgerung, umsomehr, als wir, mit einer Ausnahme, immer nur Urin von Schlachthaustieren analysierten. Eines aber scheint uns schon jetzt klar zu sein, da\u00df n\u00e4mlich aus den wenigen Urinuntersuchungen, in \u00dcbereinstimmung mit der von dem einen von uns1) schon fr\u00fcher ge\u00e4u\u00dferten Beobachtung, hervorgeht, da\u00df der Purinstoffwechsel der verschiedenen Tierarten wesentliche Unterschiede aufzuweisen hat.\nExperimenteller Teil.\nVersuch I.\nAus 8 1 Schweineurin, auf dem Schlachthof gesammelt, werden die Purink\u00f6rper mit der Kupfersulfat-Bisulfitf\u00e4llung herausgeholt, die Kupferverbindungen mit Schwefelwasserstoff zerlegt und das Filtrat salzsauer eingeengt.\nBeim Erkalten fallen 2,7 g einer die Murexidprobe sehr stark gebenden Substanz aus, welche sich bei der Analyse als Harns\u00e4ure erweist.\n0,15 g Substanz verbrauchten 35,4 ccm \u2018/lo-Normalsalzs\u00e4ure. Verlangt f\u00fcr C6H4N403: 33,33 \u00b0/o N Gefunden:\t33,04\u00b0/o \u00bb\nDas Filtrat der Harns\u00e4ure wird mit NH3 \u00fcbers\u00e4ttigt und einen Tag stehen gelassen. Danach waren 0,26 g ausgefallen. Dieselben werden in Natronlauge gel\u00f6st und mit Eisessig wieder ausgef\u00e4llt. Danach wurden 0,06 g Substanz erhalten, welche durch ihre Krystallform als salzsaures Salz mit gro\u00dfer Wahrscheinlichkeit als Guanin identifiziert wurde.\nDas Filtrat wurde wieder mit Kupfersulfat-Bisulfit gef\u00e4llt, die Kupferverbindungen mit H\u00e4S zerlegt und das Filtrat HC1-sauer eingedampft. Gesamtmenge 1,05 g. Diese wurde nach Kr\u00fcger und Salomon weiter untersucht.\na) Ungel\u00f6stes = 0,4 g.\nIns Nitrat verwandelt = 0,47 g, dieses in verd\u00fcnntem Ammoniak gel\u00f6st und einige Zeit stehen gelassen. Das Gel\u00f6ste\n*) Schittenhelm, 1. c.","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Vergleichende Untersuchungen \u00fcber die Purink\u00f6rper des Urins usw, 143\nabfiltriert und eingedampft. Nach Wegdampfen des Ammoniaks kommt das Xanthin in typischen Schollen zum Vorschein. Positive Xanthinproben. Menge = 0,175 g.\n0,114 g Substanz verbrauchten 29,8 ccm Vio-Normalsalzs\u00e4ure. Verlangt f\u00fcr C6H4N40,: 36,84 \u00b0/o N Gefunden:\t36,69 \u00b0/o \u00bb\nIn den verschiedenen Filtraten noch reichliche Abscheidung von Purink\u00f6rpern bei der Silberf\u00e4llung,1) welche aber vorl\u00e4ufig nicht weiter untersucht wurde.\nb) Gel\u00f6stes in w\u00e4sseriger L\u00f6sung mit pikrinsaurem Natrium gef\u00e4llt. Erhalten 0,05 g Adeninpikrat in typischer Krystall-form. Schmelzpunkt 279 \u00b0.\nIm Filtrat Kupferf\u00e4llung. Die Kupferverbindungen mit H2S zerlegt, das Filtrat mit Tierkohle entf\u00e4rbt und eingedampft. Der R\u00fcckstand in ca. 50 ccm 10\u00b0/oiger Salpeters\u00e4ure gel\u00f6st und eingeengt. Beim Erkalten kommen zahlreiche gro\u00dfe, wezstein-f\u00f6rmige Krystalle zum Vorschein, Menge = 0,53 g. Dieselben l\u00f6sen sich prompt in Wasser. Bei der Abstumpfung der Salpeters\u00e4ure kommt es schnell zu einem dicken Niederschlag, welcher aus knolligen Dr\u00fcsen (Dumbells) und Stechapfelformen mit kleinen herauswachsenden N\u00e4delehen besteht. Die Menge des Niederschlags ist 0,25 g. Es lag Hypoxanthin vor.\n0,1524 g Substanz verbrauchten 44,8 ccm \u2018/io-Normalsalzs\u00e4ure. Verlangt f\u00fcr C6H4N40: 41,17\u00b0/oN Gefunden:\t41,15a/o \u00bb\nIn den verschiedenen Filtraten noch reichlich Purinbasen, wie eine Silberf\u00e4llung1) zeigte. Sie wurden jedoch nicht weiter verarbeitet.\nVersuch II.\nVon einem in der Stallung der Klinik gehaltenen Schweine, welches sehr reichlich mit Brot, Milch und Fleischabf\u00e4llen gen\u00e4hrt wurde, wurde an einem Tage der Morgenurin, ca. 2300 ccm, gesammelt. Zur Bestimmung der Harns\u00e4ure und der Purinbasen wurde hier und in den folgenden Versuchen die Methode Kr\u00fcger und Schmid angewandt.\nl) Die methylierten Purine, welche den wesentlichen Bestandteil der beiden Endf\u00e4llungen ausmachen m\u00fcssen, waren f\u00fcr die vorliegende Frage ohne Interesse, weshalb ihre Bestimmung unterblieb. 2-Amino-6-8-Dioxypurin und 6-Amino-2-8-Dioxypurin wurden nicht gefunden.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144 Schittenhelm u. Bendix, Untersuchungen \u00fcber Purink\u00f6rper usw. Gefunden: 0,01 g Harns\u00e4ure\n0,0048 g Purinbasenstickstoff, als Harns\u00e4ure berechnet also 0,0144 g Purinbasen.\nVersuch III.\na)\t2000 ccm, auf dem Schlachthof aus den Harnblasen von 6 Schweinen gesammelt. Reaktion schwach sauer, kein Eiwei\u00df.\nGefunden: 0,059 g Harns\u00e4ure\n0,088 \u00bb Purinbasenstickstoff, als Harns\u00e4ure berechnet also 0,264 g Purinbasen.\nb)\t1450 g Urin von 6 geschlachteten Schweinen, aus der Blase entnommen. Saure Reaktion, kein Eiwei\u00df.\nGefunden : 0,035 g Harns\u00e4ure\n0,025 \u00bb Basenstickstoff, als Harns\u00e4ure berechnet also 0,075 g Purinbasen.\nBei diesen Schlachthofschweinen kann laut Auskunft angenommen werden, da\u00df sie ca. 24 Stunden nichts gefressen und nichts gesoffen hatten.\nVersuch IV.\na)\t1800 ccm Rinderurin, auf dem Schlachthof von 4 Rindern gewonnen; alkalische Reaktion, eiwei\u00dffrei.\nGefunden : 0,321 g Harns\u00e4ure\n0,005 \u00bb Basenstickstoff, als Harns\u00e4ure berechnet also 0,015 g Purinbasen.\nb)\t1600 ccm alkalischer Rinderharn, ebenso gesammelt. Gefunden: 0,18 g Harns\u00e4ure\n0,005 g Basenstickstoff, als Harns\u00e4ure berechnet also 0,015 g. Versuch V.\na)\t2200 ccm Pferdeurin, beim Schlachten von 4 Pferden gesammelt, amphotere Reaktion. Kein Eiwei\u00df.\nGefunden: 0,092 g Harns\u00e4ure\n0,2533 g Purinbasenstickstoff, als Harns\u00e4ure berechnet also 0,7599 g Purinbasen.\nb)\t2000 ccm Pferdeurin, von 5 Pferden beim Schlachten gewonnen; alkalische Reaktion, eiwei\u00dffrei.\nGefunden: 0,126 g Harns\u00e4ure\n0,3093 g Basenstickstoff, als Harns\u00e4ure berechnet also 0,928 g Purinbasen.","page":144}],"identifier":"lit18351","issued":"1906","language":"de","pages":"140-144","startpages":"140","title":"Vergleichende Untersuchungen \u00fcber die Purink\u00f6rper des Urins beim Schwein, Rind und Pferd. Bemerkungen \u00fcber die Guaningicht der Schweine","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:41:05.160784+00:00"}