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{"created":"2022-01-31T13:43:02.059273+00:00","id":"lit18353","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Lippich, Fritz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 160-179","fulltext":[{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne.\nVon\nDr. Fritz Lippich, Assistenten am Prager deutschen med.-chem. Institute.\n(Aus dem medizinisch-chemischen Institute der Prager deutschen Universit\u00e4t.) (Der Redaktion zugegangen am 15. Mai 1906.)\nEs ist bekannt, da\u00df keine der gebr\u00e4uchlichen Harnstoffbestimmungsmethoden den wirklichen Harnstoffgehalt wiedergibt, da\u00df vielmehr immer h\u00f6here Werte erhalten werden, indem andere stickstoffhaltige Substanzen nicht auszuschlie\u00dfen sind. Bei den zwei besten Bestimmungsverfahren, nach Pfl\u00fcger -Sch\u00f6ndorff und nach M\u00f6rner-Sj\u00f6qvist, gilt dieser Fehler als so geringf\u00fcgig, da\u00df er f\u00fcr die meisten Zwecke nicht in Betracht kommt. Auf Grund solcher Bestimmungen war man berechtigt, den mittleren Harnstoffgehalt des menschlichen Harnes zu 2\u00b0/o anzunehmen.\nUm so gr\u00f6\u00dferes Aufsehen mu\u00dften die 1903 und 1904 erschienenen Arbeiten W. 0. Moors1) hervorrufen, als deren wichtigstes Ergebnis die Mitteilung sich darstellte, der Harnstoffgehalt des menschlichen Harnes sei um das Doppelte \u00fcbersch\u00e4tzt worden.\nIst diese Behauptung richtig, und manche Erfahrungen \u00fcber die Schwierigkeit, reinen Harnstoff aus Harn zu isolieren, schienen zugunsten der Mitteilung Moors zu sprechen, dann ger\u00e4t ein Fundament unserer Stoffwechsellehre ins Wanken. Moors Untersuchungen sind in Beil st eins Laboratorium ausgef\u00fchrt, und seine Ansicht wird mit gro\u00dfer Bestimmtheit in ausf\u00fchrlicher\n') Wm. Ovid Moor, \u00dcber den wahren Harnstoffgehalt des menschlichen normalen Harnes und eine Methode, denselben zu bestimmen, Zeitschrift f. Biologie, Bd. XLIV, S. 121.\nDerselbe, Harnstoff und Urin, ebenda, Bd. XLV, S. 420.","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne. 161\nDarstellung vertreten. Es haben bereits mehrere Autoren \u00bb) gegen Moor Stellung genommen oder wenigstens einige seiner Angaben angezweifelt. Von einer Kritik dieser Erwiderungen auf Moors These sei hier abgesehen, doch scheint mir die pr\u00e4zise Abwehr seiner Behauptung durch diese Publikationen nicht erreicht.\nBei der Wichtigkeit der Frage d\u00fcrfte eine eingehende Untersuchung wohl nicht \u00fcberfl\u00fcssig erscheinen.\nDer \u00dcbersichtlichkeit wegen m\u00f6gen kurz die wesentlichsten Angaben Moors zusammengefa\u00dft werden:\nDer Harnstoffgehalt des menschlichen Harnes ist bis jetzt mindestens um das Doppelte \u00fcbersch\u00e4tzt worden. Der Grund daf\u00fcr liegt in der Gegenwart einer dem Harnstoff innig anhaftenden Substanz (Urein), welche bei allen bisherigen Bestimmungsmethoden mitbestimmt wurde. Das Urein ist gelb, \u00f6lig, \u00e4u\u00dferst hygroskopisch, l\u00f6slich in denselben L\u00f6sungsmitteln wie Harnstoff, mit Ausnahme des Amylalkohols, trotzdem durch Amylalkohol nicht vollst\u00e4ndig vom Harnstoff trennbar (vielleicht dadurch, da\u00df eine Verbindung von Urein mit Harnstoff besteht, Zeitschrift f. Biol., Bd. XLIV, S. 145).\nUrein gibt alle F\u00e4llungsreaktionen des Harnstoffs; im Gegensatz zu diesem ist es durch Permanganat schon in der K\u00e4lte oxydierbar. Das Oxydationsprodukt ist eine gelbe, fettige Substanz, es kann durch Amylalkohol, auch durch Mischungen von Amylalkohol mit \u00c4thylalkohol vom Harnstoff befreit werden. Durch Silbernitrat wird dieses Oxydationsprodukt gef\u00e4llt, wenn es vorher l\u00e4ngere Zeit auf 85\u00b0 erhitzt worden war; doch scheint diese F\u00e4llung nicht immer vollkommen gewesen zu sein. Tierkohle rei\u00dft gro\u00dfe Mengen von Urein mit, relativ am wenigsten aus dem Harne selbst.\nDas Urein ist der quantitativ wesentlichste Harnbestandteil\n\u2018) Fr. Erben, Diese Zeitschrift, Bd. XXXVIII, S. 544.\nW. Cambrer, Zeitschrift f. Biologie, Bd. XLVI, S. 322.\nKuljabko, Physiologiste russe, Bd. II, S. 131 und 214 (1900 und 1901). (Kurze Entgegnungen auf eine erste Mitteilung Moors, ebenda S. 128.)\nO.Folin, Diese Zeitschrift, Bd. XXXVII, S. 550. Kurze Bemerkung.\nW. J. G i e s, zitiert nach J. B. f. Tierchemie, 1904, Bd. XXXIV, S. 383.\nChace und Gies, zit. n. Chem. Zentralblatt, 1904, Bd. I, S. 598.","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\tFritz Lippich,\nim Menschenharn und bedingt einen gro\u00dfen Teil von dessen F\u00e4rbung.\nEs erscheint mir auffallend, da\u00df Moor nirgends Daten angibt \u00fcber die Reinheit des von ihm nach der Trennung vom Urein erhaltenen Harnstoffs. Gerade beim Harnstoff stellt z. B. die leicht ausf\u00fchrbare Bestimmung des Schmelzpunktes ein gutes Kriterium der Reinheit dar. Moors Bestimmungen des Harnstoffgehaltes laufen auf Titriermethoden heraus; bei isoliertem Harnstoff beschr\u00e4nkt er sich auf die Beschreibung der Kry-stallisation und den Hinweis auf die Abwesenheit hygroskopischer Substanzen. So ist aus seinen Untersuchungen nicht einmal der Schlu\u00df erlaubt, da\u00df er tats\u00e4chlich nur Harnstoff mehr isoliert hat.\nDa\u00df die Darstellung reinen Harnstoffs aus Harn gro\u00dfen Schwierigkeiten unterliegt, wei\u00df jeder, der sich damit besch\u00e4ftigt hat. Selbst nach mehrmaligem Umf\u00e4llen und Umkrystallisieren gelingt es kaum, vollkommen farblose Pr\u00e4parate zu erhalten. Man beobachtet ferner, da\u00df beim Stehen an der Luft eine mehr oder minder intensive Gelbf\u00e4rbung auftritt, da\u00df die Krystalle beim Erw\u00e4rmen einen charakteristischen \u00aburin\u00f6sen\u00bb Geruch geben, der dem reinen Harnstoff nicht zukommt. Allerdings zeigt sich eine analoge Schwierigkeit der Reindarstellung aus Harn auch bei anderen Substanzen; so h\u00e4lt bekanntlich die Harns\u00e4ure hartn\u00e4ckig Farbstoffe und wahrscheinlich auch Chro-mogene fest; welche M\u00fche erfordert nicht die Darstellung reinen Traubenzuckers aus Harn!\n\u00c4hnliche Erfahrungen hat man ja ganz allgemein bei der Reingewinnung von Substanzen aus L\u00f6sungen von komplizierter Zusammensetzung gemacht; man wei\u00df, da\u00df das Krystallisations-verm\u00f6gen durch die Gegenwart anderer Substanzen, die man von vornherein f\u00fcr diesbez\u00fcglich indifferent halten m\u00f6chte, sehr beeinflu\u00dft werden kann. Daher schien es aussichtslos, durch fortgesetztes Umf\u00e4llen oder durch fraktionierte Krystalli-sation zu reinem Harnstoff aus Harn zu gelangen und den Harnstoffgehalt des Harnes auch nur n\u00e4herungsweise aus der isolierten Menge zu beurteilen.\nIch habe mir die Aufgabe gestellt, den sicheren Minimalgehalt reinen Harnstoffs in verschiedenen normalen mensch-","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne. 163\nliehen Hamen zu eruieren, zugleich aber den Verlust an Harnstoff bei der Isolierung, wenigstens n\u00e4herungsweise, kennen zu lernen, vorderhand ohne auf die Natur des \u00abUreins\u00bb einzugehen.\nIn erster Linie untersuchte ich den Einflu\u00df, den die Farbstoffe des normalen Harnes auf die Bestimmung des Harnstoffs aus\u00fcben. Zu diesem Behufe mu\u00dfte eine vollkommene Entf\u00e4rbung des Harnes erreicht werden, ohne da\u00df ein gr\u00f6\u00dferer Verlust an Harnstoff eintrat. Ich habe die verschiedenartigsten Entf\u00e4rbungsversuche ausgef\u00fchrt, jedoch nur bei Verwendung guter Tierkohle das erste Postulat der vollkommenen Entf\u00e4rbung erreicht, wenn eine hinreichende Menge der Tierkohle verwendet wurde.\nBeim Sch\u00fctteln in einer Sch\u00fcttelmaschine durch eine halbe Stunde wurden 500 ccm Harn meist durch 7\u201412 g Tierkohle entf\u00e4rbt, in einigen F\u00e4llen war eine gr\u00f6\u00dfere Menge Tierkohle, resp. ein zweites Sch\u00fctteln des Filtrates mit frischer Tierkohle notwendig. Die Hauptmenge der Tierkohle wurde durch Filtration durch ein Filter aus dickem Filtrierpapier, der Rest durch Filtration durch Asbest entfernt.\nSo behandelt unterschied sich das Filtrat augenf\u00e4llig absolut nicht von einer daneben gestellten Probe destillierten Wassers. Es sei dies hervorgehoben, weil die Ausdr\u00fccke \u00abfarblos\u00bb und \u00abentf\u00e4rbt\u00bb in der chemischen Literatur manchmal nicht zu genau genommen werden.\nEs war nun zu untersuchen, wie gro\u00df der Verlust an Harnstoff bei diesem Verfahren ist. Zun\u00e4chst mu\u00dften Versuche mit k\u00fcnstlichem Harnstoff ausgef\u00fchrt werden. Ich verwendete ein von Merck bezogenes, als Urea purissima bezeichnetes Pr\u00e4parat. Von diesem wurde eine etwa 2\u00b0/oige L\u00f6sung hergestellt, der genaue Harnstoffgehalt durch Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl ermittelt. 500 ccm der L\u00f6sung wurden mit 7 g Tierkohle durch eine halbe Stunde gesch\u00fcttelt, im Filtrate wurde wiederum der Harnstoffgehalt bestimmt. Ein analoger Versuch wurde mit einer l,4\u00b0/oigen L\u00f6sung und mit 10 g Tierkohle ausgef\u00fchrt. Dabei wurden folgende Resultate erhalten:\n1. Versuch mit der ca 2\u00b0/oigen L\u00f6sung. Der Harnstoffgehalt ergab sieh zu 1,991 \u00b0/o, nach dem Sch\u00fctteln mit 7 g Tierkohle zu 1,876 \u00b0/o. Der Verlust an Harnstoff betrug also 5,7 \u00b0/o.","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nFritz Lippich,\n2. Versuch mit der ca. 1,4 \u00b0/oigen L\u00f6sung. Der Harnstoffgehalt ergab sich zu 1,488 \u00b0/o, nach dem Sch\u00fctteln mit 10 g Tierkohle zu 1,372 \u00b0/o, entsprechend einem Verluste von 7,7 \u00b0/o.\nWenn nun auch die Tierkohle dem zweiten oben gestellten Postulate nicht vollkommen entspricht, so mu\u00dfte man sich doch sagen, da\u00df wahrscheinlich eine gleiche Menge von Tierkohle im Harne eine geringere Menge von Harnstoff zur\u00fcckhalten werde als in reinen Harnstoffl\u00f6sungen, da in erster Linie die komplizierter zusammengesetzten Substanzen, wie auch die Farbstoffe, von der Tierkohle gef\u00e4llt w\u00fcrden und dadurch nur ein Teil der Tierkohle f\u00fcr Harnstoff wirksam bliebe. Allerdings, wenn das gef\u00e4rbte Urein Moors durch die Tierkohle eliminiert wird, m\u00fc\u00dfte ein wesentlich gr\u00f6\u00dferer Teil des bisher als Harnstoff gedeuteten K\u00f6rpers verschwinden.\nDie Versuche gaben folgendes:\n500 ccm\tTierkohle\tStickstoff \u00b0/o\tHarnstoff \u00b0/o M. Sj. HsP04\tHarnstoff \u00b0/o Pfl\u00fcger-Sch\u00f6nd.\ngenuin Harn I\t\u2014\t0,6933\t1,314\t1,292\nentf\u00e4rbt\tV g\t0,6244\t1,276\t1,256\ngenuin Harn II\t\u2014\t0,7574\t1,410\t1,365\nentf\u00e4rbt\t7 g\t0,7056\t1,374\t1,314\ngenuin Harn III\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t1,638\nentf\u00e4rbt\t12 g\t\u2014\t\u2014\t1,590\n\u201e\tT,r genuin Harn IV\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t1,376\nentf\u00e4rbt\t9 g\t\u2014\t\u2014\t1,356\nHarn V ^\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t1,436\nentf\u00e4rbt\t12 g\t\u2014\t\u2014\t1,392\nDie verwendeten Harne stammten von im Stoffwechselgleichgewichte befindlichen M\u00e4nnern. Die Methode von Pfl\u00fcger-Sch\u00f6ndorff wurde nach der von Pollak1) angegebenen, im hiesigen Institute seit mehreren Jahren verwendeten Modifikation\n*) H. Pollak, Archiv f. d. ges. Physiologie, Bd. 83, S. 234, 1901.","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne. 165\nausgef\u00fchrt, die sich von der \u00fcblichen (s. Hoppe-Seyler-Thier-felder, Analyse, 7. Aufl., S. 428) durch nur geringf\u00fcgige Details unterscheidet, trotzdem aber etwas niedrigere Werte zu geben scheint als diese. Die Dauer des Sch\u00fctteins mit Tierkohle betrug genau eine halbe Stunde. Die einzelnen Werte sind Mittelzahlen aus je zwei miteinander gut stimmenden Bestimmungen.\nEs ergibt sich also im Mittel ein Verlust von eiwa 2,9 \u00b0/o der als Harnstoff bestimmten Substanz. Da die Entf\u00e4rbung der Harnproben eine vollst\u00e4ndige war, mu\u00df das Urein Moors entweder in reinem Zustande farblos sein, oder durch die Tierkohle vollkommen ausgef\u00e4llt werden, dann kann aber, wenn es gef\u00e4rbt ist, seine Menge eine nur geringe sein. Jedenfalls ist der Beweis durch diese Versuche geliefert, da\u00df die Harnfarbstoffe auf die nach gebr\u00e4uchlichen Methoden ausgef\u00fchrte Harnstoffbestimmung keinen nennenswerten Einflu\u00df aus\u00fcben k\u00f6nnen. Ber\u00fccksichtigt man, da\u00df unsere Harnstoffbestimmungsmethoden f\u00fcr die zweite Dezimale der angegebenen Zahlen schon unsichere Werte liefern, so darf der Harnstoffverlust wohl als im Sinne der Isolierung von Harnstoff geringf\u00fcgig bezeichnet werden.\nHervorgehoben mu\u00df werden, da\u00df aus den so entf\u00e4rbten Harnen keineswegs alle die Harnstoffkrystallisation st\u00f6renden Substanzen entfernt sind; bekanntlich enth\u00e4lt jeder Harn Chromo-gene. Man kann mit dem farblosen Harnfiltrate, wenn auch nicht in dem Grade wie mit genuinem Harne, die Bildung von Farbstoffen erzielen, sowohl durch Lufteinleiten bei h\u00f6herer Temperatur (auch unter vermindertem Druck), als auch durch S\u00e4urewirkung. Beim Erw\u00e4rmen auf ca. 40\u00b0 zum Zwecke der Konzentrierung unter dem Durchleiten von Luft bei ca. 20 mm Quecksilberdruck werden stets gelblich gef\u00e4rbte R\u00fcckst\u00e4nde erhalten; wird ein solcher R\u00fcckstand gar bei 100\u00b0 im Trockenkasten an der Luft getrocknet, so wird er stark gelb und sirup\u00f6s. \u00c4hnliches gilt von R\u00fcckst\u00e4nden der aus entf\u00e4rbtem Harne gewonnenen Alkohol\u00e4therextrakte, bei diesen ist aber der Einflu\u00df von Verunreinigungen der Extraktionsfl\u00fcssigkeiten (die bekannlich weit mehr Sauerstoff absorbieren als Wasser) wohl zu ber\u00fccksichtigen. Die Gelbf\u00e4rbung entstand nicht, wenn beim Ab-\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVIII.\t12","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nFritz Lippich,\ndampfen im luftverd\u00fcnnten Raum Wasserstoff eingeleitet wurde. Es sind also zweifellos in den entf\u00e4rbten Harnfiltraten, wie ich sie erhielt, noch leicht oxydable Substanzen enthalten.\nWenn das Urein Moors unter den noch vorhandenen Ghromogenen enthalten ist, so mu\u00df es wohl \u2014 nach den Angaben Moors \u2014 mit einem der gebr\u00e4uchlichen Harnstoff\u00e4llungsmittel gef\u00e4llt werden. Weder das Behandeln mit Tierkohle noch das Abdunsten in der d\u00fcnnen Wasserstoffatmosph\u00e4re k\u00f6nnen es wesentlich alteriert haben.\nIm folgenden ging ich mit dem Vorsatze um, solche Harnstoff\u00e4llungen m\u00f6glichst quantitativ auszuf\u00fchren. Bei der Analyse dieser Niederschl\u00e4ge m\u00fc\u00dften sich dann doch Beimengungen sofort bemerkbar machen!\nWie sich bei der Voruntersuchung ergeben hat, ist der Stickstoffverlust f\u00fcr die als Harnstoff angesprochenen Substanzen beim Behandeln mit kleinen Mengen von Tierkohle gering ; ich habe daher nur so entf\u00e4rbte Harne zu den folgenden Untersuchungen verwendet und diesen Verlust nicht weiter ber\u00fccksichtigt.\nZur Trennung von anorganischen Substanzen erwies sich das Verfahren nach M\u00f6rner-Sj\u00f6qvist (Zusatz von Barytmischung und Ausf\u00e4llung mit Alkohol\u00e4ther) als zweckentsprechend ; der R\u00fcckstand vom Alkohol\u00e4ther h\u00e4tte zur Isolierung des pr\u00e4sumptiven Harnstoffes dienen k\u00f6nnen. Wie schon erw\u00e4hnt, gedachte ich jedoch eine F\u00e4llungsmethode anzuwenden, denn es erschien nicht einwandsfrei, den Harnstoff direkt darzustellen. durch Umkrystallisieren zu reinigen und die Verluste n\u00e4herungsweise zu berechnen. Zu analysenreiner Darstellung h\u00e4tte doch das Umkrystallisieren \u00f6fter ausgef\u00fchrt werden m\u00fcssen : dies wollte ich vermeiden wegen des Einwandes, da\u00df eben durch das Umkrystallisieren hartn\u00e4ckig haftende Beimengungen entfernt worden w\u00e4ren.\nUnter den bekannten, schwerl\u00f6slichen Verbindungen des Harnstoffs ist die Auswahl nicht gro\u00df. Die Palladiumverbindung schlie\u00dft schon der Kostenpunkt aus, die Quecksilberverbindungen1) sind wegen der Inkonstanz ihrer Zusammensetzung\nl) J. v. Liebig, Ann. d. Chem. u. Pharm., Bd. LXXXV, S. 294.\nG. Ruspaggiari, Gazz. chim. ital., Bd. XXVII [I], S. 1, 1897.","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne. 167\nund wegen ihrer Zersetzlichkeit bei der Reinigung kaum geeignet, auch die Verbindung mit Salpeters\u00e4ure kann wegen der Zerst\u00f6rung von Harnstoff bei ihrer Bildung nicht in Betracht kommen. Ebenso sind die schwerl\u00f6slichen Verbindungen, welche einige Aldehyde ') mit Harnstoff geben, zu seiner quantitativen Isolierung ungeeignet, da die letzteren Reaktionen umkehrbare Reaktionen (im Sinne des alten Sprachgebrauches) sind, und die Verschiebung des Gleichgewichts bis zu einer quantitativen Ausf\u00e4llung des einen reagierenden K\u00f6rpers noch nicht gelungen ist. Dasselbe gilt von der Hydrazinverbindung;* 2) ebenso hat Verfasser mit der Opians\u00e4ure3) Versuche angestellt, ohne eine quantitative F\u00e4llung erzielen zu k\u00f6nnen. \u00dcber die Silberverbindungen4) liegen in der Literatur keine ausgedehnteren Erfahrungen vor, eigene Versuche ergaben keine g\u00fcnstigen Resultate.\nEinzig die Verbindung des Harnstoffs mit Oxals\u00e4ure schien zu dessen Isolierung brauchbar zu sein, und man konnte hoffen, bei sorgsamer Auswahl geeigneter Extraktionsmittel sie ohne Umkrystallisieren analysenrein zu erhalten. Zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffs ist diese Verbindung trotz der alten Angabe v. Br\u00fcckes5) meines Wissens nur einmal verwendet worden von Freund und T\u00f6pfer;6) durch H. Pollak7) ist aber die Unzul\u00e4nglichkeit des Verfahrens dieser beiden Autoren nachgewiesen.\n4) H. Schiff, Ann. d. Chem. u. Pharm., Bd. CLI, S. 186, 1869.\nE.\tL\u00fcdy, Monatshefte f. Chem., Bd. X, 1890.\nR. May, Deutsch. Arch. f. klin. Med., Bd. LXVIII.\nM. Jaff\u00e9, Therapie d. Gegenwart, 1902.\nC. Goldschmidt, Ber. d. Deutsch, chem. Ges.,Bd. XXIX, S. 2438, 1896.\nF.\tv. Hemmelmayr, Monatshefte f. Chemie, Bd. XI, 1891; dazu:\nF. M. Litterscheid, Liebigs Ann., Bd. CCCXVI, S. 157, 1901.\nPietro Biginelli, Gazz. chim. ital., Bd. XXIII [I], S. 360, 1893.\n*) M. Jaff\u00e9' Diese Zeitschrift, Bd. XXII, S. 532, 1897.\n3)\tA. Bistrzycki, Ber. d. Deutsch, chem. Ges., Bd. XXI, S. 2518.\n4)\tE. Mulder, Ber. d. Deutsch, chem. Ges., 1873, S. 1019.\n6) v. Br\u00fccke, Monatshefte f. Chem., Bd. Ill, S. 195.\n6) E. Freund u. G. T\u00f6pfer, Wiener klin. Rundschau, 13. Jahrg., Nr. 23, S. 371, 1899.\n\u2019) loco cit.\n12*","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nFritz Lippich,\nIch mu\u00dfte daher die Eignung dieser Verbindung durch neue Versuche zu erweisen trachten, zumal v. Br\u00fcckes Notiz keine analytischen Belege enth\u00e4lt.\nIn erster Linie wurde versucht, den gef\u00e4llten oxalsauren Harnstoff zur W\u00e4gung zu bringen. Um \u00fcber die Fehler bei dieser Abscheidung ein Urteil zu gewinnen, habe ich Versuche mit reinen Harnstoffl\u00f6sungen ausgef\u00fchrt.\nReinster von Merck bezogener Harnstoff wurde aus \u00c4theralkohol zur Befreiung von Spuren von Cyanamid, die den Schmelzpunkt doch schon beeinflu\u00dften, umkrystallisiert, bis die Krystalle genau bei 132\u00b0 schmolzen. Eine gewogene Menge derselben wurde in absolutem Weingeist gel\u00f6st, die L\u00f6sung mit krystalli-sierter Oxals\u00e4ure ges\u00e4ttigt, nach mehreren Stunden auf gewogenem Filter filtriert, mit \u00c4ther gewaschen, im Schwefels\u00e4ureexsikkator getrocknet und gewogen. Die Resultate waren unbefriedigend. Sie waren auch nicht besser, wenn wasserfreie Reagenzien verwendet wurden, ebensowenig, wenn statt der alkoholischen Harnstoffl\u00f6sung eine solche in Weingeist und \u00c4ther (1 Teil Weingeist auf 1\u20142 Teile \u00c4ther) verwendet wurde. Bei der L\u00f6sung der \u00fcbersch\u00fcssigen Oxals\u00e4ure geht reichlich oxalsaurer Harnstoff in L\u00f6sung.\nSo gaben 0,499 g Harnstoff 0,7796 g oxalsauren Harnstoff. Die L\u00f6slichkeit desselben in \u00c4ther betr\u00e4gt 0,002\u00b0/o, i) zum Auswaschen waren 700 ccm \u00c4ther verbraucht worden, was einem Verluste von 0,014 g entspricht; somit w\u00e4ren anscheinend 90,82\u00b0io der urspr\u00fcnglichen Harnstoffmenge gefunden worden; bei der Analyse ergab aber das Pr\u00e4parat 20,25 \u00b0/o Stickstoff statt des berechneten Stickstoffgehaltes von 26,71\u00b0/o. In Wirklichkeit sind also nur 68,9\u00b0/o Harnstoff wiedergefunden. \u00c4hnliche Werte wurden bei mehreren derartigen Versuchen gefunden.\nDieses Ergebnis sei mitgeteilt, um zu zeigen, da\u00df das Resultat der W\u00e4gung ohne folgende Stickstoffbestimmung nicht ben\u00fctzt werden darf; gelegentlich sind in der Literaturi) 2) solche W\u00e4gungen in scheinbar guter \u00dcbereinstimmung mit dem berech-\ni) Beilstein, Handbuch d. organ. Chem., 3. Aufl., 1. Erg\u00e4nzungsband, S. 726.\na) W. 0. Moor, 1. c. 2. Abhdlg., S. 450; vergl. auch H. Pollak, 1. c.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne. 169\nneten W\u00e4gewerte angef\u00fchrt; ich kann nicht ausschlie\u00dfen, da\u00df hier und da ein gl\u00fccklicher Zufall im Spiele war.\nAuch der Ersatz des Weingeistes durch Amylalkohol lieferte keine viel besseren Resultate. Schlie\u00dflich gelang es, unter Verzicht auf die W\u00e4gung ein Verfahren zu finden, mittels welches der Harnstoff ann\u00e4hernd quantitativ wieder zu gewinnen war. Es sei hier nur die definitive Ausf\u00fchrungsart mitgeteilt.\n0,2\u20140,3 g des reinen Harnstoffs wurden genau gewogen, in einem kleinen Becherglase in m\u00f6glichst wenig Amylalkohol (von Merck pro analysi, das Pr\u00e4parat gab weder mit Oxals\u00e4ure, noch mit Salzs\u00e4ure eine Rotf\u00e4rbung und hinterlie\u00df beim Abdampfen auf dem Wasserbade keinen R\u00fcckstand) unter vorsichtigem Erw\u00e4rmen (um Urethanbildung zu vermeiden) aufgel\u00f6st. Nach dem Abk\u00fchlen wurde sublimierte, wasserfreie Oxals\u00e4ure in Substanz, und zwar in gro\u00dfem \u00dcbersch\u00fcsse zugef\u00fcgt, nach gutem Verr\u00fchren mit einem Glasst\u00e4bchen wurde mit dem 2\u20143fachen Volumen trocknen, \u00fcber Natrium destillierten \u00c4thers, der mit wasserfreier Oxals\u00e4ure ges\u00e4ttigt worden war, verd\u00fcnnt und 24 Stunden abstehen gelassen.\nBei diesen Operationen mu\u00df die Luftfeuchtigkeit m\u00f6glichst ausgeschlossen werden. Es gen\u00fcgt, das Becherglas in einem ger\u00e4umigen Pr\u00e4paratenglase mit gut eingeschliffenem, gefettetem Glasst\u00f6psel aufzubewahren, Schwefels\u00e4ure- oder Chlorcalciumexsikkatoren sind nicht verwendbar.\nNach 24 st\u00e4ndigem Stehen wurde durch ein Filter aus reinstem Filtrierpapier filtriert, das Becherglas mit ges\u00e4ttigter \u00e4therischer Oxals\u00e4urel\u00f6sung ausgesp\u00fclt und der Niederschlag zum gr\u00f6\u00dften Teile auf das Filter gebracht. Der letzte Rest des Niederschlages wurde nach dem Verdunsten des \u00c4thers mit einer Federfahne aufgebracht; wenn dabei auch ein leichtes Verst\u00e4uben eintritt, ist ein nennenswerter Verlust durch die Verd\u00fcnnung des Niederschlages mit Oxals\u00e4ure nicht mehr zu bef\u00fcrchten. Niederschlag und Becherglas wurden nun noch 2\u20143mal mit trockenem, reinem Chloroform ausgewaschen.\nHierauf wurde ein 300\u2014400 ccm fassender Kjeldahl-kolben mit 1,5 g Kupfersulfat und 8 g Kaliumsulfat beschickt, das Filter mit dem lufttrockenen Niederschlage hineingebracht","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nFritz Lippich\nund mit 20 ccm konzentrierter Schwefels\u00e4ure erw\u00e4rmt. Anfangs mu\u00df wegen des starken Sch\u00e4umens vorsichtig erhitzt werden. Nach der Zersetzung wurde in der \u00fcblichen Weise das gebildete Ammoniak destilliert, das Destillat in \u00fcbersch\u00fcssiger V<-N.-Schwefels\u00e4ure aufgefangen und mit Vio-N.-Lauge zur\u00fccktitriert. Im folgenden sind die Schwefels\u00e4urewerte auf Vio-N.-S\u00e4ure umgerechnet.\nMit diesem Vorg\u00e4nge wurden folgende Resultate erhalten: Verwendet 0,2140 g Harnstoff (Schmelzpunkt = 132\u00b0). Das Ammoniak aus der Oxalatf\u00e4llung verbrauchte 70 ccm V10-N.-Schwefels\u00e4ure entsprechend 0,098 g Stickstoff; daher wiedergefundener Harnstoff = 98,14\u00b0/o. Analog die folgenden Werte:\n0,1899 g Harnstoff, 62,1 ccm */io-N.-Schwefels\u00e4ure verbraucht, entsprechend 0,08694 g Stickstoff oder 98,10 \u00b0/o wiedergefundener Harnstoff.\n0,1997 g Harnstoff, 65,5 ccm \u2018/10'N.-Schwefels\u00e4ure verbraucht, entsprechend 0,0917 g Stickstoff resp. 98,40 \u00b0/o wiedergefundener Harnstoff.\n0,2260 g Harnstoff, verbraucht 74,5 ccm \u2018/\u00eeo-N.-Schwefels\u00e2ure, entsprechend 0,1043 g N resp. 98,95 \u00b0/o wiedergefundener Harnstoff.\n0,1613 g Harnstoff, verbraucht 52,6 ccm '/\u00eeo-N.-Schwefels\u00e4ure, entsprechend 0,07364 g Stickstoff resp. 98,02 \u00b0/o wiedergefundener Harnstoff.\n0,2105 g Harnstoff, verbraucht 68,8 ccm \u2018/io-N.-Schwefels\u00e4ure, entsprechend 0,09632 g Stickstoff oder 98,05 \u00b0/o wiedergefundener Harnstoff.\nDas Mittel aus diesen Bestimmungen des in der Oxalatf\u00e4llung wiedergefundenen Harnstoffes betr\u00e4gt 98,27\u00b0/o des verwendeten Harnstoffs ; eine gr\u00f6\u00dfere Genauigkeit ist bei einer derartigen organisch-chemischen F\u00e4llungsanalyse kaum zu erwarten.\nDa auf diese Weise die M\u00f6glichkeit der quantitativen Abscheidung des Harnstoffs durch Oxals\u00e4ure bewiesen war, konnte nunmehr diese Methode f\u00fcr den entf\u00e4rbten Harn verwendet werden.\nZu diesem Behufe war es notwendig, den Harnstoff des Harnes in amylalkoholische L\u00f6sung zu bringen. Es wurde in folgender Weise vorgegangen:\nIn einen Me\u00dfkolben von 500 ccm Inhalt wurden 20 ccm entf\u00e4rbten Harnes und 20 ccm Barytmischung (nach M\u00f6rner-Sj\u00f6qvist) gegeben, dann wurde mit einer Mischung aus 1 Teil \u00c4ther und 2 Teilen Weingeist unter gutem Umsch\u00fctteln aufgef\u00fcllt, wegen der Volums\u00e4nderung wurde das letzte Auff\u00fcllen","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne. 171\nbis zur Marke erst nach einigem Zuwarten vorgenommen. Nach eint\u00e4gigem Absitzen des Niederschlages wurden 250 ccm mittels eines Hebers in einen entsprechenden Me\u00dfkolben abgehebert, hierauf wurde zur Entfernung von gel\u00f6stem Baryt Kohlens\u00e4ure eingeleitet. Nach dem Ers\u00e4tze des verdunsteten Fl\u00fcssigkeitsteiles wurde rasch bei bedeckt gehaltenem Filter in einen Erlenmeyerkolben fdtriert. Vom klaren Filtrate wurden 200 ccm unter Durchleiten von Wasserstoff vor der Wasserstrahlpumpe bei 40\u00b0 abgedampft. Der R\u00fcckstand im Kolben war v\u00f6llig farblos. Er wurde \u00fcber Schwefels\u00e4ure im Vakuum getrocknet.\nDann wurde der Kolben mit einem kurzen und so weiten Steigrohre versehen, da\u00df das herausragende Ende eines im Kolben befindlichen Glasstabes in demselben Platz fand; in einem Wasserbade wurde bei 50\u00b0 mit einer Mischung gleicher Teile Amyl- und \u00c4thylalkohol der im Kolben befindliche R\u00fcckstand mindestens viermal extrahiert, wobei mit dem Glasstabe der an der Wand haftende Niederschlag abgekratzt und in der Fl\u00fcssigkeit verr\u00fchrt wurde. Die Extraktionsdauer betrug 1\u20144 Stunden, je nach der Beschaffenheit des Niederschlages.\nDie Extrakte wurden mittels des Glasstabes in einen Me\u00dfzylinder gef\u00fcllt und mit der Extraktionsmischung bis auf 32 ccm erg\u00e4nzt, filtriert, dann wurden 20 ccm des klaren Filtrates in ein kleines Destillierk\u00f6lbchen gebracht. Hier wurde bei 40\u00b0 im Wasserstoffstrom vor der Wasserstrahlpumpe der Weingeist vertrieben, ein etwa entstandener Niederschlag wurde durch gelindes Erw\u00e4rmen gel\u00f6st, die Fl\u00fcssigkeit in ein kleines Becherglas gesp\u00fclt, mit Amylalkohol quantitativ nachgewaschen und weiter der oben skizzierten Oxals\u00e4uref\u00e4llung unterworfen. Das Volumen der amylalkoholischen L\u00f6sung betrug 15\u201420 ccm.\nNach den hier gew\u00e4hlten Mengenverh\u00e4ltnissen wurden 20 ccm Harn mit Alkohol\u00e4ther auf 500 ccm verd\u00fcnnt, davon 200 ccm verwendet, entsprechend 8 ccm Harn. Der R\u00fcckstand dieser 8 ccm wurde auf 32 ccm gestellt, davon 20 ccm genommen. Es wurde also der Harnstoff aus 5 ccm Harn bestimmt.\nNach der Entfernung des Weingeistes blieb gelegentlich trotz des Erw\u00e4rmens noch eine geringe Tr\u00fcbung und ein an","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nFritz Lippich\nder Kolbenwand haftender R\u00fcckstand. Diese r\u00fchren von Chloriden her und sind belanglos. Es unterliegt keinem Anstande, eine gr\u00f6\u00dfere Menge des \u00c4thylamylalkoholextraktes vom Weingeist zu befreien, mit Amylalkohol den R\u00fcckstand aufzunehmen, zu filtrieren und von diesem Filtrate den 5 ccm Harn entsprechenden Teil zu verwenden. Ich habe in einigen F\u00e4llen diese letztere Ausf\u00fchrungsart gew\u00e4hlt und mich dabei \u00fcberzeugt, da\u00df der im Amylalkohol bleibende Niederschlag anorganisch ist.\nSelbstverst\u00e4ndlich wurde dieses Verfahren in jeder einzelnen Phase durch Versuche einerseits mit reinem Harnstoff, andererseits mit Harnstoffl\u00f6sungen, denen verschiedene Salze, Chloride und Phosphate, zugesetzt waren, erprobt. Ich habe dabei beobachtet, da\u00df die Chloride sehr hartn\u00e4ckig haftende Verunreinigungen darstellen. Chlornatrium wird regelm\u00e4\u00dfig in dem R\u00fcckst\u00e4nde vom \u00c4thylamylalkohol gefunden, ebenso Baryum-verbindungen, aber letztere immer nur in Spuren. Diese beiden bewirken keine St\u00f6rungen.\nAnders ist es aber, wenn gr\u00f6\u00dfere Mengen von Chlor-baryum dem Harnstoffe beigemengt sind. Es bildet sich jedenfalls eine Doppelverbindung, aus welcher der Harnstoff mit \u00c4thylamylalkoholmischung selbst nach mehrst\u00fcndigem Extrahieren nicht vollst\u00e4ndig extrahiert werden kann. Die bekannte Harnstoff-Chlornatriumdoppelverbindung wird hingegen durch das genannte L\u00f6sungsmittel leicht zerlegt.\nVon der Vollst\u00e4ndigkeit der Extraktion kann man sich in folgender Weise \u00fcberzeugen: Der durch \u00c4thylamylalkohol ungel\u00f6ste Teil wird mit wenig \u00c4ther von dem anhaftenden Amylalkohol befreit, hierauf mit \u00c4thylalkohol extrahiert. Der filtrierte \u00c4thylalkoholextrakt wird zur Entfernung von Ammoniakspuren mit Magnesiumoxyd verdunstet, nochmals mit Weingeist aufgenommen und mit alkoholischer Quecksilberchloridl\u00f6sung und Lauge gepr\u00fcft.\nIch habe mir die Ansicht gebildet, da\u00df dieses Verhalten der Harnstoffdoppelverbindungen in Beziehungen stehe zu dem Molekulargewicht der anorganischen Komponente, und gedenke diese Idee weiter zu verfolgen. \u00c4thylalkohol allein vermag auch nicht den Harnstoff aus st\u00e4rker baryumhaltigen Gemischen vollst\u00e4ndig zu entfernen.\nSt\u00f6render sind gr\u00f6\u00dfere Mengen von Ammoniumverbin-","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber di\u00ab Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne. 173\nd\u00fcngen, von denen allerdings nur eine kleine Menge durch den \u00c4thylamylalkohol gel\u00f6st wird. Ich habe in allen F\u00e4llen auf die Gegenwart von Ammoniumsalzen im R\u00fcckst\u00e4nde vom \u00c4thylamylalkoholgemische gepr\u00fcft und regelm\u00e4\u00dfig \u2014 bis auf einen Fall \u2014 nur Spuren davon gefunden. Sie sind ja leicht durch Abdampfen mit Magnesiumoxyd bei 40\u00b0 im luftverd\u00fcnnten Raume zu entfernen, was in dem erw\u00e4hnten Falle auch geschah, in welchem die Ammoniakmenge einen Fehler von 0,045\u00b0/o vom Harnstoffgehalte hervorgebracht h\u00e4tte. Es sei ausdr\u00fccklich auf die M\u00f6glichkeit ihres Vorkommens und die Verpflichtung, auf sie zu pr\u00fcfen, hier hingewiesen.\nEs seien nun einige Resultate, die mit der angegebenen Methode unter Beobachtung aller Vorsichtsma\u00dfregeln gewonnen sind, mitgeteilt.\nI.\tDer Harnstoffgehalt des Harnes, gefunden nach Pfl\u00fcger-Sch\u00f6ndorff, betrug l,638\u00b0/o, nach dem Entf\u00e4rben mit 12 g Tierkohle l,590\u00b0/o. Gefunden wurden mit der beschriebenen Methode :\na)\tl,434\u00b0/o (verbrauchte \u2018/io-N.-Schwefels\u00e4ure 23,9 ccm)\nb)\t1,446 \u00bb/o\t(\t\u00bb\t\u00bb\t24,1\t\u00bb\t)\nc)\t1,428 \u00bb/o\t(\t\u00bb\t>\t23,8\t\u00bb\t)\nd)\t1,452 \u00b0/o\t(\t\u00bb\t\u00bb\t24,2\t\u00bb\t)\nim Mittel wurden also 1,440 \u00b0/o Harnstoff wiedergefunden, entsprechend\n90,56 \u00b0/o.\nII.\tDer genuine Harn gab nach Pfl\u00fcger-Sch\u00f6ndorff einen Harnstoffgehalt von 1,436 \u00b0/o, nach der Entf\u00e4rbung (mit 12 g Tierkohle) 1,392 \u00b0/o. Gefunden wurden als Oxalat :\na)\tl,350\u00b0/o (verbraucht \u2018/io-N.-Schwefels\u00e4ure 22,5 ccm)\nb)\t1,338 \u00b0/o (\t\u00bb\t\u00bb\t22,3 \u00bb )\nim Mittel 1,344\u00b0/o, entsprechend 96,55\u00b0/o.\nIII.\tDie Harnstoffbestimmung nach Pfl\u00fcger-Sch\u00f6ndorff ergab im genuinen Harn 1,376 \u00b0/o, im entf\u00e4rbten (verwendet 9 g Tierkohle) 1,356 \u00b0/o ; nach der beschriebenen Methode wurden gefunden :\na)\tl,308\u00b0/o (verbraucht '/io-N.-Schwefels\u00e4ure 21,8 ccm)\nb)\t1,278 \u00b0/o\t(\t\u00bb\t\u00bb\t21,3\t\u00bb\t)\nc)\t1,311 \u00b0/o\t(\t>\t\u00bb\t21,85\t>\t)\nd)\t1,332 \u00ab/o\t(\t\u00bb\t\u00bb\t22,2\t\u00bb\t)\nim Mittel 1,307 \u00b0/o, entsprechend 96,38 \u00b0/o des im entf\u00e4rbten Harne direkt gefundenen Harnstoffs.\nJede dieser Untersuchungen ist mit einer frischen Probe durchgef\u00fchrt, so da\u00df sie den gesamten Prozeduren des Verfahrens unterworfen war. Man kann sich aus diesen Werten","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nFritz Lippich,\nauch ein Bild \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfe der methodischen Fehler machen. Von absoluten Fehlern d\u00fcrften jene durch die Vernachl\u00e4ssigung der Niederschl\u00e4ge beim Verd\u00fcnnen und Abmessen aliquoter Teile kaum in Betracht kommen. Gr\u00f6\u00dferen Einflu\u00df d\u00fcrften die durch Verdunstung der L\u00f6sungsmittel entstehenden Fehler haben ; in dieser Hinsicht ist auf ein rasches Arbeiten zu sehen. Ich habe mit besonderer Sorgfalt geachtet, da\u00df mir diesbez\u00fcglich kein gr\u00f6\u00dferer Fehler unterlief.\nEindringlichst sei auf den Einflu\u00df unreiner Reagenzien hingewiesen. Besonders der Amylalkohol stellt da ein \u00e4u\u00dferst unangenehmes Reagens dar, indem bei Verwendung unreinen Amylalkohols harzige, die Krystallisation hindernde und bei starkem Erhitzen verkohlende R\u00fcckst\u00e4nde bleiben. Es ist da notwendig, reinsten, frisch destillierten Amylalkohol zu verwenden. Durch all dies kann die mitgeteilte Methode keineswegs als ein einfaches, rasch auszuf\u00fchrendes Bestimmungsverfahren bezeichnet werden, sie sollte nur der Aufgabe gerecht werden, reinen Harnstoff, wenn auch mit einigem Verluste, aus menschlichem Harne zu isolieren.\nMit Bezugnahme auf Moors Angaben sei nun bemerkt, da\u00df die R\u00fcckst\u00e4nde nach dem Abdunsten der noch unreinen, mit Alkohol\u00e4ther gewonnenen Harnstoffl\u00f6sung stets absolut farblos und niemals irgend hygroskopisch waren. Sie waren immer krystallinisch, typische Harnstoffnadeln waren aber in ihnen nicht immer zu sehen; dies ist wohl durch das rasche Abdunsten zu erkl\u00e4ren, zum Teil auch dadurch, da\u00df der Harnstoff durch das Zusammenkrystallisieren mit Chlornatrium maskiert ist. Ferner sei bemerkt, da\u00df, da Moor f\u00fcr sein Urein die Schwerl\u00f6slichkeit in Amylalkohol angibt, ich die fest an der Kolbenwand haftenden R\u00fcckst\u00e4nde, welche in den Destillierk\u00f6lbchen nach der Extraktion des Harnstoffs mit Amylalkohol geblieben waren, (siehe S. 171 unten) mit Wasser, in welchem sie leicht l\u00f6slich sind, aufgenommen und auf ihren Stickstoffgehalt nach Kjeldahls Verfahren gepr\u00fcft habe. Es wurden stets h\u00f6chstens Zehntelmilligramme Stickstoff gefunden, daher sicher keine irgend nennenswerte Menge von \u00abUrein\u00bb vorhanden sein konnte!","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne. 175\nSchlie\u00dflich, sei noch hingewiesen auf die bereits hervorgehobene Schwierigkeit, den Harnstoff mit Amylalkohol aus seinen Salzverbindungen zu isolieren. Mir ist es unter Verwendung von Mischungen aus je 50\u00b0/o \u00c4thylalkohol') und Amylalkohol nicht gelungen, aus einem Salzgemisch von weniger als 1 g durch 32 ccm dieses Extraktionsmittels, wenn das Salzgemisch noch feucht war (oder, wie S. 172 erw\u00e4hnt, gr\u00f6\u00dfere Mengen von Baryumverbindungen enthielt), den Harnstoff vollkommen zu isolieren. Bei Moors Titrationsverfahren wird der R\u00fcckstand von 10 ccm Harn, etwa 2 g Salzgemisch entsprechend, mit 20 ccm einer Mischung von \u00c4thylalkohol -}- Amylalkohol im Verh\u00e4ltnis 1 : 9 extrahiert. Es scheint mir ausgeschlossen, da\u00df auf diese Weise eine vollkommene Extraktion des Harnstoffs erreicht werden k\u00f6nne. Auf diesen vermutlichen Fehler Moors hat auch schon 0. Folin aufmerksam gemacht.\nObwohl nach dem ganzen Verhalten der Oxalatniederschl\u00e4ge \u2014 dieselben waren rein wei\u00df, zeigten keine Spur von urin\u00f6sem Geruch, l\u00f6sten sich in Wasser vollkommen farblos auf und br\u00e4unten sich beim Verfl\u00fcchtigen auf dem Platinblech nur in ganz geringem Ma\u00dfe \u2014 es mir ausgeschlossen erschien, da\u00df sie andere Bestandteile als Harnstoff und Oxals\u00e4ure, abgesehen von Spuren, h\u00e4tten enthalten k\u00f6nnen, war es doch notwendig, diesen Beweis ganz pr\u00e4zise zu erbringen. Ich versuchte diesen Beweis doppelt zu f\u00fchren:\n1. Eine von mehreren Harnstoffbestimmungen nach der geschilderten Methode herr\u00fchrende Menge von Oxaiatnieder-schl\u00e4gen wurde nach dem Verjagen des Amylalkohols in Wasser unter gelindem Erw\u00e4rmen gel\u00f6st und mit \u00fcbersch\u00fcssigem Calciumcarbonat versetzt, die L\u00f6sung wurde filtriert und im Wasserstoffstrom unter Luftverd\u00fcnnung eingedunstet. Nach einigem Einengen wurde von einer kleinen Menge noch ausgefallenen Calciumcarbonates abfiltriert und dieses Filtrat zur Trockene gebracht. Der R\u00fcckstand war rein wei\u00df, ohne die Spur eines urin\u00f6sen Geruches, zeigte die charakteristischen Krystallformen\nl) Mit steigendem \u00c4thylalkoholgehalt nimmt die L\u00f6slichkeit des Harnstoffes in Weingeist-Amylalkoholmischungen zu.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nF ritz Lippich\ndes Harnstoffs und schmolz nach scharfem Trocknen im Vakuum bei 132\u00b0 zu vollkommen farbloser Fl\u00fcssigkeit.\nAnalog wurde der Harnstoff mit Quecksilberchlorid und reiner Lauge aus dem in Wasser gel\u00f6sten Oxalat gef\u00e4llt, nach zweimaligem Dekantieren mit Wasser wurde der noch haftende Rest der Lauge neutralisiert, hierauf bis zum Auftreten der Erscheinungen kolloidaler L\u00f6sung mit Wasser gewaschen, in die w\u00e4sserige Suspension wurde Schwefelwasserstoff im \u00dcberschu\u00df eingeleitet, filtriert, im verd\u00fcnnten Wasserstoff wurde die L\u00f6sung eingedunstet. Der R\u00fcckstand war f\u00e4rb- und geruchlos, aber neben den Nadeln vom Harnstoff war eine kleine Menge eines dicken Sirups vorhanden. Es zeigte sich, da\u00df der Sirup sauer reagierte und Salzs\u00e4ure enthielt. Auf entsprechenden Zusatz von Baryumcarbonat, Q folgendes Einengen, Extraktion des trockenen R\u00fcckstandes mit Weingeist und Verdunsten desselben wurde auch tadellos reiner Harnstoff vom Schmelzpunkt = 132\u00b0 erhalten. Ich f\u00fchre diesen Versuch nur aus dem Grunde an, weil er zeigt, wie leicht durch Reagenzien bei dem so reaktionsf\u00e4higen Harnstoffe Verunreinigungen entstehen k\u00f6nnen, die fremde Substanzen Vort\u00e4uschen m\u00f6gen.\n2. Wenn auch dadurch der Nachweis erbracht schien, da\u00df dem analysierten Harnstoff-Oxals\u00e4ureniederschlage kein \u00aburein \u00bbartiger K\u00f6rper anh\u00e4ngt, so habe ich doch noch, um ganz sicher zu gehen, gr\u00f6\u00dfere Mengen der Oxals\u00e4uref\u00e4llung hergestellt und zur Analyse gebracht. W\u00e4hrend zur n\u00e4herungsweise quantitativen F\u00e4llung des Harnstoffs ein gro\u00dfer \u00dcberschu\u00df von Oxals\u00e4ure erforderlich ist, so war es im Gegenteile bei dieser Darstellung, um etwaige Verunreinigungen zu entdecken, zweckm\u00e4\u00dfig, keinen \u00dcberschu\u00df von Oxals\u00e4ure zu verwenden. Man konnte erwarten, da\u00df gerade die komplizierteren Verbindungen \u2014 und \u00ab Urein \u00bb mu\u00df wohl komplizierter zusammengesetzt sein, als Carbamid \u2014 zuerst in die F\u00e4llung eingehen werden.\n\u2018) Moor, loc. cit. 2. Abhdlg., S. 448, verwendet zum Wegschaffen der Oxals\u00e4ure gleichfalls Baryumcarbonat ; dasselbe nimmt also Urein nicht aus seiner Oxals\u00e4ure-Doppelverbindung mit Harnstoff heraus; ein analoges Verhalten darf man wohl auch vom Calciumcarbonat voraussetzen.","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne. 177\nDas Darstellungsverfahren war das folgende:\n500 ccm entf\u00e4rbten Harnes, mit 500 ccm Barytmischung nach M\u00f6rner-Sj\u00f6qvist versetzt, wurden mit 101 einer Mischung von 1 Theil \u00c4ther auf 2 Teile Weingeist durch 48 Stunden unter h\u00e4ufigem Umsch\u00fctteln digeriert. Die klare Fl\u00fcssigkeit wurde mit einem Heber entnommen, in sie wurde sofort Kohlens\u00e4ure eingeleitet, der Rest des Extraktes wurde durch Filtration gewonnen und mit dem abgeheberten Anteil vereinigt. Vom entstandenen Niederschlage wurde filtriert, das Filtrat wurde im Wasserstoffstrom vor der Wasserstrahlpumpe bei 40\u00b0 eingedampft, der R\u00fcckstand im Vakuum \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet, gepulvert und nochmals vollst\u00e4ndig getrocknet. Dieses Pulver wurde mit absolutem Weingeist extrahiert, das Extrakt ebenso wie oben eingedampft, dieser R\u00fcckstand neuerdings gepulvert und getrocknet und mit Alkohol\u00e4thermischung (1 : 1) extrahiert. Nach der Vertreibung des L\u00f6sungsmittels und Trocknung des R\u00fcckstandes wurde mit einer Mischung gleicher Teile von \u00c4thyl- und Amylalkohol aufgenommen und schlie\u00dflich der \u00c4thylalkohol im verd\u00fcnnten Wasserstoff unter Erw\u00e4rmen entfernt.\nDie amylalkoholische L\u00f6sung, aus der meist schon Krystalle ausfielen, wurde unter gelindem Erw\u00e4rmen mit so viel Amylalkohol versetzt, bis die Krystalle sich l\u00f6sten.\nKeine dieser Operationen kann nach Moors Angaben eine Lostrennung des Ureins vom Harnstoff erzielen. Eventuell h\u00e4tte nach der Entfernung des Methylalkohols dasselbe aus dieser L\u00f6sung herausfallen k\u00f6nnen, h\u00e4tte aber dann nicht mehr durch den Amylalkoholzusatz in L\u00f6sung gehen d\u00fcrfen. Der hier bleibende R\u00fcckstand enthielt aber nur minimale Mengen von Stickstoff. In die filtrierte, amylalkoholische L\u00f6sung wurde nun wasserfreie, sublimierte Oxals\u00e4ure in kleinen Portionen eingebracht unter gutem Umr\u00fchren, bis die zur F\u00e4llung von etwa zwei Dritteilen des pr\u00e4sumptiven Harnstoffes n\u00f6tige Menge zugef\u00fcgt war.\nNach l\u00e4ngerem Stehen wurde der Amylalkohol durch Filtration entfernt, 2 \u20143 mal wurde mit Amylalkohol durch Dekantation gewaschen, mindestens ebenso oft zur Verdr\u00e4ngung des Amylalkohols mit reinem, trockenem \u00c4ther.\nDa\u00df das Pr\u00e4parat keinen \u00dcberschu\u00df von Oxals\u00e4ure enth\u00e4lt, erkennt","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nFritz Lippich\nman durch Sch\u00fctteln einer Probe des \u00c4thers mit w\u00e4sseriger Silbernitratl\u00f6sung. Die L\u00f6slichkeit des oxalsauern Harnstoffs im wasserfreien \u00c4ther ist so gering, da\u00df nur eine leichte, durch weiteres Auswaschen nicht abnehmende Opaleszenz auftritt.\nDer Niederschlag wurde im Vakuum \u00fcber Schwefels\u00e4ure aufbewahrt. Aus dem Amylalkoholfiltrate habe ich noch 1\u20142 fraktionierte F\u00e4llungen mit Oxals\u00e4ure hergestellt. Es wurde also auch hier jedes Umkrystallisieren vermieden, und bei den folgenden Analysen mu\u00dfte sich ein Begleiter des Harnstoffs bemerkbar machen.\nGegen\u00fcber dem berechneten Stickstoffgehalt f\u00fcr oxalsauren Harnstoff von 26,71 \u00b0/o wurden gefunden nach Kjeldahls Methode bei verschiedenen solchen Pr\u00e4paraten:\n26,10, 26.46, 26,50, 26,15, 26,62 <>/o Stickstoff.\nWeitere Gesamtanalysen ergaben:\nPr\u00e4parat I.\n0,1199 g Substanz verbrauchten f\u00fcr Kjeld a hl 22,79 ccm \u2018/\u00eeo-N.-Schwefel-s\u00e4ure, entsprechend 26,61 \u00b0/o Stickstoff.\nStickstoffbestimmung nach Dumas:\na)\t0,2247 g Substanz gaben 51,5 ccm trockenen Stickstoff bei 11,2\u00b0\nund 734 mm, entsprechend 26,703 \u00b0/o.\nb)\t0,0902 g Substanz gaben 20,9 ccm trockenen Stickstoff bei 11,6\u00b0\nund 735 mm, entsprechend 26,99 \u00b0/o.\nc)\t0,1174 g Substanz gaben 26,5 ccm trockenen Stickstoff bei 11,6\u00b0\nund 753 mm, entsprechend 26,94 \u00b0/o.\nDas Mittel der vier Analysen betr\u00e4gt 26,81 \u00b0/o Stickstoff Bestimmung der Oxals\u00e4ure durch W\u00e4gung:\nAus 0,3646 g Substanz wurde Calciumoxalat gef\u00e4llt und das entstandene Calciumoxyd gewogen.\nGefunden: 0,0967 g Calciumoxyd, entsprechend 42,62\u00b0/o Oxals\u00e4ure\nBerechnet: 42,81 \u00b0/o\t>\nPr\u00e4parat II.\nStickstoffbestimmung nach Kjeldahl:\n0,1986 g Substanz verbrauchten 37,81 ccm */i o-N.-Schwefels\u00e4ure, entsprechend 26,65 \u00b0/o Stickstoff.\nStickstoffbestimmung nach Dumas:\n0,1855 g Substanz gaben 42,6 ccm trockenen Stickstoff bei 13,50 und 743,5 mm Quecksilberdruck, entsprechend 26,88\u00b0/o Stickstoff (berechnet: 26,71 \u00b0/o).\nKohlenstoff- und Wasserstoffbestimmung:\n0,2007 g Substanz gaben 0,0880 g Wasser und 0,1705 g Kohlens\u00e4ure, entsprechend 4,872\u00b0/o H, 23,17\u00b0/o C (berechnet: 4,794> H, 22,83 \u00b0/o C).","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne. 179 Pr\u00e4parat III.\nStickstoffbestimmung nach Dumas:\n0,1172 g Substanz gaben 27,2 ccm trockenen Stickstoff bei 14,2\u00b0 und 737 mm Quecksilberdruck, entsprechend 26,86 \u00b0/o Stickstoff (berechnet: 26,71 \u00fc/o).\nOxals\u00e4urebestimmung durch Titration mit Permanganat:\nAus 0,2138 g Substanz wurde die Oxals\u00e4ure als Calciumoxalat abgeschieden und auf ein Filter gebracht, nach dem Auswaschen wurde der Niederschlag vom Filter gesp\u00fclt, der auf dem Filter befindliche Rest des Niederschlages mit l\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure unter Erw\u00e4rmen gel\u00f6st, mit der Hauptmenge vereinigt, nach der Zersetzung des Niederschlages wurde zur Entfernung etwaiger Papierfasern durch dasselbe Filter filtriert, und das Filtrat nach dem Zusatze der n\u00f6tigen Schwefels\u00e4uremenge und Erw\u00e4rmen in der \u00fcblichen Weise titriert. 1 ccm der Permanganatl\u00f6sung entsprach 0,0032 g krystallisierter (krystallwasserhaltiger) Oxals\u00e4ure, verbraucht wurden 40,1 ccm Permanganat entsprechend 42,86 \u00b0/o Oxals\u00e4ure gegen einen berechneten Gehalt von 42,81 \u00b0/o.\nIn allen F\u00e4llen sah die Oxalatf\u00e4llung einheitlich aus und gab, soweit gepr\u00fcft, bei der Spaltung typisch krystallisierten, nicht hygroskopischen Harnstoff.\nDie erhaltenen Analysenwerte stimmen, so gut man es \u00fcberhaupt erwarten kann, auf die Formel des oxalsauren Harnstoffs 2CO(NH2)2, C2H204. Es hat sich also nicht der geringste Anhaltspunkt ergeben, da\u00df dem Harnstoff bei dieser F\u00e4llung eine irgend nennenswerte Beimischung anhaftet, und ich darf auf Grund dieser Untersuchungen wohl behaupten, da\u00df W. O. Moor das Opfer einer T\u00e4uschung geworden ist.1)\nZusammengefa\u00dft ergeben meine Versuche :\nEine vom Harnstoff \u00e4u\u00dferst schwer trennbare Substanz von der Natur des Mo or sehen Ureins ist dem Harnstoff im menschlichen Harne nicht beigemischt.\nDie Hauptmenge des nach Pfl\u00fcger-Sch\u00f6ndorff und nach M\u00f6rner-Sj\u00f6qvist bestimmten Harnstoffs ist zweifellos Carbamid.\nDer Harnstoffgehalt des menschlichen Harnes ist keineswegs wesentlich \u00fcbersch\u00e4tzt worden.\n') Wie plausibel sich Moors Ausf\u00fchrungen darstellten, zeigt u. a. eine Bemerkung in W. Camerers Mitteilung: Der Harnstoff im menschlichen Urin, Zeitschrift f. Biol., Bd. XLVI, S. 359 (1905). \u00ab... m\u00f6chte demnach die Arbeit Erbens eher f\u00fcr eine Best\u00e4tigung der Moorschen Entdeckung als f\u00fcr eine Widerlegung halten.>","page":179}],"identifier":"lit18353","issued":"1906","language":"de","pages":"160-179","startpages":"160","title":"\u00dcber die Isolierung reinen Harnstoffs aus menschlichem Harne","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:43:02.059278+00:00"}