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{"created":"2022-01-31T13:39:23.832598+00:00","id":"lit18367","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Hertz, Arthur F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 347-364","fulltext":[{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Filtration durch tierische Membranen und den Salzgehalt des Blutes, verglichen mit dem anderer ser\u00f6ser Fl\u00fcssigkeiten.\nVon\nArthur F. Hertz, M. B., M. R. C. P. Radcliffe travelling Fellow of Oxford University.\nMit einer Abbildung ira Text.\n(Der Redaktion zugegangen am 13. Juni 1903.)\nEs ist schon seit lange bekannt, da\u00df der Gehalt an Salzen in den \u00d6demfl\u00fcssigkeiten und in den Transsudaten der ser\u00f6sen H\u00f6hlen nahe mit dem des Blutserums \u00fcbereinstimmt. Doch hat Runeberg1) schon vor vielen Jahren gefunden, da\u00df einige Umst\u00e4nde darauf hinzudeuten scheinen, da\u00df diese \u00dcbereinstimmung nicht vollkommen genau ist, sondern da\u00df die Transsudate etwas, wenn auch unbedeutend, mehr anorganische Salze enthalten als das Serum, von dem sie herstammen.\nDer durchschnittliche Gehalt an Chloriden bei 85 Transsudaten, die von Runeberg analysiert wurden, war 0,67\u00b0/o, w\u00e4hrend derjenige f\u00fcr die 7 untersuchten Blutseren 0,63 \u00b0/o betrug. Freilich ist dieses Resultat nicht sehr zuverl\u00e4ssig, da manche Transsudate, aber keines der Blutseren von an Nierenkrankheiten leidenden Patienten entstammten. Da aber der Chloridgehalt des Blutes und der Transsudate bei Nierenkranken h\u00f6her ist als bei Patienten mit gesunden Nieren (v. Koranyi, Strauss), so ist ein von F\u00e4llen mit gesunden Nieren entstammender Durchschnittswert des Chloridgehalts des Blutes nicht ma\u00dfgebend f\u00fcr Vergleiche mit pathologischen Fl\u00fcssigkeiten, von denen viele von Nierenkranken entnommen wurden.\nStrauss2) fand bei Patienten mit gesunden Nieren, da\u00df der durchschnittliche Prozentgehalt an Kochsalz von 5 Blut-\n1)\tDeutsch. Arch. f. klin. Med., Bd. XXXV, S. 266.\n2)\tDie chronischen Nierenentz\u00fcndungen. Berlin 1902.","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nArthur F. Hertz\nseren 0,58 betrug, w\u00e4hrend der von 5 Transsudaten 0,63 betrug ; bei Nierenkranken betrug der durchschnittliche Prozentgehalt von 10 Blutseren 0,63, w\u00e4hrend der von 11 Transsudaten 0,69 betrug.\nAber in keinem Falle, den Runeberg oder Strauss untersuchte, wurde der Vergleich des Salzgehalts zwischen Blutserum und Transsudaten, die von demselben Patienten herr\u00fchrten, gemacht. Nat\u00fcrlich kommt es nur 'selten vor, da\u00df solche Vergleiche gemacht werden k\u00f6nnen. Runeberg zitierte die Analysen von C. Schmidt1) als St\u00fctze f\u00fcr die Annahme, welche er aus seinen Resultaten ableitete, da\u00df die Transsudate einen etwas gr\u00f6\u00dferen Gehalt an anorganischen Salzen als das Blutserum zeigen. Aber Schmidts Analysen sind kaum geeignet, als St\u00fctze f\u00fcr diese Behauptung zu dienen. Nur in zwei F\u00e4llen hat er pathologische Fl\u00fcssigkeiten mit gleichzeitig entnommenem Blut verglichen ; in beiden F\u00e4llen war die erstere der Inhalt einer Vesicatorblase. Der Unterschied in dem einen Falle war ganz unbedeutend (0,007 \u00b0/o); in dem anderen betrug der Prozentgehalt der Blasenfl\u00fcssigkeit an anorganischen Bestandteilen l,02\u00b0/o, w\u00e4hrend der des Blutes nur 0,85\u00b0/o betrug. Aber Schmidt selbst betonte: \u00abWollte man die scheinbare Steigerung der festen Stoffe in diesem Falle zu physiologischen Schl\u00fcssen benutzen, so w\u00fcrde man einen gro\u00dfen Fehler begehen, da eine bedeutende Wassermenge durch die mehrere Stunden vom Pflaster befreite Epidermis verdunstet war.\u00bb\nIn einem Falle von chronischer, parenchymat\u00f6ser Nephritis fand Ingelfinger,2) da\u00df der Kochsalzgehalt des aus der Leiche entnommenen Herzblutserums 0,73 \u00b0/o, der der \u00d6demfl\u00fcssigkeit 0,78\u00b0/o und der der Pericardialfi\u00fcssigkeit 0,76\u00b0/o betrug.\nObgleich es also noch keinen sicheren Beweis gibt, da\u00df die Transsudate und Exsudate regelm\u00e4\u00dfig mehr Salze als das Blut enthalten, ist es doch sehr wahrscheinlich, da\u00df dies wenigstens in vielen F\u00e4llen wirklich statthat.\n*) Charakteristik der epidemischen Cholera gegen\u00fcber verwandten Transsudationsanomalien, S. 134. Leipzig 1850.\n!) Beitr\u00e4ge zur Pathologie der Niereninsufficienz. Inaug.-Dissert. M\u00fcnchen 1905.","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Filtration durch tierische Membranen usw.\n349\nNicht nur die pathologischen Transsudate k\u00f6nnen mehr Salze als das Blutserum enthalten, sondern auch die Lymphe des Ductus thoracicus enth\u00e4lt gew\u00f6hnlich mehr Chloride als das gleichzeitig entnommene Gesamtblut oder Serum. \u00bb)\nDiese Tatsachen stimmen nicht gut mit der Ludwigschen physikalischen Lymphbildungstheorie, weil es schwierig zu verstehen ist, wie die L\u00f6sung einer Substanz infolge Filtration konzentrierter werden kann. Runeberg* 2) und Senator3) suchten sie durch die Beobachtung einer Reihe von Untersuchern zu erkl\u00e4ren, da\u00df bei Filtration von Salzl\u00f6sungen durch tierische Membranen au\u00dferhalb des Organismus das Filtrat h\u00e4ufig einen etwas gr\u00f6\u00dferen Prozentgehalt an Salzen besitzt als die zu filtrierende urspr\u00fcngliche Fl\u00fcssigkeit, wenn gleichzeitig Eiwei\u00df oder Gummi in der L\u00f6sung vorhanden war.\nHoppe-Seyler4) filtrierte etwas verd\u00fcnntes Blutserum, dessen Aschengehalt 0,627 \u00b0/o betrug, durch einen Ureter und fand, da\u00df das Filtrat einmal 0,705\u00b0/o und bei einem zweiten Experiment 0,633 \u00b0/o Asche enthielt. Diese einzige Beobachtung scheint nicht ma\u00dfgebend zu sein, weil der Unterschied zwischen den gefundenen Prozentgehalten der beiden Filtrate an Asche (0,072) gr\u00f6\u00dfer ist, als der Unterschied zwischen dem Prozentgehalt der urspr\u00fcnglichen Fl\u00fcssigkeit und dem Durchschnitt des Gehalts der zwei Filtrate (0,042). Infolge dieser Tatsache ist es wohl denkbar, da\u00df der beobachtete Unterschied auf einen Versuchsfehler zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, eine M\u00f6glichkeit, die Hoppe-Seyler selbst wegen der sehr kleinen Mengen der Fl\u00fcssigkeiten, die ihm f\u00fcr die Analysen zur Verf\u00fcgung standen, betonte.\nSchmidt,5) der den Herzbeutel eines Rindes als Membran und eine L\u00f6sung von Gummi und Kochsalz als zu filtrierende Fl\u00fcssigkeit verwendete, fand, da\u00df bei jedem der vier Experi-\n0 Heidenhain, Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. XLIX, S. 275, 1891; Hambburger, Osmotischer Druck und Ionenlehre, Bd. II, II. Kapitel, 1904.\nJ) Deutsch. Arch. f. klin. Med., Bd. XXXV, S. 266.\n3) Virchows Archiv, Bd. CXI.\n*) Virchows Archiv, Bd. IX, S. 26, 1856.\n5) Poggendorfs Annalen, Bd. CXIV, S. 337, 1861.","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nArthur F. Hertz,\nmente der Prozentgehalt an Kochsalz der Filtrate etwas gr\u00f6\u00dfer als der der urspr\u00fcnglichen Fl\u00fcssigkeit war. Schmidts Versuche wurden zur Vermeidung von Fehlern mit gro\u00dfer Sorgfalt angestellt. Da er aber in sechs von sieben Experimenten,1) abweichend von den Resultaten aller anderen Untersucher,2) auch bei der Filtration reiner Kochsalzl\u00f6sung in dem Filtrat einen merklich h\u00f6heren Kochsalzgehalt fand, als in der urspr\u00fcnglichen L\u00f6sung, so ist es wahrscheinlich, da\u00df etwas Verdunstung des Filtrates stattgefunden hat.\nRuneberg3) fand f\u00fcr 25 bei verschiedenen Druckgraden gemachten Restimmungen, da\u00df nach der Filtration von gemischten Eiwei\u00df- und Salzl\u00f6sungen durch den Darm von Kaninchen, Schafen und Hunden der Gehalt des Filtrats an festen Restandteilen, abgesehen vom Eiwei\u00df, gr\u00f6\u00dfer als der der urspr\u00fcnglichen L\u00f6sung war. Bei dem von ihm gebrauchten Apparat w\u00fcrde Verdunstung des Filtrats m\u00f6glich sein, und da er die Dauer der Experimente nicht erw\u00e4hnt, so ist es schwer zu beurteilen, in wie hohem Grade die Resultate davon beeinflu\u00dft wurden.\nA. Loewy,4) der Schweinsblasen als Membranen ben\u00fctzte, schlie\u00dft aus seinen Resultaten, da\u00df \u00abin weitaus der Mehrzahl der F\u00e4lle das Filtrat an anorganischen Substanzen konzentrierter ist, als die L\u00f6sung\u00bb. Doch will es scheinen, da\u00df die von ihm mitgeteilten Experimente nicht zu diesem Schlu\u00df berechtigen. In 16 F\u00e4llen hatte das Filtrat einen gr\u00f6\u00dferen Prozentgehalt an anorganischen Bestandteiten als die urspr\u00fcngliche Fl\u00fcssigkeit, aber in 10 einen kleineren. Wenn unverd\u00fcnntes Serum mit einem Gehalt an Salzen von 0,908 \u00b0/o bei 30\u00b0 filtriert wurde, war der Prozentgehalt des Filtrats an anorganischen Substanzen bedeutend und zwar auf 0,707 erniedrigt. Im Durch-\n') Poggendorfs Annalen, Bd. XCIX, S. 337, 1856 und Bd. CX1V, S. 337, 1861.\n*) Z. B. Valentin, Repert. f\u00fcr Anat. u. Physiol., Bd. VIII, S. 70, 1843; Runeberg, Archiv der Heilkunde, Bd. XVIII, S. 46, 1877.\n3)\tArchiv der Heilkunde, Bd. XVIII, S. 55, 1877.\n4)\t\u00dcber den Einflu\u00df der Temperatur auf die Filtration von Eiwei\u00dfl\u00f6sungen durch tierische Membranen. Diss. inaug. Berlin 1885. Auch Diese Zeitschrift, Bd. IX, S. 555, 1885.","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Filtration durch tierische Membranen usw.\n351\nschnitt war bei den 26 Experimenten der Prozentgehalt des Filtrats an anorganischen Substanzen um 0,036\u00b0/o h\u00f6her als der der urspr\u00fcnglichen Fl\u00fcssigkeit. Bei einem Kontrollversuche, dessen Zweck es war, festzustellen, ob die Resultate durch die Verdunstung bei h\u00f6herer Temperatur beeintr\u00e4chtigt w\u00fcrden, fand Loewy, da\u00df eine Fl\u00fcssigkeit das eine Mal bei Anwendung einer Temperatur von 30\u00b0 w\u00e4hrend der Dauer eines Experimentes 0,034 o/o weniger anorganische Bestandteile enthielt, als das andere Mal bei Anwendung der gew\u00f6hnlichen Zimmertemperatur. Da diese Verminderung der Konzentration nicht durch Verdunstung verursacht sein konnte, meinte er, da\u00df dieselbe vielmehr von einem Fehler der Beobachtung, als von einem solchen im Apparate herr\u00fchre. Wenn freilich der Experimentalfehler in der Bestimmung des Prozentgehalts an anorganischen Bestandteilen im Minimum 0,034 betr\u00fcge, k\u00f6nnte eine Erh\u00f6hung des Prozentgehalts des Filtrats um 0,036 gegen den der zu filtrierenden Fl\u00fcssigkeit keine gro\u00dfe Bedeutung haben.\nCohnstein1) fand bei zw\u00f6lf Experimenten, da\u00df eine Serumoder Gummil\u00f6sung, zu welcher Kochsalz hinzugef\u00fcgt worden war, nach Filtration eine Verminderung der Konzentration des Kochsalzes zeigte, die sich durchschnittlich auf 0,11 \u00b0/o belief. Bei sechs anderen Experimenten war der Prozentgehalt des Filtrats gr\u00f6\u00dfer als der der urspr\u00fcnglichen Fl\u00fcssigkeit; die durchschnittliche Vermehrung des Prozentgehalts betrug 0,415. Um diese widersprechenden Resultate zu erkl\u00e4ren, nahm Cohnstein an, da\u00df der Prozentgehalt des Salzes sich vermindere, wenn die Membran d\u00fcnn sei, aber sich vergr\u00f6\u00dfere, wenn sie dick sei. Demgem\u00e4\u00df wurden in der ersten Reihe von zw\u00f6lf Experimenten Ureter, Venen und Schweinsblasen gebraucht, w\u00e4hrend bei den sechs letzten Experimenten Schweinsblasen, die er als dick bezeichnet, gebraucht wurden, w\u00e4hrend die bei den fr\u00fcher\u00e9n Experimenten verwendeten anscheinend d\u00fcnn waren. Obgleich aber Hoppe-Seyler einen Ureter, welchen Cohnstein als d\u00fcnne Membran bezeichnete, Schmidt den Herzbeutel eines Rindes, der sicher auch zu den d\u00fcnnen Membranen geh\u00f6rt, und Runeberg D\u00e4rme von verschiedener Dicke\n\u2018) Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. LIX, S. 375, 1895.","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nArthur F. Hertz,\ngebrauchten, fanden sie doch, da\u00df der Prozentgehalt an anorganischen Bestandteilen im Filtrat h\u00f6her als in der urspr\u00fcnglichen Fl\u00fcssigkeit war. Weiter beobachtete Loewy bei verschiedenen Experimenten mit derselben Membran bald eine Vermehrung, bald eine Verminderung des Prozentgehalts an anorganischen R\u00fcckst\u00e4nden des Filtrats, Unterschiede, die nicht von der Temperatur abh\u00e4ngig waren. Also stimmt Cohnsteins Erkl\u00e4rung seiner widersprechenden Resultate\u2019 nicht mit den Experimenten der anderen Forscher \u00fcberein.\nDie gr\u00f6\u00dfere Konzentration des Salzes, die Cohnstein beim Filtrieren durch dicke Membranen fand, l\u00e4\u00dft sich vielleicht durch die M\u00f6glichkeit einer st\u00e4rkeren Verdunstung bei l\u00e4ngerer Dauer des Experiments erkl\u00e4ren. Die mittlere Dauer der Filtration betrug bei den zw\u00f6lf Experimenten mit d\u00fcnnen Membranen 46,25 Minuten, w\u00e4hrend sie sich bei den sechs mit dicken Membranen auf 44 Stunden belief. Cohnstein erw\u00e4hnt nicht, wie gro\u00df die Menge der Filtrate war, aber vermutlich war die viel l\u00e4ngere Dauer der Filtration durch dicke Membranen notwendig, weil dieselbe Menge Filtrats durch d\u00fcnne Membranen schon in ebensoviel Minuten filtrierte als durch dicke in Stunden. Um der Verdunstung des Filtrats vorzubeugen, schlo\u00df er dasselbe nach oben durch eine Paraffin\u00f6l-schicht ab. Obgleich diese Ma\u00dfnahme ausreichend ist, wenn die Filtration verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig schnell vor sich geht, erscheint sie doch ungen\u00fcgend bei starker Verlangsamung derselben. In diesem Falle kann Verdunstung von der unteren Oberfl\u00e4che der Membran stattfinden, bevor sich gen\u00fcgende Fl\u00fcssigkeit gesammelt hat, um einen Tropfen zu bilden, welcher schwer genug ist, in das unterliegende Gef\u00e4\u00df zu fallen. Diese Ursache der Fehler wird unten eingehender besprochen werden.\nEs gibt noch eine andere Fehlerquelle bei manchen der fr\u00fcheren Bestimmungen des relativen Salzgehalts in der urspr\u00fcnglichen Fl\u00fcssigkeit und im Filtrate: Hoppe-Seyler, Schmidt und Loewy bestimmten den Prozentgehalt in bezug auf das Gewicht, statt in bezug auf das Volumen. Da in jedem Falle das Filtrat weniger Eiwei\u00df als die urspr\u00fcngliche Fl\u00fcssigkeit enthielt und deshalb ein niedrigeres spezifisches Gewicht","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Filtration durch tierische Membranen usw.\n353\nhatte, so mu\u00dfte die Bestimmung des Salzgehaltes in bezug auf das Gewicht im Filtrat einen relativ zu hohen Wert ergeben. Diese Fehlerquelle, welche an sich keine gro\u00dfe Bedeutung hat, macht jedoch, wenn sie zu den bereits oben er\u00f6rterten hinzukommt, den Zweifel noch st\u00e4rker, ob es wirklich einen gen\u00fcgenden Beweis daf\u00fcr gibt, da\u00df das Filtrat einer gemischten kolloidalen und krystalloiden L\u00f6sung relativ mehr Krystalloide als die urspr\u00fcngliche Fl\u00fcssigkeit enth\u00e4lt.\nDa nun die Resultate dieser Experimente, auf welche Runebergs und Senators theoretische Schl\u00fcsse sich st\u00fctzten, sehr auffallend und nicht gen\u00fcgend gesichert erscheinen, so wurden auf Anregung von Herrn Professor Fr. M\u00fcller die folgenden Untersuchungen unternommen.\nBei der Mehrzahl meiner Experimente gebrauchte ich einen Apparat, der dem von Loewy \u00e4hnlich ist. Das untere Ende eines 5 cm langen Glasrohres G (Fig. 1) von ca. 4 cm Durchmesser wurde mit der betreffenden Membran M \u00fcberspannt und sa\u00df auf einem Glastrichter F, welcher von dem zum Auffangen des Filtrats dienenden Glasgef\u00e4\u00df W gest\u00fctzt wurde.\nG war oben mit einem zweifach durchbohrten Gummist\u00f6psel geschlossen, durch dessen eine \u00d6ffnung das Rohr hindurchging, welches die zu filtrierende Fl\u00fcssigkeit aus dem Reservoir R nach G leitete, und durch dessen zweite \u00d6ffnung\nFig. 1.","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nArthur F. Hertz,\nich das rechtwinklig gebogene Rohr L hindurchf\u00fchrte, welches nur bis zur unteren St\u00f6pselfl\u00e4che reichte und beim F\u00fcllen die Luft vollkommen auszutreiben gestattete. Ein Gummirohr wurde an das Glasrohr L angeschlossen, und mit Hilfe einer an dem ersteren angebrachten Schraubzwinge konnte man die Fl\u00fcssigkeit konstant und langsam durch den Apparat flie\u00dfen lassen. Die Filtrationszelle G und das Gef\u00e4\u00df W waren von einem etwas gr\u00f6\u00dferen Glasgef\u00e4\u00df H umgeben, 'dessen Deckel D den doppeltdurchbohrten St\u00f6psel der Zelle G fest umschlo\u00df. Die Fl\u00fcssigkeit flo\u00df langsam und konstant aus dem Gef\u00e4\u00df V in das Reservoir hinein zum Ersatz f\u00fcr die filtrierte und aus dem Rohr L ausflie\u00dfende Fl\u00fcssigkeit. Das untere Ende des Reservoirs R war von dem Rohre K durchbohrt, welches die H\u00f6he der Fl\u00fcssigkeit dadurch unver\u00e4nderlich erhielt, da\u00df es die \u00fcbersch\u00fcssige Menge derselben in das Gef\u00e4\u00df T abflie\u00dfen lie\u00df. In dieser Weise wurde der Druck, welcher die Fl\u00fcssigkeit auf die Membran aus\u00fcbte, konstant erhalten.\nRei dem Experiment VIII, wo ein St\u00fcck eines Kalbsdarmes als Membran diente, mu\u00dfte eine Ver\u00e4nderung in dem Apparat vorgenommen werden. Das untere Ende des Rohres G wurde in ein Ende der Darmschlinge hineingef\u00fchrt, w\u00e4hrend das andere Ende derselben durch ein \u00e4hnliches mit Gummist\u00f6psel und Abflu\u00df versehenes Rohr geschlossen wurde. In dieser Weise konnte die ganze Schlinge mit der langsam flie\u00dfenden Fl\u00fcssigkeit gef\u00fcllt werden. Der Darm mit seinen Ansatzrohren lag in einer geschlossenen Sch\u00fcssel.\nRei jedem Experiment wurde, um ein einwandfreies Filtrat zu erhalten, die in der ersten Viertelstunde durchfiltrierte Fl\u00fcssigkeit von weiterer Benutzung f\u00fcr die Versuche ausgeschlossen.\nDie Chloride wurden nach dem Volumen auf die Vol-hardsche Weise bestimmt und auf Chlor berechnet. Wichtig war es, da\u00df jetzt au\u00dfer den Analysen noch die fr\u00fcher nicht m\u00f6gliche Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung mittels des Beckmannschen Apparates vorgenommen wurde, wobei die molekulare Konzentration der urspr\u00fcnglichen Fl\u00fcssigkeit und die des Filtrats mit einander verglichen werden konnten.","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Filtration durch tierische Membranen usw.\t355\nGefrierpunkts- erniedrigung\tFiltrat\t0,53\tkQ \u00f6*\t0,66\tGO JIM\t0,40\t1 1\t1\n\tUrspr\u00fcng- liche Fl\u00fcssigkeit\t0,54\t0,53\tCO CO cT\tI 1 1 1\t0,40\t1 1\t1\nChlor \u00b0/o\tFiltrat\t0,42\t5 o\t0,54\t} 0,40 0,41\t0,33 0,34\t0,33 0,33\t0,42\n\tUrspr\u00fcng- liche Fl\u00fcssigkeit'\t0,42\t3 o\t0,55\tI 1 1\t\u00abL I o 1\t0,33\tcg cT\nEiwei\u00df \u00b0/0\tFiltrat\t7,17\t6,19\tCO kCf\t5,58 4,71 4,23\t4,98 6,81\t6,15 5,21\t5,23\n\tUrspr\u00fcng- liche Fl\u00fcssigkeit\trH ccT\t7,17\ttH^\t6,68\t7,47\t7,13\t7,49\nStunden- menge pro 1 qcm ccm\t\trH cT\t0,08 0,02\t0,06 0,03\t0,1 0,05 0,04 0,03 J\t0,1 0,06\t0,04 0,03\t0,02\nMenge des Fil- trats ccm\t\t21\tt> t>^ C^T GQ\t\t5 14,5 4 6\t16 9\t-M- 05 ^\tCO\nDauer des Experiments Stunden\t\t16\tC5 cb rH 'cS\tt> rH ^ a'\t~-2L -2L (N\tiO O rH\trH 'cS' \u00c4\t^\t16 18\ta)\t27 b)\t16\t20\nDruck in cm der Fl\u00fcs- sigkeit\t\tCO\t56\t158\t130\ta)\t130 b)\t86\t70\t130\nGr\u00f6\u00dfe der Mem- bran qcm\t\t05\t05\t05\t18,1\t05\t05\trH co~ rH\nMembran\t\tI. Schweinsblase (trocken)\tII. Schweinsblase (frisch)\tIII. Schweinsblase (trocken)\tIV. Schweinsblase (trocken)\tV. Kalbsdarm ohne Schleimhaut\tVI. Schleimhaut des Kalbsdarms\tVII. Schweinsblase (trocken)","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\nArthur F. Hertz,\nDer Eiwei\u00dfgehalt der Eiereiwei\u00dfl\u00f6sungen wurde mit der polarimetrischen Methode bestimmt, und der Eiwei\u00dfgehalt der Acitesfl\u00fcssigkeit mit Hilfe der Kjeldahlschen Stickstoffbestimmung berechnet. Obgleich diese Methoden nicht ganz genau sind, geben sie hinreichend vergleichbare Resultate.\nBei Experiment I bis VII wurde Eiereiwei\u00df mit Zusatz von Wasser und Chlornatrium und bei Experiment VIII Ascitesfl\u00fcssigkeit als zu filtrierende Fl\u00fcssigkeiten gebraucht.\nExperiment VIII. Membran: D\u00fcnndarm eines Kalbs.\nDie zu filtrierende Fl\u00fcssigkeit war Ascitesfl\u00fcssigkeit mit A 0,67 und enthielt 0,837 \u00ae/o N, 5,231 \u00b0/o Eiwei\u00df, 0,41 \u00b0/o CI.\nDruck in cm der Jl\u00fcs- sig- keit\tDauer des Experiments Stunden\t\tin\tMenge des Fil- trats ccm\tMenge pro Stunde ccm\tN >\tEi- wei\u00df \u00b0/o\tEiwei\u00df pro Stunde in g\tCI \u00b0/o\tA 0/o\n125\t26.1. bis 27.1.\t7 nachm. 1 10 vorm. /\t= 15\t125\t8,3\t0,433\t2,71\t0,225\t0,41\t0,68\n50\t27.1.\t10\u201412 V\u00bb\t= 2*/.\t19,5\t7,8\t0,601\t3,76\t0,293\t0,40\t0,67\n50\t\t12 V*\u20144\t= 37\u00bb\t26\t7,4\t0,497\t3,11\t0,230\t0,41\t0,66\n50\t\t4\u20146\t= 2\t13\t6,5\t0,511\t3,19\t0,208\t0,41\t0,67\n50\t27.1. bis 28.1.\t6 nachm. 1 12 mittags /\t= 18\t108\t6,0\t0,483\t3,02\t0,181\t0,40\t0,67\n50\t28.1. bis 29.1.\t12 mittags 1 9 vorm. /\t= 21\t113\t5,3\t0,539\t3,37\t0,178\t0,41\t0,66\n50\t29.1.\t9\u201412\t= 3\t15\t5,0\t0,582\t3,64\t0,182\t0,41\t\u2014\n125\t\t12\u20143\t= 3\t30\t10,0\t0,478\t3,00\t0,301\t0,40\t0,66\n125\t\t3\u20146\t= 3\t27,5\t9,2\t0,483\t3,02\t0,278\t0,40\t0,67\n0\t29.1.\t6 nachm. 1\t= 15\t\t\t\t\t\t\t\n\tbis 30.1.\t9 vorm. /\t\t\t\t\t\t\t\t\n125\t30.1.\t9\u201412\t= 3\t39,9\tJ 3,3\t0,817\t5,11\t0,679\t0,41\t0,67\n125\t\t12\u20143\t= 3\t32,5\t10,8\t0,486\t3,04\t0,331\t0,41\t0,67\n50\t\t3\u20146\t= 3\t15,5\t5,2\t0,511\t3,19\t0,166\t0,41\t\u2014\nVon den 22 analysierten Filtraten zeigten zwei einen gr\u00f6\u00dferen und f\u00fcnf einen kleineren Prozentgehalt an Chloriden","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Filtration durch tierische Membranen usw.\n357\nals die urspr\u00fcngliche Fl\u00fcssigkeit, aber in jedem Falle war der Unterschied nur 0,01 \u00b0/o, liegt also in den Grenzen der Experimentalfehler. Die Gefrierpunktserniedrigung des Filtrats wurde 15 mal bestimmt: sie war dreimal 0,01\u00b0 gr\u00f6\u00dfer und viermal 0,010 kleiner als die der entsprechenden urspr\u00fcnglichen Fl\u00fcssigkeit. Diese Unterschiede sind klein genug, um unbeachtet bleiben zu k\u00f6nnen, um so mehr als nur bei einem einzigen Filtrat die Bestimmung des Chlors und die der Gefrierpunktserniedrigung in demselben Sinne sprachen. Es hat sich also bei diesen Experimenten mit Sicherheit feststellen lassen, da\u00df eiwei\u00dfhaltige Salzl\u00f6sungen nach der Filtration durch Tiermembranen ziemlich genau dieselbe Menge von Salz enthalten wie zuvor.\nNebenbei zeigten meine Experimente die Wirkung von Filtration durch tierische Membranen auf den Eiwei\u00dfgehalt der Fl\u00fcssigkeit. In jedem Falle fand ich, da\u00df die Menge von Eiwei\u00df im Filtrate kleiner als in der urspr\u00fcnglichen Fl\u00fcssigkeit war, eine Beobachtung, die zuerst von Schmidt1) 1856 gemacht wurde. Zu derselben Zeit beobachtete Schmidt, da\u00df der Prozentgehalt des Filtrats an Eiwei\u00df bei einer Erh\u00f6hung des Drucks abnahm. Aber in einer zweiten Arbeit2) 1861 kam er, ohne Verweisung auf seine fr\u00fcheren Resultate, zu einem ganz widersprechenden Schl\u00fcsse. Eckhard3) 1877 und Runeberg4) im selben Jahre bekamen Resultate, die mit den fr\u00fcher von Schmidt erhaltenen \u00fcbereinstimmten. Ferner erhielt Gottwalt5) 1880 Resultate, die mit den sp\u00e4teren Schl\u00fcssen von Schmidt in Einklang standen, aber Runeberg bewies 18826) durch eine neue Reihe von Untersuchungen, da\u00df seine fr\u00fcheren Resultate richtig waren.\nExperiment VIII st\u00fctzt Runebergs Schl\u00fcsse. Bei einem\nerh\u00f6hten Druck nahm der Prozentgehalt des Filtrats an Eiwei\u00df *\n*) Poggendorfs Annalen, Bd. XCIX, S. 337, 1856.\ns) Poggendorfs Annalen, Bd. GXIV, S. 337, 1861.\n3)\tBeitr\u00e4ge zur Anat. u. Physiol. Bd. I u. II, 1877.\n4)\tArch. f. Heilkunde, Bd. XVIII, S. 46, 1877.\n6) Diese Zeitschrift, Bd. IV, S. 423, 1880.\no) Diese Zeitschrift, Bd. VI, S. 508, 1882.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVIII.\n24","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nArthur F. Hertz,\nab, aber das Volumen des Filtrats pro Zeiteinheit nahm zu. Ein verminderter Druck hatte eine umgekehrte Folge, wie Experiment V auch zeigt. Wenn ferner der Druck nach einer Entlastung wieder zu der urspr\u00fcnglichen H\u00f6he gehoben wurde, waren das Volumen des Filtrats, der Prozentgehalt an Eiwei\u00df und die Gesamtmenge des letzteren pro Stunde gr\u00f6\u00dfer als vorher, w\u00e4hrend eine Periode mit gr\u00f6\u00dferem Druck ein entgegengesetztes Resultat hervorbrachte. Eine Verminderung 'des Drucks also verursacht eine Steigerung der Durchl\u00e4ssigkeit f\u00fcr Eiwei\u00df.\nDie Menge des Filtrats pro Zeiteinheit w\u00e4hrend jedes Experimentes nahm nach und nach ab. Nach Schmidt und Gottwalt fiel auch der Prozentgehalt an Eiwei\u00df w\u00e4hrend eines Experimentes; Runeberg beobachtete dasselbe bei einem Druck von 100 cm Wasser, fand aber, da\u00df bei 40 cm Druck der Prozentgehalt an Eiwei\u00df gew\u00f6hnlich zunahm. Meine Resultate stimmen im ganzen mit denen von Runeberg \u00fcberein; bei einer Filtration durch eine Schweinsblase unter einem Druck von 130 cm (Experiment IV) und durch eine Darmschleimhaut bei 70 cm Druck (Experiment VI) nahm mit der Zeit der Prozentgehalt an Eiwei\u00df im Filtrate ab; bei Verwendung eines intakten Darmes unter einem Druck von 125 cm (Experiment VIII) nahm er einmal ab und einmal ganz unbedeutend zu, w\u00e4hrend die Gesamtmenge des Eiwei\u00dfes im Filtrate pro Stunde sich verminderte. Mit derselben Membran zeigte der Prozentgehalt kleine und ganz unregelm\u00e4\u00dfige Schwankungen bei 50 cm Druck, w\u00e4hrend die Gesamtmenge des Eiwei\u00dfes pro Stunde mit einer kleinen Unterbrechung nach und nach abnahm.\nBald nach Beendigung dieser Experimente erschien eine Arbeit von Filehne und Biberfeld1) in Pfl\u00fcgers Archiv: \u00abGibt es eine Filtration an tierischen Membranen?\u00bb Sie schlie\u00dfen aus den Resultaten ihrer Experimente, da\u00df das, w*as von zahlreichen fr\u00fcheren Experimenten Filtration durch tierische Membranen genannt wurde, in Wirklichkeit das Durchflie\u00dfen der Fl\u00fcssigkeit durch die nach dem Tode entstandenen L\u00f6cher war,\n0 Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. CXI, S. 1, 1906.","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Filtration durch tierische Membranen usw.\n359\nund da\u00df es im Organismus \u00fcberhaupt keine Filtration durch Membranen gibt.\nDie Hauptexperimente, welche zu diesem merkw\u00fcrdigen Schlu\u00df f\u00fchrten, wurden mit dem H\u00e4utchen von H\u00fchnereiern, mit Pergamentpapier und Gelatinemembranen gemacht. Die Zahl und Auswahl der verwendeten Membranen scheint mir nicht gen\u00fcgend, um in einer so wichtigen Frage zu einer Entscheidung zu berechtigen. Nach der gew\u00f6hnlichen Annahme ist die Filtration ein Faktor beim Durchgang von Fl\u00fcssigkeiten durch viele Membranen des lebenden Tierk\u00f6rpers; zur experimentellen Untersuchung \u00fcber Filtration au\u00dferhalb des K\u00f6rpers m\u00fc\u00dften mindestens einige solche Membranen gew\u00e4hlt werden. Aber die einzige nat\u00fcrliche Membran, die Filehne und Biberfeld benutzten, war das H\u00e4utchen von H\u00fchnereiern, dessen einzige Funktion es ist, eine Filtration des Inhalts nach au\u00dfen zu verhindern. Es ist daher wahrscheinlich, da\u00df diese Membran auch weniger durchl\u00e4ssig und daher ungeeigneter zu Filtrationsexperimenten ist, als manche andere tierische Membranen. Bei einem Druck von nur 40 mm Hg, wie Filehne und Biberfeld ihn gebrauchen mu\u00dften, wollten sie anders eine Zerrei\u00dfung der Eimembran vermeiden, mu\u00df die M\u00f6glichkeit einer Filtration \u00fcberhaupt angezweifelt werden. Dabei ist aber noch gar nicht bewiesen, da\u00df andere tierische Membranen sich ebenso verhalten.\nAber es ist mir gelungen, Beweise daf\u00fcr zu erhalten, da\u00df Fl\u00fcssigkeit durch das unverletzte H\u00e4utchen von H\u00fchnereiern durchfiltriert werden kann. Ich habe nach dem Vorgang von Filehne und Biberfeld zu den zu filtrierenden Fl\u00fcssigkeiten chinesische Tusche hinzugef\u00fcgt; der Durchgang einer schwarzen Fl\u00fcssigkeit w\u00fcrde Beweis daf\u00fcr sein, da\u00df L\u00f6cher in den Membranen vorhanden sind. Statt das H\u00e4utchen in der von Filehne Und Biberfeld angewandten Weise f\u00fcr einen negativen Druck zu pr\u00e4parieren, habe ich ein m\u00f6glichst gro\u00dfes St\u00fcck des H\u00e4utchens von der Eischale entfernt; dann habe ich das Eiwei\u00df mit destilliertem Wasser weggesp\u00fclt und habe die Membran an dem unteren offenen Ende eines langen Glasrohres von 1,2 cm Durchmesser mit einer Schnur und einem\n24*","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360\nArthur F. Hertz,\nkurzen Gummirohre befestigt.x) Die zu filtrierende Fl\u00fcssigkeit wurde in das Rohr, welches senkrecht fixiert war, gegossen. Die Membran unterst\u00fctzte ich mit Drahtgaze, um einen viel gr\u00f6\u00dferen Druck, als Filehne und Biberfeld bei ihren Experimenten, in Anwendung bringen zu k\u00f6nnen. Es gelang mir \u00fcbrigens in der Folge (vgl. Exp. IX, Xa u. XI), mit einem Druck der noch niedriger war als der von Filehne und Biberfeld angewandte, ein Filtrat zu erhalten. Die Fl\u00fcssigkeit sammelte sich in einem Glasgef\u00e4\u00df, das wieder die Drahtgaze st\u00fctzte. F\u00fcr die Experimente IX und X wurde dieselbe Membran gebraucht, eine neue f\u00fcr Experiment XI.\nExperiment IX. Ich suchte Wasser mit einem Zusatz von chinesischer Tusche, der gen\u00fcgte, um dasselbe tiefschwarz zu f\u00e4rben, bei einem Druck von 46 cm zu filtrieren.\nNach sechs Stunden waren 1,4 ccm ganz reines Wasser durch die Membran hindurchgegangen.\nExperiment X. Die zu filtrierende Fl\u00fcssigkeit war verd\u00fcnnte Eiereiwei\u00dfl\u00f6sung mit Zusatz von Salz und chinesischer Tusche.\na)\tDie Fl\u00fcssigkeit stand 24 cm hoch. Nach 24 Stunden war die H\u00f6he der Fl\u00fcssigkeit in dem senkrechten Rohr um 4 mm gefallen, was einer Menge von 0,46 ccm entspricht, aber in dem unterstehenden Gef\u00e4\u00df hatte sich keine Fl\u00fcssigkeit gesammelt.\nDas Sinken der Fl\u00fcssigkeit wurde nicht durch Verdunstung im Rohre verursacht, denn in einem Kontrollrohre betrug die Ver\u00e4nderng der H\u00f6he des Inhalts nach 24 Stunden weniger als 1 mm. Also mu\u00dfte etwas Fl\u00fcssigkeit durch das H\u00e4utchen hindurchgegangen sein. Wegen der sehr langsamen Filtration (etwa 0,004 ccm pro Stunde und pro Quadratzentimeter) k\u00f6nnte es wohl m\u00f6glich sein, da\u00df eine Verdunstung an der unteren Oberfl\u00e4che der Membran schnell genug stattfand, um die Ansammlung eines Tr\u00f6pfchens zu verh\u00fcten, welches schwer genug gewesen w\u00e4re, um sich von der Membran und der Drahtgaze zu trennen und in das unterliegende Gef\u00e4\u00df zu tropfen.\nb)\tBei dem zweiten Versuch betrug der Druck 62 cm der Fl\u00fcssigkeit. Nach 24 Stunden war die H\u00f6he der Fl\u00fcssigkeit in dem senkrechten Rohr um 3 mm, die etwa 0,34 ccm entsprechen, gefallen, trotzdem hatte sich wieder keine Fl\u00fcssigkeit in dem unterstehenden Gef\u00e4\u00df angesammelt. Dieses Resultat erkl\u00e4rt sich wahrscheinlich auf dieselbe Weise wie das des ersten Experiments. Die Ursache daf\u00fcr, da\u00df trotz h\u00f6heren Drucks weniger Filtrat (etwa 0,003 ccm pro Stunde und pro\n*) Der Durchmesser der unteren 5 cm des Rohres war aber 2 cm.","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Filtration durch tierische Membranen usw.\n361\nQuadratzentimeter) erhalten wurde, ergibt sich aus der Tatsache, da\u00df die Filtration einer eiwei\u00dfhaltigen Fl\u00fcssigkeit nach und nach unter einem konstanten Druck langsamer wird, und auch der gr\u00f6\u00dfere Druck in diesem Falle noch ungen\u00fcgend war, dieses Hindernis zu \u00fcberwinden.\nExperiment XI. Dieselbe Fl\u00fcssigkeit wie bei Experiment X wurde gebraucht.\nBei diesem Experiment wurden besondere Ma\u00dfnahmen getroffen, um die M\u00f6glichkeit der Verdunstung an der unteren Oberfl\u00e4che der Membran zu vermeiden. Das Sammelgef\u00e4\u00df hatte genau denselben Durchmesser wie das untere Ende des senkrechten Rohres, und seine H\u00f6he betrug nur 2,2 cm. Die Drahtgaze wurde weggelassen und das Sammelgef\u00e4\u00df genau unter dem senkrechten Glasrohr mit einem kurzen Gummirohr fixiert. Also filtrierte die Fl\u00fcssigkeit in einen geschlossenen Raum hinein. Der Druck betrug 48,5 cm der Fl\u00fcssigkeit.\nNach 24 Stunden waren 0,3 ccm ganz klarer Fl\u00fcssigkeit durch die Membran hindurchgegangen.\nDie Erniedrigung des Druckes oberhalb der Membran war ganz unbedeutend (0,3 mm der Fl\u00fcssigkeit). Der Inhalt des Sammelgef\u00e4\u00dfes aber betrug 6,9 ccm, wovon 0,3 ccm am Ende des Experiments mit dem Filtrat gef\u00fcllt waren. Also enthielt das Gef\u00e4\u00df am Ende des Experimentes nur etwa 22/\u00e43 des urspr\u00fcnglichen Volumens der Luft. Da es luftdicht geschlossen war, mu\u00df der Druck darin sich bis zu etwa 46,5 cm Wasser erh\u00f6ht haben. Nun betrug der Druck oberhalb der Membran am Ende der 24 Stunden etwa 48,5 cm Wasser; der Filtrationsdruck betrug also schlie\u00dflich nur etwa 2 cm Wasser.\nExperiment XI beweist also, da\u00df die Filtration von verd\u00fcnnter Eiereiwei\u00dfl\u00f6sung durch das H\u00e4utchen von H\u00fchnereiern bei jedem Druck zwischen etwa 2 cm und 48,5 cm Wasser stattfinden kann.\nAus den Resultaten dieser Experimente l\u00e4\u00dft sich das scheinbare Ausbleiben einer Filtration bei den Experimenten von Filehne und Biberfeld durch die Verdunstung an der unteren Oberfl\u00e4che der Membran, wie bei den Experimenten X a und b, erkl\u00e4ren. Sie scheinen keine Messung des Volumens der Fl\u00fcssigkeit oberhalb der Membran vor und nach dem Experimente gemacht zu haben, und diese Messung war bei den","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362\nArthur F. Hertz,\nExperimenten X a und b der einzige Beweis, da\u00df eine Filtration stattgefunden hatte.\nEs erscheint prinzipiell unzul\u00e4ssig, wenn Filehne und Biberfeld die Resultate der mit Pergamentpapier und Gelatinemembranen durchgef\u00fchrten Experimente ohne weiteres auf Tiermembranen \u00fcbertragen, denn solche k\u00fcnstliche Erzeugnisse unterscheiden sich sehr von den im Organismus vorhandenen Membranen.\nDas H\u00e4utchen des H\u00fchnereies war die einzige Tiermembran, die Filehne und Biberfeld f\u00fcr ihre Experimente brauchten, weil sie annahmen, da\u00df das Epithel, resp. Endothel der Harnblasen, Venen, Uretheren und anderer gew\u00f6hnlich f\u00fcr Filtrationsexperimente gebrauchter Organe sich nach dem Tode so schnell ver\u00e4ndere, da\u00df es keine zusammenh\u00e4ngende Schicht mehr bildet, und ferner, da\u00df das \u00fcbrige Gewebe der noch lebenden Wand keine \u00abwirklich homogene Membran\u00bb ist. Es ist ja wohl bekannt, da\u00df sehr bald nach dem Tode Ver\u00e4nderungen in der Struktur der Gewebe stattfmden, aber wenn diese na\u00df erhalten werden, ver\u00e4ndert sich die epitheliale Oberfl\u00e4che f\u00fcr eine l\u00e4ngere Zeit kaum. Es ist auch richtig, da\u00df die anderen Schichten solcher Organe, wie Blasen und Venen, nicht homogen sind, aber eine Epithel-oder Endotheloberfl\u00e4che ist auch nicht homogen. Es hat fernen gar keinen Zweck, die Filtrationsexperimente auf \u00abwirklich homogene Membranen\u00bb, wie das H\u00e4utchen der H\u00fchnereier, zu beschr\u00e4nken, denn derartige Membranen spielen im Organismus keine nennenswerte Rolle; vielmehr sind diejenigen tierischen Membranen, bei denen die Frage der M\u00f6glichkeit einer Filtration von Bedeutung ist, nicht in strengem Sinne homogen.\nFilehne und Biberfeld machten zwei Proben, um festzustellen, ob ihre Gelatinemembranen L\u00f6cher h\u00e4tten. Sie mischten jedesmal fein zerriebene chinesische Tusche mit der Filtrierfl\u00fcssigkeit. \u00abGingen beim Versuche, zu filtrieren, diese kleinsten korpuskularen Elemente mit hindurch, so mu\u00dfte man der benutzten Membran den Charakter als homogen absprechen.\u00bb Ferner brachten sie den Gelatinezylinder vor und nach dem Versuche unter Wasser und bliesen unter m\u00e4\u00dfigem Druck Luft","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Filtration durch tierische Membranen usw.\n363\ndurch den r\u00f6hrenf\u00f6rmigen Ansatz ein. Am Aufsteigen von Luft konnten sie so auch die kleinsten L\u00f6cher erkennen. Wenn diese Proben f\u00fcr die Gelatinemembranen gen\u00fcgen, so m\u00fcssen sie auch f\u00fcr tierische Membranen hinreichend sein. Deshalb setzte ich bei den obenerw\u00e4hnten Eimembranversuchen chinesische Tusche zu der Fl\u00fcssigkeit, ebenso bei der nachfolgenden Reihe von Experimenten, deren Zweck es war, zu ermitteln, ob Filtration durch verschiedene Tiermembranen, welche die Probe von Filehne und Biberfeld bestehen, dennoch stattfmdet.\nBei den Experimenten XII und XIII war der benutzte Apparat derselbe wie bei dem Experimente I; beim Experimente XIV war der Apparat ebenso angeordnet wie beim Experimente VIII.\nExperiment XII. Ein St\u00fcck der Milzkapsel eines Kalbes mit Peritonealbedeckung, dessen Fl\u00e4chenma\u00df 9 qcm betrug, diente als Membran.\na)\tDie zu filtrierende Fl\u00fcssigkeit war verd\u00fcnnte chinesische Tusche; der Druck der Filtration betrug 90 cm der Fl\u00fcssigkeit.\nNach 3 Stunden waren 4,5 ccm ganz klaren Wassers hindurchgegangen.\nb)\tDie zu filtrierende Fl\u00fcssigkeit war Eiereiwei\u00dfl\u00f6sung mit Zusatz von Salz und chinesischer Tusche; der Filtrationsdruck betrug 90 cm.\nNach 24 Stunden waren 7,5 ccm ganz klarer Fl\u00fcssigkeit hindurchgegangen.\nExperiment XIII. Die Membran war der sehnige Teil des Zwerchfells eines Kalbes, ohne ser\u00f6se Bedeckungen, von derselben Gr\u00f6\u00dfe wie die Milzkapsel. Dieselbe Fl\u00fcssigkeit wie beim Experiment IV b) wurde benutzt; 0,87 \u00b0/o NaCl war darin vorhanden. Der Filtrationsdruck betrug 160 cm der Fl\u00fcssigkeit.\nNach 24 Stunden waren 2,7 ccm klarer Fl\u00fcssigkeit, deren Prozentgehalt an Salz auch 0,87 betrug, hindurchgegangen.\nExperiment XIV. Die benutzte Membram war die Speiser\u00f6hre eines Kalbes, deren Fl\u00e4chenma\u00df etwa 70 qcm betrug, und die Fl\u00fcssigkeit war dieselbe wie beim Experimente V. Der Druck betrug 140 cm der Fl\u00fcssigkeit.\nNach 24 St\u00e4nden waren 6,4 ccm ganz klarer Fl\u00fcssigkeit hindurchgegangen.\nDer Zusatz der chinesischen Tusche zu der zu filtrierenden Fl\u00fcssigkeit ist keineswegs notwendig, um das Fehlen der L\u00f6cher in den Membranen zu beweisen. Die bei den Experimenten I bis VII verwendete verd\u00fcnnte Eiereiwei\u00dfl\u00f6sung war etwas tr\u00fcbe, selbst nachdem sie durch gew\u00f6hnliches Filtrierpapier hindurch-","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364 A. F. Hertz, \u00dcber Filtration durch tierische Membranen usw.\ngegangen war, aber das Filtrat war in allen F\u00e4llen ganz klar. Die Tr\u00fcbung wurde durch Teilchen, die wahrscheinlich nicht gr\u00f6\u00dfer als die der Tusche waren, veranla\u00dft. Ferner ist ein Molek\u00fcl Eiwei\u00df h\u00f6chstwahrscheinlich kleiner als ein Teilchen chinesischer Tusche ; aber alle Forscher stimmen darin \u00fcberein, da\u00df das Filtrat durch tierische Membranen weniger Eiwei\u00df enth\u00e4lt, als die urspr\u00fcngliche Fl\u00fcssigkeit.\nFilehne und Biberfeld gestehen zu,'da\u00df Durchgang von Fl\u00fcssigkeit vielleicht durch ser\u00f6se H\u00e4ute stattfindet, weil sie annehmen, da\u00df diese nicht wirklich homogene Membranen sind, da bekanntlich selbst korpuskul\u00e4re Teilchen durch sie hindurchgehen. Aber Stomata sind nur in einigen Teilen der ser\u00f6sen H\u00e4ute vorhanden; die letzteren sind an den meisten Stellen f\u00fcr ungel\u00f6ste Teilchen undurchl\u00e4ssig. Das nachfolgende Experiment macht es, wenn der histologische Beweis hinzukommt, sehr wahrscheinlich, da\u00df es in Hinsicht auf die Filtration keinen bedeutenden Unterschied zwischen ser\u00f6sen H\u00e4uten und anderen Membranen gibt.\nExperiment XV. Die verwendete Fl\u00fcssigkeit war eine Eiereiwei\u00df-l\u00f6sung mit Zusatz von chinesischer Tusche; der Filtrationsdruck betrug 134 cm der Fl\u00fcssigkeit. Ich benutzte ein St\u00fcck eines Kalbsbrustfells, dessen Fl\u00e4chenma\u00df 9 qcm betrug, als Membran. Der Apparat wurde ebenso angeordnet wie beim Experimente I.\nNach 12 Stunden waren 6,5 ccm ganz klarer Fl\u00fcssigkeit hindurchgegangen.\nSchlu\u00dfs\u00e4tze.\n1.\tEs gibt eine echte Filtration durch tierische Membranen.\n2.\tDer Eiwei\u00dfgehalt von L\u00f6sungen nimmt bei der Filtration durch tierische Membranen ab.\n3.\tDer Salzgehalt von ehvei\u00dffreien wie von eiwei\u00dfhaltigen Salzl\u00f6sungen bleibt bei der Filtration durch tierische Membranen unver\u00e4ndert.\nZum Schl\u00fcsse sei es mir gestattet, Herrn Prof. Fr. M\u00fcller und Herrn Dr. Neubauer f\u00fcr g\u00fctige Beihilfe bei meiner Arbeit zu danken. Herrn Prof. M\u00fcller bin ich auch f\u00fcr die Erlaubnis, meine Untersuchungen im Laboratorium seiner Klinik auszuf\u00fchren, zum w\u00e4rmsten Dank verpflichtet.","page":364}],"identifier":"lit18367","issued":"1906","language":"de","pages":"347-364","startpages":"347","title":"\u00dcber Filtration durch tierische Membranen und den Salzgehalt des Blutes, verglichem mit dem anderer ser\u00f6ser Fl\u00fcssigkeiten","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:39:23.832603+00:00"}