Open Access
{"created":"2022-01-31T13:37:13.191081+00:00","id":"lit18368","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Herzog, R. O.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 365-375","fulltext":[{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Geschwindigkeit der Fermentreaktionen.\nIII. Mitteilung.\nVon\nR. O. Herzog.\n(Aus dem chemischen Institut der Technischen Hochschule zu Karlsruhe.) (Der Redaktion zugegangen am 23. Juni 1906.)\n1. G. Bredig hat wohl zuerst mit aller Deutlichkeit ausgesprochen, da\u00df die Katalyse durch Fermente in einem mikroheterogenen Medium1) stattfmde, damit war auch angedeutet, da\u00df der Verlauf der Fermentreaktionen, welcher nicht den einfachen Formeln der chemischen Dynamik2) entspricht, bedingt sein k\u00f6nnte durch den kolloidalen Charakter der Enzyme. In der Reaktion [Wasserstoffsuperoxyd \u2014 kolloidales Platin] hatte Bredig ein geradezu ideales Modell der Fermentreaktionen gefunden. Senter,3) Issajew,4) Feitelowitz,5) Euler6) u. a. haben in den letzten Jahren die Reaktion [H202 \u2014 H202-spal-tendes .Ferment]7) untersucht, ohne (wenigstens in gewissem Konzentrationsbereich) irgend einen wesentlichen Unterschied zwischen dieser und der von Bredig untersuchten Reaktion zu finden. Es hat sich gezeigt, da\u00df der Reaktionsverlauf mit gen\u00fcgender Genauigkeit durch eine Gleichung von der Form dargestellt wird, die f\u00fcr eine Reaktion erster Ordnung gilt.\nAnders liegt der Fall aber bei allen anderen Fermentreaktionen, die bisher untersucht wurden; in allen F\u00e4llen gilt\n*) Anorg. Fermente u. in den Ergehn, d. Physiologie, Bd. I, S. 134, (1902). \u2014 Die hier diskutierten Verh\u00e4ltnisse gelten nat\u00fcrlich nur f\u00fcr homogene L\u00f6sungen des Substrates.\ns) Vgl. Tammann, Diese Zeitschrift, Bd. XVI, S. 271 (1892).\n3)\tZeitschrift f. physikal. Chemie, Bd. XLIV, S. 257 (1903), und Bd. LI, S. 673 (1905).\n4)\tDiese Zeitschrift, Bd. XLII, S. 102 (1904),\n5)\tDiss. Heidelberg 1904.\n6)\tHofmeisters Beitr., Bd. VII, S. 1 (1905).\n7)\tVielleicht empfiehlt sich zur Abk\u00fcrzung diese Schreibweise.","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\nR. 0. Herzog\ndie Regel, da\u00df bei gleichbleibenden Fermentmengen der Umsatz in Prozenten der Substratkonzentration ausgedr\u00fcckt mit Erh\u00f6hung der Substratmenge abnimmt.1) Ferner gilt in vielen F\u00e4llen f\u00fcr den Reaktionsverlauf nicht die einfache Formel\n1T = k(a-x),\t1)\nsondern es bedarf gewisser Korrektionsglieder, um den Vorgang zu beschreiben. Zun\u00e4chst hat V. Henri2) gezeigt, da\u00df der Reaktion [Rohrzucker \u2014 Invertin] die Formel\nfl V\n-gp = (ki + K x) (a \u2014 x) 2) gen\u00fcgt; dann habe ich die Funktion\n-gp = (k4 \u2014 k2 x) (a \u2014 x) 3)\nf\u00fcr die Reaktion [Glukoside \u2014 Emulsin] gegeben.3) Reide Formeln sind auch f\u00fcr andere Reaktionen anwendbar. Wie ersichtlich, sind sie aus der Annahme abgeleitet, da\u00df die entstehenden Reaktionsprodukte auf die Geschwindigkeit des Umsatzes Einflu\u00df nehmen, ein Vorgang, auf den schon Tammann4) hingewiesen hat.\nHenri hat sehr bald seine erste Formel (2) aufgegeben, die zur Konsequenz f\u00fchren mu\u00dfte, eine Funktion F (k, a) zu suchen,5) und nahm im Anschlu\u00df an einen Gedanken Bodensteins Bindungen zwischen Substrat sowie Spaltungsprodukten mit dem Ferment an, die durch das Massenwirkungsgesetz beherrscht sein sollten,6) eine Annahme, die f\u00fcr kolloidale L\u00f6sungen Schwierigkeiten bot. Herr Henri hat weiterhin auch diesen Weg verlassen und stellt sich jetzt vor:7) \u00abWir haben\nl) Die G\u00fcltigkeit der Regel ist nachgewiesen f\u00fcr die Reaktionen: [Rohrzucker \u2014 Invertin], [Maltose \u2014 Maltase], [Milchzucker \u2014 Laktase], [St\u00e4rke \u2014Diastase], [Glukoside \u2014Emulsin], [Harnstoff\u2014Urease], [Protein\u2014 Proteolytische Enzyme], [Hexosen \u2014 Zymase], [Fette\u2014Lipase],\ns) Zeitschrift f. physik. Chemie, Bd. XXXIX, S. 194 (1902).\n3)\tKonink. Akad. v. Wetensch. te Amsterdam. Sitzungsber. vom 21. Oktober 1903.\n4)\t1. c.\nB) Vgl. Henri, Zeitschr. f. physik. Chemie, Bd. XXXIX, S. 215 (1902).\n6)\tLois g\u00e9n\u00e9rales. Vgl. auch Diese Zeitschrift, Bd. XLV, S.437 (1905).\n7)\tZeitschrift f. physik. Chemie, Bd. LI, S. 19 (1905).","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Geschwindigkeit der Fermentreaktionen. III. 367\ndrei Hauptbestandteile, in die sich eine Enzymwirkung einteilen l\u00e4\u00dft: 1. das Verteilungsgesetz zwischen dem Kolloid und der L\u00f6sung; 2. die Geschwindigkeit, mit der sich diese Verteilung einstellt; 3. die Reaktionsgeschwindigkeit selbst. Dazu m\u00fcssen wir noch hinzuf\u00fcgen den Einflu\u00df anderer K\u00f6rper (unter denen die Reaktionsprodukte stehen) auf diese drei Vorg\u00e4nge.\u00bb7) Die mathematische Formulierung* 2) f\u00fchrt zur Gleichung:\n[7,\t- 1 \\e~kit (\tV\t1 \\ C-M1\nLr\t1 -f- ma J\t\\\t, 1 7 8\tl + ma )\tJ\nDer Verfasser bemerkt dazu aber, \u00abda\u00df dies nur als erste Skizze aufgefa\u00dft werden kann, die einer n\u00e4heren gr\u00fcndlicheren Bearbeitung bedarf\u00bb.8)\nAu\u00dfer Henri haben in den letzten Jahren noch Baren-d r e c h t4) und V i s s e r 5) versucht, die Geschwindigkeit der Fermentreaktionen mathematisch zu beschreiben. Barendrecht entwickelt die Vorstellung, die Enzyme bewirkten durch Strahlung die Spaltung der Stoffe. Er erh\u00e4lt die Gleichung:\nk = -t [(1 -n) y + n 111 rb]\n^k und n Konstante, y =\nHerr Visser6) zeigt, da\u00df die Gleichung identisch ist mit der von Bodenstein7) gegebenen, und von dieser hat Henri8) nachgewiesen, da\u00df sie nicht ausreicht.\nVisser6) geht davon aus, da\u00df die Fermentreaktionen zu einem Gleichgewicht zwischen Substrat und Spaltungsprodukten f\u00fchren, und stellt die gemessene Reaktionsgeschwindigkeit als Differenz beider entgegengerichteter Ums\u00e4tze dar. Das f\u00fchrt bei der Annahme, da\u00df die Konzentrations\u00e4nderung mit der Zeit fortw\u00e4hrend der Enzymintensit\u00e4t proportional ist, zur Gleichung\n>) Das., S. 32.\n*) Zeitschrift f. Elektrochemie, Bd. XI, S. 790 (1905).\n8) Das., S. 793.\n*) Zeitschrift f. physik. Chemie, Bd. XLIX, S. 456 (1904).\n5)\tZeitschrift f. physik. Chemie, Bd. LU, S. 257 (1905).\n6)\tDas., S. 286.\n7)\tHenri, Lois g\u00e9n\u00e9rales.\n8)\tDas.","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"368\nR. 0. Herzog,\n\u201cjp = I [k, G \u2014 k2 (C0 - C)*]\n(C0 die Anfangskonzentration, C die Konzentration zur Zeit t, I Intensit\u00e4t des Enzyms, k, k2 Konstante.)\nDie Intensit\u00e4t wird dann durch empirische Formeln als Funktion von C und C0 ausgedr\u00fcckt; ferner wird die Formel f\u00fcr das chemische Gleichgewicht gegeben.\nGegen diese Ausf\u00fchrungen kann aber einiges eingewendet werden. Einmal liegen die Gleichgewichtsbedingungen bei den Fermentreaktionen recht kompliziert; bei der Reversion scheinen sich leicht Isomere des Stoffes zu bilden, der urspr\u00fcnglich gespalten wurde ;*) au\u00dferdem treten erfahrungsm\u00e4\u00dfig die Erscheinungen des sogenannten \u00abfalschen Gleichgewichts\u00bb ein, das von der Fermentkonzentration abh\u00e4ngig zu sein scheint.* 2) Gerade f\u00fcr die Inversion des Rohrzuckers, die Hr. Visser behandelt hat, fehlt der sichere experimentelle Beweis f\u00fcr die Synthese bisher. Endlich f\u00fchrt das Formelmaterial aber gar nicht dahin, da\u00df die endg\u00fcltig erhaltene Geschwindigkeitskonstante von der Substratkonzentration unabh\u00e4ngig w\u00e4re (Henri).3)\nAuch auf die Studien Armstrongs4) m\u00f6ge noch hingewiesen sein.\n2. Vor Vissers, Barendrechts und Henris letzter Formulierung habe ich in dieser Zeitschrift5 6) einen Versuch\n\u2018) Vgl. Zeitschrift f. allgem. Physiologie, Bd. IV, S. 193 (1904).\n*) Vgl. Tammann, 1. c.; ferner Bodenstein, Internat. Kongr. f. Chem. Rom 1906.\n3)\tZeitschrift f. physik. Chemie, Bd. LI, S. 26 (1905).\n4)\tProc. Roy. Soc., Bd. LXXIII, S. 500, 516, 526; Bd. LXXIV,\nS. 184, 188, 195 (1904).\n6) Diese Zeitschrift, Bd. XLI, S. 416 (1904); das., Bd. XLIII, S. 222 (1904). \u2014 In meiner etwas sp\u00e4ter verfa\u00dften Habilitationsschrift (Heidelberg, M\u00e4rz 1905) habe ich wohl richtiger als in der Publikation statt der Viskosit\u00e4t p die Durchflu\u00dfzeit b durch die Kapillaren geschrieben. Es hie\u00df demnach: \u00abIst b die Durchflu\u00dfzeit einer L\u00f6sung von a durch eine Kapillare, durch welche dasselbe Volumen Wasser die Durchflu\u00dfzeit 1 gebraucht,\n1\nund m eine Konstante, so setzen wir k =\n. Es bleibt noch\ndie Aufgabe, b als Funktion von a anzugeben, dazu kann die bekannte Formel R -(- Aa -f- Bas -J- Ca3 dienen, wo R = 1 gesetzt ist.\u00bb","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Geschwindigkeit der Fermentreaktionen. III. 369\netwas anderer Art gemacht, f\u00fcr die Funktion F (k, a) einen Ausdruck zu finden und auf den Anschauungen Bredigs und Nernsts fu\u00dfend den ersten Weg Henris fortzusetzen. Handelt es sich bei den Fermentreaktionen wirklich um ein heterogenes Medium, dann durfte es nicht wundernehmen, wenn die einfache Form des Massenwirkungsgesetzes f\u00fcr homogene L\u00f6sungen nicht anwendbar erscheint!\nDer Kolloidcharakter der Fermente ist bisher wohl kaum strittig, da sie die den kolloidalen L\u00f6sungen eigent\u00fcmlichen irreversibeln Zustands\u00e4nderungen und anderen Eigenschaften zeigen.J) Ganz allgemein stellt man sich heute wohl vor, da\u00df der \u00dcbergang von krvstalloiden \u00fcber kolloide L\u00f6sung en zu Suspensionen stetig sei, abh\u00e4ngig von der Gr\u00f6\u00dfe der Teilchen. F\u00fcr die Typen solcher Systeme sind gewisse Eigenschaften gen\u00fcgend charakteristisch, dagegen ist die Abgrenzung der \u00dcbergangsformen oft recht schwierig;2) so braucht zwischen den Eigenschaften der \u00abL\u00f6sungen\u00bb hochmolekularer Stoffe und ultramikroskopischer Suspensionen kein Unterschied zu sein. Meistens nimmt man wohl an, da\u00df die Fermentl\u00f6sungen ihren Eigenschaften nach diesen \u00dcbergangsgliedern sehr nahe stehen; dann darf man aber die Eigenschaften heterogener Systeme erwarten.\nNun ist die Frage, inwieweit die Nernstsche Formel in unseren F\u00e4llen prinzipiell angewendet werden darf.\nIn der \u00abThermodynamik technischer Gasreaktionen\u00bb entwickelt F. Haber sehr klar:3) \u00abDie Nernstsche Theorie der Reaktionsgeschwindigkeiten an heterogenen Fl\u00e4chen, die Br unner\n*) Vgl. dazu Bredig, Anorganische Fermente, und Zsigmondy, Zur Kenntnis der Kolloide (1905).\n*) Das., S. 10 u. ff. \u2014 Herr Euler (Diese Zeitschrift, Bd. XLV, S. 443 [1905]) h\u00e4lt freilich die Katalasel\u00f6sungen f\u00fcr ein homogenes System, obschon gerade hier die Analogie mit Bredigs kolloidalem Platin in jeder Weise hervortritt. ,F\u00fcr Bredigs Sol l\u00e4\u00dft sich die Heterogenit\u00e4t bekanntlich mit dem Ultramikroskop einwandsfrei beweisen, f\u00fcr die Fermentl\u00f6sungen ist das freilich ausgeschlossen, da \u2014 solange reine L\u00f6sungen fehlen \u2014 der Einwurf berechtigt erscheint, da\u00df Beimengungen das Sichtbare seien. \u2014 \u00dcbrigens d\u00fcrfte die Anschauung Eulers heute ziemlich vereinzelt dastehen. Vgl. dazu auch Senter, Diese Zeitschrift, Bd. XLVII, S. 127 (1906).\ns) S. 237.","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"370\nR. O. Herzog,\nbest\u00e4tigt hat, gilt f\u00fcr den Grenzfall, da\u00df die spezifisch-chemischen Einfl\u00fcsse, welche den Vorgang zu einem langsamen machen, entfallen. Sie lehrt uns, wie die Diffusionsgeschwindigkeit quantitativ die Umsatzgeschwindigkeit bestimmt, sofern die Diffusionsgeschwindigkeit die ma\u00dfgebliche ist. Dies trifft immer zu, wenn die chemische Geschwindigkeit sehr gro\u00df gegen die Diffusionsgeschwindigkeit ist.\u00bb1) F\u00fcr unsere F\u00e4lle ist es nun sehr schwierig, wenn nicht unm\u00f6glich, sich '\u00fcber diese Verh\u00e4ltnisse ein sicheres Urteil zu bilden.\nSand2) und G. Sent er3) haben sich mit der Frage in dem von Bredig untersuchten Fall besch\u00e4ftigt; der wahrscheinlichste Schlu\u00df ist, da\u00df Konvektionsstr\u00f6me eine wesentliche Rolle spielen und die Diffusionsgeschwindigkeit im Verh\u00e4ltnis zur Reaktionsgeschwindigkeit klein ist. Eine Ansicht, wie die Verh\u00e4ltnisse bei den Fermentreaktionen liegen, ist vorl\u00e4ufig schwerlich, sicher zu begr\u00fcnden. Die Temperaturkoeffizienten der Fermentreaktionen lassen sich zur Entscheidung kaum herbeiziehen, da ja in keiner Weise vorhergesagt werden kann, wie die Bewegung (das \u00abR\u00fchren\u00bb) der Kolloidteilchen durch die Temperatur beeinflu\u00dft werden mag. Aus ultramikroskopischen Beobachtungen, wie sie Bredig4) soeben mitgeteilt hat, folgt ein ganz bedeutender Einflu\u00df. Ferner sind z. B. die Temperaturkoeffizienten der Fermentreaktionen ganz allgemein f\u00fcr tiefere Temperaturen bedeutend gr\u00f6\u00dfer als f\u00fcr h\u00f6here. Bei mittleren Temperaturen sind gerade die Temperaturkoeffizienten der Reaktionen in L\u00f6sung ziemlich klein (was eben als Grund f\u00fcr Diffusionsvorg\u00e4nge\n1)\tHerr Euler (1. c., S. 442) schlie\u00dft aus der Kleinheit der gemessenen Geschwindigkeitskonstanten, da\u00df dies f\u00fcr die Fermentreaktionen nicht gelten k\u00f6nne, ein Gedankengang, den Herr Sent er bereits zur\u00fcckgewiesen hat. 1. c.\nAuch Eulers Schlu\u00df von den Versuchen Sj\u00f6qvists auf den Verlauf in \u00abhomogenen Systemen\u00bb ist unstatthaft nach den Resultaten Dauwes (Hofmeisters Beitr., Bd. VI, S. 456 [1905]), welche \u00fcber die Komplikation der hier herrschenden Verh\u00e4ltnisse orientieren.\n2)\tZeitschrift f. physik. Chemie, Bd. LI, S. 641 (1905).\ns) Das., Bd. LU, S. 737 (1905) u. Journ. of Physic. Chem., Vol. IX, S. 311 (1905).\n4) Zeitschrift f\u00fcr Elektrochemie, Bd. XII (Hauptvers. d. D. Bunsenges. zu Dresden 1906).","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Geschwindigkeit der Fermentreaktionen. III. 371\ngelten k\u00f6nnte), gro\u00df sind nur die Koeffizienten der Reaktionen, in denen es sich um Aufl\u00f6sung oder F\u00e4llung von Kolloiden handelt, sowie die der Zymasewirkung, bei der es sich aber um eine Folgereaktion handeln soll.1)\nHerr Henri2) hat die Anwendbarkeit der Nernstschen Formel auf Grund einer Berechnung geleugnet ; durch Einsetzung der gefundenen Reaktionsgeschwindigkeiten und abgesch\u00e4tzter Werte f\u00fcr die Oberfl\u00e4che des Kolloids sowie der Diffusionskonstanten des Substrates wurden n\u00e4mlich unm\u00f6gliche Werte\n*) B\u00fcchner und Meisenheimer, Ber. d. Deutsch, chem. Ges., Bd. XXXVII, S. 417 (1901). Daten f\u00fcr die Temperaturkoeff., s. Zeitschrift f. allg. Physiol., Bd. IV. 1. c., auch Senter, Journ. of Physic. Chem., Bd. IX, S. 317 (1905). \u2014 Genaueres und eingehenderes experimentelles Material denke ich n\u00e4chstens mitzuteilen.\n*) Zeitschrift f. Elektrochem., Bd. XI, S. 790 (1905). Herr Henri erhebt (Zeitschrift f. physik. Chemie, Bd. LI, S. 27 [1905]) noch andere Einw\u00fcrfe, die hier beantwortet sein m\u00f6gen:\nAd 1. Statt in der Formel R -f- Aa -f- Ba2 -}- Ca3 \u00abR = 0\u00bb zu setzen, ist vielleicht in der Tat besser zu schreiben b \u2014 1, wie nun S. 388 Anm. 5 geschehen ist.\nAd 2. Aus den Werten A, B, C kann man, da ja die Aktivit\u00e4t des Enzyms variabel ist, nicht direkt die Viskosit\u00e4ten der entsprechenden Zuckerl\u00f6sungen berechnen, wohl aber ist das Verh\u00e4ltnis (zur Durchflu\u00dfzeit) bei verschiedenen Konzentrationen der Formel nach proportional, was aus der Tabelle S. 372 hervorgeht.\nAd 3. Nach der Annahme wird wohl der Umsatz durch Diffusion vermittelt, die Abh\u00e4ngigkeit der Geschwindigkeit von der Konzentration aber sollte in erster Linie von der Durchflu\u00dfgeschwindigkeit der Substratl\u00f6sung abh\u00e4ngen; d. h. also, in dem Versuch ist zwar k eine Funktion der Diffusionskonstanten, der Unterschied der k aber weiterhin Funktion von a. Ein Widerspruch zum Fickschen Diffusionsgesetz liegt also keineswegs vor.\nAd 4. Inaktive Stoffe (Glycerin, Harnstoff, auch Zucker), welche die Viskosit\u00e4t erh\u00f6hen, nehmen hemmenden Einflu\u00df auf die Reaktionsgeschwindigkeit der Fermentreaktionen (vergl. S. 372); also irrt Herr Henri, wenn er sagt, \u00abdies ist in der Tat gar nicht der Fall\u00bb.\nAd 5. Da\u00df bei vergleichbaren heterogenen Reaktionen der Fall ebenso liegt, wie bei Fermentreaktionen (wie ich voraussagte, Habilitationsschrift), da\u00df also die Erh\u00f6hung der Viskosit\u00e4t eine Hemmung hervorruft, hat Bredig soeben gezeigt. Bei H202 wurde in zu verd\u00fcnnten L\u00f6sungen gearbeitet, als da\u00df die Viskosit\u00e4t h\u00e4tte eine Rolle spielen k\u00f6nnen.","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372\nR. 0. Herzog,\nf\u00fcr die Dicke der Adh\u00e4sionsschicht erhalten. Dazu hatBredig1) bemerkt, da\u00df keineswegs die ganze Oberfl\u00e4che des kolloidalen Platins wirksam sein mu\u00df (noch viel unwahrscheinlicher ist das f\u00fcr Enzyme, wo eine \u00abSeitenkette\u00bb an der Reaktion beteiligt sein soll), au\u00dferdem ist die Rechnung nach Bredig-Teletow aber auch falsch, da Henri vergessen hat, durch das Volumen zu dividieren; geschieht das, dann entsprechen die Werte f\u00fcr die Schichtdicke recht gut mit den von Brunner gefundenen.\nMan sieht, da\u00df zun\u00e4chst keinerlei zwingende theoretische Gr\u00fcnde vorliegen, von der direkten Anwendung der Nernstschen Formel abzugehen.\nF\u00fcr meine Annahme, da\u00df weiterhin die Viskosit\u00e4t des Mediums eine wichtige Rolle spielt, sprechen eine Reihe von Beobachtungen. Die Versuche von Braeuning2) zeigten ganz allgemein die Hemmung der Fermentreaktionen nach Zusatz irgendwelcher indifferenter Stoffe. Einige Versuche, die ich mit (Rohrzucker \u2014 Invertin) und Glycerin angestellt hatte,3) ergaben in \u00e4quiviskosen L\u00f6sungen etwa gleich gro\u00dfen Umsatz. Ein weiterer sehr augenf\u00e4lliger Beleg f\u00fcr meine Anschauung ergab sich ferner aus folgendem.4) Vergleicht man das Verh\u00e4ltnis\n|/_L_ (worin \u00f6 die Transpirations- oder Durchflu\u00dfzeit von\nRohrzucker durch Kapillaren ist) und k die Reaktionsgeschwindigkeit f\u00fcr [Rohrzucker \u2014 Invertin], so ergibt sich:6)\nF\u00fcr Prozent Rohrzucker\tj\nk\n2\t0,99\n5\t0,85\n10\t0,94\n20\t1,12\n30\t1,20\n1)\tZeitschrift f. Eiektrochem., Bd. XI, S. 794 (1905).\n2)\tDiese Zeitschrift, Bd. XLII, S. 70 (1904).\n3)\tDiese Zeitschrift, Bd. XLIII, S. 222 (1904).\n4)\tVgl. Zeitschrift f\u00fcr Eiektrochem., Bd. XI, S. 794 (1905).\n6) b nach Burckhard (Zeitschr. d. Ver. f. d. Rohrzucker-Industrie 1874), k aus den Versuchen von Henri (Zeitschrift f. physikal. Chemie, Bd. XXXIX, S. 215 (1902). Der \u00abGang\u00bb, den die zweite Kolonne der obigen Tabelle aufweist, lie\u00dfe sich leicht erkl\u00e4ren.","page":372},{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Geschwindigkeit der Fermentreaktionen. III. 373\nMan sieht, der Wert des Verh\u00e4ltnisses ist ziemlich konstant.\nDa\u00df die Viskosit\u00e4t bei den heterogenen Reaktionen eine wesentliche Rolle spielt und besonders bei mikroheterogenen, hat soeben auch Bredig1) gezeigt.\n3. Und doch zwingen mich Versuche, mit deren Studium ich in Gemeinschaft mit den Herren G. Th. Becker und Dipl.-Ing. H. Kasarnowski seit l\u00e4ngerer Zeit besch\u00e4ftigt bin, der Formel, wie sie gegeben worden ist, die theoretische Bedeutung zu nehmen und sie als Interpolationsformel anzusprechen.\nHier m\u00f6gen die Gr\u00fcnde daf\u00fcr vorl\u00e4ufig nur angedeutet werden. Zun\u00e4chst hat Herr Kasarnowski gezeigt, da\u00df die Durchflu\u00dfzeiten gleich starker Rohrzucker- und Maltosel\u00f6sungen fast gleich sind; auch die Daten der anderen Zuckerl\u00f6sungen weichen nicht zu stark ab. Zus\u00e4tze verschiedener Zuckerarten zu [Rohrzucker \u2014 Invertin] und [Maltose \u2014 Hefen-maltase] zeigten nun eine Beeinflussung der Geschwindigkeit (in \u00dcbereinstimmung mit anderen Autoren), die nicht identisch ist mit der nach Glycerinzusatz erhaltenen.\nVor allem aber hat die Fortsetzung \u00e4lterer Versuche2) \u00fcber die Reaktion [Maltose \u2014 Hefenmaltase], die mit den genannten wieder aufgenommen wurden, eine bisher unbekannte Anomalie gezeigt. Entsprechend der S. 316 ausgesprochenen Regel nimmt die relative Reaktionsgeschwindigkeit mit Zunahme der Maltosekonzentration ab. Bei einem Gehalt von etwa 22 \u00b0/o Maltose aber tritt in der ersten Zeit ein Minimum \u2014 eine St\u00f6rung \u2014 ein, das sich sp\u00e4terhin wieder mehr im Sinne einer allm\u00e4hlich verlaufenden Kurve ausgleicht; das findet sich bei 0\u00b0 und bei 25\u00b0 C. Zeichnet man ferner k nach\nf\u00fcr gleiche t als 'Funktion von a, so verl\u00e4uft die Kurve weniger steil als bei [Rohrzucker \u2014 Invertin], was nach dem oben mit-\n\u2018) Zeitschrift f. Elektrochem., Bd. XII, Hauptvers. d. D. Bunsenges. zu Dresden.\na) Zeitschrift f. allg. Physiologie, 1. c.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVIII.\n25","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"374\nR. 0. Herzog.\ngeteilten Resultat Kasarnowskis der Zur\u00fcckf\u00fchrung der Geschwindigkeit auf die Durchflu\u00dfzeiten widerspricht.\nDie Reaktion (Maltose\u2014Hefenmaltase) unterscheidet sich\ndx\nauch abgesehen vom Ausdruck f\u00fcr und der Funktion F (K,a)\nsehr wesentlich von der Reaktion (Rohrzucker\u2014Hefeninvertin) dadurch, da\u00df die Geschwindigkeit des Umsatzes der Quadratwurzel der Fermentmenge1) proportional ist.\nNebenbei m\u00f6ge hier noch darauf hingewiesen sein, da\u00df die Geschwindigkeitsmessung auch zur Pr\u00fcfung der Identit\u00e4t quantitativ gleichartig wirkender Fermente dienen kann; die von uns untersuchte Maltase mu\u00df von der durch Henri und Philoche2) studierten verschieden sein.\n4. Man sieht, da\u00df trotz vielfacher Versuche eine vollst\u00e4ndige Theorie des behandelten Problems noch nicht vorliegt. Die vorliegenden Ans\u00e4tze zeigen jedenfalls bereits, da\u00df sie sich einigerma\u00dfen einfach kaum wird gestalten lassen. Die Beziehungen zwischen stereochemischer Konfiguration des Substrats und Katalysators, die au\u00dferordentlich spezifische Wirkungsweise,3) die auch die Beeinflussung durch zugesetzte Stoffe zeigt, machen intermedi\u00e4re Bindungen immer wahrscheinlicher. Auch die Verteilung des Substrats zwischen L\u00f6sung und Fermentteilchen spielt wohl eine wichtige Rolle, doch ist der von Henri4) angenommene Satz kaum richtig, da\u00df ein Teil immer irreversibel gebunden sein m\u00fcsse. Sicherlich kommt aber auch den mechanischen Vorg\u00e4ngen ein gro\u00dfer Einflu\u00df zu. Bredig5) hat besonders anschaulich darauf hingewiesen.\nBei der Komplikation dieser Verh\u00e4ltnisse gen\u00fcgen handliche Interpolationsformeln, wie etwa die aufgestellten, dem praktischen Bed\u00fcrfnis v\u00f6llig.\n*) Zu der von Sawjaiow (Diese Zeitschrift, Bd. XLVI, S. 324 [1905]) ausgesprochenen Hypothese zur Erkl\u00e4rung der Sch\u00fctz-Borissowschen Regel vgl. auch H\u00f6her, Phys. Chem. d. Zelle, S. 312.\n\u2019) Arch, di Fisiologia, Bd. II (1904).\n3)\tVgl. Bach, Ber. der Deutschen chem. Gesellsch., Bd. XXXIX, S. 2126 (1906).\n4)\tZeitschrift f. physik. Chemie, Bd. LI, 1. c.\n6) Vgl. Zeitschrift f. Elektrochemie, Bd. XI, S. 794 (1905).","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Geschwindigkeit der Fermentreaktionen. III.\n375\nJedenfalls mu\u00df man aber sagen, da\u00df ein \u2014 sagen wir \u2014 so allgemeiner Satz, wie ihn Herr Euler*) am Schl\u00fcsse seiner Zusammenstellung ausspricht, irgend eine F\u00f6rderung des Problems nicht geben kann.\n\u00bb) Vgl. dazu auch R. Wegscheider, Zeitschrift f. physik. Chem., Bd. XXXIX, S. 257 (1902); Bd. XLI, S. 62 (1902); ferner Bd. LI, S. 108 (1905), und Monatshefte f. Chem., Bd. XXVI, S. 1 (1905). \u2014 In derselben Publikation macht Herr Euler auch einige Bemerkungen \u00fcber meine Versuche \u00fcber alkoholische G\u00e4rung, die ich nicht unbeantwortet lassen darf. \u2014 Zun\u00e4chst habe ich von Anfang an selbst Einw\u00e4nde gegen meine Versuchsanordnung gemacht (Diese Zeitschrift, Bd. XXXVII, S. 151 [1902]), besonders aber habe ich einige Monate sp\u00e4ter (s. Diese Zeitschrift, Bd. XLI, S. 417, Anm. 3) nach dem Erscheinen der Mitteilung von F. Kaufler Zeitschrift f. physik. Ch\u201e Bd. XLIII, S. 686, 1903) versucht, mit Hefepre\u00dfsaft zu arbeiten, freilich vor der Publikation Buchneru.Mitscherlich (1904) \u00fcber glykogenarmen Pre\u00dfsaft. Daraus folgt, da\u00df der 2 Jahre sp\u00e4ter gebrauchte Ausdruck Eulers, ich \u00abscheine zur Auffassung gekommen zu sein\u00bb, da\u00df die Acetonhefe kein g\u00fcnstiges Versuchsmaterial darstelle, etwas unklar gew\u00e4hlt ist. \u2014 Zweitens ist der Wert 2 f\u00fcr n als der Mittelwert in der Formel\nlg kt lg kj _ ^ jjej mjr durch einen Rechenfehler entstanden, wie ich lg Cj lg C2\t, .\nbereits in der Zeitschrift f. allg. Phys. (1904) mitgeteilt habe; bedeutet also keine \u00abAbrundung\u00bb. \u2014\u2022 Wenn drittens der Verlauf der G\u00e4rung bei Eulers Versuchen regelm\u00e4\u00dfiger erscheint als bei meinen, kann das sehr wohl damit Zusammenh\u00e4ngen, da\u00df sich meine \u00fcber bedeutend l\u00e4ngere Zeiten erstrecken; die Parallelversuche stimmen jedenfalls recht gut \u00fcberein. Im gro\u00dfen und ganzen f\u00fchren ja auch die Versuche, die Aberson, Euler und ich ausgef\u00fchrt haben, zu \u00fcbereinstimmenden Resultaten. \u2014 Die davon abweichenden Versuche Slators bed\u00fcrfen wohl noch der Best\u00e4tigung.\n25*","page":375}],"identifier":"lit18368","issued":"1906","language":"de","pages":"365-375","startpages":"365","title":"\u00dcber die Geschwindigkeit der Fermentreaktionen. III. Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:37:13.191087+00:00"}